Regeneration von haploiden und diploiden Datura innoxia Mill. Mesophyll-Protoplasten zu Pflanzen

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Max-Planck-Institut fur Zuchtungsforschung (Erwin-Baur-Institut), Abteilung Straub, Koln- Vogelsang Regeneration von haploiden und diploiden Datura innoxia MILL. Mesophyll-Protoplasten zu Pflanzen Regeneration of Haploid and Diploid Datura innoxia MILL. Mesophyll Protoplasts to Plants OTTO SCHIEDER Mit 2 Abbildungen Eingegangen am 10. Juni 1975 . Angenommen am 10. Juni 1975 Summary Haploid and diploid protoplasts from mesophyll cells of Datura innoxia MILL. were isolated after enzymic digestion from leaves of axenic cultures. The washed protoplasts were suspended in DPD medium (DURAND et a!., 1973). Seven-tenth of a millilitre of suspension containing approximately 0.7 X 10' protoplasts were plated in a PETRI-dish. First divisions of haploid and diploid protoplasts could be observed after 40 h. After 6 days, up to 20 Ofo of the proto- plasts showed divisions. Eight days later the cell clumps were transfered to the agar medium B5 (GAMBORG et at., 1968) with an addition of 0.5 mg/L BAP. In general, differentiation into leaves and shoots could be observed after 5 to 6 weeks on B5 medium. Although higher ploidy were encountered, 50 percent of calluses derived from haploid mesophyll protoplasts were haploid. Shoot differentiated from haploid calluses were also haploid. Key words: regeneration, haploid and diploid protoplasts, Datura. Die Regeneration einer groBen Anzahl haploider Protoplasten zu Pflanzen bietet eine gute Moglichkeit, Pflanzen mit rezessiven Merkmalen direkt zu isolieren. Auch die Verwendung von haploiden an Stelle von diploiden Protoplasten bei somatischen Fusionen bietet den Vorteil, daB diploide Hybride gewonnen werden konnen (MEL- CHERS, 1974; SCHrEDER, 1974). BINDING (1974 a und b) berichtet erstmals von der Regeneration haploider Petunien-Protoplasten zu Pflanzen, bei denen es sich im Gegensatz zu den Regenerationsversuchen von «haploiden» Tabak-Protoplasten (OYAMA und NITSCH, 1972; BAJAJ, 1972) urn monohaploide handelt. Er hat hierzu umfangreidle Untersuchungen vorgenommen, die zu einer hohen Regenerationsrate fiihrten. In der vorliegenden Arbeit soil iiber die Regeneration von monohaploiden (n = 12) und diploiden (2 n = 24) Mesophyll-Protoplasten von Datura innoxia MILL. zu Pflanzen berichtet werden. Sterile SproiSkulturen auf Agar dienten als Ausgangsmaterial fur die Herstellung von Proto- pl as ten (BINDING, 1974 a und b). SproBspitzen von diploiden Gewachshauspflanzen wurden mit z. PJlanzenphysiol. Bd. 76. S. 462-466. 1975.

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Max-Planck-Institut fur Zuchtungsforschung (Erwin-Baur-Institut), Abteilung Straub, Koln­Vogelsang

Regeneration von haploiden und diploiden Datura innoxia MILL. Mesophyll-Protoplasten zu Pflanzen

Regeneration of Haploid and Diploid Datura innoxia MILL.

Mesophyll Protoplasts to Plants

OTTO SCHIEDER

Mit 2 Abbildungen

Eingegangen am 10. Juni 1975 . Angenommen am 10. Juni 1975

Summary

Haploid and diploid protoplasts from mesophyll cells of Datura innoxia MILL. were isolated after enzymic digestion from leaves of axenic cultures. The washed protoplasts were suspended in DPD medium (DURAND et a!., 1973). Seven-tenth of a millilitre of suspension containing approximately 0.7 X 10' protoplasts were plated in a PETRI-dish. First divisions of haploid and diploid protoplasts could be observed after 40 h. After 6 days, up to 20 Ofo of the proto­plasts showed divisions. Eight days later the cell clumps were transfered to the agar medium B5 (GAMBORG et at., 1968) with an addition of 0.5 mg/L BAP. In general, differentiation into leaves and shoots could be observed after 5 to 6 weeks on B5 medium. Although higher ploidy were encountered, 50 percent of calluses derived from haploid mesophyll protoplasts were haploid. Shoot differentiated from haploid calluses were also haploid.

Key words: regeneration, haploid and diploid protoplasts, Datura.

Die Regeneration einer groBen Anzahl haploider Protoplasten zu Pflanzen bietet

eine gute Moglichkeit, Pflanzen mit rezessiven Merkmalen direkt zu isolieren. Auch

die Verwendung von haploiden an Stelle von diploiden Protoplasten bei somatischen Fusionen bietet den Vorteil, daB diploide Hybride gewonnen werden konnen (MEL­CHERS, 1974; SCHrEDER, 1974). BINDING (1974 a und b) berichtet erstmals von der

Regeneration haploider Petunien-Protoplasten zu Pflanzen, bei denen es sich im Gegensatz zu den Regenerationsversuchen von «haploiden» Tabak-Protoplasten

(OYAMA und NITSCH, 1972; BAJAJ, 1972) urn monohaploide handelt. Er hat hierzu

umfangreidle Untersuchungen vorgenommen, die zu einer hohen Regenerationsrate

fiihrten. In der vorliegenden Arbeit soil iiber die Regeneration von monohaploiden

(n = 12) und diploiden (2 n = 24) Mesophyll-Protoplasten von Datura innoxia MILL.

zu Pflanzen berichtet werden.

Sterile SproiSkulturen auf Agar dienten als Ausgangsmaterial fur die Herstellung von Proto­plasten (BINDING, 1974 a und b). SproBspitzen von diploiden Gewachshauspflanzen wurden mit

z. PJlanzenphysiol. Bd. 76. S. 462-466. 1975.

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0,1 ufo HgCl2 und 0,10f0 Na-Lauryl-sulfat-Losung sterilisiert. Die Kultur solcher Sproi3spitzen wurde auf dem Agar-Medium B5 nach GAMBORG et a!. (1968) vorgenommen, das an Stelle von 2,4-Dichlorphenoxyessigsaure 0,5 mg/L des Phytohormons 6-Benzylamino-purin (BAP) enthielt. Solche Sproi3spitzen bildeten an der Basis wenig Kallus aus, aus dem aber zahlreiche neue Sprosse herauswuchsen. Durch Zerteilen liei3 sich die Kultur schnell vermehren. Wurzel­bildung konnte nicht beobachtet werden. Die Gewinnung der haploiden Pflanzen erfolgte uber Antherenkultur (GUHA und MAHESHWARI, 1964). Da die haploiden Pflanzen aus Embryonen entstanden waren, die auf Agar zu groi3en Sprossen heranwuchsen, konnten die haploiden Sprosse auf die gleiche Weise wie die diploiden Sprosse kultiviert und vermehrt werden.

Die Anzucht solcher Sproi3kulturen geschah in einem Raum bei 25-28 °C und ca. 4000 bis 5000 Lux im 14-Stunden-Tag. Zur Gewinnung ausreichender Mengen von Protoplasten war es notwendig, die Kulturen mindestens alle 14 Tage auf frisches Agar-Medium zu uberfUhren. Die besten Ausbeuten an Protoplasten konnten mit Material erzielt werden, das 4-8 Tage nach dem Umsetzen verwendet wurde.

Blatter aus solchen haploiden oder diploiden Sproi3kulturen wurden abgeschnitten und mit einer Rasierklinge in 3-5 mm2 messende Stucke zerkleinert. Nach einer 30minutigen Vorinku­bation im Erlenmeyerkolben mit 25 ml 0,3 M Mannitlosung fur je 100 mg Blattmaterial im Wasserbadschuttler (28°C und einer Schuttelfrequenz von 120/min) wurde unterbrochen und das Material nach Dekantieren der Mannitlosung mit je 30 mlllOO mg Blattmaterial mit EnzymlOsung versetzt (1 0/0 Mazerozym, 3 % Cellulase Onuzuka SS, 0,5 M Mannit und pH =

5,5). Nach 4 Stunden Inkubation bei einer Schuttelfrequenz von 80/min wurde der gesamte Inhalt jedes Erlenmeyerkolbens durch einen Filter mit einem Porendurchmesser von 100 ft gegeben. Das Filtrat bestehend aus Protoplasten und Verunreinigungen wurde anschliei3end im Verhiiltnis von 1: 1 mit 70 Ofo Seewasser (Nordseewasser von List/Sylt) versetzt und bei 100 g zentrifugiert. Zweimaliges Nachwaschen des Sedimentes mit 70 Ofo Seewasser folgte. Danach wurde das Sediment mit der Kulturlosung aufgenommen und eine Zentrifugation bei 200 g fur 5 Minuten angeschlossen. Nach wiederholter Suspendierung und Waschung mit der Kulturlosung waren die Protoplasten fur die Kultur vorbereitet.

Als Kulturlosung fUr die Datura-Protoplasten kam das DPD-Medium zur Anwendung, das fUr die Regeneration von Petunia hybrida-Protoplasten entwickelt worden war (DURAND et a!., 1973). Die Phytohormone NAA und BAP wurden in Konzentrationen von 0,5 mg/L und 0,4 mg/L zugesetzt. Zur Kultur gelangten etwa 0,7 X 104 Protoplasten suspendiert in 0,7 ml Kulturlosung. Diese Suspension wurde in Plastik-Petrischalen (c[J = 3 em) in einer dunnen Schicht plattiert. Abgedichtet mit Parafilm kamen die so vorbereiteten Kultuschalen in einen Thermostaten bei 28°C und 1500 Lux Dauerlicht.

Unter diesen Kulturbedingungen wurden erste Teilungen von Protoplasten nach 40 Stun den beobachtet. Nach 6 Tagen vom Zeitpunkt der Isolierung an gerechnet, hatten sich ca. 20 Ofo sowohl der haploiden wie auch der diploiden Protoplasten ge­teilt (Abb. 1 a). Einige waren schon bis zu 8-10zelligen Kolonien herangewachsen (Abb. 1 b). Zu diesem Zeitpunkt wurde diese Suspension mit 0,7 ml 0,4 Ofo Agar, gelost in DPD-Medium mit den oben erwahnten Phytohormonen und 0,5 M Mannit, vermischt, so da~ sich eine Agar-Endkonzentration von 0,2 Ofo einstellte (soft agar). Unter diesen abgeanderten Bedingungen entwickelten sich die Zellkolonien in wenigen Tagen zu vielzelligen Gebilden (Abb. 1 c). Vierzehn Tage nach der Isolierung der Protoplasten konnten die bis zu einem Millimeter gro~en Kallusse auf das Agar­Medium B 5 (nach GAMBORG et aI., 1968) + 0,5 mg/L BAP ohne Mannit iiberfiihrt werden. Die Morphogenese aus Kallus von Datura innoxia wird durch das Phyto­hormon BAP optimal gefordert (ENGVILD, 1973). Hier entwickelten sich die Zell-

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a b

c Abb. 1: a) Erste Teilung eines Protoplasten von Datura innoxia MILL. b) 6 Tage alte Zellkolonie bestchend aus 8-10 Zellen entstanden aus einem Protoplasten. c) 14 Tage alte Zellkolonie.

Fig. 1: a) First division of a protoplast of Datura innoxia MILL. b) After 6 days: 8-10 cell clump derived from a single protoplast. c) 14 days old cell clump.

kolonien schnell weiter. Ca. 3 Wochen nach der Oberfuhrung auf Agar-Medium wur­den die nun 4-6 mm groiSen Kallusse einzeln auf frisches Medium ubertragen. Dort zeigten sich erste Anzeichen von Morphogenese nach weiteren 14 Tagen (Abb. 2), in­dem kleine Blattprimordien aus der Kallusoberflache herauswuchsen. Mehrblattrige Sprosse lieiSen dann nicht mehr lange auf sich warten (Abb. 2). Sie konnten bei einer GroiSe von ca. 5 cm abgeschnitten werden und gelangten dann als Stecklinge in das Gewachshaus, urn zur Wurzelbildung angeregt zu werden.

Chromosomenzahlungen an Kallus, der sich aus haploiden Protoplasten ent­wickelt hatte, ergaben, daiS 50 Ofo (18 Kallusse 1 n, 18 Kallusse 2 n und hoher) haploid waren. Auch Sprosse konnten als haploide erkannt werden. Zwei Faktoren scheinen fur die relativ hohe Rate an hoheren Ploidiestufen von Kallus und Sprossen, die sich aus haploiden Protoplasten entwickelt hatten, verantwortlich zu sein: Einmal werden bei der Isolierung der Protoplasten viele Spontanfusionen be-

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Abb. 2: Beginnende Morphogenese von Blattern (links) und Sprossen (rechts) aus Kallussen, die sich aus P rotoplasten entwickelt hatten.

Fig. 2: Morphogenesis of leaves (left) and shoots (right) from calluses derived from single protoplasts.

obamtet, die nam Fusion der Kerne zu hoheren Chromosomenzahlen fiihren konnen. Zum anderen sind wohl in der Hauptsache Endomitosen wahrend der Entwicklung der Protoplasten fiir die Polyploidisierung zu 2 n und mehr verantwortlim zu mamen.

Die vorliegenden Ergebnisse haben gezeigt, daB sowohl haploide als aum diploide Mesophyll-Protoplasten von Datura innoxia MILL. relativ leimt zu Teilungen anzu­regen sind. Die Morphogenese aus dem sich entwickelnden Kallusmaterial erfolgt rasm und ahnlim zahlreim wie bei Tabak. Fiir eine somatisme Genetik oder auch fiir die Isolierung von Stoffwemse!mutanten iiber Protoplasten scheint Datura innoxia deshalb ein geeignetes Material zu sein, zumal aum die Regeneration von haploiden Protoplasten zu Pflanzen leimt gelingt.

1ch danke Frau EVA KRUGER und Frau ALICE KAUFMANN fiir ihre wertvolle technische Hilfe und Herrn Photomeister DIETER BOCK fiir die Durchfiihrung der photographischen Arbeiten.

Literatur

BAJAJ, Y. P. S.: Regeneration of haploid plants from mesophyll protoplasts. In Vitro 7, 260 (1972).

BINDING, H.: Cell cluster formation by leaf protoplasts from axenic cultures of haploid Petunia hybrida L. PI. Sci. Let. 2, 185-188 (1974 a) .

- Regeneration von haploiden und diploiden Pflanzen aus Protoplasten von Petunia hybrida L. Z. Pflanzenphysiol. 74, 327-356 (1974 b).

z. P/lanzenphysiol. Bd. 76. S. 462-466. 1975.

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DURAND,]., I. POTRYKUS und G. DONN: Plantes issues de protoplastes de Petunia. Z. Pflanzen­physiol. 69, 26-34 (1973).

ENGVILD, K. c.: Shoot differentiation in callus cultures of Datura innoxia. Physiol. Plant. 28, 155-159 (1973).

GAMBORG, O. L., R. A. MILLER und K. OJIMA: Nutrient requirements of suspension cultures of soybean root cells. Exp. Cell Res. 50, 151-158 (1968).

GUHA, S. und S. C. MAHESHWARI: In vitro production of embryos from anthers of Datura. Nature, Lond. 204, 497 (1964).

MELCHERS, G. und G. LABlB: Somatic hybridisation of plants by fusion of protoplasts. I. Selec­tion of light resistent hybrids of «haploid» light sensitive varieties of tobacco. Molec. Gen. Genetics 135, 277-294 (1974).

OYAMA, K. und ]. P. NITSCH: Flowering haploid plants obtained from protoplasts of tobacco leaves. Plant Cell Physiol. 13,423-428 (1972).

SCHIEDER, 0.: Selektion einer somatischen Hybride nach Fusion von Protoplasten auxotropher Mutanten von Sphaerocarpos donnellii AUST. Z. Pflanzenphysiol. 74,357-365 (1974).

Dr. O. SCHIEDER, Max-Planck-Institut fur Zuchtungsforschung (Erwin-Baur-Institut), Abt. STRAUB, D-5000 Koln 30 (BRD).

Z. Pjlanzenphysiol. Bd. 76. S. 462-466. 1975.