Recruitment 2.0 - Empirische Untersuchung zur Praxis Schweizer Unternehmen
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Christian Haueter
Projektberichte Business 2.0 IWI-HSG – forschungsorientierte AbschlussarbeitenNr. 1/2010Herausgeberin: Prof. Dr. Andrea Back
Recruitment 2.0 Eine theoretische und empirische Unter-suchung der Schweizer Unternehmenspraxis
Über den Autor
2
Über den Autor
Christian Haueter
Christian Haueter absolvierte von 2005 bis 2009 den Bachelor of
Arts HSG an der Universität St. Gallen. Während seiner Studien-
zeit engagierte er sich unter Anderem bei der Gründung des offe-
nen Internetdienstes Wireless St. Gallen. Im Anschluss an sein Ba-
chelorstudium arbeitete er für die Körber Schleifring AG neun
Monate in Shanghai, China. Seit Herbst 2010 setzt er sein Studium
mit dem Schwerpunkt Informations-, Medien- und Technologie-
management an der Universität St. Gallen in Verbindung mit einer Vertiefung in Design
Thinking zusammen mit der University of Stanford fort.
Vorwort der Herausgeberin und Dozentin in Business Innovation
3
Vorwort der Herausgeberin und Dozentin in Business Innovation
Durch den Erfolg und die Qualität von Wikipedia ist uns Webnutzern klar geworden, dass
weder Rang noch Namen zählen, wenn es darum geht, etwas Wissenswertes beizutragen.
Ausschlaggebend für die Publikationswürdigkeit ist der Wert des Beitrags selbst. Dieses of-
fene und egalitäre Prinzip ist ein wesentlicher Wert der Kultur, in der das Web 2.0 genutzt
wird und innovative Geschäftsmodelle hervorbringt. Im Competence Network Business 2.0
zählen diese Web-Design-Patterns zu meinen Forschungsinteressen und sind deshalb auch
„meine Welt“.
Sie haben hier eine Publikation vor Augen, die massgeblich auf einer studentischen Ab-
schlussarbeit beruht. Denn es müssen nicht nur die Publikationen in wissenschaftlichen Zeit-
schriften sein, in denen Forschungsergebnisse geprüft, festgehalten und mitgeteilt werden.
Auch wo „Student“ drauf steht, kann Expertenwissen drin sein. Für Arbeitsergebnisse, die
meiner Meinung nach für die Unternehmenspraxis und akademische Gemeinschaft wertvoll
sind und die deshalb nicht lange in einem klassischen Publikations-Workflow blockiert blei-
ben sollten, möchte ich mit dieser Reihe ein Gefäss schaffen.
Damit dieses Wissen auch gut findbar ist, offen allen Interessierten zur Verfügung steht und
leicht weiterempfohlen werden kann, gibt es zu diesen Publikationen jeweils einen Blogpost
mit kurzer Besprechung, je nach Themenschwerpunkt entweder im LearningWaves-Blog
(www. learningwaves.unisg.ch) oder im Blog BACKonTheFUTURE (www.business20.ch).
Darin und auf den Webpages der Kompetenzgebiete des Lehrstuhls wird auf die offene On-
line-Plattform für sogenannte eZines (Online Zeitschriften) verlinkt, wo man den Bericht
direkt lesen und bei Bedarf herunterladen kann. Calameo ist eine solche Plattform, die mir
dafür geeignet erschien.
An einer Hochschule, die durch forschungsbasierte Lehre geprägt ist, wirken auch die Stu-
dierenden mit. Dozierende und Studierende arbeiten oft zusammen. Letztere erhalten meist
Anregungen für interessante Bachelor- und Masterarbeitsthemen aus den Kompetenzzentren
der Forschungsgebiete und aus dem Netzwerk der Praxiskontakte ihres Dozierenden. Im
kollaborativen Betreuungsprozess wird Wissen ausgetauscht, diskutiert und integriert. Eine
studentische Arbeit ist zwar am Schluss als eigenes Werk und in Form einer gedruckten
Vorwort der Herausgeberin und Dozentin in Business Innovation
4
„Schrift“ von einer Person eingereicht, aber das darin dokumentierte Wissen ist in einem
Prozess des Lernens und des wechselseitigen Wissensgebens und Wissensnehmens entstan-
den. In aller Regel eignet sich die hochschulintern übliche Form der Abschlussarbeit nicht
eins-zu-eins zur Publikation in dieser Reihe. Die Texte sind im Interesse der Fachleserschaft
gekürzt, Koautorenschaften ergeben sich, wenn eine lektorierte Abschlussarbeit mit ergän-
zenden Ergebnissen aus dem Forschungsbereich des Lehrstuhls verknüpft wird.
Mit Dank und Stolz auf die Leistungen meiner Studierenden wünsche ich diesem Wissen
Verbreitung und dass es viele Früchte trägt.
Andrea Back
PS: Was man im Mitmach-Web zum Publizieren und Kommunizieren in Web-2.0-Kultur
noch so machen kann?
Schauen Sie einmal vorbei:
− im WissensWert Blog Carnival: www.wissenswert.net
− im Wissensblog mit Vlogs (Videopodcasts): www.business20.ch
− im Blog Learning Waves, mit News und Vlogs: www. learningwaves.unisg.ch
Inhaltsverzeichnis
5
Inhaltsverzeichnis
Über den Autor ..................................................................................................................................... 2
Vorwort der Herausgeberin und Dozentin in Business Innovation ............................................. 3
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................................ 7
1 Einleitung ...................................................................................................................................... 8
1.1 Untersuchungsziel ................................................................................................................ 8
1.2 Vorgehen und Aufbau der Arbeit ...................................................................................... 8
2 Grundlagen zum Recruitment 2.0 ............................................................................................ 10
2.1 Recruitment .......................................................................................................................... 10
2.2 E-Recruitment ...................................................................................................................... 11
2.3 Web 2.0 ................................................................................................................................. 13
2.3.1 Entwicklung des Web 2.0 .......................................................................................... 14
2.3.2 Web-2.0-Technologien ............................................................................................... 16
2.4 Recruitment 2.0 .................................................................................................................... 17
2.5 Recruitment-2.0-Anwendungen ....................................................................................... 19
3 Einflüsse von Web 2.0 auf die Recruitment-Praxis ................................................................ 25
3.1 Einfluss auf die Datenbeschaffung ................................................................................... 26
3.2 Einfluss auf die Informationsdistribution ....................................................................... 28
3.3 Einfluss auf die Kommunikation ...................................................................................... 30
3.4 Weitere Herausforderungen in der Unternehmenspraxis des Recruitment 2.0 ........ 31
3.4.1 Offenheit zur Transformation zum Recruitment 2.0 ............................................. 32
3.4.2 Verständnis für die Web-2.0-Anwendungen .......................................................... 33
3.5 Folgerungen aus dem theoretischen Teil ......................................................................... 34
4 Empirische Untersuchung zur Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz ....................... 36
4.1 Einleitung in die Studie ...................................................................................................... 36
4.1.1 Forschungsziel und Fragestellungen ....................................................................... 36
4.1.2 Datenerhebungsmethodik und Aufbau des Fragebogens .................................... 36
4.2 Auswertungen der Studie zur Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz ................ 37
4.2.1 Frageblock 1 – Interesse und Potentialvorstellungen ............................................ 37
4.2.2 Frageblock 2 – Nutzerverhalten und Nutzen ......................................................... 38
4.2.3 Frageblock 3 – Herausforderungen ......................................................................... 40
5 Implikationen für die Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz ...................................... 41
5.1 Analyse des Recruitment 2.0 in der Schweiz .................................................................. 41
Inhaltsverzeichnis
6
5.2 Herausforderungen beim Recruitment 2.0 in der Schweiz ........................................... 47
5.3 Lösungsansätze für die Herausforderungen beim Recruitment 2.0 in der Schweiz ................................................................................................................................. 50
6 Schlussfolgerungen .................................................................................................................... 52
Literaturverzeichnis ........................................................................................................................... 55
Anhang ................................................................................................................................................. 58
Abbildungsverzeichnis
7
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 - Aufbau der Arbeit ....................................................................................................... 9
Abbildung 2 – Recruitment als zentrale Funktion ......................................................................... 11
Abbildung 3 – Auswahl von Vorteilen des E-Recruitment .......................................................... 12
Abbildung 4 - Internetnutzung in der Schweiz, Entwicklung 1997-2010 ................................... 15
Abbildung 5 - E-Recruitment vs Recruitment 2.0 .......................................................................... 18
Abbildung 6 - Benutzung von Web-2.0-Anwendungen für das Recruitment ........................... 20
Abbildung 7 - Einflüsse von Web 2.0 auf Recruitmentprozesse .................................................. 26
Abbildung 8 - Inhalt der Corporate Recruitment Website von Tamedia ................................... 29
Abbildung 9 - Mitarbeiter-Kommentar, gefunden auf Facebook.com ....................................... 29
Abbildung 10 - Einfluss des Web 2.0 auf die Informationsdistribution ..................................... 30
Abbildung 11 - Einfluss des Web 2.0 auf die Kommunikation ................................................... 31
Abbildung 12 - Einschätzung des Potentials von Recruitment 2.0 ............................................. 37
Abbildung 13 - Anteil der Unternehmen, die Web 2.0 im Recruitment benutzen .................... 38
Abbildung 14 - Art von Recruitment-Prozessen, für welche Recruitment-2.0-Anwendun- gen eingesetzt würden ............................................................................................................... 39
Abbildung 15 - Gegenüberstellung potentiell beigemessener Nutzen und effektiver Nutzen von Recruitment 2.0 (Fragen 4 & 10) ......................................................................... 43
Abbildung 16 - Verhältnis der Verwendung von Web-2.0-Anwendungen im Unter- nehmen und im Recruitment .................................................................................................... 44
Abbildung 17 - Vergleich der Benutzung verschiedener Web-2.0-Anwendungskatego- rien im gesamten Unternehmen und im Recruitment. ......................................................... 46
Abbildung 18 - Bewertung verschiedener Punkte als Barriere zur Nutzung von Web 2.0 im Recruitment (Frage 12) ......................................................................................................... 49
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 - Abbildung 18 - Bewertung verschiedener Punkte als Barriere zur Nutzung von Web 2.0 im Recruitment (Frage 12) ...................................................................................48
Einleitung
8
1 Einleitung
Dass sich das Medienverhalten verändert und sich das Internet längst als zentrales Medium
etabliert hat, wirkt sich auch auf die Schnittstelle zwischen Unternehmungen und ihren An-
spruchsgruppen aus. Verschiedene Studien zeigen, dass diese Entwicklung auch beim Re-
cruitment in den Unternehmungen angelangt ist. Heute werden mehr Vakanzen auf dem
eigenen Internetauftritt oder auf Internet-Stellenbörsen veröffentlicht als in Printmedien oder
auf Arbeitsämtern und auch bei den Gewohnheiten der Interessenten überwiegt bereits die
elektronische Bewerbung (Weitzel, König, & Von Westarp, 2009).
Zwar hat sich der War for Talents in der vergangenen wirtschaftlich turbulenten Zeit etwas
abgeschwächt. Dennoch sind qualifizierte Leute immer noch sehr gefragt, und es bleibt an-
spruchsvoll für die Unternehmungen, an diese Talente zu gelangen. Der Einsatz von Web-
2.0-Anwendungen im Recruitment verspricht effizientere und effektivere Prozesse. Der An-
reiz Kosten zu senken, als auch die Möglichkeit die Qualität der Kandidaten zu steigern,
machen Recruitment 2.0 gerade jetzt zu einem interessanten Thema.
1.1 Untersuchungsziel
Diese Arbeit soll sowohl die theoretische Grundlagen als auch die Praxis des Recruitment 2.0
in der Schweiz aus einer kritischen Perspektive über die Potentiale, den Nutzen aber vor
allem auch die Herausforderungen beim Einsatz von Web-2.0-Anwendungen im Recruit-
ment untersuchen.
1.2 Vorgehen und Aufbau der Arbeit
In informellen Gesprächen mit Experten wurde die Problematik eingegrenzt. Hierzu wurden
erst explorativ in offenen und wenig strukturierten Interviews mit Recruitment-Experten
und Vorträgen an der Personal Swiss 2009 und anhand einer breiten Literaturrecherche die
relevanten Diskussionspunkte im Recruitment in der Schweiz eruiert.
Nach der Auswertung der so gewonnenen Informationen wurden die Recruiter in einem
zweiten Schritt fokussiert zu einzelnen Punkten mit einer quantitativen Studie befragt. Dabei
Einleitung
9
sollen die für die Praxis relevanten Punkte untersucht und aufgegriffen werden, um das Ziel
der Arbeit, Implikationen für die Praxis, erfolgreich umsetzen zu können.
Abbildung 1 - Aufbau der Arbeit
Grundlagen zum Recruitment 2.0
Recruitment
E-Recruitment
Einflüsse des Web 2.0 auf die Unternehmenspraxis des Recru-
itment
Empirische Studie zur Praxis des Recruitment 2.0 in der
Schweiz
Potentiale
Herausforderungen
Einleitung
Auswertungen
Implikationen zur Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
Analyse
Herausforderungen
1.
2.
3.
4.
Schlussfolgerungen
Fazit 5.
Grundlagen zum Recruitment 2.0
10
2 Grundlagen zum Recruitment 2.0
2.1 Recruitment
Beim Recruitment handelt es sich um ein Teilgebiet des Human Resource Management
(HRM). Im klassischen Sinne umfasst das Recruitment die Prozesse der Belegschaftsplanung,
Personalbedarfsermittlung, Kandidatenakquise, Bewerbung, Einstellung, das Reporting und
die Analyse der eingestellten Kandidaten (Holineck, 2008).
Dabei sollte der Unterscheidung des Recruitment von der reinen Personalselektion Rech-
nung getragen werden. Obwohl die beiden Prozesse zusammenhängen, umfasst das Recruit-
ment sowohl die Perspektive des Kandidaten als auch diejenige des Arbeitgebers. Arbeitge-
ber versuchen sich gegenüber den potentiellen Bewerbenden möglichst attraktiv zu verkau-
fen, wogegen die Interessenten sich wiederum gegenüber dem potentiellen Arbeitgeber in
ein möglichst optimales Licht rücken möchten. Die Personalselektion fokussiert sich dagegen
lediglich auf die Perspektive des Arbeitgebers, welcher dabei aus den Bewerbern anhand der
Fähigkeiten und Eigenschaften die passende Person für eine Stelle auszuwählen versucht.
Eine Stelle zu besetzen, erfordert von einer Unternehmung demnach sowohl die Fähigkeit
die richtigen Potentiale zu gewinnen, als auch eine passende Selektion für die vakante Stelle
vorzunehmen. Doch gerade die Fähigkeit überlegene Potentiale zu gewinnen und zu halten,
welche durchaus als nachhaltiger Wettbewerbsvorteil gesehen werden kann (Turban, Forret,
& Hendrickson, 1998), macht das Recruitment zu einer komplexen Angelegenheit. Das Rec-
ruitment ist eine Funktion, die über die Unternehmensgrenze hinweg funktioniert und sich
deshalb auch aktiv mit der Unternehmensumwelt beschäftigen muss. Entwicklungen die
ausserhalb der Unternehmung passieren sind für das Recruitment deshalb auch stets zu be-
achten.
Grundlagen zum Recruitment 2.0
11
Abbildung 2 – Recruitment als zentrale Funktion, in Anlehnung an Breaugh, J. (1992) & Turban, D. B., Forret, M. L., & Hendrickson, C. L. (1998)
2.2 E-Recruitment
Mit dem E-Recruitment versuchte man die Entwicklungen des Internets auszunutzen, um
die Prozesse im Recruitment effizienter gestalten zu können (Konradt, 2003). Durch die
elektronische Abwicklung über das Internet konnten Teilprozesse automatisiert werden und
der Datenfluss wurde transparenter. Medienbrüche konnten reduziert, der Zeitaufwand und
die Kosten für die Kommunikation verringert werden. Diese Vorteile haben mitunter dazu
geführt, dass sich das E-Recruitment in den HR-Abteilungen in der Zwischenzeit etabliert
haben (Konradt, 2003, p. 3; Ensher, Nielson, & Grant-Vallone, 2002).
Mit dem E-Recruitment haben sich vor allem aber auch die nach aussen gerichteten Prozesse
im Recruitment verändert. Die zunehmende Anzahl von Internet-User1
1 Vgl. Abbildung 4 - Internetnutzung in der Schweiz, Entwicklung 1997-2010 (BfS., 2010).
haben das Internet
zu einem zentralen Medium werden lassen. Damit wurde es möglich, die vakanten Stellen
zunehmend online auf der eigenen Internetseite (Corporate Recruitment Website kurz CRW)
oder auf Jobboards von Drittanbietern wie Monster oder Jobs.ch aufzuschalten. Inserate
mussten nun nicht mehr in verschiedenen Tageszeitungen abgedruckt, sondern konnten
günstiger im mehr und mehr massentauglichen Internet publiziert werden. Zudem war die-
ses neue Anzeigeformat in vielerlei Hinsicht effizienter; Stellen konnten jederzeit sofort pub-
liziert und wieder aus dem Netz genommen werden und die Suchfunktionen im Internet
machten die Stellen und Informationssuche für die Kandidaten um einiges übersichtlicher
und schneller. Bei der Bewerbung wurde vermehrt auf die Verwendung von elektronischen
Unternehmen
Umwelt
Stellensuche
Informationssuche
Selbstmarketing
Kontaktaufnahme
Bewerbung
Stelle ausschreiben
Employer Branding
Bewerbungsmanagement
Selektion
Analyse
Recruitment
Kandidaten HR / Recruiter
Grundlagen zum Recruitment 2.0
12
Bewerbungsmappen über E-Mail oder standardisierter Online-Bewerbungsformulare umge-
stellt. Sogar bei der Selektion, bei sogenannten E-Assessments, wurden die Kandidaten ver-
mehrt anhand von Online Tests vorselektiert (Konradt, 2003). Die Entwicklungen des E-
Recruitment haben einige Vorteile, sowohl für die Kandidaten, als auch die Recruiter in den
Unternehmen gebracht.
Abbildung 3 – Auswahl von Vorteilen des E-Recruitment, in Anlehnung an Konradt, U. (2003), Ensher, E. A., Nielson, T. R., & Grant-Vallone, E. (2002) & Cullen, B. (Juli 2001)
Online Stellenausschreibung, E-Assessments sowie elektronische Bewerbungen gehören
mittlerweile zum Alltag des Recruitment. Dies zeigt auch eine Studie zu den Recrui-
tingtrends 2009 in der Schweiz, welche aufzeigt, dass im kurzfristigen Personalmarketing
bereits 87.5% der freien Stellen auf der eigenen Unternehmenswebseite und 72.7 Prozent auf
Internet-Stellenbörsen ausgeschrieben werden. Schliesslich resultieren 57.9% der Einstellun-
gen aus einer Stellenanzeige im Internet. E-Mail- und Web-Formular-Bewerbungen werden
von vielen2
Herausforderungen trotz E-Recruitment
Unternehmen präferiert, und erstmals in 2008 wurden über 50% der Bewerbun-
gen über diesen Kanal eingereicht (Weitzel, König, & Von Westarp, 2009). Es scheint, als ob
die Potentiale des Internet 1.0 zur Digitalisierung und Vernetzung erkannt und weitgehend
genutzt werden.
Die Entwicklungen des E-Recruitment sind zwar ein gewichtiger Meilenstein für den Fort-
schritt im Recruitment. Vor allem die Effizienz der Prozesse liess sich dadurch um Einiges
2 Nach der Studie Recruitmenttrends 2009 präferieren 46,4% der Unternehmen elektronische Bewerbungsmap-pen.
Kandidatenseite Unternehmensseite
Effizientere Stellensuche
Besser verfügbare Informationen
Schnellere Kommunikation
Senkung der Time to Hire
Senkung der Kosten
Erhöhung der Effizienz
Standardisierung
E-Recruitment Vorteile
Grundlagen zum Recruitment 2.0
13
steigern. Trotzdem lassen sich längst nicht alle Recruitment-Angelegenheiten elektronisch
erledigen. Einige Kandidatengruppen benutzen das Internet aus verschiedenen Gründen
noch nicht für das Recruitment oder gar nicht. Deshalb blieb es bislang auch eine unerfüllte
Hoffnung, dass 100 Prozent aller Bewerbungen in elektronischer Form eingehen. Durch die
standardisierten Abläufe bei Online Bewerbungsformularen und E-Assessments wurden
zwar die Prozesse verschnellert, wichtigen individuellen Informationen der Kandidaten
wurde durch die Standardisierung aber der Zugang zum Unternehmen verwehrt.
Weitere Herausforderungen des E-Recruitment werden auch in der Studie „The Magic
Quadrant for E-Recruitment Software 2008“ von Gartner Research genannt. So ist es nach
wie vor eine Herausforderung an die Kandidaten zu gelangen, daraus die geeigneten Kan-
didaten zu filtern und diese schliesslich von der Anstellung überzeugen zu können
(Holineck, 2008).
Mit den Entwicklungen des Web 2.0 haben sich im Internet nun neue Potentiale eröffnet,
welche den nächsten Meilenstein für den Fortschritt des Recruitment bedeuten könnten. Die-
se Entwicklungen haben eine neue Dynamik in den Bereich des E-Recruitment gebracht,
denn sie bieten sich als Lösung für einige der genannten Herausforderungen an (Holineck,
2008). Welche Anwendungen es gibt und welche Potentiale Recruitment 2.0 bietet, wird in
den folgenden Kapiteln behandelt.
2.3 Web 2.0
Web 2.0 ist eine Technologie, welche Entwicklungen im Internet zusammenfasst, die sich
durch ein gesteigertes Potential für Interaktion, Kollaboration und Kommunikation aus-
zeichnen. Das Web 2.0 ist besonders interaktiv und basiert auf einer aktiven Teilnahme der
Benutzer. Der fortwährende Beta Status, in welchem sich das Web 2.0 befindet, schlägt sich
auch auf dessen Definition über. Die Veränderbarkeit und die immer neuen Entwicklungen,
durch welche sich das Web 2.0 auszeichnet, haben eine endgültige und umfassende Definiti-
on soweit nicht zugelassen.
O’Reilly hat folgende Kurzdefinition publiziert:
„Web 2.0 is the business revolution in the computer industry caused by the move to the internet as
plattform, and an attempt to understand the rules for success on that new plattform. Chief among
Grundlagen zum Recruitment 2.0
14
those rules is this: Build applications that harness network effects to get better the more people use
them. (This is what I've elsewhere called „harnessing collective intelligence".)“(O'Reilly, O'Reilly
Radar, 2006).
Aus dieser Definition sticht das grundlegende Element der Vernetzung besonders deutlich
hervor. Diese Idee der Vernetzung ist nicht ganz neu und ist mit ein Grund, weshalb man
beim Web 2.0 oft auch vom Social-Web spricht. Web 2.0 ist ein Paradigma in der Entwick-
lung des Internets, das mit Social Software im unmittelbaren Zusammenhang steht (Back &
Gronau, Web 2.0 in der Unternehmenspraxis, 2008, p. 1). Der Begriff „Social Software“ steht
eher allgemein für Software, die Gruppeninteraktionen aller Art begünstigt. Dementspre-
chend können die Entwicklungen des Web 2.0 als Social Software bzw. Weiterentwicklung
dieser bezeichnet werden – daher der Begriff Social Web.
Zentral im Paradigma des Web 2.0 sind auch die von den Nutzer erstellten Inhalte – soge-
nannter User Generated Content (UGC). Im Vergleich zum Web 1.0, bei dem es primär dar-
um ging, bereits gegebene Inhalte abzurufen, schlüpft der Nutzer im Web 2.0 in die neue
Rolle des Autors von Inhalten. Dieses neue interaktive Element hat dem Web 2.0 eine Dyna-
mik verliehen, durch welche explosionsartig eine Flut an neuen Inhalten und damit auch
Daten entstanden ist, durch die das Internet ein völlig neues Potential erhalten hat. Im Kapi-
tel 3 zu den Einflüssen des Web 2.0 auf die Recruitmentpraxis wird die Wichtigkeit von UGC
für die Zukunft des Recruitment noch im Detail behandelt werden.
2.3.1 Entwicklung des Web 2.0
Die zunehmende Verbreitung von Breitbandanschlüssen hat das Mediennutzungsverhalten
der Menschen auf der ganzen Welt weiter verändert. In der Schweiz hat die Verbreitung
solcher Internetanschlüsse nach der Jahrtausendwende sprunghaft zugenommen und somit
zur Entwicklung des Internets zum zentralen Medium weiter beigetragen. Damit ist auch die
Zahl der aktiven Internetnutzer gestiegen. In der Schweiz machen diese heute rund 80% der
Bevölkerung3
3 Bevölkerung ab 14 Jahren
aus (BfS, 2010).
Grundlagen zum Recruitment 2.0
15
Abbildung 4 - Internetnutzung in der Schweiz, Entwicklung 1997-2010 (BfS, 2010)
Bei der jüngeren Bevölkerung wird das Internet sehr rege benutzt. Bereits jeder vierte Ju-
gendliche kommunizierte laut einer kürzlich publizierten Studie von Microsoft und Publicis
in den letzten 24h über eine Social Networking Plattform und bei den Jugendlichen in Aus-
bildung wird Instant Messaging bereits mehr genutzt als E-Mail (Microsoft & Publicis, 2009).
Diese Entwicklungen zeigen, dass das Internet längst von einer breiten Bevölkerungsschicht
regelmässig benutzt wird. Dadurch haben sich auch die Reichweite des Internets und sein
Potential grundlegend verbessert. Im Vergleich zu den bescheidenen Benutzerzahlen des
Internet 1.0 kann das Web 2.0 als wahrer Publikumsmagnet bezeichnet werden. Die Zahl der
beteiligten User und der von ihnen erstellten Inhalten ist in den vergangenen 2 Jahren im
„Mitmach-Web“ explodiert. Deshalb waren auch die Erwartungen an die Entwicklungen des
Web 2.0 in der letzten Zeit extrem hoch. Soziale Plattformen wie Facebook oder Micro Blog-
ging Applikationen wie Twitter wurden wegen ihrer grossen Beliebtheit im Privatgebrauch
auch ein enorm hohes Potential für den Geschäftsalltag zugeschrieben (Gartner Research,
2009).
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Internetnutzung in der Schweiz, Entwicklung 1997-2010
Engerer Nutzerkreis Internet (ENK) = mehrmals pro Woche
Weitester Nutzerkreis Internet (WNK) = einmal in den letzten 6 Monaten
In % der Bevölkerung ab 14 Jahren
Grundlagen zum Recruitment 2.0
16
Das Internet befindet sich momentan in einer Phase der Transformation von 1.0 zu 2.0. Gart-
ner weist der Technologie Web 2.0 aktuell den Status „early mainstream“ zu und besagt,
dass Unternehmen in den kommenden zwei Jahren ihre Erfahrung und damit auch ihren
Erfolg mit Anwendungen aus dem Web 2.0 konstant erhöhen werden. Der Beratungs-
dienstleister rät den Unternehmen, sich auf eine Zukunft mit Web 2.0 als Bestandteil des
Geschäftsalltages zu rüsten (Gartner Research, 2009). Eine Umfrage von McKinsey Quarterly
hat auch gezeigt, dass die Unternehmen zu einem grossen Teil dazu bereit sind in Zukunft
vermehrt in Web 2.0 zu investieren (McKinsey Quarterly (2), 2009).
2.3.2 Web-2.0-Technologien
Diese Web-2.0-Technologien haben die Grundlage für eine neue Generation von äusserst
benutzerfreundlichen und interaktiven Web-Anwendungen geschaffen. Die intuitive Bedie-
nung hat diese Anwendungen massentauglich gemacht, die interaktiven Elemente sind zur
Kommunikation, Kooperation und Kollaboration prädestiniert. Diese Eigenschaften haben
insbesondere einen Boom für neue Social-Software-Anwendungen begünstigt. Zu den be-
kanntesten -gehören Facebook, StudiVZ, Xing, Youtube oder Twitter. Mittlerweile sind im
Web-2.0-Index über 30004 sogenannte Web 2.0 Sites aufgeführt - die meisten von ihnen für
eine eigene Anwendung. Davon erfreuen sich einige wenige grosser Beliebtheit. Allen voran
Facebook mit seinen über 500 Millionen registrierten Benutzer5
Eine abschliessende Aufzählung der Web-2.0-Anwendungen ist wegen der Dynamik in die-
sem Gebiet und der grossen Menge wenig sinnvoll. Dagegen gibt es verschiedene Ansätze
für kategorisierte Übersichten der Anwendungen. Grundsätzlich können die Anwendungen
etwa in Soziale Netzwerke, Podcast, Wiki, Blog, Micro Blog, Media Sharing, Virtuelle Wel-
ten, Feeds, Aggregatoren, Mash ups und weitere nicht genau zuordenbare Tools eingeteilt
werden
– das grösste soziale Netz-
werk auf dem Internet. (Inside Facebook, 2010).
6
4 Eigene Nachzählung auf
.
http://www.go2web20.net/, dem Web 2.0 Index am 15. September 2009. 5 Stand 19. Juli 2010 6 Eigene Einteilung mit eher grobem Fokus. Eine ähnliche Einteilung wurde von Shaw, T., & Keller, K. (2009) gemacht.
Grundlagen zum Recruitment 2.0
17
2.4 Recruitment 2.0
Wie bereits beim Begriff des Web 2.0 existieren für das Recruitment 2.0 eine Vielzahl von
Definitionen. Younan beschreibt das Recruitment 2.0 eher aus externer Sicht, wogegen die
zweite Definition von Jacob den Fokus auf den internen Prozess des Recruitment legt.
„Social Recruitment harnesses the evolution of Web 2.0 technologies and social media tools to com-
municate, engage, inform and recruit our future talent.”(Younan, 2009)
„Social Recruitment is delivering sound hiring decisions by actively using web-based technologies to
build a shared understanding between employers / recruiters and passive and active job
seekers.”(Jacob, 2009)
Wegen der Verwendung von Social Software für die Interaktion mit potentiellen Bewerbern
wird das Recruitment 2.0 auch oft als Social Recruitment bezeichnet. Beim Social Recruit-
ment wird der Kontakt mit Usern von Social-Media-Anwendungen direkt gesucht um Talen-
te zu rekrutieren. Die direkte Konversation über soziale Medien tritt hier in eine zentrale
Stelle. In dieser Arbeit wird das Social Recruitment als Teil des Recruitment 2.0 verstanden,
weshalb durchgehend der Begriff Recruitment 2.0 verwendet wird.
Es ist aber wichtig, das Recruitment 2.0 vom E-Recruitment abzugrenzen. Recruitment 2.0 ist
als eine Erweiterung, nicht unbedingt Weiterentwicklung, des E-Recruitment zu verstehen.
Während es beim E-Recruitment um eine Digitalisierung von Prozessen ging, steht beim
Recruitment 2.0 die Adaption von Web 2.0 Applikationen für den Recruitmentzweck im
Zentrum. Die Potentiale von Web 2.0 für das Recruitment sind vielfältig und unterscheiden
sich mitunter von denjenigen des Web 1.0 (Kapitel E-Recruitment).
Der Unterschied zwischen den beiden Begriffen kann dadurch beschrieben werden, indem
die Veränderungen bzw. Verbesserungen, die durch das Web 2.0 geschaffen wurden mit
dem Zustand des Recruitment während des Web 1.0 verglichen werden. In der untenstehen-
den Tabelle ist der bezeichnende Einfluss der Web-2.0-Kultur zu erkennen. Das Recruitment
ist dynamischer, interaktiver, kollaborativer und kommunikativer geworden.
Grundlagen zum Recruitment 2.0
18
Abbildung 5 - E-Recruitment vs Recruitment 2.0, in Anlehnung an Shaw & Keller (2009)
Das Web 2.0 gewinnt für das Recruitment an Bedeutung (Weitzel, König, & Von Westarp,
2009). So gibt es Regionen, wie etwa Australien, wo die Verwendung von Recruitment 2.0
bereits weiter verbreitet ist, als dies in der Schweiz der Fall ist. So werden in Melbourne an
der ATC 2009 (Australasian Talent Conference) auch bereits Themen wie die Messung des
ROI von Social Software7
Im folgenden Kapitel werden die einzelnen Anwendungen des Recruitment 2.0 im Detail
erläutert werden.
, Möglichkeiten zur Implementierung von Recruitment 2.0 in die
Rekrutierungsstrategie, digitale Employer Branding-Strategien oder Talent-Pooling-
Strategien für das Web 2.0 diskutiert. Die Entwicklungen des Web 2.0 werden in dieser Regi-
on von den Personalfachleuten mit besonderem Interesse verfolgt und auf kreative und pro-
fessionelle Weise implementiert. Daher ist es wohl richtig, dass gewisse Experten meinen,
die Zukunft des Recruitment würde vom Einfluss des Web 2.0 umfänglich mitgestaltet.
7 Erklärung der Messung eines Social Media ROI: http://socialnomics.net/2009/11/12/social-media-roi-examples-video/ - ob dies wohl eine sinnvolle Methode zur Messung des Nutzens von Social Software ist? Im Interview von McKinsey Quarterly mit Andrew McAffee vom MIT sind dazu eher skeptische Äusserungen zu hören. Dafür werden auch Alternativen präsentiert. (McKinsey Quarterly (2)(2009).
E-Recruitment
Recruitment 2.0
Stellenausschreibung auf Jobboard
oder in den Printmedien
Keine Interaktion, nicht sehr aufregend
Informationspush vom
Employer/Recruiter dirigiert: „Abwar-
ten und sehen, wer sich bewirbt“
1: many
E-Recruitment vs Recruitment 2.0
Neue Möglichkeiten Job- Informationen
mehrerer Anbieter zu aggregieren bzw.
syndizieren
Aufregendes Medienerlebnis
Dialog innerhalb von Gruppen und sozia-
len Netzwerken, der Vertrauen schafft
many : many
Grundlagen zum Recruitment 2.0
19
2.5 Recruitment-2.0-Anwendungen
Wie bereits im Kapitel zum Web 2.0 erwähnt wurde, gibt es unzählige Web-2.0-
Anwendungen, die sich in unterschiedliche Anwendungskategorien einteilen lassen:
Soziale Netzwerke
Soziale Netzwerke (engl. Social Network Services) wie Facebook (www.facebook.com) sind
Online-Gemeinschaften, die es unter anderem ermöglicht haben, Informationen auf eine
neue Art und Weise in einer Gruppe zu verbreiten. Eine Definition von Garton et al. be-
schreibt die sozialen Netzwerke folgendermassen: „Just as a computer network is a set of ma-
chines connected by a set of cables, a social network is a set of people (or organizations or other social
entities) connected by a set of social relationships, such as friendship, co-working or information ex-
change.“(Garton, Haythornthwaite, & Wellman, 1997). Da die soziale Vernetzung im eigentli-
chen Zentrum dieser Netzwerke steht, sind sie zu den eigentlichen Helden des 2.0 Hype
avanciert. Sie erfreuten sich des wahrscheinlich grössten Zulaufes an aktiven Benutzern un-
ter den Web-2.0-Anwendungen. Eine aktuelle weltweite Studie von McKinsey hat den Ein-
satz von Web-2.0-Anwendungen für das „Identifying and Recruitment of Talent“ untersucht
und ist dabei zum Ergebnis gekommen, dass die für das Recruitment am meist benutzten
Web-2.0-Anwendungen soziale Netzwerke sind. 49 Prozent der befragten Unternehmungen
benutzen soziale Netzwerke für diesen Zweck (McKinsey Quarterly (1), 2009). Dies mag si-
cher damit im Zusammenhang stehen, dass sich soziale Netzwerke wegen ihrer grossen An-
zahl von Benutzer und den Möglichkeiten zum Beziehungs- und Idenditätsmanagement für
das Recruitment besonders gut eignen (Back & Gronau, Web 2.0 in der Unternehmenspraxis,
2008, p. 72). Xing8 oder Visual CV9
8 www.xing.de
sind professionelle Netzwerke, bei denen sich Kandida-
ten unter anderem mit einem interaktiven Lebenslauf im Netz präsentieren können und
gleichzeitig Business Networking betreiben können. Sogar das älteste Bankenhaus der
Schweiz, die Bank Wegelin, betreibt sowohl auf Xing als auch auf Facebook Gruppen. Diese
Gruppen sind sehr beliebt, da darin auch der aktuelle Anlagekommentar der Privatbank an
die Mitglieder verteilt wird. Andererseits erschafft sich das Bankenhaus dadurch einen Pool
an am Fach interessierten Benutzern, der auch für Recruitmentzwecke genutzt werden kann.
9 www.visualcv.com
Grundlagen zum Recruitment 2.0
20
Abbildung 6 - Benutzung von Web-2.0-Anwendungen für das Recruitment (McKinsey Quarterly (1), 2009)
Podcast
Podcasts sind wie kleine Radio- oder Fernsehsendungen, die unabhängig von der Sendezeit
mobil oder am Rechner in der Form einer Serie konsumiert werden können (Back & Gronau,
Web 2.0 in der Unternehmenspraxis, 2008, p. 51). In Verbindung mit der Technologie RSS
können diese Serien abonniert werden, wobei die neuen Sendungen automatisch zum
Abonnenten gelangen (push). Im Unternehmensalltag werden sie gerne als Mittel sowohl für
die interne als auch für die externe Kommunikation genutzt. Die Versicherung SwissLife hat
beispielsweise einen Podcast mit Praxis-Tipps für ihre Aussendienstmitarbeitenden erstellt
(www.swisslife-blog.de/2010/09/16/online-beratung), der dank seines interessanten Informa-
tionsgehaltes auch von externen Benutzern gerne angeschaut wird. Solch interessierte exter-
ne Podcast-Abonnenten stellen eine attraktive Zielgruppe dar, die durch dieses Medium
gewonnen wurde und auch für das Recruiting genutzt werden kann. Nach der Studie von
McKinsey benutzten 11 Prozent der Unternehmen Podcasts für das Recruitment, womit die-
se Anwendung auf Platz 5 zu liegen kommt (McKinsey Quarterly (1), 2009).
Wiki
Wiki ist ein hawaiianisches Wort und steht für „schnell“. Dieser Name ist deshalb sehr pas-
send, da sich die Wiki Technologie besonders gut eignet, um dank der Kollaboration mög-
Grundlagen zum Recruitment 2.0
21
lichst schnell über das Internet Inhaltssammlungen zu erstellen vgl. (Back & Gronau, Web
2.0 in der Unternehmenspraxis, 2008, p. 10). Die bekannteste Nutzung der Wiki Technologie
ist die Online Enzyklopädie Wikipedia, deren englischsprachige Version bereits über 3 Milli-
onen freiwillig und in Kollaboration erstellte Artikel umfasst. Für das Recruiting lässt sich
Wikipedia als übersichtliche Informationsseite zum Unternehmen und damit zum Employer
Branding nutzen. Im Wikipedia Artikel zum Unternehmen sollten deshalb unbedingt die
Koordinaten des HR Verantwortlichen zu finden sein. Durch themenspezifische Beiträge
kann sich ein Unternehmen auf Wikipedia aber auch in Fachkreisen einen guten Namen ma-
chen und seine Attraktivität als Arbeitgeber dadurch steigern. Wikis werden von rund 12
Prozent der Unternehmen für das Recruitment benutzt – Platz 4 der Studie. (McKinsey
Quarterly (1), 2009).
Blog und Micro Blog
Ein Blog (Kurzform für Weblog) ist eine Webseite, auf der tagebuchähnlich von einem Autor
(Blogger) in regelmässigen Intervallen Text-, Bild-, Ton- und Videoinhalte publiziert werden
(Back & Gronau, Web 2.0 in der Unternehmenspraxis, 2008, p. 19). Mittlerweile gibt es eine
gewaltige Anzahl von Blogs zu praktisch jedem erdenklichen Thema welche mehr oder we-
niger aktiv betrieben werden. Ähnlich wie beim Podcasting sind von Unternehmen betriebe-
ne öffentliche Blogs ein Instrument, um interessierte Leute als Abonnenten zu gewinnen und
die Reputation des Unternehmens damit zu beeinflussen. Für den St. Galler Webdienstleister
Namics ist der CEO Blog laut Aussage des CEOs Jürg Stuker selbst das beste Recruitment
Tool aller Zeiten (Prospective Media, 2008). Immer wieder werde er auf Messen von Leuten
auf dessen Inhalte angesprochen. Der Blog hat eine grosse Community aufgebaut und mit
seinen Inhalten die Unternehmung attraktiv gemacht. Andere Beispiele von Unterneh-
mensblogs sind auch Corporate Blogs, Mitarbeiter Blogs oder Fachblogs. Blogs werden von
26 Prozent der Unternehmen für das Recruitment benutzt, womit sie am zweitmeisten für
diese Tätigkeit benutzt werden. (McKinsey Quarterly (1), 2009).
Eine Weiterentwicklung dazu ist das Micro Blogging, das sich lediglich auf bis zu 200 Zei-
chen lange Textinhalte beschränkt. Die bekannteste Anwendung ist Twitter, das sich vor
allem in den USA an grosser Beliebtheit erfreut. Twitter-Beiträge, sog. Tweets, werden dort
auch bereits in gewissen Industrien für die Ausschreibung von vakanten Stellen genutzt. Im
Grundlagen zum Recruitment 2.0
22
Vergleich zu den Blogs werden sie nach der weltweiten Studie von McKinsey aber erst von 9
Prozent der Unternehmen zum Recruitment benutzt (McKinsey Quarterly (1), 2009).
Media Sharing
Unter Media Sharing werden Internetseiten zusammengefasst, welche dem Austausch von
selbst erstellten Bild, Ton, Video oder auch Textmaterialen dienen. Bekannte Beispiele aus
der Praxis sind etwa das Videoportal YouTube oder das Bildportal Flickr. Im Vergleich etwa
zu Podcasts handelt es sich hierbei um Internetseiten, auf denen die Videos kategorisiert von
den Benutzern abgerufen und konsumiert werden können. In der Recruitmentpraxis werden
verschiedene Media-Sharing-Plattformen bereits genutzt, um Informationen zum Unter-
nehmen, zu einzelnen Abteilungen, Mitarbeitenden aber auch Jobs zu verbreiten. Accenture
nutzt beispielsweise vereinzelt bereits YouTube, um Informationen zu einem Stelleninserat
für die Öffentlichkeit per Video festzuhalten10.Der Versicherer Axa Winterthur hat Videos
und Fotos seiner legendären Recruitment-Parties auf diesem Weg zugänglich gemacht, um
für diese Anlässe zu werben11
Virtual Worlds
.
Virtuelle Welten (kurz VW) sind digitale 3D Computerwelten die über das Internet zugäng-
lich sind. Die Teilnehmenden bzw. Spieler repräsentieren sich in einer solchen Welt durch
eine virtuelle Gestalt, einen Avatar. In Virtuellen Welten können sich mehrere Benutzer si-
multan und unabhängig voneinander bewegen (Back & Gronau, Web 2.0 in der Unter-
nehmenspraxis, 2008, p. 264). Treffen zwei Avatare aufeinander, so können diese miteinan-
der interagieren. Bekannt wurden solche virtuellen Welten durch das Spiel Second Life das
mittlerweile über 15 Millionen Benutzer zählt. Im Recruitment wurde die Technologie der
virtuellen Welt zur Umsetzung von virtuellen Karrieremessen genutzt. Solche Messe werden
unter Anderem auch von Jobdienstleister wie Monster angeboten12
10 www.youtube.com/watch?v=Kt3F3zr0Hds&feature=related
. Unternehmungen kön-
nen an solchen Messen mit eine eigenen virtuellen Stand teilnehmen, dessen Grösse und
Möglichkeiten, dank den Gesetzen der virtuellen Welt, einen attraktiven Auftritt im virtuel-
len Raum ermöglichen. In der Schweiz ist diese Form von Recruitment Events laut der Stu-
11 Diese Propaganda hatte wegen der ausfälligen Fotos alkoholisierter Teilnehmender nicht nur positive Auswir-kungen und wurde deshalb wieder abgesetzt. Ein Beispiel wofür sich Media Sharing nicht bewährt hat. 12 www.monstervirtualjobfair.com/
Grundlagen zum Recruitment 2.0
23
die von Monster über die Recruiting-Trends noch nicht sehr verbreitet13
Feeds und Aggregatoren
(Weitzel, König, &
Von Westarp, 2009).
RSS wurde bereits unter den wichtigsten Web-2.0-Technologien genannt. Die direkteste An-
wendung der Technologie RSS sind sogenannte Feeds (von engl. Feed = Einspeisen). Dabei
werden Inhalte gebündelt, die von Benutzern abonniert werden können. Bekannte Beispiele
sind sicherlich News-Feeds wie derjenige von NZZ-Online, wo die aktuellen Schlagzeilen
stichwortartig als RSS Feed an dessen Abonnenten gesendet werden. Der bestechende Vor-
teil dieser Anwendungen liegt darin, dass die Abonnenten automatisch über neue Inhalte in
ihrem Interessensgebiet informiert werden (Back & Gronau, Web 2.0 in der Unternehmens-
praxis, 2008, p. 59).
Aggregatoren führen die Inhalte mehrere Feeds übersichtlich auf einer Seite zusammen. Dies
kann z.B. in der Form eines Themenportals geschehen.
Beim Recruitment eignen sich Feeds und Aggregatoren sehr gut für die Verbreitung von
Karriereinformationen an ein interessiertes Publikum, wie es etwa von ABB gemacht wird.
Sogenannte Job Aggregatoren, welche mehrere Job Feeds verschiedener Unternehmen zu-
sammenbringen, werden vor allem von Drittanbietern, wie Jobster.com, betrieben. Diese
Anbieter tragen die Information über vakante Stellen oder auch andere Karriereinformatio-
nen an zentraler Stelle an ein grösseres Publikum heran. Dies macht die Verwendung von
Feeds besonders interessant.
Mash Ups
Als Mash Up werden Anwendungen bezeichnet, die mehrere Inhalte verschiedener Websites
zu neuen Inhalten kombinieren (Back & Gronau, Web 2.0 in der Unternehmenspraxis, 2008,
p. 81). Eine bekannte Anwendung davon ist Google Maps, wo z.B. Adressdaten einer Person
mit geographischen Daten verbunden werden und daraus eine Karte mit dem Situationsplan
zum Haus dieser Person entsteht. Im Recruitment wird diese Aggregation mit geographi-
schen Daten etwa dafür benutzt, um die geographische Position einer vakanten Stelle durch
13 16.7 Prozent der befragten Unternehmen benutzen virtuelle Welten beim Recruitment. Weitzel, T., König, W., & Von Westarp, F. (2009).
Grundlagen zum Recruitment 2.0
24
die Adresse des Büros darzustellen. Interessierte Kandidaten sehen dann gleich, wo sich ein
Job befindet. Unternehmungen, die über zentral gelegene Arbeitslokalitäten verfügen, kön-
nen dies als attraktives Argument auf einem solchen Mash Up ersichtlich machen.
Weitere Anwendungen
Nebst den genannten Anwendungskategorien gibt es auch solche Web-2.0-Anwendungen,
die sich nicht klar der einen oder anderen Kategorie zuteilen lassen. Ein Beispiel hierzu wäre
die Arbeitgeberbewertungsplattform Kununu14
14 www.kununu.com
. Auf der Internetplattform werden die Un-
ternehmen von ihren Mitarbeitenden als Arbeitgeber bewertet. Dies ist ein typisches Beispiel
dafür, wie die Möglichkeiten zur beliebigen Erstellung von eigenen Benutzerinhalten das
Informationsmonopol im Internet demokratisiert hat. Denn diese Plattform ist ein Drittan-
bieter, der die freie Meinung der Mitarbeitenden als authentische Information für interessier-
te Kandidaten an zentraler Stelle zur Verfügung stellt. Man könnte den Dienst deshalb etwa
als Bewertungsplattform bezeichnen.
Einflüsse von Web 2.0 auf die Recruitment-Praxis
25
3 Einflüsse von Web 2.0 auf die Recruitment-Praxis
Im Bezug auf die Tätigkeiten, die das Recruitment im Allgemeinen umfasst (vgl. Kapitel 2.1),
ist eine Unterteilung des Einflusses der Web-2.0-Anwendungen auf verschiedene Teilprozes-
se sinnvoll. Aufgrund der Eigenschaften des Recruitment 2.0 wirkt sich der Einfluss auf In-
formations- und Kommunikationsprozesse zwischen den Kandidaten und den Recruitern im
Unternehmen aus. Dabei ist zu beachten, dass Informationen sowohl an die Öffentlichkeit
gegeben als auch Informationen aus den von den Benutzern erstellten Inhalten bezogen
werden können (Unterscheidung in Datenbeschaffung und Informationsdistribution). Die
verwendete Unterteilung in Informationsdistribution, Kommunikation und Datenbeschaf-
fung wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit zur Kategorisierung der Einflüsse des Web 2.0
auf das Recruitment benutzt.
Unter Datenbeschaffung fallen dabei die Prozesse, bei denen Informationen über Kandidaten
an die Unternehmung gelangen, die als Entscheidungsgrundlage für die Kategorisierung der
Bewerbung (z.B. in A, B oder C Bewerbung) oder für die Einstellung bzw. Ablehnung die-
nen. Das Feld der Kommunikation umfasst sämtliche Prozesse der direkten Interaktion zwi-
schen Kandidaten und Unternehmen – Talent Relationship. Die Informationsdistribution ist
vor allem für die Kandidatenakquise bzw. das Employer Branding zentral. Es ist damit der
Informationsfluss vom Unternehmen an die Öffentlichkeit – insbesondere an die Kandidaten
– gemeint.
Einflüsse von Web 2.0 auf die Recruitment-Praxis
26
Abbildung 7 - Einflüsse von Web 2.0 auf Recruitmentprozesse, in Anlehnung an Younan (2009), Jacobs (2009), Barber (1998) & Breaugh, J. (1992)
3.1 Einfluss auf die Datenbeschaffung
Durch die benutzergenerierten Inhalte des Web 2.0 eröffnen sich neue Potentiale für das Re-
cruitment. Benutzer von z.B. sozialen Netzwerken oder auch Autoren von Blogs erstellen
laufend Inhalte. Diese Benutzer können sowohl Bewerbende, Medienschaffende, bei der
Konkurrenz Angestellte oder andere externe Leute umfassen, aber auch aus den eigenen
Reihen stammen. Die Form und der Inhalt dieser Daten wird durch die User selbst bestimmt
– bottom up –, wodurch sich diese Daten in ihrer Form von den traditionellen sehr struktu-
rierten Daten, welche von den meisten momentan vorhandenen HR-Systemen erfordert
werden, unterscheidet (Otter & Holineck, 2008, p. 2).
Mit dem Web 2.0 haben sich neue bzw. andere Quellen für die Beschaffung von Personalda-
ten entwickelt. Das Selbstmarketing der Kandidaten über das Web 2.0 nimmt zu und lässt
eine neue Fülle von verfügbaren Daten entstehen. Die Daten aus dem Web 2.0 werden von
den Benutzern freiwillig erstellt – weshalb sie auch freiwillige Daten bzw. volunteered Data
genannt werden. Eine im September 2008 von Gartner Research veröffentlichte Studie rech-
net damit, dass über das Web 2.0 freiwillig erstellten HR-Daten im Jahr 2012 die klassischen
Informationsdistribution
Informationsfluss
Prozesse Datenbeschaffung Kommunikation
Soziale Netzwerke
Podcast
Wiki
Media Sharing
Blogs und Micro Blogs
Virtuelle Welten
Feeds und Aggregatoren
Anwendungs-Kategorien
Einflüsse von Web 2.0 auf die Recruitment-Praxis
27
HR-Daten sowohl im Volumen als auch im Wert übersteigen werden (Holineck, 2008). Damit
wird auch der Einfluss solcher volunteered Data in den kommenden Jahren deutlich zuneh-
men und die Unternehmen müssen sich strategisch darauf ausrichten, diese neue Form von
Daten nutzen und managen zu können.
Um den Wert dieser Daten nutzen zu können, müssen sich die Recruitmentprozesse und
Systeme an diese neuen Gegebenheiten anpassen. Der Wert der freiwillig von den Internet-
benutzern erstellten Daten ist in ihrem Umfang, welcher die Reichweite der klassischen HR-
Daten deutlich übertrifft, und in ihrem dynamischen Wesen verankert. Auf den Profilseiten
z.B. auf Xing und Facebook werden die Karrieregeschichte, Qualifikationen, Fähigkeiten und
Interessen oft viel breiter beschrieben als dies in traditionellen H- Datenbanken der Fall ist.
Diese Daten sind, da sie vom Benutzer selbst verwaltet werden, oft auch aktueller (Otter &
Holineck, 2008, p. 2). Zudem wird es durch die Fülle der Daten einfacher, die Fähigkeiten
einer externen Person zu erfassen und somit die Eignung für eine vakante Stelle beurteilen
zu können. Bereits jetzt können die Fähigkeiten und Kompetenzen von Mitarbeitenden
durch eine elektronische Analyse ihrer Beiträge in internen Wissensdatenbanken eruiert
werden. Durch die öffentlich zugänglichen Daten auf dem Web 2.0 wird es nun auch mög-
lich, die Kompetenzen und Fähigkeiten von Personen ausserhalb der Unternehmung zu be-
urteilen. Die zitierte Studie von Gartner Research Autoren Otter & Holineck (2008) geht da-
von aus, dass führende HR-Abteilungen schon bald mehr Zeit und Aufwand in die Analyse
von freiwillig erstellten Daten investieren werden als in diejenige von traditionellen erfassten
Daten. Dabei wird erwartet, dass komplexe Systeme wie etwa Social Network Analysis
Tools15
Diese Entwicklung kann aber auch kritisch betrachtet werden. E-Recruitment hat durch die
Standardisierung des Bewerbungsprozesses (z.B. durch Online Formulare) eine Effizienz-
steigerung des Recruitment-Prozesses bewirkt. Durch den Einbezug der freiwillig erstellten
Daten des Web 2.0 werden wiederum viele individuelle und damit unstandardisierte Infor-
mationen gesammelt. Man könnte den positiven Effekt der Datenanreicherung somit in Fra-
ge stellen. Deshalb muss die vorhandene Vielfalt von benutzergenerierten Inhalten möglichst
effektiv bewirtschaftet werden. Für das Recruitment heisst dies, dass eine Kombination der
vermehrt zur Anwendung kommen werden (Otter & Holineck, 2008).
15 Social Network Analysis = Computergestützte Anwendungen die die Analyse von sozialen Netzwerken auto-matisieren.
Einflüsse von Web 2.0 auf die Recruitment-Praxis
28
formalen HR-Daten mit den auf dem Web frei zugänglichen informalen Daten angestrebt
werden sollte, um die Qualität und damit auch die Genauigkeit der Informationen über die
Talente zu steigern und den zusätzlichen Wert der freiwilligen Daten optimal zu nutzen (vgl.
(Otter & Holineck, 2008, p. 3).
3.2 Einfluss auf die Informationsdistribution
Informationen werden nicht mehr nur als redaktionell erstellte und somit kontrollierbare
Inhalte auf dem Netz zum Abruf bereit gestellt. Dank den Möglichkeiten des Web 2.0 kann
nun jeder Benutzer auf dem Netz mit seinen Inhalten eigene Informationen und Meinungen
verbreiten. Damit ist das quasi Monopol über die Inhaltskontrolle der Informationen über
eine Unternehmung gebrochen worden und eine „Demokratisierung“ der Information hat
stattgefunden.
Für das Recruitment 2.0 bedeutet dies insbesondere eine Veränderung für das Employer
Branding. Es ist nicht mehr ganz so einfach, sich als exzellentes Vorzeigeunternehmen zu
preisen. Die zunehmende Transparenz macht es schwieriger, die Informationen zu manipu-
lieren. Wir befinden uns deshalb im Trend zu mehr Authentizität im Employer Branding
(Gartner, 2008, p. 27). Alles wird im Web 2.0 zur Diskussionsbasis. Mathias Mäder von
Prospective Media hat am Praxisforum der Personal Swiss 2008 deshalb vorgeschlagen, dass
man sich bei der Message im Employer Branding weg vom „wir sind die Besten“ hin zum
„bei uns arbeiten Menschen, die als solche geschätzt werden“ bewegen sollte (Prospective
Media, 2008). Die verbreiteten Informationen müssen realistisch sein, da die kontrollierte
Verbreitung einer konstruierten Scheinrealität einerseits nicht mehr möglich ist und anderer-
seits eine unschöne Diskrepanz zwischen den „offiziellen“ Inhalten und jenen unkontrolliert
Erstellten entstehen würde. Dies würde der Glaubwürdigkeit eines Unternehmens schaden.
Wenn sich Mitarbeiter im Web heute informal über das Arbeitsklima, die Familienpolitik
oder wie im unteren Beispiel über die Infrastruktur äussern, so kann dies durchaus einen
Einfluss auf die externe Meinung über eine Unternehmung haben. Institutionalisiert wird
dies auch durch Arbeitgeberbewertungsplattformen wie Kununu.
Einflüsse von Web 2.0 auf die Recruitment-Praxis
29
Abbildung 8 - Inhalt der Corporate Recruitment Website von Tamedia (Tamedia, 2009)
Abbildung 9 - Mitarbeiter-Kommentar, gefunden auf Facebook.com
Die Kultur und das Arbeitsumfeld sollen im Web 2.0 realitätsgetreu vermittelt werden. Der
Einsatz von Web-2.0-Anwendungen erhöht so auch die Informationspenetration. Potentielle
Arbeitsnehmende können sich gezielter informieren und haben somit eine bessere Möglich-
keit zur Selbstselektion. Dies erhöht die Qualität der Bewerber. Ein potentieller Kandidat soll
sich mit der Unternehmung identifizieren können, woraus wiederum die Endauswahl der
Bewerber an Qualität gewinnt16
.
16 Dies entspricht der Idee des Konzepts der Selbstselektion, welches besagt, dass die Selbstselektion auf der Emp-findung des Kandidaten zu Überschneidungen zwischen den eigenen Charakteristika und jenen, die dem Job und einer Unternehmung zugeschrieben werden, basieren. Rynes, S. (1991).
Einflüsse von Web 2.0 auf die Recruitment-Praxis
30
Abbildung 10 - Einfluss des Web 2.0 auf die Informationsdistribution
3.3 Einfluss auf die Kommunikation
Das Web 2.0 hat den Zugang zu einer Vielzahl neuer Rekrutierungskanäle eröffnet, welche
die Unternehmen näher zu ihren Talenten bringen. So können Blogs, Virtuelle Karriere Mes-
sen oder Gruppen in Sozialen Netzwerken genutzt werden, um sich direkt an eine spezifi-
sche Zielgruppe von interessierten Personen zu wenden – z.B. via Zielgruppenchannels. Die
Kommunikation zwischen den Kandidaten und der Unternehmung kann dann ebenfalls auf
einer eher informellen Ebene über solche Kanale initiiert werden. Dies verringert die Kom-
munikationsbarrieren und erweitert für eine Unternehmung den Kreis derjenigen Leute, die
in Kontakt treten – man denke insbesondere auch an einen zunehmend internationalen Ta-
lentpool. Denn die Studie Recruitingtrends 2009 zeigt auf, dass die internationale Personal-
beschaffung an Bedeutung zugenommen hat und in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen
wird (Weitzel, König, & Von Westarp, 2009). Gerade deshalb sind die Web-2.0-
Anwendungen als Kommunikationskanäle in Zukunft sehr interessant.
Vorteile liegen auch in einer Verkürzung des Bewerbungsprozesses, der durch die Nutzung
dieser Kanäle erreicht werden kann. Die Information über eine vakante Stelle kann eigen-
händig vom Recruiter über die Web-2.0-Kanäle verbreitet werden. Durch beispielsweise RSS
Feeds oder Aggregatoren verbreitet sich diese Information blitzschnell an eine Vielzahl inte-
ressierter Personen. Die interessierten Empfänger dieser Information möchten wiederum
Potentiale
Tiefere Informationskos-ten
Besserer Match Stelle und Kandidat / Höhere Qualität bei Bewerberauswahl dank Zusatzinformationen
Grösserer Talentpool durch erhöhte Reichweite
Herausforderungen
Weniger Kontrolle über den Informationsfluss
Erhöhter Wettbewerb unter den Arbeitgebern
Trend
Mehr Authentizität
Einfluss des Web 2.0 auf die Informationsdistribution
Einflüsse von Web 2.0 auf die Recruitment-Praxis
31
möglichst schnell reagieren, um sich einen Vorteil aus einem schnellen Einstieg ins Rennen
um die Vakanz zu sichern. Dabei dürfte der Anreiz für eine Onlinebewerbung relativ hoch
sein.
Auch die internen Kommunikationsprozesse werden durch den Einsatz von Recruitment 2.0
bereits optimiert. So können die Web 2.0 Tools insbesondere beim Tracking oder Screening
der Bewerber nützlich sein. Auch die Zusammenarbeit zwischen HR und Linie kann durch
den Einsatz dieser Tools verbessert werden – zum Beispiel durch den Einsatz eines internen
Wiki. Zudem können gerade beim Einsatz von Web-2.0-Anwendungen in der Unterneh-
mung Vorteile für das interne Sourcing erzielt werden. Durch die inhaltliche Partizipation
der Mitarbeitenden werden deren fachlichen Kompetenzen besser ersichtlich, wodurch ihre
Eignung für Projekte besser festgestellt wird.
Abbildung 11 - Einfluss des Web 2.0 auf die Kommunikation
3.4 Weitere Herausforderungen in der Unternehmenspraxis des Recruit-
ment 2.0
Web 2.0 ist im Recruitment-Alltag angekommen. Viele Applikationen sind schon sehr weit
entwickelt und damit eigentlich stabil genug, um im Alltag von Unternehmen bestehen zu
können (vgl. Back & Gronau, 2008, S. 1). Die Erwartungen an den hohen Wert der Möglich-
keiten von Recruitment 2.0 konnte nur vereinzelt wirklich ausgeschöpft werden (Otter &
Holineck, 2008). Trotz dem vermehrten Einsatz von sozialen Netzwerken und den vielen
Potentiale
Tiefere Kommunikations-kosten
Segmentierte Kommunika-tionskanäle ermöglichen gezielte Kommunikation
Schnelle Kommunikation verkürzt time to hire
Herausforderungen
Erhöhter Kommunikati-onsaufwand, durch mehr informelle Kommunikation
Trend
Vermehrte informelle 1:1 Interaktionen über Web-2.0-Anwendungen
Einfluss des Web 2.0 auf die Kommunikation
Einflüsse von Web 2.0 auf die Recruitment-Praxis
32
Neuentwicklung für den Geschäftsgebrauch – wie z.B Social Software Suites17
Aufgrund dieser Entwicklungen sollen in diesem Kapitel typische und tiefgreifende, aus der
Theorie bekannte Herausforderungen beschrieben werden, die beim Einsatz von Web-2.0-
Anwendungen in der Unternehmenspraxis auftreten können und eine effektive Nutzung der
neuen Technologie erschweren. Diese Ursachen werden im nächsten Kapitel in einer empiri-
schen Studie der Schweizer Recruitment-2.0-Praxis untersucht. Später werden daraus Impli-
kationen für den Umgang mit Web-2.0-Anwendungen für das Recruitment in der Schweiz
gemacht werden.
– wird den
Leuten allmählich bewusst, dass der effiziente Einsatz dieser Anwendungen eine Herausfor-
derung darstellt (Gartner Research, 2009).
3.4.1 Offenheit zur Transformation zum Recruitment 2.0
Wie bei jeder Erneuerung erstreckt sich auch die Adaption des Web 2.0 in der Unterneh-
menspraxis über eine gewisse Zeitdauer. Denn wie bei der Implementierung einer neuen
Strategie bedingt der Einsatz neuer Technologien einen Wandel in den verfestigten Ge-
wohnheiten des Unternehmensalltags.
Für den Einsatz des Recruitment 2.0 bedeutet dies, dass die neue Technologie in einer Phase
der Transformation erst ihren Platz im Alltag der Recruiter finden muss. Dies beschreiben
auch Back & Gronau (2008, S. 7): „Eigenschaften wie Offenheit, Emergenz, User Generated
Content, Partizipationskultur und Enthierarchisierung führen in immer mehr Unternehmen
zu einem Paradigmawechsel, einem geradezu revolutionären Kulturwandel, der auch die
Art der Zusammenarbeit im und zwischen Unternehmen sowie die Beziehungen zu Partnern
und Kunden grundlegend verändern wird“. Genau dies kann auch im Recruitment beobach-
tet werden. Der Einfluss der Web-2.0-Kultur führt zu einem Paradigmenwechsel im Ver-
ständnis der Rolle des Recruiter. So verschiebt sich das Recruitment durch den Einsatz von
Recruitment-2.0-Anwendungen von der Top-Down-Selektionsrolle eher zu einem Informati-
onsaustausch auf Augenhöhe (Laubacher, 2009). Dies ist ein Wandel, welchem viele Recrui-
ter noch sehr skeptisch gegenüberstehen. Wahrscheinlich ist diese Skepsis auch mit ein
Grund, weshalb das Effizienzpotential des Recruitment 2.0 oftmals immer noch im toten
Winkel des Managements bleibt – übrigens ein bekanntes Problem, das sämtliche Entwick- 17 Anwendungen die über eine Schnittstelle verschiedene soziale Plattformen wie z.B. Xing und Facebook verei-nen und deren Gebrauch für den Geschäftsalltag dadurch vereinfachen und übersichtlicher gestalten.
Einflüsse von Web 2.0 auf die Recruitment-Praxis
33
lungen des Web 2.0 teilen (Back, Arbeitspraxis Web-2.0: Die Lernkurve von 1.0 nach 2.x
kriegen, 2008(2)). Das heisst, dass viele HR-Manager trotz des 2.0 Hype durch eine Weichen-
stellung erst noch auf den Recruitment-2.0-Kurs gebracht werden müssen. Recruitment-2.0-
Experten könnten dazu beitragen, die Potentiale zu erkennen und bei der Erarbeitung einer
Strategie zur effizienten Nutzung Unterstützung anzubieten.
Die Zurückhaltung bei der Benutzung von Web-2.0-Anwendungen manifestiert sich auch in
einer weltweiten Studie von McKinsey Quarterly, die das Nutzungsverhalten von Web-2.0-
Anwendungen untersucht hat. Dabei hat sich gezeigt, dass lediglich 41 Prozent18
3.4.2 Verständnis für die Web-2.0-Anwendungen
der Mitar-
beitenden in Service-Bereichen Web-2.0-Anwendungen benutzen. Dieser Zahl stehen 73 Pro-
zent der Mitarbeitenden im Marketing oder 63 Prozent in einer IT-Funktion entgegen
(McKinsey Quarterly (1), 2009). Offensichtlich scheinen sich die Recruiter besonders vorsich-
tig an Web-2.0-Anwendungen heranzutasten.
Beim Einsatz von Anwendungen des Web 2.0 gehen viele Leute immer noch davon aus, dass
die Tools einfach über Nacht in den Arbeitsalltag integriert werden können. Wie im voran-
gehenden Abschnitt beschrieben wurde, benötigt die Einführung solcher Anwendungen
Zeit. Zeit, in der auch ein Verständnis für die Eigenheiten des Web 2.0 geschaffen werden
muss. Die Dynamik im Web 2.0, die sich besonders im permanenten Beta Status widerspie-
gelt, ist eine weitere Herausforderung für sämtliche Beteiligten. Sowohl die Kandidaten als
auch die Personaler sind mit der dynamischen Entwicklung im Feld von Web 2.0 gefordert.
Im Vergleich zu den traditionellen Medien wie der Zeitung ist die Verwendung neuer Me-
dien viel dynamischer. Dies macht Recruitment 2.0 zu einer schwierigen Aufgabe. Es ist oft
bereits nicht einfach, bei der Vielzahl von Web-2.0-Applikation zwischen den Einflussreichen
und weniger Einflussreichen (Digital Wannabees) unterscheiden zu können und die Kräfte
auf die „richtigen“ Anwendungen zu fokussieren. Zudem müssen die verschiedenen An-
wendungen, die für das Recruitment eingesetzt werden sollen, auch verstanden werden.
Wenn das Gefühl für die Funktionsweise der Anwendungen fehlt, ist es schwierig, einen
Nutzen daraus zu ziehen. So muss man z.B. auch verstehen, dass die Benutzer im Web 2.0
nicht zufälligerweise in eine von Recruitern erstellte Community hereinspazieren oder die
18 Gesamtprozentsatz für Mitarbeitende in Service-Bereichen
Einflüsse von Web 2.0 auf die Recruitment-Praxis
34
YouTube-Abteilungspräsentation einfach so von der breiten Masse begeistert angeklickt
wird. Auch der Aufbau einer Web-2.0-Zielgruppe braucht Zeit und ein aktives Management,
wobei die Benutzer stetig für das Interesse an der Unternehmung gewonnen und begeistert
werden müssen. Nur weil die Leute nicht zum unternehmenseigenen Web-2.0-Angebot
strömen oder dieses falsch nutzen, muss der Fehler nicht beim Web 2.0 liegen. Ein Verständ-
nis der Web-2.0-Kultur ist auch für ein erfolgreiches Recruitment 2.0 zentral (McKinsey
Quarterly, 2009).
3.5 Folgerungen aus dem theoretischen Teil
Das Recruitment kann auch in Krisenzeiten zu einem Wettbewerbsvorteil werden, wenn
man es besser als seine Mitstreiter beherrscht, überlegene Potentiale zu gewinnen und zu
halten. Das E-Recruitment scheint von den Unternehmen bereits gut verstanden worden zu
sein (Konradt, 2003). Durch die Entwicklungen der Benutzerzahlen und der Technologie im
Internet haben sich durch Web-2.0-Anwendungen aber neue Möglichkeiten eröffnet, um
Recruitment zu betreiben; Informationen zum Unternehmen und über Vakanzen können
schnell und effizient verbreitet werden, die direkte Kommunikation zwischen dem Unter-
nehmen und dem Kandidaten wird durch etliche neue informelle Kanäle verbessert und die
Verfügbarkeit von Daten der Anwärter hat sich mit den freiwillig erstellten Benutzerinhalten
im sozialen Netz um einiges erhöht. Dies verkürzt die Time to hire, senkt die Kosten für In-
serate und Kommunikation und vergrössert den Spielraum im Recruitment. Die Trends im
Recruitment zeigen jedenfalls, dass die Unternehmen am Einsatz von Web-2.0-Anwendun-
gen interessiert sind und sich auch bereits im Recruitment 2.0 engagieren (Weitzel, König, &
Von Westarp, 2009; McKinsey Quarterly (1), 2009).
Trotzdem warnen verschiedene Studien zum Web 2.0, die Potentiale des Recruitment 2.0
auch nicht a priori zu hoch einzuschätzen. Demnach stellt sich nun genau deshalb nach dem
ersten Hype eine Phase der Ernüchterung beim Einsatz von Web 2.0 im Unternehmensalltag
ein (Gartner Research, 2009). Die Unternehmen müssen in der nächsten Zeit lernen, das Web
2.0 richtig zu nutzen, damit die Erwartungspotentiale auch erreicht werden können. Emp-
fehlungen besagen auch, Web-2.0-Anwendungen nicht einfach spontan zu verwenden. Dies
gilt insbesondere auch für den Einsatz im Recruitment, wo ein strategischer und durchdach-
ter Einsatz unbedingt notwendig ist.
Einflüsse von Web 2.0 auf die Recruitment-Praxis
35
Die Herausforderungen liegen etwa in der Adoption der Recruitment-2.0-Anwendungen für
den Recruitment-Alltag, einem strategischen und technischen Verständnis für das Web 2.0
oder dessen Grenzen. Die Recruiter müssen sich aber auch mit neuen informelleren Kom-
munikationsformen und mehr Authentizität der Web-2.0-Kultur auseinandersetzen. Um mit
diesen Herausforderungen umgehen zu können, bedarf es eines Prozesses, der eine gewisse
Zeit dauern wird (Back & Gronau, Web 2.0 in der Unternehmenspraxis, 2008). Erst danach
werden die vollständigen Potentiale des Web 2.0 im Recruitment auch ausschöpfbar sein.
Empirische Untersuchung zur Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
36
4 Empirische Untersuchung zur Praxis des Recruitment 2.0 in der
Schweiz
4.1 Einleitung in die Studie
4.1.1 Forschungsziel und Fragestellungen
Gegenstand dieser quantitativen Studie ist es, die Unternehmenspraxis des Recruitment 2.0
in der Schweiz zu untersuchen. Fragen zur aktuellen Interessenslage an der Thematik, den
Potentialen, die dem Recruitment 2.0 im Moment beigemessen werden, den Nutzen, der aus
der Anwendung der neuen Tools gezogen werden kann sowie zu den Herausforderungen,
mit denen sich die Recruiter beim Recruitment 2.0 auseinandersetzen, sollen Klarheit zur
Praxis des Recruitment 2.0 in der Praxis bringen.
4.1.2 Datenerhebungsmethodik und Aufbau des Fragebogens
Die quantitative Analyse wurde im Oktober und November 2009 mit einem Online-
Fragebogen durchgeführt. Der Fragebogen beinhaltete 13 inhaltliche Fragen vom Typ mul-
tiple-choice, wovon zwei Fragen die Möglichkeit beinhalteten, offene Antworten geben zu
können. Die dreizehn Fragen wurden in drei Themenblöcke gegliedert. Der erste Themen-
block beinhaltete Fragen zur Interessenslage und den Potentialen, die dem Recruitment 2.0
beigemessen werden. Der zweite Block beschäftigte sich mit dem Nutzen, den Recruitment-
2.0-Anwendungen für das befragte Unternehmen stiften könnte und demjenigen, den es ef-
fektiv stiftet. Schliesslich wurden im dritten Themenblock Fragen zu den Herausforderungen
bei der Nutzung von Web-2.0-Anwendungen im Recruitment gestellt.
Aufgrund der geographischen und kulturellen Unterschiede in der Verwendung von Re-
cruitment 2.0 beschränkt sich die Zielgruppe dieser empirischen Studie auf Schweizer Un-
ternehmungen. Der Fragebogen wurde von insgesamt 58 Unternehmen ausgefüllt, was einer
Rücklaufquote von 35 % entspricht.
Empirische Untersuchung zur Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
37
4.2 Auswertungen der Studie zur Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
4.2.1 Frageblock 1 – Interesse und Potentialvorstellungen
Die ersten sechs Fragen haben sich mit den Interessen und Potentialvorstellungen der Un-
ternehmen zum Thema Recruitment 2.0 auseinandergesetzt.
Dabei sollte erst grundsätzlich bestimmt werden, ob Web-2.0-Anwendungen in der Unter-
nehmung überhaupt in irgendeiner Form bereits verwendet werden. Bei der Untersuchung
hat sich diesbezüglich herausgestellt, dass fast die Hälfte (47%) der befragten Unternehmen
Web 2.0 Tools gar nicht oder nur wenig einsetzen. Immerhin 23.5% gaben an, Web-2.0-
Anwendungen einzusetzen.
Auf die Frage, ob sich die Unternehmen für Recruitment 2.0 interessieren, bekundeten 40
Prozent der Antworten ein mittleres und 20% gar ein starkes Interesse an der Thematik.
Mit der dritten Frage wurde schliesslich erfragt, wie die Unternehmen das Potential des Re-
cruitment 2.0 ein-
schätzen. Dabei kam
heraus, dass 2/3 aller
Befragten dem Recru-
itment 2.0 ein mittle-
res bis eher hohes
Potential beimessen.
Auf konkretere Anga-
ben zu diesen Potenti-
alen wurde in der darauffolgenden Frage Bezug genommen. Dabei haben die befragten Un-
ternehmungen vor allem die Möglichkeit Kosten zu senken (von 67.27% angegeben), das
Potential eines vergrösserten Talentpools durch eine erhöhte Reichweite (60%) oder die ver-
besserten Möglichkeiten zum Employer Branding (58.18%) genannt. Weiter wurden auch die
Möglichkeiten zur gezielteren Kommunikation oder Vorteile bei der Gewinnung von Talen-
ten von vielen Unternehmen als Potentiale des Recruitment 2.0 bezeichnet.
In der fünften Frage wurden die Unternehmen um eine Einschätzung zum Potential einzel-
ner Web-2.0-Anwendungskategorien gebeten. Dabei wurden die Potentiale von sozialen
0.00%
20.00%
36.36%30.91%
12.73% Klein
Nicht zu gross
Mittel
Eher hoch
Sehr hoch
Abbildung 12 - Einschätzung des Potentials von Recruitment 2.0
Empirische Untersuchung zur Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
38
Netzwerken und Arbeitgeberbewertungsplattformen durchgängig am höchsten bewertet.
Ansonsten fiel die Bilanz für die anderen Kategorien eher durchzogen aus. Podcasts, Media
Sharing, Blogs, Micro Blogs und virtuellen Welten wurde lediglich ein kleines bis mittleres
Potential beigemessen.
Schliesslich wurde in der letzten Frage dieses Blockes noch untersucht, wie die Unternehmen
den Nutzen bemessen würden, den sie aus dem Einsatz von Recruitment-2.0-Anwendungen
ziehen könnten. 70 Prozent der befragten Unternehmen gaben sich hierbei doch sehr zuver-
sichtlich und konnten sich einen mittleren bis eher hohen Nutzen durch den Einsatz von
Web-2.0-Anwendungen im Recruitment vorstellen.
4.2.2 Frageblock 2 – Nutzerverhalten und Nutzen
Fünf weitere Fragen sollten in einem zweiten Frageblock insbesondere das Nutzerverhalten
und den Nutzen bei der Verwendung von Recruitment 2.0 in Schweizer Unternehmungen
untersuchen.
In einer ersten Frage wurde hier-
zu gefragt, ob Web-2.0-
Anwendungen im Recruitment
benutzt werden. Fast zwei Drittel
(63.64%) gaben dabei aber an,
noch keine solchen Anwendun-
gen im Recruitment zu benutzen.
Auf die Frage, für welche Art
von Recruitment-Prozessen sich
die Unternehmen einen Einsatz von Recruitment-2.0-Anwendungen in der Praxis vorstellen
könnten, wurden (mit Abstand) bei 85.45% der Fragebogen die Informationsdistributions-
prozesse an erste Stelle gewählt. Lediglich 45.45 bzw. 40 Prozent der Unternehmen können
sich auch vorstellen, Recruitment 2.0 für Kommunikationsprozesse oder Datenbeschaf-
fungsprozesse einzusetzen.
36.36%
63.64%
Benutzen Web 2.0 im Recruitment
Benutzen kein Web 2.0 im Recruitment
Abbildung 13 - Anteil der Unternehmen, die Web 2.0 im Recruitment benutzen
Empirische Untersuchung zur Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
39
Abbildung 14 - Art von Recruitment-Prozessen, für welche Recruitment-2.0-Anwendungen eingesetzt würden
Der Nutzen, den die befragten Unternehmen aus dem Einsatz von Recruitment 2.0 effektiv
ziehen, wurde von fast der Hälfte der Antwortenden als mittel eingestuft. Ansonsten schei-
nen Web-2.0-Anwendungen im Recruitment einen durchaus unterschiedlich hohen Nutzen
zu stiften. Die Antworten sind dementsprechend durchzogen.
Konkret wurden in der folgenden Frage die Möglichkeit Kosten zu senken (von 52.73%), die
verbesserten Möglichkeiten für das Employer Branding (von 50.91%) und ein grösserer Ta-
lentpool durch eine erhöhte Reichweite (von 47.27%) als die meistgenannten effektiven Nut-
zen aus dem Einsatz von Recruitment 2.0 genannt.
Die letzte Frage in diesem Block hat sich der Nutzung der Web-2.0-Anwendungskategorien
für das Recruitment angenommen. Diejenigen Unternehmen, die Web-2.0-Anwendungen im
Recruitment einsetzen, konnten bei dieser Fragestellung die Intensität der jeweiligen Nut-
zung angeben. Bis auf soziale Netzwerke und das Podcasting, welche von 22.5 Prozent sogar
mit einer mittleren Intensität benutzt werden, werden die meisten Anwendungen von den
Unternehmen nur wenig oder gar nicht benutzt. Kununu, die Arbeitgeberbewertungsplatt-
form, vermag sich hierbei zwar noch etwas abzusetzen und wird immerhin von 8 Prozent
der befragten Unternehmen eher intensiv benutzt.
Durch die Antworten in diesem Block wird ersichtlich, dass Web-2.0-Anwendungen noch
nicht einmal von der Mehrheit der befragten Schweizer Unternehmen für das Recruitment
genutzt werden. Obwohl die Unternehmen offensichtlich ein Interesse am Thema bekunden
und die Thematik in der letzen Zeit auch in HR Fachkreisen reichlich diskutiert wurde
scheint eine durchgängige Verwendung des Web 2.0 für Personaler vorerst noch nicht statt-
gefunden zu haben.
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%
Informationsdistributionsprozesse
Kommunikationsprozesse
Datenbeschaffungsprozesse
Empirische Untersuchung zur Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
40
4.2.3 Frageblock 3 – Herausforderungen
Im dritten Frageblock haben sich zwei Fragen mit den Herausforderungen beim Einsatz von
Web-2.0-Anwendungen in der Praxis beschäftigt.
Zuerst konnten die Unternehmen verschiedene Aspekte als Barriere für den Einsatz des Re-
cruitment 2.0 bewerten (siehe Abbildung 16). Dabei wurde die Strukturlosigkeit der benut-
zergenerierten Daten auf dem Web 2.0 als einziger der genannten Punkte als eher grosse
Barriere benannt (von 35.42%). Sich vermehrt für die informelle Kommunikation öffnen zu
müssen und das strategische Verständnis für den Einsatz der Web 2.0-Anwendungen kön-
nen tendenziell als die nächst grösseren Barrieren gedeutet werden. Die anderen Punkte
wurde fast durchgehend von den meisten Unternehmen als mittlere Barrieren bewertet. Nur
beim Verständnis für die Funktionsweise und die Eigenschaften von Web 2.0-Anwendungen
scheinen sich die befragten Unternehmen eher sicher zu sein, da sie diesen Punkt als einzi-
gen tendenziell als eher kleine bzw. kleine Hürde benannt haben.
Die zweite Frage in diesem Block hat von den Unternehmen eine eigene Einstufung ihres
technischen und strategischen Verständnisses für die Verwendung der verschiedenen Web-
2.0-Anwendungskategorien verlangt. Die Antworten der befragten Unternehmen sind breit
gestreut. Dennoch liegt die höchste Quote der Antworten bei sämtlichen Kategorien bei ei-
nem mittleren Verständnis, das sich die Unternehmen selbst zuschreiben. Aus den Daten
kann aber auch die leichte Tendenz festgestellt werden, dass soziale Netzwerke, Podcast,
virtuelle Welten und Arbeitgeberbewertungsplattformen eher besser verstanden werden.
Dagegen stellt sich für Wiki, Blog, Micro Blog und Media-Sharing-Anwendungen eine Ten-
denz zu einem eher kleineren Verständnis heraus.
Implikationen für die Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
41
5 Implikationen für die Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
5.1 Analyse des Recruitment 2.0 in der Schweiz
In den folgenden Ausführungen werden die Auswertungen der empirischen Studie block-
und frageübergreifend sowie in Verbindung mit den vorangegangenen theoretischen Grund-
lagen genauer analysiert und kommentiert. Dabei wird ein spezielles Augenmerk auf die
aktuellen Herausforderungen beim Recruitment 2.0 in der Schweiz gelegt, da nur ein Ver-
ständnis allfälliger Hürden zu Lösungen beim Einsatz des Recruitment 2.0 in der Unterneh-
menspraxis führen kann.
Keine nennenswerten Auffälligkeiten
Für die in der Studie befragten Unternehmen gilt es zuerst fest zu halten, dass sich keine
auffälligen Muster hinsichtlich der Unternehmensgrösse, Branche, der Ausrichtung der Re-
cruitmentaktivitäten und derer Zielgruppe und der Antworten in sämtlichen Blöcken abge-
zeichnet haben. Dies ist insofern interessant, als dass man gewisse Zusammenhänge zwi-
schen diesen Segmentierungskriterien und der Beziehung zu neuen Technologien durchaus
hätte erwarten können. Diese Tatsache lässt sich aber vielleicht gerade mit dem Hintergrund,
dass auch die Nutzung von Web 2.0 im Recruitment über sämtliche Unternehmen hinweg
noch eher tief ist, besser verstehen. Somit könnte die Beobachtung dadurch erklärt werden,
dass sich die Verbreitung von Recruitment 2.0 eben noch in einer Phase des early-
mainstream befindet und sich die branchen- oder grössenabhängigen Ausprägungen erst mit
der weiteren Penetration des Web 2.0 in diesem Gebiet einstellen werden.
Diskrepanz zwischen Potential und Nutzen
Wie zu Beginn der Arbeit erwähnt, soll die Studie ein besonderes Augenmerk auf bestehen-
de Diskrepanzen zwischen der Beimessung von Potential und dem effektiven Nutzen von
Recruitment 2.0 legen, um Herausforderungen im bzw. Barrieren beim Einsatz von Web-2.0-
Anwendungen im Recruitment identifizieren zu können.
Es gilt hierzu im Voraus festzuhalten, dass die Potentialbeimessung auch von Unternehmen
gemacht werden kann, die selbst keine Web-2.0-Anwendungen benutzen. Dagegen kann der
Implikationen für die Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
42
effektive Nutzen nur durch diejenigen Unternehmen angegeben werden, welche die An-
wendungen einsetzen. Die unterschiedlichen Voraussetzungen für die Beantwortung der
Frage machen es also möglich, die allgemein beigemessenen Potentiale, auch durch Unter-
nehmen die solche Anwendungen nicht einsetzen, mit dem effektiv erzielten Nutzen derje-
nigen Unternehmen, die Web 2.0 bereits einsetzen, zu vergleichen. Die unterschiedliche Zu-
sammensetzung der Unternehmen bei den beiden Fragen ist für das Verständnis der Inter-
pretation bedeutsam. So ist denn auch möglich, dass das beigemessene Potential in der Stu-
die zum Teil kleiner ausgefallen ist, als der effektiv erzielte Nutzen.
Beim Vergleich fällt lediglich die Abweichung zwischen der Potentialbeimessung durch
10.91 Prozent und der Beimessung eines effektiven Nutzen durch 29.09 Prozent beim Punkt
„verbesserte Qualität der Bewerberauswahl“ ins Auge. Hierbei scheint das Potential von
Recruitment 2.0 für eine verbesserte Selbstselektion durch die Unternehmen geringer einge-
schätzt zu werden, als es sich beim effektiven Einsatz erweist. Dies könnte dadurch erklärt
werden, dass die erhöhte Authentizität beim Employer Branding von den befragten Unter-
nehmen eher als Hürde für den Einsatz von Recruitment 2.0 angesehen wird (vgl. Frage 12).
Unternehmen die den Schritt zum Einsatz von Web 2.0 Tools im Recruitment noch nicht ge-
wagt haben, sehen sich also womöglich noch zu fest mit dieser Angst konfrontiert, was sich
in einer tieferen Potentialbeimessung zeigt. Der höhere effektive Nutzen sollte aber zum
Umdenken anregen und das Verständnis der Authentizität als Chance fördern. Denn gerade
die erhöhte Authentizität ermöglicht es den Bewerbenden, ein realistischeres Bild einer Un-
ternehmung als Arbeitgeber machen zu können und damit eine bessere Grundlage für den
Bewerbungsentscheid zu haben.
Ansonsten lassen sich anhand der befragten Punkte a priori keine grösseren Differenzen
zwischen der potentiellen Nutzens-Beimessung und dem effektiven Nutzen durch den Ein-
satz von Recruitment 2.0 feststellen. Die grafische Auswertung in Abbildung 15 zeigt uns
sogar, dass die Beimessung von potentiellem Nutzen und der effektive Nutzen sehr ähnlich
sind. In Betracht der unterschiedlichen Grössen der Lager der Web 2.0 nutzenden Unter-
nehmen und derjenigen, die sich bislang noch aus dem Einsatz der neuen Technologie zu-
rückgehalten haben, liegt die Herausforderung darin, die Tools des Web 2.0 im Alltag des
Recruitment überhaupt erst zu etablieren.
Implikationen für die Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
43
Abbildung 15 - Gegenüberstellung potentiell beigemessener Nutzen und effektiver Nutzen von Re-cruitment 2.0 (Fragen 4 & 10)
Aus dieser Beobachtung kann somit auf den aktuellen Stand des Recruitment 2.0 in der
Schweiz geschlossen werden. Es geht hervor, dass die Schweizer Unternehmungen beim
Einsatz von Web-2.0-Anwendungen weniger vom Hype in die Ernüchterung gefallen sind
sondern solche Anwendungen bislang überhaupt eher zögerlich eingesetzt haben. Dies wie-
derum stimmt mit der Aussage der McKinsey-Studie über den Gebrauch von Web-2.0-
Anwendungen durch Recruiter überein, welche in diesem Gebiet eine verhältnismässig ge-
ringe Anwendung festhalten kann (McKinsey Quarterly (1), 2009). Somit steht ein Grossteil
der Penetration dieser neuen Generation von Business-Anwendungen für den Einsatz im
Recruitment erst noch bevor. Und auch dies würde auf die Bezeichnung „early mainstream“
der aktuellen Verbreitung von Web 2.0 im Business Alltag von Gartner zutreffen.
Nutzen
Ein Vergleich der in der Studie erhobenen Zahlen zu der generellen Nutzung von Web-2.0-
Anwendungen im Unternehmen und der spezifischen Nutzung solcher Anwendungen für
Recruitment-Zwecke zeigt auf, dass eine klare Tendenz bei Unternehmen, die Web-2.0-
Anwendungen bereits anderweitig einsetzen, besteht, diese auch für das Recruitment zu
0%2%4%6%8%
10%12%14%16%18%20%
Mög
lichk
eit K
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Bess
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hal
ten
Pot. Nutzen
Nutzen
Implikationen für die Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
44
benutzen (Abbildung 16). Diese Aussage mag an sich nicht überraschend sein. Diese Tatsa-
che lässt aber die Vermutung aufkommen, dass die Unternehmen mit dem Nutzen aus dem
Einsatz von Web-2.0-Anwendungen offensichtlich zufrieden sind, da sie deren Anwen-
dungsgebiet auf verschiedene Bereiche ausweiten. Dies würde durch das zuvor beschriebene
Verhältnis von potentiellem Nutzen und dem effektiven Nutzen gestützt, da sich die zuge-
schriebenen Potentiale beim Recruitment durch den Nutzen bei der Anwendung weitgehend
bewahrheiten. Ein positives Signal für den Einsatz von Web-2.0-Anwendungen also.
Abbildung 16 - Verhältnis der Verwendung von Web-2.0-Anwendungen im Unternehmen und im Recruitment
Eine weitere Beobachtung ist die geringe Bandbreite der benutzten Web-2.0-Anwendungen
durch die befragten Schweizer Unternehmen. Es fällt auf, dass vor allem die besonders po-
pulären Anwendungen wie soziale Netzwerke und Podcasts sowie die Recruitment spezifi-
schen Arbeitgeberbewertungsplattformen am ehesten benutzt werden. Dies macht insofern
auch Sinn, da sich diese Tools besonders grosser Benutzerkreise erfreuen. Trotzdem gibt es
eine Auffälligkeit. Denn die benutzten Anwendungen decken sich mehrheitlich mit jenen
Anwendungskategorien, bei denen die befragten Unternehmen ein tendenziell eher hohes
Verständnis angegeben haben (Frage 13). Der Fall eines bewussten Verzichtes auf den Ein-
Implikationen für die Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
45
satz einer Anwendungskategorie die man versteht, die aber nicht in das Recruitment 2.0
Konzept passt, scheint es hier nicht zu geben. Die eher bescheidene Auswahl wirklich ver-
wendeter Web-2.0-Anwendungen im Recruitment kann als Signal für ein eher bescheidenes
Verständnis für die verschiedenen Anwendungskategorien gedeutet werden. Angesichts der
hohen Anzahl verschiedener Anwendungen und der Dynamik im Web 2.0 ist dies aber auch
nicht weiter erstaunlich und wurde so ja auch bereits im Kapitel 3.4.2 als Herausforderung
behandelt. Und auch bei den befragten Unternehmen scheint ein Bewusstsein für diese Her-
ausforderung offensichtlich vorhanden zu sein. Bei der Bewertung der Hürden (Frage 12)
haben immerhin 12.5, 20.83 bzw. 37.5 Prozent die Vielzahl vorhandener Anwendungen als
grosse, eher grosse oder mittlere Hürde bezeichnet.
Betreffend der Nutzung der unterschiedlichen Web-2.0-Anwendungskategorien soll noch
ein Vergleich der Daten dieser empirischen Erhebung mit jenen der weltweiten Studie „Bu-
siness and Web 2.0“ von McKinsey gewagt werden (McKinsey Quarterly (1), 2009). Gewagt
deshalb, da Daten zweier unterschiedlicher Studien, die unter verschiedenen Voraussetzun-
gen durchgeführt wurden, verglichen werden. Trotzdem zeigt der Vergleich der Verwen-
dung verschiedener Kategorien im gesamten Unternehmen, die von McKinsey untersucht
wurde, mit der Verwendung dieser Anwendungen durch Recruiter, welche durch die Studie
im Rahmen dieser Arbeit erforscht wurde, Interessantes auf.
Implikationen für die Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
46
Abbildung 17 - Vergleich der Benutzung verschiedener Web-2.0-Anwendungskategorien im gesamten Unternehmen und im Recruitment.
Im Vergleich zeigt sich, dass grösstenteils sowohl bei einer Nutzung im gesamten Unter-
nehmen als auch bei einer Nutzung im Recruitment ähnliche Tendenzen bestehen. Die Gra-
fik macht aber auch ersichtlich, dass Soziale Netzwerke, Podcasts, Wikis und Media-Sharing-
Anwendungen im Recruitment eher überdurchschnittlich genutzt werden. Bei Blogs, Micro
Blogs und Bewertungsplattformen scheint sich dagegen eine umgekehrte Tendenz abzu-
zeichnen. Das Ergebnis dieses Vergleiches zeigt insbesondere auf, dass im Recruitment die
eher etablierten Anwendungen überdurchschnittlich genutzt werden. Anwendungen wie
Micro Blogs, deren Penetration noch nicht so weit fortgeschritten ist19
19 Penetrationsgrad gemessen anhand der Studie Hype Cycle for Emerging Technologies 2009 von Gartner (www.gartner.com/it/page.jsp?id=1124212).
, werden daher eher
unterdurchschnittlich beim Recruitment eingesetzt. Diese Feststellung lässt den Schluss zu,
dass die Recruitment-Abteilungen wohl eher nicht zu den Trendsettern bzw. early Adopters
innerhalb einer Unternehmung gehören, was den Einsatz neuer Technologien betrifft. Wenn
dem so ist, könnte es also auch sein, dass sich Web-2.0-Anwendungen erst in anderen Abtei-
lungen der Unternehmen etablieren müssen, bevor diese im Recruitment eingesetzt werden.
Da das Web 2.0 aber besondere Möglichkeiten für das Recruitment mit sich bringt, spricht
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Daten dieser Studie (Recruiter)
Implikationen für die Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
47
aber eigentlich Nichts gegen ein möglichst frühes Engagement durch die Personaler. Eine
baldige Anwendung von Web-2.0-Anwendungen wäre sogar zu empfehlen.
5.2 Herausforderungen beim Recruitment 2.0 in der Schweiz
In der Analyse hat sich herausgestellt, dass es die bekannten Herausforderungen bei der
Nutzung des Web 2.0 in der Unternehmenspraxis sind, die sich auch beim Einsatz des Re-
cruitment 2.0 zeigen (Kap. 3.4).
Bei der Auswertung der Frage zu der Verwendung von Web 2.0 für die Informationsdistri-
bution, Kommunikation oder Datenbeschaffung beim Recruitment (Frage 8) hat sich etwa
gezeigt, dass die befragten Unternehmen mit Abstand am ehesten einen Einsatz von Recruit-
ment-2.0-Anwendungen für die Informationsdistribution vorsehen würden. Doch wäre es
eben gerade die Stärke der Web-2.0-Anwendungen, dass sich diese sehr interaktiv und daher
bestens für einen beidseitigen Informationsfluss nutzen lassen würden. Zudem können die
Potentiale der von den Benutzern erstellten Inhalten, die in Zukunft noch an Wichtigkeit
gewinnen werden, nur bei der Datenbeschaffung sinnvoll genutzt werden.
Es ist deshalb zu vermuten, dass viele Unternehmen das Internet noch sehr „eins nullig“
betrachten und dieses vor allem als Einbahnstrasse für die Verteilung von Informationen
sehen. Die wahren Potentiale bleiben bei einem solchen Verständnis aber grösstenteils unge-
nutzt.
Aufgrund der gemachten Befunde müssten sich die Unternehmen daher tiefgründiger mit
der Materie um den Einsatz von Web-2.0-Anwendungen vertraut machen, um zu verstehen,
dass einer „zwei nulligen“ Verwendung des Internets eine bewusste Veränderung bestimm-
ter Gewohnheiten vorangehen muss und sich diese nicht einfach durch die Verwendung der
2.0 Tools einstellt. Folgt man der vorangehenden These, dass die neuen Anwendungen erst
noch ihren Platz im Alltag der Recruiter finden müssen, so lässt sich daraus auch schliessen,
dass viele Erfahrungen im Umgang mit dem Web 2.0 aber auch erst noch gemacht werden
müssen.
Die Offenheit der Personaler für eine bewusste Transformation vom Recruitment zum Rec-
ruitment 2.0 (vgl. Kapitel 3.4.1) ist für diesen Prozess jedoch fundamental. So scheint gerade
das Verständnis für Informalität der Kommunikation und der erhöhten Authentizität bei den
Implikationen für die Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
48
Informationen im Web 2.0 momentan noch eher als Gefahr verstanden zu werden (Siehe
Tabelle 1).
Frage 12 Hürden keine kleine eher kleine mittlere eher grosse grosse
Vielzahl von Web-2.0-Anwendungen, die benutzt werden könnten
4% 6% 19% 38% 21% 13%
Technische Herausforderung bei der Benut-zung der Anwendungen
4% 27% 31% 21% 13% 4%
Verständnis für die Funktionsweise und Ei-genschaften wie erhöhter Transparenz oder Informalität von Web-2.0-Anwendungen
8% 4% 25% 38% 17% 8%
Verständnis für den strategischen Einsatz von Web-2.0-Anwendungen im Recruitment – Welche Kombination von Anwendungen macht Sinn oder welche ergänzen sich
6% 4% 10% 35% 33% 10%
Erhöhter Aufwand durch bspw. erhöhte In-teraktion mit der Zielgruppe bei der Verwen-dung von Web-2.0-Anwendungen oder der grossen Menge an verfügbaren Daten zu den einzelnen Kandidaten/Kandidatinnen
4% 0% 13% 38% 33% 13%
Sich für vermehrte informelle Kommunikation öffnen müssen
4% 8% 23% 38% 23% 4%
Weniger Kontrolle über den Informationsfluss 2% 2% 17% 35% 25% 19%
Strukturlosigkeit der Inhalte auf dem Web 2.0, da diese von jedem Benutzer individuell be-stimmt und gestaltet werden können (User generated Content).
2% 4% 8% 29% 35% 21%
Erhöhter Wettbewerb unter den Arbeitgebern durch transparentere Informationen im Web 2.0
10% 17% 29% 31% 10% 2%
Umstieg auf den Einsatz von Recruitment-2.0- Anwendungen für das Recruitment
8% 8% 25% 29% 15% 15%
Tabelle 1 - Bewertung verschiedener Punkte als Barriere zur Nutzung von Web 2.0 im Recruitment (Frage 12)
Die Möglichkeiten des „Mitmach-Web“, in welchem jeder Benutzer der Öffentlichkeit seine
eigenen Informationen zugänglich machen kann, werden primär als Kontrollverlust emp-
funden. Da solche fremd erstellten Informationen aber ohne Einflussmöglichkeit durch die
Unternehmen weiter entstehen und sich verbreiten werden, muss gerade hier ein strategi-
sches Verständnis für den Umgang mit der neuen Situation geschaffen werden. Hier könnte
die Lösung zum Beispiel in einer authentischeren Kommunikation zu finden sein. Um die
Form der Kommunikation an die neuen Gegebenheiten anzupassen, bedarf es aber einer
Implikationen für die Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
49
grundlegenden Veränderung im Verständnis der Beziehung zwischen der Unternehmung
und den Talenten.
Es zeigt sich also, dass sowohl ein ungenügendes Verständnis für das Web 2.0 im Recruit-
ment als auch die fehlende Offenheit zur Transformation zum Recruitment 2.0 eine effektive
Verwendung der neuen Technologie in der Schweizer Unternehmenspraxis beeinträchtigen.
Diese Herausforderungen gilt es deshalb anzugehen.
Abbildung 18 - Bewertung verschiedener Punkte als Barriere zur Nutzung von Web 2.0 im Recruit-ment (Frage 12)
Implikationen für die Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
50
5.3 Lösungsansätze für die Herausforderungen beim Recruitment 2.0 in der
Schweiz
Im folgenden Kapitel sollen zum Schluss kurz einige Lösungsansätze aus der aktuellen Lite-
ratur und Theorie zum Umgang mit dem Recruitment 2.0 in der Praxis erwähnt werden.
In der Befragung dieser Arbeit hat sich bestätigt, dass sich der Einsatz von Web-2.0-
Anwendungen im Recruitment erst in der Phase des early mainstream befindet. In der Stu-
die von Gartner (2009) wird den Unternehmen geraten, sich auf eine Zukunft mit Web 2.0 als
Bestandteil des Geschäftsalltages zu rüsten (Gartner Research, 2009). Ein Ratschlag der von
den Personalern in Anbetracht der Situation im Recruitment bedacht werden sollte.
Wie Prof. Andrea Back vom IWI HSG in einer Arbeit zur Praxis des Web 2.0 im Unterneh-
mensalltag beschrieben hat, geht der Verbreitung von Web 2.0 Tools in den Abteilungen eine
stufenweise Entwicklung voran (Back, 2008 (2)). Dabei werden in der Arbeit die drei Punkte
Aufklärung, Können und Motivation als kritische Erfolgsfaktoren für den Einsatz von Web
2.0 Tools aufgeführt. Der letztgenannte Punk ist für das Recruitment besonders zentral. Ist
die Entwicklung abgeschlossen, so können die Leute dazu ermuntert werden, sich weitere
Möglichkeiten für den Einsatz von Web 2.0 Tools im Rahmen des Recruitment zu überlegen.
Dies wäre eine erfolgsversprechende Möglichkeit, um einzigartige Vorteile beim Recruit-
ment von Talenten zu schaffen.
Experten sind sich denn auch einig, dass HR und IT allenfalls vermehrt zusammenarbeiten
sollten, um mit den Ängsten und Risiken des Recruitment 2.0 besser umgehen zu können
(Otter & Holineck, 2008; Laubacher, 2009). Die Anwendungen des Web 2.0 sollten im Unter-
nehmensalltag aber keinesfalls ignoriert oder gar blockiert werden. Vielmehr sollte das HR
gerade auf diesem Gebiet bewusst die Ressource Mensch fördern und für den professionel-
len Einsatz des Web 2.0 und von Social Software eine Vorreiterrolle übernehmen (Shaw &
Keller, 2009).
Externe Job-Plattformen bieten ihrerseits bereits Web-2.0-Services an (Videochannel, Blogs,
Fotoalben, etc.), welche in der Phase der Transition zum Recruitment 2.0 in der näheren Zu-
kunft damit vielleicht einen interessanten Dienst für den Einstieg in die Verwendung von
Web-2.0-Anwendungen bieten. Es wäre aber schade, die Potentiale des sozialen Netzes über
längere Frist nur über einen Drittanbieter zu nutzen. Denn erst ein eigenes Verständnis des
Implikationen für die Praxis des Recruitment 2.0 in der Schweiz
51
Web 2.0 öffnet die Tür, die vielfältigen Potentiale auch wirklich vollständig nutzen zu kön-
nen20
20 Hierzu als kleine Motivation das Video „Social Revolution“, welches die faszinierenden Potentiale des Web 2.0 zusammenträgt: http://www.youtube.com/watch?v=sIFYPQjYhv8&feature=player_embedded#
.
Schlussfolgerungen
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6 Schlussfolgerungen
Die Entwicklungen des Web 2.0 haben verschiedenste Einflüsse auf die Unternehmenspraxis
des Recruitment in der Schweiz. So bringt der Einsatz von Web-2.0-Anwendungen einige
Vorteile, aber auch neue Herausforderungen für das Recruitment mit sich.
Herausforderungen, die trotz dem Einsatz von E-Recruitment bleiben, können durch den
Einsatz von Web-2.0-Anwendungen teilweise gemeistert werden. Dies trifft beispielsweise
auf einen grösseren Kreis von Internetnutzern bzw. Talenten zu, die dadurch erreicht wer-
den können.
Jedoch benutzt derzeit eine Minderheit der Unternehmen, die sich an der Befragung im
Rahmen dieser Arbeit beteiligt haben, überhaupt Web-2.0-Anwendungen für das Recruit-
ment. Diese Beobachtung deckt sich mit den Ergebnissen anderer Studien, weshalb erwiese-
nermassen gesagt werden kann, dass das Recruitment 2.0 erst noch in der Entwicklung bzw.
einer Phase des „early mainstreams“ steckt.
Es zeigt sich aber auch, dass das Interesse der Unternehmen an der Thematik eher gross ist
und sich eine zunehmende Anzahl von Unternehmen mit dem Einsatz der neuen Technolo-
gie beschäftigen wird. Um den Schritt zu einer weiteren Verbreitung des Recruitment 2.0
aber meistern zu können, müssen sich die Personaler vermehrt mit den aktuellen Herausfor-
derungen auseinandersetzen.
So mangelt es bei vielen Recruitern noch an einem tiefgreifenden Verständnis für die dem
Web 2.0 zugrunde liegende Kultur. Und auch die Offenheit, routinisierte Verhaltensmuster
und Prozesse an die Verwendung der neuen Technologie anzupassen, ist oft zu wenig aus-
geprägt. Dazu gehört sicherlich die Entwicklung weg von einer top-down Selektion hin zu
einem Recruitment auf Augenhöhe mit den Talenten, welche sich durch den zunehmenden
Einsatz von Recruitment-2.0-Anwendungen einstellen würde.
Damit manifestieren sich beim Recruitment zwei bekannte Herausforderungen aus dem Ein-
satz von Web-2.0-Anwendungen in der Unternehmenspraxis. Sowohl die Offenheit zur
Transformation als auch ein grösseres Verständnis für die Recruitment-2.0-Anwendungen
können daher als Schlüsselfaktoren auf dem Weg zu einer optimalen Nutzung der Möglich-
keiten des Web 2.0 im Recruitment betrachtet werden. Denn nur über diese Voraussetzun-
Schlussfolgerungen
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gen können die Unternehmen die Grundlagen schaffen, die Herausforderungen für sich zu
erkennen und das Potential des Recruitment 2.0 zu einem Wettbewerbsvorteil zu machen,
um überlegene Potentiale besser gewinnen und halten zu können. Erst wenn die Mehrheit
der Unternehmen soweit ist, wird sich das Recruitment 2.0 in einem grösseren Rahmen etab-
lieren können.
Damit dies realisiert werden kann, müssen sich die Unternehmen bewusst auf eine Zukunft
mit Web 2.0 als Bestandteil des Geschäftsalltages rüsten und aktiv damit beginnen, ernsthaf-
te Strategien zu erarbeiten. Für viele Unternehmen heisst dies, sich erst umfänglich und pro-
fessionell auf eine Nutzung des Web 2.0 vorzubereiten. Es ist im Moment noch eher zu früh,
Diskussionen über technisch raffinierte Lösungen zu führen – obwohl ein Interesse der Un-
ternehmen daran sicher besteht. Vor der Adaption der neuesten Entwicklungen aus dem
Web 2.0 bedarf es aber eher einer systematischen Aufklärungsarbeit und einer Weichenstel-
lung zum Einsatz der neuen Technologie. Gewissen Eigenschaften des Web 2.0 scheinen die
Personaler noch sehr skeptisch gegenüber zu stehen und sich davor zu verschliessen. Dabei
besteht die Gefahr, dass die Potentiale des Web 2.0 im toten Winkel des Managements zu
liegen kommen. Aber erst wenn die „DNA des Web 2.0“ als Vorteil verstanden wird, kann
die Weichenstellung der Personaler zu einem Recruitment mit Web 2.0 auch wirklich statt-
finden.
Sowohl die zunehmende Bedeutsamkeit des Internets als zentrales Medium als auch die Fä-
higkeit verschiedenster Unternehmen, die Erwartungen an den Einsatz von Recruitment-2.0-
Anwendungen mehr als zu erfüllen, sprechen dafür, Web-2.0-Anwendungen in den Recru-
itment-Alltag zu integrieren. Sobald sich die Unternehmen bewusst werden, dass sowohl
beim Recruitment als auch im Web 2.0 die Person als Talent oder Benutzer im Zentrum steht,
wird sich auch die gemeinsame Entwicklung weiter verstärken. Eine erhöhte Kollaboration,
Interaktion und Kommunikation über Web 2.0 Kanäle wird sich einstellen und einem pro-
fessionell Betriebenen Recruitment 2.0 steht dann nichts mehr im Weg. Es wird aber interes-
sant bleiben, die Stärke des Einflusses der Web-2.0-Kultur auf diejenige des Recruitment ge-
nauer zu beobachten. Die Anwendungsformen der Möglichkeiten im Web 2.0 für das Recru-
itment hängen letzten Endes von der Kreativität der Recruiter ab. In einem grossen Masse
wird also die Motivation und Vorstellungskraft beim Einsatz der neuen Technologie zum
Spektrum des Recruitment 2.0 beitragen. Wie breit sich dieses Spektrum entwickeln wird
Schlussfolgerungen
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und welchen Stellenwert das Recruitment 2.0 dadurch erreichen kann, kann nur schwer ab-
geschätzt werden. Es wird eine spannende Aufgabe sein, die dynamischen Entwicklungen
auf diesem Gebiet in den kommenden Jahren aktiv weiter zu verfolgen. Noch spannender ist
es aber wahrscheinlich, sich selbst als Unternehmen daran zu beteiligen.
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Anhang
58
Anhang
Fragebogen
Block 1 1. Benutzen Sie Web 2.0 Tools in Ihrer Unternehmung?
{oft; eher oft; mittel; eher weniger; wenig; gar nicht}
2. Interessieren Sie sich für Recruitment 2.0 {stark; eher stark; mittel; weniger; gar nicht}
3. Wie schätzen Sie das Potential von Web-2.0-Anwendungen für das Recruitment ein? {sehr hoch; eher hoch; mittel; nicht zu gross; klein}
4. Welche Potentiale würden Sie Recruitment 2.0 zuschreiben? Möglichkeit Kosten zu senken Verkürzung der Time to Hire Verbesserte Selektion durch mehr vorhandene Daten Verbesserte Qualität der Bewerberauswahl Grösserer Talentpool durch erhöhte Reichweite Gezieltere Kommunikation Verbesserte Möglichkeiten für das Employer Branding Vorteile bei der Gewinnung von Talenten Bessere Möglichkeiten Talente zu halten + offene Antwortmöglichkeit
5. Wie schätzen Sie das Potential einzelner Web-2.0-Anwendungskategorien für das Recruitment ein? Anwendungskategorien: Soziale Netzwerke Podcast Wiki Media Sharing Blogs Micro Blogs Virtuelle Welten Arbeitgeberbewertungs-Plattformen {hoch; eher hoch; mittel; eher klein; klein}
6. Wie schätzen Sie den Nutzen ein, den Ihre Unternehmung aus dem Einsatz von Web 2.0 Tools im Recruitment ziehen könnte? {gross; eher gross; mittel; eher klein; klein; keinen Nutzen}
Anhang
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Block 2
7. Benutzen Sie in ihrer Unternehmung Web-2.0-Anwendungen für das Recruitment?
{ja; nein}
8. Für welche Art von Recruitment-Prozessen würden Sie Recruitment-2.0-Anwen-dungen benutzen? − Informationsdistributionsprozesse: Als Informationskanal, um z.B. Werbung als
Arbeitgeber zu betreiben oder Stellen auszuschreiben. − Kommunikationsprozesse: Als Kommunikationskanal, um mit den Kandida-
ten/Kandidatinnen in Kontakt zu treten bzw. von den Kandidaten/ Kandidatin-nen kontaktiert zu werden.
− Datenbeschaffungsprozesse: Für die Beschaffung von persönlichen Informatio-nen zu den Kandidaten/Kandidatinnen.
9. Wie schätzen Sie den Nutzen ein den Ihre Unternehmung aus dem Einsatz von
Web 2.0 Tools beim Recruitment effektiv zieht? {Gross; eher gross; mittel; eher klein; klein; keinen Nutzen}
10. Welche Nutzen können Sie aus der Verwendung von Recruitment-2.0-Anwendun-gen ziehen? Möglichkeit Kosten zu senken Verkürzung der Time to Hire Verbesserte Selektion durch mehr vorhandene Daten Verbesserte Qualität der Bewerberauswahl Grösserer Talentpool durch erhöhte Reichweite Gezieltere Kommunikation Verbesserte Möglichkeiten für das Employer Branding Vorteile bei der Gewinnung von Talenten Bessere Möglichkeiten Talente zu halten + offene Antwortmöglichkeit
11. Welchen Nutzen messen Sie den von Ihnen verwendeten Web-2.0-Anwendungs-kategorien für das Recruitment im Einzelnen bei? Anwendungskategorien: Soziale Netzwerke Podcast Wiki Media Sharing Blogs Micro Blogs Virtuelle Welten Arbeitgeberbewertungs-Plattformen {hoch; eher hoch; mittel; eher klein; klein}
Anhang
60
Block 3
12. Wie würden Sie die folgenden Punkte als Barriere für den Einsatz von Recruit-
ment 2.0 bewerten? Punkte: Vielzahl von Anwendungen Technische Herausforderung Verständnis für die Funktionsweise der Web-2.0-Anwendungen Verständnis für den strategischen Einsatz von Web-2.0-Anwendungen im Recruit-ment Erhöhter Aufwand Sich für vermehrte informelle Kommunikation öffnen Weniger Kontrolle über den Informationsfluss Strukturlosigkeit der Daten auf dem Web 2.0 Erhöhter Wettbewerb unter den Arbeitgebern Adoption von Recruitment-2.0-Anwendungen für das Recruitment {grosse Hürde; eher grosse Hürde; mittlere Hürde; eher kleine Hürde; kleine Hürde; keine Hürde}
13. Welche weiteren Herausforderungen würden Sie als Barrieren zur Nutzung des
Recruitment 2.0 noch anfügen? Offene Antwortmöglichkeit
14. Wie hoch würden Sie das technische und strategische Verständnis für die Ver-wendung der von Ihnen verwendeten Web-2.0-Anwendungskategorien einstufen? Anwendungskategorien: Soziale Netzwerke Podcast Wiki Media Sharing Blogs Micro Blogs Virtuelle Welten Arbeitgeberbewertungs-Plattformen {hoch; eher hoch; mittel; eher klein; klein}
Anhang
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Auswertung der quantitativen Unternehmensbefragung Dauer der Befragung: 01.10.2009 - 10.11.2009
Total befragte Unternehmen 166
Ausgefüllte Fragebogen 58
Rücklaufquote 34.94%
Brauchbare Bogen 55
Rücklaufquote der brauchbaren Bogen 33.13%
Interesse an Auswertungen 25
Quote der interessierten Unternehmen 43.10%
Prof. Dr. Andrea Back
Universität St. Gallen
Business 2.0 IWI-HSG
Müller-Friedberg-Str. 8
CH-9000 St. Gallen
Telefon: +41 (0) 71 224 2545
E-Mail: [email protected]
www.business20.unisg.ch