Reibungsreduzierende Motorabdichtung bei Nutzfahrzeugmotoren

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REIBUNGSREDUZIERENDE MOTORABDICHTUNG BEI NUTZFAHRZEUGMOTOREN Der mechanische Wirkungsgrad von Antriebskomponenten und somit die Vermeidung von Reibungsverlusten rückt in den Fokus vieler Neuentwicklungen für Motoren und den Antriebsstrang. Radialwellendichtringe (RWDR) verur- sachen insbesondere bei großen Abmessungen, wie sie üblicherweise in Nutzfahrzeugen Anwendung finden, ent- sprechend große Reibleistung. Kaco hat für diese Problematik eine neue reibungsreduzierte Dichtungsgeneration mit der Bezeichnung Fred entwickelt. Dabei steht „F“ für friction und „red“ für reduced, also ein RWDR mit redu- zierter Reibung. Zur Weiterentwicklung der bereits in verschiedenen Anwendungen etablierten Dichtungsgeneration Fred hat Kaco für das Anforderungsprofil zum Einsatz in Nutzfahrzeugen drei Schwerpunkte definiert. INDUSTRIE DICHTUNGEN 258

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REIBUNGSREDUZIERENDE MOTORABDICHTUNG BEI NUTZFAHRZEUGMOTOREN

Der mechanische Wirkungsgrad von Antriebskomponenten und somit die Vermeidung von Reibungsverlusten rückt

in den Fokus vieler Neuentwicklungen für Motoren und den Antriebsstrang. Radialwellendichtringe (RWDR) verur-

sachen insbesondere bei großen Abmessungen, wie sie üblicherweise in Nutzfahrzeugen Anwendung finden, ent-

sprechend große Reibleistung. Kaco hat für diese Problematik eine neue reibungsreduzierte Dichtungsgeneration

mit der Bezeichnung Fred entwickelt. Dabei steht „F“ für friction und „red“ für reduced, also ein RWDR mit redu-

zierter Reibung. Zur Weiterentwicklung der bereits in verschiedenen Anwendungen etablierten Dichtungsgeneration

Fred hat Kaco für das Anforderungsprofil zum Einsatz in Nutzfahrzeugen drei Schwerpunkte definiert.

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VERMINDERUNG DER VERLUSTLEISTUNG

Die an der dynamischen Dichtstelle er-zeugte Reibung ist unvermeidlich, sofern das Prinzip einer berührenden Dichtung Anwendung findet. Berührungslose und somit im Sinne der Reibung verlustfreie Dichtungen, wie Labyrinthdichtungen und Sperrschichtdichtungen, haben bei der Abdichtung gehäusedurchdringender Wellen in Nfz-Motoren keine Bedeutung. Ziel der neuen Dichtungsgeneration war die Minimierung der Reibung an dy-namischen Dichtstellen und somit die Verbesserung des mechanischen Wir-kungsgrads unter Beibehaltung eines Dichtprinzips mit berührenden Kontaktflächen.

Zum Dichtsystem RWDR gehören neben dem eigentlichen Dichtelement seine Ge-genlauffläche, die Wellenoberfläche sowie die weiteren Umbauungsteile, insbeson-dere der Einbauraum. Die neue Dichtungs-generation Fred sollte, im Vergleich zu etablierten Dichtungsausführungen, die Systemkosten beim Nutzfahrzeugherstel-ler spürbar verringern.

Folgende Ansätze wurden hierzu verfolgt:

geschickte Bauteilintegration der Dich-tung – also gegebenenfalls eine Flansch-lösung, welche die Zusammenführung von Nebenfunktionen ermöglicht und die Bearbeitung der Einbauräume vereinfacht

:

Verminderung der Anforderungen an Oberflächen und Lagetoleranz der Wel-len sowie an die Einbauräume – auch bei der Verwendung eines verbaubaren RWDRVereinfachung der Montage von Dich-tung und Flansch und der Prüfung nach Verbau.

Hinsichtlich des nachvollziehbaren Kunden-wunschs einer 0-Fehler-Qualität bei 0-km- Fahrzeugen – ein Qualitätsniveau, das auch im weiteren Fahrzeugleben Bestand haben soll – war es Vorgabe, die Fehlerempfind-lichkeit während Handling und Montage zu verbessern. Dies wird durch ein gegenüber mechanischen Beschädigungen robustes Design erreicht. Die neue Dichtung muss hinsichtlich ihrer Lebensdauer dem Anspruch steigender Laufleistungen und verlängerter Ölwechselintervalle bei moder-nen Nutzfahrzeugen gerecht werden.

REIBUNG AN DER RWDR-DICHTSTELLE

Im Bereich der Kontaktflächen eines RWDR [1] ergibt sich im Betrieb, bedingt durch Dichtlippengeometrie und Ober-fläche, ein hydrodynamisch erzeugter Spalt. In den überwiegenden Betriebszu-ständen befindet sich die Dichtung somit im Bereich der Flüssigkeitsreibung.

Zur Veranschaulichung von Einfluss-faktoren und Größenordnung der Reibung seien folgende Zusammenhänge für eine Überschlagsrechnung dargestellt.

:

:

JOACHIM REICHERT ist Leiter Produktentstehung RADIA-Dichtsysteme bei der

Kaco GmbH + Co. KG in Heilbronn.

PETER SCHÄFER ist Key-Account-Manager

Nutzfahrzeuganwendungen bei der Kaco GmbH + Co. KG in Heilbronn.

AUTOREN

Bereich der Reibungszahl f von RWDR in Abhängigkeit zur Gümbelzahl

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Die Reibleistung P ergibt sich aus

GL. 1 P = f · pm · u · π · d · b

Hierbei ist:f = Reibkennzahl pm = mittlere Flächenpressung;

mit pm = pl / bpl = Linienpressungu = Umfangsgeschwindigkeit

(entsprechend u = 2π · n · d/2)d = Wellendurchmesserb = Breite der berührenden DichtflächeIn Abhängigkeit zur Gümbelzahl G lässt sich aus dem in dargestellten, experi-mentell ermittelten Zusammenhang eine zu erwartende Reibkennzahl f für einen konventionellen RWDR ableiten. Die Güm-belzahl G ergibt sich aus G = · /pm, mit für die dynamische Viskosität des Öls und für die Winkelgeschwindigkeit der Welle. Sie ist somit eine Kennzahl der tribologischen Verhältnisse im Dichtspalt.

Folgende überschlägige Berechnung der Reibleistung ergibt sich für eine Kurbelwel-lenabdichtung als konventioneller RWDR des Wellendurchmessers d = 140 mm bei einer Motordrehzahl von n = 1300/min.

Als Reibkennzahl wird aus ein Wert von f = 0,3 entnommen, die mittlere Flä-chenpressung pm ist mit 1 N/mm² zu erwar-ten, die Berührbreite wird mit 0,15 mm vermessen:

GL. 2

PKW140 = 0,3 · 106 N/m² · 2π² · 1300/60 s-1 · (0,140 m)²/2 · 0,15 · 10-3m = 188 W

Der dargestellte Zusammenhang identi-fiziert die konstruktiv vorrangig beein-flussbaren Parameter zur Reduzierung der Reibleistung der Dichtung – es ist die Linienpressung pl und die Breite der berührenden Dichtfläche b.

STAND DER TECHNIK BEI MOTORABDICHTUNGEN SCHNELL LAUFENDER WELLEN

Bis Anfang der 1990er-Jahre bestand das typische Dichtlippendesign von Radialwel-lendichtringen aus einer Elastomer-Dicht-

lippe, die eine Überdeckung zur abzudicht-enden Welle aufweist. Zur Unterstützung der Anpressung auf die Gegenlauffläche umschließt eine Feder die Dichtlippe. Beeinflusst wird die Dichtwirkung unter anderem durch Design-Parameter wie die Feder, den luft- und ölseitigen Winkel, den Innendurchmesser der Dichtlippe, die Membranlänge und Membrandicke, die Aufhängung der Lippe und den Federwirk-abstand. Aus all den genannten Design-Parametern resultiert eine in axialer Rich-tung unsymmetrische Anpresskraftvertei-lung. Kaco hat eine Methode entwickelt, mit der eine exakte Bestimmung der Anpresskraftverteilung von Radialwellen-dichtringen möglich ist. Die Messung gibt detaillierte Informationen über die korrekte Auslegung des Radialwellendichtrings im Dichtkantenbereich. Die typischen Design-merkmale sowie die daraus resultierende Anpresskraftverteilung dieser Dichtlippen-variante sind in und dargestellt.

Anfang der 1990er-Jahre erfolgte bei den Nutzfahrzeugmotoren eine grundlegende Veränderung von Kurbelwellen-Abdichtun-gen. Die konventionellen Radialwellendicht-ringe mit Elastomer-Dichtlippe wurden weitestgehend durch sogenannte PTFE-Dichtringe ersetzt. Dabei wurde das kon-ventionelle Dichtlippendesign mit einer Linienberührung der federunterstützten Dichtlippe durch eine flächig auf der abzu-

RWDR mit Elastomer-Dichtlippe

Anpress-kraftverteilung RWDR

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dichtenden Welle aufliegende Dichtlippe ersetzt. Bei dieser PTFE-Dichtlippe handelt es sich um eine PTFE-Scheibe, die entwe-der direkt oder mit Hilfe einer Elastomer-zwischenschicht an das Trägerteil angebun-den wird und deren Innendurchmesser klei-ner als der Wellendurchmesser ist. Beim Aufschieben auf die Welle wird die Scheibe trichterförmig aufgeweitet, so dass eine radiale Anpressung der Dichtlippe auf die Welle entsteht. Im Gegensatz zur Elastomer-dichtlippe wird hier keine zusätzliche Fe-der benötigt, . Die Auflagebreite der PTFE-Dichtlippe auf der Welle beträgt zwischen 3 und 5 mm. Eine typische Anpresskraft-verteilung einer PTFE-Dichtlippe zeigt .

Die der Welle zugewandte Seite der PTFE-Scheibe weist eine Drallspirale auf. Dadurch fördert die Drehbewegung der Welle das Öl in der schraubenförmigen Drallrille zur Ölseite. Diese Drallspirale kann ein- oder mehrgängig sein und wird entweder mechanisch in die PTFE-Scheibe eingestochen oder beim Vulkanisations-prozess eingeprägt.

Die Design- und Werkstoffänderung hin zu PTFE ergab eine erhebliche Verbesse-rung der Dichtfunktion, eine erhöhte Ro-bustheit gegen immer aggressivere Medien und Temperaturbelastungen sowie eine

deutliche Verlängerung der Lebensdauer. Wegen seiner geringen Verschleißfestigkeit kann der Werkstoff PTFE, der ungefüllt für seine geringen Reibungsverluste be-kannt ist, nur zusammen mit entspre-

Design PTFE-RWDR

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Anpress-kraftverteilung PTFE-RWDR

chenden Füllstoffen als Dichtlippenwerk-stoff eingesetzt werden. Diese Füllstoffe, wie Glasfasern, führen zu einer Erhöhung der Reibung. Bei der Zusammensetzung des PTFE-Compounds ist somit ein Kom-promiss zwischen hoher Verschleißfestig-keit und möglichst geringer Reibungsver-luste anzustreben.

LÖSUNGSANSATZ ZUR REIBUNGS-REDUZIERTEN ABDICHTUNG

Die neue Generation von reibungsredu-zierten Wellendichtringen mit der Bezeich-nung Fred trägt inzwischen in modernen Pkw-Verbrennungsmotoren zur Vermin-derung von Reibungsverlusten bei. Das Design ist vergleichbar mit dem der PTFE-

Dichtungen, wobei die Dichtlippe nicht mehr aus einer separaten PTFE-Scheibe besteht, sondern als sehr flexible Elasto-merlippe ausgeführt wird. Die Werkstoff-palette der Dichtlippe reicht von Poly-acrylat- bis zu speziellen Fluorkautschuk-materialien, abgestimmt auf den jeweili- gen Anwendungsfall und dessen Einsatz- bedingungen.

Das bereits bei PTFE-Radialwellendich-tringen millionenfach bewährte Dichtlip-pendesign mit einer Drallspirale findet auch bei dieser neuen Dichtungsgeneration Anwendung. Zwar kann diese gerichtete Drallspirale überwiegend nur in einer Dreh-richtung eingesetzt werden; das Design ist jedoch so ausgelegt, dass selbst bei kurz-zeitigem Drehrichtungswechsel – zum

Beispiel in der Anwendung einer Getriebe-abdichtung bei Rückwärtsfahrt – die Dicht-funktion in ausreichendem Maße gewähr-leistet ist. Gerade im Motorenbereich, bei dem nach der Komplettierung des Aggre-gats ein sogenannter Kalttest durchgeführt wird, führte die Gasdurchlässigkeit der PTFE-Dichtlippe zu Fehlmessungen und zu einem erhöhten Aufwand, um diese zu vermeiden. Diese Problematik besteht bei einer Fred-Dichtlippe nicht mehr.

EIGENSCHAFTSPROFIL VON FRED-RWDR IN NFZ-MOTOREN

Als Folge der hochflexiblen Dichtlippe reduzieren sich die Reibmomentwerte und damit die Reibungsverluste gegenüber den konventionellen Lösungen um bis zu 50 %.

Diese sehr geringe Reibung bringt nicht nur Vorteile beim Kraftstoffverbrauch, auch der Verschleiß der Dichtlippe sowie der Einlauf der Welle werden auf ein Minimum reduziert. Damit besteht die Möglichkeit auf ein Härten und eine Ober-flächenbehandlung der Wellenlauffläche zu verzichten.

Als Nebeneffekt des sehr geringen Reib-wertes reduziert sich die Dichtlippentem-peratur gegenüber konventionellen Elasto-mer-Ausführungen und PTFE-Radialwel-lendichtringen. Dies wiederum bewirkt eine Minimierung der Ölkohlebildung. Ein Vergleich der Radialkräfte verdeutlicht die Vorteile. Liegt eine federunterstützter Elas-tomerdichtlippe bei zirka15 bis 25 N, eine vergleichbare PTFE-Dichtlippe bei rund 80 bis 120 N, so weist die Fred-Dichtlippe einen Radialkraftwert von etwa 5 bis 10 N auf. Erste Erprobungen eines Fred-Radial-

Reibverluste von Fred-RWDR verglichen mit dem etablierten PTFE-RWDR Vergleich CO2-Emission einer Dichtstelle, gemessen im KEFZ Prüfzyklus

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wellendichtringes zur Abdichtung der vor-deren Kurbelwelle eines Nfz-Motors waren bei Betrachtung im NEFZ-Prüfzyk-lus sehr erfolgreich. Wies der momentan eingesetzte PTFE-Radialwellendichtring eine über einen NEFZ-Prüfzyklus ermit-telte Reibleistung von 160 W auf, so lag der Wert der Fred-Dichtung bei 70 W, .

Die im Prüfzyklus ermittelte CO2-Emis-sion des PTFE-RWDRs betrug 3,0 g/km. Die reibungsreduzierende Variante erzeugt durch ihre verminderte Reibarbeit eine Emission von lediglich 1,3 g/km. Dies wür- de eine Emissionsreduktion von 1,7 g/km nur durch die Optimierung dieser einen Dichtstelle ergeben, .

Aufgrund der verglichen mit PTFE- Radialwellendichtringen extrem flexiblen Dichtlippe erlaubt die Fred-Dichtung schwierige Einbaubedingungen, beispiels-weise eine größere Auslenkung der Welle zur Gehäusebohrung, eine größere Rund-laufabweichung der Welle und eine grö-ßere Schiefstellung des Radialwellendich-tringes. In einem aktuellen Anwendungs-fall wurden im statischen Zustand Konzentrizitäten von größer 3,0 mm, im dynamischen Zustand von etwa 1,0 mm, bei einer gleichzeitigen Rundlaufabwei-chung der Welle bis 0,4 mm und einer Gleitgeschwindigkeit von größer 40 m/s sicher abgedichtet. Diese Möglichkeit der Toleranzaufweitung kann insbesondere bei den großvolumigen Bauteilen des Kur-beltriebs in Nutzfahrzeugmotoren zu interessanten Kosteneinsparungen führen.

Hauptproblempunkt bei PTFE-Radial-wellendichtringen war und ist die Mon-tage. Geringste Unregelmäßigkeiten am Wellenende können auf Grund der hohen Kerbempfindlichkeit von PTFE zu Beschä-digungen der Dichtlippe führen. Hier zeigt sich ein weiterer Vorteil der Elastomer-lippe, die auch in diesem Fall die eindeu-tig robustere Lösung darstellt.

SYSTEMOPTIMIERUNG DURCH BAUTEILINTEGRATION

In vielen Anwendungsfällen werden Kur-belwellenabdichtungen in Aluminiumflan-sche als Träger des RWDRs eingesetzt. Eine Verschlankung dieses Flansches zu einem entsprechend umgeformten Blech-bauteil mit direkt angebundener Fred-Dichtlippe reduziert das Bauteilgewicht und damit den Kraftstoffverbrauch. Als zusätzlicher positiver Nebeneffekt entfal-

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Fokus:Elektrik und Elektronik auf dem Weg zur Elektromobilität

Medienpartner:

Dienstag, 27.04.:Technischer Stand und Perspektivender Automobilelektronik

Mittwoch, 28.04.:Fokus Elektromobilität –HV-Komponenten und -Architekturen

Donnerstag, 29.04.:Fokus Elektromobilität –Fahrzeuganforderungen und Infrastruktur

Öffentlicher Gastvortrag, 27.04.:Die nächste ElektrorevolutionDr. Hermann Scheer, MdB

Exkursionen:Robert Bosch GmbHMBtech EMC GmbH

Programm und Anmeldung: www.steinbeis-symposium.de

27. – 29. April 2010Haus der Wirtschaft, Stuttgart

Steinbeis-SymposiumElektronik im Kfz-Wesen

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len aufwändige Bearbeitungen des Flan-sches, der Montagevorgang des RWDRs in den Flansch und damit auch ein poten-zieller Leckagepfad. Wird auf der den Motorblock zugewandten Flanschseite eine Dichtraupe aufgetragen, so entfällt auch hier ein Prozessschritt bei der Flanschmontage beim Kunden. Zusam-menfassend tragen die genannten Punkte zu einer Kostenreduzierung bei.

REALISIERUNG

Das anspruchsvolle Anforderungsniveau der zulässigen Grenzwerte aus der Euro-6-Gesetzgebung erfordert die konstruktive Anpassung vieler Nutzfahrzeugmotoren. Hier bieten sich Synergien an, die eine Op-timierung von Bauteilen, die nicht unmit-telbar für die Euro-6-relevante Schadstoff-emission verantwortlich sind, möglich machen.

Die Substitution verbaubarer Dichtun-gen, also von RWDR mit PTFE-Dichtlippe durch ein Pendant mit Fred kann in vor-handene Einbauräume erfolgen. Die für die PTFE-Variante gültigen Toleranzen sind hinreichend für die Fred-Anwendung und können sogar vergrößert werden. Die Integration einer Blechflanschlösung und somit die Nutzung aller Vorteile – tech-nisch und wirtschaftlich – erfordert kons-truktive Än-derungen über die System-grenzen der Dichtung hinaus (Wegfall eines eventuell existierenden Dichtungs-

gehäuses, Änderung am Lochbild zur Flanschverschraubung).

Für die Einführung einer neuen Dich-tungsgeneration ist ein Zeitfenster von eineinhalb Jahren zu berücksichtigen. Nach jetziger Gesetzeslage müssen neue Lkw-Typen, die zur Typzulassung vorge-stellt werden, ab 1. Januar 2013 die Abgasgrenzwerte entsprechend der Emissionsnorm Euro 6 ausgeführt sein. Ab 1. Januar 2014 müssen alle neu zum Straßenverkehr zugelassenen Lkw der neuen Emissionsgesetzgebung entspre-chen. Bedenkt man vor- und nachgela-gerte zeitliche Aufwendungen für Ent-scheidungsprozesse und logistische Serienanlaufplanung, ist bereits Eile geboten, sollten bei neuen oder geän-derten Euro-6-Motoren innovative Dicht-systeme zum Einsatz kommen.

AUSBLICK

Bei Pkw-Motorabdichtungen ist ein deut-licher Trend erkennbar, Dichtungen mit PTFE-Dichtlippe auf das moderne Fred-Design in Verbindung mit der Integration in einen Blechflansch umzustellen. Ein viel größeres Einsparpotenzial hinsicht-lich Reibungsreduzierung und Gewichts-ersparnis als Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emission und des Kraftstoff-verbrauchs ist bei der Abdichtung von Motoren und des Antriebsstrangs in Nfz erkennbar.

Für den Einsatz einer Fred-Radialwel-lendichtung in Verbrennungsmotoren bie-ten sich folgende Einbaustellen an: Kur-belwelle vorne und hinten, Nockenwellen, Nebenantriebe und Anbauaggregate. Als Ableitung der Versuchsergebnisse aus der NEFZ-Untersuchung ergeben sich Ein-sparpotenziale, wie in dargestellt.

Bei einer angenommenen Jahreslauf-leistung eines Fernverkehrslastzugs von 150.000 km ergibt sich somit eine jähr-liche Einsparung von 323 l Dieselkraft-stoff, was einer Emissionsreduktion von fast 1 t CO2 entspricht. Die Wellenabdich-tungen in Verbrennungsmotoren wurden wegen ihrer Anzahl und Größe und somit ihres Beitrags zur Gesamtreibleistung pri-mär betrachtet. Zur Reiboptimierung im Antriebsstrang rücken nun auch die Wel-lenabdichtungen in Getrieben und Kraft-abtrieb in den Blickpunkt. Fred kann hier-bei eine Lösung für die Abdichtung von An- und Abtriebswelle des Getriebes dar-stellen. Wegen der Beschränkung auf einen vorwiegend unidirektionalen Ein-satz ist diese Dichtung zur Abdichtung der Seitenwellen nicht geeignet.

Das hier betrachtete Dichtsystem misst sich ebenbürtig mit seinem Vorgänger, was die Herstellkosten der eigentlichen Dichtung betrifft, bietet jedoch bei geschickter Systemintegration attraktive Kostenvorteile, wie auch Vorteile bei den Prozesskosten in puncto Montage und der prozessbegleitenden Prüfung.

Die mit Euro 6 einhergehende neue Motorengeneration für Nfz bietet sich an, anspruchsvolle Anforderungen zur Schad-stoffvermeidung mit nachhaltigen Kosten-vorteilen durch Reduzierung der Kraft-stoffkosten zu kombinieren. Mit frühzei-tiger Beteiligung des Dichtungsherstellers bei den anstehenden Entwicklungsaufga-ben kann Fred helfen, diese Herausforde-rungen zu bewältigen.

LITERATURHINWEIS[1] Müller, H. K.: Abdichtung bewegter Maschinenelemente. 2. Auflage

Potenzialbetrachtung der möglichen CO2-Einsparung bei Berücksichtigung der wichtigsten Dichtstellen im Verbrennungsmotor

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