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Reihe: Einführungen und Grundrisse

Herausgegeben von Hüseyin İlker Çınar

Band 1

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Hüseyin İlker Çınar

KORANWISSENSCHAFTEN UND KORANEXEGESE

EINE EINFÜHRUNG

2017 IFIS&IZ PUBLICATIONS

Mannheim

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Dem Andenken meines verehrten Lehrers Prof. Dr. Dr. h.c. Raif Georges Khoury (gest. 2017)

gewidmet…

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

TEIL I: DER KORAN UND SEINE GESCHICHTE

1. Der Koran (Qurʾān) 59 1.1. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 1.2. Namen und Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 1.3. Inhalte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 1.4. Aufbau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

2. Die Offenbarung (waḥy) 65 2.1. Verwendungsformen des Wortes waḥy im Koran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2.2. Waḥy im Sinne von Offenbarung an Propheten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2.2.1. Übertragungsformen der Offenbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2.2.2. Wesenseigenschaften der Offenbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 3. Die Herabsendung des Korans (nuzūl al-Qurʾān) 75 3.1. Die Übertragung des Korans an Gabriel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3.2. Die Hinabsendung des Korans an den Propheten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3.2.1. Anfang und Ende der Hinabsendung des Korans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 3.2.2. Die allmähliche Hinabsendung des Korans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

4. Die Genese des Korantextes (tārīḫ al-Qurʾān) 83 4.1. Mündliche und schriftliche Übermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 4.2. Zusammenstellung des ersten muṣḥafs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 4.3. Vervielfältigung des muṣḥafs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 4.4. Vokalisierung (taškīl) und diakritische Punktierung (iʿǧām) . . . . . . . . . . . . 96

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TEIL II: KORANWISSENSCHAFTEN 1. Die sieben Lesevarianten (al-aḥruf as-sabʿa) 101 1.1. Der Terminus al-aḥruf as-sabʿa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1.2. Überlieferungen bzgl. der aḥruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1.3. Ansichten über das Wesen der aḥruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 1.4. Bedeutung der aḥruf für die Gegenwart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

2. Die Rezitation des Korans (qirāʾat al-Qurʾān) 109 2.1. Der Begriff qirāʾat al-Qurʾān . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2.2. Hintergrund der Rezitationsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 2.3. Bedeutung der Rezitationsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 2.4. Kategorien der Rezitationsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 2.5. Die Rezitationsarten und ihre Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 2.6. Wichtige Werke zur Rezitation des Korans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

3. Der Stil des Korans (uslūb al-Qurʾān) 117 3.1. Definition und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 3.2. Stilistische Eigenschaften des Korans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 3.3. Wichtige Werke über den Stil des Korans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

4. Die Unbestimmtheiten des Korans (mubhamāt al-Qurʾān) 121 4.1. Der Begriff mubhamāt al-Qurʾān . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 4.2. Gründe für die Existenz von Unbestimmtheiten im Koran . . . . . . . . . . . . . 122 4.3. Wichtige Werke zu den Unbestimmtheiten des Korans . . . . . . . . . . . . . . . 125

5. Die ungewöhnlichen Wörter des Korans (ġarīb al-Qurʾān) 127 5.1. Definition und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 5.2. Beispiele für ġarīb-Wörter im Koran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 5.3. Wichtige Werke zu den ungewöhnlichen Wörtern des Korans . . . . . . . . . 129 6. Homonyme und Synonyme (al-wuǧūh wa-n-naẓāʾir) 131 6.1. Der Terminus al-wuǧūh wa-n-naẓāʾir . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 6.2. Beispiele für koranische Homonyme und Synonyme . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 6.3. Wichtige Werke zu den koranischen Homonymen und Synonymen . . . . . 133

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7. Die Schwüre des Korans (aqsām al-Qurʾān) 135 7.1. Definition und Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 7.2. Schwurgegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 7.3. Schwur-Typen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 7.4. Inhalte der Schwuraussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 7.5. Wichtige Werke zu den koranischen Schwüren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 8. Die Unnachahmlichkeit des Korans (iʿǧāz al-Qurʾān) 141 8.1. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 8.2. Der Koran als Wunder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 8.3. Aspekte des Wundercharakters des Korans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 8.4. Wichtige Werke zur Unnachahmlichkeit des Korans . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 9. Die Vorzüge des Korans (faḍāʾil al-Qurʾān) 149 9.1. Der Begriff faḍāʾil al-Qurʾān . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 9.2. Überlieferungen zu den Vorzügen des Korans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 9.3. Fälschung von faḍāʾil-Überlieferungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 9.4. Wichtige Werke zu den Vorzügen des Korans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 10. Die eindeutigen u. mehrdeutigen Verse (al-muḥkamāt wa-l-mutašābihāt) 157 10.1. Lexikalische und terminologische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 10.2. Inhalte der muḥkam- und mutašābih-Verse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 10.3. Wichtige Werke zu den mehrdeutigen Versen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 11. Die geheimnisvollen Buchstaben (al-ḥurūf al-muqaṭṭaʿa) 163 11.1. Der Terminus al-ḥurūf al-muqaṭṭaʿa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 11.2. Bedeutung und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 11.3. Wichtige Werke zu den geheimnisvollen Buchstaben . . . . . . . . . . . . . . . . 167 12. Die Anfänge der Suren (fawātiḥ as-suwar) 169 12.1. Definition und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 12.2. Formen der Surenanfänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 12.3. Wichtige Werke zu den Surenanfängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

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13. Die Schwierigkeiten des Korans (muškilāt al-Qurʾān) 175 13.1. Definition und Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 13.2. Gründe für das Erscheinen von muškilāt im Koran . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 13.3. Wichtige Werke zu den scheinbaren Widersprüchen im Koran . . . . . . . . . 179 14. Die intratextuellen Bezüge des Korans (munāsabāt al-Qurʾān) 181 14.1. Der Begriff munāsabāt al-Qurʾān . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 14.2. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 14.3. Wichtige Werke zu den koranischen Zusammenhängen . . . . . . . . . . . . . . 182

15. Die Gleichnisse des Korans (amṯāl al-Qurʾān) 185 15.1. Definition und Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 15.2. Gleichnis-Typen und Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 15.3. Wichtige Werke zu den Gleichnissen des Korans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 16. Die Erzählungen des Korans (qiṣaṣ al-Qurʾān) 189 16.1. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 16.2. Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 16.3. Typen koranischer Erzählungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 16.4. Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 16.5. Märchenhafte Erzählungen oder wahre Geschichten? . . . . . . . . . . . . . . . . 192 16.6. Wichtige Werke zu den koranischen Erzählungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 17. Die Anlässe der Hinabsendung (asbāb an-nuzūl) 195 17.1. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 17.2. Bedeutung und Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 17.3. Anzahl und Arten der asbāb an-nuzūl-Überlieferungen . . . . . . . . . . . . . . . 196 17.4. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 17.5. Wichtige Werke zu den Offenbarungsanlässen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 18. Die mekkanischen und medinensischen Verse (al-makkī wa-l-madanī) 205 18.1. Die Begriffe makkī und madanī . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 18.2. Merkmale mekkanischer und medinensischer Suren . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 18.3. Anzahl der mekkanischen und medinensischen Suren . . . . . . . . . . . . . . . . 207 18.4. Bedeutung und Nützlichkeit dieser Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

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19. Das Abrogierende und Abrogierte (an-nāsiḫ wa-l-mansūḫ) 211 19.1. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 19.2. Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 19.3. Argumente der nasḫ-Verfechter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 19.4. Bedingungen für die Abrogation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 19.5. Anzahl und Typen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 19.6. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 19.7. Argumente der nasḫ-Widersacher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .217 19.8. Wichtige Werke dieser Gattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

TEIL III: KORANEXEGESE 1. Koranexegese in der Frühzeit 223 1.1. Die Exegese des Propheten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .223 1.2. Die Exegese der Prophetengefährten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 1.3. Die Exegese der Nachfolger der Prophetengefährten . . . . . . . . . . . . . . . . .235

2. Grundlegende Arten der Koranexegese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 2.1. at-Tafsīr bi-r-riwāya 241

2.1.1. Textbeispiel I: aṭ-Ṭabarīs Kommentar zur Sure al-Muzzammil . . . 243 2.1.1.1. Leben und Werk aṭ-Ṭabarīs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 2.1.1.2. Allgemeines zur Sure al-Muzzammil . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 2.1.1.3. Tafsīr und deutsche Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 2.1.1.4. Anmerkungen zum Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263

2.1.2. Textbeispiel II: Ibn Kaṯīrs Kommentar zur Sure al-Ḥuǧurāt . . . . . . 267

2.1.2.1. Leben und Werk Ibn Kaṯīrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 2.1.2.2. Allgemeines zur Sure al-Ḥuǧurāt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 2.1.2.3. Tafsīr und deutsche Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 2.1.2.4. Anmerkungen zum Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292

2.2. at-Tafsīr bi-d-dirāya 295

2.2.1. Textbeispiel I: ar-Rāzīs Kommentar zur Sure al-Yūsuf . . . . . . . . . . 299 2.2.1.1. Leben und Werk ar-Rāzīs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 2.2.1.2. Allgemeines zur Sure al-Yūsuf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303

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2.2.1.3. Tafsīr und deutsche Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 2.2.1.4. Anmerkungen zum Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332

2.2.2. Textbeispiel II: an-Nasafīs Kommentar zur Sure al-Maryam . . . . . 338

2.2.2.1. Leben und Werk an-Nasafīs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 2.2.2.2. Allgemeines zur Sure al-Maryam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 2.2.2.3. Tafsīr und deutsche Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 2.2.2.4. Anmerkungen zum Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374

2.3. at-Tafsīr bi-l-išāra 379

2.3.1. Textbeispiel I: at-Tustarīs Kommentar zur Sure al-Baqara . . . . . . . 384 2.3.1.1. Leben und Werk at-Tustarīs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 2.3.1.2. Allgemeines zur Sure al-Baqara . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 2.3.1.3. Tafsīr und deutsche Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 2.3.1.4. Anmerkungen zum Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414

2.3.2. Textbeispiel II: as-Sulamīs Kommentar zur Sure al-Anbiyāʾ . . . . . 422

2.3.2.1. Leben und Werk as-Sulamīs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 2.3.2.2. Allgemeines zur Sure al-Anbiyāʾ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 2.3.2.3. Tafsīr und deutsche Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428 2.3.2.4. Anmerkungen zum Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453

2.4. Tafsīr al-aḥkām 459

2.4.1. Textbeispiel I: al-Qurṭubīs Kommentar zur Sure an-Nisāʾ . . . . . . . 462 2.4.1.1. Leben und Werk al-Qurṭubīs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462 2.4.1.2. Allgemeines zur Sure an-Nisāʾ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 2.4.1.3. Tafsīr und deutsche Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 2.4.1.4. Anmerkungen zum Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494

2.4.2. Textbeispiel II: aṣ-Ṣābūnīs Kommentar zur Sure an-Nūr . . . . . . . . 504

2.4.2.1. Leben und Werk aṣ-Ṣābūnīs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 2.4.2.2. Allgemeines zur Sure an-Nūr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 2.4.2.3. Tafsīr und deutsche Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 2.4.2.4. Anmerkungen zum Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533

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LITERATURVERZEICHNIS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543

SACHREGISTER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585

PERSONEN- UND ORTSREGISTER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 591

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VORWORT _____________________________________________________________________________________________________________________________________________

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Vorwort

Es gehört zu den wesentlichen Aufgaben eines Wissenschaftlers, der im Bereich der Koranforschung tätig ist, dafür zu sorgen, dass der Koran gemäß wissenschaftlicher Normen im Lichte der Koranwissenschaften verstanden wird. Der Koranwissen-schaftler hat zu diesem Zweck Methoden und Verfahren zu entwickeln, mittels denen dem Leser der Zugang zum Verständnis des Korans vereinfacht und ermög-licht wird. Es können keine tragfähigen Konklusionen und Beurteilungen aus irgendeinem Text einer beliebigen Wissenschaft abgeleitet werden, sofern deren Fachsprache, Geschichte, Methodologie, Probleme und Lösungen sowie Grund-lagen und Einzelheiten nicht in ausreichendem Maße gekannt werden. Vor diesem Hintergrund ist es offensichtlich, dass der Korantext, der vor mehr als 1400 Jahren entstanden ist, durch das Beherrschen des klassischen Arabisch allein nicht ent-sprechend seiner originären Bedeutung verstanden und in die heutige Zeit über-tragen werden kann. Führt man sich vor Augen, dass der Koran als Hauptquelle des Islams und der islamischen Wissenschaften seit seiner Hinabsendung in sehr vielen muslimischen Ländern – ausgenommen sind jene, die den Laizismus als Regie-rungsform angenommen haben – komplett oder teilweise das öffentliche Leben regelt und die Rechtsordnung darstellt, so wird deutlich, welch enorme Bedeutung es hat, den Koran richtig zu verstehen. Neben der klassisch-arabischen Sprache sind für das korrekte Verständnis des koranischen Textes auch die Geschichte des Korans und seiner Exegese sowie die verschiedenen koranwissenschaftlichen Dis-ziplinen genauestens zu kennen. An dieser Stelle ist auch zu betonen, dass ein partielles oder selektives Lesen der Heiligen Schrift zu fortlaufenden Missverständ-nissen und fehlerhaften Schlussfolgerungen führen kann, wenn das Gesamtbild des Korans außer Acht gelassen wird. Dies entspricht genau dem Verhaltensmuster einiger Gruppierungen und Zusammenschlüsse in der Gegenwart, die ohne den Gesamtkontext, den Offenbarungsanlass sowie die textinternen Bezüge zu berück-sichtigen bestimmte Verse selektieren, um ihr Dasein sowie ihre Meinungen an-deren Menschen gegenüber zu rechtfertigen versuchen. Es handelt sich hierbei nicht nur um ein Problem der Gegenwart; dies war schon in der Vergangenheit ein Prob-

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VORWORT _____________________________________________________________________________________________________________________________________________

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lem und wird es gewiss auch in der Zukunft sein. Demgegenüber besteht die Hauptaufgabe eines Exegeten darin, sich an die Verse des Korans mit einer ganz-heitlichen Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der verschiedenen koran-wissenschaftlichen Disziplinen anzunähern und sich darum zu bemühen, die in den Versen enthaltene Weisheit der Gesetzgebung (ḥikmat at-tašriʿ) in gebührender Weise zu verstehen und anschließend diese eruierte Bedeutung in die heutige Zeit zu übertragen. Ich hoffe, dass dieses Werk, welches als eine Einführung in die Koranwissen-schaften und Koranexegese konzipiert und in einem wissenschaftlichen Stil abge-fasst ist, einen wichtigen Beitrag für die Forschung leistet sowie Studierenden, Wissenschaftlern und weiteren Interessenten eine Hilfestellung bietet, den Koran im Lichte der Koranwissenschaften und wissenschaftlichen Methoden richtig zu verstehen. An dieser Stelle möchte ich meinem geschätzten Magister- und Doktorvater Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Raif George Khoury, der vor kurzer Zeit von uns gegangen ist, meinen tiefsten Dank aussprechen. Er stand seit Beginn meiner zweiten akade-mischen Laufbahn in Deutschland stets an meiner Seite und unterstützte mich in all meinen Vorhaben. Mit seiner Leidenschaft zur arabischen Sprache, Dichtung und generell zur Wissenschaft, seinem unermüdlichen Fleiß im Abfassen wissenschaft-licher Abhandlungen in verschiedenen Sprachen, seiner konsequenten Arbeitsdis-ziplin, seinem großen Engagement in der Lehre und insbesondere aufgrund seines Respektes und seiner Liebe gegenüber allen Menschen und Kulturen – nie mangelte es an einem Lächeln in seinem Gesicht – wird er uns stets in guter Erinnerung bleiben. Er war nicht nur ein Hochschullehrer und Experte der arabischen Linguis-tik, Dichtung und Papyruskunde, sondern auch ein wichtiges Verbindungsglied sowie ein Brückenbauer zwischen der westlichen Welt und dem Orient, der Vorur-teile stets durch seine Sachlichkeit bekämpfte und die Wissenschaft, Kunst und Kultur als universale Werte der Menschheit sehr zu schätzen wusste. Für all das und noch viel mehr sei ihm nochmals von ganzem Herzen gedankt. Besonderer Dank gebührt ebenfalls Fatih Mert, Emin Yıldırım, Emine Kurum und Funda Eryurt für den tatkräftigen Beitrag, den sie beim Entstehen dieses Werkes geleistet haben, indem sie es mehrmals durchlasen und maßgeblich zur Veröffent-lichung vorbereiteten. Gedankt sei ferner Ibrahim Heckmann, Yavuz Güner und Enes Kızıltepe für die hilfreichen Hinweise und Korrekturvorschläge.

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VORWORT _____________________________________________________________________________________________________________________________________________

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Weiterhin danke ich meinen Bekannten und Freunden İbrahim İlik, Bekir Yılmaz, Hasan Babacan, Nafiz Çengel sowie allen anderen, die mich in irgendeiner Weise in meinen Arbeiten ermutigt und unterstützt haben, hier aber namentlich nicht alle erwähnt werden können. Mein Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Bülent Uçar für die konstruktiven Vorschläge und wertvollen Anregungen zu diesem Werk, sowie den Verantwortlichen der Uni-versität Osnabrück und des Instituts für Islamische Theologie (IIT), die mir in mei-nen wissenschaftlichen Tätigkeiten immer zur Seite standen. Ganz besonders bedanke ich mich beim Kulturhaus der europäischen Muslime (KUDEM) sowie beim Institut für Islamische Studien und Interkulturelle Zusam-menarbeit (IFIS&IZ), die mir beim Anfertigen dieses Buches Tag und Nacht ihre umfangreiche Fachbibliothek zur Islamischen Theologie sowie ihre Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt haben. Ohne den Zugang zum vielfältigen Literaturbestand dieser Bibliothek wäre mir eine Ausarbeitung in dieser Form nicht möglich gewe-sen. Ein Dank geht auch an den Verlag IFIS&IZ Publications und seinen Verantwort-lichen für die Veröffentlichung dieses Werkes sowie für die sorgfältige und hin-gebungsvolle Arbeit. Schließlich gilt mein herzlicher Dank meinen Eltern, meiner Familie und meinen Verwandten, allen voran meiner Frau Serap Çınar und meinen Kindern Muhittin Furkan, İlayda Gül und Ahmet Fatih Sami, die mir während meiner wissenschaft-lichen und sozialen Tätigkeiten mit viel Verständnis, Zuneigung und Geduld begeg-net sind, obgleich ich ihnen oftmals nicht die Aufmerksamkeit zukommen lassen konnte, die sie eigentlich verdient hätten.

Prof. Dr. Hüseyin İlker Çınar Osnabrück, den 25.05.2017

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EINLEITUNG _____________________________________________________________________________________________________________________________________________

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Einleitung

Der Koran, dessen Etymologie nicht ganz klar ist und von muslimischen sowie orientalistischen Gelehrten unterschiedlich erklärt wird,1 beschreibt sich selbst als eine Barmherzigkeit,2 eine Rechtleitung,3 eine Heilung,4 eine Ermahnung,5 eine Frohbotschaft6 und als ein Seil Gottes, welches den Menschen aus den Himmeln herabgereicht worden ist.7 Er versteht sich darüber hinaus als ein Buch, das alles Feuchte und Trockene in sich birgt,8 das frei von Widersprüchen ist9 und das die Menschen aus den Finsternissen ins Licht führt.10 Gleichzeitig weist der Koran darauf hin, dass die Bedeutungen seiner Verse verständlich sind11 und fordert die Menschen dazu auf, über sie nachzudenken und sie zu begreifen,12 während er diejenigen tadelt, die das nicht tun.13 Indem er klarstellt, dass Muḥammad als Empfänger der Offenbarungen kein Zauberer, Magier,14 Besessener,15 Lügner16 und

1 Vgl. az-Zurqānī, Manāhil al-ʿirfān fī ʿulūm al-Qurʾān, Kairo 2010, Bd. 1, S. 12f.;; Muḥammad b.

Sulaimān al-Kāfiyaǧī, at-Taisīr fī qawāʿid ʿilm at-tafsīr, ed. von Nāṣir Muḥammad al-Maṭrūdī, Damaskus 1990, S. 159f.;; Muḥammad b. Aḥmad al-Azharī, Tahḏīb al-luġa, ed. von Aḥmad ʿAbd ar-Raḥmān Muḫaimar, Beirut 2004, Bd. 7, S. 254-257; Theodor Nöldeke, Geschichte des Qorāns, bearb. von Friedrich Schwally u.a., Leipzig 1909-1938, Bd. 1, S. 32-34; W. Montgomery Watt und Alford T. Welch, Der Islam I: Mohammad und die Frühzeit – Islamisches Recht – Religiösen Leben, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1980, S. 204.

2 Vgl. Koran 17/82, 45/20, 7/52. 3 Vgl. Koran 2/2, 27/2, 31/3, 44/11, 12/111. 4 Vgl. Koran 10/57, 17/82, 41/44. 5 Vgl. Koran 3/138. 6 Vgl. Koran 2/97. 7 At-Tirmiḏī, as-Sunan, ed. von Yāsir Ḥasan u.a., Damaskus 2015, al-Manāqib, bāb 104, Nr. 4122.

Siehe hierzu auch: Koran 3/103. 8 Vgl. Koran 6/59. 9 Vgl. Koran 4/82. 10 Vgl. Koran 5/16, 57/9. 11 Vgl. Koran 2/99, 11/1, 6/55. 12 Vgl. Koran 41/53. 13 Vgl. Koran 21/10, 12/109, 23/80. 14 Vgl. Koran 52/29, 69/42. 15 Vgl. Koran 15/6, 81/22. 16 Vgl. Koran 38/4.

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EINLEITUNG _____________________________________________________________________________________________________________________________________________

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Dichter,17 sondern der schriftunkundige Gesandte Gottes ist,18 rügt er diejenigen, die ihm diese Eigenschaften vorwerfen und ihm seine Prophetie absprechen. Gegenüber diesen Anschuldigungen fordert der Koran die Leugner heraus, mit Hilfe der Menschen und der Dschinn eine ebenbürtige Schrift,19 ja sogar nur zehn Suren20 oder eine Sure21 gleicher Art hervorzubringen, betont jedoch zugleich ihre Unfähigkeit hierzu. Die nachdrückliche Betonung, dass der Koran ein Resultat der Offenbarung und somit göttlichen Ursprungs ist, kann als eine scharfe Antwort auf die Gegner und ihre Kritik verstanden werden, die sie an die koranische Offenba-rung sowie an den Propheten richteten. Diese stellten sich vehement gegen die noch kleine Anhängerschaft des Propheten sowie gegen die Inhalte und Beschaffenheit der Offenbarung. Des Weiteren erhoben sie Einspruch gegen die Wahrhaftigkeit der Prophetie Muḥammads, da sie es für unmöglich hielten, dass ein Waise,22 ein Mensch,23 ein Unvermögender24 und ein Analphabet25 ein Empfänger göttlicher Offenbarungen sein könne. Der Koran als Hauptquelle des Islams fordert den Propheten dazu auf, sich den göttlichen Worten zu fügen und gab ihm deutlich zu verstehen, dass er mit Konse-quenzen zu rechnen habe, wenn er diesen zuwiderhandele.26 Außerdem besteht der Koran darauf, dass sich die Gläubigen bei auftretenden Fragen und Problemen direkt an die Offenbarung und an den Propheten richten,27 während er das Rezi-tieren, das Verkünden und das Erklären der göttlichen Botschaft als die Aufgabe des Propheten bezeichnet.28 Den Quellen ist zu entnehmen, dass der Prophet sein Leben lang den Koran in allen Angelegenheiten als erste Instanz heranzog und auf Fragen möglichst durch dessen Verse geantwortet hat. Wurde ihm eine Offenbarung über eine Angelegenheit zuteil, die zuvor nur durch sein persönliches Urteil gere-gelt war, dann widerrief er sogar seine eigene Meinung und verkündete stattdessen

17 Vgl. Koran 21/5, 37/36, 52/30. 18 Vgl. Koran 7/157, 29/48. 19 Vgl. Koran 17/88, 28/49, 52/33-34. 20 Vgl. Koran 11/13-14. 21 Vgl. Koran 2/23-24, 10/38. 22 Vgl. Koran 93/6. 23 Vgl. Koran 17/93,18/110. 24 Vgl. Koran 93/8. 25 Vgl. Koran 29/48. 26 Vgl. Koran 69/44-46. 27 Vgl. Koran 4/59. 28 Vgl. Koran 5/67, 16/44.

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EINLEITUNG _____________________________________________________________________________________________________________________________________________

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den göttlichen Willen.29 An dieser Stelle ist allerdings festzuhalten, dass die Sunna des Propheten, welche seine Aussprüche, Handlungen und Billigungen umfasst, nach dem Koran schon immer die wichtigste Quelle des Islams darstellte, sofern sich zu einer Frage kein direkter Koranvers finden ließ oder ein entsprechender Vers nicht herabkam.30 Der Prophet bekundete seine Zufriedenheit, als man ihm schilderte, dass die Antwort einer aufkommenden Frage zunächst im Koran, als nächstes in der Sunna, und wenn auch darin nichts Relevantes zu finden war, durch die vernunftgeleitete Eigenbemühung zu suchen sei.31 Ferner ermutigte der Prophet seine Anhänger stets dazu, den Koran zu lesen, zu lernen und über ihn nachzuden-ken, und erklärte ihnen, dass sie alles nötige Wissen in ihm finden können.32 Die Aussagen und Ermutigungen des Propheten bezüglich der Vorzüglichkeit des Le-sens, Lernens und Verstehens des Korans sowie des Nachdenkens über ihn werden im Rahmen der Koranwissenschaften seit Beginn an unter der Rubrik faḍāʾil al-Qurʾān als eine eigenständige Disziplin aufgegriffen und erörtert. Diesbezügliche Überlieferungen wurden nicht nur in den frühesten ḥadīṯ-Kompilationen unter einer separaten Überschrift zusammengetragen, sondern bis zur heutigen Zeit auch in zahlreichen eigenständigen Werken dieser Gattung thematisiert.33

29 Ein Beispiel hierfür findet sich in der Überlieferung zum Offenbarungsanlass der ersten Verse der

Sure al-Muǧādala, die von einer Frau handelt, deren Ehemann sich von ihr willkürlich nach der vor-islamischen ẓihār-Methode schied und sie damit aller ihrer ehelichen Rechte beraubte. Als diese Frau sich hierüber beim Propheten beschwerte, lehnte der Prophet ihre Klage zunächst ab und erklär-te das Ehepaar für geschieden. Daraufhin folgte jedoch eine Offenbarung, die die Entscheidung des Propheten korrigierte und die ẓihār-Scheidung abschaffte. Siehe hierzu: Muḥammad b. Ǧarīr aṭ-Ṭabarī, Tafsīr aṭ-Ṭabarī (Ǧāmiʿ al-bayān fī taʾwīl al-Qurʾān), Beirut 2005, Bd. 12, S. 3-8; az-Zamaḫšarī, Tafsīr al-kaššāf ʿan ḥāqāʾiq ġawāmiḍ at-tanzīl wa-ʿuyūn al-aqāwīl fī wuǧūh at-taʾwīl, ed. von Muḥammad ʿAbd as-Salām Šāhīn, Beirut 1995, Bd. 4, S. 472f. Ein weiteres Beispiel hierfür betrifft die Verrichtung des Totengebetes eines Ungläubigen. Nachdem der Prophet das Totengebet von ʿAbd Allāh b. Ubayy, der Anführer der Heuchler von Medina, auf die Bitte seines muslimischen Sohnes leitete, protestierte ʿUmar b. al-Ḫaṭṭāb gegen dieses Vorgehen des Propheten. Daraufhin wurde der Vers 9/84 offenbart, worin dem Propheten untersagt wird, das Totengebet von Ungläu-bigen zu verrichten. Siehe hierzu: Ibn Kaṯīr, Tafsīr al-Qurʾān al-ʿaẓīm, ed. von Muḥammad Ḥusain Šams ad-Dīn, Beirut 1998, Bd. 4, S. 169-172;; Faḫr ad-Dīn ar-Rāzī, at-Tafsīr al-kabīr (Mafātīḥ al-ġaib), Beirut 2004, Bd. 16, S. 121f.

30 Vgl. Abū Ḥāmid al-Ġazālī, al-Mustaṣfā min ʿilm al-uṣūl, ed. von Muḥammad Yūsuf Naǧm, Beirut 2010, Bd. 1, S. 152-203; as-Saraḫsī, Uṣūl as-Saraḫsī (Tamhīd al-fuṣūl ilā ʿilm al-uṣūl), ed. von Abū l-Wafā al-Afġānī, Beirut 1993, Bd. 2, S. 86-99.

31 Vgl. Abū Dāwūd, as-Sunan, ed. von Yāsir Ḥasan u.a., Damaskus 2015, al-Aqḍiyā, bāb 11, Nr. 3592;; at-Tirmiḏī, al-Aḥkām, bāb 3, Nr. 1376.

32 Vgl. at-Tirmiḏī, Faḍāʾil al-Qurʾān, bāb 15, Nr. 3130;; ad-Dārimī, as-Sunan, ed. von Sayyid Ibrāhīm und ʿAlī Muḥammad ʿAlī, Kairo 2010, Kitāb faḍāʿil al-Qurʾān, bāb 1, Nr. 3331.

33 Weiteres hierzu folgt in Teil II, Kapitel 9.

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EINLEITUNG _____________________________________________________________________________________________________________________________________________

22

Diese Wertschätzung, die dem Koran und seiner Erlernung seit dem ersten Tag seiner Offenbarung entgegengebracht wurde, wirkte sich bis heute auf alle Bestre-bungen, die zum richtigen Verständnis der göttlichen Botschaft vollzogen wurden, so aus, dass der Koran stets als primäre Hauptquelle des Islams herangezogen wurde. Als solche bildete der Koran schon immer die Grundlage aller islamischen Wissenschaften und jeder theologischen Auseinandersetzung im Islam.34 Jeder, der in irgendeinem Wissenszweig zu einem theologischen Urteil gelangte oder eine Ansicht vertrat bzw. kritisierte, suchte seine Legitimität üblicherweise zunächst im Koran und anschließend in den Aussagen des Propheten, der seinen ersten und zuverlässigsten Exegeten verkörpert. Zu den Kernthemen, die in den Werken zur Geschichte des Korans und seiner Aus-legung sowie in den frühesten ḥadīṯ-Sammlungen aufgegriffen werden, gehören Inhalte, die die Herabsendung der koranischen Offenbarung sowie ihre schriftliche Fixierung betreffen. Der Prophet war ab dem Zeitpunkt der ersten koranischen Offenbarung mit der Auslegung und Erklärung des Korans beauftragt. Er ging dieser Aufgabe bis zu seinem Lebensende als höchste Instanz gewissenhaft nach und stellte dabei eine Reihe von Regeln und Prinzipien auf. Es ist zu beobachten, dass der Prophet während seiner exegetischen Tätigkeit, die in Kategorien wie die Erläuterung des Zusammengefassten (bayān al-muǧmal), die Darlegung des Unbe-stimmten (bayān al-mubham), die Einschränkung des Absoluten (taqyīd al-muṭlaq), die Klarstellung des scheinbar Widersprüchlichen (tauḍīḥ al-muškil) etc. aufgeteilt werden kann, manche Koranverse durch andere Koranverse auslegte.35 War die Auslegung des Korans durch den Koran selbst nicht möglich, legte der Prophet als Empfänger der Offenbarung und erster Exeget die Verse selbst aus. Die Kenntnis über die Methode und Vorgehensweise, die der Prophet bei seinen Auslegungen verfolgte, ist uns von seinen Gefährten überliefert, die sich in der unmittelbaren Nähe zum Propheten aufhielten und damit nicht nur sein exegetisches Wirken, sondern zugleich auch den Kontext sowie den Prozess der Offenbarung höchst-persönlich bezeugten. Die Generation der Prophetengefährten legte durch ihr Wissen den Grundstein für die Koranwissenschaften, auch wenn sie dies zu jener Zeit noch nicht schriftlich und systematisch erfasste. Hält man sich vor Augen, dass

34 Vgl. Fikret Karčić, Über die Methode der Textanalyse in den islamischen Wissenschaften. Kurzer

historischer und vergleichender Abriss, Freiburg 2012, S. 15. 35 Ausführliches und Beispiele über die Kategorien der prophetischen Koranexegese folgen in Teil III,

Kapitel 1.1.

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EINLEITUNG _____________________________________________________________________________________________________________________________________________

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der Koran erst nach dem Tod des Propheten zur Zeit der Prophetengefährten in Buchform gebracht und vervielfältigt wurde, ist es nachvollziehbar, dass in dieser Phase noch keine schriftliche Fixierung der Koranwisschenschaften erfolgen konn-te. Werke, die sich in systematischer Weise mit den sogenannten Koranwissen-schaften (ʿulūm al-Qurʾān) befassen, entstanden – wie es auch bei den anderen islamischen Wissenschaften der Fall ist – erst in den späteren Jahrhunderten. Deren Themen sind u.a.: Die Offenbarung des Korans, seine Herabsendung, seine Offen-barungsanlässe, seine Niederschrift, seine Rezitation, seine Anordnung, seine Ver-vielfältigung, seine Schönschrift, seine Lesarten, seine Exegese, seine Unnach-ahmlichkeit, seine Gleichnisse, seine Schwüre, seine Unbestimmtheiten, seine Fremdwörter, seine scheinbar widersprüchlichen Ausdrücke, seine abrogierenden und abrogierten Verse, seine Syntax, seine Sprache, seine Ausdrucksweise und Rhetorik, seine eindeutigen und mehrdeutigen Verse, die Beziehung zwischen den Versen und den Suren etc. Die Tatsache, dass die Koranwissenschaften erst in späteren Zeiten verschriftlicht wurden, bedeutet nicht, dass diese in den früheren Jahrhunderten nicht schon exis-tierten. Es ist zweifelsohne bekannt, dass diese Disziplinen teilweise zur Zeit des Propheten und anschließend während der Zeit der Prophetengefährten innerhalb der tafsīr-Bestrebungen intensiv zum Gebrauch kamen und mündlich tradiert wurden.36 So gibt es beispielsweise eine Vielzahl an Überlieferungen, aus denen hervorgeht, dass schon zur mekkanischen Epoche die Disziplin der Offenbarungsanlässe (asbāb an-nuzūl) zum Vorschein kam. Sie wurde besonders von den Prophetengefährten bei der Tradierung von Suren und Versen gebraucht, um Fehldeutungen und Miss-verständnisse zu vermeiden. Allerdings wurden diese und andere Wissenschaften in der Frühzeit nur in mündlicher Form betrieben, sodass zur Zeit des Propheten und der Gefährten keine Werke zur Exegese und der Wissenschaften des Korans ver-fasst wurden.37 Zieht man den Korankommentar des großen Gelehrten aṭ-Ṭabarī (gest. 310/922) in Betracht, welcher zu den ersten umfangreichen tafsīr-Werken gehört und nahezu die Gesamtheit der exegetischen Kenntnisse und Überlie-ferungen der ersten Generationen umfasst, so kann festgestellt werden, dass darin eine Vielzahl an Überlieferungen von zahlreichen Prophetengefährten (ṣaḥāba) und

36 Vgl. Abdülhamit Birışık, „Kur’ân“, in: TDVİA, Bd. 26, Ankara 2002, S. 402. 37 Vgl. Birışık, „Kur’ân“, in: TDVİA, Bd. 26, S. 402;; Ṣubḥī aṣ-Ṣāliḥ, Mabāḥiṯ fī ʿulūm al-Qurʾān,

Beirut 1977, S. 119f.

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Gefährtennachfolgern (tābiʿūn) berücksichtigt wurde, die die Auslegung der Koran-verse betreffen und einen Bezug zu den genannten Koranwissenschaften aufwei-sen.38 Die exegetischen Überlieferungen aus der Zeit der ṣaḥāba und tābiʿūn haben ihren Schwerpunkt generell in den Themenbereichen Offenbarungsanlässe, abrogie-rende und abrogierte Verse, mekkanische und medinensische Verse, Lesarten und Begriffe fremden Ursprungs.39 Unter den Prophetengefährten ragen im Zusammen-hang dieser Überlieferungen die Namen der ersten vier Kalifen sowie die von Ibn Masʿūd (gest. 34/654), Zaid b. Ṯābit (gest. 45/665), Ubayy b. Kaʿb (gest. 30/650), Abū Mūsā al-Ašʿarī (gest. 42/663) und Ibn ʿAbbās (gest. 68/687) heraus. Aus der Generation der tābiʿūn indessen stechen in den betreffenden Überlieferungen die Namen von Saʿīd b. Ǧubair (gest. 95/714), Muǧāhid (gest. 103/721), ʿIkrima (gest. 107/722), Ḥasan al-Baṣrī (gest. 110/728), ʿAṭāʾ b. Abī Rabāḥ (gest. 114/732), Qatāda (gest. 117/735) und Zaid b. Aslam (gest. 136/753) hervor.40 Der Propheten-gefährte ʿAlī (gest. 40/661) gilt dagegen als der Gründer der Disziplin iʿrāb al-Qurʾān.41 All dies deutet auf die Tatsache hin, dass sich bereits die Propheten-gefährten bei der Exegese des Korans den verschiedenen Koranwissenschaften bedienten. Doch auch die nachfolgenden Generationen machten im Rahmen ihrer exegetischen Tätigkeit von den koranwissenschaftlichen Disziplinen bereits vor ihrer Systematisierung Gebrauch. Dies geht beispielsweise aus einem Dialog zwischen dem Gelehrten aš-Šāfiʿī (gest. 204/820) und dem Abbasidenkalifen Hārūn ar-Rašīd (reg. 170/786-193/809) hervor. Aš-Šāfiʿī wurde bezichtigt, die Nach-kommenschaft ʿAlīs und seine Sympathisanten in Jemen zum Aufruhr gegen die Regierung bewegt zu haben, weshalb er dann in Bagdad angekettet dem Kalifen vorgeführt wurde. Man fragte ihn dort über sein Wissen bezüglich des Buches Gottes, woraufhin er mit der Frage entgegnete, welches von den Büchern Gottes denn gemeint sei. Der Kalif erwiderte (um seine gemeinsame Abstammung mit dem Propheten zu betonen), dass er das Buch Gottes anspreche, das Muḥammad, dem Sohn seines Onkels, hinabgesandt wurde. Aš-Šāfiʿī bemerkte hierauf, dass die An-zahl der Wissenschaften des Korans umfangreich sei, und fragte, nachdem er u.a. die Disziplinen muḥkam-mutašābih, taqdīm-taʾḫīr, nāsiḫ-mansūḫ etc. aufzählte,

38 Ausführlicheres über aṭ-Ṭabarī und sein tafsīr-Werk folgt in Teil III, Kapitel 2.1. 39 Vgl. aṣ-Ṣāliḥ, Mabāḥiṯ, S. 121. 40 Vgl. Ǧalāl ad-Dīn as-Suyūṭī, al-Itqān fī ʿulūm al-Qurʾān, ed. von Maḥmūd Mursī ʿAbd al-Ḥamīd

und Muḥammad ʿAwaḍ Haikal, Kairo 2008, Bd. 2, S. 990-997. 41 Vgl. aṣ-Ṣāliḥ, Mabāḥiṯ, S. 120.

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nach welcher dieser Wissenschaften er denn frage. Schließlich beantwortete er die entsprechenden Fragen äußerst prägnant.42 Dieses Ereignis verdeutlicht, wie aktiv diese Disziplinen bereits vor ihrer schriftlichen Systematisierung bei den damaligen Gelehrten im Gebrauch waren. Es ist kein Spezifikum der Koranwissenschaften, dass ihre systematische Aufarbeitung und Verschriftlichung erst in den späteren Jahrhunderten stattfanden. Gleiches gilt auch für alle anderen islamischen Wissen-schaftszweige.43 In diesem Zusammenhang bekundet aṣ-Ṣāliḥ (gest. 1986), der die mündlich tradierte Koranexegese der Prophetengefährten und der Nachfolgergene-ration als Fundament der Koranwissenschaften betrachtet, dass die Koranexegese die erste niedergeschriebene Wissenschaft unter den Disziplinen des Korans sei.44 Zieht man den nach heutigem Forschungstand ersten Korankommentar, welcher unter dem Titel „at-Tafsīr al-kabīr“ von Muqātil b. Sulaimān (gest. 150/767) ver-fasst wurde, sowie andere frühe tafsīr-Werke in Betracht, so lässt sich die Richtig-keit dieser These verifizieren.45 Der zeitgenössische Koranwissenschaftler Birışık fasst die frühesten Bestrebungen bzgl. der schriftlichen Zusammentragung der Kenntnisse auf diesem Gebiet wie folgt zusammen: „Die systematische Nieder-schrift der Koranwissenschaften, die infolge der Vervielfältigung des Korans durch ʿUṯmān, seiner darauffolgenden Vokalisierung und Punktierung sowie dem Beginn der Rezitationsausbildung auf der Grundlage der vervielfältigten Exemplare starte-te, gewann im Zeitalter der tābiʿūn, in dem die Expansion des islamischen Reiches anfing, an Geschwindigkeit. Es ist zu beobachten, dass zu dieser Phase zunächst Überlieferungs- und Sprachwissenschaften wie rasm al-muṣḥaf, qirāʾāt, asbāb an-

42 Vgl. az-Zurqānī, Manāhil, Bd. 1, S. 28f. Ausführlicheres über diesen Dialog findet sich in: Faḫr ad-

Dīn ar-Rāzī, Manāqib al-imām aš-Šāfiʿī, ed. von Muḥammad Ḥiǧāzī as-Saqā, Kairo 1986, S. 71-80. 43 Beispielsweise gilt das Werk „ar-Risāla“ von aš-Šāfiʿī als die erste Schrift im Bereich der islamischen

Rechtsmethodologie (usūl al-fiqh). Hält man sich vor Augen, dass aš-Šāfiʿī im Jahre 204/820 starb, so ist zu erkennen, zu welch später Periode die Tätigkeit des schriftlichen Zusammentragens anzusetzen ist. Jedoch bedienten sich bereits früher die Rechtsgelehrten und Rechtsschulgründer seit der Früh-zeit diesen rechtsmethodologischen Regeln und Prinzipien, um mit ihrer Hilfe aus den religiösen Texten Urteile abzuleiten. Doch die systematische Aufarbeitung und Niederschrift dieser Regeln er-folgte, wie es auch bei den Koranwissenschaften der Fall ist, in den späteren Epochen. Siehe hierzu: Muṣṭafā Dīb al-Buġā, Uṣūl al-fiqh al-islāmī, Damaskus 2007, S. 15-18;; Muṣṭafā Saʿīd al-Ḫin, Abḥaṯ ḫaul uṣūl al-fiqh al-islāmī. Tārīḫuh wa-taḍawwuruh, Damaskus 2000, S. 80-87;; Amir ʿAbd al-ʿAzīz, Uṣūl al-fiqh al-islāmī, Kairo 1997, Bd. 1, S. 9-17.

44 Vgl. aṣ-Ṣubhī, Mabāḥiṯ, S. 121. 45 Vgl. İsmail Cerrahoğlu, Tefsir Tarihi, Ankara 2009, S. 137; Muhsin Demirci, Tefsir Tarihi, Istanbul

2014, S. 104f.; Ausführlicheres über die ersten Exegeten und Korankommentare im Zeitalter der schriftlichen Zusammentragung in: Cerrahoğlu, Tefsir Tarihi, S. 137-208; Demirci, Tefsir Tarihi, S. 105-111.

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nuzūl, maʿānī l-Qurʾān, maǧāz al-Qurʾān, ġarīb al-Qurʾān, muškil al-Qurʾān und iʿrāb al-Qurʾān verschriftlicht wurden. Dabei wies ein Teil der Sprachwissenschaf-ten gleichzeitig auch die Eigenschaft eines philologischen Korankommentars auf. Überlieferungen bezüglich der Offenbarungsanlässe der Verse und Suren fanden zuerst Eingang in das jeweilige tafsīr-Kapitel der ḥadīṯ-Kompilationen; eine sepa-rate Niederschrift dieser erfolgte erst zu einer späteren Zeit.“46 Es ist bekannt, dass vor der systematischen Aufarbeitung der Koranwissenschaften als Ganzes, zu einigen dieser Disziplinen eigenständige Werke verfasst wurden. So gehören das Werk „al-Wuǧūh wa-n-naẓāʾir“ von Muqātil b. Sulaimān, das Werk „al-Wuǧūh wa-n-naẓāʾir“ von ʿAlī b. Wāfid (gest. 193/808) sowie das Werk „aṭ-Ṭasārif“ von Yaḥyā b. Sallām (gest. 200/815) zu den ersten Schriften über die koranischen Homonyme und Synonyme. Mit den scheinbaren Widersprüchen und schwer verständlichen Passagen im Koran befasste sich Ibn Qutaiba (gest. 276/889) in seinem Werk „Taʾwīl muškil al-Qurʾān“. Die Werke „Kitāb an-nāsiḫ wa-l-man-sūḫ“ von Qatāda b. Diʿāma (gest. 118/726), an-Nāsiḫ wa-l-mansūḫ“ von az-Zuhrī (gest. 124/742) und „an-Nāsiḫ wa-l-mansūḫ“ von Abū ʿUbaid al-Qāsim b. Sallām (gest. 224/838) gelten als die ältesten Schriften über die abrogierenden und abro-gierten Verse. Das Werk „Asbāb an-nuzūl“ von ʿAlī b. al-Madīnī (gest. 234/848) dagegen ist in diesem Zusammenhang als das erste Werk über die Offenbarungs-anlässe zu nennen. Unter Berücksichtigung der Sterbedaten all dieser Autoren ist festzuhalten, dass separate Abhandlungen zu den einzelnen Koranwissenschaften schon viel früher als jene Schriften verfasst wurden, die sich mit diesen Disziplinen ganzheitlich und systematisch auseinandersetzen. Es ist nicht ganz klar, wann damit begonnen wurde, die Bezeichnung ʿulūm al-Qurʾān in dieser Konstellation als Fachbegriff zu gebrauchen, allerdings vertreten einige Gelehrte die Ansicht, dass sie zum ersten Mal im Werk „al-Hāwī fī ʿulūm al-Qurʾān“ (Das Handbuch der Koranwissenschaften) auftaucht, welches dem Gelehr-ten Ḫalaf b. Marzūbān (gest. 309/921) zugeschrieben wird.47 Die erste systemati-

46 Birışık, „Kur’ân“, in: TDVİA, Bd. 26, S. 402. Birışıks Beschreibung, wonach es sich bei einigen

Disziplinen wie etwa muškilāt al-Qurʾān um traditionelle Wissenschaften handele, bedarf einer nä-heren Erläuterung. Sofern damit das Tradieren von Überlieferungen bzgl. dieser Disziplinen gemeint ist, kann diese These nachvollzogen werden. Andernfalls handelt es sich bei ihnen vielmehr um Wis-senschaften, die infolge einer rationalen Anstrengung auf der Grundlage bestimmter Methoden und Regeln entwickelt wurden und die stärker von Rationalität geprägt sind als von Überlieferungen.

47 Vgl. Muḥammad b. Abī Yaʿqūb an-Nadīm, al-Fihrist, ed. von Yūsuf ʿAlī Ṭawīl, Beirut 2010, S. 138;; aṣ-Ṣāliḥ, Mabāḥiṯ, S. 124;; Birışık, „Kur’ân“, in: TDVİA, Bd. 26, S. 402.

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sche Abhandlung, die sich mit den Koranwissenschaften beschäftigt, ist das Werk „Funūn al-afnān fī ʿuyūn ʿulūm al-Qurʾān“ von Abū l-Faraǧ Ibn al-Ǧauzī (gest. 597/1201)48, worin ein Großteil der koranwissenschaftlichen Disziplinen in 30 Kapiteln zusammenfassend vorgestellt wird.49 In den späteren Jahrhunderten folg-ten zahlreiche weitere Werke dieser Art. Seinen Höhepunkt erreichte die Koran-wissenschaft aber durch das Werk von az-Zarkašī (gest. 794/1392)50, welches den Titel „al-Burhān fī ʿulūm al-Qurʾān“ trägt.51 In seinem Vorwort beschreibt az-Zar-kašī dieses Werk als ein Schlüssel für die Türen des Korans, und erklärt, dass er es verfasst habe, damit es zum Verständnis des heiligen Buches hinführe, seine Wahr-heiten darlege und den Exegeten dabei helfe, Einblick in seine Geheimnisse und Feinheiten zu gewinnen.52 In diesem Werk, das bis heute als eines der wichtigsten Referenzwerke für die Koranforschung gilt, behandelt az-Zarkašī die verschiedenen Themen der Koranwissenschaften unter 47 Kapitelüberschriften,53 welche El Omari zufolge in folgende sechs Hauptkategorien aufgeteilt werden: „1. Der koranische Text (Gliederung in Suren und Verse etc.); 2. Die Genese des Korans (Verkündung, Sammlung des Korans, Offenbarungsanlässe, mekkanische und medinensische Verse etc.); 3. Die Sprache des Korans (die Unnachahmlichkeit des Korans, stilistische Mittel, Klassifizierung der Verse etc.); 4. Koranische Narrative (Parabeln, unidentifizierte Figuren etc.); 5. die Auslegung des Korans (tafsīr etc.);

48 Abū l-Faraǧ Ǧamāl ad-Dīn ʿAbd ar-Raḥmān b. ʿAlī b. Muḥammad al-Baġdādī, der eher als Ibn al-

Ǧauzī bekannt ist, ist ein ḥanbalītischer Gelehrter, der durch seine zahlreichen Werke zu fast allen is-lamischen Wisssenschaften Berühmtheit erlangte. Näheres über das Leben und Werk sowie die An-sichten Ibn al-Ǧauzīs in: Yusuf Şevki Yavuz und Casim Avcı, „İbnü’l-Cevzî, Ebü’l-Ferec“, in: TDVİA, Bd. 20, Istanbul 1999, S. 543-549.

49 Vgl. Birışık, „Kur’ân“, in: TDVİA, Bd. 26, S. 402. Das Werk „Funūn al-afnān“ von Ibn al-Ǧauzī, das zu den ersten Werken über die Koranwissenschaften gehört, gilt sowohl hinsichtlich seiner The-menvielfalt innerhalb von dreißig Kapiteln als auch hinsichtlich seiner Methode als das beste Werk und den Schriften, die bis dahin verfasst wurden. Von ihm profitierten az-Zarkašī in seinem „al-Burhān“ und as-Suyūṭī in seinem „al-Itqān“. Weiteres hierzu: Yavuz und Avcı, „İbnü’l-Cevzî, Ebü’l-Ferec“, in: TDVİA, Bd. 20, S. 548;; Abdülhamit Birışık, „İbnü’l-Cevzî, Ebü’l-Ferec“, in: TDVİA, Bd. 20, Istanbul 1999, S. 551.

50 Näheres über az-Zarkašī, der aufgrund seiner zahlreichen Abhandlungen mit dem Beinamen „al-muṣannif“ (der Kompilator) betitelt wurde, sein Meisterwerk sowie seine Stellung in den Koranwis-senschaften findet sich in: Bilal Deliser, ez-Zerkeşî ve Kur’ân İlimlerindeki Yeri (unveröffentlichte Dissertation), Ankara 2004, S. 21-63.

51 Vgl. Birışık, „Kur’ân“, in: TDVİA, Bd. 26, S. 402. 52 Vgl. az-Zarkašī, al-Burhān fī ʿulūm al-Qurʾān, ed. von Muḥammad Abū l-Faḍl Ibrāhīm, Beirut

2009, Bd. 1, S. 23. 53 Vgl. az-Zarkašī, al-Burhān, Bd. 1, S. 23-25.

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und 6. die Lesung des Korans (Rezitationen etc.).“54 As-Suyūṭī (gest. 911/1505),55 der stark inspiriert von dem Buch az-Zarkašīs sein Monumentalwerk „al-Itqān fī ʿulūm al-Qurʾān“ verfasste, behandelt darin sehr ausführlich die verschiedenen Disziplinen der Koranwissenschaften. Gemeinsam mit dem Werk az-Zarkašīs gehört es zu den am meisten rezipierten und bekanntesten Schriften innerhalb der Koranforschung. In insgesamt achtzig Kapiteln behandelt as-Suyūṭī darin eingehend die einzelnen Koranwissenschaften,56 die sich Krawulsky zufolge der besseren Übersicht halber in folgende 13 Sektionen gliedern lassen: 1. Das Phänomen der Offenbarung; 2. Die Sammlung des Korans; 3. Die Überlieferungskritik; 4. Die Regeln der Koranrezitation; 5. Die Sprache des Korans; 6. Grammatik und Syntax des Korans; 7. Grundlagen der juristischen Interpretation des Korans; 8. Der Stil des Korans; 9. Die innere Ordnung des Korans; 10. Die sprachliche Unnachahm-lichkeit des Korans; 11. Verschiedene Themen; 12. Die Paläografie des Korans; 13. Die Koranexegese (tafsīr).57 Keines der späteren Schriften über die Koranwissen-schaften konnte – mit Ausnahme des Werkes „az-Ziyāda wa-l-iḥsān fī ʿulūm al-Qurʾān“58 von Ibn ʿAqīla (gest. 1150/1737) – die Reichhaltigkeit dieser beiden Arbeiten übertreffen.59 Einschlägige Werke kamen nicht umhin, sich dieser zwei Abhandlungen zu bedienen und sie als grundlegende Quellen zu benutzen.

54 Dina El Omari, Einführung in die Koranwissenschaften, Freiburg 2016, S. 12. El Omari beruft sich

bei dieser Unterteilung auf az-Zarkašī selbst;; Entsprechendes konnte allerdings aus der uns vorlie-genden Ausgabe des „al-Burhān“ nicht entnommen werden.

55 As-Suyūṭī, der zu den wichtigsten Gelehrten seiner Zeit gehörte, verfügte über tiefgründiges Wissen in nahezu allen Bereichen der islamischen Wissenschaften, wie etwa Koranexegese, Prophetenüber-lieferung, islamische Jurisprudenz sowie Geschichte und arabische Rhetorik. Für ausführlichere In-formationen über seine zahlreichen Werke und Ansichten siehe: Iyād Ḫālid aṭ-Ṭabbāʿ, al-Imām al-ḥāfiẓ Ǧalāl ad-Dīn as-Suyūṭī. Maʿlamat al-ʿulūm al-islāmiyya, Damaskus 1996, S. 109-303.

56 Vgl. as-Suyūṭī, al-Itqān, Bd. 1, S. 23-26 (siehe auch Inhaltsverzeichnis). 57 Vgl. Dorothea Krawulsky, Eine Einführung in die Koranwissenschaften, Bern 2006, S. 46. Siehe

auch: Omari, Einführung in die Koranwissenschaften, S. 13. 58 Dieses Buch von Ǧamāl ad-Dīn Abū ʿAbd Allāh Muḥammad b. Aḥmad b. Saʿīd b. Aqīla al-Makkī,

der in den Bereichen Prophetenüberlieferung, Koranexegese, systematische Theologie, islamische Mystik, Geschichte gelehrt war und als ein Meister des Qādiriyya-Sufiordens galt, wurde in der Absicht verfasst, das Werk „al-Itqān“ von as-Suyūṭī zu vervollständigen. Dabei wurden die Themen des als Grundlage herangezogenen „al-Itqān“ neu geordnet, teilweise kritisiert und gestrichen, und um 74 neue Kapitel erweitert, sodass insgesamt 154 Kapitel erreicht wurden. Vgl. Abdülhamit Birışık „İbn Akîle“, in: TDVİA, Bd. 19, Istanbul 1999, S. 304f.

59 Vgl. Birışık, „Kur’ân“, in: TDVİA, Bd. 26, S. 402. Für eine chronologische Auflistung der Gelehrten, die seit der Frühzeit bis in die Gegenwart wichtige Werke über die Koranwissenschaften vorgelegt haben, siehe: az-Zurqānī, Manāhil, Bd. 1, S. 27-33;; aṣ-Ṣāliḥ, Mabāḥiṯ, S. 121-126.

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Das Wort tafsīr, welches nach den einen Philologen aus der Wurzel fasr, nach den anderen Philologen hingegen mittels der Methode des taqlīb60 aus der Wurzel safr abgeleitet wird, nimmt lexikalische Bedeutungen wie „entdecken und aufdecken“ an.61 Als terminus technicus wird der Begriff tafsīr unterschiedlich definiert, be-zeichnet aber im Allgemeinen die exegetische Tätigkeit, die eine Person im Aus-maß ihrer Fähigkeiten und der Möglichkeiten der arabische Sprache ausübt, um die im Korantext enthaltenen Bedeutungen zwecks Beschreibung der göttlichen Inten-tion darzulegen.62 Wie zuvor angesprochen, wurden die ersten Exegesebestre-bungen bereits in der Offenbarungszeit durch den Propheten Muḥammad aufge-nommen, der nicht nur mit der Verkündigung des Korans, sondern auch mit dessen Erläuterung beauftragt war. Bei der Koranauslegung orientierte sich der Prophet an bestimmten Methoden und Prinzipien, die er auch seinen Gefährten, den ersten Adressaten der Offenbarung, lehrte, indem er sie in ihrer Anwesenheit anwandte.63 Nach dem Ableben des Propheten tradierten die ṣaḥāba, die als Zeugen der Offen-barungsperiode die prophetische Auslegung, die ihr zugrunde liegenden Methoden sowie die diesbezüglichen Hinweise und Ratschläge des Propheten von ihm selbst erfuhren, ihre Kenntnisse in mündlicher Form an jene, die die Gegenwart des Pro-pheten sowie seine exegetischen Aussagen nicht bezeugen konnten.64 Die Prophe-tengefährten zogen als Quelle ihrer Auslegungen neben dem Koran auch die Sunna heran. Darüber hinaus profitierten sie zur Erklärung unklarer Wörter von der arabi-schen Dichtung.65 In den Quellen lassen sich aber keine Informationen darüber

60 Das Wort taqlīb, das von dem Verb qallaba (umwandeln, umkehren, umformulieren) abgeleitet ist,

bezeichnet in der arabischen Morphologie den Positionswechsel von Buchstaben innerhalb eines Wortes. Siehe hierzu: Amīl Badīʿ Yaʿqūb, Mausūʿa ʿulūm al-luġat al-ʿarabiyya, Beirut 2006, Bd. 4, S. 630.

61 Vgl. ʿUmar b. Ḥammād, ʿIlm uṣūl at-tafsīr. Muḥāwala fī l-binā, Kairo 2010, S 35f.; Ibn Manẓūr, Lisān al-ʿarab, ed. von ʿĀmir Aḥmad Ḥaidar, Beirut 2003, Bd. 5, 53f.;; Abū l-Ḥusain Aḥmad b. Ibn Fāris, Muʿǧam maqāyīs al-luġa, ed. von Ibrāhīm Šams ad-Dīn, Beirut 2008, Bd. 2, S. 355; ar-Rāġib al-Iṣfahānī, Mufradāt alfāẓ al-Qurʾān, ed. von Ṣafwān ʿAdnān Dāwūdī, Damaskus 2009, S. 636.

62 Vgl. az-Zarkašī, al-Burhān, Bd. 1, S. 27; as-Suyūṭī, at-Taḥbīr fī ʿilm at-tafsīr, Beirut 1988, S. 15f.; Aḥmad Ḥasan Farḥāt, Fī ʿulūm al-Qurʾān. ʿArḍ wa-naqd wa-taḥqīq, Amman 2001, S. 202f.

63 Ausführlicheres hierzu findet sich in Teil III, Kapitel 1. 64 Vgl. Muḥammad Ḥusain aḏ-Ḏahabī, at-Tafsīr wa-l-mufassirūn, Kairo 2005, Bd. 1, S. 91f. 65 Der Prophetengefährte Ibn ʿAbbās ist sehr bekannt dafür, die Bedeutung ungewöhnlicher und

fremder Koranwörter aus den Gedichten der Araber zu ermitteln. Diesbezüglich ist von ihm folgende Aussage überliefert: „Sofern ihr mich nach den ungewöhnlichen Ausdrücken im Koran fragt, so sucht sie (deren Bedeutung) in der Dichtung. Wahrlich, die Dichtung ist des Arabers Register.“ Vgl. al-Ḫaṭīb al-Baġdādī, al-Ǧāmiʿ li-aḫlāq ar-rāwī wa-ādāb as-sāmiʿ, ed. von Maḥmūd Ṭaḥḥān, Riad

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finden, dass der Prophet bei seiner Exegese auf die Gedichte der Araber zurück-griff. Möglicherweise wurde durch das Meiden der arabischen Dichtung beab-sichtigt, diejenigen, die die Göttlichkeit der Offenbarung ablehnten und dem Propheten vorwarfen, ein Dichter zu sein, in ihrer Behauptung nicht zu stärken und das Aufkommen etwaiger Zweifel in den Herzen der Menschen zu verhindern. Es versteht sich von alleine, dass während der Offenbarungsperiode noch kein schriftliches tafsīr-Werk existieren konnte, wenn man die Tatsache bedenkt, dass die Zusammenstellung des ersten Koranexemplars erst nach dem Tode des Prophe-ten durch die Prophetengefährten erfolgte. In der Zeit der ṣaḥāba66 kam es dann zwar auch zur Vervielfältigung dieses Exemplars, eine schriftliche Abhandlung zu dessen Exegese blieb aber weiterhin aus.67 Die Koranauslegung, die als die wich-tigste Disziplin unter den Wissenschaften des Korans gilt und gemeinsam mit den anderen koranwissenschaftlichen Disziplinen zum richtigen Verständnis des Korans dient,68 wurde während der Zeit der ṣaḥāba und tābiʿūn mündlich tradiert, wurde unter allen Koranwissenschaften aber dennoch als Erstes schriftlich zusammen-getragen.69 Die tafsīr-Wissenschaft, welche anfangs als ein Teilbereich der ḥadīṯ-Wissenschaft niedergeschrieben wurde, setzte sich zu jener Zeit lediglich aus den exegetischen Überlieferungen des Propheten und seiner Gefährten zusammen, die jeweils im Kapitel „kitāb at-tafsīr“ der ḥadīṯ-Sammlungen festgehalten wurden.70 Gegen Ende des Zeitalters der tābiʿūn entwickelte sich diese Disziplin allmählich zu einem eigenständigen Wissenschaftszweig, zu dem auch separate Werke vorge-legt wurden.71 In den späteren Epochen entstanden einige tafsīr-Werke, die zwar nicht aus der persönlichen Feder der ṣaḥāba und tābiʿūn stammen, aber sich aus Überlieferungen zusammensetzen, die auf sie zurückgehen. Beispielsweise wurden

2007, Bd. 2, S. 198. Siehe hierzu auch: az-Zarkašī, al-Burhān, Bd. 1, S. 205, as-Suyūṭī, al-Itqān, Bd. 1, S. 314.

66 Ausgehend vom Sterbejahr des zuletzt verstorbenen Prophetengefährten Abū ṭ-Ṭufail ʿĀmir b. Qāṯila, der nach islamischer Zeitrechnung im Jahre 110 starb, kann das Jahr 110/728 als der späteste Zeitpunkt bestimmt werden, an dem die Periode der Prophetengefährten ein Ende nahm. Siehe: Ibn Ḥaǧar al-ʿAsqalānī, al-Iṣāba fī tamyīz aṣ-ṣaḥāba, ed. von ʿAlī Muḥammad al-Muʿawwaḍ und ʿĀdil Aḥmad ʿAbd al-Mauǧūd, Beirut 2002, Bd. 7, S. 193.

67 Vgl. aṣ-Ṣāliḥ, Mabāḥiṯ, S. 119. 68 Vgl. Birışık, „Kur’ân“, in: TDVİA, Bd. 26, S. 404. 69 Vgl. Birışık, „Kur’ân“, in: TDVİA, Bd. 26, S. 402. 70 Vgl. aḏ-Ḏahabī, at-Tafsīr wa-l-mufassirūn, Bd. 1, S. 141;; İsmail Cerrahoğlu, Kur’ân Tefsirinin Doğuşu ve Buna Hız Veren Âmiller, Ankara 1968, S. 110.

71 Vgl. Demirci, Tefsir Tarihi, S. 104f.

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die für die Koranexegese relevanten Überlieferungen des ʿAbd Allāh b. ʿAbbās (gest. 68/687) seitens al-Fīrūzābādī (gest. 817/1414)72 in dem Werk „Tanwīr al-miqbās min tafsīr Ibn ʿAbbās“ zusammengetragen.73 Noch später veröffentlichte ʿAbd al-ʿAzīz b. ʿAbd Allāh sein zweibändiges Werk mit dem Titel „Tafsīr Ibn ʿAbbās wa-marwiyyātuhū“, nachdem er das Werk al-Fīrūzābādīs sowie fünfzehn weitere ḥadīṯ-Werke74 hinsichtlich der exegetischen Überlieferungen des Ibn ʿAbbās untersuchte.75 Ähnlich verhält es sich auch mit den Werken, die Muǧāhid b. Ǧabr (gest. 103/721)76 und Ḥasan al-Baṣrī (gest. 110/728) zugesprochen werden. Die in den verschiedenen Schriften zerstreut überlieferten exegetischen Aussagen dieser beiden Gelehrten aus der Generation der tābiʿūn,77 wurden höchstwahr-scheinlich erst nach ihrem Ableben zusammengetragen und unter ihrem Namen als Gesamtausgaben veröffentlicht.78 Das erste tafsīr-Werk, das den Quellen zufolge tatsächlich von seinem Autor selbst verfasst wurde, ist das auch unter dem Titel „Tafsīr Sulaimān b. Muqātil“ bekannte Werk „at-Tafsīr al-kabīr“ von Muqātil b.

72 Al-Fīrūzābādī war ein arabischer Sprachwissenschaftler, der besonders durch sein lexikalisches

Werk „al-Qāmūs al-muḥīṭ“ Berühmtheit erlangte, obgleich er auch in den Disziplinen Koranexegese und Prophetenüberlieferung gelehrt war und bedeutende Schriften vorlegte. Näheres über seinen „al-Qāmūs al-muḥīṭ“ in: Ḥikmat Kišlī Fawwāz, al-Qāmūs al-muḥīṭ li-Fīrūzābādī, Beirut 1996, S. 21-93.

73 Kılıç zufolge kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass es sich hierbei um ein Werk al-Fīrūzābādīs handelt. Vgl. Hulûsi Kılıç, „Fîrûzâbâdî“, in: TDVİA, Bd. 13, Istanbul 1996, S. 144.

74 Diese setzen sich zusammen aus den sechs kanonischen ḥadīṯ-Sammlungen (al-kutub at-sitta), dem „al-Muwaṭṭāʾ“ von Mālik b. Anas (gest. 179/195), den Musnad-Werken von Aḥmad b. Ḥanbal (gest. 241/855), Ṭayālisī (gest. 204/819), aš-Šāfiʿī (gest. 204/820) und Ḥumaidī (gest. 219/834), dem al-Muṣannaf von ʿAbd ar-Razzāq (gest. 211/826), dem al-Muntaqā von Ibn al-Ǧārūd (gest. 307/919) sowie den Sunan-Werken von ad-Dāraquṭnī (gest. 385/995) und ad-Dārimī (gest. 255/869).

75 Vgl. İsmail Lütfi Çakan und Muhammed Eroğlu, „Abdullah b. Abbas b. Abdülmuttalib“, in: TDVİA, Bd. 1, Istanbul 1988, S. 79.

76 Muǧāhid gehört zu den Vorreitern der mekkanischen tafsīr-Schule. In seinem Korankommentar, der von seinen Schülern zusammengetragen wurde, gebrauchte er neben den Überlieferungen auch eine Vielzahl an rationalen Erläuterungen und vereinte somit in erfolgreicher Weise die Methoden des tafsīr bi-r-riwāya und tafsīr bi-d-dirāya. Vgl. Abū Ḥaǧǧāǧ Muǧāhid b. Ǧabr, Tafsīr Muǧāhid, ed. von Abū Muḥammad al-Asyūṭī, Beirut 2005.

77 Angaben über den Beginn und das Ende der Periode der Nachfolgeneration (tābiʿūn) variieren je nach Betrachtungsweise. Einige Quellen setzen den Beginn dieser Periode ausgehend vom Sterbe-jahr des zuletzt verstorbenen Prophetengefährten Abū ṭ-Ṭufail ʿĀmir b. Wāṯila auf das Jahr 110/728 an. Das Ende jener Periode werde dagegen durch den im Jahre 180/796 eintretenden Tod des tābiʿ Ḫalaf b. Ḫalīfa, der den letzten ṣaḥābī als Letzter sah, markiert. Es wird angegeben, dass diese Generation mehrheitlich zwischen den Jahren 65-135/684-752 lebte. Vgl. Arif Ulu, „Tâbiîn“, in: TDVİA, Bd. 39, Istanbul 2010, S. 328f. Ausführliches über die Diskussionen bezüglich der Definition des Begriffs tābiʿūn findet sich in: Šams ad-Dīn as-Saḫāwī, Fatḥ al-muġīṯ bi-šarḥ alfiyyat al-ḥadīṯ li-l-ʿIrāqī, ed. von Riḍwān Ǧāmiʿ Riḍwān, Mekka 2005, Bd. 4, S. 156-171.

78 Vgl. Birışık, „Kur’ân“, in: TDVİA, Bd. 26, S. 417.

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Sulaimān (gest. 150/767)79, welcher aus der Generation der tabaʿ at-tābiʿīn80 stammt. Neben diesem Werk ragen aus diesem Zeitalter auch das „Tafsīr aṯ-Ṯaurī“ von Sufyān aṯ-Ṯaurī (gest. 161/777),81 das „Tafsīr Yaḥyā“ von Yaḥyā b. Sallām (gest. 200/815),82 das „Maʿān al-Qurʾān“ von Yaḥyā b. Ziyād al-Farrāʾ (gest. 207/ 823),83 das „Maǧāz al-Qurʾān“ von Abū ʿUbaida Maʿmar b. al-Muṯannā (gest. 209/ 824)84 und das „Tafsīr“ von ʿAbd ar-Razzāq b. aṣ-Ṣanʿānī (gest. 211/826)85 als

79 Muqātil b. Sulaimān wird in verschiedenen biographischen Werken hinsichtlich seinem Wirken in

der ḥadīṯ-Wissenschaft und seiner politischen Ansichten intensiv kritisiert; in der Koranexegese genießt er aber eine allerseits anerkannte und geschätzte Stellung. In seinem berühmten tafsīr-Werk, in dem er den gesamten Koran auslegt, befasst er sich vermehrt mit undeutlichen und schwer ver-ständlichen Begriffen und weist dabei auf die Synonyme und Homonyme der Wörter hin. Näheres über sein Leben und sein Werk bei: İsmail Cerrahoğlu, „Tefsirde Mukâtil İbn Süleyman ve Eserleri“, in: Ankara Üniversitesi İlahiyat Fakültesi Dergisi (AÜİFD), Bd. 21, 1976, S. 1-35. Für ausführliche Informationen zu seinem Korankommentar siehe: Abdullâh Mahmûd Şehhâte, „Mukâtil B. Süleymân“, in: Muhtasar Tefsîr-i Kebîr, aus dem Arabischen ins Türkische übersetzt von M. Beşir Eryarsoy, Istanbul 2015, S. 21-32.

80 Es ist schwierig, die genaue Dauer des Zeitalters der tabaʿ at-tābiʿīn zu bestimmen. Vielen Quellen zufolge begann die Epoche dieser Generation aber mit dem Versterben des letzten tābiʿ Ḫalaf b. Ḫalīfa im Jahre 180/796 und endete im Jahr 220/ 835. Gleichzeitig wird es aber für zutreffender ge-halten, diese Zeitspanne zwischen den Jahren 135-190/752-806, in denen die Mehrheit der tabaʿ at-tābiʿīn lebte, anzusetzen. Vgl. Arif Ulu, „Tebeu’t-Tâbiîn“, in: TDVİA, Bd. 40, Istanbul 2011, S. 217.

81 Das tafsīr-Werk Sufyān aṯ-Ṯaurīs, der als Gründer einer nach ihm benannten Rechtssschule gilt, gehört zu den wichtigsten Quellen des Korankommentars von aṭ-Ṭabarī und ist darüber hinaus auch angesichts dessen von goßer Bedeutung, dass es die Ansichten der mekkanischen Exegeten aus der Zeit der ṭabiʿūn wiedergibt. Für eine eingehende Untersuchung dieses Werkes siehe: Hāšim ʿAbd Yāsīn al-Mašhadānī, Sufyān aṯ-Ṯaurī wa-aṯaruh fī t-tafsīr, Beirut 2006, S. 144-286.

82 Yaḥyā b. Sallām ist ein gedächtnisstarker Gelehrter gewesen, dem das erste tafsīr-Werk in Nordafrika und Andalusien zugesprochen wird. Auch wenn es zum Großteil Ähnlichkeiten zu früheren traditionellen Korankommentaren aufweist, finden sich darin auch neue Annäherungen, die neue Methoden präsentieren. Für eine ausführlichere Darstellung der Auslegungsmethode dieses Ge-lehrten siehe: Hind Šalabī, „al-Muqaddima“ (Einleitung), in: Tafsīr Yaḥyā b. Sallām, Beirut 2004, Bd. 1, S. 14-17.

83 In dem exegetischen Werk „Maʿānī al-Qurʾān“, auch bekannt unter dem Titel „Tafsīr muškil iʿrāb al-Qurʾān“ von al-Farrā, der allen voran als Grammatiker bekannt ist und einen wichtigen Beitrag bei der Bestimmung der Besonderheiten der arabischen Sprache und ihrer Regeln leistete, werden ausgehend von den Besonderheiten des Arabischen in den Koranversen die Grammatik und der Syn-tax der arabischen Sprache untersucht. Ausführlicheres über sein Leben und Werk in: as-Suyūṭī, Buġyat al-wuʿāt fī ṭabaqāt al-luġawiyyīn wa-n-nuḥāt, ed. von Muṣṭafā ʿAbd al-Qādir ʿAṭā, Beirut 2004, Bd. 2, S. 329f.; Zülfikar Tüccar, „Ferrâ, Yahyâ b. Ziyâd“, in: TDVİA, Bd. 12, Istanbul 1995, S. 406-408.

84 Das Werk „Maǧāz al-Qurʾān“ von Abū ʿUbaida, der Überlieferungen zufolge dem Ṣufriyya- oder ʿIbāḍiyya-Zweig der Ḫawāriǧ angehörte, zählt zu den wichtigen philologischen Koranauslegungen der Frühzeit. Das Werk deutet auf die ähnlichen Verwendungsformen und Bedeutungen der kora-nischen Wörter in der arabischen Sprache hin. Näheres dazu in: Zeynep Nermin Aksakal, „Ebû

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Korankommentare heraus, die tatsächlich von ihren Autoren selbst niederge-schrieben wurden. An dieser Stelle ist aufgrund seiner außerordentlichen Bedeutung in der Geschichte der Koranexegese auch das zu recht früher Zeit verfasste Werk „Ǧāmiʿ al-bayān fī tafsīr āy al-Qurʾān“ von aṭ-Ṭabarī (gest. 310/922), der in den Quellen teilweise zu den frühzeitlichen Gelehrten (mutaqaddimūn) und teilweise zu den spätzeitlichen Gelehrten (mutaʾaḫḫirūn) gezählt wird,86 zu nennen. Aṭ-Ṭabarī trug alle für ihn zugänglichen und relevanten Überlieferungen über die Exegese des Korans zusam-men, wobei er sie in seinem Werk zum Teil einer Kritik unterwarf. Sein Werk präsentiert entsprechend der damals bevorzugten Exegeseart at-tafsīr bi-r-riwāya, die auf der Grundlage von Überlieferungen betrieben wird, die umfangreichen Erkenntnisse der früheren Jahre. Dieses Werk, worin stellenweise auch Aspekte einer vernunftgeleiteten Koranauslegung (at-tafsīr bi-d-dirāya) anzutreffen sind,87 verkörpert mit seinem reichhaltigen Inhalt einen der wichtigsten Korankommentare der Gattung at-tafsīr bi-r-riwāya.88 Infolge der Zusammenstellung von schriftlichem Material, die seit der Zeit der tabaʿ at-tābiʿūn an Geschwindigkeit gewann, wurde bis heute aus unterschiedlichen Perspektiven eine Vielzahl an Korankommentaren verfasst, wobei sich diese Entwicklung neben der tafsīr-Wissenschaft auch in den anderen Disziplinen der

Ubeyde Ma’mer b. el-Müsennâ, Mecâzü’l-Kur’ân’ı ve Mukaddimesi Üzerine Bir İnceleme“, in: Erzincan Üniversitesi Sosyal Bilimler Enstitüsü Dergisi, Bd. 8, Nr. 2, 2015, S. 83-104.

85 ʿAbd ar-Razzāq aṣ-Ṣanʿānī, dem in der ḥadīṯ-Wissenschaft eine bedeutende Stellung zukommt, legt in seinem traditionellen tafsīr-Werk großen Wert darauf, die Ansichten des Propheten, der Prophe-tengefährten und der Nachfolgergeneration (tābiʿūn) unter Angabe ihrer Tradentenketten zu erwäh-nen. Für eine eingehende Darstellung der Methodik ʿAbd ar-Razzāqs in der Koraninterpretation siehe: Maḥmūd Muḥammad ʿAbduh, „Manhaǧ al-imām ʿAbd ar-Razzāq fī t-tafsīr“, in: Tafsīr ʿAbd ar-Razzāq, Beirut 1999, Bd. 1, S. 95-234.

86 Die Wörter mutaqaddimūn (die Vorderen, die Früheren) und mutaʾaḫḫirūn (die Anschließenden, die Nachkommenden) sind Begriffe, die in der Ideen- und Wissenschaftsgeschichte des Islams die Vorzeit und Nachzeit bestimmter Entwicklungen bezeichnen. In den verschiedenen islamischen Wis-senschaften werden mit diesen Begriffen unterschiedliche Epochen gemeint. So steht etwa das Wort mutaqaddimūn in der Koranexegese für die Generationen der ṣaḥāba, tābiʿūn, und tabaʿ at-tābiʿīn, wobei dies insbesondere im Genre des tafsīr bi-r-riwāya gilt. Im Genre des tafsīr bi-d-dirāya dagegen meint man damit die Phase bis az-Zamaḫšarī. Vgl. Murteza Bedir, „Mütekaddimîn ve Müteahhirîn“, in: TDVİA, Bd. 32, Istanbul 2006, S. 186.

87 Für eine ausführliche Untersuchung zu den vernunftgeleiteten Bemühungen aṭ-Ṭabarīs in seinem tra-ditionell ausgerichteten Korankommentar siehe: Hacı Önen, Taberî Tefsirinin Dirâyet Boyutu, Ankara 2014, S. 55-106

88 Ausführlicheres hierzu folgt in Teil III, Kapitel 2.1.1.1.

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islamischen Theologie beobachten lässt. All diese Korankommentare weisen in Bezug auf die bevorzugte Herangehensweise, die angewandte Methode, die Aus-wahl der Verse und den thematischen Schwerpunkt Unterschiede auf. Unter Beach-tung dieser Aspekte wurden sie in der Literatur in verschiedene Gattungen einge-teilt. In diesem Zusammenhang sind vor allem folgende Gattungen zu nennen: traditionelle Koranauslegung (at-tafsīr bi-r-riwāya), vernunftgeleitete Koranausle-gung (at-tafsīr bi-d-dirāya), mystische Koranauslegung (at-tafsīr bi-l-išāra) und juristische Koranauslegung (tafsīr al-aḥkām). Darüber hinaus entstanden auch Exe-gesegattungen wie die folgenden: philologische Koranauslegung (at-tafsīr al-luġawī), schulspezifische Koranauslegung (at-tafsīr al-maḏhabī), dogmatische Koranauslegung (at-tafsīr al-kalāmī), wissenschaftliche Koranauslegung (at-tafsīr al-fannī), soziologische Koranauslegung (at-tafsīr al-iǧtimāʿī) und modernistische Koranauslegung.89 Zieht man die frühen Korankommentare hinsichtlich ihrer Eigenschaften und Vor-gehensweise in Betracht, so ist zu erkennen, dass sie im Allgemeinen nach der Methode des tafsīr bi-r-riwāya verfasst wurden, die hauptsächlich darin besteht, die Exegese auf der Grundlage von Überlieferungen (Koran, Sunna, Aussagen der Alt-vorderen) zu betreiben, wobei stellenweise zur Auslegung einiger Begriffe auch die arabische Dichtung herangezogen wird, während rationale Deutungen möglichst unterlassen werden. Neben dem tafsīr-Werk aṭ-Ṭabarīs, dem aufgrund seiner Me-thode und seinem reichhaltigen Inhalt ein gesonderter Platz in der Geschichte des tafsīrs zukommt, können die Werke folgender Autoren als die bekanntesten Bei-spiele dieser Exegesegattung genannt werden: Abū l-Laiṯ as-Samarkandī (gest. 373/ 983), aṯ-Ṯaʿlabī (gest. 427/1035), al-Wāḥidī (gest. 468/1076), Farrāʾ al-Baġawī (gest. 516/1122), Abū l-Faraǧ Ibn al-Ǧauzī (gest. 597/1201), Ibn ʿAṭiyya al-Anda-lūsī (gest. 541/1147), Abū l-Fidāʾ Ibn Kaṯīr (gest. 774/1373), as-Suyūṭī (gest. 911/ 1505), Ibn ʿAqīla (gest. 1150/1737), Ṣiddīq Ḥasan Ḫān (gest. 1307/1890), Ǧamāl ad-Dīn al-Qāsimī (gest. 1914) und Malīḥābādī (gest. 1919).90 Wie bereits erwähnt wurde, basieren die frühen Korankommentare hauptsächlich auf Überlieferungen. Das sehr umfangreiche Überlieferungsmaterial, das uns von den Altvorderen übermittelt wurde, musste schon bald seitens fachkundiger Exege-

89 Vgl. Demirci, Tefsir Tarihi, S. 197-266;; Ṣalāḥ ʿAbd al-Fattāḥ al-Ḫālidī, Taʿrīf ad-dārisīn bi-manāhiǧ

al-mufassirīn, Damaskus 2010, S. 565-617. 90 Vgl. Birışık, „Kur’ân“, in: TDVİA, Bd. 26, S. 417.

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ten91 unter Berücksichtigung neuer Bedingungen und Umstände sowie im Lichte der Entwicklungen in den Koranwissenschaften neu verstanden und gedeutet wer-den, da einerseits die zunächst undifferenziert betrachteten Wissenschaften sich zu selbstständigen Disziplinen entwickelten und andererseits das islamische Reich dermaßen expandierte, dass aufgrund des Kontaktes mit anderen Kulturen neue Fra-gen und Probleme aufkamen, die neuen Antworten und Lösungen bedurften. Aus diesem Grund etablierte sich neben der Gattung at-tafsīr bi-r-riwāya allmählich auch die Gattung at-tafsīr bi-d-dirāya, die darin besteht, das tradierte tafsīr-Material durch eine vernunftgeleitete Eigenbemühung gemäß der Regeln der tafsīr- und Ko-ranwissenschaft sowie unter Heranziehung verschiedener Wissenschaften (wie z.B. die Sprach- und Literaturwissenschaften) zu deuten. Da die vernunftgeleitete Ko-ranauslegung nicht allein auf der Grundlage von Überlieferungen betrieben wird, sondern das tradierte tafsīr-Material im Lichte gewisser Regeln und Prinzipien rational bearbeitet und interpretiert, wird sie auch als at-tafsīr bi-r-raʾy und at-tafsīr al-ʿaqlī bezeichnet.92 Klammert man die mystisch ausgerichtete Exegesegattung at-tafsīr bi-l-išāra aufgrund ihrer speziellen Eigenart aus, so kann festgehalten werden, dass die traditionelle und vernunftgeleitete Koranauslegung die beiden Hauptme-thoden des tafsīr darstellen, die allen Exegesegattungen zugrunde liegen. Die ersten Korankommentare der Gattung at-tafsīr bi-d-dirāya stammen aus der Feder muʿta-zilītischer Gelehrten. Die philologischen und juristischen Korankommentare, die ab dem zweiten Jahrhundert nach der Auswanderung zustande kamen, sowie die wis-senschaftlichen, soziologischen und literarischen Korankommentare, die in den spä-teren Jahrhunderten, insbesondere ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erschienen, sind Werke, die mittels der Methode des at-tafsīr bi-d-dirāya angefer-

91 As-Suyūṭī zufolge muss ein Exeget folgende Disziplinen beherrschen, um als solcher zu gelten:

Lexikologie (luġa), Morphologie (ṣarf), Grammatik (naḥw), Rezitationslehre (qirāʾa), Etymologie (ištiqāq), Semantik (maʿānī), Erklärung (bayān), Verzierung der Rede (badʿī), systematische Theo-logie (kalām), Überlieferungswissenschaft (ḥadīṯ), islamische Jurisprudenz (fiqh), islamische Rechts-methodologie (uṣūl al-fiqh), Offenbarungsanlässe (asbāb an-nuzūl), abrogierende und abrogierte Verse (nasīḫ wa-mansūḫ) und ein geheimes, von Gott zugesprochenes Wissen (mauhība). Siehe: as-Suyūṭī, al-Itqān, Bd. 2, S. 973-976. Unter Berücksichtigung des Inhalts und Geistes des Korans er-weitert Bilmen die Liste der Wissenschaften, die ein Exeget zu kennen hat, noch um folgende Dis-ziplinen: Ethik, Psychologie, Soziologie, Wissenschaft von der Neuschöpfung, Astronomie, Geogra-phie, Geschichte und Biographie des Propheten. Ömer Nasuhi Bilmen, Büyük Tefsir Tarihi ve Tabakatü’l-Müfessirin, Istanbul 2008, Bd. 1, S. 138-140.

92 Vgl. Cerrahoğlu, Tefsir Tarihi, S. 601. Siehe hierzu auch: aḏ-Ḏahabī, at-Tafsīr wa-l-mufassirūn, Bd. 1, S. 221; Davut Aydüz, Tefsir Tarihi, Çeşitleri, ve Konulu Tefsir, Izmir 2013, S. 93f.

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tigt wurden. Autoren, die sich in ihren tafsīr-Werken dieser Methode bedienten, sind unter anderem: al-Māturīdī (gest. 333/944), az-Zamaḫšarī (gest. 538/1144), Faḫr ad-Dīn ar-Rāzī (gest. 606/1210), Qāḍī al-Baiḍāwī (gest. 685/1286), Abū l-Barakāt an-Nasafī (gest. 710/1310), al-Ḫāzin (gest. 741/1341), Abū Ḥayyān al-Andalūsī (gest. 745/1344), al-Maḥallī (gest. 864/1459), al-Biqāʾī (gest. 885/1480), as-Suyūṭī (gest. 911/1505), al-Ḫaṭīb aš-Širbīnī (gest. 977/1570), Abū s-Suʿūd (gest. 982/1574), Elmalılı Muhammed Hamdi (gest. 1942), Muḥammad Ṭāhir Ibn ʿĀšūr (gest. 1973), Maudūdī (gest. 1979), Saʿīd Ḥawwā (gest. 1989), Amīn Aḥsan Iṣlāḥī (gest. 1997), Wahba az-Zuḥailī (gest. 2015) und Süleyman Ateş.93 Eine weitere Form der Koranexegese, die neben den Gattungen at-tafsīr bi-r-riwāya und at-tafsīr bi-d-dirāya von großer Bedeutung ist, ist die oben kurz angesprochene mystische Koranauslegung (at-tafsīr bi-l-išāra), die auf der Grundlage spiritueller Entdeckungen (kašf) und Inspirationen (ilhām) von Mystikern betrieben wird. Je nachdem, welchen spirituellen Rang und Standplatz ein Sufi-Gelehrter durch Aske-se (zuhd) und meditative seelische Übungen (riyāḍā rūḥiyya) erlangt hat, erhält er einen individuellen, rational nicht nachvollziehbaren Zugang zu den esoterischen Bedeutungen des Korans. Da sich die Mystiker bei ihrer Auslegung manchmal zu sehr von den äußeren Bedeutungen entfernten und dabei sowohl die Erkenntnisse der traditionellen und vernunftgeleiteten Koranauslegung als auch die Regeln und Prinzipien der arabischen Grammatik und der Koranwissenschaften missachteten, wurden ihre Interpretationen mit Skepsis betrachtet, teilweise sogar für zerstöre-risch gehalten und abgelehnt.94 Dagegen formulierten einige Gelehrte bestimmte Kriterien und Regeln,95 um die akzeptablen mystischen Deutungen von den inak-zeptablen unterscheiden zu können. Diese skeptischen Einstellungen und einschränkenden Regelungen führten zur allgemeinen Anerkennung, dass ein vorsichtigerer und besonnener Umgang mit dieser Thematik notwendig ist. Die Werke folgender Sufi-Gelehrten gehören zu den wichtigsten Beispielen dieser tafsīr-Gattung: Sahl at-Tustarī (gest. 283/896),96 as-Sulamī (gest. 412/1021),97 al-

93 Vgl. Birışık, „Kur’ân“, in: TDVİA, Bd. 26, S. 417f. 94 Manche Gelehrte wie al-Wāḥidī (gest 465/1072) warfen denjenigen, die ihre mystischen Deutungen

der Verse als Koranexegese bezeichneten, sogar vor, vom Islam abgefallen zu sein. Vgl. aḏ-Ḏahabī, at-Tafsīr wa-l-mufassirūn, Bd. 2, S. 338.

95 Vgl. as-Suyūṭī, al-Itqān, Bd. 2, S. 974;; Fāṭima Muḥammad Mārdīnī, at-Tafsīr wa-l-mufassirūn, Damaskus 2009, S. 117. Ausführlicheres hierzu folgt in Teil III, Kapitel 2.3.

96 Ausführliches über Leben und Werk at-Tustarīs sowie über seine Stellung im Korankommentar folgt in Teil III, Kapitel 2.3.1.1.

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Qušairī (gest. 465/1072), Rūzbihān al-Baqlī (gest. 606/1209), Naǧm ad-Dīn ad-Dāya (gest. 654/1256), Ḥusain Wāʾiẓ Kāšifī (gest. 910/1504), Maḥmūd an-Naḥǧuwānī (gest. 920/1524), Ismāʿīl Ḥaqqī Bursawī (gest. 1137/1725), Ibn ʿAǧība (gest. 1224/1809) und Ašraf ʿAlī Tahānawī (gest. 1943).98 Eine weitere Gattung der Koranexegese ist die juristische Koranauslegung (tafsīr al-aḥkām). Sie wird als eine Untergattung des tafsīr bi-d-dirāya angesehen. In Ko-rankommentaren dieser Art werden hauptsächlich diejenigen Verse zum Gegen-stand der Untersuchung gemacht, die Rechtsvorschriften enthalten oder rechtsrele-vant sind. Die entsprechenden Koranpassagen werden dabei schwerpunktmäßig aus rechtswissenschaftlicher Sicht behandelt. Die frühen juristischen Korankommentare beinhalten die Auslegungen und Beurteilungen der Rechtsgelehrten aus der Zeit der ṣaḥāba und der tābiʿūn. Die späteren Kommentarwerke dagegen, die nach dem Aufkommen der Rechtsschulen verfasst wurden, umfassen darüber hinaus auch die Interpretationen der Juristen unter den tabaʿ at-tābiʿūn sowie der Rechtsschulgrün-der. In den späteren Werken dieser Gattung ist zu beobachten, dass die aufgeführten Rechtsmeinungen oft miteinander verglichen werden, sodass manchmal der Ein-druck entsteht, dass es sich dabei geradezu um komparative Rechtstexte handelt. Gelegentlich ergreifen die Autoren dabei Position, indem sie bestimmte Ansichten billigen, während sie andere hingegen aufgrund ihrer schwachen Beweisführung kritisieren. Die Geschichte der juristischen Koranauslegung geht zurück bis zur Zeit der Entstehung des ersten systematischen tafsīr-Werks. Denn der erste juristische Korankommentar „Tafsīr al-ḫams miʾat āya min al-Qurʾān“ stammt von Muqātil b. Sulaimān, der gleichzeitig der Autor des ersten systematischen Korankommentars überhaupt ist.99 An dieser Stelle gebührt al-Qurṭubī (gest. 671/1273)100 eine

97 Ausführliches über Leben und Werk as-Sulamīs sowie seine Stellung im Korankommentar folgt in

Teil III, Kapitel 2.3.2.1. 98 Vgl. Birışık, „Kur’ân“, in: TDVİA, Bd. 26, S. 418. 99 Das Werk „Tafsīr al-ḫams miʾat āya min al-Qurʾān“ ist 150 Jahre nach dem Ableben Muqātil b.

Sulaimāns in Buchform gebracht worden. Da es schon vor der Entstehung der juristischen Termini und Rechtsbücher zustandekam, finden sich in ihm nur wenige Ausführungen zu den Fachbegriffen, die in den darin behandelten rechtsbezogenen Versen Erwähnung finden. Vielmehr werden dabei zahlreiche Überlieferungen aufgeführt, die er direkt auf den Propheten stützt. Für eine ausführliche Untersuchung zu diesem Werk siehe: M. M. al-Sawwāf, Muqātil b. Sulaimān: An Early Zaidi Theologian with Special Reference to his Tafsīr al-khams miat āyah (Dissertation), Oxford 1968. Siehe auch: Yakup Mahmutoğlu, „Mukatil b. Süleyman’ın (ö. 150 h.) Tefsiru Hamsi Mieti Ayetin Mine’l-Kur’ân’il-Kerim [Beşyüz Ayetin Tefsiri] Adlı Kitabının Kısaca Tanıtımı ve Ahkâm Ayetleri Açısından Değerlendirilmesi“, in: İslam Hukuku Araştırmaları Dergisi, Nr. 13, 2009, S. 471-476.

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besondere Erwähnung; er brachte ein äußerst systematisches und umfangreiches Werk zustande, worin er die zuvor gewonnen Erkenntnisse im Bereich des tafsīr al-aḥkām in einer einzigartigen Art und Weise darstellt. Weitere Autoren, die sich in ihren Werken mit der Auslegung rechtsrelevanter Verse befassten, sind unter anderem: aš-Šāfiʿī, Abū Ǧaʿfar aṭ-Ṭaḥāwī (gest. 321/933), al-Ǧassās (gest. 379/ 981), Ilkiyā al-Harrāsī (gest. 504/1110), Abū Bakr Ibn al-ʿArabī (gest. 543/1158), as-Suyūṭī, al-Qurṭubī, Ṣiddīq Ḥasan Ḫān, Mehmed Vehbi Efendi (gest. 1949), Ẓafar Aḥmad at-Tahānawī (gest. 1974), Muḥammad Idrīs Kāndahlawī (gest. 1974), Muḥammad Šafīʿ (gest. 1976), Muḥammad ʿAlī as-Sāyis und Muḥammad ʿAlī aṣ-Ṣābūnī. Auch die schulspezifische Koranauslegung (at-tafsīr al-maḏhabī) sowie die dogma-tische Koranauslegung (at-tafsīr al-kalāmī) gelten als ein Zweig des at-tafsīr bi-d-dirāya. In Korankommentaren dieser Gattung stehen insbesondere die glaubens-bezogenen sowie die politischen Ansichten einer Glaubensschule im Vordergrund. Das Entstehen verschiedener Glaubensschulen (maḏāhib)101 im ersten islamischen Jahrhundert aufgrund religiöser und politischer Interessenskonflikte ist eine der Hauptursachen, die das Zustandekommen exegetischer Werke vorantrieben.102 Denn wer seine theologischen oder politischen Ansichten aus islamischer Sicht als die richtigste und somit als die gültige Sichtweise beweisen wollte, benutzte zur Fundierung seiner Ansicht den Koran als Referenz, wobei er manchmal dessen Verse zugunsten seiner eigenen Ansichten instrumentalisierte, indem er ihnen Bedeutungen zuschrieb, die der äußere Wortlaut unter Berücksichtigung der Koran-wissenschaften und der Regeln der arabischen Sprache eigentlich nicht hergibt. So wie die religiösen Texte (Koran und Sunna) in der Vergangenheit für ideologische, politische oder wirtschaftliche Interessen ausgenutzt wurden, so kann auch heute beobachtet werden, wie manche Gruppierungen sie zugunsten ihrer Interessen miss-brauchen. Es existieren aber auch wichtige tafsīr-Werke von Anhängern mancher Splittergruppen, die die Anerkennung oder zumindest den Respekt der Mainstream-

100 Ausführliches über Leben und Werk al-Qurṭubīs sowie seine Stellung im Korankommentar folgt in

Teil III, Kapitel 2.5.1.1. 101 Schulen (maḏāhib, Sg.: maḏhab), die sich angesichts ihrer Dissensbereiche in Glaubensschulen,

Rechtsschulen und politische Schulen einteilen lassen, bezeichnen soziale Gruppen, bei denen die Differenzen bezüglich des Religionsverständnisses institutionalisiert sind. Für eingehende Informa-tionen über die Schulen, die sich im Laufe der islamischen Ideengeschichte bildeten siehe: Mehmet Saffet Sarıkaya, İslâm Düşünce Tarihinde Mezhepler, Istanbul 2015, S. 64-215.

102 Vgl. Cerrahoğlu, Tefsir Tarihi, S. 233; Demirci, Tefsir Tarihi, s. 198.

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Gelehrten erlangten. Unter den Glaubensschulen, die außerhalb der ahl as-sunna eingestuft werden, leistete die Muʿtazila103 den größten Beitrag für die Koranexe-gese. Obwohl das Wirken dieser Glaubensschule nicht lange andauerte, kommt ihr im Genre at-tafsīr bi-d-dirāya eine wichtige Rolle zu.104 Persönlichkeiten wie Abū Bakr al-Aṣamm (gest. 200/816), Abū ʿAlī al-Ǧubbāʾī (gest. 303/916), Abū Muslim al-Iṣfahānī (gest. 322/934), Qāḍī ʿAbd al-Ǧabbār (gest. 415/1025) und az-Zamaḫšarī zählen zu den wichtigen muʿtazilītischen Exegeten, die sich durch ihre Korankommentare auszeichneten. Insbesondere das von az-Zamaḫšarī verfasste Werk mit dem Titel „al-Kaššāf“, das vor allem hinsichtlich der arabischen Sprache und Literatur als ein Monumentalwerk angesehen wird, übte auch auf nicht-muʿtazilītische Exegeten großen Einfluss aus und wurde zum Gegenstand zahl-reicher wissenschaftlicher Forschungen und Arbeiten.105 Auch von schiitischen Gelehrten wurde im Laufe der Geschichte eine Vielzahl wichtiger Korankommen-tare angefertigt. Zwar werden schon den Gelehrten Muḥammad al-Bāqir (gest. 114/ 733), Ǧābir al-Ǧuʿfī (gest. 128/746), Zaid b. ʿAlī (gest. 122/740), Ǧaʿfar aṣ-Ṣādiq (gest. 148/765) und Abū l-Ḥasan al-ʿAskarī (gest. 254/868), die den Imāmiyya-Schiiten angehören, verschiedene tafsīr-Werke zugesprochen,106 die ältesten uns noch zugänglichen schiitischen Korankommentare stammen aber aus der Feder von Muḥammad b. Ḥaǧar al-Baǧaḥtī (gest. 311/923)107 und ʿAlī b. Ibrāhīm b. Hāšim al-Qummī (gest. 307/919). Das Werk von aṭ-Ṭabarsī (gest. 548/1154),108 das den Titel

103 Die Muʿtazila, die zu Beginn des 2./8. Jahrhunderts mit Wāṣil b. ʿAṭāʾ (gest. 131/748) und ʿAmr b.

ʿUbaid (gest. 144/761) als eine Glaubensschule in Erscheinung trat, ist bekannt dafür, dass sie beim Verstehen und Deuten der religiösen Texte eher rational vorgeht anstatt auf Überlieferungen zurück-zugreifen. Für eine ausführliche Darstellung des muʿtazilītischen Koranverständisses siehe: Mustafa Öztürk, Kur’ân’ın Mu’tezilî Yorumu. Ebû Müslim el-İsfahânî Örneği, Ankara 2008.

104 Vgl. Birışık, „Kur’ân“, in: TDVİA, Bd. 26, S. 418. 105 Ausführlicheres hierzu in: Kâtib Çelebi, Kašf aẓ-ẓunūn ʿan asāmī al-kutub wa-l-funūn, ed. von

Muḥammad ʿAbd al-Qādir ʿAṭā, Beirut 2008, Bd. 3, S. 90-97. 106 Siehe dazu: Ibn an-Nadīm, al-Fihrist, S. 52; Ignaz Goldziher, Die Richtungen der islamischen

Koranauslegung, Leiden 1920, S. 278f. 107 Öztürk zufolge haben Ignaz Goldziher und Süleyman Ateş das Werk „Bayān as-saʿāda fī maqāmāt

al-ʿibāda“ von Sulṭān Muḥammad al-Ǧanābiḏī (gest. 1909) irrtümlicherweise Muḥammad b. Ḥaǧar al-Baǧaḥtī (gest. 311/923) zugeschrieben. Vgl. Mustafa Öztürk, Şiî-İmâmî Tefsir Kültürünün Genel Karakteristikleri, in: Bilal Gökkır, Necdet Yılmaz u.a. (Hg.), Tarihten Günümüze Kur’ân’a Yakla-şımlar, Istanbul 2010, S. 244.

108 Aṭ-Ṭabarsī, der zu den führenden Autoritäten der Imāmiyya-Schiiten seiner Zeit gehörte und für die heutigen Schiiten vor allem als Koranexeget von Bedeutung ist, schreibt in der Einleitung seines Werkes „Maǧmaʿ al-bayān fī tafsīr al-Qurʾān“, dass er darin zahlreiche Themen wie Satzanalyse, Lexikologie, Offenbarungsanlässe, Erzählungen, Rechtsvorschriften, Strafen, Rezitationsarten etc.

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„Maǧmāʿ al-bayān“ trägt, ist unter den schiitischen Korankommentaren das am weitesten verbreitete. Darüber hinaus gehören ebenso die tafsīr-Werke von Abū Ǧaʿfar aṭ-Ṭūsī (gest. 460/1067), Faiḍ al-Kāšānī (gest. 1090/1679) und Muḥammad Ḥusain Ṭabāṭabāʾī (gest. 1981) zu den wichtigsten Kommentarwerken der Schiiten.109 Es wurde auch von Gelehrten der Zaidīten, die einen Zweig der Schiiten bilden, eine Vielzahl an Exegesewerken verfasst.110 Das bekannteste unter diesen ist das Werk „Fatḥ al-qadīr“ von aš-Šaukānī (gest. 1250/1834), in welchem der Autor die Methoden des tafsīr bi-r-riwāya und des tafsīr bi-d-dirāya synthetisierend anwandte.111 Was die Korankommentare der ḫāriǧītischen Gelehrten angeht, so ist bekannt, dass sehr viele dieser Werke nicht mehr existieren. Zu erwähnen ist allerdings das Werk „Himyān az-zād ilā dār al-maʿād“ von Muḥammad b. Yūsuf Aṭṭafayyiš (gest. 1332/1914), welches insbesondere im Hinblick auf die Darlegung der Ansichten der ʿIbāḍiyya – die gegenwärtig einzige noch existente Abzweigung der Ḫawāriǧ – von großer Bedeutung ist.112 Als eine weitere Untergattung des tafsīr bi-d-dirāya ist die philologische Koranaus-legung (at-tafsīr al-luġawī) zu nennen. Diese Form der Koranexegese hat ihren Schwerpunkt in der sprachwissenschaftlichen, lexikalischen und syntaktischen Ana-lyse der Verse. Fundierte Werke in Bezug auf die arabische Sprache, die ab Mitte des 2./8. Jahrhunderts hervorgebracht wurden, umfassten auch Themen wie das Kennenlernen der Sprache des Korans sowie seine Auslegung aus sprachwissen-schaftlicher Hinsicht. Viele der frühen Philologen verfassten Werke, die sich mit

behandelt, die Richtigkeit der schiitischen Ansichten beweist und die Einwände der Koran-Kritiker beantwortet. Vgl. Aṭ-Ṭabarsī, Maǧmaʿ al-bayān fī tafsīr al-Qurʾān, ed. von Ibrāhīm Šams ad-Dīn, Beirut 1997, Bd. 1, S. 10. Näheres über den Korankommentar aṭ-Ṭabarsīs findet sich in: Musa Kâzım Yılmaz, „Mecmau’l-Beyân“, in: TDVİA, Bd. 28, Ankara 2003, S. 257.

109 Vgl. Birışık, „Kur’ân“, in: TDVİA, Bd. 26, S. 418. Für eine Einführung in die schiitische Koranaus-legung siehe: Roland Pietsch, „Die Grundzüge schiitischer Koranauslegung“, in: Iran Spektrum, Bd. 23, Nr. 1, 2010, S. 5-29.

110 Vgl. aḏ-Ḏahabī, at-Tafsīr wa-l-mufassirūn, Bd. 2, S. 246-248;; Cerrahoğlu, Tefsir Tarihi, S. 383-385. 111 Der Korankommentar „Fatḥ al-qadīr“ von aš-Šaukānī, der ein vielseitiger Gelehrter war, erzielte

die Aufmerksamkeit und die Anerkennung vieler Exegeten. Er zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er verschiedene koranwissenschaftliche Fragen in einer fundierten Weise behandelt und bei der Auslegung der rechtsrelevanten Verse möglichst den Weg des iǧtihād einschlägt anstatt nur frühere Meinungen nachzuahmen und wiederzugeben. Für eine zusammenfassende Darstellung der Eigen-schaften dieses Werkes siehe: Yakup Bıyıklıoğlu, Şevkânî’nin Fethu’l Kadîr’inde Esbâb-ı Nüzûl ve Kur’ân’ın Anlaşılması, Istanbul 2005, S. 20-24.

112 Vgl. Cerrahoğlu, Tefsir Tarihi, S. 422-431;; aḏ-Ḏahabī, at-Tafsīr wa-l-mufassirūn, Bd. 2, S. 278-293.

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der sprachlichen und literarischen Dimension des Korans befassen.113 In der Früh-phase entstand in diesem Genre eine Vielzahl an Werken, die als „Ġarīb al-Qurʾān“, „Iʿrāb al-Qurʾān“ und „Maʿān al-Qurʾān“ betitelt wurden. Zu den wich-tigsten erhalten gebliebenen ġarīb al-Qurʾān-Werken zählen die Schriften von Ibn Qutaiba (gest. 276/889), Ibn al-Mulaqqin (gest. 804/1401) und Faḫr ad-Dīn aṭ-Ṭuraiḥī (gest. 1085/1674) sowie das Werk „al-ʿUmda“ von Makkī b. Abī Ṭālib (gest. 437/1045), das Werk „al-Mufradāt“ von Rāġib al-Iṣfahānī (gest. 502/1108) und das Werk „Taḏkirat al-arīb“ von Ibn al-Ǧauzī (gest. 597/1201). Im Bereich iʿrāb al-Qurʾān dagegen ragen das „al-Kitāb“ von as-Sībawaih (gest. 180/796), das „al-Kitāb al-farīḍ“ von Aḫfaš al-Aṣġar (gest. 316/928), das „Iʿrāb al-Qurʾān“ von an-Naḥḥās (gest. 338/950) sowie das „Iʿrāb ṯalāṯīna sūra“ von Ibn Ḫālawaih (gest. 370/980) heraus. Bedeutende maʿān al-Qurʾān-Werke indessen, die bis heute exis-tieren, sind die ebenso betitelten Werke von al-Farrāʾ(gest. 207/822) und Aḫfaš al-Ausaṭ (gest. 215/830), das Werk „Maʿān al-Qurʾān wa-iʿrābuhū“ von az-Zaǧǧāǧ (gest. 311/923) sowie das Werk „al-Iʿǧāz al-bayān ʿan maʿān al-Qurʾān“ von Maḥmūd b. Abū l-Ḥasan an-Nīsabūrī (gest. nach 553/1158). Darüber hinaus bein-halten auch einige Werke der Gattung at-tafsīr bi-d-dirāya, allen voran das berühm-te Werk „al-Kaššāf“ von az-Zamaḫšarī, charakteristische Elemente eines philologi-schen Korankommentars.114 Auch die sogenannte wissenschaftliche Koranauslegung (at-tafsīr al-ʿilmī) gilt als eine Form der Exegese, die dem Genre at-tafsīr bi-d-dirāya zugeordnet wird. Sie besteht darin, diejenigen Koranverse zu erläutern, die einen Bezug zu den positiven Wissenschaften aufweisen. Unabhängig davon, dass sich die Gelehrten über die Legitimität einer solchen Korandeutung streiten,115 ist es eine Tatsache, dass sie praktiziert wurde und sich als eine Art des tafsīrs etabliert hat. Es wird ange-nommen, dass das Entstehen dieser Exegesegattung mit dem Aufkommen des tafsīr bi-d-dirāya einherging, wobei ihre Systematisierung erstmals durch al-Ġazālī (gest.

113 Vgl. Birışık, „Kur’ân“, in: TDVİA, Bd. 26, S. 418. Für mehr Informationen über einschlägige Wer-

ke in der Frühphase siehe: Ibn an-Nadīm, al-Fihrist, S. 52f.; Demirci, Tefsir Tarihi, S. 105-112. 114 Vgl. Birışık, „Kur’ân“, in: TDVİA, Bd. 26, S. 418. 115 In seinem Werk „al-Muwāfaqāt“, das von der Methodenlehre des islamischen Rechts handelt, kriti-

siert aš-Šāṭibī die wissenschaftliche Koranauslegung unter Nennung von Gründen. Auch aḏ-Ḏahabī (gest. 1978) und Amīn al-Ḫūlī (gest. 1966) gehören zu den Kritikern der wissenschaftlichen Koran-auslegung. Näheres hierzu in: aš-Šāṭibī, al-Muwāfaqāt fī uṣūl aš-šarīʿa, ed. von ʿAbd Allāh Darrāz und Muḥammad Darrāz, Beirut 2005, Bd. 2, S. 60-62;; aḏ-Ḏahabī, at-Tafsīr wa-l-mufassirūn, Bd. 2, S. 278-293; Emin el-Hûlî, Kur’ân Tefsirinde Yeni Bir Metod, aus dem Arabischen ins Türkische übersetzt von Mevlüt Güngör, Ankara 2001, S. 49-60.

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505/1111) erfolgte.116 Ebenso gelten nach al-Ġazālī Persönlichkeiten wie ar-Rāzī, der u.a. in der Philosophie, Medizin, Mathematik und Astronomie bewandert war, sowie Abū l-Faḍl al-Mursī (gest. 655/1257), az-Zarkašī und as-Suyūṭī117 zu den führenden Autoritäten im Bereich der wissenschaftlichen Koranauslegung. Diese tafsīr-Bewegung kam nach as-Suyūṭī ins Stocken. Bestrebungen mancher Gelehrten wie Kâtib Çelebi (gest. 1068/1657) und Ibrāhīm Ḥaqqī Erzurūmī (gest. 1186/1772), sie wiederzubeleben, blieben als vereinzelte Versuche erfolglos. Erst nach der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann infolge der wissenschaftlichen und soziologischen Entwicklungen im Westen wieder die Analyse und Bewertung der wissenschaftsbezogenen Koranverse im Lichte bestimmter Daten und Theorien. Dabei wurden die entsprechenden Verse auf ihre Kompatibilität mit den betreffen-den Wissenschaften geprüft. Der Gelehrte Muḥammad b. Aḥmad al-Iskandarānī (gest. 1306/1888) gilt mit seinem Werk „Kašf al-asrār an-nūrāniyyat al-qurʾā-niyya“ als einer der bekanntesten Verfechter dieser tafsīr-Bewegung im 19. Jahr-hundert. Nach ihm folgten Sayyid ʿAbd ar-Raḥmān al-Kawākibī (gest. 1902) mit dem Werk „Ṭabāʾī al-istibdād wa-maṣāriʿ al-istibʿād“ und Gazi Ahmed Muhtar Paşa (gest. 1919) mit dem Werk „Sarāʾir al-Qurʾān“. Ihren Höhepunkt erreichte die wissenschaftliche Koranauslegung ein halbes Jahrhundert später mit dem 25-bändigen Werk „al-Ǧawāhir fī tafsīr al-Qurʾān“ von Ṭanṭāwī Ǧauharī (gest. 1359/ 1940)118.119

116 Vgl. Aḥmad ʿUmar Abū Ḥaǧar, at-Tafsīr al-ʿilmī li-l-Qurʾān fī l-mīzān, Beirut 2001, S. 142-146;

Celâl Kırca, İlimler ve Yorumlar Açısından Kur’ân’a Yönelişler, Istanbul 2009, S. 201f. Während al-Ġazālī in seinem Werk „Iḥyāʾ“ behauptet, dass jeder Begriff im Koran auf verschiedene Wissen-schaften hinweist, äußert er sich in seinem Werk „Ǧawāhir al-Qurʾān“ dahingehend, dass alle Wis-senschaften, sogar diejenigen, die bereits vergangen und vergessen sind bzw. noch in der Zukunft erkannt werden sollen, im Koran enthalten sind. Ihmzufolge ist alles Wissen das Spiegelbild der Handlungen Gottes. Demnach sei es notwendig, mit all diesem Wissen vertraut zu sein, um Gott in einer gebührenden Weise zu kennen. Um beispielsweise Kenntnis über das Attribut Gottes aš-Šāfī (der Heilende) zu haben, sei es erforderlich, die Medizin zu kennen. Vgl. Abū Ḥāmid al-Ġazālī, Iḥyāʾ ʿulūm ad-dīn, Beirut 2002, Bd. 1, S. 405;; Abū Ḥāmid al-Ġazālī, Ǧawāhir al-Qurʾān wa-duraruh, ed. von Maḥmūd Bīǧū, Damaskus 2007, S. 46f.

117 As-Suyūṭī betrachtet den Koran als die Quelle aller Wissenschaften und vertritt die Ansicht, dass Gott das Wissen aller Dinge in ihm offenlegte. Vgl. as-Suyūṭī, al-Itqān, Bd. 1, S. 13. Siehe hierzu auch: Ǧalāl ad-Dīn as-Suyūṭī, Muʿtarak al-aqrān fī iʿǧāz al-Qurʾān, ed. von Aḥmad Šams ad-Dīn, Beirut 1988, Bd. 1, S. 12-19.

118 Ṭanṭāwī Ǧauharī, der als Gründer der modernen wissenschaftlichen Koranexegese gilt und den Grund für die Stagnation der Muslime im Vernachlässigen der rationalen Wissenschaften sah, ver-suchte in seinem Werk „Ǧawāhir fī tafsīr al-Qurʾān“ den Koran im Lichte der positiven Wissen-schaften sowie der Prinzipien, Theorien und Entwicklungen verschiedener Disziplinen zu deuten.

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Eine weitere tafsīr-Gattung, die ebenfalls einen Zweig des tafsīr bi-d-dirāya bildet und sich am Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte, ist die sogenannte soziolo-gische Koranauslegung (at-tafsīr al-iǧtimāʿī), die anhand einer neuen Methode ein Exegeseverständnis im Hinblick auf die Interessen und Bedürfnisse des letzten Jahrhunderts erarbeitete und sich schwerpunktmäßig mit der rechtleitenden Dimen-sion des Korans befasst. Diese tafsīr-Bewegung beabsichtigt, den bisherigen sich stets wiederholenden Exegesebestrebungen eine neue Perspektive zu geben und eine Erneuerung zu erwirken, um den tafsīr generell von seiner Monotonie und Stagnation zu befreien und die gesellschaftlichen Probleme unter Heranziehung der rechtleitenden Aspekte der Koranverse zu lösen.120 Die Anhänger dieser tafsīr-Bewegung vertreten die Ansicht, dass der Koran die Reform und den Aufstieg der muslimischen Gemeinschaft herbeiführen werde, so wie er sie schon in der Frühzeit herbeigeführt habe. Sie stellten sich daher ganz offen gegen jegliche Nachahmung (taqlīd) und den Gebrauch von Texten jüdischer oder christlicher Herkunft (isrāʾīliyyāt), die in Korankommentaren als zusätzliches Wissen zu den in islami-schen Quellen enthaltenen Informationen eingesetzt wurden. Vielmehr versuchten sie die Verse auf der Grundlage von fundierten wissenschaftlichen Theorien auszu-legen, ohne dabei im Einfluss der Glaubens- und Rechtsschulen zu stehen. Kritik wird den Verfechtern dieser Bewegung dahingehend entgegengebracht, dass sie einerseits bei der Koranauslegung der Ratio (ʿaql) eine zu große Rolle beimessen und sie gegenüber den Überlieferungen (naql) bevorzugen, während sie anderer-seits einige bei al-Buḫārī und Muslim aufgeführte Überlieferungen als schwach (ḍaʿīf) bzw. erfunden (mauḍūʿ) einstufen und ablehnen. Darüber hinaus werden sie auch dafür kritisiert, dass sie bei der Ableitung von Rechtsbestimmungen āḥād-Überlieferungen, deren Authentizität von Gelehrten verifiziert wurden,121 nicht

Für eine ausführliche Darstellung dieser Herangehensweise siehe: Mehmet Suat Mertoğlu, „Kur’ân’ı Modern Bilimlerin Işığında Okumak: Tantâvî Cevherî Örneği“, in: Dîvân. Disiplinlerarası Çalışmalar Dergisi, Bd. 16, Nr. 30, 2011, S. 91-113.

119 Vgl. Demirci, Tefsir Tarihi, s. 227. Siehe hierzu auch: Kırca, Kur’ân’a Yönelişler, S. 203-208. 120 Vgl. Orhan Atalay, 20. Yüyzıl Tefsir Akımı. İçtimâî Tefsir, Istanbul 2004, S. 53-139; Goldziher, Die

Richtungen der islamischen Koranauslegunug, S. 310-370;; aṣ-Ṣāliḥ, Mabāḥiṯ, S. 297f. 121 Eine āḥād-Überlieferung, auch ḫabar al-wāḥid genannt, drückt lexikalisch eine Nachricht aus, die

eine Person von einer anderen Person überliefert. Als terminus technicus bezeichnet dieser Ausdruck eine Überlieferung, die nicht den Grad einer vielfach und ununterbrochen tradierten Überlieferung (mutawātir) erlangt hat. Demnach ist es gleichgültig, ob die Anzahl der Tradenten eins, zwei, drei oder mehr ist. Vgl. Ṭāhir al-Ǧazāʾirī, Tauǧīh an-naẓar ilā uṣūl al-aṯar, ed. von ʿAbd al-Fattāḥ Abū Ġudda, Kairo 2009, Bd. 1, S. 108-115;; Muḥammad Ḍiyāʾ ar-Raḥmān al-Aʿẓamī,

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annehmen und überspitzte Deutungen bezüglich der Verse äußern, die sich mit dem äußeren Wortlaut jener Passagen nicht vereinbaren lassen.122 Als Gründer der soziologischen Koranauslegung gilt der ägyptische Gelehrte Muḥammad ʿAbduh (gest. 1323/1905)123, der allerdings selbst kein Werk dazu verfasste. Seine Aus-legungen bis zum 125. Vers der Sure an-Nisāʾ, die er bis zu seinem Tod an der al-Azhar-Universität im Rahmen seiner Vorlesungen vortrug, wurden vielmehr von seinem Schüler Rašīd Riḍā (gest. 1354/1935)124 protokolliert und im Werk „Tafsīr al-manār“ zusammengestellt. Danach führte Rašīd Riḍā diesen Korankommentar selbstständig bis zum 52. Vers der Sure Yūsuf weiter und konnte damit vor seinem Ableben ein nur unvollständiges, aber 12 Bände umfassendes tafsīr-Werk vorlegen. Er gilt nach ʿAbduh als der wichtigste Vertreter dieser Bewegung. Andere wichtige Schriften dieser Gattung sind u.a. das Werk „Tafsīr al-Marāġī“ von Aḥmad

Muʿǧam muṣṭalaḥāt al-ḥadīṯ wa-laṭāʾif al-asānīd, Riad 1425/2004, S. 14-16. Ausführliches über die normative Beweiskraft eines ḫabar al-wāḥid in: aš-Šāfiʿī, ar-Risāla, ed. von Aḥmad Muḥammad Šākir, Beirut o.J., S. 401-471.

122 Näheres über die positiven und kritischen Beurteilungen bezüglich dieser exegetischen Herange-hensweise in: Cerrahoğlu, Tefsir Tarihi, S. 777f.; Demirci, Tefsir Tarihi, S. 242-244. Ein gutes Beispiel für überspitzte Deutungen, die dem äußeren Wortlaut völlig entgegenstehen, bildet die Interpretation Muḥammad ʿAbduhs in Bezug auf die Sure Fīl. ʿAbduh legte den Vogelschwarm, der über Abraha geschickt wurde, als Fliegen und die Steine, die sie trugen, als Bakterien aus. Vgl. Muhammed Abduh, Fâtiha Sûresi ve Amme Cüzü Tefsiri, aus dem Arabischen ins Türkische über-setzt von Ömer Aydın, Istanbul 2012, S. 438. Der unter dem Beinamen „Elmalılı“ bekannte Exeget Yazır bewertet eine solche Interpretation des betreffenden Verses als Verfälschung (taḥrīf) des Korans. Vgl. Muhammed Hamdi Yazır, Hak Dini Kur’ân Dili, Istanbul o.J., Bd. 9, S. 475f.

123 ʿAbduh positionierte sich deutlich gegen jegliche ideelle Nachahmung und plädierte für ein Religionsverständnis nach der Methode der Altvorderen (salaf) und aus der Grundlage der ersten Quellen, als es noch keinen Dissens gab. Für eine detaillierte Darstellung der Überlegungen ʿAbduhs bezüglich der Bildung einer Synthese zwischen dem Reformgedanken und der westlichen Modernisierung siehe: Mehmet Zeki İşcan, Muhammed Abduh’un Dinî ve Siyasî Görüşleri, Istanbul 1998, S. 89-295. Siehe hierzu auch: Muḥammad al-Fāḍil Ibn ʿĀšūr, at-Tafsīr wa-riǧāluh, Kairo 2008, S. 170-177.

124 Das Werk „Tafsīr al-manār“ des ägyptischen Reformisten Rašīd Riḍā, der danach strebte, die reli-giösen Wissenschaften wiederzubeleben, kann als ein typisches Produkt der sogenannten manār-Schule betrachtet werden. Ziel dieser Denkschule, die von Ǧamāl ad-Dīn al-Afġānī und Muḥammad ʿAbduh begründet und von Rašīd Riḍā fortgeführt wurde, war es, eine Synthese zwischen dem reinen Islam aus den ersten Jahrhunderten und den positiven Werten der zeitgenössischen Zivili-sation zu schaffen. Für eine ausführliche Darstellung dieser Bewegung siehe: Muḥammad Ibrāhīm Šarīf, Ittiǧāhāt at-taǧdīd fī tafsīr al-Qurʾān al-karīm, Kairo 2008, S. 187-226; Goldziher, Die Richtungen der islamischen Koranauslegung, S. 320-370; Abdullah Takim, Koranexegese im 20. Jahrhundert: Islamische Tradition und neue Ansätze in Süleyman Ateş’s “Zeitgenössischem Korankommentar”, Istanbul 2007, S. 51-58.

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Muṣṭafā al-Marāġī (gest. 1364/1845) und das „Fī ẓilāl al-Qurʾān“ von Sayyid Quṭb (gest. 1386/1966). Bei der sogenannten klassisch-modernistischen Koranauslegung, die ebenso als ein Zweig des tafsīr bi-d-dirāya angesehen wird, handelt es sich indessen um eine Exegeseschule, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand und als eine Auswirkung der wissenschaftlichen und soziopolitischen Entwicklungen im Westen auf die Koranexegese betrachtet werden kann. Die Verfechter dieser tafsīr-Bewe-gung konzentrieren sich insbesondere auf jene Dimension des Korans, die ihnen zufolge alle Epochen anspricht und je nach Zeit und Kontext neu zu interpretieren ist. Dabei geht es ihnen im Grunde darum, den Koran durch Methoden der moder-nen Zeit auszulegen. Sie lehnen jegliche Nachahmung strikt ab, befürworten statt-dessen das Streben nach der eigenen Meinung (iǧtihād)125 und plädieren für eine neue Herangehensweise in der Koranexegese, die darin besteht, die Verse nicht auf der Grundlage von Überlieferungen, sondern primär nach dem Verstand mit einem rationalen und kritischen Ansatz neu auszulegen. Diese tafsīr-Strömung ist haupt-sächlich in Indien und Ägypten vertreten. Zu ihren Verfechtern in Indien gehören vor allem Sayyid Aḥmad Ḫān (gest. 1316/1898)126 und Sayyid Amīr ʿAlī (gest. 1347/1928)127, welche als „die indischen Modernisten des Islams“ bezeichnet werden. Sayyid Aḥmad Ḫān versuchte in seinem sechs Bände umfassenden „Tafsīr

125 Für eine eingehehende Erklärung zum ursprünglich rechtsterminologischen Begriff iǧtihād siehe:

Muḥammad b. Ḥusain b. Ḥasan al-Ǧīzānī, Maʿālim uṣūl al-fiqh ʿinda ahl as-sunna wa-l-ǧamaʿā, Riad 1429/2008, S. 464-488;; Muḥammad ʿUbaid Allāh al-Asʿadī, al-Mūǧaz fī uṣūl al-fiqh, Kairo 2010, S. 285-293. Näheres über die Voraussetzungen, die ein Gelehrter zum Ausüben des iǧtihād erfüllen muss, in: Hüseyin İlker Çınar, „Wer ist ein muǧtahid? Die Diskussion um die Eigenschaften eines muǧtahid in den Quellen der Methodenlehre des islamischen Rechts“, in: Hikma – Zeitschrift für Islamische Theologie und Religionspädagogik, Bd. 4, Nr. 6, 2013, S. 43-50.

126 Aḥmad Ḫān, der aufgrund seiner Meinungen und Praktiken von einigen Gelehrten kritisiert und sogar des Unglaubens bezichtigt wurde, verteidigte die absolute Vereinbarkeit des Islam mit der Vernunft, wobei er den starken Einflüssen des europäischen Rationalismus des 19. Jahrhundert und der Naturphilosophie unterlag. Näheres über seine religiösen und politischen Ansichten findet sich in: Mustafa Öz, „Ahmed Han, Seyyid“, in: TDVİA, Bd. 2, Istanbul 1989, S. 73-75; J. M. S. Baljon, „Aḥmad Khān“, in: Encyclopaedia of Islam, Bd. 1, Leiden 1986, S. 287.

127 Amīr ʿAlī war ein indischer Jurist und politischer Führer. In seinen Werken gab er Antworten auf die Kritik der Europäer gegenüber dem Islam und betonte dabei stets, dass sich der moderne Westen auf das intellektuelle Erbe des Islam stützt. Seine Ansichten übten in den beiden Zentren des islamischen Modernismus, Indien und Ägypten, großen Einfluss auf die Sympathisanten der westlichen Denkart aus. Für ausführlichere Informationen über Amīr ʿAlī und die Einflüsse seiner Ideen siehe: Abdullah Ahsan, „Emîr Ali, Seyyid“, in: TDVİA, Bd. 11, Istanbul 1995, S. 123f. Siehe hierzu auch: Goldziher, Die Richtungen der islamischen Koranauslegung, S. 312-319.

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al-Qurʾān“ die ersten 17 Teile (aǧzāʾ) des Korans rational auszulegen. So lehnte er beispielsweise die Himmelfahrt (miʿrāǧ), die Wunder der Propheten128 sowie die Wundertaten der Gottesfreunde (auliyāʾ) ab, deutete die Engel als intuitive Wahr-nehmung des Menschen, die Dschinn als Übel, Krankheit und Projektion alles Schlechten129 und den Satan als Triebseele, die das Böse gebietet (nafs al-ammāra), d.h. als eine im Menschen vorhandene Kraft.130 Diese Deutungsversuche zeigen, wie sehr Sayyid Aḥmad Ḫān sich an den Naturgesetzen und rationellen Erklärungen orientierte. Amīr ʿAlī indessen, der in seinen Werken stets die Rationalität des Islams betonte, deutete die Himmelsfahrt nicht als ein physisches Ereignis, ver-langte die Aufhebung der Polygamie und vertrat die Ansicht, dass der Islam als ein politisches System die Demokratie unterstützt.131 Als Vertreter dieser tafsīr-Bewe-gung in Ägypten sind Ǧamāl ad-Dīn al-Afġānī (gest. 1315/1897),132 Muḥammad ʿAbduh und Muḥammad Abū Zaid ad-Damanhūrī133 zu nennen. Diese drei Denker werden auch als „die ägyptischen Modernisten des Islams“ bezeichnet.134 Wie ihre indischen Kollegen wandten auch sie sich vehement gegen jegliche Nachahmung und befürworteten stattdessen, die Tür zum iǧtihād offenzuhalten. Auch wenn al-Afġānī kein Werk im Bereich der Koranexegese hinterlassen hat, beeinflussten seine Rechtsgutachten (fatāwā) und Theorien zu aktuellen Themen eine Vielzahl von Wissenschaftlern und Intellektuellen, die zu seiner Zeit lebten. Unter den

128 Beispielsweise streitet Sayyid Amīr Ḫān den Wahrheitscharakter des im Vers 2/260 angesprochenen

Ereignisses, wonach zerstückelte tote Vögel durch das Rufen Abrahams wieder zum Leben gebracht wurden, ab und bewertet es als einen Traum. Vgl. Abdülhamit Birışık, Hint Altkıtası Düşünce ve Tefsir Ekolleri, Istanbul 2001, s. 340.

129 Vgl. Mehmet Sait Şimşek, Günümüz Tefsir Problemleri, Istanbul 2014, S. 215. 130 Vgl. Birışık, Hint Altkıtası, S. 334. 131 Ahsan, „Emîr Ali, Seyyid“, in: TDVİA, Bd. 11, S. 124. 132 Ǧamāl ad-Dīn Afgānī war ein bedeutender Intellektueller und Politiker, der einen entscheidenden

Einfluss auf das Auferwachen des Islams im 19. Jahrhundert hatte. In seinem reformatorischen Programm, das er als Lösung für den Zerfall und die Unterlegenheit der islamischen Welt zu seiner Zeit erachtete, wies er der Idee des Panislams die größte Bedeutung zu. Ausführlicheres zu seinen Ansichten findet sich in: Muhsin Abdulhamid, Cemaleddin Afgânî. Hayatı ve Etrafındaki Şüpheler, aus dem Arabischen ins Türkische übersetzt von İbrahim Sarmış, Ankara 1991, S. 37-67;; İsmail Albayrak, Klasik Modernizmde Kur’ân’a Yaklaşımlar, Istanbul 2004, S. 99-147.

133 Muḥammad Abū Zaid veröffenlichte in den Jahren 1930-1931 sein einbändiges Werk mit dem Titel „al-Hidāya wa-l-ʿirfān fī tafsīr al-Qurʾān bi-l-Qurʾān“, welches später von einer Komission an der al-Azhar-Universität als unislamisch befunden und beschlagnahmt wurde. Vgl. Şimşek, Günümüz Tefsir Problemleri, S. 194f.

134 Vgl. Hikmet Koçyiğit, „Modern Tefsir Hareketinin Niteliği“, in: Cumhuriyet Üniversitesi İlahiyat Fakültesi Dergisi, Bd. 17, Nr. 1, 2013, S. 238.

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Persönlichkeiten, die unter seinem Einfluss standen, ist an erster Stelle der Gründer der soziologischen Koranauslegung Muḥammad ʿAbduh zu nennen. Muḥammad Abū Zaid, der ebenfalls als ein Vertreter der ägyptisch-modernistischen tafsīr-Bewegung gilt, ist – wie aus seinem Werk „al-Hidāya wa-l-ʿirfān fī tafsīr al-Qurʾān bi-l-Qurʾān“ hervorgeht – kein moderater Modernist wie ʿAbduh, sondern ein deterministischer Deuter. Aus diesem Grund interpretierte er die Wunder der Propheten stets nach diesem Verständnis. So verstand er die Rettung Abrahams aus dem Feuer135 als die Rettung vor dem Sturz ins Feuer. Den unter dem Befehl Salomos stehenden Wind, dessen Morgenlauf einen Monat und dessen Abendlauf einen Monat beträgt136, deutete er als Radio-Link-Netzwerke von Telegrafen und Telefonen. Auch die Deutung der Nachtreise des Propheten Muḥammad von Mekka zur Masǧid al-ʿAqṣā137 strapazierte er im Namen der Ratio und auf Kosten des äußeren Wortlauts so weit, dass er darunter die Auswanderung von Mekka nach Medina verstand.138 Schließlich ist noch die zeitgenössisch-modernistische bzw. historisch-kritische Koranauslegung zu nennen, die im Vergleich zum klassisch-modernistischen Vor-gehen eine andere Grundlage für die Exegesetätigkeit schuf und neue Methoden zu diesem Zweck entwickelte. Der Hauptvertreter dieser tafsīr-Gattung ist der pakis-tanische Gelehrte Fazlur Raḥmān (gest. 1988).139 Er begann seine Arbeit mit einer Kritik der klassisch-modernistischen tafsīr-Bewegung, versuchte ihre Lücken und Defizite zu beheben, während er sich gleichzeitig dafür einsetzte, eine neue moder-ne Methode der Koranlesung und ein tafsīr-Projekt zu erstellen.140 Das Ziel Fazlur Raḥmāns bestand darin, die Grundbausteine des Islams, den Koran und dessen praktische Auslegung (die Sunna des Propheten) durch eine neue Auslegung zu

135 Vgl. Koran 21/69. 136 Vgl. Koran 34/12. 137 Vgl. Koran 17/1. 138 Vgl. Şimşek, Günümüz Tefsir Problemleri, S. 194-198. 139 Fazlur Raḥmān, der für seine Bestrebungen zur Systematisierung des zeitgenössisch-islamischen

Modernismus bekannt ist, gehört zu den Vorreitern des neuzeitlichen muslimischen Denkens, die das westliche und östliche Gedankengut miteinander synthetisierten. Eine detaillierte Untersuchung zum Koranverständnis Fazlur Raḥmāns bietet: Adil Çiftçi, Fazlur Rahman ile İslâm’ı Yeniden Düşünmek, Ankara 2015, S. 141-203. Für eine zusammenfassende Darstellung der Werke dieses Gelehrten siehe: Bilal Kuşpınar, „Fazlur Rahman’ın Eserlerinin Genel Bir Tanıtımı“, in: İslâmî Araştırmalar, Bd. 4, Nr. 4, 1990, S. 330-336.

140 Vgl. Fazlur Rahman, İslam ve Çağdaşlık. Fikrî Bir Geleneğin Değişimi, aus dem Englischen ins Türkische übersetzt von Alparslan Açıkgenç und Hayri Kırbaşoğlu, Ankara 2014, S. 57-63. Siehe hierzu auch: Demirci, Tefsir Tarihi, S. 247.

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aktualisieren und direkt ins alltägliche Leben zu integrieren. Diese seine Heran-gehensweise stützt er auf die These, dass der Koran als ein historischer Text zu betrachten und mittels eines neu entwickelten tafsīr-Projektes so auszulegen ist, dass er die Probleme der Muslime in der modernen Welt lösen und ihre Bedürfnisse befriedigen kann.141 Dabei betrachtet Fazlur Raḥmān sowohl den Wortlaut als auch den Inhalt des Korans als historisch. Ihm zufolge entstand der Koran – mit seinem Wortlaut sowie seinem Inhalt – innerhalb der spezifisch historischen Bedingungen einer bestimmten geographischen Umgebung.142 Demnach erfordere ein richtiges Verständnis der koranischen Botschaft sowie ihre richtige Deutung, dass man sich von der gegenwärtigen historischen Umgebung in jene historische Umgebung ver-setzt, in der die Offenbarung hinabkam, um die Verse zunächst in ihrem eigenen Offenbarungskontext zu verstehen und anschließend ihre damalige Bedeutung unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Kontextes neu zu lesen und zu deuten. Hieraus resultieren zwei Maßnahmen, die für die tafsīr-Methodologie empfohlen werden. Die erste Maßnahme verfolgt einen induktiven Ansatz durch den Übergang vom Speziellen ins Allgemeine und besteht darin, allgemeine Prinzipien, Werte und langfristige Ziele aus den Versen des Korans abzuleiten und sie zu systematisieren. Die zweite Maßnahme dagegen verfolgt einen deduktiven Ansatz vom Allgemeinen zum Spezifischen und meint damit die Anwendung dieser allgemeinen koranischen Prinzipien, Werte und Ziele entsprechend einer zeitgemäßen Verfahrensweise.143 In allen beiden Schritten ist der ganzheitliche Inhalt der koranischen Weltanschauung in gebührender Weise vor Augen zu halten, damit die Bedeutung, die Regel, das Prinzip und die geäußerte Meinung, die aus bestimmten Versen hervorgehen, mit anderen Versen kompatibel sind und im Einklang stehen. Neben all diesen Aspekten hält Fazlur Raḥmān auch ein ganzheitliches Koranverständnis des Exegeten nicht für ausreichend. Vielmehr bedarf es im Rahmen dieses Ver-ständnisses dem Aufbau eines neuen Moral- und Wertesystems sowie der Syste-matisierung der ökonomischen Prinzipien und Weltanschauung des Korans. Aus diesem Grund sollten sich die Exegeten zusammen mit muslimischen Philosophen,

141 Vgl. Fazlur Rahman, İslam ve Çağdaşlık, S. 64f., 80. 142 Vgl. Fazlur Rahman, İslam ve Çağdaşlık, S. 62. Siehe hierzu auch: Şevket Kotan, „Kur’ân’ı Anlama ve Yorumlamada Tarihselci Yaklaşımlar ve Sorunları“, in: Cengiz Kallek (Hg.), Dinî Hükümlerin Kaynağı ve Dinî Metinlerin Anlaşılması Konusundaki Çağdaş Yaklaşımlar Çalıştayı, Istanbul 2010, S. 404-456.

143 Vgl. Fazlur Rahman, İslam ve Çağdaşlık, S. 80. Siehe hierzu auch: Recep Demir, Kur’ân Tefsirinde Tarihselci Yöntem, Istanbul 2013, 98f.

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Ökonomen, Soziologen und weiteren Wissenschaftlern darum bemühen, in Koope-ration eine zeitgemäße islamische Ordnung zu errichten. Darüber hinaus bedarf es der Überarbeitung des islamischen Rechtssystems sowie der Entwicklung einer islamischen Rechtsmethodologie (uṣūl al-fiqh), die dazu fähig ist, sich der Metho-dologie der Koranauslegung (uṣūl at-tafsīr) anzupassen.144 Muhammad Arkoun (gest. 2010), Naṣr Ḥāmid Abū Zaid (gest. 2010), Roger Garau-dy (gest. 2012) und Ḥasan Ḥanafī gehören zu den zeitgenössischen Verfechtern der historischen Lesart und Auslegung des Korans. Garaudy versuchte Antworten auf die Fragen der heutigen Zeit zu geben, indem er sich stets auf die Grundlagen des Islams berief. Dabei betrachtet er den Koran als einen historischen Text, der in einem bestimmten Kontext entstanden ist und spricht sich gegen dessen wörtliche Lesart aus. Ein wörtlicher Zugang zum Koran sorge für die Erstarrung des dynami-schen Textes und reduziere den Koran so auf einen Katechismus.145 Die Lösung sieht er vielmehr in der kritischen Reflexion und in der Ausübung des iǧtihād, d.h. der eigenständigen Meinungsbildung, die zugleich die Heilung für die Krankheit der Nachahmung sei.146 Arkoun, der sich an den Koran aus einer historisch-kriti-schen Perspektive annäherte, empfahl die Betrachtung des Korans aus einer sozio-logischen, anthropologischen und archäologischen Perspektive. Ihm zufolge sind alle Erzählungen und Wundergeschehnisse im Koran nichts anderes als symboli-sche Narrationen. Diese seien ein historisches Abbild, das die Gedankenwelt der Muslime aus dem 7. Jahrhundert widerspiegelt und mit Heute in keinerlei Ver-bindung steht.147 Diese Methode wird von dem zeitgenössischen Koranwissen-schaftler Muhsin Demirci dahingehend kritisiert, dass mit dieser Herangehensweise die Dimension des göttlichen Ursprungs des Korans verkannt werde.148 Abū Zaid, der einen historischen und zugleich literaturwissenschaftlichen Ansatz verfolgt, geht davon aus, dass für das Verständnis des Textes eine soziohistorische Analyse

144 Vgl. Alparslan Açıkgenç, „Fazlurrahman“, in: TDVİA, Bd. 12, Istanbul 1995, S. 283f. 145 Vgl. Roger Garaudy, İslam ve İnsanlığın Geleceği, aus dem Französischen ins Türkische übersetzt

von Cemal Aydın, Istanbul 2007, S. 62. 146 Vgl. Roger Garaudy, Entegrizm. Kültürel Intihar, aus dem Französischen ins Türkische übersetzt

von Kâmil Bilgin Çileçöp, Istanbul 2005, S. 104. Näheres über Garaudys Ansichten über die historische Lesart und Auslegung des Korans in: Demirci, Tefsir Tarihi, S. 254-256.

147 Vgl. Muhammed Arkoun, Kur’ân Okumaları, aus dem Französischen ins Türkische übersetzt von Ahmet Zeki Ünal, Istanbul 1995. Ausführlicheres über die Koranhermeneutik Arkouns in: Moham-med Arkoun, Wie sollte der Koran gelesen werden?, Deutsch-Islamisches Institut (Hg.), Celle 2001, S. 2-17.

148 Vgl. Demirci, Tefsir Tarihi, S. 257.

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erforderlich ist, und plädierte mit folgender Begründung dafür, bei der Interpre-tation von den modernsten linguistischen Methoden Gebrauch zu machen: „Da der Koran die Offenbarung bzw. die Manifestation des Gotteswortes zu einer bestimm-ten Zeit und an einem bestimmten Ort ist, muss das, was Muḥammad im 7. Jahr-hundert in arabischer Sprache geoffenbart wurde, als ein historischer Text gelten. Dieser Text ist Gegenstand von Verstehen und Interpretation, wogegen die Worte Gottes in einer Sphäre jenseits allen menschlichen Wissens existieren.“149 Ḥasan Ḥanafī indessen, der die historisch-kritische Lesart als die einzige richtige Methode ansieht und im Vergleich zu anderen Vertretern dieser Herangehensweise sehr radikale Ansichten vertritt, ist der Auffassung, dass neben dem koranischen Text auch die Gottesbilder von historischem Charakter sind. Ihm zufolge konstruierten die Menschen in ihren Vorstellungen stets eine Gottheit, die ihren Bedürfnissen entsprach.150 Demnach entspricht das koranische Gottesbild den Vorstellungen der Araber jener Zeit, die sich gemäß ihren Bedürfnissen entwickelten. Die historisch-kritische Methode, die neue Anregungen und Perspektiven hinsicht-lich der Auslegung des Korans bietet, wird aufgrund folgender Aspekte kritisiert: Die Beeinträchtigung der Göttlichkeit und Heiligkeit des Korans durch die Histori-sierung seines Wortlautes und seiner Bedeutung; die Strapazierung des Sinngehalts des koranischen Textes aufgrund einer völlig rational ausgerichteten Auslegung der im Koran und in den aḥādīṯ enthaltenen Begrifflichkeiten; das Fehlen einer Auto-rität und einer Systematik für die Identifizierung der Historizität von Koranversen; die in dieser Methode stets gegebene Möglichkeit der willkürlichen, verzerrenden und missbräuchlichen Bedeutungszuweisung, die weit entfernt vom Wortlaut des koranischen Textes liegen kann. Darüber hinaus wird diese Methode auch dafür kritisiert, dass sie eher als eine Reaktion auf die Krisen und Stagnation der islami-schen Welt gegenüber dem Westen entwickelt wurde und eine Herangehensweise

149 Nasr Hamid Abu Zaid, Gottes Menschenwort. Für ein humanistisches Verständnis des Koran, aus

dem Englischen ins Deutsche übersetzt von Thomas Hildebrandt, Freiburg 2008, S. 86. Für eine Zu-sammenfassung und Beurteilung des Koranverständnisses und der Ansichten Abū Zaids, demzu-folge die Ursprünge der historisch-kritischen Herangehensweise im Koranverständnis der Muʿtazila liegen, siehe: Mehmet Emin Maşalı, „Nasr Hâmid Ebû Zeyd“, in: Cağfer Karadaş (Hg.), Çağdaş İslâm Düşünürleri, Istanbul 2007, S. 245-263; Moch Nur Ichwan, „Nasır Hamid Ebu Zeyd’in Kur’ân Hermeneutiği: Teorik Bir Bakış Açısı“, aus dem Englischen ins Türkische übersetzt von Ayşe Çil, in: İnsan ve Toplum Bilimleri Araştırma Dergisi, Bd. 2, Nr. 2, 2013, S. 253-269.

150 Vgl. Hasan Hanafi, „Teoloji mi Antropoloji mi“, aus dem Französischen ins Türkische übersetzt von Mustafa Sait Yazıcıoğlu, in: Ankara Üniversitesi İlahiyat Fakültesi Dergisi, Nr. 23, 1976, S. 511. Siehe hierzu auch: Şevket Kotan, Kur’ân ve Tarihsellik, Istanbul 2011, S. 256f.

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anbietet, die ursprünglich aus der westlichen Tradition im Umgang mit ihren eige-nen religiösen Texten entstammt.151 Aus all diesen Ausführungen über die Wissenschaften des Korans und seiner Exe-gese von der Entstehung bis zum heutigen Tag geht hervor, dass der Koran als Quelle aller islamischen Wissenschaften – einigen Gelehrten zufolge sogar aller Wissenschaften152 – und dessen Verständnis für die muslimische Gesellschaft und für alle Gelehrten seit seiner Herabsendung im Mittelpunkt steht. In Anbetracht der zukünftigen kulturellen, ökonomischen und politischen Entwicklungen wird die Frage, wie der Koran entsprechend seines Geistes verstanden werden kann, eines der Themen sein, die zumindest die Muslime intensiv beschäftigen werden. Eine Vertrautheit mit den Wissenschaften des Korans, die seit seiner Offenbarung vom Propheten und seinen Gefährten bei der Koranexegese verwendet, generatio-nenübergreifend tradiert und dabei fortentwickelt wurden, ist für jeden Wissen-schaftler eine Voraussetzung, der im Bereich der Koranexegese mitwirken und ernst genommen werden möchte. Es kann in der Koranexegese zu Fehldeutungen und Missverständnissen führen, wenn sie betrieben wird, ohne genügend Kenntnis vom Wissens- und Forschungsstand, von bestehenden Kontroversen sowie von herr-schenden Konsensen und Dissensen zu haben. Bei der Auslegung des Korans können wissenschaftlich fundierte Ergebnisse nur dann erlangt werden, wenn dabei die Geschichte des Korans und seiner Exegese sowie die verschiedenen koran-wissenschaftlichen Disziplinen in gebührender Weise Beachtung finden. Die Wich-tigkeit dieses Wissens kann durch das folgende Gleichnis verdeutlicht werden: Die Koranwissenschaften gleichen dem Schlüssel eines Hauses. Die Wissenschaftler können nur mittels dieser Disziplinen die Tür öffnen, in das Haus eintreten und im Ausmaß ihrer Expertise in den relevanten Wissenschaften nähere Auskunft über das geben, was sie an Zimmern, Einrichtung, Verzierungen und Kunstwerken an den Wänden und Decken, Mobiliar etc. gesehen und begriffen haben. Im deutschen Sprachraum fehlte bis dato eine wissenschaftliche und umfassende Analyse der fundamentalen Wissenschaften der Koranexegese aus einer akade-misch-theologischen Perspektive. Meine langjährigen Lehrerfahrungen an der Uni-versität Osnabrück in den Themen Koranwissenschaften, Genese des koranischen

151 Ausführliches über die Probleme der historisch-kritischen Methode, die auch als neo-modernis-

tischer Ansatz bezeichnet wird, findet sich in: Demirci, Tefsir Tarihi, S. 258-262. 152 Vgl. as-Suyūṭī, al-Itqān, Bd. 1, S. 13.

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Textes, Geschichte der Koranexegese, Lektüre und Analyse von tafsīr-Texten ver-schiedener Gattungen etc. haben gezeigt, dass ein großer Bedarf nach einer solchen Publikation besteht. Aufgrund der enormen Nachfrage, die ich sowohl von Stu-dierenden der Islamischen Theologie als auch von Wissenschaftlern und anderen Interessierten erhalten habe, entschied ich mich dieser längst überfälligen Aufgabe, ein entsprechendes Werk anzufertigen, zu widmen. Ich hoffe, mit dieser Arbeit einen Beitrag dazu geleistet zu haben, die bestehende wissenschaftliche Lücke in diesem Bereich zu schließen. Diese Arbeit ist in drei Hauptteile unterteilt. Der erste Teil trägt den Titel „der Koran und seine Geschichte“ und befasst sich zunächst mit der Etymologie des Wortes qurʾān, seiner lexikalischen und terminologischen Bedeutung sowie mit den Themen und dem strukturellen Aufbau des Korans. Anschließend werden die unter-schiedlichen Verwendungsformen des Wortes waḥy im Koran beleuchtet, ehe das Thema Offenbarung (waḥy) aus unterschiedlichen Aspekten eingehend analysiert wird. Danach werden die einzelnen Stufen der Herabsendung des Korans (nuzūl al-Qurʾān) in den Fokus der Betrachtungen gerückt. Schließlich folgt am Ende des ersten Teils die Darstellung der Genese des Korantextes, wobei separat auf die Verschriftlichung der mündlich tradierten Offenbarungen, die Entstehung des ersten Korankodexes (muṣḥaf), seine Vervielfältigung sowie die Vokalisierung und diakri-tische Punktierung des koranischen Textes eingegangen wird. Gegenstand des zweiten Teils sind die verschiedenen koranwissenschaftlichen Dis-ziplinen, die bei der Auslegung des Korans von entscheidender Bedeutung sind. Die wichtigsten dieser Wissenschaften werden innerhalb von 19 Kapiteln eingehend behandelt und vorgestellt. Um dem Leser das Verständnis der jeweiligen Diszip-linen zu erleichtern, werden bei der Bearbeitung der Themen zur Veranschau-lichung stets Beispiele aus dem Koran herangezogen. Der dritte Teil des Werkes ist der Koranexegese sowie ihren Ursprüngen in der Frühzeit gewidmet und ergänzt somit die Themen, die in den ersten beiden Teilen behandelt werden. Nachdem ein Überblick über das exegetische Wirken des Pro-pheten, der ṣaḥāba und der tābiʿūn geboten wird, folgt eine Vorstellung der wichtigsten tafsīr-Gattungen, wozu die traditionelle, vernunftgeleitete, mystische und juristische Koranauslegung gehören. Dabei wurde Wert darauf gelegt, aus-führlich auf ihre Besonderheiten, historischen Entwicklungen und wichtigsten Ver-treter einzugehen. Um diese theoretischen Ausführungen zu veranschaulichen, wurden zu jede dieser Gattungen ausgewählte Textbeispiele aus den Korankom-

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mentaren von jeweils zwei Exegeten ins Deutsche übersetzt. Diese wurden sodann unter Berücksichtigung der Merkmale der jeweiligen tafsīr-Gattung sowie der persönlichen Eigenschaften des betreffenden Autors einer wissenschaftlichen Analyse unterzogen. Bei der Übertragung der ausgewählten Textpassagen aus dem Arabischen ins Deutsche wurde versucht, der wissenschaftlichen Fachsprache der Koranexegese Rechnung zu tragen. Gleichzeitig orientieren sich die Übersetzungen so nah wie möglich an den arabischen Originaltexten und erfolgen nur dann sinn-gemäß, wenn es für notwendig erachtet wurde. Für einen einfacheren Abgleich sind die Übersetzungen dem Originaltext gegenübergestellt. Vor den Übersetzungen werden stets allgemeine Informationen über die Person, den Korankommentar und die Exegesemethode des jeweiligen Exegeten sowie eine kurze Einführung in jene Sure geboten, die den Gegenstand des jeweiligen Textbeispiels bildet. Bei der Aus-wahl der Textbeispiele wurden die Bekanntheit des jeweiligen Exegeten, die Bedeu-tung seines Werkes sowie dessen Beitrag für die tafsīr-Wissenschaft als Maßstab genommen. Die übersetzten Texte wurden aus den entsprechenden Werken origi-nalgetreu übernommen; lediglich der juristische Text al-Qurṭubīs wurde um einige Sätze, in denen äußerst problematische und als radikal einzustufende Rechtsgut-achten (fatāwā) enthalten sind, gekürzt. Diese Rechtsmeinungen, die unter den Rechtsgelehrten höchst umstritten sind, waren aus berechtigten Gründen vorsichts-halber auszulassen. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass Personen, die nicht über das notwendige Fachwissen über die Stellung und Verbindlichkeit des Gutachtens im islamischen Recht verfügen und mit solchen umstrittenen Rechtsmeinungen nicht umzugehen wissen, diese missverstehen und für ihre Interessen instrumenta-lisieren können. Um dieser Gefahr vorzubeugen, war es erforderlich, einige ent-sprechende Stellen aus dem dargebotenen Textbeispiel zu streichen. Ich bin fest davon überzeugt, dass vor allem mit solchen Rechtsgutachten, die den Körper oder das Leben eines Menschen anbelangen, mit größter Vorsicht umgegangen werden muss, da sie meistens in einem spezifischen zeitlichen und räumlichen Kontext entstanden sind und mit der Weltanschauung des jeweiligen Rechtsgelehrten sowie mit den vorherrschenden Umständen jener Zeit zusammenhängen. Wie bereits erwähnt, wurden in dieser Arbeit nur die vier wichtigsten tafsīr-Arten zum Gegenstand der Betrachtungen gemacht. Die zuvor nur kurz angesprochenen exegetischen Gattungen wie die soziologische, klassisch-modernistische und zeit-genössisch-modernistische Koranauslegung, die jeweils einen Zweig des tafsīr bi-d-dirāya darstellen und ab dem 19. Jahrhundert parallel zu den Entwicklungen im

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Westen entstanden sind, konnten leider nicht weiter ausgeführt und anhand von Textbeispielen näher vorgestellt werden, da dies den Rahmen dieser Arbeit über-steigen würde. Allerdings besteht meinerseits der Wunsch, diese eher zeitgenössi-schen tafsīr-Bewegungen sowie mit ihnen zusammenhängende Diskussionen in einer gesonderten Monographie eingehend auszuarbeiten. Vor dem Hintergrund, dass im letzten Jahrhundert sowohl im Osten als auch im Westen bezüglich dieser immer noch sehr aktuellen Thematik zahlreiche Debatten geführt und Thesen auf-gestellt wurden, scheint es angebracht zu sein, sich hiermit gezielt und detailliert in einem separaten Werk auseinanderzusetzen. Bei der Anfertigung dieses Buches wurde auf eine Vielzahl an Primär- und Sekun-därliteratur zurückgegriffen. Es wurde Wert darauf gelegt, soweit wie möglich die ältesten verfügbaren Quellen über die behandelten Themen miteinzubeziehen. Besondere Achtung wurde denjenigen unschätzbaren Schriften geschenkt, die vor vielen Jahrhunderten zu bestimmten koranwissenschaftlichen Teildisziplinen ver-fasst wurden, noch bevor die Koranwissenschaften eine ganzheitliche Bearbeitung erfuhren. Zu den Werken, die bei der Entstehung dieser Arbeit ständig zur Hand waren, gehören vor allem das „al-Burhān“ von az-Zarkašī sowie das „al-Itqān“ von as-Suyūṭī;; aber auch die Abhandlungen zeitgenössischer Wissenschaftler wie aḏ-Ḏahabī, az-Zurqānī, aṣ-Ṣāliḥ, al-Qaṭṭān, Cerrahoğlu und Demirci, die im Bereich der Koranwissenschaften und Koranexegese wertvolle Arbeit geleistet haben, begleiteten den Entstehungsprozess des vorliegenden Buches. Da es sich hierbei eher um ein akademisch-theologisches Werk handelt, wurden bei seiner Erstellung vermehrt die Ansichten muslimischer Theologen der Geschichte und Gegenwart berücksichtigt. Um aber dem abendländischen Kontext Rechnung zu tragen, wurden gleichzeitig auch die Forschungen und Werke westlicher Wissenschaftler mitein-bezogen und nicht vernachlässigt. Hier sind besonders Namen wie Gustav Weil (gest. 1889), Ignaz Goldziher (gest. 1921), Theodor Nöldeke (gest. 1930), Richard Bell (gest. 1952), Rudi Paret (gest. 1983), William Montgomery Watt (gest. 2006), Adel Theodor Khoury, Angelika Neuwirth und Hartmut Bobzin zu nennen. Die angeführten Koranverse richten sich weitestgehend an den Übersetzungen von Adel Theodor Khoury, Muhammad Rassoul, Rudi Paret und Frank Bubenheim/ Nadeem Elyas, wobei immer wieder leichte Eingriffe vorgenommen wurden. Ster-bedaten und Regierungszeiten werden in jedem Kapitel der Erstnennung der Perso-nennamen in Klammern nachgestellt, erfolgen stets sowohl unter Nennung der isla-mischen als auch der christlichen Jahreszahl und orientieren sich soweit möglich

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auf die Angaben der Islam-Enzyklopädie der türkischen Stiftung des Präsidiums für Religiöse Angelegenheiten (Türkiye Diyanet Vakfı İslâm Ansiklopedisi = TDVİA). Jahreszahlen, die weder in dieser Enzyklopädie noch in anderen biographischen Nachschlagewerken ermittelt werden konnten, wurden ausgelassen. Surenzusam-menfassungen entstammen größtenteils ebenso aus den Auskünften der TDVİA. Die Transliteration der arabischen Begriffe, Namen und Titel folgt dem System der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft (DMG).

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