Reaktionen der Politik auf den Offenen Brief von Pulse … · Hirte und die Kölner...

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Reaktionen der Politik auf den Offenen Brief von Pulse of Europe vom 22. Mai 2017 Das zentrale Pulse of Europe-Team in Frankfurt hat am 22. Mai 2017 einen Offenen Brief zur Europa- politik an deutsche Politiker geschickt und um Antwort bis zum 22. Juni 2017 gebeten. Zusätzlich hat auch Pulse of Europe Köln zahlreichen Bundes- und Landtagsabgeordneten aus der Region diesen offe- nen Brief zugesandt und um Antwort gebeten. Nun möchten wir Sie über die bisher eingegangenen Antworten im Originalwortlaut informieren, damit Sie sich selbst ein Bild machen können. In diesem Dokument haben wir alle Antworten zusammengetragen, die das Pulse of Europe Team Köln direkt von den angeschriebenen Politikern zurückerhalten hat. Dabei handelt es sich zum einen um indi- viduelle Antworten, zum anderen um die Weiterleitung von Antworten, die vom Team Frankfurt ge- sammelt wurden. Sie werden feststellen, dass viele der Befragten uns nicht geantwortet haben. Dies kann zum Teil daran liegen, dass sich diese Politiker die Antwort ihrer Partei zu Eigen machen, ohne dies ausdrücklich zu kommunizieren. Die Antworten, die an das Team in Frankfurt gerichtet wurden, stehen ab 2. Juli 2017, 14 Uhr, auf der Homepage unter https://pulseofeurope.eu/de/antworten-offener-brief/ zur Verfügung, dieses Doku- ment hier. Seite Liste der von Pulse of Europe Köln angeschriebenen Politiker 2 Pressemitteilung von Pulse of Europe zum Offenen Brief 3 Offener Brief vom 22. Mai 2017 4 Partei Name Funktion Wahlkreis Bundestag CDU Hirte, Heribert gemeinsam mit: Kehrl, Oliver Petelkau, Bernd MdB MdL NRW MdL NRW Köln II (Lindenthal, Rodenkirchen, Altstadt/Süd und Neustadt/Süd) Köln I (Porz, Kalk, Deutz, Alt- stadt/Nord und Neustadt/Nord) Köln II (s. o.) 6 Kippels, Georg MdB Rhein-Erft-Kreis I (u. a. Bergheim, Frechen, Hürth, Kerpen, Pulheim) 12 Manderla, Gisela MdB Köln III (Ehrenfeld, Nippes und Chorweiler) 14 SPD Parteivorsitzender 17 Die Linke Birkwald, Matthias MdB Köln II (s. o. ) 21 Die Grünen Dröge, Katharina MdB Köln III (s. o. ) 25 Bundes- und Frakti- onsvorsitzende etc. 28 FDP Alexander Graf Lambsdorff im Namen von Christian Lindner MdL NRW 34 NRW CDU Braun, Florian MdL NRW Köln V (Porz, Merheim, Brück, Rath/ Heumar) 37 Junge Alternative für Deutschland Tritschler, Sven MdL NRW für AfD Köln VII (Mülheim) 41

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Reaktionen der Politik auf den Offenen Brief

von Pulse of Europe vom 22. Mai 2017

Das zentrale Pulse of Europe-Team in Frankfurt hat am 22. Mai 2017 einen Offenen Brief zur Europa-

politik an deutsche Politiker geschickt und um Antwort bis zum 22. Juni 2017 gebeten. Zusätzlich hat

auch Pulse of Europe Köln zahlreichen Bundes- und Landtagsabgeordneten aus der Region diesen offe-

nen Brief zugesandt und um Antwort gebeten. Nun möchten wir Sie über die bisher eingegangenen

Antworten im Originalwortlaut informieren, damit Sie sich selbst ein Bild machen können.

In diesem Dokument haben wir alle Antworten zusammengetragen, die das Pulse of Europe Team Köln

direkt von den angeschriebenen Politikern zurückerhalten hat. Dabei handelt es sich zum einen um indi-

viduelle Antworten, zum anderen um die Weiterleitung von Antworten, die vom Team Frankfurt ge-

sammelt wurden. Sie werden feststellen, dass viele der Befragten uns nicht geantwortet haben. Dies

kann zum Teil daran liegen, dass sich diese Politiker die Antwort ihrer Partei zu Eigen machen, ohne dies

ausdrücklich zu kommunizieren.

Die Antworten, die an das Team in Frankfurt gerichtet wurden, stehen ab 2. Juli 2017, 14 Uhr, auf der

Homepage unter https://pulseofeurope.eu/de/antworten-offener-brief/ zur Verfügung, dieses Doku-

ment hier.

Seite

Liste der von Pulse of Europe Köln angeschriebenen Politiker 2

Pressemitteilung von Pulse of Europe zum Offenen Brief 3

Offener Brief vom 22. Mai 2017 4

Partei Name Funktion Wahlkreis

Bu

nd

est

ag

CDU Hirte, Heribert

gemeinsam mit:

Kehrl, Oliver

Petelkau, Bernd

MdB

MdL NRW

MdL NRW

Köln II (Lindenthal, Rodenkirchen,

Altstadt/Süd und Neustadt/Süd)

Köln I (Porz, Kalk, Deutz, Alt-

stadt/Nord und Neustadt/Nord)

Köln II (s. o.)

6

Kippels, Georg MdB Rhein-Erft-Kreis I (u. a. Bergheim,

Frechen, Hürth, Kerpen, Pulheim)

12

Manderla, Gisela MdB Köln III (Ehrenfeld, Nippes und

Chorweiler)

14

SPD Parteivorsitzender 17

Die Linke Birkwald, Matthias MdB Köln II (s. o. ) 21

Die Grünen Dröge, Katharina MdB Köln III (s. o. ) 25

Bundes- und Frakti-

onsvorsitzende etc.

28

FDP Alexander Graf

Lambsdorff

im Namen von

Christian Lindner

MdL NRW

34

NR

W

CDU Braun, Florian MdL NRW Köln V (Porz, Merheim, Brück, Rath/

Heumar)

37

Junge Alternative

für Deutschland

Tritschler, Sven MdL NRW

für AfD

Köln VII (Mülheim) 41

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Liste der von Pulse of Europe Köln angeschriebenen Politiker

Name Partei Wahlkreis Mailadresse

Beck, Volker Grüne Köln II [email protected]

Birkwald, Matthias Die Linke Köln II [email protected]

Dörmann, Martin SPD Köln I [email protected]

Dröge, Katharina Grüne Köln III [email protected]

Hirte, Heribert CDU Köln II [email protected]

Kippels, Georg CDU Rhein-Erft-Kreis I [email protected]

Kühn-Mengel, Helga SPD Rhein-Erft-Kreis II [email protected]

Prof. Dr. Lauterbach, Karl SPD Leverkusen - Köln IV [email protected]

Manderla, Gisela CDU Köln III [email protected]

Möring, Karsten CDU Köln I [email protected]

Mützenich, Rolf SPD Köln III [email protected]

Seif, Detlef CDU Rhein-Erft-Kreis II [email protected]

Aymaz, Berivan Grüne Köln VI [email protected]

Beckamp, Roger AfD Köln II [email protected]

Becker, Horst Grüne Rhein-Sieg-Kreis I [email protected]

Bombis, Ralph FDP Rhein-Erft-Kreis II [email protected]

Börschel, Martin SPD Köln VII [email protected]

Braun, Florian CDU Köln V [email protected]

Deppe, Rainer CDU Rheinisch-Bergischer-Kreis II [email protected]

dos Santos, Susana SPD Köln VI [email protected]

Dworeck-Danielowski, Iris AfD Köln III [email protected]

Gebauer, Yvonne FDP Köln IV [email protected]

Gregor Golland CDU Rhein-Erft-Kreis III [email protected]

Hammelrath, Gabriele SPD Köln III [email protected]

Kehrl, Oliver CDU Wahlkreis 13 Köln I [email protected]

Klocke, Arndt Grüne Köln III [email protected]

Kossiki, Andreas SPD Köln IV [email protected]

Lindner, Christian FDP - [email protected]

Müller, Holger CDU Rheinisch-Bergischer Kreis I [email protected]

Ott, Jochen SPD Köln V [email protected]

Petelkau, Bernd CDU Wahlkreis 14 Köln II

Plonsker, Romina CDU Rhein-Erft-Kreis I [email protected]

Rock, Frank CDU Rhein-Erft-Kreis II [email protected]

Tritschler, Sven AfD Köln VII [email protected]

van den Berg, Guido SPD Rhein-Erft-Kreis I [email protected]

Akbayir, Hamide Die Linke Kandidat Landtagswahl NRW [email protected]

Dr. Butterwegge, Carolin Die Linke Kandidat Landtagswahl NRW [email protected]

Gerigk, Kalle Die Linke Kandidat Landtagswahl NRW [email protected]

Kreuzberg, Michael CDU Landrat Rhein-Erft-Kreis [email protected]

Mitglieder des Deutschen Bundestags:

Mitglieder des Landtags von NRW:

Sonstige:

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Pulse of Europe e.V. Wolfsgangstr. 63 | 60322 Frankfurt am Main

Pressemitteilung: Pulse of Europe richtet Offenen Brief an die Politik

FRANKFURT AM MAIN, den 22. Mai 2017 - Mit Blick auf die Bundestagswahlen hat die Bürgerbewegung Pulse of Europe heute einen Offenen Brief an die Politik in Deutschland gerichtet. Darin geht es u.a. um die Frage, welches aus Sicht der Politik die drei größten Herausforderungen für Europa und die Europäische Union sind, und mit welchen konkreten Maßnahmen oder Vorschlägen diesen begegnet werden soll.

Mit diesem Offenen Brief fordert Pulse of Europe die Fraktionsvorsitzenden der Parteien im Deutschen Bundestag, sowie die Bundesvorsitzenden und sonstigen Vertreter/innen der deutschen Parteien dazu auf, öffentlich Stellung zu den gestellten Fragen zu beziehen. Die bis zum 22. Juni 2017 erwarteten Antworten werden die Grundlage für einen aktiven Meinungsaustausch zwischen Bürgern/innen und Politikern/innen bei Veranstaltungen, in den Medien und darüber hinaus sein.

Neben dem Befördern des Diskurses in der Zivilgesellschaft und der damit verbundenen Meinungs- und Willensbildung ist es auch Ziel von Pulse of Europe, das Thema „Europa“ in den Wahlkampf zu tragen und die Beteiligung an der Bundestagswahl zu erhöhen. Zu diesem Zwecke werden die Antworten der Politik in unterschiedlichen Formaten bei Pulse of Europe-Veranstaltungen aufgegriffen und diskutiert. Dazu werden die Pulse of Europe-Initiativen nun bewusst Politiker/innen einladen, damit diese den Bürgern/innen zuhören und sich mit ihnen über deren Anliegen austauschen. Bitte beachten Sie hierzu zu gegebener Zeit die bundesweiten und regionalen Pressemitteilungen.

Der Offene Brief ist die erste mehrstufige Kampagne, die Pulse of Europe zu nationalen Wahlen in Europa initiiert.

Weitere Informationen zu Pulse of Europe unter:

www.pulseofeurope.eu www.facebook.com/pulseofeurope www.twitter.com/pulseofeurope Rückfragen? Gerne!

Stephanie Hartung Pressesprecherin Pulse of Europe [email protected] Über Pulse of Europe

Pulse of Europe ist eine unabhängige Bürgerbewegung, die sich für ein vereintes, demokratisches und friedliches Europa einsetzt. Über alle Grenzen, Altersgruppen und soziale Schichten hinweg ist die Bürgerbewegung derzeit in 130 Städten in 19 Ländern europaweit aktiv. Pulse of Europe ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in der Gründungsstadt Frankfurt am Main (VR 16000).

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Pulse of Europe e.V. Wolfsgangstr. 63 | 60322 Frankfurt am Main

22. Mai 2017

Offener Brief

Sehr geehrte Fraktionsvorsitzende der Parteien im Deutschen Bundestag, sehr geehrte Bundesvorsitzende der deutschen Parteien, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Parteien,

in den letzten Wochen und Monaten sind in über 130 Städten und Orten in 19 Ländern Europas zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, um ein deutliches Zeichen für den Erhalt eines vereinten Europas, für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Frieden zu setzen. Pulse of Europe aktiviert die europäische Zivilgesellschaft und bestärkt die europäische Idee. Auf unseren Sonntagsdemonstrationen entsteht regelmäßig ein positives, lebhaftes Miteinander über die Generationen hinweg. Es sind Orte politischer Willensbekundung und Meinungsbildung zu Europa entstanden.

Der Ausgang der Parlamentswahlen in den Niederlanden und der Präsidentschaftswahlen in Österreich und Frankreich hat der Europäischen Union etwas Zeit verschafft, sich zu besinnen. Es darf sich aber niemand zurücklehnen: Die Gefährdungen für das vereinte Europa, für Demokratie und Frieden bestehen unverändert fort, die Gesellschaften drohen sich weiter zu spalten. Ein „Weiter so“ kann es deshalb nicht geben! Es braucht einen echten Aufbruch, denn wenn nationale Wahlen dauerhaft zugleich Schicksalswahlen für den Fortbestand der Europäischen Union sind, wird diese nicht überlebensfähig sein. Es bedarf eines nachhaltigen und zügigen Entwicklungs- und Gestaltungsprozesses, der das vereinte Europa zukunftsfähig macht.

Die Mitwirkung daran sieht Pulse of Europe als Verpflichtung für alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte an. Wir halten es für wichtiger denn je miteinander zu reden und möchten den Dialog über die Zukunft Europas zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und der Politik beleben und intensivieren. Wir werden Pro-Europäer bestärken, ihre Wahlentscheidung bei den Bundestagswahlen maßgeblich vom Europaprogramm der Parteien abhängig zu machen.

Deshalb möchten wir Sie bitten, folgende Fragen dieses offenen Briefes mit einer öffentlichen Stellungnahme bis zum 22. Juni zu beantworten:

1. Welches sind aus Ihrer Sicht die drei größten Herausforderungen, denen Europa und die Europäische Union ausgesetzt sind? Mit welchen konkreten Maßnahmen oder Vorschlägen will Ihre Partei diesen begegnen?

2. Am 25. März 2017 haben führende Vertreter von 27 EU-Mitgliedstaaten, des Europäischen Rates, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission in Rom eine Erklärung zu den nächsten zehn Jahren der Union abgegeben. Diese Erklärung ist allerdings abstrakt und beinhaltet kein konkretes Maßnahmenprogramm. Greifen Sie bitte drei Aspekte der Erklärung heraus und erläutern Sie, wie Ihre Partei diese in praktische Politik umzusetzen vorschlägt. Alternativ bitten wir Sie, Aspekte herauszugreifen, die Ihre Partei nicht unterstützt. Bitte erläutern Sie in diesem Fall die Gründe dafür.

3. Die Europäische Union wird von vielen Bürgern als zu bürokratisch und nicht

greifbar empfunden. Viele bemängeln ein Demokratiedefizit und haben das Gefühl,

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Pulse of Europe e.V. Wolfsgangstr. 63 | 60322 Frankfurt am Main

zu wenig Einfluss ausüben zu können. Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um dem entgegenzuwirken? Glauben Sie, dass es institutioneller Reformen bedarf? Wenn ja, welcher?

Bitte beschränken Sie Ihre Antworten auf insgesamt maximal sechs Seiten und bemühen Sie sich um eine allgemeinverständliche Formulierung. Ihre Antworten werden die Grundlage für einen aktiven Meinungsaustausch zwischen Bürgern und Politikern bei Pulse of Europe-Veranstaltungen, in den Medien und darüber hinaus sein.

In diesem Sinne warten wir gespannt auf Ihre Antworten.

Mit freundlichen Grüßen

Pulse of Europe

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Prof. Dr. Heribert Hirte Mitglied des Deutschen Bundestages

Platz der Republik 1, 11011 Berlin

Telefon 030 227 – 77830

E-Mail: [email protected]

Oliver Kehrl Mitglied des Landtags Nordrhein-Westfalen

Postfach 10 11 43, 40002 Düsseldorf

Telefon 0211 884-2373

E-Mail: [email protected]

Bernd Petelkau Mitglied des Landtags Nordrhein-Westfalen

Postfach 10 11 43, 40002 Düsseldorf

Telefon 0221 58987195

E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. Heribert Hirte MdB • Deutschen Bundestag • Platz der Republik 1 • 11011 Berlin

Herrn und Frau Christophe und Elisabeth Kühl Pulse of Europe - Köln Per Email an: [email protected]

Köln, 21. Juni 2017

Ihr Brief vom 25. Mai 2017

Sehr geehrte Frau Kühl, sehr geehrter Herr Kühl,

herzlichen Dank für Ihre Initiative. Damit meinen wir einerseits Ihren Offenen Brief zur Zukunft Europas, andererseits beobachten wir schon seit einigen Monaten Ihre Organisation und Ihr Engagement für die Europäische Union.

Da Sie den gleichlautenden, Offenen Brief an uns, den Kölner Bundestagsabgeordneten Heribert Hirte und die Kölner Landtagsabgeordneten Bernd Petelkau MdL und Oliver Kehrl MdL, geschickt hatten, erlauben wir uns gemeinsam Ihre Fragen in unserer Funktion als freie Abgeordnete (nicht als Partei) zu beantworten. Sicherlich werden sich aber – dem Thema geschuldet – einige Antworten auf Ihre Fragen überlappen, bitte verzeihen Sie dies. Außerdem müssen wir Sie darauf hinweisen, dass wir als Bundestags- und Landtagsabgeordnete natürlich in verschiedenen Kompetenzebenen agieren und sich einige Ihrer Fragen direkt an die europäischer Ebene richten, auf die wir - je nach Gebiet – nur indirekt Einfluss haben (bzw. über unsere Kollegen im Europäischen Parlament oder in der Bundesregierung).

1. Welches sind aus Ihrer Sicht die drei größten Herausforderungen, denen Europa und die Europäische Union ausgesetzt sind? Mit welchen konkreten Maßnahmen oder Vorschlägen will Ihre Partei diesen begegnen?

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Wirtschafts- und Währungsunion:

Trotz erfolgreicher Bewältigung der Finanzmarktkrisen in Irland oder auch Zypern, stehen wir noch immer vor großen Anstrengungen in einigen Teilen der Eurozone. Neben den fortwährenden Reformbemühungen mit Griechenland, hat die EZB kürzlich angedeutet, dass die italienischen Banken Banca Populare die Vicenza SpA und die Veneto Banca SpA nach den Richtlinien der sogenannten vorsorglichen Rekapitalisierung Staatshilfen erhalten dürfen. Diese Faktoren werden auch in Zukunft die Wirtschafts- und Währungsunion beeinflussen, denn die Stabilität der Eurozone ist einer der zentralen Hebel für ein Funktionieren der Europäischen Union, der auch ihren Rückhalt in der Bevölkerung konstituiert.

Daher fordern wir weitere Schritte zur Konsolidierung des Euro-Währungsgebietes und zur Sicherung der Währungsstabilität. Um die Währungsunion nachhaltig zu stabilisieren, muss diese um Elemente einer „echten“ Wirtschaftsunion ergänzt werden. Stabilität, Solidarität und Konditionalität sind die Leitbegriffe, die eine europäische Lösung ermöglichen. Sollten die vereinbarten Stabilitätskriterien verletzt werden, müssen der europäischen Ebene aufgrund rechtsverbindlicher Kriterien Durchgriffsrechte in die nationalen Haushalte zugestanden werden. Zugleich sind Instrumente europäischer Solidarität, mit denen makroökonomischen Schocks entgegengewirkt werden soll, mit rechtsverbindlichen Reformvorgaben zu koppeln. Auf diese Weise können Glaubwürdigkeit und Vertrauen in den Euroraum zurückgewonnen werden. Bevor dies nicht geschehen ist, sollte die EU ihre Aktivitäten in den Bereichen der Beschäftigungs- und Sozialpolitik auf das Nötigste beschränken.

Konkrete Bespiele für Reformen sind eine Harmonisierung des EU-Insolvenzrechts, die Einführung eines Insolvenzrechts für Staaten und damit zusammenhängend die Risikogewichtung von Staatsanleihen, die Einführung von E-Governance-Strukturen, die Einführung einer EU-weiten einheitlichen Privatgesellschaft, Bürokratieabbau, die Reform des Urheberrechts u.a.

Terrorismus:

In zahlreichen Mitgliedstaaten wurden EU-Bürgerinnen und Bürger in den letzten Jahren Opfer von Terrorismus. Die Bedrohung der Menschen durch den internationalen Terrorismus und seine weltweiten Strukturen erfordern eine systematische Zusammenarbeit in den Bereichen Grenzmanagement, Asylpolitik und Terrorismusbekämpfung.

Wir unterstützen eine effektive europäische Sicherheitspolitik, die die immer sichtbarer werdenden Defizite bei der grenzüberschreitenden Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung behebt. Innere Sicherheit muss im Schengenraum unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips verstärkt als europäische Aufgabe verstanden werden. Insoweit brauchen wir eine Stärkung der europäischen Behörden und eine Pflicht, sicherheitsrelevante Informationen zu teilen. Auf dieser Basis sind europäische Strategien zu entwickeln, die in enger Zusammenarbeit mit den mitgliedstaatlichen Behörden umgesetzt werden. Mit diesen Zielen setzen wir uns unter Einbindung interessierter anderer Mitgliedstaaten für eine deutsch-französische Initiative ein, die sowohl den Euroraum als auch den Schengenraum krisenresistenter macht. Wenn es an dem dafür notwendigen Konsens fehlt, sollten die notwendigen Reformen in einer "Koalition der Willigen" auf den Weg gebracht werden, an der sich weitere Mitgliedstaaten jederzeit beteiligen können.

Im Hinblick auf den Schengenraum werden wir uns dafür einsetzen, dass die durch den Wegfall der Binnengrenzen ermöglichte Freizügigkeit der Bürger als eine der vier Grundfreiheiten aufrecht erhalten werden kann. Dementsprechend treten wir für eine effektive Sicherung der Außengrenzen der EU ein. Dazu gehört der Aufbau einer angemessen ausgestatteten europäischen Grenz- und Küstenwache, die in der Lage ist, die Mitgliedstaaten mit

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Außengrenzen unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips wirksam zu unterstützen und diese Aufgaben, wenn nötig, auch ganz oder teilweise selbst zu übernehmen. Auf dieser Grundlage wirken wir zum einen auf eine wahrhaft europäische Asyl-, Flüchtlings- und Einwanderungspolitik hin, die nicht nur mit unseren Werten sondern auch mit unseren Möglichkeiten und Bedürfnissen im Einklang steht. Einheitliche europäische Regeln und Verfahren müssen den Schengenraum steuern. Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten, aber auch mit Drittstaaten, insbesondere wenn es um die Bekämpfung der Fluchtursachen geht, muss die europäische Politik leiten.

Populismus:

Der zunehmende Populismus fördert eine Spaltung der europäischen Gesellschaften und kann politische Debatten nur in geringem Maße befördern. Vielmehr scheinen Anfeindungen, Vereinfachungen komplexer Sachthemen oder die Leugnung von Menschenrechten in manchen Kreisen sogar salonfähig geworden zu sein. Wieviel konkret die Politik dagegen tun kann, ist fraglich. Wir sollten daher alle uns selbst bemühen, Populismus in unserem Alltag zu vermeiden. Hier sind alle Bürgerinnen und Bürger angesprochen. Als Politiker sollten wir die Fragen und Anliegen der Menschen ernst nehmen, konstruktive Lösungen anbieten, Probleme lösen und Haltung zeigen - auch wenn das Gegenüber sich manchmal eine andere Antwort gewünscht hätte.

Trotzdem können grundsätzlich gute Gesetzesinitiativen gegen Hate Speech auf europäischer Ebene helfen, Populismus einzudämmen. Zusätzlich sehen wir Netzwerkbetreiber in der Pflicht, ähnlich wie die Presse, ihrer Sorgfaltspflicht nachzukommen. Auch müssen unsere digitalen Netzwerke sicherer gegenüber Hackerangriffen und gegen die Einflussnahme ausländischer Regierungen geschützt sein.

2. Am 25. März 2017 haben führende Vertreter von 27 EU-Mitgliedstaaten, des Europäischen Rates, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission in Rom eine Erklärung zu den nächsten zehn Jahren der Union abgegeben. Diese Erklärung ist allerdings abstrakt und beinhaltet kein konkretes Maßnahmenprogramm. Greifen Sie bitte drei Aspekte der Erklärung heraus und erläutern Sie, wie Ihre Partei diese in praktische Politik umzusetzen vorschlägt. Alternativ bitten wir Sie, Aspekte herauszugreifen, die Ihre Partei nicht unterstützt. Bitte erläutern Sie in diesem Fall die Gründe dafür.

Bei der Erklärung von Rom handelt es sich um ein Papier, dass von allen Mitgliedstaaten unterstützt wurde, daher ist es selbstverständlich ein allgemein und abstrakt gehaltenes Papier, das viel Interpretationsraum bietet. Gerne stellen wir dar, welche Punkte – ergänzend zu den bereits in der Antwort zu Frage 1 dargestellten – für uns eine große Rolle spielen. Gleichzeitig ist es schwierig, Punkte, die die CDU nicht unterstützt, auf Grundlage der Erklärung von Rom, herauszufiltern, denn eine Antwort würde etwas in diese Erklärung hinein interpretieren, welche diese nicht hergibt. Daher können wir den letzten Teil Ihrer Frage so nicht beantworten.

Zusätzlich zu den bereits in 1.) genannten Aspekten stehen für uns die Themen Binnenmarkt und Handel, EU-Haushalt, Migration, Bildung und Verteidigung im Fokus.

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Handel:

Wir betrachten den Handel als eines der Schlüsselelemente des außenpolitischen Handelns der EU. Wir streben ein möglichst offenes und faires weltweites Handelssystem an, um politische Beziehungen zu vertiefen und neue Arbeitsplätze in den europäischen Exportindustrien zu schaffen. Wir sollten nicht vergessen: Durch Freihandelsabkommen schützen wir nicht nur unsere heimischen hohen Standards in den Bereichen Arbeit, Umwelt und Verbraucherschutz, wir „exportieren“ diese auch in andere Länder außerhalb der EU. In diesem Zusammenhang unterstützen wir die laufenden Verhandlungen über strategische Partnerschaften und Assoziierungsabkommen. Dies umfasst insbesondere ein Handels- und Investitionsabkommen mit den Vereinigten Staaten, mit dem die hohen Standards Europas in den Bereichen Verbraucher-, Umwelt-, Sozial-, und Datenschutz als auch ein hoher Schutz von Investitionen gewährleistet werden sollen. Ähnliche Abkommen soll es auch mit anderen Regionen wie Japan, Indien und anderen asiatischen Ländern, Kanada, Lateinamerika und dem Mittemeerraum geben.

Wir dürfen nicht vergessen: das Friedensprojekt Europa beruht nicht zuletzt auch auf dem regen Handel der europäischen Nationen untereinander.

EU-Haushalt:

Allein durch die Entscheidung des Vereinigten Königreichs, die EU zu verlassen, wird eine Neugestaltung des EU-Haushaltes für die Zukunft notwendig werden. Dies bedeutet für uns aber nicht die Einführung neuer Elemente wie im „Fünf-Präsidenten-Bericht“ angedeutet. Eine Vergemeinschaftung von Schulden auf europäischer Ebene ist weder sinnvoll noch politisch vermittelbar, wenn weiterhin Sanktionsmöglichkeiten auf EU-Ebene und somit ein solides Fundament der Wirtschaftsunion fehlen. Auch die Einführung eines zusätzlichen Haushaltes für die Euro-Länder schafft nur unnötige Doppelstrukturen, wenn die Eurozone (ohne das Vereinigte Königreich) zukünftig 87 % des BSP umfasst und noch weitere Mitgliedstaaten hinzutreten werden.

Migration:

Um eine Überforderung der Integrationsmöglichkeiten und der Aufnahmebereitschaft der Gesellschaft zu verhindern, müssen wir Zuwanderung ordnen, besser kontrollieren und begrenzen. Dazu brauchen wir so viele europäische Lösungsansätze wie möglich, aber kurzfristig auch so viele nationale Maßnahmen wie nötig. Der wirksame Schutz der europäischen Außengrenzen ist dabei eine unverzichtbare Voraussetzung für den weiteren Verzicht auf nationale Grenzkontrollen. Wir wollen Europas Grenzen sicherer machen, indem die finanziellen, menschlichen und technischen Ressourcen der Grenzschutzagentur FRONTEX erhöht, und ihre Rolle und Befugnisse gestärkt werden. Insbesondere kleine Länder und Mitgliedstaaten entlang der europäischen Küsten sind mit besonderen Herausforderungen in Bezug auf Migrationsfragen konfrontiert. Wir sehen den ungleichen Druck auf Mitgliedstaaten und wir müssen darauf eine Antwort finden; denn wir benötigen Verantwortung und Solidarität unter den Mitgliedstaaten. Und: Dem organisierten Verbrechen und Menschenhandel muss ein Ende gemacht werden, um Tragödien entlang der europäischen Küste zu verhindern.

Um unserer humanitären Verantwortung gerecht zu werden, muss die EU ein in vollem Umfang wirksames gemeinsames Asylsystem einrichten, und die Mitgliedstaaten müssen die bestehenden Vorschriften des gemeinsamen Asylsystems vollständig umsetzen. Europa muss politischen Flüchtlingen und den Menschen, die vor Bürgerkriegen fliehen, Schutz bieten.

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Die legale Einwanderung zum Zwecke des Zugangs zum Arbeitsmarkt liegt aber im Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten, den wir respektieren. Wir müssen gegen Missbrauch vorgehen und zwischen Flüchtlingen und Wirtschaftsmigranten unterscheiden. Wirtschaftsmigranten ohne Aufenthaltsgenehmigung müssen im Einklang mit dem Völkerrecht und EU-Recht in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden. Daher sollte die EU gleichzeitig in den Herkunftsländern der Migranten bessere Informationen über ihre Zuwanderungspolitik und die Risiken einer irregulären Einwanderung zur Verfügung stellen und zugleich einen Schwerpunkt auf die Bereitstellung einer stärker zielgerichteten Entwicklungshilfe und humanitären Hilfe legen. Dies war bereits in den letzten Jahren ein zentraler Fokus der deutschen Bundesregierung, um Fluchtursachen wirkungsvoll zu verhindern, z.B. durch das Projekt „Marshall-Plan für Afrika“ des BMZ (Informationen: http://www.bmz.de/de/laender_regionen/marshallplan_mit_afrika/).

Die nächste EU-Kommission sollte einen Kommissar für Migrationsfragen umfassen, um eine gemeinsame Asyl- und Einwanderungspolitik zu entwickeln.

Bildung:

Bildung ist eine nationale Zuständigkeit. Wir wollen uns allerdings mit der grenzüberschreitenden Dimension befassen, um das Verständnis für den weiteren europäischen Kontext zu stärken und Bildungsperspektiven zu verbessern und Horizonte für ein globales Denken und interkulturelles Verständnis zu öffnen. Für internationale Forschungsprojekte und deren Erfolg bildet Horizont 2020 eine ideale Grundlage für die Spitzenforschung. Auch hier sollte aber über Bürokratieabbau nachgedacht werden.

Verteidigung:

Wie im Bildungsbereich bestehen in einer gemeinsamen europäischen Verteidigungsunion hohe Synergieeffekte, die eine gemeinschaftliche Aufgabenverteilung attraktiv machen. Wir müssen das Potenzial des Vertrags von Lissabon im Rahmen der GSVP (Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik) voll nutzen (z.B. durch eine ständige strukturierte Zusammenarbeit), die europäische Verteidigungsindustrie stärken, eine neue Europäische Sicherheitsstrategie sowie ein neues flexibles und einsetzbares Modell für die EU-Gefechtsverbände entwickeln und Fähigkeitslücken ausgleichen.

3. Die Europäische Union wird von vielen Bürgern als zu bürokratisch und nicht greifbar empfunden. Viele bemängeln ein Demokratiedefizit und haben das Gefühl, zu wenig Einfluss ausüben zu können. Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um dem entgegenzuwirken? Glauben Sie, dass es institutioneller Reformen bedarf? Wenn ja, welcher?

Im Rahmen des Weißbuchs zur Zukunft Europas (https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/weissbuch_zur_zukunft_europas_de.pdf) schlägt die Europäische Kommission fünf Szenarien vor. Die Zukunft wird vermutlich eine Mischung aus verschiedenen Szenarien darstellen. In Anbetracht der Vorschläge werden wir uns für eine Mischung der Szenarien drei („Wer mehr will, tut mehr“) und vier („Weniger, aber effizienter“) einsetzen. Dies bedeutet, dass die Bürgerinnen und Bürger Europa besser verstehen und deutlicher wird, was auf EU27- , was auf nationaler und was auf regionaler Ebene entschieden wird. Wir glauben, dies wird zur

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echten Akzeptanz, höherem Vertrauen und besserer Orientierung führen. Denn dies wird helfen, die Kluft zwischen Versprechen und Ergebnissen zu schließen. Gleichzeitig kann die Einheit der EU27 gewahrt werden und die Länder, die enger zusammenarbeiten wollen, können dies in den Bereichen tun, die für sie wichtiger als für andere sind.

Konkret für uns wichtig ist aber eine Stärkung des europäischen Parlaments als auch der nationalen Parlamente. Hier fordern wir eine verstärkte Zusammenarbeit aller Parlamente untereinander, insbesondere bei Subsidiaritätsrügen oder der Einführung eines Initiativrechts für nationale Parlamente, oder ein effizienteres europäisches Verfahren bei der Wahrnehmung der Integrationsverantwortung der Parlamente. So fehlt es beispielsweise an einem effektiven Forum, in dem sich die Parlamentarier der verschiedenen europäischen Parlamente gemeinsam mit ihren Kollegen aus dem Europäischen Parlament regelmäßig austauschen können. Wir sind davon überzeugt, dass so ein Teil des Demokratiedefizits ausgeglichen werden kann.

Zusätzlich sollte das Instrument der öffentlichen Konsultationen und Bürgerbefragungen von der EU-Kommission öfter angewendet werden und sicherlich auch prominenter in die Öffentlichkeit getragen werden. Die Ergebnisse sollten außerdem transparent in Gesetzgebungsprozesse einfließen. Trotzdem darf dieses Instrument nicht überbewertet werden, da es schon durch seine Konstruktion zum Populismus neigt.

Wir hoffen, dass wir Ihre Fragen beantworten konnten, auch wenn sich gleichzeitig sicherlich neue Fragen ergeben haben. Daher stehen wir Ihnen auch gerne für ein persönliches Gespräch zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre

Heribert Hirte MdB Oliver Kehrl MdL Bernd Petelkau MdL

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Dr. Georg Kippels, MdB Platz der Republik 11011 Berlin

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Deutscher Bundestag Platz der Republik 1 11011 Berlin

(030) 227 – 75 2 45

(030) 227 – 76 2 45 Wahlkreis-Büro Langemarckstr.14 50181 Bedburg

(02272) 99 92 377

(02272) 82 566 e-mail: [email protected] http://www.georg-kippels.de/

Dr. Georg Kippels

Mitglied des Deutschen Bundestages Mitglied des Ausschuss für Gesundheit

Mitglied des Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

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Berlin, den 26.06.2017

Liebes Pulse of Europe Team, Zunächst möchte ich meine größte Dankbarkeit und Anerkennung dafür aussprechen, mit wieviel En-gagement Ihr und Sie den Geist Europas in jeden Winkel der Union tragt. Nachdem wir noch vor einiger Zeit optimistisch in die europäische Zukunft blicken konnten, mit dem Wissen, die Ziele, die sich die Gründungsväter und -mütter gesteckt haben, erreicht zu haben, sehen wir uns heute immer mehr Gegenwind gegenüber. Die griechische Staatsschuldenkrise ist zwar in den vergangenen Monaten ob der zahlreichen Ereig-nisse ein wenig in Vergessenheit geraten, brodelt aber wieder auf. Die zu hohe Jugendarbeitslosigkeit in einigen Ländern birgt zunehmend das Potential für mehr Frust-ration und Perspektivlosigkeit. Die Ukraine-Krise ist noch lange nicht ausgestanden und auch der in-ternationale Terror macht vor den europäischen Toren nicht Halt und greift unsere Werte der Freiheit und Toleranz an. Die drei größten Herausforderungen jedoch sind in meinen Augen die Bewältigung der Flüchtlingskri-se und damit zusammenhängend eine signifikante Verbesserung der globalen Lebensbedingungen, die europäische Integration werteorientiert zu vertiefen und damit linkem und rechtem Populismus Vorschub zu leisten und die Währungsunion weiterhin zum Wohle aller Mitgliedsländer stabil zu hal-ten. Dies alles sind Mammutaufgaben, die einen langen Atem und viel Kraft erfordern. Mit den Sustainable Development Goals 2030, haben wir uns verpflichtet überall auf der Welt für Sicherheit, Gesundheit, Frieden und eine Welt ohne Hunger zu sorgen. Wir müssen die Fluchtursachen dort bekämpfen wo sie entstehen. Europäischer Populismus hat auch bedingt durch die Flüchtlingskrise Hochkonjunktur. Erleichtert kön-nen wir aber feststellen, dass nach dem ersten Brexit-Schock sowohl in den Niederlanden, Frankreich und England die demokratischen und liberalen Kräfte Oberhand haben. Es sind letztendlich doch die Stimmen der Vernunft und vor allem des europäischen Zusammenhalts gehört und gewählt worden. Auf dieser Grundlage lässt sich in der kommenden Zeit ein neuer zukunftsweisender Weg für die Eu-ropäische Union finden. Auch in der europäischen Schuldenkrise scheint das Schlimmste überstanden. Viele von der Rezessi-on geplagte Länder stabilisieren sich langsam. Dennoch bleiben viele offene Fragen, wie sich die Währungsunion gegen erneute Krisen wappnen kann und wer für Misswirtschaft verantwortlich zeich-

Pulse of Europe e.V. Wolfgangstr. 63 60322 Frankfurt am Main

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net. Diese Fragen werden in einem komplexen Diskussionsprozess geklärt werden müssen. Wie mei-ne Partei insbesondere zu Themen, wie der Vergemeinschaftung von Schulden steht, ist allerdings gemeinhin bekannt. Wir haben innerhalb der Union schon viel erreicht, wenn wir für die Bürgerinnen und Bürger vor allem für soziale und wirtschaftliche Sicherheit sorgen. Je besser es uns geht, umso unwahrscheinlicher ist es, dass Menschen, die sich von der Gesellschaft abgehängt fühlen, den Parolen der Populisten ver-fallen. Die Erklärung von Rom fokussiert deshalb zurecht die Themen: Wohlstand, Nachhaltigkeit und das Generieren von Arbeitsplätzen. Ich bin mir sicher, dass, wenn wir unsere wirtschaftlichen Stärken noch effektiver bündeln würden, also mehr Integration wagen, alle Mitglieder der Europäischen Union davon profitieren. Es bedarf ins-besondere gemeinsamer Forschungs- und Innovationsaktivitäten, bessere europaweite Bedingungen für innovative kleine und mittelständische Unternehmen, mehr Möglichkeiten auch einmal ein wirt-schaftliches Wagnis eingehen zu können, ohne seine Existenz zu gefährden. Vor allem braucht es aber Bildung, Bildung, Bildung! Unser System der dualen Ausbildung, als Beispiel, hat unseren Arbeitsmarkt gerade für die jüngere Generation krisenfest gemacht. Weltweit werden unsere Arbeitsmarkt- und Ausbildungsexperten ein-geladen, um mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, qualitative und strukturierte Ausbildungssysteme aufzulegen. Wir müssen dafür sorgen, dass europaweit jeder Jugendliche die Chance auf eine best-mögliche Ausbildung hat. Dies ist der vielversprechendste Garant für Stabilität, sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Als Entwicklungspolitiker hat es mich besonders gefreut, dass die Partnerschaft mit Afrika in der Erklä-rung von Rom einen besonderen Stellenwert bekommen hat. Das deutsche Engagement in den ver-gangenen Jahren, unter anderem auch im Rahmen der aktuellen G20-Präsidentschaft, hat schon einiges bewirkt und auf den Weg gebracht. Gerade dem Thema globale Gesundheit kommt eine be-sondere Bedeutung zu. Hier werden wir auch weiterhin nach gemeinsamen, partnerschaftlichen We-gen suchen, um unseren Nachbarkontinent zu Stabilität und Wohlstand zu verhelfen. Für all diese Ziele ist es von größter Wichtigkeit mit einer Stimme zu sprechen. Dies heißt keines-wegs, dass alle Mitglieder auch immer einer Meinung sein müssen. Zu einer gelebten und lebendigen Demokratie gehört es aber auch kontroverse Diskussionsprozesse zu durchschreiten und im gemein-samen Diskurs gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. Ich bin davon überzeugt, dass viele Bürgerin-nen und Bürger mehr Verständnis für die Arbeit innerhalb der Europäischen Union hätten, wenn diese Prozesse der Meinungsbildung und –findung noch transparenter stattfinden würden. Um der Europaverdrossenheit entgegen zu treten, müssen wir Europa mit mehr Leben füllen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, die Europäische Kommission wäre der Normenkontrollrat Europas, des-sen größte Sorge der Neigungswinkel von Gurken wäre. Ich bin deshalb sehr gespannt, wie sich die Gespräche um Emmanuel Macrons Reformvorschläge entwickeln werden. Letztendlich wurden ähnli-che Vorschläge schon vor Jahren von deutscher Seite angeregt. So wie ich die Zukunft Europas opti-mistisch einschätze, wird es eher zu einer tieferen Integration und engeren Zusammenarbeit kommen. Was wir uns immer wieder bewusst machen müssen, ist der eigentliche Wert eines Europas, wie wir es heute kennen. Wir leben gemeinsam in Frieden und gegenseitiger Freundschaft! Mit freundlichen Grüßen

Dr. Georg Kippels, MdB

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Antwort von Gisela Manderla, MdB CDU:

1. Welches sind aus Ihrer Sicht die drei größten Herausforderungen, denen

Europa und die Europäische Union ausgesetzt sind? Mit welchen konkreten Maßnahmen oder Vorschlägen will Ihre Partei diesen begegnen? Für mich sind die die Wahrung von Sicherheit, Freiheit und Wohlstand die zentralen Herausforderungen, um die EU und Europa erfolgreich fortzuentwickeln. Was die äußere Sicherheit anbetrifft sind wir in den letzten Monaten mit der durch Deutschland und Frankreich initiierten Weiterentwicklung der GSVP in Richtung einer strukturierteren Zusammenarbeit (PESCO) ein gutes Stück weitergekommen. Diesen Weg müssen wir entschlossen weitergehen und unsere Anstrengungen im Verteidigungsbereich weiter bündeln. Deutschland sieht sich dabei mit einer Vielzahl von bi- und multinationalen Kooperationsvereinbarungen mit seinen europäischen Nachbarn zurecht in einer Vorreiterrolle.

Was die Innere Sicherheit angeht muss es in Zeiten wachsender Unsicherheit und terroristischer Bedrohungen das Ziel sein, den Bürgerinnen und Bürgern Europas ein Maximum an Freizügigkeit und persönlicher Lebensfreiheit zu gewährleisten, zugleich aber den Druck auf potentielle Gefährder zu erhöhen. Das Hauptproblem sehe ich hier in den Abstimmungsprozessen zwischen den Sicherheitsbehörden der einzelnen Länder, die oft noch zu langsam und ineffizient sind.

Die Sicherung unseres Wohlstandes hängt entscheidend von freiem Handel, stabilen Investitionsbedingungen und einem sicheren Wirtschaftsumfeld ab. Die Förderung und Verbesserung dieser Bedingungen, etwa durch faire Handelsabkommen mit anderen Ländern oder Weltregionen, ist daher von großer Bedeutung. Deshalb setzen wir uns dafür ein, diese Abkommen mit unseren Partnern in aller Welt fortzuentwickeln. Was die innereuropäischen Bedingungen anbetrifft hatte unsere Wirtschafts- und Währungsunion in den letzten Jahren große Herausforderungen zu bestehen. Die Erholung damaliger „Problemländer“ wie Portugal oder Irland, die nun vorfristig ihre Schulden begleichen können, zeigt deutlich, dass wir damals richtig gelegen haben und uns zurecht nicht auf einen Schuldenschnitt und die damit einhergehende Vergemeinschaftung von Schulden eingelassen haben. Selbst das „Sorgenkind“ Griechenland erwirtschaftet durch umfangreiche Reformanstrengungen wieder Überschüsse und ist auf einem guten Weg.

2. Am 25. März 2017 haben führende Vertreter von 27 EU-Mitgliedstaaten, des Europäischen Rates, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission in Rom eine Erklärung zu den nächsten zehn Jahren der Union abgegeben. Diese Erklärung ist allerdings abstrakt und beinhaltet kein konkretes Maßnahmenprogramm. Greifen Sie bitte drei Aspekte der Erklärung heraus und erläutern Sie, wie Ihre Partei diese in praktische Politik umzusetzen vorschlägt. Alternativ bitten wir Sie, Aspekte

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herauszugreifen, die Ihre Partei nicht unterstützt. Bitte erläutern Sie in diesem Fall die Gründe dafür. 1) Bekämpfung des internationalen Terrorismus: Die Zusammenarbeit der

Nachrichtendienste, der Polizeibehörden und der Streitkräfte muss verbessert werden. Hierzu gilt es, die Informations- und Meldeverfahren besser aufeinander abzustimmen und die Reaktionsfähigkeit über nationale Grenzen hinweg zu beschleunigen. Dazu muss national wie europäisch mehr Personal bereitgestellt und regelmäßig beübt werden. Deutschland hat eine solche Übung im Rahmen seiner nationalen Sicherheitsvorsorge gerade mit großem Erfolg und wichtigen Resultaten durchgeführt. Dies ist auch auf europäischer Ebene wünschenswert, um besser und harmonischer auf terroristische Bedrohungslagen vorbereitet zu sein.

2) Digitalisierung: Wir müssen dem digitalen Zeitalter noch mehr Aufmerksamkeit widmen und die Digitalisierung weiter vorwärts bringen, um Europas Position als Innovations- und Wachstumstreiber zu festigen. Der Ausbau digitaler Breitbandnetze muss daher intensiv vorangetrieben werden. Noch wichtiger ist es, die Bedeutung der MINT-Berufe fest in der Bildungslandschaft zu verankern und unseren Kindern und Jugendlichen zu vermitteln. In beiden Bereichen haben wir in dieser Legislatur viel erreicht, diesen Weg müssen wir entschlossen weitergehen.

3) Bildung und Forschung: Wie bereits erwähnt ist Bildung der Schlüssel zu einer erfolgreichen Gestaltung unserer Zukunft. Deshalb muss Bildung und Ausbildung kostenfrei sein und allen jungen Menschen zu fairen Bedingungen zugänglich sein. Die Förderung des europäischen Gedankens funktioniert meiner Ansicht nach am besten, wenn man ihn lebt und mit ihm aufwächst. Deshalb wünsche ich mir einen Ausbau von Austausch-, Stipendien- und Sprachprogrammen, um noch mehr jungen Europäern die Chance zu ermöglichen, andere europäische Länder kennenzulernen, in ihn zu leben und zu lernen.

3. Die Europäische Union wird von vielen Bürgern als zu bürokratisch und nicht greifbar empfunden. Viele bemängeln ein Demokratiedefizit und haben das Gefühl, zu wenig Einfluss ausüben zu können. Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um dem entgegenzuwirken? Glauben Sie, dass es institutioneller Reformen bedarf? Wenn ja, welcher? Brüssel und Straßburg haben sich, da stimme ich zu, in Teilen von der wahrgenommenen Lebensrealität der europäischen Bürgerinnen und Bürger entfernt. In den Köpfen der Menschen blieb zuletzt leider eher eine Art „Regulierungswut“ der EU-Beamten haften, wenn Sie beispielsweise an die Vorgaben bei der Einfuhr von Bananen oder ähnliches denken. Die zahlreichen Segnungen aber, die wir tagtäglich genießen dürfen, werden dafür im Gegenzug leider allzu oft als Selbstverständlichkeit gesehen. Hier sind wir alle miteinander – allen voran die Politik – aufgefordert, die positiven Dinge, die die EU ihren Bürgerinnen und Bürgern gewährleistet, stärker zu bewerben und herauszustreichen. Viele Initiativen, nicht zuletzt auch Pulse of Europe, haben sich zum Ziel gesetzt, die EU wieder in ein positiveres Licht zu rücken. Das halte ich für ausgesprochen wichtig und förderungswürdig.

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Institutioneller Reformen bedarf es nach meiner Einschätzung zunächst nicht, ich würde eher von institutioneller Weiterentwicklung sprechen. Die EU muss in dieser schnelllebigen und unübersichtlichen Zeit insgesamt reaktionsschneller adaptiver werden. Hier könnten die anstehenden Verhandlungen zum Austritt Großbritanniens unter Umständen zu einer Art Katalysator werden.

Short cut: Die Europäische Union ist ein einzigartiges Friedensprojekt und zugleich die größte Errungenschaft, die unser Kontinent bisher hervorgebracht hat.

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Antworten der SPD zum Fragenkatalog von Pulse of Europe

Welches sind aus Ihrer Sicht die drei größten Herausforderungen, denen Europa und

die Europäische Union ausgesetzt sind? Mit welchen konkreten Maßnahmen oder

Vorschlägen will Ihre Partei diesen begegnen?

Europa steht für Frieden und Wohlstand. In keiner Region auf der Welt leben die Menschen heute so frei, demokratisch und sicher wie in Europa. Aber heute wollen Nationalisten wieder einen Keil in unsere Gesellschaften treiben. Sie dürfen keinen Erfolg haben. Deshalb müssen wir die Kraft unseres Kontinentes bündeln und unsere Freiheit und unseren Lebensstil verteidigen. Klar ist: Ein einfaches, ambitionsloses „Weiter-so“ reicht europapolitisch nicht aus. Wir brauchen mehr Zusammenhalt und den Mut, die europäische Einheit und Solidarität auch dann zu verteidigen, wenn es Gegenwind gibt und sie politisch angegriffen wird. Deshalb

sagen wir: Wir wollen einen mutigen Aufbruch für ein selbstbewusstes Europa. Ein Europa, das die

Menschen und ihre Alltagssorgen in den Blick nimmt. Ein Europa, das massiv in Ausbildung, Arbeit,

wirtschaftliches Wachstum und Umweltschutz investiert. Ein Europa, in dem große Konzerne ihre

Steuern zahlen. Ein Europa, das den Nationalismus überwindet, solidarisch handelt und den

Menschen Sicherheit gibt.

Die wichtigsten Aufgaben, um Europa für die Zukunft fit zu machen und gerechter im Sinne der Menschen zu gestalten, sind für uns insbesondere: Mehr Investitionen: Wir wollen Europa aus der Wachstumsschwäche herausführen, indem wir die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit unseres Kontinents verbessern und die viel zu hohe Arbeitslosigkeit vor allem in Süd- und Westeuropa bekämpfen. Deshalb brauchen wir ein breit angelegtes Investitionsprogramm: Mit Zukunftsinvestitionen in die grenzüberschreitenden europäischen Verkehrs- und Energienetze, in den Aufbau der modernsten Infrastruktur der Welt für schnelles Internet (europäisches Gigabit-Netz), in Bildung und Ausbildung, Forschung und Entwicklung und die Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit. Eine reine Sparpolitik schafft keine Zukunft. Für ein soziales Europa: Europa ist auf Dauer nur dann erfolgreich, wenn es gerecht zugeht: wenn überall faire Löhne gezahlt werden und wenn wir dafür sorgen, dass jeder vom Fortschritt profitiert. Wir wollen insbesondere auch für mehr Steuergerechtigkeit sorgen. Unternehmen sollen dort Steuern bezahlen, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften – nicht da, wo sie am meisten in die eigene Tasche stecken können. Damit nicht weiterhin jeder Bäcker bei uns mehr Steuern zahlt als mancher internationale Großkonzern. Ein starkes Europa in der Welt: Europa sichert unseren Frieden. Wir wollen ein Europa, das in Zukunft, auf Abrüstung, Entspannung und auf die friedliche Lösung von Konflikten setzt. Ein Europa, das Hunger und Armut in der Welt bekämpft und für gerechte Entwicklung und Menschenrechte weltweit eintritt. Und ein Europa, das den Klimaschutz ernst nimmt und Umweltschutz zum europäischen Markenzeichen macht. So sichern wir auch den Frieden bei uns. Deshalb wollen wir die gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik voranbringen.

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Am 25. März 2017 haben führende Vertreter von 27 EU-Mitgliedstaaten, des

Europäischen Rats, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission

in Rom eine Erklärung zu den nächsten zehn Jahren der Union abgegeben. Diese

Erklärung ist allerdings abstrakt und beinhaltet kein konkretes Maßnahmenprogramm.

Greifen Sie bitte drei Aspekte der Erklärung heraus und erläutern Sie, wie Ihre Partei

diese in praktische Politik umzusetzen vorschlägt. Alternativ bitten wir Sie, Aspekte

herauszugreifen, die Ihre Partei nicht unterstützt. Bitte erläutern Sie in diesem Fall die

Gründe dafür.

Die Erklärung von Rom aus dem März 2017 ist ein wichtiges Bekenntnis zu den Errungenschaften der Europäischen Union. Gleichzeitig ist klar: Die Vorstellungen darüber, wie Europa sicherer, wohlhabender, sozialer und global präsenter werden kann, gehen teils weit auseinander. Die entscheidende Aufgabe der kommenden Zeit wird es sein, über Absichtserklärungen hinaus die Europäische Union durch konkrete Fortschritte und Verbesserungen gut für die Zukunft aufzustellen. Der europäische Reformprozess braucht dringend mehr politischen Elan und eine größere Verbindlichkeit. Wir wollen, dass Deutschland gerade auch im Kreis der europäischen Regierungschefs hierfür stärkere und mutigere Impulse gibt. Mit dem neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron hat Deutschland einen Partner, um in Schlüsselbereichen der europäischen Integration und insbesondere auch im Rahmen der Wirtschafts- und Währungsunion notwendige Reformen auf den Weg zu bringen. Die damit verbundenen Chancen gilt es jetzt beherzt zu nutzen. Zu einem solchen neuen politischen Aufbruch für Europa gehört für uns dazu: Dass wir als Deutsche auch bereit sind, in die europäische Zusammenarbeit investieren, weil Investitionen in die Zukunft Europas immer auch Investitionen in eine gute Zukunft Deutschlands sind. Dass wir darüber hinaus unsere europäischen Partner nicht schulmeistern, sondern ihnen mit Respekt und auf Augenhöhe begegnen. Dass sich unsere Europapolitik nicht auf eine reine Sparpolitik reduziert, sondern dass wir Impulse für mehr Investitionen, für mehr Ausbildung und gute Jobs geben, die uns letztlich allen nützen. Anknüpfend an die Schwerpunkte der Erklärung von Rom sind für uns politische Fortschritte in folgenden Bereichen besonders wichtig: Soziales Europa: Wir wollen eine europäische Sozialunion, die ihre Politik an den Bedürfnissen der Menschen ausrichtet, soziale Mindeststandards sichert und Lohn- und Sozialdumping wirksam unterbindet. Auch auf europäischer Ebene wollen wir den Grundsatz verankern, dass es in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union wirksame soziale Grundsicherungssysteme geben muss. Unser übergeordnetes Ziel ist die Stärkung der sozialen Grundrechte: Durch ein soziales Fortschrittsprotokoll wollen wir festschreiben, dass soziale Rechte gleichrangig sind gegenüber den wirtschaftlichen Grundfreiheiten des Binnenmarktes. Zudem wollen wir wirksame EU-Regeln gegen Sozialdumping, insbesondere bei der Vergabe von Unteraufträgen, bei Briefkastenfirmen, bei vorgetäuschter Entsendung von Arbeitskräften und bei Scheinselbstständigkeit. Verstöße gegen das Arbeitsrecht sollen

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wie Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht auf europäischer Ebene geahndet werden können. Überaus wichtig ist auch, bessere Chancen für junge Menschen in Europa zu schaffen. Die junge Generation ist unsere gemeinsame Zukunft. Wir wollen deshalb die EU-Mittel im Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit deutlich aufstocken und in einem permanenten Jugendbeschäftigungsfonds bündeln. Wir wollen zudem den europäischen Freiwilligendienst und die Austauschprogramme der EU wie Erasmus+ ausbauen. Und wir brauchen ein Europäischen Mobilitätsprogramm, aus dem junge Menschen unterstützt werden können, wenn sie in einem anderen Mitgliedsstaat eine Ausbildung oder einen Arbeitsplatz aufnehmen möchten. Europäische Wirtschaftspolitik, Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion: Wir sind nicht einzeln stark, sondern nur gemeinsam. Daher brauchen wir eine koordinierte Wirtschaftspolitik in Europa. Unser Ziel ist es, die konjunkturellen Entwicklungen der Mitgliedstaaten Europas besser aufeinander abzustimmen. Exzessive Ungleichgewichte wollen wir überwinden. Dafür brauchen wir eine bessere und wirksamere Integration der Wirtschaftspolitik – perspektivisch mit der Einrichtung einer Wirtschaftsregierung für den Euro-Raum. Die europäische Wirtschaftsregierung soll sich zusammensetzen aus den Mitgliedern der Kommission mit entsprechendem Zuständigkeitsbereich – unter politischer Führung eines europäischen Wirtschafts- und Finanzministers. Die Wirtschaftsregierung und ihre Mitglieder müssen insbesondere über das Europäische Parlament legitimiert und kontrolliert werden. Hierzu sollte im Rahmen des Europäischen Parlamentes eine Struktur geschaffen werden, die die Aufgabe eines „Eurozonen-Parlamentes“ übernimmt. Wir wollen insbesondere dort, wo wir mit dem Euro eine gemeinsame Währung haben, ein gemeinsames Finanzbudget schaffen. Es ermöglicht Investitionsimpulse und wirkt zugleich stabilisierend als Ausgleichsmechanismus bei Krisen. Gemeinsame Europäische Außen- und Sicherheitspolitik: Wir machen eine präventive, umfassende Friedens- und Entwicklungspolitik zum strategischen Schwerpunkt der europäischen Politik. Auch muss die europäische Außenpolitik enger mit innenpolitischen Themen verzahnt werden, etwa bei Fragen der Flüchtlings- und Migrationspolitik, der Cyber-Sicherheit, der Handels-, Energie- und Klimapolitik. Zugleich muss die europäische Außenpolitik stärker auf den Einsatz für Menschenrechte, starke internationale Institutionen und für soziale und ökologische Nachhaltigkeit ausgerichtet werden. Zivile Maßnahmen und Mittel der Gewaltprävention und Konfliktbewältigung haben für uns stets Vorrang. Wir wollen daher besonders die zivile Dimension der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik aufwerten, etwa auch durch den Aufbau eines europäischen zivilen Friedenskorps. Auch in der Verteidigungspolitik wollen wir stärker zusammenarbeiten und die Integration von Streitkräften der Mitgliedsstaaten voranbringen – als Teil einer umfassenden, präventiven und in das internationale Recht eingebetteten Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU. 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bieten die große Chance, durch mehr Zusammenarbeit auch bei den Verteidigungsausgaben effizienter, leistungsfähiger und kostengünstiger zu werden. Gemeinsam mit den EU-Mitgliedern, die unsere Ziele bereits heute teilen, wollen wir uns über die Gründung einer Europäischen Verteidigungsunion verständigen. Die im Lissabon-Vertrag vorgesehene ständige Zusammenarbeit ist ein wichtiger Schritt und ermöglicht schon jetzt konkrete Maßnahmen der engeren Kooperation und Arbeitsteilung auf dem Weg zu einer europäischen Armee.

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Die Europäische Union wird von vielen Bürgern als zu bürokratisch und nicht greifbar

empfunden. Viele bemängeln ein Demokratiedefizit und haben das Gefühl, zu wenig

Einfluss ausüben zu können. Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um dem

entgegenzuwirken? Glauben Sie, dass es institutioneller Reformen bedarf? Wenn ja,

welcher?

Die EU braucht starke Institutionen, allen voran ein starkes Europäisches Parlament und eine handlungsfähige Europäische Kommission. Statt nationaler Egoismen setzen wir auf die Gemeinschaftsmethode. Zugleich erkennen wir an, dass innerhalb der Europäischen Union unterschiedliche Vorstellungen über die Zukunft und die Arbeitsweise der Europäischen Union bestehen. Deshalb muss die EU flexibler werden. Gruppen von Mitgliedstaaten sollen bei gemeinsamen Projekten vorangehen können. Die europäischen Verträge lassen dies ausdrücklich zu. Die Kompetenzen des Europäischen Parlamentes müssen ausgeweitet werden, um das demokratische Defizit der EU zu beseitigen und die neue Wirtschaftsregierung demokratisch kontrollieren zu können. Dazu wollen wir dem Europäischen Parlament die vollständige Mitwirkung an der Wirtschafts- und Währungspolitik, das vollständige Budgetrecht, das Recht zur Wahl der einzelnen Kommissionsmitglieder und das Recht zur Gesetzesinitiative übertragen. Die Aufstellung von gemeinsamen Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten – wie zum ersten Mal bei der Europawahl 2014 geschehen – wollen wir dauerhaft verankern. Wir wollen insgesamt die europäischen Parteien weiter stärken und die Möglichkeiten, sich in ihnen zu engagieren, erweitern. Die europäischen Parteien sind Träger einer transnationalen politischen Willensbildung. Um diesen wichtigen Aspekt europäischer Demokratie zusätzlich zu stärken, setzen wir uns auch dafür ein, dass die durch das Ausscheiden Großbritanniens freiwerdenden Sitze im Europäischen Parlament künftig durch Abgeordnete besetzt werden, die anhand transnationaler Listen gewählt worden sind. Mittelfristig bedarf eine erneuerte Europäische Union einer Überarbeitung des Lissaboner Vertrages. Ziel ist eine europäische Verfassung, die sicherstellt, dass wirtschaftliche Integration mit sozialem Fortschritt und mehr Demokratie verbunden wird.

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Antwort von Matthias Birkwald, Die Linke:

1. Welches sind aus Ihrer Sicht die drei größten Herausforderungen, denen Europa und die

Europäische Union ausgesetzt sind? Mit welchen konkreten Maßnahmen oder Vorschlägen

will Ihre Partei diesen begegnen?

Die EU befindet sich ohne Zweifel in einer historischen Krise. Sichtbarstes Symptom dieser

Krise ist der Brexit, durch den nach den zahlreichen Erweiterungsschritten erstmals ein Land

die Europäische Union verlassen wird. Auch in vielen anderen Mitgliedstaaten ist die Skepsis

gegenüber der europäischen Integration im Rahmen der EU gewachsen. In den meisten

Fällen hat sich diese Entwicklung im Wachstum rechter und faschistischer Parteien und

Bewegungen manifestiert, beispielsweise der AfD in Deutschland, des Front National in

Frankreich oder der FPÖ in Österreich.

Doch man sollte nicht Symptom und Ursache verwechseln. Kern dieser Entwicklung ist eine

Politik, die Europa zerreißt, statt es zu vereinigen. Insofern sehen wir in der Überwindung

der drei größte Mä gel der „real existiere de EU“ die i htigste Herausforderungen, um

die Idee eines vereinten Europas zu retten und den Aufstieg der Rechten zu unterbinden:

Erstens müssen wir die neoliberale Epoche hinter uns lassen und den europäischen

Integrationsprozess auf eine wirtschaftlich völlig andere Grundlage stellen. Dies bezieht sich

sowohl auf die Politik der nationalen Regierungen, ihre bisherige Rolle bei der Gestaltung

der EU und die vertraglichen Grundlagen der EU. Denn es ist einerseits die neoliberale Politik

der Regierungen, die die EU durch Wettbewerb um die niedrigsten Steuern, Löhne und

Beschäftigtenrechte zu einer Art Ellbogengesellschaft der Mitgliedstaaten gemacht hat.

Andererseits sind aber auch die EU-Verträge von einer neoliberalen Grundkonzeption

durchzogen, die genau diese Entwicklung befördert und den notwendigen Politikwechsel

strukturell erschwert. Wenn in der EU weiterhin die Interessen der Banken und Konzerne

über den Interessen der Menschen stehen, wird sie keine Zukunft haben. Denn es ist die

maßgeblich von den EU-Strukturen begünstigte und von EU-Eliten und den meisten

Regierungen der Mitgliedstaaten forcierte marktradikale Politik, die nicht nur innerhalb der

Länder, sondern auch zwischen ihnen die Kluft zwischen Arm und Reich wachsen lassen.

Zweitens muss die EU grundlegend demokratisiert werden. In ihrer aktuellen Form hat sie

massive Demokratiedefizite. So fehlt der EU-Kommission, die de facto eine Art von EU-

Regierung ist, die demokratische Legitimation. Das EU-Parlament verdient diesen Namen

eigentlich nicht, weil es nicht einmal das Initiativrecht hat, also nicht selbst Richtlinien oder

Verordnungen initiieren kann. Und der Rat als Gremium der nationalen Regierungen - nicht

der Parlamente! - hat wesentlich zu viel Gewicht und arbeitet intransparent und ohne

demokratische Kontrolle. Auch direktdemokratische Elemente muss man mit der Lupe

suchen und wo man sie findet, stellen sie sich als zahnlose Tiger heraus, beispielsweise die

Europäische Bürgerinitiative (EBI). All dies steigert nicht gerade das Vertrauen in die

Institutionen der EU.

Drittens muss die EU zu einem wirklichen Friedensprojekt werden - nach innen und außen.

Es ist ein enorm hohes Gut, dass es seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs keine Kriege mehr

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zwischen den Mitgliedern der EU gegeben hat. Jedoch ist es verkürzt, dies allein der EU-

Integration zuzuschreiben. Es waren vor allem wirtschaftliche Interessen, die 1951 zur

Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl geführt haben, die Keim der

heutigen EU war. Ähnliches gilt für die Römischen Verträge von 1957, in denen auch der

Grundstein für die entstehende Atomindustrie gelegt wurde. Heute schreibt der Lissabon-

Vertrag seinen Mitgliedern vor, militärisch aufzurüsten und die EU agiert nach außen

zunehmend durch Interventionen. Alles deutet darauf hin, dass die Militarisierung der EU im

Rahmen der aktuellen Krise noch weiter verstärkt wird, beispielsweise durch die Einrichtung

eines gemeinsamen militärischen Hauptquartiers, durch die Verwendung von EU-

Haushaltsmitteln für die Rüstungsforschung und durch Pläne für eine EU-Armee. Dies

verschärft auch die Konfrontation mit Russland, die unserer Meinung nach durch eine neue

Entspannungspolitik überwunden werden müsste. Denn Europa ist mehr als die EU. Das zeigt

nicht allein die Tatsache, dass Moskau die größte Stadt Europas ist. Frieden in Europa wird es

nur mit, nicht gegen Russland geben. Noch schlimmer als der Status Quo sind die Antworten,

die vonseiten der EU und den treibenden Regierungen auf die eingangs skizzierte Krise

gegeben werden. Anstatt die erzwungene Austeritätspolitik zu beenden, deuten die

Debatten im Nachgang der Präse tatio des „Weiß u hs“ der EU-Kommission auf eine

zunehmend autoritär erzwungene Durchsetzung des neoliberalen Irrsinns hin. Daran wird

au h die „Soziale Säule“ i hts ä der , die die EU-Kommission errichten will. Statt

einklagbaren sozialen Rechten geht es dabei um schöne Worte mit wenig Substanz. Auch

eine Demokratisierung der EU-Institutionen steht nicht auf dem Reformprogramm der EU.

Und anstatt die EU zu einer Friedensunion zu machen, ist ihre „Glo ale Strategie“ ga z i Gegenteil auf zunehmendes militärisches Engagement und Aufrüstung ausgerichtet.

Angesichts dieser Entwicklungen, wird man sich wohl oder übel auf weitere Krisen und Risse

in der EU vorbereiten müssen. Wir sind davon überzeugt, dass sich dieser Prozess verhindern

ließe. Hierfür wäre jedoch ein grundsätzliches Umsteuern notwendig. Was wir brauchen, ist

ein Neustart der EU auf Grundlage neuer Verträge, um die erwähnten Mängel zu beseitigen.

2. Am 25. März 2017 haben führende Vertreter von 27 EU-Mitgliedstaaten, des

Europäischen Rates, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission in

Rom eine Erklärung zu den nächsten zehn Jahren der Union abgegeben. Diese Erklärung ist

allerdings abstrakt und beinhaltet kein konkretes Maßnahmenprogramm. Greifen Sie bitte

drei Aspekte der Erklärung heraus und erläutern Sie, wie Ihre Partei diese in praktische

Politik umzusetzen vorschlägt. Alternativ bitten wir Sie, Aspekte herauszugreifen, die Ihre

Partei nicht unterstützt. Bitte erläutern Sie in diesem Fall die Gründe dafür.

Das Pro le der „Erkläru g o Ro “ s hei t u s weniger die Tatsache zu sein, dass sie

keine konkreten Maßnahmen beinhaltet, sondern ihr Inhalt. Der Text ist leider ein Beispiel

für de ü li he „Neuspre h“, de ir aus iele EU-Dokumenten kennen: Blumige Worte,

die oftmals das Gegenteil von dem meinen, was sie zu sagen scheinen.

Als Beispiel seien die vier in der Erklärung genannten Punkte aufgeführt.

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Au h ir trete für ei „si heres u d ges hütztes Europa“ Pu kt ei , i de si h alle Bürgerinnen und Bürger sicher und frei bewegen können. Wenn man die üblichen Phrasen

jedoch kennt, dann weiß man, dass damit in erster Linie eine Abschottung nach außen

gemeint ist, die aktuell verschärft wird und die im Mittelmeer tausenden Menschen das

Leben gekostet hat. Au h gege ei „ ohlha e des u d a hhaltiges Europa“ Pu kt kann niemand sein. Doch es sind gerade die im selben Absatz geforderten

„Strukturrefor e “, die ei sol hes Europa derzeit zerstöre . Statt dur h Austeritätspolitik

und Deregulierung, die diese „Refor e “ heutzutage edeute , forder ir ei u fasse des öffe tli hes sozial-ökologisches Investitionsprogramm, um die schwelende

Wirtschaftskrise zu überwinden. Nicht Marktradikalismus sondern gute Arbeit mit sozialer

Sicherheit sollte zum Kern der europäischen Integration werden.

Wer, wenn nicht wir tritt für ein soziales Europa ein? Glaubt man den 27 Staats- und

Regierungschefs, dann teilen auch sie dieses Ziel (Punkt 3). Die reale Politik der Mehrheit

dieser Regierungen und die neoliberalen Strukturen der EU haben jedoch zuverlässig dafür

gesorgt, dass soziale Ungleichheit und Armut gewachsen sind und dass in einigen Ländern

eine ganze verlorene Generation entsteht, die praktische keine Perspektive auf ein würdiges

Leben hat.

Der letzte Pu kt der Erkläru g, der „ ehr Vera t ortu g“ Europas i der Welt u d die Weiterentwicklung bestehender Partnerschaften fordert (Punkt 4), verschleiert hingegen

weniger, dass es um Aufrüstung und eine verstärkte Interventionspolitik in Kooperation mit

der NATO geht. Ei e „stärker ett e er sfähige u d i tegrierte Verteidigungsindustrie zu

s haffe “, ist ga z sicher keines der Ziele der LINKEN. Im Gegenteil: Wir stehen für

Abrüstung und zivile Konfliktlösung.

Die Erkläru g o Ro ist ei „Weiter so“ mit verschärften Mitteln, eine erhöhte Dosis der

bekannten und kontraproduktiven Medizin.

3. Die Europäische Union wird von vielen Bürgern als zu bürokratisch und nicht greifbar

empfunden. Viele bemängeln ein Demokratiedefizit und haben das Gefühl, zu wenig

Einfluss ausüben zu können. Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um dem

entgegenzuwirken? Glauben Sie, dass es institutioneller Reformen bedarf? Wenn ja,

welcher?

Leider ist das Wort „Refor “ i de zurü kliegenden immer mehr zu einem Synonym für

Ausgabenkürzungen und den Abbau sozialer und demokratischer Rechte geworden. Im

positiven Sinne des Wortes sind aber überzeugt, dass es grundlegender Reformen der EU-

Institutionen bedarf, wenn die EU die aktuelle Krise überstehen soll. Ein Problem ist doch

heute, dass die Europäische Union, würde sie um die Aufnahme in die Europäische Union

ersuchen, scheitern würde, weil sie nicht die nötigen Demokratiestandards vorweist. Die

grundlegenden Demokratiedefizite haben wir bereits zuvor skizziert. Zu deren Überwindung

haben wir konkrete Vorschläge, die die EU demokratisieren und dadurch auch den in ihr

lebenden Menschen näher bringen könnte.

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Das Europäische Parlament (EP) muss zu einem richtigen Parlament werden und gegenüber

den anderen Institutionen der EU deutlich gestärkt werden. Hierfür ist es zuallererst

erforderlich, dass das EP das Initiativrecht erhält, um eigene Vorhaben umzusetzen. Bislang

ist es bekanntlich so, dass nur die EU-Kommission Initiativen anstoßen kann. Auch sollte das

EP die EU-Kommissare und Präsidenten der EU-Kommission vorschlagen und wählen.

Bzgl. des EU-Haushaltes sind wir der Meinung, dass dieser vom Parlament alleine

beschlossen und deutlich vergrößert werden muss. Darüber hinaus muss das EP die

Kommission kontrollieren, ähnlich dem parlamentarischen Kontrollrecht nationaler

Parlamente gegenüber den jeweiligen Regierungen. Auch die Europäische Zentralbank (EZB)

muss dringend demokratischer Kontrolle unterworfen werden.

Auf EU-Ebene ist der Wirtschaftslobbyismus ein großes Problem, das demokratische

Entscheidungen in Frage stellt. Wir wollen seinen Einfluss kontrollieren und einschränken,

beispielsweise durch ein verbindliches und transparentes Lobbyregister. Lobbyisten aus der

Wirtschaft soll es verboten werden in der EU-Kommission beschäftigt zu werden.

Die aktuell diskutierten Pläne der EU-Kommission, die maßgeblich von der deutschen

Bundesregierung unterstützt werden, gehen jedoch in eine andere Richtung, weg von einer

Demokratisierung und hin zu autoritäreren Formen. So sollen EU-Institutionen - sei es in

Form der EU-Kommission oder einem noch zu schaffenden EU-Finanzministerium –

haushaltspolitische Interventionsrechte gegenüber den Mitgliedstaaten bekommen. Dies

würde die demokratischen Rechte der Parlamente massiv einschränken, wie es jetzt bereits

im Fall von Ländern wie Griechenland der Fall ist. Eine solche Entmachtung der Parlamente

und Eingriffe in die Tarifautonomie durch eine Euro-Wirtschaftsregierung lehnen wir ab.

Neben diesen institutionellen Fragen sind wir aber davon überzeugt, dass in einer wirklich

demokratischen EU die Bürgerinnen und Bürger direkte Mitspracherechte brauchen. Die

Europäische Bürgerinitiative (EBI) ist hierfür völlig unzureichend, weil sie hohe Hürden setzt

und absolut unverbindlich ist. Dies hat sich in aller Deutlichkeit gezeigt, als versucht wurde,

durch eine EBI das Konzernermächtigungsabkommen TTIP zu stoppen. Direkte Demokratie

auf europäischer Ebene bedeutet, dass wir endlich europaweite Mitentscheidungsverfahren

bekommen. Wir wollen, dass Bürgerinnen und Bürger in der EU das Recht erhalten, über

Volksentscheide konkrete EU-Politik mitzugestalten. Über grundlegende Veränderungen der

EU, also bspw. Änderungen der EU-Verträge, sollen die Bürgerinnen und Bürger in der

gesamten EU mittels Volksentscheid am gleichen Tag entscheiden können. Durch

verbindliche Bürgerbegehren sollen sie Einfluss auf die europäische Politik bekommen.

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Katharina Dröge Mitglied des Deutschen Bundestages Mitglied und Obfrau im Ausschuss für Wirtschaft und Energie Wettbewerbspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Unsere Vision für Europa: Ökologisch, sozial und bürgernah

Sehr geehrte Frau Kühl, sehr geehrter Herr Kühl, sehr geehrtes Team von Pulse of Europe Köln,

vorweg: vielen Dank für Ihren Einsatz für Europa und für die Europäische Union. Es ist ausgesprochen wichtig, dass Menschen sich für Europa einsetzen und klar machen, wie viel Ihnen Europa bedeutet.

Nun zu Ihrem Schreiben: Ich leite Ihnen hiermit die Antwort unserer Grünen Spitzenkandidat*innen Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt weiter, mit der diese die Position der Grünen darlegen. Dieser sehr umfangreichen und sehr wichtigen Erläuterung möchte ich eine kleine Ergänzung beifügen, die meine Ar-beit als wettbewerbspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit Blick auf die Europapolitik betrifft.

Wir brauchen einen europäischen Paradigmenwechsel – weg von Austerität hin zu mehr Zukunftsinvestitionen, mit denen wir die ökologische, soziale und digi-tale Transformation Europas in Angriff nehmen. Dafür schlagen wir Grünen einen Pakt für nachhaltige Investitionen vor - unseren Green New Deal für Europa.

Mit der Einführung einer europäischen Arbeitslosenversicherung wollen wir ein klares Zeichen für Solidarität setzen. Sie wird den EU-Bürger*innen als Sockelab-sicherung und den europäischen Volkswirtschaften als Stabilisierungsinstrument gegen makroökonomische Schocks dienen. Nur wenn wir in Europa solidarisch zusammenstehen, statt nationale Interessen gegeneinander auszuspielen, wird es uns gelingen mit einer Stimme zu sprechen und Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen.

Berlin, 22.06.2017 Bezug: Ihr Schreiben vom 13.06.2017 Katharina Dröge, MdB Platz der Republik 1 11011 Berlin Telefon: +49 30 227-79081 Fax: +49 30 227-76083 [email protected] Wahlkreisbüro Ebertplatz 23 50668 Köln Telefon: +49 (0221) 722 03 69 Telefax: (0221) 972 57 10 [email protected]

Katharina Dröge, MdB, Platz der Republik 1, 11011 Berlin

Elisabeth Kühl

Lohmühle 13

50321 Brühl

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Katharina Dröge Mitglied des Deutschen Bundestages Mitglied und Obfrau im Ausschuss für Wirtschaft und Energie Wettbewerbspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Mit dem Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen torpediert US-Präsident Donald Trump den internationalen Klimaschutz. Nur eine starke EU kann einen Roll-Back ins Kohlezeitalter verhindern. Dafür braucht es auch eine Korrektur der europäischen Handelspolitik.

Wir wollen kein neues Handelsabkommen zwischen der EU und den USA oder anderen Staaten, ohne dass von allen zukünftigen Vertragsparteien das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet wurde und das Handelsabkommen die Einhaltung der Pariser Ziele garantiert. Es ist nur dann realistisch, die Klimaziele zu erfüllen, wenn wir unsere Handelspolitik so ausgestalten, dass sie Ressourceneffizienz, hohe Umweltstandards und klimaverträgliche Mobilität und Energieerzeugung fördert und nicht behindert!

Die Handelspolitik der EU muss zudem transparenter und fairer werden. Ab-kommen wie CETA und TTIP sind das Gegenteil davon. Klageprivilegien für Konzerne wollen wir aus solchen Verträgen streichen. Die kommunale Daseins-vorsorge wollen wir durch klare Vorgaben vor Privatisierungsdruck schützen. Und um einen Abwärtsdruck auf Standards zu verhindern, wollen wir in solchen Verträgen klare Vorgaben zum Umwelt- und Klimaschutz, zum Verbraucher-schutz und für Arbeitnehmerrechte machen.

Wir Grünen wollen faire Spielregeln und Wettbewerb um die beste Lösung in der Marktwirtschaft. Die EU-Kommission hat mit dem Kartellrecht das schärfste Schwert, um fairen Wettbewerb zu garantieren. Doch die Marktkonzentration und Marktmacht nimmt in vielen Bereichen zu. Um der Macht digitaler Plattformen Grenzen zu setzen, muss die EU-Kommission Unternehmen wie Google oder Fa-cebook gegenüber klare Kante zeigen – zur Not auch durch Entflechtung. Im Ag-rarmarkt muss sie die Fusionsspirale stoppen. Wir Grünen fordern, dass hier nicht nur Marktanteile, sondern auch die Auswirkungen auf die Umwelt, die Ar-tenvielfalt, die Ernährungssicherung und Ernährungssouveränität geprüft werden.

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Katharina Dröge Mitglied des Deutschen Bundestages Mitglied und Obfrau im Ausschuss für Wirtschaft und Energie Wettbewerbspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Die Europäische Union ist eine historische Errungenschaft. Sie bedeutet Zusam-menarbeit statt Nationalismus. Sie ist ein Versprechen, dass es nie wieder Krieg in Europa geben wird. Es ist an der Zeit, die Menschen wieder für Europa zu be-geistern und sie davon zu überzeugen: Eine starke EU ist DIE Lösung für die wich-tigsten Herausforderungen unserer Zeit. Dabei ist es mit einem einfachen „Weiter so!“ nicht getan. Deshalb wollen wir mit mutigen Schritten vorangehen, um unse-re Vision für Europa zu verwirklichen – ökologisch, sozial und bürgernah.

Mit freundlichen Grüßen,

Katharina Dröge, MdB

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Sehr geehrtes Team von Pulse of Europe, vielen Dank für Ihren offenen Brief! Wir freuen uns, mit Ihnen in einen Dialog über Politik und Ideen für Europa zu treten. Wir teilen mit Ihnen die Begeisterung für die europäische Idee, die Überzeu-gung, dass unsere Zukunft nur in einer starken und solidarischen Europäischen Union liegt, dafür aber Reformen notwendig sind. Wir und viele andere Grüne waren mit Ihnen in verschiedenen Städ-ten auf der Straße. Es ist toll, dank Ihres riesigen Engagements so viele Menschen für Europa de-monstrieren zu sehen. Das ist ein toller Erfolg für Sie und für ganz Europa! Herzlichen Glückwunsch und unser aufrichtiger Dank!

Wir Grüne sind überzeugte Europäer*innen. Wir wissen, dass die Herausforderungen unserer Zeit viel zu groß sind, um sie alleine in Deutschland lösen zu können. Miteinander statt Gegeneinander, Of-fenheit statt Abschottung – das ist der Kern grüner Politik. Nur gemeinsam können wir erfolgreich sein im Kampf gegen den Klimawandel, gegen Umweltverschmutzung und Ressourcenknappheit, gegen Sozialdumping und Steuerbetrug, gegen Krieg und Terrorismus, gegen organisierte Kriminali-tät. Wir gewinnen gemeinsam oder verlieren gemeinsam. „Mehr Europa“ ist deshalb kein frommer Wunsch, sondern rationale Notwendigkeit.

Dass wir heute ganz selbstverständlich in Frieden zusammen leben, haben wir der europäischen Integration zu verdanken. Sie ist ein einzigartiges Friedensprojekt. Sie hat Deutschland und Frank-reich nach endlosen Kriegen zu engen Partnern gemacht. Sie hat Millionen Menschen zusammenge-bracht, die früher durch den Eisernen Vorhang voneinander getrennt waren. Und sie hat ein vereintes Deutschland möglich gemacht. In vielen Familien wird heute mehr als nur eine Sprache gesprochen, in vielen Freundeskreisen ist es normal, bei der Ausbildung und Jobsuche über Grenzen zu gehen. Europäisches Miteinander ist für viele Menschen, und besonders für die junge Generation, längst Alltag geworden. Wir freuen uns, dass „Pulse of Europe“ dies zum Ausdruck bringt.

Aber nur ein starkes Europa, das sich nicht scheut, die nötigen Reformen anzupacken, ist ein zu-kunftsfähiges Europa. Deshalb streiten wir Grüne für eine bessere Europäische Union, die ökologi-scher, demokratischer, sozialer und den Werten der Solidarität, Humanität und Weltoffenheit ver-pflichtet ist. Unsere europapolitische Agenda finden Sie in unserem Wahlprogramm für die Bundes-tagswahlen: http://www.gruene.de/ueber-uns/beschluesse-der-bundesdelegiertenkonferenz.html

Pulse of Europe e. V. Wolfsgangstrasse 63 60322 Frankfurt

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, POSTFACH 04 06 09, 10063 BERLIN

BUNDESVORSTAND BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Platz vor dem Neuen Tor 1 10115 Berlin Tel: +49 (30) 28 44 2 - 0 Fax: +49 (30) 28 44 2- 210 [email protected]

Berlin, 22/06/2017

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1. Welches sind aus Ihrer Sicht die drei größten Herausforderungen, denen Europa und die Europäi-sche Union ausgesetzt sind? Mit welchen konkreten Maßnahmen oder Vorschlägen will Ihre Partei diesen begegnen?

Die allergrößte Herausforderung ist momentan, die Europäische Union mit vereinten Kräften zu-sammenzuhalten und zu stärken. Politik ist dann erfolgreich, wenn sie konkrete Ergebnisse vorwei-sen kann. Das gilt auch für Europa. Wir müssen Europa wieder stark machen, indem wir bei den drängendsten Fragen der EU – den wirtschaftlichen Problemen, dem Kampf gegen die Klimakrise und dem Umgang mit Migration und Flucht – vorankommen.

Das Projekt Europa ist in den letzten Jahren von verschiedenen Seiten erheblich in die Kritik geraten. Das macht uns große Sorgen. In vielen Mitgliedstaaten haben anti-europäische und nationalistische Bewegungen starken Zulauf. Mit dem Brexit geht die europäische Integration erstmals in ihrer Ge-schichte einen Schritt zurück statt voran. In vielen Mitgliedstaaten, leider auch bei unserer Bundes-regierung, erleben wir immer wieder einen Politikstil, der nationale Interessen in den Mittelpunkt stellt. Bundesfinanzminister Schäubles Versuche, Griechenland aus der Eurozone zu drängen, waren nicht nur wirtschaftspolitisch fehlgeleitet, sondern auch zutiefst unsolidarisch.

Das Votum für den Brexit und die Wahl von US-Präsident Trump waren für viele Menschen in Europa Weckrufe. In Rumänien und Polen gehen Hunderttausende von Menschen gegen Korruption und für Pressefreiheit und Frauenrechte auf die Straße, in neuen Bewegungen wie „Pulse of Europe“ zeigen Europäer*innen ihre Unterstützung für den europäischen Weg. Emmanuel Macron in Frankreich, Jes-se Klaver in den Niederlanden und Alexander van der Bellen in Österreich haben gezeigt, dass sie mit ihrer klaren pro-europäischen Haltung vielen Wähler*innen aus dem Herzen sprechen. Ihre Wahlerfolge sind Erfolge für ganz Europa.

Sich darauf auszuruhen, wäre jedoch fatal. Die Europaskepsis sitzt tief, und auch in Deutschland gibt es mit der AfD eine Partei, die gegen die Europäische Union hetzt und einen deutsch-nationalen Chauvinismus predigt. Daher müssen wir die großen Baustellen dringend anpacken. Die beste Medi-zin gegen Europazweifler ist ein Europa, das Probleme löst.

Wir sind der Meinung, dass sich die Herausforderungen im Bereich Wirtschaft und Klima nur gemein-sam lösen lassen. Europa steht immer noch vor riesigen sozialen und wirtschaftlichen Problemen. Die seit 2008 andauernde Banken- und Wirtschaftskrise ist noch nicht überwunden. Besonders in Südeuropa sind immer noch Millionen von Jugendlichen ohne Jobs. Mit dem Rückzug von Donald Trump aus der Pariser Klimaabkommen muss sich Europa mehr denn je zu einer Führungsrolle in der internationalen Klimapolitik bekennen. Das geht nur, wenn wir bei uns in Europa die Umsetzung der Pariser Klimaziele endlich wahrmachen.

Wir fordern einen europäischen Paradigmenwechsel weg von der einseitigen Sparpolitik der Großen Koalition hin zu sozial gerechten und ökologisch sinnvollen Zukunftsinvestitionen. Es geht nicht nur darum, wieviel Geld wir in die Hand nehmen, sondern auch in was wir es investieren. Wir wollen in Zukunftsbranchen investieren, Digitalisierung und Öko-Effizienz nutzen, um nachhaltige Jobs zu schaffen und unseren Kontinent auch für unsere Kinder lebenswert zu erhalten. Die EU möchten wir zur Vorreiterin für umwelt- und klimafreundliches Wirtschaften machen.

Konkret setzen wir uns dafür ein, im EU-Haushalt einen Zukunftsfonds einzurichten, der mittels öf-fentlicher Investitionen die öko-soziale Modernisierung der europäischen Wirtschaft vorantreibt. Alle EU-Staaten, die entschlossen gegen aggressive Steuervermeidung und Steuerhinterziehung vorge-hen, sollen sich am Zukunftsfonds beteiligen können. Nach Schätzungen der EU-Kommission könn-ten so jährlich 50 bis 70 Milliarden Euro mehr zur Verfügung stehen. Wir fordern außerdem einen europäischen Mindestsatz bei der Unternehmensbesteuerung. Der EU-Investitionsfonds (EFSI) soll aufgestockt werden, auch Deutschland soll endlich einzahlen. Und einen Risiko-Kapitalfonds für innovative europäische Start-ups halten wir für wichtig.

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Als zweitgrößte Volkswirtschaft und drittgrößter CO2-Emittent der Welt hat Europa eine Schlüssel-rolle im Kampf gegen die Klimakrise. Wir setzen uns dafür ein, europaweit aus Schmutzenergien wie der Kohle in den nächsten zwanzig Jahren auszusteigen. Damit sind wir in Europa nicht alleine – auch Präsident Macron fordert den Kohleausstieg für sein Land. Wir kämpfen für eine europäische Klima- und Energieunion mit ambitionierten Zielen bei Erneuerbaren Energien und Emissionsminde-rung sowie für hohe Umweltstandards als Innovationstreiber. Wir wollen eine europäische Industrie-strategie, die auf Ressourcen- und Energieeffizienz, Digitalisierung, Zukunftstechnologie und Kreis-laufwirtschaft setzt. E-Mobilität muss zum europäischen Projekt werden. Wir möchten eine europäi-sche Ladeinfrastruktur, die uns erlaubt, mit dem Elektroauto von Bratislava bis Granada zu fahren. Und wir setzen auf einen C02-Mindestpreis in Europa.

Die dritte größte Herausforderung, die Europa dringend anpacken muss, ist für uns die Flüchtlings-politik. Noch immer haben es die Mitgliedstaaten nicht geschafft, sich auf gemeinsame solidarische Lösungen zu verständigen und diese auch umzusetzen. Stattdessen hat die EU mit der Türkei einen Flüchtlingsdeal geschlossen, der humanitäre Prinzipien verletzt und die Europäische Union durch Präsident Erdogan erpressbar macht. Die Türkei ist das größte Transit- und Aufnahmeland für syri-sche Flüchtlinge. Natürlich müssen wir mit Ankara reden, aber dieser Flüchtlingsdeal ist die falsche Lösung.

Um die furchtbaren Tragödien von Geflüchteten im Mittelmeer zu beenden, müssen die EU-Mitgliedstaaten umgehend eine gemeinsame Seenotrettungsmission einsetzen. Wir fordern außer-dem einen neuen europäischen Grenzschutz, der den Menschenrechten, dem Flüchtlingsschutz und der Grenzsicherung gerecht wird. Wir fordern legale und sichere Zugangswege für politisch Verfolgte und andere Schutzsuchende, damit die Menschen sich nicht mehr in die lebensgefährlichen Boote der Schlepper begeben müssen. Familien sollten wir gezielt zusammenführen.

Damit weniger Menschen vor Terror, Krieg und Armut fliehen, muss die EU Fluchtursachen wirksam bekämpfen. Dazu gehört gute Entwicklungszusammenarbeit und eine gerechte und nachhaltige Handelspolitik. In unserem Wahlprogramm fordern wir einen Zukunftspakt für Afrika, der partner-schaftlich und auf Augenhöhe mit den Partnerstaaten vor Ort zivile Krisenprävention, den Aufbau von rechtsstaatlichen Strukturen sowie eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung fördert.

Die EU sollte Flüchtlinge endlich solidarischer auf ihre Mitgliedsstaaten verteilen. Wer keine Flücht-linge aufnehmen möchte, sollte auf anderem Wege Verantwortung übernehmen, etwa durch eine verstärkte Beteiligung am Resettlement-Programm des UNHCR. Wir möchten faire Asylverfahren und hohe Asylstandards überall in der EU.

2. Am 25. März 2017 haben führende Vertreter von 27 EU-Mitgliedstaaten, des Europäischen Rates, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission in Rom eine Erklärung zu den näch-sten zehn Jahren der Union abgegeben. Diese Erklärung ist allerdings abstrakt und beinhaltet kein konkretes Maßnahmenprogramm. Greifen Sie bitte drei Aspekte der Erklärung heraus und erläutern Sie, wie Ihre Partei diese in praktische Politik umzusetzen vorschlägt. Alternativ bitten wir Sie, Aspekte herauszugreifen, die Ihre Partei nicht unterstützt. Bitte erläutern Sie in diesem Fall die Gründe dafür.

Die drei wichtigsten Aspekte der Agenda von Rom sind für uns ein wohlhabendes und nachhaltiges Europa, ein soziales Europa und stärkeres Europa in der Welt. Für alle diese Ziele setzen wir uns ein, aber verfolgen teilweise andere Wege als die EU-Kommission oder die Bundesregierung, um diese Ziele zu erreichen.

(1) Das Ziel eines „wohlhabenden und nachhaltigen Europas“ lässt sich nur erreichen, wenn die 27 Mitgliedstaaten auch bereit sind, dafür zusätzliche finanzielle Mittel in die Hand zu nehmen. Das fehlt leider in der Erklärung von Rom. Auch Deutschland ist hier gefragt. Anders als viele andere EU-

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Staaten hat es nicht unter der Eurokrise gelitten. Durch Zinsvorteile und Exporte hat es profitiert wie kein anderer Mitgliedstaat. Wir erwarten zudem, dass die EU-Mitgliedsstaaten endlich ernsthaft ge-gen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung vorgehen. Auch dies bleibt in der Erklärung von Rom unerwähnt, ebenso wie der Schutz der Umwelt und der natürlichen Ressourcen. In diese Lücken möchten wir mit unserem Zukunftsfonds stoßen. Wir wollen eine Investitionsoffensive mit dem Ziel einer sozial-ökologischen Transformation Europas. Wir sollen Jobs und Nachhaltigkeit, zum Wohle der Menschen und der Umwelt Europas.

(2) Auch das Ziel „Soziales Europa“ lässt sich nur umsetzen, wenn die Mitgliedstaaten deutlich mutiger und konkreter werden als in der Erklärung von Rom. Wir wollen dem Vertrag von Lissabon eine soziale Fortschrittsklausel an die Seite stellen. Außerdem setzen wir uns ein für Mindeststan-dards im Bereich der sozialen Sicherung und des Arbeitsmarktes. Wir streiten für das Prinzip „glei-cher Lohn für gleiche Arbeit am selben Arbeitsplatz“ für alle Arbeiternehmer*innen. Im Zuge der derzeitigen Verhandlungen über die Überarbeitung der Entsende-RL möchten wir sicherstellen, dass das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ auch tatsächlich in allen EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt wird. Uns ist wichtig, die grenzüberschreitende Freizügigkeit von Arbeit-nehmer*innen sozial besser abzusichern, damit sie nicht durch ein Raster national fragmentierter Sozialsysteme fallen. Wir wollen die wirtschaftspolitische Steuerung über das Europäische Semester stärken.

(3) Wir teilen das Ziel eines „stärkeres Europa in der Welt“. Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind das Fundament Europas. Diese Werte zu schützen und auch in unserer Au-ßenpolitik ohne Wenn und Aber umzusetzen, ist die dritte große Herausforderung, vor der Europa steht.

Europäische Werte sind in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Europäischen Sozialcharta niedergelegt. Nur ein Europa, das seine Werte im Inneren lebt und hochhält, kann sie auch nach außen verteidigen. Nach innen müs-sen wir sie gegenüber populistischem Gedankengut, Fehlentwicklungen in nationalen Demokratien oder einer unsolidarischen Flüchtlingspolitik verteidigen. Nach außen brauchen wir eine gerechte globale Handelspolitik und eine präventive und verantwortungsvolle Nachbarschafts-, Außen- und Entwicklungspolitik.

Die EU darf nicht wegsehen, wenn einzelne Regierungen wie in Polen oder Ungarn die Demokratie in ihrem Land schwächen. Sie sollte die Rechtsstaatlichkeit aller Mitgliedsländer regelmäßig, unab-hängig und verbindlich überprüfen. Dazu wollen wir den sogenannten „Rechtsstaatsmechanismus“ ausbauen. Auch gegenüber Staaten, die neue Mitglieder der EU werden wollen, sind die europäi-schen Werte verbindlich. Ohne Fortschritte in Sachen Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sollten etwa die Gespräche über einen EU-Beitritt oder eine Vertiefung der Zollunion mit der Türkei nicht wieder aufgenommen werden.

Außenpolitisch sollte die EU Menschenrechte schützen, Demokratie fördern, fairen Handel betreiben und vor allem als friedenspolitischer Akteur auftreten. Dazu muss sie die zivile Krisenvorsorge und -bearbeitung stärken und gemeinsam ihre Waffenexporte besser kontrollieren. Die Forderung nach einer Erhöhung der nationalen Militärbudgets auf jeweils 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes leh-nen wir ab. Stattdessen möchten wir unsere Fähigkeiten im Bereich Sicherheit in Europa bündeln.

Das europäische Selbstverständnis und die europäischen Werte werden derzeit vor allem auch durch die starken Flucht- und Migrationsbewegungen auf die Probe gestellt. Hier muss die Europäische Union sich klar an ihren eigenen menschenrechtlichen Ansprüchen messen lassen.

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3. Die Europäische Union wird von vielen Bürgern als zu bürokratisch und nicht greifbar empfunden. Viele bemängeln ein Demokratiedefizit und haben das Gefühl, zu wenig Einfluss ausüben zu können. Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um dem entgegenzuwirken? Glauben Sie, dass es institutio-neller Reformen bedarf? Wenn ja, welcher?

Für uns ist es oberstes Gebot, Vertrauen in Europa zurückzugewinnen, Europa zu stärken und krisen-fester zu machen. Wir wollen gemeinsame Lösungen voranbringen, die den Zusammenhalt der 27 EU-Mitgliedstaaten stärken, anstatt die EU in ein Kerneuropa und eine Peripherie zu spalten. Wir setzen auf ein Miteinander auf Augenhöhe statt die Dominanz großer Mitgliedstaaten. Wir wollen Raum schaffen für eine breite europäische öffentliche Debatte, die politische Akteure, und die Bürger und Bürger*innen Europas wieder enger zusammenführt. Graswurzelbewegungen, Städtepartner-schaften, Netzwerke, Austauschprogramme und Medien wollen wir als unsere Verbündete gewinnen, um mit den Menschen vor Ort etwa in gemeinsamen Bürgerforen europapolitische Entscheidungen zu diskutieren.

Konkret fordern wir,

• dass das Europäische Parlament der zentrale Ort aller europäischen Entscheidungen wird und das Recht erhält, eigene Gesetzesvorschläge einzubringen; dass das Wahlrecht für das EU-Parlament europäisiert wird, ein Teil der Abgeordneten über transnationale Listen ge-wählt werden; dass die europäischen Parteien mit einer/einem Spitzenkandidatin/en für das Amt der/des Kommissionspräsidentin/en zur Europawahl antreten. All dies würde das Han-deln in der EU grenzübergreifend sichtbarer machen.

• dass nationale Parlamente aktiver in der Europapolitik mitwirken, mit mehr Informations-rechten das Handeln ihrer Regierungen im Rat in Brüssel kontrollieren können und es mehr Austausch und Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission gibt.

• dass die Transparenz im Rat der EU bspw. durch öffentliche Sitzungen deutlich gestärkt wird, damit Positionen und Kompromisssuche der nationalen Regierungen nachvollziehbar wer-den.

• dass Lobbyaktivitäten durch verbindliche Lobbyregister offengelegt werden, striktere Über-gangszeiten beim Wechsel aktiver Politiker ins Lobby-Lager sowie einen "legislativen Fuß-abdruck", der die Einflussnahme Dritter auf EU-Gesetzgebung transparent macht.

• besseren Zugang zu EU-Beteiligungsmöglichkeiten wie der Europäischen Bürgerinitiative. Unnötig hohe Hürden sollten hier abgebaut werden. Perspektivisch sollte sie zu einem In-strument einer echten Volksinitiative ausgebaut und europäische Gesetzesvorschläge den Bürger*innen der EU zur Diskussion und Abstimmung vorlegt werden.

• einen EU-Kommissar für die Wirtschafts- und Währungsunion, der gleichzeitig Vorsitzender der Eurogruppe ist und durch einen Euro-Ausschuss des Europäischen Parlaments kontrol-liert wird.

• dass der deutsch-französische Motor bei der Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Wäh-rungsunion die gesamte EU im Blick hat. Das Kerneuropa-Konzept von Bundesfinanzminister Schäuble lehnen wir ab. Es würde die osteuropäischen Mitgliedstaaten ausschließen und die notwendige demokratische Kontrolle schwächen, indem es die Kompetenzen von EU-Kommission und EU-Parlament beschneiden würde.

Wir glauben, dass die Europäische Union die demokratische Antwort auf das Zeitalter der Globalisie-rung ist. Einen Rückfall in abgeschottete und um Vorherrschaft streitende Nationalstaaten lehnen wir ab. Eine globalisierte, international vernetzte Wirtschaft und Gesellschaft bietet viele Chancen

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für kulturellen Austausch, Wohlstand und reiches menschliches Zusammenleben. Die EU kann und muss Vorreiterin für sozial verantwortliches, umwelt- und klimafreundliches Wirtschaften werden. Nur zusammen können wir Globalisierung gerecht machen, eine ökologisch moderne Wirtschaft schaffen und Frieden sichern. Dafür brauchen wir die Europäische Union, dafür müssen wir sie besser machen. Sie ist und bleibt die größte Hoffnung unserer Zeit.

Katrin Göring-Eckardt

Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen, Deutscher Bundestag

Anton Hofreiter

Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, Deutscher Bundestag

Cem Özdemir

Spitzenkandidat und Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied des Deutschen Bundestags

Simone Peter

Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen

Ska Keller

Vorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament

Sven Giegold

Sprecher der Europagruppe Grüne im Europäischen Parlament

Reinhard Bütikofer

Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei, Mitglied des Europäischen Parlaments

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E-Mail-Antwort von Alexander Graf Lambsdorff, FDP, vom

21.06.2017 1. Welches sind aus Ihrer Sicht die drei größten Herausforderungen,

denen Europa und die Europäische Union ausgesetzt sind? Mit welchen konkreten Maßnahmen oder Vorschlägen will Ihre Partei diesen begegnen?

Europa ist ein Projekt für Frieden, Freiheit und Wohlstand. Frieden braucht Sicherheit. Deshalb setzten wir uns für eine bessere europäische Kooperation in der Terrorismusbekämpfung ein und wollen bestehende Gremien wie Europol aufwerten. Außerdem wollen wir eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die diesen Namen auch verdient hat. Wir müssen zudem für ein einheitliches Europa in der Flüchtlings- und Asylfragen sorgen. Dafür wollen wir an den EU Außengrenzen wirksam kontrollieren, wer in die EU einreist. Frontex muss daher von der jetzigen zwischenstaatlichen Struktur zu einem echten europäischen Grenzschutz mit eigener Handlungsbefugnis und echter parlamentarischen Kontrolle ausgebaut werden. Als weiteren Schritt brauchen wir ein europäisches Asylrecht mit einem europaweiten Verteilungsschlüssel, der auf der Solidarität aller Mitgliedstaaten basiert und bei Nichteinhaltung wirksame Sanktionen ermöglicht. Wir müssen zudem den europäischen Rechtsrahmen für ein modernes Einwanderungsrecht weiterentwickeln, das integrationswilligen Flüchtlingen eine langfristige Bleibeperspektive ermöglicht. Die europäischen Werte sind die Grundlage unserer Freiheit. Deshalb müssen wir sie wirksam verteidigen. Mit Sorge beobachten wir die innenpolitischen Entwicklungen in einigen osteuropäischen Staaten. Versuche zur Beseitigung demokratischer Grundpfeiler wie Gewaltenteilung und Pressefreiheit müssen abgewehrt werden. Wir setzen wir uns für eine nachhaltige Reform der Rechtsstaatskontrolle ein, um bei dauerhaften Verletzungen unserer Werte auch unterhalb der Schwelle des Stimmentzugs wirksame Sanktionen verhängen zu können. Denn nur, wenn wir selbst von der Wirkungskraft unserer Werte überzeugt sind und ihnen bei Gegenwind Geltung verschaffen, stärken wir Europa als Wertegemeinschaft und internationales Vorbild. In Südeuropa ist die wirtschaftliche und soziale Krise noch lange nicht vorbei, das Ziel von Wohlstand ist dort aus Sicht vieler Menschen nicht erreicht. Gerade in der Krise muss Unternehmertum durch den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Arbeit gesichert und gestärkt werden. Wir Freien Demokraten stehen für freien und fairen Handel weltweit. Handel schafft Arbeitsplätze und Wachstum, ohne die Staatshaushalte zusätzlich zu belasten. Zudem gibt es jedoch zu viele Ausnahmen und Verzögerungen bei der Umsetzung bestehender Binnenmarkt-Regeln. Das große Projekt dabei ist der digitale Binnenmarkt. Die Freien Demokraten wollen zeitgemäße Regeln,

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die Innovationen Raum geben. Nur so werden die Menschen dazu befähigt, nicht nur Anwender, sondern Impulsgeber im digitalen Zeitalter zu sein.

2. Am 25. März 2017 haben führende Vertreter von 27 EU-Mitgliedstaaten, des Europäischen Rates, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission in Rom eine Erklärung zu den nächsten zehn Jahren der Union abgegeben. Diese Erklärung ist allerdings abstrakt und beinhaltet kein konkretes Maßnahmenprogramm. Greifen Sie bitte drei Aspekte der Erklärung heraus und erläutern Sie, wie Ihre Partei diese in praktische Politik umzusetzen vorschlägt. Alternativ bitten wir Sie, Aspekte herauszugreifen, die Ihre Partei nicht unterstützt. Bitte erläutern Sie in diesem Fall die Gründe dafür.

Zur Erreichung des Punktes der Erklärung (Ein sicheres und geschütztes Europa) sind aus Sicht der FDP vielfältige Maßnahmen erforderlich. Wir setzen uns für eine starke internationale Zusammenarbeit der Geheimdienste und Sicherheitsbehörden ein, um den aktuellen und zukünftigen Bedrohungslagen effektiv, effizient und mit gebotener Konsequenz zu begegnen. Der für die Terrorabwehr notwendige Datenaustausch und die konsequente Zusammenarbeit der Geheimdienste muss auch auf europäischer Ebene besser organisiert werden. Diese Zusammenarbeit soll künftig von einer eigenen EU-Agentur mit Kontrolle durch das Europäische Parlament geführt werden. Außerdem sind die bereits bestehenden Gremien wie Europol und das Amt des Anti-Terror-Koordinators der Union aufzuwerten. Wichtig ist, dass ein Austausch nicht zur anlasslosen und verdachtsunabhängigen Überwachung aller EU-Bürgerinnen und EU-Bürger missbraucht wird. Es geht darum, die Rechte der Menschen zu schützen. Zum zweiten Punkt (Ein wohlhabendes und nachhaltiges Europa) müssen wir den Euro stabilisieren und stärken - denn wir wollen den Euro als Gemeinschaftswährung erhalten. Deshalb unterstützen wir Hilfen als Gegenleistung für marktwirtschaftliche Reformen. Die Hauptlast der Anpassung müssen die Krisenländer selbst tragen. Wer sich daran hält, dem sollten begrenzte Transfers zur Bewältigung der marktwirtschaftlichen Transformation nicht verweigert werden. Klar ist auch: Für das Vertrauen in den Euro ist die Achtung der gemeinsamen Regeln wichtiger als die aktuelle Zahl seiner Mitglieder. Während einige Länder ihre Reformprogramme erfolgreich abgeschlossen haben, gibt es in Griechenland seit sechs Jahren keine Fortschritte. Die Freien Demokraten fordern daher, dass Griechenland seine Wettbewerbsfähigkeit mit Hilfen der EU außerhalb der Eurozone zurückgewinnt. Das würde Griechenland beim Aufbau einer selbsttragenden Wirtschaft helfen und gleichzeitig das Vertrauen in den Euro stärken. Zur Stabilisierung der Euro-Zone brauchen wir zudem Möglichkeit einer geordneten Staaten-Insolvenz innerhalb der Eurozone.

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Hinsichtlich des vierten Punktes der Erklärung (Ein stärkeres Europa in der Welt) schlägt die FDP konkrete Punkte vor. Wir Freie Demokraten wollen eine echte Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) in Europa. Der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik sollte dabei eine Schlüsselposition als „EU-Außenministerin“ zukommen. Nur wenn es uns gelingt, auch in den strittigen Fragen im passenden Moment eine europäische Antwort zu geben, wird man uns als Friedensmacht ernst nehmen. Deswegen setzen wir uns für die Einführung von Mehrheitsentscheidungen in der GASP und einen konsequenten Ausbau der gemeinsamen Fähigkeiten ein, auch abseits der europäischen Verträge. Vielmehr sollen auch einzelne EU-Staaten zusammenarbeiten, wenn es ihre Fähigkeiten und Sicherheit erhöht. 3. Die Europäische Union wird von vielen Bürgern als zu bürokratisch

und nicht greifbar empfunden. Viele bemängeln ein Demokratiedefizit und haben das Gefühl, zu wenig Einfluss ausüben zu können. Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um dem entgegenzuwirken? Glauben Sie, dass es institutioneller Reformen bedarf? Wenn ja, welcher?

Wir Freie Demokraten fordern institutionelle Reformen für mehr Transparenz und Effizienz in der EU. Denn viele Menschen verstehen nicht mehr, was die EU macht und fragen sich, warum sich die EU in einige Angelegenheiten einschaltet und in andere nicht. Dadurch verliert die EU an Vertrauen und Zustimmung. Das wollen wir ändern, indem wir die europäischen Institutionen weiter demokratisieren. Das europäische Parlament soll nach einem einheitlichen Wahlrecht mit staatenübergreifenden Listen und Spitzenkandidaten gewählt werden. Es muss zu einem Vollparlament mit Initiativrecht aufgewertet werden. Ein Sitz in Brüssel ist dabei ausreichend. Das spart Zeit und Geld im Vergleich zum Parallelbetrieb zwischen zwei Parlamentssitzen. Den ersten Schritt hin zu staatenübergreifenden Listen sollten wir im Zusammenhang mit dem BREXIT Prozess gehen. Denn spätestens 2019 stellt sich die Frage, wie die 73 britischen Sitze neu zu verteilen sind. Nach unserer Auffassung, sollten sie nicht nach dem üblichen nationalen Schlüssel vergeben werden, sondern ausschließlich an Kandidaten, die sich auf europaweiten Listen zur Wahl stellen. Die EU-Kommission sollte auf 16 Kommissare verkleinert werden. Unter den 16 Kommissaren sollten klare und einfach zurechenbare Ressorts vergeben werden, die den EU-Zuständigkeiten entsprechen. Der Rat der Europäischen Union muss sich zu einer modernen zweiten Kammer entwickeln. Dort kann jeder Mitgliedsstaat seine Position öffentlich vortragen. Der Rat sollte in Zukunft auch Veto bei Vorschlägen der Kommission einlegen können.

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Antwort von Florian Braun, CDU, MdL NRW, vom 22.06.2017 1. Welches sind aus Ihrer Sicht die drei größten Herausforderungen, denen

Europa und die Europäische Union ausgesetzt sind? Mit welchen konkreten

Maßnahmen oder Vorschlägen will Ihre Partei diesen begegnen?

Herausforderungen, mit denen wir in Deutschland und NRW zu kämpfen haben, werden von vielen weiteren Ländern in der EU geteilt. 28 unterschiedliche Kulturen und Traditionen zeichnen die EU aus, gleichzeitig sorgen sie für unterschiedliche Sichtweisen. Damit ist es oft schwierig, eine gemeinsame Herangehensweise für gemeinsame Probleme zu finden. Das haben nicht zuletzt die Flüchtlingsbewegungen in den vergangenen Jahren ge-zeigt. Angela Merkel hat hier einer Vorreiterrolle übernommen, humanitär gehandelt, während andere Regierungschefs Abschottung für das richtige Mittel hielten. Migrati-on ist eine Aufgabe, die von allen EU-Ländern angepackt werden muss. Die CDU plädiert dafür, dass die Migration eingedämmt wird, jedoch unter der Berücksichti-gung der humanitären Verantwortung, die wir für politisch Verfolgte und schutzbe-dürftige Menschen tragen. Indem der Schutz der EU-Außengrenzen wiederherge-stellt wird, soll illegalen Schleusungen und illegaler Migration ein Ende gesetzt und gleichzeitig legale Strukturen des Flüchtlingsschutzes geschaffen werden. Nicht nur die Migration wird uns langfristig vor Herausforderungen stellen und von der EU fordern, dass sie ihre Politik überdenkt. Viele Probleme liegen direkt vor un-serer Haustür und sind Ursache für das instabile Sicherheitsumfeld der Europäischen Union. Im Nahen Osten und in Nordafrika breiten sich Terrormilizen wie der soge-nannte „Islamische Staat“ aus und führen dort – wie auch schon hier in Europa – Krieg gegen die Demokratie. Wie lange die Türkei im Kampf gegen den IS noch ein verlässlicher Partner sein kann, ist angesichts der aktuellen politischen Spannungen zwischen der EU und der Türkei ebenfalls ungewiss. Im Osten Russland und die Uk-raine, wo ein Ende des Konflikts noch nicht in Sicht ist, im Westen Donald Trump, bei dem NATO-Kritik zum Wahlkampfmittel wurde. Eine neue, eigene Sicherheitsstrate-gie ist für die Europäische Union längst überfällig. Ich unterstütze die Idee der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, eine gemeinsame Europäische Verteidi-

gungsunion zu schaffen. Diese Union kann eine entscheidende Rolle spielen, um auch in Zukunft Frieden in Europa zu gewährleisten. Europa muss für die Sicherheit seiner Bürger sorgen können. Diese Bürger möchten Antworten auf die Herausforderungen dieser Zeit. Hier sind alle 28 Staaten in der Pflicht. Konflikte zwischen europäischen Ländern oder gar Alleingänge kann sich die EU in dieser Zeit nicht leisten. Nur mit einer einheitlichen Handlungsweise aller Staa-ten kann Vertrauen in das europäische Konstrukt hergestellt werden. Wir haben ge-sehen, wohin Euroskeptizismus führen kann. Mit Kritik an Europa sind Parteien in Parlamente eingezogen. Rechtspopulistische Parteien waren auf dem Vormarsch,

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ohne politische Lösungen parat zu haben. Populismus hat in Europa Boden gewon-nen, aber er hat lange nicht gesiegt. Das zeigen besonders die Wahlergebnisse in Frankreich sowie die sinkenden Umfragewerte für die AfD. Ein jeder Extremist spielt mit den Ängsten der Menschen. Den Herausforderungen unserer Zeit müssen wir mit einer pragmatischen Politik für Europa entgegen, die die CDU bietet – und nicht mit Angst. Nicht zuletzt hat Europaverdrossenheit zum Brexit geführt. Ein solcher Austritt aus der Staatengemeinschaft darf sich nicht wiederholen. Europa ist nicht „out“. Es ist in unserem Interesse – dem Interesse der jungen Generation – dass Europa geeint bleibt, aber wir dürfen es nicht als selbstverständlich hinnehmen. Nur wenn wir – und dabei sehe ich alle Politiker und Bürger in der Pflicht – uns heute für das einsetzen, was unsere Freiheit sichert, können wir auch für die nachfolgenden Generationen Sicherheit und Frieden garantieren, wie es in den letzten 70 Jahren schon der Fall war. 2. Am 25. März 2017 haben führende Vertreter von 27 EU-Mitgliedstaaten, des

Europäischen Rates, des Europäischen Parlaments und der Europäischen

Kommission in Rom eine Erklärung zu den nächsten zehn Jahren der Union

abgegeben. Diese Erklärung ist allerdings abstrakt und beinhaltet kein kon-

kretes Maßnahmenprogramm. Greifen Sie bitte drei Aspekte der Erklärung

heraus und erläutern Sie, wie Ihre Partei diese in praktische Politik umzu-

setzen vorschlägt. Alternativ bitten wir Sie, Aspekte herauszugreifen, die Ih-

re Partei nicht unterstützt. Bitte erläutern Sie in diesem Fall die Gründe da-

für.

Dass sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union 60 Jahre nach Verabschiedung der Römischen Verträge zusammentun, um sich erneut zu gemein-samen Leitlinien zu bekennen, hat Symbolcharakter. Gerade aufgrund der Unter-schiedlichkeit der vielen Länder, der politischen Kulturen sowie der Sicherungs- und Sozialsysteme, ist jedes Land immer wieder gefordert über den eigenen Tellerrand zu schauen. Das unterstreicht die Bedeutung dieses Bekenntnisses. Mit der CDU regiert in Deutschland – und jetzt auch in Nordrhein-Westfalen – eine Partei, die sich immer für ein starkes, geeintes Europa eingesetzt hat und sich dafür auch weiter einsetzen wird. Die Erklärung beinhaltet viele Punkte, die beispielsweise im neuen Koalitionsvertrag in Nordrhein-Westfalen ihre Umsetzung finden. Gerade für unser Bundesland spielt Europa eine große Rolle: Wir sind das industriel-le Herz des Kontinents. Unsere mittelständischen Unternehmen sind nicht selten Weltmarktführer auf ihren Gebieten und finden in ganz Europa verlässliche Handels-partner. Von einem beständigen Wirtschaftswachstum in Nordrhein-Westfalen kann Europa also nur profitieren. Wachstum zu generieren und Arbeitsplätze zu schaffen soll nicht nur ein Anliegen bleiben, sondern in den kommenden fünf Jahren in NRW umgesetzt werden. Wir nehmen besonders junge Unternehmer in den Blick, denen

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mit einem bürokratiefreien Jahr sowie einem Gründerstipendium große Hürden zur Gründung ihres eigenen Start-Ups genommen werden sollen. Wir werden leistungs-fähige, digitale Infrastrukturen schaffen, um die Produktivität unserer Industrie zu steigern. Wir werden den Landesentwicklungsplan wachstumsfreundlicher gestalten und die Wirtschaft von unnötiger Bürokratie befreien. Auch um die Arbeitskräfte der Zukunft machen wir uns Gedanken. In der Erklärung ist die Rede von einer Union, „(...) in der junge Menschen die beste Bildung und Ausbildung erhalten und auf dem gesamten Kontinent studieren und Arbeit finden können (...)“. Ganz konkret ist dazu in unserem Koalitionsvertrag vereinbart, dass grenzüberschreitende Schulbesuche bereits in der Primar- und Sekundarstufe er-möglicht werden sollen. Für Studenten wurde vor vielen Jahren ERASMUS ins Le-ben gerufen, das vielen jungen Menschen großartige Erfahrungen im europäischen Ausland beschert. Weiterhin möchten wir die Vergabe und Anerkennung von bi-nationalen Abschlüssen vorantreiben. Ich freue mich über diese Beschlüsse, denn ich bin überzeugt, dass aus Menschen überzeugte Europäer werden, wenn sie schon in jungen Jahren positive Erfahrungen mit der Europäischen Union und ihren Vorzü-gen machen können. Im Bereich Klimapolitik hat sich Deutschland – wie alle Länder der EU – zu den Re-gularien des Pariser Klimaabkommens bekannt. Die CDU bekennt sich klar zu dem Ziel, dass in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts treibhausgasneutral gewirtschaftet werden soll. Zu einer erfolgreichen Umweltpolitik gehört spätestens seit Fukushima 2011 auch untrennbar die Energiewende. Die CDU möchte für NRW einen energie-politischen Neustart: Eine sichere, kostengünstige und ökologisch nachhaltige Ge-staltung der Energiewenden. Für uns steht fest, dass Braunkohle und Erdgas so lan-ge unverzichtbar sind, bis erneuerbare Energien und neue Speichertechnologien in der Lage sein werden, Haushalte sowie die Industrie mit Strom zu versorgen. 3. Die Europäische Union wird von vielen Bürgern als zu bürokratisch und

nicht greifbar empfunden. Viele bemängeln ein Demokratiedefizit und haben

das Gefühl, zu wenig Einfluss ausüben zu können. Welche Maßnahmen

schlagen Sie vor, um dem entgegenzuwirken? Glauben Sie, dass es institu-

tioneller Reformen bedarf? Wenn ja, welcher?

Viele Menschen, die an die EU denken, bringen sie mit Regulierungswut in Verbin-dung und nicht mit den Erfolgen, die diese Union bereits hervorgebracht hat. Viele Erfolge können wir dort verzeichnen, wo Deutschland ein Stück seiner Souveränität abgegeben und die EU das Ruder in die Hand genommen hat: Vom europäischen Binnenmarkt, der Freiheit von Dienstleistungen, Waren, Kapital und Personen profi-tieren wir alle. Die Souveränität eines Landes sollte jedoch nur dort abgegeben wer-den, wo es sinnvoll ist. Rein formell ist Europa demokratischer geworden, als es noch vor zehn Jahren war. Seit dem Vertrag von Lissabon hat das Parlament mehr Rechte, was somit auch un-

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seren direkt gewählten Abgeordneten mehr Rechte einräumt. Allgemeine und freie Wahlen sind das Kernelement einer Demokratie. In dieser Hinsicht wäre es also falsch zu sagen, dass Europa undemokratisch ist. Dass die belgische Regionalregie-rung von Wallonien Ende 2016 das Freihandelsabkommen mit Kanada eine Zeit lang blockieren konnte, zeigt, dass die EU darauf angewiesen ist, auf alle Interessen der Länder und Regionen Rücksicht zu nehmen. Aufgrund der Mehrheitsregelungen in den europäischen Institutionen wird einem Hinwegsetzen von wenigen großen über viele kleine Staaten entgegengewirkt. Auch das „Durchwinken“ von Gesetzen, was in Deutschland häufiger kritisiert wird, ist im Europäischen Parlament nicht möglich, zumal es keine Regierungs- und keine Oppositionsfraktionen gibt und Mehrheiten für einen Beschluss immer neu gefunden werden müssen. All das spricht nicht für ein Weniger an Demokratie in Europa, sondern ein Mehr. Und dennoch braucht es weiter mehr Initiativrechte für EU-Abgeordnete, zudem spreche ich mich für die Beibehal-tung des Spitzenkandidatenprinzips aus, um Europa auch ein Gesicht zu geben.

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E-Mail-Antwort von Sven Tritschler, Junge Alternative für

Deutschland und AfD-MdL NRW, vom 15.06.2017

Short Claim: „Die EU ist nicht Europa“ 1. Welches sind aus Ihrer Sicht die drei größten Herausforderungen, denen

Europa und die Europäische Union ausgesetzt sind? Mit welchen konkreten Maßnahmen oder Vorschlägen will Ihre Partei diesen begegnen?

Die größte Herausforderung für Europa ist zunächst einmal die Europäische Union selbst. Ihre fortgesetzte Existenz bedeutet für Europa vor allem Streit, Verantwortungslosigkeit und Unfreiheit. Noch nie waren die Beziehungen zwischen den europäischen Staaten in jüngerer Zeit so schlecht wie heute, nachdem die EU versucht hat, ihren Mitgliedsstaaten unter Missachtung ihrer Souveränität eine brutale Austeritäts- und Asylpolitik aufzuzwingen. Noch nie hatte ein undemokratisches Organ wie das EU-Parlament, in der Malta das dreizehnfache Stimmgewicht von Deutschland hat, sich entgegen des Wortlauts der Europäischen Verträge Kompetenzen in nahezu allen Bereichen der Politik angeeignet. Und noch nie hat dieses Parlament so viele Verordnungen und Richtlinien ausgeschieden, die dem Bürger zum Großteil unbekannt und unverständlich sind. Aus diesem Grund müssen die europäischen Völker daran arbeiten, sich von der Europäischen Union zu emanzipieren und einen neuen, subsidiäreren Modus der Zusammenarbeit zu finden. Das leitet auch nahtlos zur zweiten großen Herausforderung über, nämlich dem Brexit. Nachdem das britische Volk in freier Ausübung seiner Souveränität beschlossen hat, aus der Europäischen Union auszutreten, müssen wir diesen Prozess so gut es geht unterstützen, damit das Vereinigte Königreich außerhalb der Europäischen Union den größtmöglichen Erfolg hat und der Welt demonstriert, dass die Staaten Europas auch außerhalb der Europäischen Union in Freiheit, Sicherheit und Wohlstand leben können. Dazu gehört aus unserer Sicht vor allem, sich gegenüber einem austrittswilligen Staat wie dem Vereinigten Königreich nicht wie die Mafia aufzuführen und darauf zu verzichten, ihm möglichst viele Steine in den Weg zu legen. Das sät nur Zwietracht zwischen den Völkern Europas. Der Brexit ist auch mit der dritten großen Herausforderung an uns Europäer eng verbunden: Der Notwendigkeit, die Demokratie wieder in Europa aufblühen zu lassen. Genauso wie die Briten über ihren Verbleib in der Europäischen Union abgestimmt haben, sollten auch alle anderen Mitgliedsstaaten per Referendum das eigene Volk befragen, ob es weiterhin Teil der Europäischen Union sein möchte. Nur so ließe sich, wenn überhaupt, die weitere Existenz der Europäischen Union rechtfertigen, nachdem eine vertiefte europäische Integration zuvor in Referenden in Frankreich, Irland und den Niederlanden durch das Volk abgelehnt und damit der EU die demokratische Legitimation entzogen wurde. 2. Am 25. März 2017 haben führende Vertreter von 27 EU-Mitgliedstaaten, des

Europäischen Rates, des Europäischen Parlaments und der Europäischen

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Kommission in Rom eine Erklärung zu den nächsten zehn Jahren der Union abgegeben. Diese Erklärung ist allerdings abstrakt und beinhaltet kein konkretes Maßnahmenprogramm. Greifen Sie bitte drei Aspekte der Erklärung heraus und erläutern Sie, wie Ihre Partei diese in praktische Politik umzusetzen vorschlägt. Alternativ bitten wir Sie, Aspekte herauszugreifen, die Ihre Partei nicht unterstützt. Bitte erläutern Sie in diesem Fall die Gründe dafür.

In der Erklärung vom 25. März 2017 bekennen sich die Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten als erstes zu einem sicheren und geschützten Europa. Dieses Ziel wird von der AfD uneingeschränkt geteilt; insbesondere vor dem Hintergrund der erhöhten Frequenz schrecklicher islamistischer Terroranschläge in Europa ist es deshalb unbedingt erforderlich, dass jeder europäische Staat seine Außengrenzen durch Grenzzäune robust schützt und dass die unkontrollierte Massenmigration nach Europa beendet wird. Man muss sich nur kurz in Erinnerung rufen, dass zwei der Attentäter der Anschläge von Paris im Jahre 2015 vollkommen unbehelligt als Flüchtlinge nach Europa kamen. Ganz Europa ist deshalb dazu aufgerufen, sorgfältig darauf zu achten, wer Zutritt zu unserem Kontinent erhält, insbesondere, wenn es sich um Menschen aus einem uns Europäern fremden Kulturkreis handelt. Als weiteres Ziel wird von den Vertretern der EU-Mitgliedsstaaten ein wohlhabendes Europa formuliert. Auch dieses Ziel teilen wir vollkommen. Die wirkungsvollste Maßnahme aus unserer Sicht, welche den Wohlstand der europäischen Völker garantiert, ist dabei die Abschaffung des Euros. Wir haben im Zuge der griechischen Staatsschuldenkrise erlebt, welche verheerenden Konsequenzen eine Währungsunion hat, die versucht, wirtschaftlich starke und schwache Länder unter sich zu vereinen. Die Rückkehr zu nationalen Währungen würde es wieder jedem Staat erlauben, seine entsprechend der eigenen Wettbewerbsfähigkeit seine Währung auf- und abzuwerten. Dann wären deutsche Spardiktate, die im Übrigen das harmonische Zusammenleben der europäischen Völker vergiften, genauso wenig erforderlich wie Rettungsschirme, die als ständiges Damoklesschwert über dem Wohlstand Europas schweben. Schließlich wird von den Vertretern der EU-Mitgliedsstaaten als letztes Ziel ein stärkeres Europa in der Welt gefordert. Diese Zielsetzung jedoch lehnt die AfD entschieden ab: Jedem imperialistischen Großmachtsstreben der Eurokraten erteilen wir eine deutliche Absage. In einer internationalen Ordnung, die auf Frieden und Kooperation ausgerichtet ist, darüber hinaus auch noch abgesichert durch militärische Verteidigungsbündnisse wie die NATO, ist es weder wünschenswert noch erforderlich, dass die EU sich zu einem eigenständigen machtpolitischen Block mit eigener Armee und Außenpolitik entwickelt. Zahlreiche andere Staaten außerhalb der EU, die weder groß noch besonders einflussreich sind (z.B. Norwegen oder die Schweiz), machen uns vor, wie auch kleine Staaten im 21. Jahrhundert ihren Bürgern Sicherheit und Wohlstand garantieren. Also Europäer sollten wir genau diesem Beispiel folgen und nicht versuchen, andere Großmächte in den Schatten zu stellen. 3. Die Europäische Union wird von vielen Bürgern als zu bürokratisch und

nicht greifbar empfunden. Viele bemängeln ein Demokratiedefizit und haben das Gefühl, zu wenig Einfluss ausüben zu können. Welche Maßnahmen

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schlagen Sie vor, um dem entgegenzuwirken? Glauben Sie, dass es institutioneller Reformen bedarf? Wenn ja, welcher?

Die Europäische Union in ihrer gegenwärtigen Gestalt wird von vielen Bürgern vollkommen zu Recht als bürokratisch, bürgerfern und undemokratisch kritisiert. Dies wird sich auch nicht durch eine institutionelle Reform korrigieren lassen. Ein Gebilde wie die Europäische Union, das für sich in Anspruch nimmt, über einen gesamten Kontinent und über mehr als eine halbe Milliarde Menschen zu herrschen, mit unterschiedlichen Sprachen, Kulturen und Werten, ist per se ein größenwahnsinniges Projekt, das nie am Puls der Bürger sein kann, Die einzige Maßnahme, um dem Bürger wieder mehr Einfluss einräumen, wäre es, die Strukturen der Europäischen Union abzuschaffen und durch eine europäische Freihandelszone zu ersetzen. Durch die damit verbundene Rückgabe von Kompetenzen an die Nationalstaaten würden wichtige politische Entscheidungen aus Brüssel in die Heimat der Bürger zurückgeholt und das Prinzip der Subsidiarität gestärkt. Gleichzeitig ermöglicht eine solche Konstruktion natürlich weiterhin, dass die europäischen Staaten eng und freundschaftlich miteinander im Sinne des Konsensprinzips kooperieren, beispielsweise bei der Terrorismusbekämpfung, beim Studienaustausch oder auch bei der Reduzierung von Grenzkontrollen. Schließlich würde dies auch garantieren, dass wir uns in Europa die gewachsene und „bunte“ Vielfalt der Rechtssysteme, Traditionen, Mentalitäten und Kulturen bewahren. Viel zu oft versucht Brüssel, sämtliche Unterschiede innerhalb des europäischen Kulturraums zu nivellieren und alles zu harmonisieren. Dagegen hilft nur, die sich immer weiter selbst ermächtigenden Institutionen der EU zu entmachten, damit Europa wieder in Freiheit und Vielfalt aufblühen kann. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen Sven Tritschler Vorsitzender der Jungen Alternative für Deutschland

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Pulse of Europe e.V.

Veranstalter in Köln:

Christophe und Elisabeth Kühl

Konrad-Adenauer-Ufer 71

50668 Köln