Rede "Antirepressionsdemo am 08.11.2008"

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Fürth antirep Demonstration Rede 8.11. Vor fast genau einem Jahr wurden vier Antifaschisten nachts von der Polizei in Fürth festgenommen und über acht Stunden eingesperrt. Der Vorwurf: Sachbeschädigung durch an Hauswände gemalte antifaschistische Parolen. Als im April diesen Jahres dann der Prozess stattfand, war die Beweislage mehr als dürftig. Nur ein Einziger,der insgesamt sechs Zeugen konnte Angaben zur angeblichen „Tat“ machen. Doch dieser hatte sieben Personen gesehen, die er auch nicht durchgehend bis zur Festnahme beobachtet hatte und nicht identifizieren konnte. Hinzu kam, das die „Sachbeschädigung“ durch Straßenmalkreide herbei geführt wurde, wobei solche bei keinem der Angeklagten gefunden wurde. Nun ist das Malen mit Straßenmalkreide aber auch nach dem „Graffiti-Paragraphen“ nicht strafbar, dass wurde sogar vom Bundestag in einer Gesetzeserläuterung festgeschrieben. Trotzallem wurden die Antifaschisten in einem Prozess, der auch gut ins Nachmittagsprogramm von RTL II gepasst hätte, für schuldig erklärt. Der berüchtigte Fürther Jugendrichter Gerd Engelhardt verurteilte die drei Jugendlichen zu je vier Tagen Jugendarrest, den 21-jährigen „Haupttäter“ zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen, wobei die Haupttäterschaft auch noch mit der Anmeldung einer antifaschistischen Demonstration begründet wurde. Am Mittwoch fand nun der Berufungsprozess statt, den sowohl die Angeklagten, die den Freispruch wollen, als auch die Staatsanwaltschaft, die höhere Strafen fordert, beantragt hatten. Mittlerweile lag auch ein Gutachten vor, dass die Parolen eindeutig als nicht sachbeschädigend ansieht. Letztendlich wurden die Antifas jetzt auch freigesprochen. Die Tat sei ihnen nicht zu beweisen. Zum Skandal, dass ein solcher Prozess überhaupt eingeleitet wird, dass der Jugendrichter Engelhardt hier anscheinend Urteile frei nach seiner politischen Gesinnung fällt, kein Wort. In mehreren Prozessen tat er sich immer wieder durch seine Äußerungen gegen Linke hervor. So bemängelte er die Anwesenheit solcher im Gerichtssaal, bezeichnete sie als „fanatisch“ und begründete eines seiner Urteile mit ihrer Anwesenheit vor dem Gerichtsgebäude. Und alles nur, um -Zitat Engelhardt- „den Anfängen solcher Umtriebe von links zu wehren“. Da muss es sich der Richter jetzt auch gefallen lassen, wenn man ihm ankreidet, dass er politische Prozesse führt und den Nazis damit hilft, politische GegnerInnen zu verfolgen. Das er in seiner Position als Jugendrichter nur von den Betroffenen selbst kritisiert wird, zeigt wie gelegen seine Urteile auch so manchem Politiker der sog. „Bürgerlichen Mitte“ kommen. Engelhardt ist kein schwarzes Schaf, dass alleine versucht antifaschistisch engagierte Menschen zu kriminalisieren. Die Verfolgung von AntifaschistInnen hat System. So war die Festnahme vor einem Jahr nur der Auftakt zu einer Repressionswelle gegen antikapitalistische und antifaschistische Strukturen in Fürth. Nur wenige Tage später wurden 13 Jugendliche bei einem Infostand der NPD festgenommen. Hier war die Begründung der Polizei, dass sie den Stand der Rechtsextremen durch „Nazis raus“-Rufe gestört hätten. In den Monaten darauf kam es, neben weiteren Festnahmen und Anzeigen gegen antifaschistische Jugendliche, auch zu mehreren Übergriffen und Anschlägen durch Nazis. Folge dieser waren Sachbeschädigungen von über 9000 Euro an Privathäusern und -Autos, sowie dem örtlichen Gewerkschaftshaus.

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Veröffentlichungen und Reden der Antifaschistischen Linken Fürth [ALF].

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Fürth antirep DemonstrationRede 8.11.

Vor fast genau einem Jahr wurden vier Antifaschisten nachts von der Polizei in Fürthfestgenommen und über acht Stunden eingesperrt. Der Vorwurf: Sachbeschädigung durchan Hauswände gemalte antifaschistische Parolen. Als im April diesen Jahres dann derProzess stattfand, war die Beweislage mehr als dürftig.Nur ein Einziger,der insgesamt sechs Zeugen konnte Angaben zur angeblichen „Tat“machen. Doch dieser hatte sieben Personen gesehen, die er auch nicht durchgehend biszur Festnahme beobachtet hatte und nicht identifizieren konnte. Hinzu kam, das die „Sachbeschädigung“ durch Straßenmalkreide herbei geführt wurde,wobei solche bei keinem der Angeklagten gefunden wurde. Nun ist das Malen mitStraßenmalkreide aber auch nach dem „Graffiti-Paragraphen“ nicht strafbar, dass wurdesogar vom Bundestag in einer Gesetzeserläuterung festgeschrieben.Trotzallem wurden die Antifaschisten in einem Prozess, der auch gut insNachmittagsprogramm von RTL II gepasst hätte, für schuldig erklärt. Der berüchtigteFürther Jugendrichter Gerd Engelhardt verurteilte die drei Jugendlichen zu je vier TagenJugendarrest, den 21-jährigen „Haupttäter“ zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen, wobeidie Haupttäterschaft auch noch mit der Anmeldung einer antifaschistischen Demonstrationbegründet wurde.

Am Mittwoch fand nun der Berufungsprozess statt, den sowohl die Angeklagten, die denFreispruch wollen, als auch die Staatsanwaltschaft, die höhere Strafen fordert, beantragthatten. Mittlerweile lag auch ein Gutachten vor, dass die Parolen eindeutig als nichtsachbeschädigend ansieht. Letztendlich wurden die Antifas jetzt auch freigesprochen. DieTat sei ihnen nicht zu beweisen.

Zum Skandal, dass ein solcher Prozess überhaupt eingeleitet wird, dass der JugendrichterEngelhardt hier anscheinend Urteile frei nach seiner politischen Gesinnung fällt, kein Wort.In mehreren Prozessen tat er sich immer wieder durch seine Äußerungen gegen Linkehervor. So bemängelte er die Anwesenheit solcher im Gerichtssaal, bezeichnete sie als„fanatisch“ und begründete eines seiner Urteile mit ihrer Anwesenheit vor demGerichtsgebäude.Und alles nur, um -Zitat Engelhardt- „den Anfängen solcher Umtriebe von links zuwehren“.Da muss es sich der Richter jetzt auch gefallen lassen, wenn man ihm ankreidet, dass erpolitische Prozesse führt und den Nazis damit hilft, politische GegnerInnen zu verfolgen.Das er in seiner Position als Jugendrichter nur von den Betroffenen selbst kritisiert wird,zeigt wie gelegen seine Urteile auch so manchem Politiker der sog. „Bürgerlichen Mitte“kommen. Engelhardt ist kein schwarzes Schaf, dass alleine versucht antifaschistisch engagierteMenschen zu kriminalisieren. Die Verfolgung von AntifaschistInnen hat System.

So war die Festnahme vor einem Jahr nur der Auftakt zu einer Repressionswelle gegenantikapitalistische und antifaschistische Strukturen in Fürth. Nur wenige Tage späterwurden 13 Jugendliche bei einem Infostand der NPD festgenommen. Hier war dieBegründung der Polizei, dass sie den Stand der Rechtsextremen durch „Nazis raus“-Rufegestört hätten. In den Monaten darauf kam es, neben weiteren Festnahmen und Anzeigen gegenantifaschistische Jugendliche, auch zu mehreren Übergriffen und Anschlägen durch Nazis.Folge dieser waren Sachbeschädigungen von über 9000 Euro an Privathäusern und-Autos, sowie dem örtlichen Gewerkschaftshaus.

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Wurden hier die Ermittlungen schon bald eingestellt, wurde ein weiterer FürtherAntifaschist beschuldigt, ein Mitglied der rechtsextremen Republikaner bedroht zu haben.Im ersten Prozess wurde dieser -ebenfalls vom Richter Engelhardt- zu einem JahrStadionverbot, sowie zwei Tagen Jugendarrest verurteilt. Hier gab's an Beweismaterial nureine reichlich schlechte Videoaufnahme aus einem U-Bahnschacht, die eine Person mitGips von hinten zeigt. Kontrolliert wurde der Angeklagte vor Ort nicht. In derBerufungsverhandlung letzte Woche wurde lediglich das Stadionverbot wiederaufgehoben.

Weiterer Höhepunkt der Repression gegen Fürther Antifas war schließlich der Prozessgegen einen antifaschistischen Jugendlichen wegen Sachbeschädigung mittels einesEdding-Stiftes. Bei diesem sprach Jugendrichter Engelhardt nicht nur ein WochenendeJugendarrest und ein Jahr Stadionverbot aus, sondern auch das Verbot sich ein Jahr anAktionen gegen Nazis zu beteiligen. Das ist nichts anderes, als ein GrundrechtswidrigesEinschneiden in die Versammlungs- und Meinungsfreiheit.

Und auch in Nürnberg gehen Polizei und Justiz verstärkt gegen AntifaschistInnen vor. Soermöglichte die Polizei der NPD am 1. Mai ihren Aufmarsch gegen den WiderstandTausender, indem sie die angemeldete „Revolutionäre 1. Mai Demonstration“ auseinanderknüppelte und mit Reizgas einnebelte, den Lautsprecherwagen stürmte und die Anlagezerstörte. Dabei erlitten Dutzende DemonstrantInnen Kopfplatzwunden oder wurdenfestgenommen.Einige Folge des massiven Übergriffs auf AntifaschistInnen: Mit einer Anzeige wegenBeleidigung soll das Vorgehen im Nachhinein gerechtfertigt werden. Diese Beleidigungsoll unter anderem die einfache Feststellung „Deutsche Polizisten schützen dieFaschisten“ dargestellt haben.

Polizei und Justiz haben also erkannt, dass antikapitalistische und antifaschistischStrukturen in der Region gerade am Erstarken sind und bekämpfen sie mit allen Mitteln.Wir haben erkannt, dass wir selbst gegen Nazis vorgehen müssen und dies nicht demStaat überlassen können, der antifaschistische Parolen an Hauswänden als„Verunstaltung“ ansieht.

Nicht der Widerstand ist kriminell, sondern der Versuch ein System der Ausbeutung undUnterdrückung aufrecht zu erhalten.Zeigen wir auch weiterhin, dass wir uns nicht einschüchtern lassen und die Betroffenennicht allein sind.Wir geben uns nicht mit einem Freispruch zufrieden. Wir fordern: Schluss mit den politischen Verfahren gegen AntifaschistInnen!Gegen jede Repression – für die soziale Revolution!