Reise zum Herzen - Nordkirche · 2020. 8. 17. · Reise zum Herzen 5 Einführung Als didaktische...

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Interreligiöser Religionsunterricht Reise zum Herzen Erste Fassung erarbeitet von: Wahida Azhari, Ursula Qurechi, Ingrid Razvi. Weitere vertiefte Überarbeitung von: Suleima Singer und Wahida Azhari

Transcript of Reise zum Herzen - Nordkirche · 2020. 8. 17. · Reise zum Herzen 5 Einführung Als didaktische...

  • Interreligiöser Religionsunterricht

    Reise zum Herzen

    Erste Fassung erarbeitet von: Wahida Azhari, Ursula Qurechi, Ingrid Razvi. Weitere vertiefte Überarbeitung von: Suleima Singer und Wahida Azhari

  • Reise zum Herzen �

    Inhaltsverzeichnis

    Vorwort� 4

    Einführung� 4

    Reise�zum�Herzen�-�Unterrichtspraxis� 7

    Baustein�1:�Einstieg�am�Beispiel�einer�Geschichte� 8Intentionen 8Ideen zum Unterrichtsverlauf 8

    Material�zum�Baustein�1� 9Empfohlene Geschichte für den Impuls “Ich hab dich einfach so lieb” 9

    Baustein�2:�Man�sieht�nur�mit�dem�Herzen�gut...� 10Intentionen 10Ideen zum Unterrichtsverlauf 10

    Material�zum�Baustein�2� 12Man sieht nur mit dem Herzen gut 1�

    Baustein�3:�Das�Herz�mit�allen�Sinnen� 13Intentionen 13Ideen zum Unterrichtsverlauf 13Beispiele bildhafter Umsetzung 15Weitere Unterrichtsideen 16

    Baustein�4:�Unser�körperliches�Herz� 17Intentionen 17Ideen zum Unterrichtsverlauf 17

    Baustein�5:�Das�künstliche�Herz� 20Intentionen �0Ideen zum Unterrichtsverlauf �0

    Baustein�6:�Unser�“Empfindungsherz”� 22Intentionen ��Ideen zum Unterrichtsverlauf ��

    Baustein�7:�Der�Soldat�und�der�Derwisch�-�Eine�Sufigeschichte� 23Intentionen �3Der Soldat und der Derwisch �4Begriffserklärungen �6Ideen zum Unterrichtsverlauf �6

    Baustein�8:�Die�Verletzbarkeit�des�Herzens� 28Intentionen �8Klassengespräch �8

    Baustein�9:�Selbsthilfeüberlegung�und�Herzinterview29Intentionen �9Ideen zum Unterrichtsverlauf �9Arbeitsblatt 1 - Herzinterview 30

  • Reise zum Herzen 3

    Baustein�10:�Herznahrung� 32Intentionen 3�Ideen zum Unterrichtsverlauf 3�

    Baustein�11:�Einladung�zu�einer�Herz-Meditation� 34Intentionen 34Ideen zur Durchführung einer Meditation 34

    Baustein�12:�Ideen�für�eine�Abschlussstunde� 37Intentionen 37Ideen zum Unterrichtsverlauf 37

    Baustein�13:�Projekt�Herzausstellung� 38Intentionen 38Ideen zum Projekt 38

    Literaturliste� 39

    Reise�zum�Herzen�-�Material-Anhang� 40

    Sachinformationen�-�Das�Symbol�Herz�in�den�Religionen� 41Herznahrung aus dem Koran 4�Herznahrung:Ein Hadith vom Propheten Muhammad s 43Der Dhikr 44Herznahrung: einige der schönsten Namen Gottes 45Herznahrung Christliche Gebete, Gedichte, Sprüche 46Herznahrung aus dem Buddhismus 47Mantra 48Herznahrung aus dem Hinduismus 49

    Sachinformationen�-�Refexionen� 50

    Herz�im�Islam� 50Die Kaaba - ein Symbol für das Herz 5�Das Herz in der Mystik 53Das Herz als Sitz der Vernunft 54Jesus im Koran 55Reflexionen üder das Herz als Zeichen 56Der Dhikr - eine Herzenspflege 58

    Herz�im�Christentum� 59Der biblische Gebrauch des Wortes “Herz” 59Biblische Sprüche zum Thema “Herz” 61

    Theorie�zum�Herzen�im�Buddhismus� 62Mein inneres Licht 70Der Lotus im Herzen - ein Bild für die Reinheit 71Die Regenbogenlichtmeditation 7�Buddhaform Chenrezig 73Herz-Surta Text - Das Herz von Prajnaparamita 74Herz-Sutra - Ein Ausschnitt aus dem tibetischen Originaltext 75Einige Sanskritwörter und ihre Bedeutung 76

    Das�Herz�im�Hinduismus� 77Häufige Sanskritausdrücke für “Herz” 80Hinduistische Herz-Mantren 80Japa 84Hinduismus Herzmeditation 85

  • Reise zum Herzen 4

    Vorwort

    Dieses umfangreiche Material ist durch die Mitglieder der muslimischen Ar-beitsgruppe im Rahmen des „Gesprächskreises Interreligiöser Religionsunter-richt“ entstanden.

    Wir danken der Unterstützung und Beratung in der Anfangsphase von Ursu-la Sieg und Marlitt Gress. Imam Mehdi Razvi gab uns wertvolle theologische Unterweisung und Hilfen.

    Gabriele Schörner hat das Herz aus christlicher Sicht im Theorieteil erörtert und den Praxisteil zum Thema „Herzenspflege und Herzensnahrung“ durch Psalmen und Worte aus der Bibel bereichert.

    Eine zusätzliche Bereicherung zum Herzen aus hinduistischer Sicht verdankt unser Konzept den Ausführungen von Erlend Pettersson, die für diese Ausga-be erneut überarbeitet wurden.Das Herz aus der Sicht des Buddhismus liegt wurde von Almut Frankfurt erar-beitet und erweitert die interreligiöse Perspek-tive dieses Unterrichtsmaterials.

    Wir danken außerdem Muna Tatari, Mariam Reißmann und Fatima Michlick für ihre wertvolle Hilfe zum Theorieteil Islam sowie dem Islamischen Wissen-schafts- und Bildungsinstitut für den technischen Beistand.

    Das Copyright liegt bei Waltraud Wahida Azhari und Sibylle Suleima Singer

    Hamburg im April �009

    Kontakt und Information: Waltraud Wahida AzhariKuhgraben ����589 Hamburg040/870447�

    Suleima SingerZum Bruch 5a�1435 Stelle04174/650938

  • Reise zum Herzen 5

    Einführung

    Als didaktische Begründung haben wir zwei Gebete von Jugendlichen voran-gestellt, die für sich selbst sprechen sollen.

    Herzensnöte – aus welchen Gründen auch immer – können jeden Menschen in jedem Alter betreffen, auch im zarten Kindesalter. Denen soll unser Unter-richtsangebot eine Hilfe sein.

    Wir denken, unser Unterrichtspaket, das sich auf Grundschulkinder im Alter von 8-10 Jahren bezieht, kann durchaus wertvolle Anregung für Erwachsene und Jugendliche sein und in Workshops bzw. in höheren Schulklassen erprobt werden.

    Unsere Intention ist es, den Schülerinnen und Schülern im Religionsun-terricht die Möglichkeit zu geben, eine Reise zur Entdeckung ihrer Innen-welt mit dem Herzen als ihrem Zentrum zu unternehmen. Dabei sollen sie ihre seelisch-geistige�Innenwelt schätzen lernen und sie stärken können aus dem angebotenen Schatz�der�Religionen.

    Anregung�und�Hinweis�für�die�Lehrkräfte

    Falls Mitschüler einer anderen Religionsgemeinschaft in der Klasse sind, soll-te sich die Lehrkraft mit dieser Religionsgemeinschaft zu diesem Thema in Verbindung setzen und um Unterstützung bitten, damit auf die Schülerschaft gezielter mit diesem Unterrichtsmaterial gearbeitet werden kann.

  • Reise zum Herzen 6

    Und plötzlich finde ich Dich wieder: verschüttet in der Ruine meines Herzens,

    aber doch in mir.

    Martina Schilling, Deutschland 1

    Ich stehe hier in meinen Jeans mit geballten Fäusten

    und einem gebrochenen Herzen. Ich schweige und bitte Dich um nichts,

    aber halte meinem Blick stand!

    Valentina Pantano, Italien

    1 Aus: Beten - Gebete von Jugendlichen aus aller Welt, Pattloch Verlag �000, S. 113 und 80

  • Reise zum Herzen 7

    Reise zum Herzen - Unterrichtspraxis

    Dieser praktische Teil ist eine Sammlung von Unterrichtsideen und kann für jede Lerngruppe und Altersstufe passend aufbereitet werden.

    Die Sequenzen sind als Bausteine konzipiert,

    v die sowohl einzeln�unterrichtet werden können,

    v als auch in unterschiedlichen�Kombinationen möglich sind.

    v Sie sind Fächer�übergreifend einsetzbar.

    Erste Fassung erarbeitet von: Wahida Azhari, Ursula Qurechi, Ingrid Razvi.Weitere vertiefte Überarbeitung von: Suleima Singer und Wahida Azhari. Das Copyright liegt bei Wahida Azhari und Suleima Singer.

  • Reise zum Herzen 8

    Baustein 1:Einstieg am Beispiel einer Geschichte�

    IntentionenDie Geschichte von Noris Kern „Ich hab dich einfach so lieb“ soll hinein-führen ins Zentrum: in die Liebesfähigkeit�des�Herzens.

    Die Geschichte soll motivieren und stimulieren.

    Schüler/innen sollen wiederentdecken, was sie im Idealfall als umsor-gende Mutterliebe erlebt haben: aufgenommen sein, wahrgenommen werden, beschützt sein, Zärtlichkeit und Freude erleben, Geborgenheit erleben und ihnen soll dadurch warm�ums�Herz werden.Sie sollen erkennen, dass Liebe den Aspekt�des�Gebens beinhaltet.

    Ideen zum Unterrichtsverlauf

    • Kuschel-Atmosphäre schaffen und Geschichte vorlesen

    • eventuell Text�ohne�Bild anbieten

    • in�verschiedenen�Rollen von den Schüler/innen vorlesen lassen

    • weiterführend: im Rollenspiel nacherleben lassen

    • Schüler/innen andere Beispiele finden lassen aus dem Tierreich:z.B. Mutter-Kind-Beziehungen aus dem Tierreich

    • Wie�zeigt�sich�die�„Mutterliebe“? 3 (umsorgend, Zärtlichkeit gebend, beschützend...)

    • Wie�kann�ein�Kind�der�Mutter�seine�Liebe�zeigen?

    � Noris Kern: „Ich hab dich einfach so lieb“. Titelseite als Bildvorlage im Materialanhang.3 Lehrerfragen sind im Folgenden fett-kursiv gedruckt

  • Reise zum Herzen 9

    Material zum Baustein 1

    EMPFOHLENE GESCHICHTE FÜR DEN IMPULS“Ich hab dich einfach so lieb”

  • Reise zum Herzen 10

    Baustein �:Man sieht nur mit dem Herzen gut...

    Intention

    Schüler/innen sollen nachvollziehen, dass das Herz Gemütszustände wahrnehmen, wieder erkennen und dadurch „sehen“ kann.

    Ideen zum Unterrichtsverlauf

    Die Lehrkraft zeichnet oder zeigt zwei Strichmännchen als Veranschaulichung.

    Abb. 1 - Ein Mensch, der evtl. Hilfe sucht 4 Abb. � - Ein trauriger Mensch5

    Wie�fühlen�sie�sich?�

    • Assoziationen sammeln

    4 Kalff, Wilhelm: TASK. Spielkarten f. d. Gruppenarbeit. Arbeitsstelle f. neues Spielen, Bremen 1991.5 Ebenda.

  • Reise zum Herzen 11

    Nehmt�selbst�die�Haltung�der�Figuren�ein!

    • Spielphase

    Was�drückt�die�Körperhaltung�aus?

    • Die Schüler/innen deuten die Haltungen der darstellenden Spieler.• Die Lehrkraft soll dabei bewusst machen, dass bei fehlendem inneren

    Sehen dieselben Haltungen als Ausdruck von Müdigkeit oder als gym-nastische Verrenkungen gedeutet werden können.

    Womit�habt�ihr�gesehen,�dass�die�Figur�traurig�ist-�sie�könnte�ja�auch�einfach�nur�müde�sein?

    • Anregung: In der Geschichte „Der kleine Prinz“ sagt der Fuchs: „Man sieht nur mit dem Herzen gut – das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“6

    Was�meint�der�Fuchs�damit?

    • Arbeitsideen:Schüler bilden Gruppen und drücken verschiedene Gemütszustände aus und deuten diese

    • evtl. Gegensätzliches gegenüberstellen

    Wie�kann�man�einem�Menschen�zeigen,�dass�man�ihn�von�Herzen�gern�hat?

    • Schülerantworten sammeln, Standbilder bauen

    6 Siehe Literaturliste und Materialanhang

  • Reise zum Herzen 1�

    Material zum Baustein �

    Man sieht nur mit dem Herzen gut7

    So machte denn der kleine Prinz den Fuchs mit sich vertraut. Und als die Stunde des Abschieds nahe war: „Ach!“ sagte der Fuchs, „ich werde weinen.“„Das ist deine Schuld“, sagte der kleine Prinz, „ich wünschte dir nichts Übles, aber du hast gewollt, dass ich dich zähme...“ „Gewiss“, sagte der Fuchs. „Aber nun wirst du weinen!“ sagte der kleine Prinz.„Bestimmt“, sagte der Fuchs. „So hast du also nichts gewonnen!“„Ich habe“, sagte der Fuchs, „die Farbe des Weizens gewonnen.“Dann fügte er hinzu: „Geh die Rosen wieder anschauen. Du wirst begreifen, dass die deine einzig ist in der Welt. Du wirst wiederkommen und mir adieu sagen, und ich werde dir ein Geheimnis schenken.“Der kleine Prinz ging, die Rosen wieder zu sehen. Und er kam zum Fuchs zu-rück: „Adieu“, sagte er... „Adieu“, sagte der Fuchs. „Hier mein Geheimnis. Es ist ganz einfach: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“„Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“, wiederholte der kleine Prinz, um es sich zu merken.„Die Zeit, die du für deine Rose verloren hast, sie macht deine Rose so wichtig.“„Die Zeit, die ich für meine Rose verloren habe...“, sagte der kleine Prinz, um es sich zu merken. „Die Menschen haben diese Wahrheit vergessen“, sagte der Fuchs.„Aber du darfst sie nicht vergessen. Du bist zeitlebens für dasverantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast. Du bist für deineRose verantwortlich....“„Ich bin für meine Rose verantwortlich.....“, wiederholte der kleinePrinz, um es sich zu merken.

    7 Aus: Antoine de Saint-Exupery, der kleine Prinz, Karl Rauch Verlag, Düsseldorf 197�

  • Reise zum Herzen 13

    Baustein 3:Das Herz mit allen Sinnen

    Intentionen

    Die Schüler/innen sollen herausfinden, dass das Herz�ein�Symbol ist, das auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichen Zusammenhän-gen zum Ausdruck kommt.

    Sie werden das Herzthema mit allen Sinnen erleben und innerlich bewe-gen: z.B. durch hören, riechen, fühlen, schmecken, sehen, verstehen.

    Sie werden durch eine Sammlung�auf�dinglicher�Ebene und durch eine Vertiefung�auf�sprachlicher�Ebene das Thema auffächern und die Symbolhaftigkeit des Zeichens auch auf bildnerische und darstel-lende Weise nachvollziehen (dieser Part ist fächerübergreifend be-nutzbar).

    Ideen zum Unterrichtsverlauf

    Anregung:In der Klasse eine Sammelecke einrichten mit einer großen Sammelkiste für alles, was die Schüler bereits an Gegenständen zum Thema Herz zu Hause haben (Herzkissen mit Armen, Wärmflasche in Herzform, usw.).

    Falls die Schüler/innen noch nichts mitgebracht haben, zeichnet die Lehrerin die typische�Herzform an die Tafel.

    Woher�kennt�ihr�dies?

    In�welchen�Situationen�verwenden�wir�das�Bild�des�Herzens?�

  • Reise zum Herzen 14

    In�welchen�Zusammenhängen�werden�diese�Gegenstände�benutzt?• Marzipanherz – Teddy mit Herz – Süßigkeiten in Herzform – Herz als

    Aufkleber – Blumenstrauß mit einem Herzen an einem Stiel - usw.

    Was�bedeutet�das�Herz,�wenn�wir�sagen:• Herzliche Grüße - herzliche Wünsche – herzlichen Dank – von Herzen

    alles Gute – herzlichen Glückwunsch – herzliches Beileid -... (eventuell verwenden die Schüler/innen auch für „herzlich“ bereits das Zeichen ♥lich).

    • Dieser Mensch hat kein Herz. • Ihr Herz zieht sich vor Angst zusammen.• Sein Herz zittert vor Aufregung, Erwartung, Angst.• Herzschmerz – Herzenswärme – Herzenswunsch...• Herzlos, herzhaft, herzig ...• Warm ums Herz werden, unter dem Herzen tragen, du liegst mir am

    Herzen,..• Mutterherz, Vaterherz, mein Schwesterherz, mein Bruderherz,...

    Weitere Unterrichtsideen

    • Die Schüler/innen versuchen folgende Redensarten arbeitsteilig in Form von Gruppenarbeita) im Darstellenden�Spiel als�Standbilder körperlich auszudrücken b) in Bildform umzusetzen.

    - Sie starb an gebrochenem Herzen. - Ihr Blick trifft mich ins Herz. - Unser Herz hüpft vor Freude. - Sein Herz ist weich wie Butter. - Sein Herz bricht. - Jemandem sein Herz ausschütten. - Ein Stein fällt vom Herzen. - Ihr Herz ist hart wie ein Stein.

    Wie�lässt�sich�ein�Herz�darstellen,�dass�weich�ist�wie�Butter,�das�vor�Freude�hüpft?

  • Reise zum Herzen 15

    Beispiele bildhafter Umsetzung

    Abb. 3 - Herzquartett

  • Reise zum Herzen 16

    Weitere Unterrichtsideen

    • Ein Herzbuch�bzw.�ein�Herzalbum anfertigen oder ein Poesiealbum umgestalten.In das Herzbuch können die Schüler/innen eigene�Gedanken,�Wün-sche,�Geheimnisse, hineinschreiben, Herzsticker sammeln, Herzbilder malen, alles sammeln, was zum Thema passt.Wichtig: Auch Unterrichtsergebnisse�festhalten.

    • Wie wär’s mit einem herzhaften�Essen?Zumindest aber mit Süßigkeiten in Herzform! Das herzhafte Essen kann auch rein gedanklich stattfinden oder Thema im Kunstunterricht sein und z.B. als Collage ausgeführt werden.

    • Weitere Ideen im Kunstunterricht: Schüler/innen stellen in Gruppenarbeit Herzkuschelkissen, Fimoherzen, ein Herzquartett (Abb. 3)8 her und spielen selbstverständlich auch damit!

    • Zur Herzerfrischung: Schnulzen,�Lieder�singen! Beispeil: „Herzilein, du sollst nicht traurig sein!“ „Du, du liegst mir am Herzen“ usw.

    • Wir machen einen Klassenausflug! Wir haben auch ein körperliches�Herz – es braucht eine gute Nah-rung, Pflege und Entspannung.Spannend wäre es sicherlich, eine Reise nach Fulda zur „Herzausstel-lung“ zu unternehmen. 9

    Das körperliche Herz kann im Sachkundeunterricht parallel behandelt werden. In unserem Kontext ist das körperliche und künstliche Herz eine wichtige wei-tere Station auf unserer Reise.

    8 Auch in der Kinder-Akademie Fulda erhältlich (Adresse siehe Literaturliste).9 Adresse siehe Literaturliste.

  • Reise zum Herzen 17

    Baustein 4:Unser körperliches Herz 10

    Intentionen

    Die Schüler/innen sollen Aufgabe und Funktion des organischen�Herzens kennen lernen.

    Die Schüler/innen sollen deutlich zwischen dem Organ�Herz und dem Herzen im geistigen Sinn unterscheiden lernen.

    Sie sollen das körperliche Herz bewusst�wahrnehmen lernen.

    Sie sollen erkennen, dass bei Verlust des organischen Herzens der Mensch die Empfindungsfähigkeit�des�geistigen�Herzens behält.

    Sie sollen in der Körperwahrnehmung sensibilisiert werden.

    Die Schüler/innen sollen sich in seelische�Zustände�hineinverset-zen und dabei nachempfinden, dass sich diese auf ihren körperlichen Herz- und Pulsschlag auswirken können.

    Ideen zum Unterrichtsverlauf

    • in Gruppen mit unterschiedlichen Arbeitsaufträgen: Das eigene Herz wahrnehmen, wie es klopft – bei sich selbst, bei ande-ren, wenn man ruhig ist, wenn man sich schnell bewegt hat.Den Puls fühlen lassen, auch die Halsschlagader.

    Fühlt�euer�Herz,�wie�es�unterschiedlich�klopft,�wenn�ihr�ruhig�sitzt�oder�nachdem�ihr�schnell�gelaufen�seid!�Wo�fühlt�ihr�das�Herz�noch�klopfen?

    • Idee: den Herzrhythmus auf dem Boden liegend klopfen!Bei dieser Gelegenheit ist es sicherlich interessant zu erfahren, dass der Herzrhythmus Grundlage für Kompositionen in der Musik sein kann.

    10 Das körperliche Herz könnte auch im Sachkundeunterricht parallel behandelt werden, oder aber man macht einen Abstecher zum Nebengleis: „das körperliche und das künstliche Herz.“

  • Reise zum Herzen 18

    Eventuell Klangbeispiele aus der indo-pakistanischen Musik und Sufimu-sik geben.

    • Gruppenarbeit zu folgenden Fragen:

    Wie�klopft�das�Herz,�wenn�wir�uns�freuen?...,�wenn�wir�Angst�haben?...,�wenn�wir�entspannende�Musik�hören?

    • Den Schüler/innen wird ein Foto des Herzorgans gezeigt. Dabei wird erläutert, dass das Herz ein Muskel ist, der wie eine Pumpe das Blut durch den Körper pumpt. Das Schlagen des Herzens lässt das Blut, das als Lebenssaft den von außen aufgenommenen Sauerstoff und die Nährstoffe transportiert, durch den ganzen Körper bis in jede Zelle strömen - zu ihrer Ernährung, Erneuerung und Erhaltung.

  • Reise zum Herzen 19

    Was�seht�ihr�hier?�

    Lieben�wir�einen�anderen�Menschen�mit�unserem�Muskel?

    Abb. 4 - Das Herzorgan

    Klassengespräch und wichtige Einträge ins „Herzbuch“.•

  • Reise zum Herzen �0

    Baustein 5:Das künstliche Herz

    Intentionen

    Die Schüler/innen sollen erfahren, dass das organische�Herz über ei-nen gewissen Zeitraum durch ein Kunstherz ersetzt werden kann.

    Ideen zum Unterrichtsverlauf

    Den Schüler/innen wird die Abbildung eines künstlichen Herzens (Abb. 5) 11 gezeigt. Ihnen wird dabei erläutert, dass ein Mensch über einen begrenzten Zeitraum mit einem künstlichen Herzen leben kann. Zur Zeit lebt ein Mensch seit zwei Jahren mit solch einem Herzen. Diese Herzen werden eingesetzt, bis ein Spenderherz gefunden ist.

    (Abbildung eines künstlichen Herzens auf der folgenden Seite.)

    11 Quellenangaben liegen nicht vor.

  • Reise zum Herzen �1

    Hat�ein�Mensch�mit�einem�künstlichen�Herzen�„kein�Herz“?

    Kann�ein�Mensch�mit�einem�künstlichen�Herzen�einen�anderen�Men-schen�von�Herzen�lieb�haben?

    Abb. 5 – Künstliche Herzkammer

  • Reise zum Herzen ��

    Baustein 6:Unser „Empfindungsherz“

    Intentionen

    Die Schüler/innen sollen an sich selbst wahrnehmen lernen, dass das „Empfindungsherz“ als Zentrum ihrer Liebe dort zu fühlen ist, wo das körperlich Herz sitzt.

    Ideen zum Unterrichtsverlauf

    Wo�fühlen�wir�die�Liebe,�die�wir�empfinden,�wenn�wir�einen�anderen�Menschen�von�Herzen�lieb�haben:

    �-�in�den�Knien?�-�unter�den�Fußsohlen?�-�in�den�Achselhöhlen?�-�im�Kopf?�-�also�wo?

    • Die Schüler/innen legen ihre Hand dorthin, wo sie ihrer Meinung nach diese Liebe am meisten spüren.

  • Reise zum Herzen �3

    Baustein 7:Der Soldat und der Derwisch - Eine Sufigeschichte

    Intentionen1�

    Den Schüler/innen soll bewusst werden, dass das�Handeln eines Men-schen den Zustand und den�Charakter des�Herzens prägen kann und auch, dass der Zustand�des�Herzens den Charakter und das Handeln eines�Menschen beeinflussen kann.

    Sie sollen erfahren, dass das Herz sich auf Unterschiedliches�richten�kann.

    Sie sollen erkennen, dass das Herz wandlungsfähig ist.

    Sie sollen wissen, dass es wichtig ist, ein mitfühlendes,�barmher-ziges�Herz�zu entwickeln und�Gutes�zu�tun.

    Die Schüler/innen sollen erkennen, welche Wandlung der Soldat durch-gemacht hat und worin diese besteht.

    Die Schüler/innen sollen den Prozess des Soldaten nachvollziehen, der in Reue�–�Einsicht�–�Umkehr�–�Wandlung�–�Besserung besteht.

    Den Schüler/innen soll bewusst werden, dass wir eine hohe�Verant-wortung tragen für uns selbst und den Zustand�unseres�Herzens.

    Ihnen soll bewusst werden, dass jeder Mensch den Zustand seines Her-zens zum Positiven (und auch zum Negativen) beeinflussen kann.

    1� Diese beziehen sich insbesondere auf die islamische Vorstellung vom Herzen.

  • Reise zum Herzen �4

    Der Soldat und der Derwisch13

    In einem fernen Lande lebte ein mächtiger König. Er herrschte mit Intel-ligenz und Strenge. Seine Untertanen verehrten ihn, doch im Grunde war der König sehr einsam. Er besaß einen starken Willen, und den setzte er mit Gewalt durch. Natürlich tat er in seinem Eifer seinen Mitmenschen manches Unrecht an, und wer lässt sich schon gerne ungerecht behan-deln?Im Nachbarland lebt ein alter Weiser. Viele Menschen holten sich bei ihm Rat. Sie waren manchmal tagelang auf staubigen Landstraßen unterwegs. Des Nachts wurde es sehr kalt, sie schliefen auf offenem Feld, um in der Frühe weiterzuziehen. So pilgerten viele zu dem alten Mann, manche auch nur, um sich segnen zu lassen. Kehrten diese Menschen zurück in ihre Heimatdörfer, so erzählten sie von dem ehrwürdigen Alten und seinen Wundertaten.Ein König wäre ein schlechter König, wenn er nicht auch neugierig wäre und sich nun um alles kümmern würde, was um ihn herum vorging. So blieb es nicht aus, dass er immer öfter und immer mehr von dem weisen, alten Mann erzählen hörte. Es ärgerte ihn unsagbar, dass seine Unter-tanen, anstatt zu ihm um Rat zu kommen – wo er doch alles zu wissen glaubte -, lieber zu dem Alten gingen. Er war es leid, irgendwo jemanden zu wissen, der von seinen Leuten mehr geschätzt wurde als er selbst.Er überlegte nicht mehr lange und rief einen seiner besten Krieger zu sich.„Höre, Soldat“, sprach der König ihn an, „im Nachbarland gibt es irgendwo einen albernen alten Mann, von dem alle Leute schwärmen. Es reicht mir jetzt. Bringe mir den Kopf dieses Mannes, und das halbe Königreich ge-hört dir.“ Der Soldat war begeistert. Das halbe Königreich! Das war gewiss nicht wenig. Wenn es weiter nichts war, als das bisschen Kopfabschlagen. Er war Töten gewöhnt. Er akzeptierte das Angebot des Königs, besorgte sich Brot und Käse und zog Bauernkleider an. Als Soldat wollte er nicht erkannt werden, und da er in ein fremdes Land kam, durfte er auf keinen Fall auffallen.Er brach sofort auf. Viele Tage und Nächte war er unterwegs, bis er die fremde Grenze überschritten hatte. Jetzt war er müde und ratlos. Wo sollte er nun hingehen? Er wusste ja nicht einmal, wo der Weise wohnte. Zu fragen getraute er sich nicht, denn er wollte den Alten doch töten. Er setzte sich an den Wegesrand. Die Sonne ging langsam unter. Der Himmel färbte sich zartrosa, die weiten Felder glänzten in der Abendsonne.„Gott sei mit dir, mein Junge. Du siehst müde aus“, hörte er plötzlich

    13 Aus: Christa Schneider, Alles geschieht nur zum Besten, Ansata Verlag, München 1997

  • Reise zum Herzen �5

    eine Stimme hinter seinem Rücken. Er drehte sich um und sah einen al-ten Bauern, der ihn gütig anblickte. Er trug einen dunkelbraunen Umhang, und seine weißen Haare und sein weißer Bart leuchteten, als wären sie voller Licht. Ja, der Soldat war sehr müde. „Willst du mit mir kommen?“ fragte der Alte. „Du bist fremd hier, nicht wahr?“ Der müde Soldat nickte dankbar, stand auf und folgte dem weißhaarigen Alten.Sie gingen eine Weile, bis sie vor der Stadt in den Wald gelangten und machten schließlich vor einer kleinen Hütte halt. „Komm herein“, lud ihn der Alte ein. „Ich gebe dir einen Strohsack, auf dem du dich ausruhen kannst, und etwas zu essen mache ich dir auch.“ Der Soldat war sehr dankbar, weil der Alte ihm, dem Müden und Erschöpften, soviel Freund-lichkeit erwies.Am nächsten Morgen stand der Alte früh auf. Er ging vor das Haus und wusch sich. Dann betete er und begrüßte die Sonne. Später bereitete er seinem Gast ein Frühstück aus Früchten, Brot und Milch.Nach dem Essen zeigte er ihm seinen Garten, in dem viele Kräuter wuch-sen. Zu jedem Kraut erzählte der Mann eine Geschichte. Er erklärte, wozu es gut und heilsam sei, wann man es am besten pflücke und vieles mehr.Einige Tage gingen so dahin. Eines Abends saßen die beiden auf der Bank vor der Hütte. Die Sonne leuchtete schon rötlich über den Wolken. Da fragte der alte Mann: „Sag, lieber Freund, was suchst du als Fremder in unserem Land? Vielleicht kann ich dir behilflich sein?“Der Soldat, der von dem Wesen des Alten sehr angetan war, dankte: „Ach, Alter, du hast wirklich alles für mich getan. Kein Mensch ist im Leben je so gut und freundlich zu mir gewesen wie du. Weißt du, ich komme von meinem König aus dem Nachbarland und soll ihm den Kopf eines be-rühmten Weisen bringen, dann schenkt er mir sein halbes Königreich.“Der Alte sagte nichts, stand auf und ging in die Hütte. Nach einigen Mi-nuten kehrte er zurück mit einem Schwert in der Hand. „Wenn es weiter nichts ist. Nichts leichter als das: Hier ist ein Schwert, der Weise bin ich. Hier, schlage meinen Kopf ab!“ Er reichte dem Soldaten das Schwert. Doch dieser wurde blass, fiel auf seine Knie und begann zu weinen. „Nein“, schluchzte er, „und wenn du mir alle Schätze der Welt geben würdest, ich kann dir kein Leid antun. Ich kann überhaupt nicht mehr töten. Bitte nimm mich als deinen Schüler an, und lehre mich, gut zu sein und das Leben zu schützen.“ Der Alte legte das Schwert beiseite, segnete ihn und sprach: „Ich nehme dich als meinen Schüler an. Dein Name sei Wakil. Das bedeutet – der, der das Leben schützt.“Sie taten den Mitmenschen viel Gutes und lobten Gott bei Tag und Nacht.

  • Reise zum Herzen �6

    Begriffserklärungen14 Derwisch: persisch „arm“, Bettler, arab. „Fakir“. Lehren und Anschauungen der Derwische beruhen auf der islamischen Mystik. Derwisch wird häufig syn-onym mit Sufi verwendet.Sufi: muslimischer Mystiker, die Bezeichnung soll auf die von den Sufis getra-genen Gewänder aus Wolle (arab. „sûf“) zurückgehen und sich ableiten von dem Wort arab.: „safa“ - „rein“.Sufismus: Mystik im Islam. Der Sufismus ist der gelebte innere Weg zur Lie-be und zur Reinheit des Herzens. Er entstand mit dem Ziel, die Kluft zwischen Mensch und Gott zu überwinden. Der Sufi begibt sich auf den Weg, alles zu überwinden, was ihn von Gott trennt, ...

    Ideen zum Unterrichtsverlauf

    • Die Geschichte wird vorgelesen.

    • Die Schüler/innen erhalten folgenden Fragenkatalog, um das Verhalten des Königs, des Derwischs und des Soldaten zu beschreiben. (Tipp: Hier ist Gruppenarbeit möglich!)

    Fragenkatalog:a) Fragen zum König:Was macht der König und wie regiert er sein Land?Warum will der König den Weisen töten?Wie will der König den Weisen töten?

    b) Fragen zum Weisen:Wie lebt der Weise sein Leben? Beschreibe seinen Alltag, seinen Tagesablauf!Wie verhält sich der Weise zu dem Soldaten? Was lehrt der Weise den Soldaten?

    c) Fragen zum Soldaten:Warum will der Soldat den Weisen töten?Was erlebt der Soldat bei dem Weisen und was lernt er durch ihn?Warum will er den Weisen nicht mehr töten?Was hat der Soldat durch den Weisen gelernt und wie lebt er jetzt sein Leben?

    14 Meyers Großes Taschenlexikon, Taschenbuchverlag, Mannheim, Wien, Zürich

  • Reise zum Herzen �7

    • Als Ergebnis sollte festgehalten werden:Es ist offensichtlich, dass der Soldat eine tiefgehende Änderung seines Lebens vollzogen hat und das darin die Kernaussage der Geschichte be-steht. Der Soldat bereut, er sieht ein, er erkennt seinen Irrtum, er kehrt um und erhält eine neue Chance von Gott und er wandelt sein Leben vollständig.

    • Die Schüler/innen bekommen den Auftrag, die Eigenschaften�der�Herzen�des�Königs,�des�Soldaten�und�des�Weisen zu charakteri-sieren.

    • Die Eigenschaft der Herzen der Personen an die Tafel schreiben.

    • Die Schüler/innen malen die Personen der Geschichte und malen deren jeweilige Herzen ein.

    • Die Schüler/innen fertigen�Herzformen an (zeichnen und ausschneiden), die entsprechend der jeweiligen�Eigenschaft gestal-tet werden (in entsprechenden Farben ausmalen, bekleben, und/oder beschriften...). Das Herz des Soldaten soll so gestaltet werden, dass sei-ne Wandlung besonders deutlich wird, z.B. durch Vorderseite/Rückseite oder ein neues Herz als zweites Herz.

    • Die Schüler/innen spielen die Geschichte in einem Rollenspiel nach. Die angefertigten Herzen werden dem König, dem Soldaten und dem Derwisch angeheftet und ihre Zuordnung von den Schülern begründet.

    • Idee:�Male�ein�Bild,�wie�der�Soldat�jetzt�sein�Leben�führt�und�welche�guten�Taten�er�vollbringt!

    • Der�Mensch�soll�sich�ganz�aktiv�um�„gute�Werke“�bemühen.�-�Was�sind�gute�Werke?Dazu Schülerideen sammeln: z.B. Hilfsbereitschaft haben und anderen helfen, Mitgefühl haben, Menschen, Tiere, Pflanzen gut behandeln, auf sich selbst gut aufpassen und auch auf andere, anderen Freude machen.Impuls:�„Denn�die�Freude,�die�wir�geben,�kehrt�ins�eigne�Herz�zurück.“

  • Reise zum Herzen �8

    Baustein 8:Die Verletzbarkeit des Herzens

    Intentionen

    Die Schüler/innen sollen dafür sensibilisiert werden, dass das Herz eines Menschen sehr�verletzlich ist.

    Sie sollen ein Gespür dafür entwickeln, dass ein verletztes Herz Zuwen-dung, Beruhigendes, Aufbauendes, Mitgefühl, Trost braucht.

    Klassengespräch

    • In einem Kreisgespräch schildern die Schüler/innen eigene Erfahrungen oder Beobachtungen, z.B. verletzende Worte, grobes Ver-halten, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung (Flüchtlingskinder), Schei-dung, Gewalttaten, Tod,... (erzählen lassen; eventuell mit Farben, Ges-ten ausdrücken lassen).

    • Das Gespräch verlangt eine�sehr�einfühlende�Haltung�seitens�des�Lehrers�und�der�übrigen�Klasse. Einem Kind, das sich öffnet, darf auf gar keinen�Fall gesagt werden: „Da hast du aber auch selbst Schuld gehabt!“ Es muss in jedem Fall beschützt werden vom Lehrer – auch vor dem Nichtverstehen der anderen Schüler.

    • Wichtig�ist�es�im�Gespräch,�Mitgefühl�zum�Ausdruck�zu�bringen�und�mit�den�Schülern�Wünsche�für�eine�Besserung�und�des�Trostes�zu�sammeln. Unterstützend wirkt ein Verhalten, in dem eine Berührung stattfindet, z.B. alle geben sich die Hand, oder Schüler/innen bilden einen Kreis und fangen einen sich fallenlassenden Schüler auf usw.

  • Reise zum Herzen �9

    Baustein 9:Selbsthilfeüberlegung und Herzensinterview

    Intentionen

    Die Wahrnehmung des eigenen inneren Herzens soll weiter sensibilisiert werden.

    Die Schüler/innen sollen die Entdeckung machen, dass Erwachsene und Kinder ähnliche und unterschiedliche Herzzustände haben.Sammlung von Hilfsangeboten.

    Hinführung zum Angebot der Herzstärkung und Herzpflege.

    Ideen zum Unterrichtsverlauf

    Die Lehrerkraft bildet einen Stuhlkreis und schafft eine persönliche�Atmo-sphäre�für ein vertrauliches Gespräch. Sie erinnert an die vorhergehende Stunde mit dem Thema: „Das Herz kann verletzt werden“.

    Manchmal�kennen�wir�den�Grund,�warum�sich�unser�Herz�traurig�fühlt�oder�weshalb�es�glücklich�ist.�Aber�manchmal�fühlt�sich�unser�Herz�schwer�an,�ohne�dass�wir�wissen,�warum.�

    Habt�ihr�Ideen,�wie�wir�in�solchen�Momenten�unser�Herz�leichter,�freier�machen�könnten?

    Mögliche Schülerbeiträge:• Freunde treffen und sein Herz ausschütten,• schmusen,• Witze erzählen,• lesen,• lachen, malen, tanzen, weinen,...

    Schüler können eigene Ideen unter dem Motto: „Wie�helfe�ich�mir�selbst�wenn�mein�Herz�schwer�ist“ in das Herzbuch eintragen.

    Hausaufgabe: ein Herzensinterview ausführen – siehe folgendes Arbeitsblatt!

  • Reise zum Herzen 30

    Arbeitsblatt 1 - HerzensinterviewAufgabe: 1. Stelle den unten aufgeführten Personen die Frage:

    �„Was�machst�du,�wenn�dein�Herz�schwer�ist?“ �. Schreibe die Antworten unverändert auf!

    Mutter

    Vater

    Oma

    Opa

    Geschwister

    Eismann

    Polizist

    Verkäuferin

    Kassiererin

    Schornsteinfeger

  • Reise zum Herzen 31

    Ideen�zur�Auswertung�der�Interviews:�• Antworten in der Klasse vorlesen• Jeweilige Personengruppen vorlesen• Antworten an Wandtafel festhalten• Ordnen der Antworten nach Ähnlichkeiten und Unterschieden• Gibt es Antworten unter ihnen, die einem weiterhelfen?• Ergebnisse im „Herzbuch“ festhalten.

    Weiterführendes�Klassengespräch:Wenn�ich�aber�nun�alleine�bin,�und�mir�niemand�und�nichts�mehr�helfen�kann,�wer�hilft�mir�dann?�[Manchmal gerät das Herz in einen Zustand, in dem eine Schwere, eine Trau-rigkeit, eine Trostlosigkeit empfunden wird, die durch eine zwischenmensch-liche Zuwendung und Hilfe allein nicht abgedeckt werden kann, bei der es auch nicht mehr hilft, sich abzulenken. Es bleibt ein Rest.]

    Gibt�es�noch�etwas�völlig�anderes�über�uns�hinaus�oder�in�uns?�Et-was,�das�in�uns�hilft�oder�der�uns�hilft?�[z.B.�Gebet.]

    Falls die Schüler schweigen: Ich�habe�euch�etwas�mitgebracht�-�Herzpflege�und�Herzstärkung!

  • Reise zum Herzen 3�

    Baustein 10:Herznahrung

    Intentionen

    Die Schüler/innen sollen in den eigenen Traditionen gestärkt und darin gewürdigt werden. Sie sollen angeregt werden, sich gegenseitig in den verschiedenen Traditionen�kennen�zu�lernen und zu�achten.

    Die Schüler/innen sollen in dem Angebot der Religionen Hoffnung und Ausblick auf eine umfassende Hilfe und Kraft erhalten, die ihnen hilft, Lebensmut, Lebenskraft und Lebensvertrauen zu entwickeln.

    Sie sollen das Wissen erhalten, dass sie für sich selbst etwas tun kön-nen.

    Ideen zum Unterrichtsverlauf

    Erinnert�ihr�euch�an�das�„herzhafte�Essen“�für�unseren�Körper,�an�die�gute�und�gesunde�Ernährung,�die�gut�ist�für�unser�körperliches�Herz�und�an�die�Herzpflege?So�braucht�auch�unser�geistiges�Herz�eine�gute�Nahrung�und�eine�gute�Pflege!Schüler aus eigenen Traditionen berichten lassen.

    Lehrkraft�präsentiert ihr mitgebrachtes, vorbereitetes Angebot der Herz-nahrung�(unsere�Vorschläge�für�ein�„Herzmenue“�finden�Sie�im�Ma-terialanhang,�als�„Herznahrung“�bezeichnet)

    - Mantren aus dem Buddhismus15)- Mantren aus dem Hinduismus- Christliche Gebete, Gedichte, Sprüche- Worte aus dem Koran- Einige der Schönsten Namen Gottes- Der Dhikr

    15 siehe Anhang

  • Reise zum Herzen 33

    Tipps zur Präsentation der Herznahrung:Herznahrung in „schmackhafter“,�ansprechender�Weise auf einem Tisch auslegen, z.B. in farbigen Kästchen in Herzform auf einem schönen farbigen Tuch... - der Fantasie Spielraum lassen!Worte vergrößern und als Ausstellung im Klassenraum aufhängen.Worte hörbar machen in Form von Rezitationen, Gesängen, Musik, Klängen (Koranrezitationen, Hörprobe aus dem Buddhismus, christliche Gesänge...)

    Die Schüler/innen sollen unter der Herznahrung eine Auswahl�treffen unter dem Motto:„Was tut meinem Herzen gut?“„Was kommt meinem Herzen nah?“

    Die „Herzstärkung“ wird in das eigene Herzbuch eingetragen.

    Die Schüler/innen fertigen eine große Herzform an (DIN A 3), in das sie wie-derum eine�ausgewählte�Herznahrung hineinschreiben. Das Herz wird schön bemalt und ausgeschmückt.

    Hinweis:Wir denken, dass es für die Schüler sehr wichtig ist zu erkennen, dass Herz-nahrung in allen Religionen enthalten ist und das diese unterschiedlich, doch auch sehr�ähnlich ist.

    Die Gebete und Übungen sollten in ihrem�jeweiligen�Kontext gesehen wer-den, sie sollten deshalb in ihrem Zusammenhang zitiert werden, z.B. „...dies ist ein Sutra (Lehrsatz) aus dem Buddhismus“ und „dies ist ein Vers aus dem Koran“ usw. und auch so in ihrem Herzbuch zitiert werden. Die Worte aus den verschiedenen Religionen sollten nicht zu einem unterschiedslosen „Einheits-brei“ vermengt werden.

  • Reise zum Herzen 34

    Baustein 11:Einladung zu einer Herz-Meditation1

    Intentionen

    Die Schüler/innen werden ermutigt, die Erfahrung�einer�Meditation zu machen.

    Dabei können sie ihre Innenwelt�entdecken.

    Sie sollen für ihre innere Herzebene�sensibilisiert werden.

    Sie sollen erfahren, dass das Herz nach�islamischer�Vorstellung�mit�Gott in Verbindung treten kann durch das Gebet und so schrittwei-se�Spiritualität entfalten kann.

    Die Schüler/innen sollen erfahren, dass die Herzpflege ein besonderes�Geschenk�der�Religionen ist.

    Die Schüler/innen sollen das Geschenk der Religionen (diese Herzpflege) zur Stärkung und Öffnung�des�Herzens kennen lernen, um ihre�Re-ligiosität�weiter�zu�vertiefen�und�für�sich�nützen�zu�können.

    Ideen zur Durchführung einer Meditation im Unterricht

    Vorüberlegungen:Die Meditation wird, einschließlich Ruhephase, schätzungsweise �0-�5 Minu-ten dauern. Was tun die Schüler/innen, die die Meditation nicht machen möchten? Was tun mit der restlichen Zeit? (Beispielsweise könnten die Schüler/innen weiter an der Fertigung,�der�Ausschmückung�der�Herzform arbeiten, in die sie Lieblingsworte aus den Religionen hineinschreiben.)Vor Beginn der Ruhephase muss die Entscheidung getroffen werden, welcher Text Grundlage der Meditation sein soll. Je nach Situation wählt die Lehrkraft

    1 Meditation bedeutet: Versenkung, ein ganz tiefes zur Ruhe kommen, ein „In-sich-sein-Können“ zu erleben.

  • Reise zum Herzen 35

    eine Möglichkeit aus dem folgenden Angebot aus oder stellt den Schüler/in-nen mehrere Alternativen als Auswahl zur Verfügung. Wir empfehlen, da das Meditieren nicht beim ersten Ausprobieren klappt, diese mehrmals, mindes-tens�drei-�bis�viermal zur Einübung und zur Vertiefung anzubieten.Die Meditation kann in jeder Haltung, die eine Entspannung ermöglicht, durchgeführt werden. Gut wäre es, sie im Liegen auf einer Iso-Matte zu prak-tizieren.

    Zeitplan:10 Minuten: Herstellung der Ruhe5-10 Minuten: Meditation30 Minuten: Weiterarbeit an der Herzform

    Herstellen�der�inneren�RuheWir setzen uns ganz bequem und gemütlich hin.Ihr könnt dabei, wenn ihr wollt, euren Kopf aufstützen.Wir schließen unsere Augen. Wir atmen ganz ruhig ein und aus.Wir achten auf unseren Atem.Unser Atem geht ruhig und gleichmäßig.Unser Herz schlägt ruhig und gleichmäßig.Unser Puls schlägt ruhig und gleichmäßig.Die Gedanken kommen und ziehen vorbei wie Wolken.Wir bekämpfen sie nicht - wir lassen sie vorbeiziehen.

    Ihr könnt ruhig kichern – das ist nicht schlimm.

    Meditationsphase Text AStell dir vor, du bist eine Blume, die in der Morgensonne aufgeht.Du bewegst dich ganz langsam hin und her.Es ist so schön warm in der Sonne.Der warme Wind streicht zart über dich hinweg.

    Text BAlle Lebewesen sollen glücklich sein: alle Tiere, alle Pflanzen, alle Menschen, meine Familie, ich selbst.

    Text CWenn einer von euch jetzt beten möchte, dann kann er es jetzt von ganzem Herzen tun.

  • Reise zum Herzen 36

    Wenn jemand nicht�beten möchte, kann er folgendes tun:„Wenn du einen Herzenswunsch hast für jemanden, den du sehr lieb hast, oder auch für dich selbst, dann wünsch ihn jetzt von ganzem Herzen.“

    Text DDiejenigen, die es möchten, nehmen einen der Schönsten Namen Gottes oder einen Psalm oder ein Sutra aus dem Buddhismus oder einen Vers aus dem Ko-ran oder ein Mantra aus dem Hinduismus und bewegen ihn in ihrem Herzen. Möglich ist auch die Übung mit dem Dhikr, d.h. die Schüler/innen wiederholen einen der Schönsten Namen Gottes mehrmals und denken ihn in ihrem Her-zen.

    Die Schüler treffen selbst�eine�Auswahl – vermutlich aus ihren eigenen Religionen und Traditionen. Dazu wäre es gut, Worte aus den Religionen gut sichtbar im Klassenraum zu präsentieren, oder aber das Herzbuch griffbereit zu haben.

  • Reise zum Herzen 37

    Baustein 1�:Ideen für eine Abschlussstunde:

    Intentionen

    Die viele�Mühe, der Einsatz der Schüler/innen soll gewürdigt werden.

    Sie sollen ihre Erkenntnisse formulieren können, indem sie die Gelegen-heit erhalten, die Stationen der Reise Revue passieren zu lassen.

    Es soll die Erkenntnis bei den Schüler/innen entstehen, dass ihr Herz eine Kostbarkeit ist, die es gilt, ein ganzes Leben mit großer�Fürsor-ge�und�Sorgfalt�zu�behandeln.

    Ideen zum Unterrichtsverlauf

    Eine�Reflexion�der�Reise�zum�Herzen ist dringend notwendig und sollte mit Hilfe folgender Lehrerfragestellungen erfolgen.

    Wir haben eine Reise gemacht zu unserem eigenen Herzen, tief in unser In-nerstes, in unsere eigene innere Welt.Was haben wir erlebt?Was haben wir über unser Herz erfahren?Was war spannend?Was war neu?Was war unangenehm?Was�war�wohltuend?Was hat dir gefallen?

    Die Schüler/innen sollen die Gedanken zu den jeweiligen Fragen ins Herzbuch eintragen.

  • Reise zum Herzen 38

    Baustein 13:Projekt Herzausstellung

    Intentionen

    Schüler/innen sollen die Essenz ihrer Erfahrungen und Erkenntnisse in Form einer Ausstellung für alle zum Ausdruck bringen.

    Ideen zum Projekt

    Was�möchten�wir�von�unserer�Reise�als�ständige�Erinnerung�in�un-serem�Klassenzimmer�behalten?

    Was�möchten�wir�unseren�Eltern,�Freunden�und�den�anderen�Klas-sen�zeigen?

    Eine Herzausstellung organisieren für alle: für die Eltern, Freunde, ande-re Klassen, interessierte Menschen, begehbar mit allen Bestandteilen, dem ganzen Sammelsurium, das die Schüler gesammelt und angefertigt haben. Dazu könnten sie Einladungskarten und Plakate anfertigen.

  • Reise zum Herzen 39

    LITERATURLISTE

    Annemarie Schimmel, Denn�Dein�ist�das�Reich�-�Gebete�aus�dem�Islam, Herder Verlag, Freiburg i. Br. 1978.

    Annemarie Schimmel, Mystische�Dimensionen�des�Islam, OALANDER-Verlag, Aalen 1979.

    Annemarie Schimmel, Sufismus - Eine Einführung in die islamische Mystik, Verlag C.H. Beck, München �000.

    Antoine de Saint-Exupery, Der�kleine�Prinz, Karl Rauch Verlag, Düsseldorf 197�.

    Christa Schneider, Alles�geschieht�nur�zum�Besten - Sufigeschichten u.a. Erzählungen der Weisheit, An-sata Verlag, München 1997.

    Dauerausstellung: Das�„Begehbare�Herz“, Kinder-Akademie Fulda Gmbh, Mehlerstr. 4, 36043 Fulda, 0661/90�730.

    Deutsches Hygiene-Museum Hrsg., Herz�-�Das�menschliche�Herz�-�Der�herzliche�Mensch, Verlag der Kunst, Dresden 1995.

    Elsbeth Bihler, Symbol�„Mensch“, Lahn Verlag, Limburg 1996.

    H. Eberhardt, Praktische Seel-Sorge-Theologie, Bielefeld 1993.

    Halima Krausen, Selbsterziehung�oder�Selbstläuterung. Unveröffentlichtes Manuskript Initiative für isla-mische Studien.

    Halima Krausen, Weitere�Selbstentdeckung. In: Fasten und Selbsterziehung. Ethisch-rechtlicher Bereich I. Unveröffentlichtes Manuskript Initiative für islamische Studien.

    Helen Bonzel und Gabriele König (Hrsg.), Künstlerherzen�für�Kinderherzen, Kinderakademie Fulda �001.

    L. Coenen, E. Beyreuther, H. Bietenhard, Theologisches�Begriffslexikon zum Neuen Testament Bd.1, Wuppertal 1979.

    Mehdi Razvi, Entdeckungsreisen�im�Koran - 1� Lehrgespräche, Copyright EB-Verlag Hamburg �001.

    Muhyiddin Ibn Arabi, Ein�Sufi-Lehrbuch�über�die�Übung�der�Einsamkeit, Verlag Hermann Bauer, Frei-burg i.Br. 1984.

    Noris Kern, Ich�hab�dich�einfach�so�lieb, Verlag Friedrich Oetinger, Hamburg 1998.

    Oliviero Toscani, Beten – Gebete�von�Jugendlichen�aus�aller�Welt, Pattloch Verlag, München �000.

    Weisheit�der�Völker, Lesebuch aus drei Jahrtausenden, Sonderausgabe �000, Heinrich Hugendubel Verlag, München/Kreuzlingen 1991.

    Wilhelm Gundert, Annemarie Schimmel und Walther Schubring (Hrsg.),�Lyrik�des�Ostens, Gedichte der Völker Asiens vom Nahen bis zum Fernen Osten, Carl Hanser Verlag 1965.

    Wilhelm Hauff,�Das�kalte�Herz - aus: das Wirtshaus im Spessart, Annette Betz Verlag, München 1998.

  • Reise zum Herzen 40

    Reise zum Herzen - Material-Anhang

    Der folgende Teil ist eine „Fundgrube“ für LehrerInnen zum Stöbern.

    Sie enthält zusätzliche Erörterungen, Sachinformationen, alternative Medi-tationsformen und heilige Worte zum Thema „Herz“ in den Religionen.

    Aus diesem Angebot heiliger Worte haben wir einen Vorschlag für ein kom-plettes Herzmenue zusammengestellt (siehe diverse Seiten mit der Über-schrift „Menuevorschlag“).

    Die theoretischen Erläuterungen sollen den LehrerInnen nicht nur ein zu-sätzliches Hintergrundwisssen aus der Innensicht der Religionen vermitteln, sondern auch die Möglichkeit eröffen, die „Reise zum Herzen“ für höhere Unterrichtsstufen zu gestalten.

    •••

  • Reise zum Herzen 41

    Das Symbol Herz in den Religionen

    Aussagen aus den Heiligen Schriften beschreiben das Innerste des Menschen in seiner Haltung und Beziehung zu sich selbst und zu Dem, Den die Religi-onen unterschiedlich benennen, Der sich vielfältig und ähnlich offenbart.

    „In der Brahmaburg des Leibesist eine kleine Lotusblüte, das Herz. In ihm ist ein kleiner Raum, aber er ist so groß wie der Weltenraum und enthält alles, was zwischen Himmel und Erde liegt.“

    (aus den Upanishaden der Hindus)

    Warum gehst du in den Wald, um Gott zu finden? Er lebt in allem und bleibt doch besonders. Auch in dir wohnt Er wie Duft in einer Blume oder das Abbild in einem Spiegel. Sieh Ihn daher in deinem Herzen.“

    (aus dem heiligen Buch der Sikhs)

    „Himmel und Erde umfassen Mich nicht,aber das Herz Meines gläubigen Dieners umfasst Mich.“

    (Hadith Qudsi – außerkoranische Offenbarung)

    „Was du suchst, ist in deinem Herzen.“(Ayya Khema, buddhistische Lehrerin)

    „...sein (des Menschen) Herz, die Wohnung des Allbarmherzigen und der Thron, worauf der Glanz Seiner Offenbarung ruht.“

    (Baha`u`llah, Ährenlese, 93:3, Baha`i)

    „Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben.“

    (Ps. �8,7)

  • Reise zum Herzen 4�

    Menuevorschlag: Herznahrung aus dem Koran

    „Er ist es, der die Ruhe in die Herzen nieder sendet, damit sie Glauben hinzufügen ihrem

    Glauben… “(Sure 48;5)

    „und Er hat Liebe in ihre Her-zen gelegt. Würdest du auch

    alles aufwenden, was auf Erden ist, du könntest doch nicht Liebe in ihre Herzen legen. Allah aber hat Liebe

    in sie gelegt. Wahrlich, Er ist mächtig, weise.“

    (Sure 8;64)

    „Sie, die glauben und deren Herzen Trost finden im Geden-ken Allahs. Ja! Im Gedenken

    Allahs ist es, dass Herzen Trost finden können.

    Die da glauben und gute Wer-ke tun – Glück wird ihnen und

    eine treffliche Heimstatt.“ (Sure 13;�9-30)

    „… und Er ist mit euch, wo immer ihr seid. [...]

    (Sure 57;5)

    „Und wenn Meine Diener dich nach Mir fragen, siehe, Ich bin nahe. Ich antworte dem Gebet des Bittenden, wenn er zu Mir betet. So sollen sie auf Mich hören und an Mich glauben, auf dass sie den re-chten Weg wandeln mögen.“

    (Sure �;187)

    „Und wer an Allah glaubt – Er leitet sein Herz. Und Allah

    weiß alle Dinge.“ (Sure 64;1�)

  • Reise zum Herzen 43

    Ein Hadith1 vom Propheten Muhammad s�

    Die folgende Aussage zeigt uns, wie sehr die Wahrnehmung unseres Herzens uns im Leben helfen kann:

    Ein Mann fragte einmal den Propheten: „Woher weiß ich, ob meine Entscheidung und mein Handeln rich-tig sind? Ich hatte nicht viel Zeit, bei dir zu studie-ren und muss bald wieder zu meinem Stamm.“Muhammad (der Friede Gottes und Seine Segnun-gen seien über ihm und über allen anderen Pro-pheten) sagte zu ihm: „Höre auf dein Herz. Dein Handeln und deine Entscheidung sind dann richtig, wenn dein Herz dabei ruhig schlägt.“

    1 Bericht; Aussage� Gottes Friede und Seine Sendungen seien ueber ihm und ueber allen anderen Propheten

  • Reise zum Herzen 44

    Menuevorschlag: Herznahrung - Der Dhikr

    Den Dhikr hast du vielleicht schon kennen gelernt.Es bedeutet Erinnerung, Denken an Gott. Wenn du in dieser Weise gedenkst, verbindet sich dein Herz mit Gott und Gottes Licht spiegelt sich in deinem Herzen wider.

    Das „An-Gott-Denken“ kannst du laut oder auch leise machen. Diese Kette ist eine Zählhilfe: Sie hat 33 oder 99 Perlen. Mit jeder Perle wiederholst du einen der Schönen Namen Gottes und bewegst ihn in deinem Herzen.

  • Reise zum Herzen 45

    Menuevorschlag: Herznahrung Schönste Namen Gottes

  • Reise zum Herzen 46

    Menuevorschlag: Herznahrung Christliche Gebete, Gedichte, Sprüche

    Erforsche mich Gott, und erkenne mein Herz,

    prüfe mich und erkenne, wie ich es meine,

    und sieh, ob ich auf bösem Wege bin,

    und leite mich auf ewigem Wege.

    (Ps. 139,�3)

    Segen sei mit dir, der Segen strahlenden Lichtes,

    Licht um dich her und innen in deinem Herzen.

    Sonnenschein leuchte in dir und erwärme dein Herz, (…)

    (aus einem irischen Segen)

    Schaffe mir Gott, ein reines Herz

    und gib mir einen beständi-gen Geist.

    (Ps. 51,1�)

    Die Gott suchen, denen wird das Herz aufleben.

    (Ps. 69,33)

    Zu dir hin hast du uns er-schaffen,

    und ruhelos ist unser Herz, bis es zur Ruhe kommt in dir.

    (Augustin, Bekenntnisse)

    Der Herr ist meine Stärke und mein Schild:

    auf ihn hofft mein Herz und mir ist geholfen.

    (Ps. �8,7)

    Selig sind die, die reinen Her-zens sind,

    denn sie werden Gott schauen.

    (Mt 5,8)

    Unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir.

    (Augustin, Bekenntnisse, Kurzform)

  • Reise zum Herzen 47

    Menuevorschlag:Herznahrung aus dem Buddhismus

    „Was du suchst, ist in deinem Herzen!“

    (Ayya Khema - eine buddhistische Lehrerin )

    „Wenn man Liebe im Herzen hat, verleiht das dem Herzen Sicherheit.[...]

    Man ist absolut zuverlässig und hat keine Angst!“

    (Ayya Khema )

    „Allen Lebewesen von ganzem Herzen zugetan sein,indem man seine uneingeschränkte Liebe

    und Güte in die Welt verströmt.“(Buddha, Das Sutra von der Herzensgüte)

    OM�MANI�PEME�HUNG

  • Reise zum Herzen 48

    Mantra

    Anmerkung: Tibetischer Originaltext und Umschrift

  • Reise zum Herzen 49

    Menuevorschlag: Herznahrung aus dem Hinduismus

    oṁ namo bhagavate vāsudevāya

    „Ich verehre den Höchsten Herrn mit Namen Vāsudeva – der Herr, der überall wohnt..“

    (Śrīmad-Bhāgavatam 4.8.54)

    - 3 -

    O Höchster Herr, um Selbstverwirklichung zu erlangen, ergebe ich mich Dir, der Du von denHalbgöttern als der höchste Herrscher über alle Dinge verehrt wirst. Bitte entfernegütigerweise durch deine Unterweisungen den Knoten aus dem Innern meines Herzens undlass mich die Bestimmung meines Lebens wissen. Śrīmad-Bhāgavatam 8.24.53

    Wenn ein heiliger Name laut, tonlos oder in Gedanken über eine längere Zeit wiederholtwird, so nennt man diese Meditation „Japa“. Die Wiederholung dient der Läuterung desHerzens und der Versenkung in Gott. Der Verehrer lädt Gott ein, in seinem Herzen Platz zunehmen. So vertieft sich die Beziehung.

    Einen zur Wiederholung geeigneten Mantra haben wir bereits erwähnt: oṁ namo bhagavatevāsudevāya – „Ich verehre den Höchsten Herrn mit Namen Vāsudeva – der Herr, der überallwohnt.“

    Hier ist ein weiterer bekannter Mantra aus der Kalisantaraṇa Upaniṣad, der gern bei derJapaMeditation rezitiert wird:

    Hare Kṛṣṇa, Hare KṛṣṇaKṛṣṇa Kṛṣṇa, Hare HareHare Rāma, Hare RāmaRāma Rāma, Hare Hare

    In diesem Mantra kommen drei Namen Gottes vor: Hare (Energie Gottes), Kṛṣṇa (GottPersönlich, der „Alles Anziehende“) und Rāma (Gott als freudvolle Energie). Eine sinngemäßeÜbersetzung dieses Mantras ist: O Herr, o Energie Gottes, bitte beschäftige mich in Deinemfreudvollen Dienst. Damit dient dieser Mantra als Gebet, aber durch die Wiederholung auchzur Vertiefung einer Beziehung zu Gott.

    “O Herr, o Energie Gottes, bitte beschäftige mich in Deinem freudvollen Dienst.”

    (Kali-santaraṇa Upaniṣad)

  • Reise zum Herzen 50

    Sachinformationen der ReligionenHerz im IslamIm Koran werden hierzu mehrere Begriffe genannt, die im Deutschen un-terschiedslos mit „Herz” übersetzt werden, die im�Arabischen�aber�eine�jeweils�unterschiedliche�Bedeutung�haben, je nach dem, auf welche Verbform dieser Begriff zurückgeführt werden kann. Es ist wichtig, diese unterschiedlichen Ausgangsverben zu kennen, damit bei dem Begriff „Herz” diese Bedeutungsebenen mitschwingen können.

    Der Begriff „qalb“ – abgeleitet von dem Verb qalaba�=�sich�wenden,�um-drehen,�umwenden,�sich�hin-�und�herwenden, steht für „Herz, Zen-trum, Kern, Gemüt, Sinn, bester Teil”. Der Schwerpunkt der Bedeutung liegt auf dem Aspekt�der�Ausrichtung. „Das Herz oder Gemüt ist vor allem eine Empfangsstation, vergleichbar etwa mit einer Parabolantenne, und zwar des-wegen, weil sie auf verschiedene ‚Sender’ ausgerichtet werden kann.” 1

    „...Und wer an Allah glaubt – Er leitet sein Herz.�

    Und Allah weiß alle Dinge”.

    (Sure 64;1�)

    Das Herz kann sich ausrichten, sich wenden zu Gott hin und von dort Impulse empfangen und es kann sich zur (unerzogenen) Nafs (Psyche) ausrichten und von ihr dominiert werden.3 Ein weiterer Begriff für Herz ist lubb (entsprechend leb im Hebräischen) ab-geleitet vom Verb labba = sich aufhalten, verständig�und�klug�sein (im Arabischen ein Verb!). Das Substantiv lubb hat die Bedeutung von „Kern, Mark, Innerstes, Einsicht“. Bei der Verwendung dieses Begriffs liegt der Schwerpunkt auf Herz�als�Sitz�der�Erkenntnis, beispielsweise in der Sure 13,�0:

    „Ist denn der, der weiß, dass das,

    was dir von deinem Herrn hinabgesendet wurde,

    die Wahrheit ist, gleich einem, der blind ist?

    Jedoch nur die mit Verstand4 Begabten wollen es bedenken.“

    (Sure 13;�0)1 Siehe Halima Krausen: Weitere Selbstentdeckung...� hier: qalb3 In diesem Kontext sei angemerkt, dass es darum geht, die Psyche durch Selbsterziehung zu erziehen und nicht, sie zu töten. (Siehe: Halima Krausen, Weitere Selbstentdeckung).

    4 hier: lubb

  • Reise zum Herzen 51

    Der Begriff sadr geht zurück auf das Verb sadara, das übersetzt wird mit: herrühren�von,�heraustreten,�und:�to�proceed,�to�go�forward,�to�re-turn�from�watering. Das Substantiv sadr bedeutet: „seinen Ursprung ha-ben, Ursprung, Quelle“ und wird vielfach übersetzt mit „Brust, Busen“, z.B. in der Sure 94,�:

    „Haben wir dir nicht deine Brust�weit gemacht und dir abgenommen deine Last...“

    (Sure 9�;�)

    „Darum: wen Allah leiten will,

    dem macht Er die Brust weit für die Hingabe (Islam)“(Sure 6;1�5)

    Schließlich der Begriff sirr – abgeleitet von dem Verb sarra�=�sich�freuen, glücklich�sein: sirr trägt die Bedeutung von „Geheimnis, Herz, Innerstes, Mysterium“; Herz�als�‚innerster�Herzenskern’,�in�dem�die�Offenbarung�erfahren�wird.5 Ein Beispiel für „sirr“ wird in Sure 6,4 geoffenbart:

    „Er ist Gott in den Himmeln und auf der Erde.

    Er kennt euer Verborgenes und euer Sichtbares

    und Er weiß, was ihr verdient.“(Sure 6;4)

    Der Begriff fu`ad,�das�beruhigte�Herz�im�Erfahren�der�Majestät�Got-tes, gehört zu marifa, „Erkenntnis”6 . Es wird genannt in der Sure 11,1�0:

    „Und wir berichteten dir

    von den Geschichten der Gesandten,

    um dein Herz zu festigen,

    und hierin ist die Wahrheit zu dir gekommen

    und eine Ermahnung

    und eine Erinnerung für die Gläubigen“.(Sure 11;1�0)

    Nach islamischem Verständnis ist�also�das�Herz�das�Zentrum�- der Kern, der beste Teil, das Gemüt, der Sinn, das Mark, das Innerste, die Einsicht, die Erkenntnis, das Geheimnis, der innerste Kern, die für die eigene Quelle er-schlossene und für die Hingabe an Allah geweitete Brust. Weiter ist das�Herz 5 Annemarie Schimmel: Mystische Dimensionen des Islam, Qalandar Verlag, GmbH Aalen, S. �136 Dto.

  • Reise zum Herzen 5�

    (das sich wendet, das sich ausrichtet, das einsichtig ist, das erkennt, dasverständig und klug ist, das glücklich ist, das sich freut) die�Berührungs-ebene�zwischen�Mensch�und�Gott.�

    In einem Gebet von Ali, dem Schwiegersohn des Propheten Muhammad s, werden fu`ad und qalb in einem Sinnzusammenhang erwähnt. Hier geht es darum, wie der Mensch beschaffen ist und wozu er mit seinen „Sinnen“ befä-higt ist:

    „Und Du schenktest mir ein Gehör, um Deine Zeichen zu hören,

    Und einen Verstand, um Deinen Glauben zu begreifen,

    Und die Fähigkeit zu sehen, um Deine Stärke zu erkennen,

    Und ein beruhigtes Herz, um Deine Majestät zu erfahren,

    Und ein sich hin- und her wendendes Herz,

    um sich in Deine Einheit einzuknüpfen.“ 7

    Die Gottessuche erfolgt über das Herz, sie ist eine Bewegung, ein Bedürfnis und eine Erfahrung des Herzens und ist dem Menschen als eine natürliche Anlage (fitra = „Instinkt”) mitgegeben. Ein Wissen, das man mit dem Herzen erfährt, dessen kann man sich ganz sicher sein. Damit die Such-Bewegung des Herzens sich nicht in eigenen Bildern verfängt und in eigenen Vorstellun-gen endet, ist es wichtig, dass das Herz „leer“ ist, im Sinne von frei und unbe-lastet von (falschen) Bildern über Gott: „Gott ist größer“ als alles, was wir uns vorstellen können...

    Die Kaaba – ein Symbol für das Herz

    Ein Symbol für das Herz ist die Kaaba, die von Abraham zusammen mit sei-nem Sohn Ismael erbaut wurde und die von innen leer war. Prophet Mu-hammad s8 reinigte das Gotteshaus von selbstangefertigten Figuren und Bildern, in denen die unzähligen Göttervorstellungen der Mekkaner ihren Aus-druck fanden und die sie darin verehrten und stellte somit den ursprünglichen Zustand dieses Gotteshauses wieder her. Sie verehrten das, was ihre Hände selbst angefertigt hatten und was ihnen nicht helfen konnte.Das Herz soll frei sein, soll leer sein, damit es sein kann, was es ist: der Raum im Menschen für die Kontaktaufnahme mit Gott und für die Anbetung Gottes – mit Dem, Der sich unseren Vorstellungen entzieht, aber Der sich immer wie-der aufs neue offenbart.

    7 Quellenangaben liegen nicht vor8 Nach dem Namen des Propheten sagen Muslime „Der Segen Gottes und der Friede sei auf ihm“.

  • Reise zum Herzen 53

    Das Herz in der Mystik

    Existentielle Gottessuche und die dadurch erfahrene Nähe zu Gott, wird in der mystischen Erfahrung als Schatz erlebt, der in der Ruine des gebeutelten Herzens gefunden wird: „Wo immer eine Ruine ist, ist Hoffnung auf einen Schatz - warum suchst du nicht den Schatz ‚Gott’ in dem verwüsteten Herzen? [...] Der Mystiker kann die Gestalt des Freundes finden, der in dem von allem geleerten Herzen wohnt, er mag in der Ruine den verborgenen Schatz entde-cken und dann im jubelnden Entzücken ausrufen ‚Was ich niemals gefunden habe, fand ich im Menschen!’” 9

    Über das Herz werden wir uns der Anwesenheit Gottes bewusst.

    Die Nähe zu Gott, die in ihrer höchsten Form als Liebe empfunden wird, wird in der Mystik besonders deutlich und deshalb sei im weiteren Verlauf des Tex-tes ein zusätzlicher Blick auf sie erlaubt. Die Beziehung zwischen Mystiker und Gott wird als eine Liebesbeziehung erlebt, wie sie zwischen menschlichen Liebenden stattfindet: mit Liebessehn-sucht, mit Liebesschmerz, mit dem sich Verzehren nach dem Geliebten und der Erfüllung der gemeinsamen Liebe. „Jede Liebesbeziehung”, so schreibt Annemarie Schimmel, „ist gegenseitig, vom Geliebten inspiriert, vom Liebenden beantwortet: ‚Ich rufe Dich – nein, Du rufst mich zu Dir.’” 10 „So wendet sich das Herz dem Geliebten zu und empfängt Impulse von ihm und orientiert sich an ihm. Der Liebende ‚versteht mit dem Herzen’, was den Geliebten bewegt und was er sich wünscht.”11 Zeugnis einer sich erfüllenden Liebe zu Gott ist das Gedicht des Mystikers Sumnun (starb nach 900):

    „Ich hab mein Herz von dieser Welt getrennt.

    Mein Herz und Du sind nicht getrennt für mich.

    Denn wenn der Schlummer mir die Augen schließt,

    so find zwischen Aug’ und Schlummer Dich.“1�

    9 Annemarie Schimmel, dto. S. �1�10 Halladsch, (Bagdad 857-9��), in: dto, Seite 18�11 Halima Krausen, dto.1� Quellenangaben liegen nicht vor

  • Reise zum Herzen 54

    Die liebevolle Würdigung Gottes eines Ihn liebenden Herzens, findet ihren Ausdruck in dem Hadith Qudsi, einer außerkoranischen Offenbarung Gottes an den Propheten Muhammad s („Der Friede Gottes sei über ihm und über allen anderen Propheten.“):

    „Himmel und Erde umfassen Mich nicht,

    aber das Herz Meines gläubigen

    Dieners umfasst mich.“

    Das Herz des Menschen in all seinen unterschiedlichen Begrifflichkeiten ist im Koran sehr häufig Thema. In unserem Text können wir nur Schlaglichter auf einige Zusammenhänge richten, die für unsere menschliche Entwicklung wich-tig sind.

    Das Herz als Sitz der Vernunft

    Nach islamischem Verständnis ist das Herz die Basis, das die Vernunft (aql) leiten sollte. Ein „sehendes” Herz kann Zusammenhänge einsehen und Ver-nunftbezüge herstellen, kann menschliche Werte wie z. B. Gerechtigkeit, Gleichberechtigung der Geschlechter anstreben, ein Handeln motivieren, das sich gegen Rassismus und Unterdrückung von Menschen und Tieren und für die Schöpfung einsetzt.

    „Sind sie denn nicht im Lande umher gereist,

    so dass sie Herzen haben könnten,

    damit zu begreifen oder Ohren, damit zu hören.

    Denn fürwahr, es sind ja nicht die Augen, die blind sind,

    sondern blind sind die Herzen, die in den Busen sind”. 13 (Sure ��;47)

    Aus dem obigen Koranvers wird deutlich, dass die eigentliche Blindheit nicht im physischen Auge liegt, sondern in Herz und Vernunft: das�Herz�kann�er-blinden, der eigenen Realität gegenüber, der Verantwortung sich selbst ge-genüber, dem Mitmenschen, der Schöpfung und Gott gegenüber – mensch-liche�Herzen�können�sich�verhärten,�versteinern,�bis�sie�„härter�als�Steine”�sind:

    13 Hervorhebung durch die Verfasser.

  • Reise zum Herzen 55

    „Danach aber wurden eure Herzen verhärtet, bis sie wie Steine waren oder noch härter,

    denn unter den Steinen sind ja solche, aus denen Ströme hervorbrechen, und solche, aus

    denen Wasser fließt, wenn sie sich spalten und gewiss sind unter ihnen manche, die sich

    verbeugen aus Ehrfurcht vor Gott, und Gott ist nicht unachtsam eures Tuns”.

    (Sure �;75)

    Jesus im Koran

    Im Zusammenhang mit dem Herzen kommt Jesus, dem Gesandten Gottes, besondere Bedeutung zu: Er öffnet das Herz. Jesus sagt im Koran:

    „..., und ich will die Blinden und die Aussätzigen heilen

    und ich will die Toten lebendig machen mit Erlaubnis Gottes; ...”

    (Sure 3;50) 14

    In der Koranliteratur finden wir Belege, dass die verwendeten Sprachwurzeln für „blind sein” (Hier: kamaha und amiya), sowohl für eine physische als auch für eine geistige Blindheit stehen. Die Ableitungen von „amiya” machen dies besonders deutlich: die Ableitung im 4. Wortstamm bedeutet: blenden,�verblenden,�blind�machen�(für�eine�Tatsache), die Ableitung im 6. Wort-stamm: sich�blind�stellen,�blind�sein�für.

    Im letzteren Sinn bestand Jesus’ Aufgabe am Menschen darin, geistig�blin-de�Herzen�„sehend”�zu�machen�für�Gottes�Licht. 15 Die Begriffe „Licht und Finsternis”, stehen analog zu den Begriffen „Wissen bzw. Gerechtigkeit” und „Unwissenheit, bzw. Ungerechtigkeit”. Sehen ermöglicht zunächst einmal Selbsterkenntnis, und die Unterscheidungsfähigkeit von Gut und Böse.

    „...Der Blinde und der Sehende sind nicht gleich, noch sind jene, die glauben und gute Werke tun,

    denen (gleich), die Böses tun.“

    (Sure 40;59)

    14 (Hervorhebung durch die Verfasser.)Wir wollen uns an dieser Stelle auf den Aspekt des „Blindseins“und des „Totseins“ konzentrieren, der Aspekt des „Aus-sätzigseins“ soll hier nicht erläutert werden15 Licht im Sinne von Offenbarung und Erkenntnis. Licht ist die Vorrausetzung zum Sehen.

  • Reise zum Herzen 56

    Gleichwohl werden „Tod“ und „Leben“ im Koran sowohl im biologischen als auch im geistigen Sinne gemeint. Im letzteren Sinn bestand Jesus Aufgabe darin, geistig�tote�Herzen�zu�beleben�und�für�Ruhullah�(ruh�=�Geist,�Geist�Gottes)�für�die�Ausstrahlung�Gottes�empfänglich�zu�machen. Jesus spricht vom „malakut�fikum“�„das�Himmelreich�in�euch“. Jesus öffnet das Herz für den „ruh“ Gottes, für den Geist Gottes, und macht das Herz für seine spirituelle Erfahrung empfangsbereit, so dass es zu neuem Le-ben erwacht und seine inneren Möglichkeiten und Kräfte entfalten kann.

    „...Und Wir ließen Jesus, den Sohn der Maria, folgen

    und Wir gaben ihm das Evangelium.

    Und in die Herzen16 derer, die ihm folgten, legten Wir Güte und Barmherzigkeit...“

    (Sure 57;�8)

    „Dann formte Er (Gott) ihn (den Menschen)

    und hauchte ihm Seinen Geist ein.

    Und Er hat euch Gehör und Augenlicht und Herzen17 gegeben. Doch euer Dank ist recht gering.“

    (Sure 3�;9)

    Reflexionen über das Herz als Zeichen

    Der Koran fordert den Leser immer wieder auf, nachzudenken, überhaupt zu denken, über die Zeichen Gottes (ayat), über Zeichen in der Natur, über „Zei-chen in euch selbst“. Ein Zeichen kann ein Schriftzeichen sein, ein Verständi-gungszeichen, ein Kürzel, ein Chiffre, etwas, das es zu entschlüsseln gilt. Man kann das Herz als so ein Zeichen betrachten, über das es sich lohnt, nachzu-denken.

    „In der Schöpfung der Himmel und der Erde

    und im Wechsel von Nacht und Tag

    sind in der Tat Zeichen für die Verständigen.18“ (Sure 3;191)

    Das organische�Herz nimmt eine relativ zentrale�Stellung�in�unserem�Körper ein. Was seine Funktion anbelangt, ist das Herz von zentraler�16 Herz hier: qalaba, qalb,17 hier fuad18 Hier: Plural von lubb, albab, „einsichtige Herzen“

  • Reise zum Herzen 57

    Bedeutung: Es schlägt, seit es bereits im Mutterleib angefangen hat zu-schlagen, ohne unsere bewusste Willenstätigkeit und transportiert das Blut in jede Zelle hinein durch den Körper, es verhält sich in unserem Körper wie eine Pumpe mit selbsttätigem Antrieb. Sein gesundheitlicher Zustand ist von lebensentscheidender Bedeutung – mittlerweile austauschbar durch Spender-herzen oder Kunstherzen – aber die Bedeutung eines sorgfältigen Umgangs mit diesem Organ liegt auf der Hand. Von dem gesundheitlichem Zustand des Herzens hängt schließlich die Versorgung jeder kleinsten Zelle unseres Körpers ab, es transportiert durch das Blut den Sauerstoff und die Nährstoffe durch den Körper zu seinem Aufbau, seinem Erhalt und zu seiner Erneuerung und hält den Körper so am Leben. Analog zu diesem Bild verhält sich das seelisch-geistige�Herz�auf�der�spirituellen�Ebene:�Es�nimmt�gleich-falls�eine�zentrale��geistige�Position�ein�und�greift�die�Lebensfüh-rung�dessen�auf,�der�für�es�verantwortlich�ist.�Dadurch�kann�es�in�einen�mehr�oder�weniger�guten�Zustand�geraten;�es�braucht�„Atem“�und�es�braucht�eine�gute�Versorgung. Die Doppeldeutigkeit von „atmen“ kommt in der lateinischen Sprache besonders gut zum Ausdruck: „spirare“�=�(Luft)�einatmen,�spiritus�=�Geist, davon abgeleitet: spirituell. Hier ist ein Blick in die arabische Sprache interessant: Das Verb tanafassa bedeutet ein-atmen, davon abgeleitet ist das Substantiv nafs: die Psyche, wodurch der enge psychosomatische Zusammenhang zwischen „atmen“ und Psyche schon durch die Wortableitung erkennbar wird: wie man atmet, ist wichtig für das Wohlbefinden unserer Psyche, was in Entspannungsübungen erfahrbar ist. 19

    Der sorgfältige Umgang mit dem Organ Herz wird spätestens zum Thema, wenn sein Gesundheitszustand bedroht ist; der sorgfältige Umgang mit unse-rem spirituellen Herzen ist uns nicht immer gleich bewusst, aber genauso notwendig. In den Religionen sind dem Menschen zu seiner spirituellen Versorgung�Worte�des�Gebetes und Andachtsübungen gegeben, durch die dem Herzen�spirituelle�Kraft und spirituelles�Leben�zufließen.

    19 Hier sei angemerkt: Im Unterschied zum Schema Körper-Seele-Geist kennt der Islam und die arabische Sprache ein differenzierteres 7-teiliges System, in dessen Mitte sich das spirituelle Herz befindet. Siehe hierzu: Halima Krausen, Weitere Selbstentdeckung.

  • Reise zum Herzen 58

    Der Dhikr – eine Herzenspflege

    In der islamischen Mystik wird das Herz mit einem Spiegel verglichen, der das Antlitz des Geliebten reflektiert, der Geliebte ist Gott. Wie ein Spiegel muss das Herz beständig von Staub und Verunreinigungen gereinigt und poliert werden durch das tägliche fünfmalige rituelle Gebet und darüber hinaus durch spezielle Andachtsübungen, z.B. durch Dhikr. In dem Bemühen um ein recht-schaffenes Leben bemüht sich der Gläubige mittels dieser Rituale in die Ver-bindung zu Gott zu gelangen, Seine Nähe und Sein Wohlgefallen zu erringen – damit das Herz das göttliche Licht vollständig reflektieren kann.

    Dhikr heißt in der deutschen Übersetzung Erinnerung,�Gedenken�und�auch�Erwähnung und kann in der Anrufung der 99 Schönsten Namen Got-tes geschehen, sowohl in lauter Form innerhalb einer Gruppe als auch leise, als stille Meditation allein für sich. Dabei stellt der dhikr�qalbi (Gedenken des Herzens) eine Verinnerlichung dar, in dem „ständig das Bewusstsein vorhan-den ist, in Gottes Gegenwart zu leben und in allen Gedanken, Worten und Handlungen mit Ihm verbunden zu sein.“ �0

    „... und ihre Haut und ihre Herzen�1 werden sanft mit der Gotteserinnerung.“

    (Sure 39;�4)

    „...Sie, die glauben und deren Herzen�� Trost finden im Gedenken Allahs.

    Ja, im Gedenken Allahs finden die Herzen Trost.“ (Sure 13;�9)

    �0 Halima Krausen, in: Das Gebet; Vortrag im Rahmen der „Arbeitsgemeinschaft Interreligiöser Dialog“ am Fachbereich Evangelische Theologie der Universität Hamburg�1 Hier: Plural von qalb, qulûb; �� Hier: Plural von qalb, qulûb;

  • Reise zum Herzen 59

    Herz im Christentum

    Der biblische Gebrauch des Wortes „Herz“�3

    Im Profangriechisch��4 bezeichnet „kardia“ sowohl das Organ, als auch den Sitz psychischer Regungen und die Quelle des seelischen Lebens überhaupt. So z.B. schon bei Homer, wo „Herz“ schon das seelische und geistige Zentrum des Menschen meint.

    In der hebräischen�Bibel (Altes Testament) wird das „Herz“ (leb, lebab) ebenfalls im doppelten Sinne gebraucht. Die frühe Übersetzung der hebräi-schen Bibel ins Griechische (Septuaginta) überträgt „leb“ mit Herz, Denken (dianoia/διανοια) und Seele (Psyche/ψυχη“Herz/Leb“ also ein ganzheitlicher Begriff. Wenn z.B. das Herz durch Speise gestärkt wird, dann wird der ganze Mensch gestärkt.

    Das Herz/Leb ist die Mitte des seelisch-geistigen Lebens als Ort der Empfin-dungen als Sitz des Verstandes, der Erkenntnis, der Weisheit, aber auch der Torheit und der bösen Gedanken vom Herzen geht der Wille aus und der tat-kräftige Entschluss

    Der Gebrauch in der griechischen�Bibel (Neues Testament) deckt sich mit dem Verständnis in der hebräischen Bibel. Das „Herz“ steht auch hier für das Ich und bezeichnet die geistig-seelischen Kräfte wie Verstand, Willen, Gefühl, Leidenschaft, Triebe. Im „Herz“ als „Ich-Zentrum“ ist der Mensch von Gott an-sprechbar oder bei einem „verstockten Herzen“ Gott gegenüber taub. Ist das „Herz“ verstockt, unverständig und verfinstert, so ist es der ganze Mensch. Die „Härtigkeit des Herzens“ bezeichnet ein Ich, das auf sich selbst bezogen bleibt und nicht zu einer verständigen Beziehung mit den Mitmenschen und Gott tritt.

    In der griechischen Bibel und in der altchristlichen Literatur wird Gott mit ei-ner neuen Wortbildung als „Herzenskenner“ (καρδιαγνστησ) bezeichnet. Aller-dings ist nur das Wort neu - auch in der hebräischen Bibel kennt und erforscht Gott das Herz der Menschen (z.B. „Erforsche mich Gott, und erfahre mein Herz ...“, Ps. 139, �3)

    �3 Heb.: „lev“, griech.: „kardia“�4 Die folgenden Worterklärungen sind zusammengefasst aus: Th. Sorg, Artikel „Herz“ in: Theologisches Begriffslexikon zum Neuen Testament, hrg. von Lothar Coenen, Erich Beyreuther und Hans Bietenhard, Bd. 1, Wuppertal 1979, �. Au-flage, S. 680ff.

  • Reise zum Herzen 60

    Das Herz steht also für Lebenskraft. Es ist das Zentrum des geistigen und emotionalen Lebens. Im „Herzen“ schlägt das Gewissen. Das „Herz ist es, das die Beziehung zu Gott und den Mitmenschen hält. Wo das Herz versteinert ist, da besteht keine lebendige Gottesbeziehung, und das Leben hat keine Zu-kunft.“ �5

    �5 Hermann Eberhardt, praktische Seel- Sorge- Theologie, Bielefeld 1993, S. ��

  • Reise zum Herzen 61

    Biblische Sprüche zum Thema „Herz“ �6

    „Der Mensch sieht, was vor Augen ist, Gott aber sieht das Herz an.“ (1. Sam. 16,7/Jahreslosung �003)

    „Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben.“(Ps. �8,7)

    „Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein.“ (Jer. 31, 33)

    „Ich will euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Ich will meinen Geist in euch geben und will solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln und meine Rechte halten und danach tun.“ (Ez. 36, �6f)

    Doppelgebot der Liebe:

    „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Her-zen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt“ (5. Mose 6,5)

    und

    „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (3. Mose 19, 18).

    „Die Hauptsumme aller Unterweisung ist die Liebe aus reinem Herzen und aus gutem Gewissen und aus ungefärb-tem Glauben.“ (1. Tim 1,5)

    �6 Diese kann ein Mensch „sich zu Herzen nehmen“, damit „Herz und Verstand“ gestärkt werden

  • Reise zum Herzen 6�

    Theorie zum Herzen im Buddhismus

    In buddhistischen Texten findet man das�Herz häufig erwähnt (siehe auch Zitate im Praxisteil). Es gibt dabei eine Vielzahl von Formulierungen. Drei Be-deutungsebenen kann man erkennen, die sich gegenseitig ergänzen.

    1) Zunächst einmal bezeichnet man in�der�Sprache der buddhistischen Sichtweise mit Herz�die�Essenz�der�Lehre�Buddhas.Dabei handelt es sich dann um kurze, prägnante�Schlüsselunterwei-sungen, die den Kern�von�Buddhas�Belehrungen betreffen und die tiefste Grundlage aller anderen Belehrungen bilden. Sie sind nur selten ohne weiter-führende Erklärungen zu verstehen. Dazu gehört zum Beispiel das berühmte�Herz-Sutra, in dem der Buddha seinen Schülern darlegte, wie�Form�und�Leerheit�sich�gegenseitig�bedingen. Diese Belehrung wird als Höchste Weisheit bezeichnet. Diese nachfolgenden Anmerkungen erheben daher über-haupt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bitte verstehen Sie sie als einige allererste Hinweise darauf, in welcher Richtung man weiter nachdenken sollte. Wer neugierig geworden ist, sollte in der einschlägigen Literatur nachlesen.Form�bedeutet�alles,�was�entstehen�und�vergehen�kann. Keine Form existiert ewig unverändert. Es liegt in ihrer Natur, sich ständig zu verändern, was uns ein Blick in unsere Umwelt oder auch in den Spiegel täglich zeigt.Leerheit�bedeutet,�dass�es�Raum�gibt,�in�dem�etwas�entstehen�und�vergehen�kann. Es ist damit kein Nichts gemeint, sondern die jederzeit of-fene Möglichkeit, dass sich Dinge entfalten und auflösen können.Und diese beiden Dinge sind nur in gegenseitiger Abhängigkeit voneinander vorhanden. Denn Form kann nur entstehen, wenn genügend Raum vorhan-den ist, sich die Dinge ständig verändern und auflösen können. Und gleichzei-tig beweist in einem Umkehrschluss jede vorhanden Form auch, dass Raum vorhanden ist, in dem sie entstehen konnte.Form und Leerheit sind also nicht als Dualität zu verstehen, sondern als ver-schiedene Möglichkeiten des Geistes, sich auszudrücken. Sie arbeiten immer miteinander und nie gegeneinander.Buddha betont, dass es sehr wichtig ist, diese Belehrungen�nicht�nur�lo-gisch�intellektuell�nachzuvollziehen, sondern sie auch „mit�dem�Her-zen��verstehen“ (Thich Nath Hanh) zu lernen. Deshalb wird das Herz-Sutra in vielen buddhistischen Richtungen nicht nur immer wieder erklärt, sondern auch häufig insgesamt rezitiert, entweder in der Originalsprache oder in einer Übersetzung. Dabei vertraut man auf die unterbewusste Weisheit von Körper und Geist, Wahrheit ganzheitlich zu erfassen, jenseits von begrifflichen Vor-stellungen.

  • Reise zum Herzen 63

    �) Auf der Meditationsebene spielt das Herz eine ganz zentrale Rolle. An-ders als vielfach im Westen wird das Herzzentrum�mitten�in�der�Brust als Sitz�des�Geistes angesehen (der Kopf dagegen ist für alles zuständig, was mit Körper, Nerven und Sinnen zu tun hat.)Da der eigene Geist als verantwortlich gesehen wird für die Umstände, in de-nen man lebt, wird es ungeheuer wichtig, diesen Geist kennen zu lernen und seine Fähigkeiten zum Nutzen aller einzusetzen.Oft wird der Geist mit einem Diamanten verglichen, der aus sich selbst heraus strahlt.Dieses Klare�Licht�unseres�Geistes wird aber seit jeher von falschen Ge-wohnheiten, störenden Gefühlen und festgefahrenen Konzepten so verdun-kelt, dass wir es kaum mehr wahrnehmen können. Dabei wirkt sich besonders negativ aus, dass wir gewohnheitsmäßig die anderen Wesen um uns herum als getrennt von uns wahrnehmen. Wir sehen ständig die Bedürfnisse von anderen im Gegensatz zu unseren eigenen Wünschen. Aber ebenso wie sich�Form�und�Leerheit�nur�miteinander�entfalten, so sind wir�und�die�an-deren�jederzeit�voneinander�abhängig.Wenn wir uns selbst aber als unabhängig existierend wahrnehmen, so stecken wir in einer Dualitätserfahrung fest, die automatisch jede Menge störender Gefühle produziert. Denn entweder lehnen wir Dinge ab, was zu Hass und Zorn führt oder wir wollen Dinge für uns selbst haben, was zu Neid, Gier und Eifersucht führt. All diese Gefühle verfestigen aber die Vorstellung von Tren-nung immer weiter. Schließlich können wir nicht einmal mehr erkennen, dass unsere eigenen Konzepte die Schwierigkeiten hervorgerufen haben, in denen wir häufig im Umgang mit anderen Menschen stecken.Buddhistische Praxis besteht nun darin, die Schleier und Befleckungen des Geistes so zu entfernen, dass die eigentlichen Qualitäten- Furchtlosigkeit, Freude und unbegrenztes Mitgefühl - immer deutlicher nach außen strahlen können.Wenn in der Meditation mit inneren Bildern gearbeitet wird, stellt man sich deshalb oft im Herzen eine strahlend weiße voll geöffnete Lotusblüte vor als Sinnbild der inneren Reinheit des Geistes. Dazu kommen noch bestimmte Lichter, Silben oder Buddhaformen, auf die man sich dann besonders konzent-riert.Auf der Meditationsebene ist das Herz also keine Metapher, sondern ein be-stimmter Ort im Körper, mitten in der Brust, auf den man sich bezieht, weil er besonders eng mit dem Geist in Verbindung steht.

  • Reise zum Herzen 64

    3) Schließlich spricht man auf der Verhaltensebene davon, im Alltag, in al-len Lebenslagen, ein gutes,�mitfühlendes�Herz�zu�entwickeln. Man ver-sucht das, was man beim Studium der buddhistischen Sichtweise verstanden hat und das, was man in der Meditation ganzheitlich erfahren hat nun auch im täglichen Leben zu verwirklichen, was nicht immer ganz einfach ist.Aber wenn es gelingt, sein Herz für die Bedürfnisse der anderen Wesen zu öffnen und seine eigenen Wünsche dabei einen Moment zu vergessen, dann hat man einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung getan: Man hat be-gonnen, sich und die anderen als Teile einer Ganzheit zu sehen und nicht getrennt voneinander. Dann hat man auf der Herzensebene einen Zugang zu dem bekommen, was der Buddha im Herz-Sutra lehrt: Dass nichts unabhän-gig aus sich heraus existiert, sondern dass alles miteinander in Verbindung steht und sich ständig wandelt.Dieser Weg zu bedingungsloser Liebe und unbegrenztem Mitgefühl kann im Alltag wirkungsvoll durch den Einsatz eines Mantras unterstützt werden, wie es die Tibeter seit vielen hundert Jahren tun. Sie verwenden dazu die Silben OM�MANI�PEME�HUNG.Der Klang�dieses�Mantras aktiviert Liebe und Mitgefühl in uns und befriedet in schwierigen Situationen uns selbst und andere, wenn wir es leise vor uns hin sagen, solange es gut tut.Diese Mantra gehört zur Buddhaform CHENREZIG (dt. Liebevolle Augen). Er symbolisiert die Fähigkeit, sein Herz ganz für andere zu öffnen, zu sehen, was ihnen gut tut und dann aktiv zu handeln.

  • Reise zum Herzen 65

    Ergänzender Praxisteil aus buddhistischer SichtPraktische Vorschläge, um ein gutes mitfühlendes Herz zu entwickeln, das sich für andere Wesen öffnet:

    Als Einstieg bietet sich die Meditation auf das innere Licht an.Sie ist eine stark vereinfachte buddhistische Meditation, die man aber auch schon mit Erstklässlern ausprobieren kann.�7

    Man bittet die Kinder sich gerade hinzusetzen und wenn möglich die Augen zu schließen, da man sich dann besser konzentrieren kann.Dann spricht man die Anweisungen langsam und deutlich, lässt dabei immer wieder genug Zeit und beobachtet die Kinder um zu bemerken, wann man den nächsten Satz sprechen kann.

    Stell dir vorin deinem Herzenmitten in deiner Brustist ein kleines Licht.Dieses Licht wird immer größer.

    Konzentriere dich auf das Licht in deinem Her-zen.Lass das Licht größer und kräftiger werden.Lass das Licht in deinen Körper strahlen und dir Kraft geben!Schicke das Licht jemandem der es braucht!Lass das Licht wieder zurückkehren.Bewahre das Licht im Herzen!

    Und nun öffnet ihr langsam die Augen und kommt mit eurerAufmerksamkeitwieder zurück in die Klasse.

    �7 Buddhisten achten sehr darauf, dass buddhistische Bilder, Texte und Mantras respektvoll behandelt werden, da sie vom Buddha gegeben wurden. Es wäre toll, wenn Sie auf diese Regel Rücksicht nehmen könnten und auch die Kinder darauf hinweisen würden.

  • Reise zum Herzen 66

    Im Anschluss daran hat es sich bewährt, die Kinder von ihren Eindrücken er-zählen zu lassen, wenn sie möchten. Viele Kinder formulieren gerne, wie sich das Licht angefühlt hat oder wem sie es geschickt haben. Wenn es Kinder gibt, die sich nicht damit zurechtgefunden haben, sollte man sie beruhigen (Neues kann manchmal schwierig sein, das ist gar nicht schlimm...).

    Als Variation kann man die Kinder auch bitten, sich im�Herzen�eine�weiße�Lotusblüte�vorzustellen, aus der dann das�Licht�herausstrahlt. Als Il-lustration lassen sich die beigefügten Zeichnungen verwenden. Auf der beige-fügten Kopiervorlage, die den Kindern als Erinnerung dienen kann, lässt sich das Licht auch farbig gestalten.

    Etwas ältere�Kinder, die schon Erfahrungen mit Stille-Übungen haben, können in der Regenbogenmeditation ausprobieren, wie�sich�ein�Herz�anfühlt,�das�sich�für�andere�öffnet. Das Bild des Regenbogens wird im Buddhismus oft eingesetzt um zu verdeutlichen, wie sich Dinge im Raum ma-nifestieren und wieder auflösen. In diesem Zusammenhang aber soll das Re-genbogenlicht�vor�allem�die�Vielfalt�und�Schönheit�der�Farben�erwe-cken�als�Sinnbild�für�alles�Schöne,�das�man�verschenkt.Man spricht den Text der Regenbogenlicht-Meditation langsam und deutlich und lässt zwischendurch genügend Zeit, damit die Kinder das Gesagte in sich erfahren können.

    Man kann auch die Meditation auf der beigefügten Kassette (Regenbogen-Meditation deutsch gesprochen, Mantra OM MANI PEME HUNG gesprochen, Rezitation Herz-Sutra tibetisch gesprochen – Ausschnitt; im PTI bei Frau Schörner ausleihbar) mit den Kindern zusammen hören.Wichtig ist wieder, zum Schluss den Kindern genügend Raum zu geben, über ihre Erfahrungen zu sprechen, wenn sie mögen und dabei nicht abzuwerten, sondern zu bestärken.

    Die dritte�Möglichkeit, mit dem Herzen auf buddhistische Weise zu arbeiten ist der Einsatz�eines�Mantras. Hier bietet sich das folgende Mantra an:OM�MANI�PEME�HUNG (deutsche Lautschrift)Es erweckt grenzenlose Liebe für alle Wesen und bedingungsloses Mitgefühl.

  • Reise zum Herzen 67

    Man bittet dazu die Kinder, sich still hinzusetzen.

    Stell dir vor,wie gut es sich anfühlt,wenn du jemandem hilfst.Um das noch bessertun zu können,hilfst du jetztdeinem Herzen, sichfür andere Menschen oder auchfür Tiere zu öffnen.Du sprichst ein Mantra.Das sind ein paar Silben,d