Reformvorschlag Modellgesetz Mannheim, 7.-8. Februar 2013 Das Modellgesetz aus Sicht der Niederlande...
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Reformvorschlag ModellgesetzMannheim, 7.-8. Februar 2013
Das Modellgesetz aus Sicht der Niederlande
Prof. Dr. Martin SenftlebenFreie Universität Amsterdam
Bird & Bird, Den Haag
Inhalt
• Allgemeiner Teil
• Kommentar
– § 9 Buch 1: eine Hoffnung
– § 17 Buch 1: eine Enttäuschung
– § 23 Buch 1: eine kritische Nachfrage
• Reformvorschlag?
Allgemeiner Teil
PandektenlehreAllgemeiner Teil
BGB
Sehnsucht nach Systematisierung
Frankreich
Code de la Propriété Intellectuelle
(1992)
Italien
Codice della proprieta industriale
(2005)
Ein deutsches Thema?
Niederlande
Boek 9 Burgerlijk Wetboek
(####)
www.boek9.nl
Das Ende von Boek 9
• nicht einmal Entwurfsstadium erreicht
– zu starke Prägung der Einzelgebiete durch
spezifische internationale und europäische
Vorgaben
– zu viel nicht-privatrechtliche Materie
• Ausnahmen bei Teilaspekten denkbar
– vermögensrechtliche Aspekte
– Rechtsdurchsetzung
Zunehmende Zersplitterung
• internationale Ebene
– WIPO Audiovisual Performances Treaty (2012)
– WIPO Visually Impaired Persons Treaty (2013)
• europäische Ebene
– einerseits Gemeinschaftsrechte
– andererseits spezielle Richtlinien
• kann allerdings auch Anlass sein, um eine
systematische Neuordnung vorzunehmen
Kommentar:Hoffnung – § 9 Buch 1
§ 9 Abs. 1 S. 1 Buch 1
“Hersteller von Waren, Erbringer von
Dienstleistungen und Verwender von
Werbung mit wettbewerblicher Eigenart
werden vor Ausnutzung und Nachahmung
ihrer Leistung geschützt, soweit hierdurch
ihre berechtigten Interessen verletzt
werden.”
Lauterkeitsrecht
Markenrecht, Handelsnamenrecht
Patentrecht, Geschmacks-musterrecht
Urheberrecht
Geistiges Eigentum und Lauterkeitsrecht
Schwäche des niederländischen Lauterkeitsrechts
• keine spezielle Kodifizierung
• deliktsrechtliche Generalklausel
– zu vage, um Spezialgesetze wirksam entlasten
zu können
– Lehre von der “Éénlijnsprestatie” spielt in der
Praxis kaum eine Rolle
• stattdessen Urheberrecht als Lückenfüller
Urheberrecht für Darstellung einer
chemischen Reaktionsgleichung
‘...starke Hinweise darauf, dass bei der Auswahl
eine persönliche, unter anderem auf Erfahrung
und auf analytischem Können beruhende
Sichtweise des Urhebers des kinetischen
Schemas eine Rolle spielt,...’
Hoge Raad, 24. Februar 2006, Technip/Goossens
Urheberrecht für Duftkreationen
‘Daraus folgt, dass für die
Frage, ob ein Duft Urheberrechtsschutz genießen
kann, entscheidend ist, ob es dabei um einen
Schutzgegenstand geht, der der menschlichen
Wahrnehmung zugänglich ist, und ob dieser
Gegenstand über einen eigenen, ursprünglichen
Charakter verfügt und den persönlichen Stempel des
Schöpfers trägt.’
Hoge Raad, 16. Juni 2006, Kecofa/Lancôme
Hoge Raad, 30. Mai 2008, Zonen Endstra/Nieuw Amsterdam
eigen, oorspronkelijk
karakter:
Form des Werkes
darf nicht einem
anderen Werk
entnommen sein
persoonlijk stempel
van de maker:
Ergebnis
schöpferischer,
menschlicher Arbeit
und kreativer Auswahl
Niederländischer Werkbegriff
Rechtbank Den Haag, 6. März 2009, Noordwand/Spits
Lauterkeitsrecht
Markenrecht, Handelsnamenrecht
Patentrecht, Geschmacks-musterrechtUrheberrecht
Gegenwärtige Entwicklung
Kommentar:Enttäuschung – § 17 Buch 1
§ 17 Buch 1
“Die dem Schutzrechtsinhaber vorbehaltenen
Benutzungsbefugnisse werden im Interesse
des Gemeingebrauchs durch Schranken
begrenzt, die für die jeweiligen Schutzrechte
in den Büchern 3 bis 9 […] festgelegt sind.
Im Übrigen ist die Ausübung von Rechten des
Geistigen Eigentums durch die allgemeinen
Vorschriften des Bürgerlichen Rechts
begrenzt.”
Begründung, S. 68
“Mit der Öffnung für vom BGB gesetzte
Grenzen wird keine Generalklausel im Sinne
einer fair-use-doctrine getroffen. […]
Eine Generalklausel lässt sich mit dem
kontinentaleuropäischen Verständnis des
Rechts des Geistigen Eigentums nicht in
Einklang bringen.”
Niederlande traditionell für Fair Use
• Spoor/Verkade (1985); Hugenholtz (1989)
• Staatscommissie auteursrecht (1998)
• Niederlande für Fair Use bei den Verhand-
lungen zur Urheberrechtsrichtlinie (1999)
• Speerpuntenbrief auteursrecht 20@20
(2011)
• Konferenz “Towards Flexible Copyright?”
(2012)
• Staatscommissie auteursrecht (2013)
Öffnung des Schrankenkatalogs
‘Diese aufgeführten
Schranken schließen allerdings nicht aus, dass die
Grenzen des Urheberrechts auch in anderen Fällen
anhand einer vergleichbaren Abwägung näher
bestimmt werden müssen, insbesondere wenn die
Notwendigkeit der entsprechenden Schranke durch
den Gesetzgeber übersehen wurde und die Schranke
in das System des Gesetzes passt...’
Hoge Raad, 20. Oktober 1995, Dior/Evora
Öffnung unabdingbar
• technische Herausforderungen
– Suchdienste
– Keyword Advertising
• EU-Gesetzgebung zu schwerfällig
• Gerichte umgehen das zu starre System
– BGH, Bildersuche I und Bildersuche II
– EuGH, Funktionslehre als Schranke
• Lösung: horizontale Fair-Use-Klausel im
Allgemeinen Teil
Kommentar:kritische Nachfrage –
§ 23 Buch 1
§ 23 Abs. 1 Buch 1
“Fällt eine Schöpfung in den Anwendungs-
bereich von mehreren der Bücher 3 bis 9
[…] und werden mehrere Schutzrechte
parallel erlangt, bestehen diese
Schutzrechte nebeneinander und sind
vorbehaltlich des Abs. 2 in ihrem rechtlichen
Schicksal voneinander unabhängig.”
unbegrenzte Verlängerung
Urheberrecht: Schöpfungsakt
70 Jahre post mortem auctoris
Patentrecht: Eintragung
20 Jahre
Markenrecht: Eintragung (Gebrauch)
Systemunterschiede
• Ausschluss technischer Formen
• Verwechslungsgefahr und Ausnutzen
fremder Leistung unerheblich?
Marken- und Patentrecht
• Ausschluss besonderen Designs
• Verwechslungsgefahr und Ausnutzen
fremder Leistung unerheblich?
Marken- und Geschmacksmusterrecht
• Kumulation von Rechten möglich und
gebräuchlich (Merchandising)
• Umfang fortbestehender Markenrechte
tatsächlich unbedenklich?
Marken- und Urheberrecht
Begründung, S. 83
“Soweit sich darüber hinaus bspw. aus der
kurzen zeitlichen Begrenzung technischer
Schutzrechte im Vergleich zur langen
urheberrechtlichen (bzw. sogar unbegrenzten
markenrechtlichen) Schutzdauer Wertungs-
widersprüche ergeben, ist diesen durch eine
am Schutzzweck orientierte (analoge)
Anwendung der Schutzhindernisse und/oder
Schranken Rechnung zu tragen.”
Regelungsmaterie par excellence
• Kumulation im Grundsatz unbedenklich?
– Vorrang der Innovationssysteme?
– Überlagerung von Schutzvoraussetzungen und
Verletzungstatbeständen hinnehmbar?
• Normtext zu Schutzhindernissen und
Schranken entbehrlich?
– Analogiefähigkeit unumstritten?
– Ausbildung horizontaler Standards?
Reformvorschlag?
Systematisierung
Reform,
Modernisierung,
Rechtsangleichung
Schwerpunkt des Modellgesetzes?
Muss dieser Baum entzwei?