Regionalkultur 9 Bachs mystische Vielstimmigkeit€¦ · BWV 1005, Bohren durchdrang diese...

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Bachs mystische Vielstimmigkeit Die Solo-Sonaten Bachs sind für jeden Geiger eine geistige und technische Herausforderung. Dass Sebastian Bohren in der re- formierten Kirche Brütten gleich drei davon hintereinander spiel- te, und das erst noch auswendig, ist eine sagenhafte Leistung – konzentrationsmässig und auch physisch. Ob in der tiefsinnigen, dreizehn Minuten dauernden Chaconne der Partita II d-Moll BWV 1004 oder in der komple- xen, technisch hoch anspruchs- vollen Fuge der C-Dur-Sonata III BWV 1005, Bohren durchdrang diese vielschichtige Musik mit brillanter Klarheit und inniger Musikalität. Seine wertvolle Stradivari-Gei- ge King George 1710 entfaltete in den Doppelgriffen und der Schein-Polyphonie eine Vielfalt an Klangfarben, die eine gross- artige strukturelle Transparenz zur Folge hatte. Die Violine ist ja eigentlich ein Melodie-Instru- ment, darauf ohne harmonisches Begleitinstrument eine Vielstim- migkeit zu entfalten, ist wie ein mystisches Wunder. Bohren spielte alles auswendig, und das mit einer rhythmischen Egalität und weitatmigen Phrasierung, die die Zuhörerschaft packte. Den Schluss machte die E-Dur- Partita III BWV 1006 mit franzö- sischen Tänzen, die Bohren nach über einer Stunde Spielzeit mit lockerer Ausgelassenheit präsen- tierte. Die Standing Ovation des spürbar mitgerissenen Publikums war herzlich – schön, dass die reformierte Kirche Brütten für dieses «Bach-Laboratorium», wie Bohren sein Projekt nennt, nicht nur den Raum unentgeltlich zur Verfügung stellt, auch die Spen- den kommen vollumfänglich sei- ner CD-Produktion zugute. Denn aktuell bereitet sich Boh- ren darauf vor, die sechs Solo-So- naten und -Partiten von Bach auf CD einzuspielen. Wie er vor dem Konzert dem für ein so an- spruchsvolles Programm er- staunlich zahlreichen Publikum sagte, spielt er die drei Werke, die er diesen August aufnimmt, mög- lichst jeden Monat einmal öffent- lich, um seine Interpretation so reifen zu lassen. Gottesdienste als Plattform Der Winterthurer besuchte das Sportgymnasium für Hochbe- gabte im Rämibühl Zürich. So konnte er sich schon früh auf sein Violinstudium konzentrieren. Dass er nicht nur hochmusika- lisch, sondern auch hochintelli- gent ist, zeigen seine CD-Ein- spielungen mit Werken, die nicht jeder kennt. So hat er etwa die Aufnahmen von Violinkonzerten Mendelssohns und Schuberts mit einem Violinkonzert von Karl Amadeus Hartmann gepaart. Demnächst tritt Bohren im neuen Saal der Elbphilharmonie Hamburg auf, und 2018 debütiert er am Lucerne Festival. Dieser sympathische Geiger ist längst zu einer der interessantes- ten Schweizer Musikerpersön- lichkeiten auf dem internationa- len Parkett gereift. Doch kaum je- mand weiss, dass er schon in sei- ner Jugendzeit in Gottesdiensten spielte: «Als ich sechzehn Jahre alt war», erzählt er im Gespräch, «suchte ich nach Möglichkeiten, regelmässig vor Publikum aufzu- treten – und zwar möglichst ohne den Druck.» Sein Vater schlug ihm vor, bei verschiedenen Kirchgemeinden anzufragen, ob er einmal im Gottesdienst spielen dürfe. So entstanden über die Jahre Freundschaften und zahl- reiche Konzerte. «Auch heute spiele ich noch sehr gerne im Got- tesdienst, aber nur in Gemeinden oder mit Menschen, denen ich mich verbunden fühle.» So eine Verbindung hat sich mit Pfarrer Leonhard Jost von der Reformierten Kirchgemein- de Brütten entwickelt: «Ich ken- ne Pfarrer Jost seit vielen Jahren. Wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden und haben in zahlreichen Gottesdiensten, auch ausserhalb Brüttens, zu- sammengearbeitet. Die von ihm organisierten Bild-Wort-Klang- Gottesdienste sind dabei wirklich etwas Besonderes.» Sich mit sei- ner Musik auf Bilder einzulassen, reizt den geistig regsamen Musi- ker Bohren. Das kann man wiede- rum am 12. November im Gottes- dienst in Brütten erleben, in dem es um Luther und das 500-Jahr- Reformations-Jubiläum geht. Sibylle Ehrismann BRÜTTEN Er ist eben erst 30 Jahre alt geworden. Doch trotz seiner noch jugendlichen Reife wagt sich der Geiger Sebastian Bohren an den Kosmos der Solo-Sonaten von Johann Sebastian Bach. In der reformierten Kirche Brütten spielte er am Sonntag vor einer interessierten Zuhörerschaft drei davon auswendig. Sebastian Bohrens Bach-Rezital sorgte in der Kirche Brütten für Standing Ovations. Barbara Truninger | Regionalkultur Der Landbote Dienstag, 27. Juni 2017 9

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Bachs mystische Vielstimmigkeit

Die Solo-Sonaten Bachs sind fürjeden Geiger eine geistige undtechnische Herausforderung.Dass Sebastian Bohren in der re-formierten Kirche Brütten gleichdrei davon hintereinander spiel-te, und das erst noch auswendig,ist eine sagenhafte Leistung –konzentrationsmässig und auchphysisch. Ob in der tiefsinnigen,dreizehn Minuten dauerndenChaconne der Partita II d-MollBWV 1004 oder in der komple-xen, technisch hoch anspruchs-vollen Fuge der C-Dur-Sonata IIIBWV 1005, Bohren durchdrangdiese vielschichtige Musik mitbrillanter Klarheit und innigerMusikalität.

Seine wertvolle Stradivari-Gei-ge King George 1710 entfaltetein den Doppelgriffen und derSchein-Polyphonie eine Vielfaltan Klangfarben, die eine gross-artige strukturelle Transparenzzur Folge hatte. Die Violine ist jaeigentlich ein Melodie-Instru-ment, darauf ohne harmonischesBegleitinstrument eine Vielstim-migkeit zu entfalten, ist wie einmystisches Wunder. Bohrenspielte alles auswendig, und dasmit einer rhythmischen Egalitätund weitatmigen Phrasierung,die die Zuhörerschaft packte.

Den Schluss machte die E-Dur-Partita III BWV 1006 mit franzö-sischen Tänzen, die Bohren nachüber einer Stunde Spielzeit mitlockerer Ausgelassenheit präsen-

tierte. Die Standing Ovation desspürbar mitgerissenen Publikumswar herzlich – schön, dass diereformierte Kirche Brütten fürdieses «Bach-Laboratorium», wieBohren sein Projekt nennt, nichtnur den Raum unentgeltlich zurVerfügung stellt, auch die Spen-den kommen vollumfänglich sei-ner CD-Produktion zugute.

Denn aktuell bereitet sich Boh-ren darauf vor, die sechs Solo-So-naten und -Partiten von Bach aufCD einzuspielen. Wie er vor demKonzert dem für ein so an-spruchsvolles Programm er-staunlich zahlreichen Publikumsagte, spielt er die drei Werke, dieer diesen August aufnimmt, mög-lichst jeden Monat einmal öffent-lich, um seine Interpretation soreifen zu lassen.

Gottesdienste als PlattformDer Winterthurer besuchte dasSportgymnasium für Hochbe-gabte im Rämibühl Zürich. Sokonnte er sich schon früh auf seinViolinstudium konzentrieren.Dass er nicht nur hochmusika-lisch, sondern auch hochintelli-gent ist, zeigen seine CD-Ein-spielungen mit Werken, die nichtjeder kennt. So hat er etwa dieAufnahmen von ViolinkonzertenMendelssohns und Schuberts miteinem Violinkonzert von KarlAmadeus Hartmann gepaart.Demnächst tritt Bohren imneuen Saal der Elbphilharmonie

Hamburg auf, und 2018 debütierter am Lucerne Festival.

Dieser sympathische Geiger istlängst zu einer der interessantes-ten Schweizer Musikerpersön-lichkeiten auf dem internationa-len Parkett gereift. Doch kaum je-mand weiss, dass er schon in sei-ner Jugendzeit in Gottesdienstenspielte: «Als ich sechzehn Jahrealt war», erzählt er im Gespräch,«suchte ich nach Möglichkeiten,regelmässig vor Publikum aufzu-treten – und zwar möglichst ohneden Druck.» Sein Vater schlugihm vor, bei verschiedenenKirchgemeinden anzufragen, ober einmal im Gottesdienst spielendürfe. So entstanden über dieJahre Freundschaften und zahl-reiche Konzerte. «Auch heutespiele ich noch sehr gerne im Got-tesdienst, aber nur in Gemeindenoder mit Menschen, denen ichmich verbunden fühle.»

So eine Verbindung hat sichmit Pfarrer Leonhard Jost vonder Reformierten Kirchgemein-de Brütten entwickelt: «Ich ken-ne Pfarrer Jost seit vielen Jahren.Wir haben uns auf Anhieb sehrgut verstanden und haben inzahlreichen Gottesdiensten,auch ausserhalb Brüttens, zu-sammengearbeitet. Die von ihmorganisierten Bild-Wort-Klang-Gottesdienste sind dabei wirklichetwas Besonderes.» Sich mit sei-ner Musik auf Bilder einzulassen,reizt den geistig regsamen Musi-ker Bohren. Das kann man wiede-rum am 12. November im Gottes-dienst in Brütten erleben, in demes um Luther und das 500-Jahr-Reformations-Jubiläum geht.

Sibylle Ehrismann

BRÜTTEN Er ist eben erst 30 Jahre alt geworden. Doch trotz seiner noch jugendlichen Reife wagt sich der Geiger Sebastian Bohren an den Kosmos der Solo-Sonaten von Johann Sebastian Bach. In der reformierten Kirche Brütten spielte er am Sonntag vor einer interessierten Zuhörerschaft drei davon auswendig.

Sebastian Bohrens Bach­Rezital sorgte in der Kirche Brütten für Standing Ovations. Barbara Truninger

Kunst statt Käse

Die Uferzone liegt für einmalnicht am Rande eines Gewässers,sondern in den Köpfen aufge-schlossener Leute, die sich fürKunst und Begegnungen interes-sieren. Mit ihrem Kulturort, derzwei Galerieräume, ein Töpferate-lier und einen naturnahen Gartenmit gemütlicher Laube umfasst,wollen die Theilinger Thomasund Patrizia Eberhart zeitgenös-sischen Künstlern ermöglichen,ihre Werke öffentlich auszustel-len und mit Kunstinteressiertenin direkten Kontakt zu treten.

Wo einst Käse produziert wurdeund noch ein vorsintflutlicherKühlschrank steht, sind aktuellArbeiten von 15 Kunstschaffen-den zu sehen, die der Künstler-gruppe Salon C angehören. In Zu-kunft werden hier auch Einzel-und Gruppenausstellungen vonGastkünstlern stattfinden. Je-weils am Donnerstagabend – imRahmen des offenen Ateliers –gibt Patrizia Eberhart, deren Spe-zialgebiet die japanische Raku-Technik ist, Keramikkurse. Dernaturnahe Garten bietet genü-gend Platz, um neben ihren «Peb-bles» (Geröllsteinen) und «Vö-geln» aus Raku auch grössere Aus-stellungsobjekte aufzunehmen.

Gegenwärtig beseelen entzü-ckende Fabelwesen von RicoKlaas den Aussenraum. Bereits2016 hatte der Bündner Holzbild-hauer im Kunstgarten SchlossWülflingen beredtes Zeugnis sei-ner Fabulierkraft abgelegt. Insge-samt überzeugt die Theilinger

Uferzone durch atmosphäri-schen Charme, aber auch durchprofessionelle Aufmachung.

Peripher und persönlichMit der Eröffnung ist ein lang ge-hegter Traum in Erfüllung gegan-gen. Bereits vor drei Jahrensprach Thomas Eberhart gegen-über dem «Landboten» davon,dereinst eine Galerie zu eröffnen– in Winterthur, wo er aufge-wachsen war. Warum nun aufdem Lande? Ist das nicht ein we-nig verwegen? Die Besucherzah-len von vergangenem Wochenen-de belegen das Gegenteil. Rund180 Besucher nahmen an der Er-öffnung teil und etliche Kunst-

werke wurden veräussert. Ein Er-klärungsansatz: Thomas und Pat-rizia Eberhard wohnen schonlange in Weisslingen und sind da-durch mit der Gegend vertraut.

Die Übernahme der ehemali-gen Käserei gestattete es ihnen,Galerie, Atelier und privateWohnräume unter einem Dachzu vereinen, was wiederum dieorganisatorischen Abläufe ver-einfacht und dem Ort eine gast-freundliche Note verleiht. So istes dem Betreiberpaar ein Anlie-gen, potenziellen Käufern vonKunst die Gelegenheit zu geben,den hinter einem Kunstwerk ste-henden Menschen persönlichkennen zu lernen.

Die Eröffnungsausstellung bil-det die breite Vielfalt zeitgenös-sischen Schaffens ab. ThomasEberhart (alias eberhART) zeigtdigitale Fotografien, die er in ver-schiedenen Transfer- und Druck-verfahren bearbeitet und aufLeinwand bringt. Eine geheim-nisvolle, verschleierte Sicht aufdie Welt offenbart Sandro RetoSchaub in seinen ironischerweisenach Städten benannten Foto-grafien, in denen der Blick an nas-sen Scheiben und halbopakenVorhängen hängen bleibt. Die vi-suelle Wahrnehmung themati-siert auch Shireen (C. von Schult-hess) augenzwinkernd mit ihremaus 500 getragenen Brillen beste-

henden, mit projizierten Selfiesbeleuchteten Hängeobjekt «see-MeYou», das im Halbdunkelneiner Nische wie ein Lüster ausfacettiertem Kristall kaleidosko-pisch funkelt. Im Bereich Malereisind vor allem die witzigen Tier-bilder von Andreas Hafner her-vorzuheben, darüber hinaus dieelegischen, in Öl auf Leinen ge-malten Dünenlandschaften vonSu Muth und die collagiertenStadtlandschaften von ErnestHiltenbrand.

Lucia Angela Cavegn

Kulturort Uferzone / Töpferatelier Theiligerstrasse 59, Theilingen. www.ufer-zone.ch

WEISSLINGEN Thomas und Patrizia Eberhart, Initianten der Künstlergruppe Salon C, haben die ehemalige Käserei in Theilingen vor dem Abbruch bewahrt. Ihr neuer Kulturort trägt den Namen «Uferzone», obschon er unmittelbar an die Hauptstrasse grenzt.

Bereits der Eingangsbereich der neuen Galerie Uferzone bietet einen Querschnitt durch das regionale künstlerische Schaffen. Barbara Truninger

Gern unter den Leuten

Warum sollte man dein neues Album kaufen?Andy McSean: Aus der Schweizgibt es derzeit keinen vergleich-baren Sound: Es ist immer nochhandgemachter Pop, etwashemdsärmelig, wie man mich alsStrassenmusiker kennt, aberjetzt professionell produziert.Wie kommt das an?Für einen selbst ist es ein Riesen-ding, aber dann stellt man fest, esist ein Kampf, den Menschenklarzumachen, dass es jetzt einneues Album gibt. Die Aufmerk-samkeit ist nur kurz. Musikvi-deos wie von «Coming Back» oder«Running» auf Youtube werdenda stärker wahrgenommen.Spielst du die neue Musik auch am Albanifest?Ja, sie funktioniert immer noch«stripped down» mit Loopstation.Ich freue mich, unter den Leutenzu sein, deshalb gibts im Herbsteine Clubtour. Interview: gsp

Andy McSean am Albanifest.Sonntag, 2. Juli, 15/16.30/18 Uhr.

SEUZACH «Changes and Chances» heisst das zweite Album von Andy McSean. Die ersten Auskopplungen sind schon in der Radiorotation.

Andy McSean mit neuen Songs. ml

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Dienstag, 27. Juni 2017 9