REISEN - Galapagos Pro · S tille. Nur ein paar Töl-pel und Fregattvögel ziehen zischend über...

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S tille. Nur ein paar Töl- pel und Fregattvögel ziehen zischend über uns hinweg. Es ist schwül und heiß schon um acht Uhr morgens, bald beginnt die Äqua- torsonne erbarmungslos zu brennen. Das Kreuzfahrtschiff hat Anker in der zum Meer offenen Caldera von Genove- sa geworfen. Doch es scheint zu schwe- ben in dem smaragdgrünen Wasser. VON MICHAEL MAREK Die Vulkaninsel liegt im Norden von Galapagos und gehört zu den 13 Haupt- inseln des insgesamt 122 Eilande zählen- den Archipels. Es liegt mitten im weiten Pazifik – knapp 1000 Kilometer westlich vor der Küste Ecuadors. Plötzlich Unruhe. Start zur ersten Expedition, wie die täglichen Ausflüge in den robusten Schlauchbooten etwas übertrieben genannt werden. Wie Hüh- ner auf der Stange drängen sich die Gäs- te auf den Gummiwülsten. Ihre Ausrüs- tung würde schon eher so mancher Ex- pedition standhalten: atmungsaktive Wanderschuhe, thermoregulierende T- Shirts, schmutzabweisende Hosen. Dazu modische Sonnenbrillen und Caps mit dem Logo der „Silver Galapagos“ – so heißt das Schiff. Der Mann am Steuer dreht die Au- ßenborder auf. Ein dünner Schleier aus warmem Meerwasser überzieht die Pas- sagiere. Auf der Insel angekommen sto- ßen wir auf „die größte Rotfußtölpelei der Welt – an die 120.000 Vögel, die hier nisten“, sagt Yvonne Mortola. Die Ecua- dorianerin ist Naturforscherin und an diesem Tag Wissenschaftsguide im Dienste der Reederei. Vor allem die Töl- pel haben es ihr angetan, sie ist faszi- niert von der Vogelwelt auf Genovesa: „Die Vögel haben keine Angst, weil sie keine natürlichen Feinde haben.“ Dabei ist es recht verwunderlich, dass die Galapagos-Tiere gegenüber den Menschen so außerordentlich gelassen bleiben – angesichts des Leids, das sie über sie gebracht haben. Bereits die ers- ten Besucher im 16. Jahrhundert berich- teten von den vielen zahmen Vögeln, die sich neben ihnen niederließen, von großen Echsen und furchtlosen Seelö- wen. Doch die Ankunft des Menschen wurde vielen zum Verhängnis. Ohne Pardon wurde vor allem die Galapagos- Schildkröte gejagt und als „lebender Proviant“ auf die Schiffe der Freibeuter und Walfänger gebracht. Die Elefanten- schildkröte gehört heute zu den gefähr- deten Tierarten: Einst gab es auf Gala- pagos 200.000 Tiere, heute sind es ge- rade noch 20.000 Exemplare. Ungebro- chen ist nur ihre Arglosigkeit. Aber selbst wenn Menschen wie heu- te in friedlicher Mission kommen, hat das Auswirkungen auf die Flora und Fauna der Inselgruppe, die oft als das letzte Paradies auf Erden verklärt wird. Im Jahr 2015 leisteten sich 224.000 Tou- risten das ebenso exklusive wie teure Vergnügen, auf einem Schiff diese abge- schiedene Welt zu besuchen. Tendenz steigend. Welche Auswirkungen wird der wachsende Tourismus auf das Öko- system der Galapagosinseln haben? Ver- ändert sich das Verhalten der Galapa- gos-Pinguine, wenn Kreuzfahrtpassa- giere zwischen Elterntieren und ihren Jungen umherspazieren? Sorgen die abenteuerlustigen Besucher bei den Tieren für Stress? Oder kommt es zu Kontaminierungen durch eingeschlepp- te Samen oder Sporen? „Häufig sind es Parasiten und Keime oder invasive Arten der Fauna und Flo- ra, die durch Ballastwasser in Schiffen oder im Gepäck durch Touristen einge- schleppt wurden“, sagt Axel Krumsiek, Meeresschutzexperte beim World Wide Fund For Nature Deutschland, dort zu- ständig für Galapagos. Das sei ein gras- sierendes Problem. Beispiel Mangro- venfink: „In dessen Nestern hat sich ei- ne eingeschleppte Fliege breitgemacht. Ihre Larven saugen Blut aus den Jung- vögeln.“ Folge seien Missbildungen und eine hohe Sterblichkeitsrate. Der Vogel ist vom Aussterben bedroht. Aus Grün- den wie solchen hat die Nationalpark- behörde die Anforderungen für das Be- treten der Inseln erheblich verschärft. PHOTOLIBRARY/ GETTY IMAGES Küssen verboten: Seelöwen, hier auf San Cristóbal, sollte man nicht zu nahe kommen JENSEITS von Eden Keine TV-Doku über Galapagos ohne den Hinweis, es handle sich um eines der letzten Naturparadiese. Doch der Sehnsuchtsort ist bedroht. Dabei spielt das Wetter offenbar eine größere Rolle als die Touristen FÜNF MILLIONEN JAHRE KONNTEN SICH DIE ARTEN UNGESTÖRT ENTWICKELN FERNANDO ORTIZ, Mitarbeiter der Nationalparkbehörde FORTSETZUNG AUF SEITE R 2 DIE WELT SAMSTAG, 18. FEBRUAR 2017 SEITE R 1 + Zwischen Schlachtfeldern, Schlössern und Loch Ness Seite R 10 Schottland REISEN ANZEIGE

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Stille. Nur ein paar Töl-pel und Fregattvögelziehen zischend überuns hinweg. Es istschwül und heiß schonum acht Uhr morgens,bald beginnt die Äqua-

torsonne erbarmungslos zu brennen.Das Kreuzfahrtschiff hat Anker in derzum Meer offenen Caldera von Genove-sa geworfen. Doch es scheint zu schwe-ben in dem smaragdgrünen Wasser.

VON MICHAEL MAREK

Die Vulkaninsel liegt im Norden vonGalapagos und gehört zu den 13 Haupt-inseln des insgesamt 122 Eilande zählen-den Archipels. Es liegt mitten im weitenPazifik – knapp 1000 Kilometer westlichvor der Küste Ecuadors.

Plötzlich Unruhe. Start zur erstenExpedition, wie die täglichen Ausflügein den robusten Schlauchbooten etwasübertrieben genannt werden. Wie Hüh-ner auf der Stange drängen sich die Gäs-te auf den Gummiwülsten. Ihre Ausrüs-tung würde schon eher so mancher Ex-pedition standhalten: atmungsaktiveWanderschuhe, thermoregulierende T-Shirts, schmutzabweisende Hosen.Dazu modische Sonnenbrillen und Capsmit dem Logo der „Silver Galapagos“ –so heißt das Schiff.

Der Mann am Steuer dreht die Au-ßenborder auf. Ein dünner Schleier auswarmem Meerwasser überzieht die Pas-sagiere. Auf der Insel angekommen sto-ßen wir auf „die größte Rotfußtölpeleider Welt – an die 120.000 Vögel, die hiernisten“, sagt Yvonne Mortola. Die Ecua-dorianerin ist Naturforscherin und andiesem Tag Wissenschaftsguide imDienste der Reederei. Vor allem die Töl-pel haben es ihr angetan, sie ist faszi-niert von der Vogelwelt auf Genovesa:„Die Vögel haben keine Angst, weil siekeine natürlichen Feinde haben.“

Dabei ist es recht verwunderlich, dassdie Galapagos-Tiere gegenüber denMenschen so außerordentlich gelassenbleiben – angesichts des Leids, das sieüber sie gebracht haben. Bereits die ers-ten Besucher im 16. Jahrhundert berich-

teten von den vielen zahmen Vögeln,die sich neben ihnen niederließen, vongroßen Echsen und furchtlosen Seelö-wen. Doch die Ankunft des Menschenwurde vielen zum Verhängnis. OhnePardon wurde vor allem die Galapagos-Schildkröte gejagt und als „lebenderProviant“ auf die Schiffe der Freibeuterund Walfänger gebracht. Die Elefanten-schildkröte gehört heute zu den gefähr-deten Tierarten: Einst gab es auf Gala-pagos 200.000 Tiere, heute sind es ge-rade noch 20.000 Exemplare. Ungebro-chen ist nur ihre Arglosigkeit.

Aber selbst wenn Menschen wie heu-te in friedlicher Mission kommen, hatdas Auswirkungen auf die Flora undFauna der Inselgruppe, die oft als dasletzte Paradies auf Erden verklärt wird.Im Jahr 2015 leisteten sich 224.000 Tou-risten das ebenso exklusive wie teureVergnügen, auf einem Schiff diese abge-schiedene Welt zu besuchen. Tendenzsteigend. Welche Auswirkungen wirdder wachsende Tourismus auf das Öko-system der Galapagosinseln haben? Ver-ändert sich das Verhalten der Galapa-gos-Pinguine, wenn Kreuzfahrtpassa-giere zwischen Elterntieren und ihrenJungen umherspazieren? Sorgen dieabenteuerlustigen Besucher bei denTieren für Stress? Oder kommt es zuKontaminierungen durch eingeschlepp-te Samen oder Sporen?

„Häufig sind es Parasiten und Keimeoder invasive Arten der Fauna und Flo-ra, die durch Ballastwasser in Schiffenoder im Gepäck durch Touristen einge-schleppt wurden“, sagt Axel Krumsiek,Meeresschutzexperte beim World WideFund For Nature Deutschland, dort zu-ständig für Galapagos. Das sei ein gras-sierendes Problem. Beispiel Mangro-venfink: „In dessen Nestern hat sich ei-ne eingeschleppte Fliege breitgemacht.Ihre Larven saugen Blut aus den Jung-vögeln.“ Folge seien Missbildungen undeine hohe Sterblichkeitsrate. Der Vogelist vom Aussterben bedroht. Aus Grün-den wie solchen hat die Nationalpark-behörde die Anforderungen für das Be-treten der Inseln erheblich verschärft.

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Küssen verboten: Seelöwen, hier auf San Cristóbal, sollte man nicht zu nahe kommen

JENSEITS von EdenKeine TV-Doku über Galapagos ohne den Hinweis, es handle sich umeines der letzten Naturparadiese. Doch der Sehnsuchtsort ist bedroht.Dabei spielt das Wetter offenbar eine größere Rolle als die Touristen

FÜNF MILLIONEN

JAHRE KONNTEN

SICH DIE ARTEN

UNGESTÖRT

ENTWICKELN

FERNANDO ORTIZ, Mitarbeiter

der Nationalparkbehörde

FORTSETZUNG AUF SEITE R 2

DIE WELT SAMSTAG, 18. FEBRUAR 2017 SEITE R 1

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Zwischen Schlachtfeldern, Schlössern und Loch Ness Seite R 10

Schottland

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boote der „Silver Galapagos“ hat uns imHafen abgesetzt. Das heisere Bellen vonSeelöwen ist zu hören, die uns auf demLandungssteg aufgeregt empfangen.Zwischen den ankernden Fischerbootenstürzen Blaufußtölpel wie Pfeile insWasser, um Fische zu erbeuten. Auch inPuerto Baquerizo Moreno machen dieTiere offenbar ihr Ding, obwohl ganz inder Nähe Restaurants und Strandbarsebenso ihrem Geschäft nachgehen wieTauchschulen, Souvenirläden oder Su-permärkte. Unterkunft bieten einfacheHostels und sogar ein Design-Hotel, indem Zimmer knapp 400 Euro pro Nachtkosten. Autos, Busse und Motorrädersind auf den asphaltierten Straßen un-terwegs, auch Taxis.

Im Jahr 1959 wurden die Galapagosin-seln zum Nationalpark, 1978 zumUnesco-Weltnaturerbe erklärt. Heute

ist der Tourismus wichtigste Einnahme-quelle. Das macht es notwendig, eineBalance zwischen ökonomischen Inte-ressen und Naturschutz zu finden, dieaber noch nicht ganz austariert zu seinscheint. 2007 wurde der Archipel aufdie Rote Liste der bedrohten Welterbe-stätten gesetzt. Die ecuadorianische Re-gierung reagierte und verschärfte dieRegeln für Bewohner und Touristen.Mit Erfolg: 2010 wurde der Archipel vonder Liste wieder gestrichen. Zugleichaber wurde die Begrenzung der Besu-cherzahlen aufgehoben.

Doch es gibt Auflagen, die die Touris-tenführer der Nationalparkbehörde er-füllen müssen. Penibel müssen sie Pro-tokoll über alles führen, was ihnen wäh-rend jeder „Expedition“ auffällt:Kommt ein Tier durch einen Menschenzu Schaden? Hat sich eine Pinguinpopu-

lation verringert? „Galapagos ist ein550-Millionen-Dollar-Geschäft – jähr-lich! Die Regierung Ecuadors, aber auchviele Einheimische sind sich dessen be-wusst und wollen, dass die Inseln erhal-ten bleiben“, sagt zum Beispiel Fernan-do Ortiz, der jahrelang für die National-parkbehörde tätig war.

Nach der nächtlichen Überfahrt liegtdie „Silver Galapagos“ vor Española imäußersten Südosten des Archipels. DieInsel hat feine Sandstrände. Eine derBuchten haben sich die Seelöwen ausge-sucht. Mütter säugen ihre Jungtiere, an-dere dösen in der Mittagssonne. Ortizwar schon unzählige Male auf Española.Den Passagieren erklärt er Flora undFauna und achtet darauf, dass niemandden Tieren zu nahe kommt, irgendet-was mitnimmt oder wegwirft. „FünfMillionen Jahre konnten sich die Tiere

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DIE WELT SAMSTAG, 18. FEBRUAR 2017R 2 REISEN

97 Prozent der Landfläche und 99Prozent der sie umgebenden Gewässersind Teil des Galapagos-Nationalparksund stehen unter Naturschutz. Die Mit-arbeiter der Nationalparkbehörde inPuerto Ayora auf der zweitgrößten InselSanta Cruz regeln Gästezahlen, Routenund Größe der Schiffe, Häufigkeit derTouren. Touristen dürfen die Inseln nurin Begleitung eines Naturführers betre-ten. Man darf nur auf den vorgeschrie-benen Wegen gehen, und es ist verbo-ten, Lebensmittel auf die Inseltourenmitzunehmen oder Tiere zu berühren.

Ob diese Maßnahmen Früchte tra-gen? Dass sich das Verhalten der Tieredurch die Besucher irgendwie verän-dert, hat Naturforscherin Mortola bis-lang zumindest nicht festgestellt. Siesorgt sich vielmehr um die Klimaverän-derung und das Wetterphänomen El Ni-ño. Studien hätten gezeigt, dass zumBeispiel die Sardinenpopulation vonJahr zu Jahr abnehme. Das wiederumhabe zur Folge, dass die Zahl der Blau-fußtölpel zurückgehe, bei denen Sardi-nen als Leibspeise hoch im Kurs stehen.

Meeresschutzexperte Krumsiekkommt zu einem ähnlichen Ergebnis.Sein Beispiel für den wetterbedingtenWandel der Tierwelt sind die Galapa-gos-Pinguine: „Für das El-Niño-Jahr1997 gibt es Untersuchungen, die Mor-talitätsraten unter den Galapagos-Pin-guin von bis zu 77 Prozent belegen.“ Abeiner bestimmten Wassertemperaturdünne sich ihre Nahrungsgrundlageaus. Die Folge: Die Vögel hörten auf zubrüten. Ob die Rate von 77 Prozent aberstimmt, bezweifelt Krumsiek. Es gebeUngenauigkeiten in der Datenlage.

Am nächsten Tag erreicht das SchiffPuerto Baquerizo Moreno. Die „Haupt-stadt“ der ecuadorianischen ProvinzGalapagos ist ein verschlafener Ort von5500 Einwohnern auf San Cristóbal, derfünftgrößten Insel. Eines der Schlauch-

und Pflanzen des Archipels fast unge-stört entwickeln“, sagt Ortiz. Das einzi-ge, was die Besucher heute hinterlassensollen, sind ihre Fußspuren.

Auch das Auftauchen der Kreuzfahrt-schiffe ist reguliert. 80 sind bei der Na-tionalparkbehörde für Landgänge regis-triert. Schiffe mit über 100 Passagierenund zu viel Tiefgang sind nicht zugelas-sen. Und es gilt die 14-Tages-Regel, nachder ein Schiff jede der Inseln nur einmalin zwei Wochen anlaufen darf. Bis 2012durften Kreuzfahrtschiffe die Hauptin-seln beliebig oft ansteuern. Touristen,die sich ein Gesamtbild verschaffenwollen, müssen mindestens 14 Tage vorOrt einplanen.

Die Reise geht ihrem Ende zu. An derHafenmauer von Puerto Ayora, der In-selhauptstadt von Santa Cruz, steht einkleiner Marktstand. In Plastikbehälternliegen verschiedene Fischsorten. Mitdem Tranchiermesser filetieren dieMarktfrauen sie in Windeseile. Seehun-de, Vögel und ein gutes halbes DutzendPelikane umlagern den Stand und ver-folgen jeden Handgriff. Sie warten da-rauf, ein Stück des Abfalls zu stibitzen.

Die Dieselmotoren der „Silver Gala-pagos“ wummern. Anita Ramos, eineEinheimische, steht an der Hafenmauerund kommt mit einem der Passagiereins Gespräch. Die Galapagosinseln sindihre Heimat, und doch hat sie einenBlick von außen. „Wir befinden uns amEnde der Welt, aber gleichzeitig ist esauch ihr Anfang.“ Dann lacht sie so laut,dass sogar die gierigen Pelikane kurzhochschrecken. Anitas Worte stimmennachdenklich.

T Die Teilnahme an der Reise wurde

unterstützt von Silversea Cruises.

Unsere Standards der Transparenz und

journalistischen Unabhängigkeit finden

Sie unter www.axelspringer.de/

unabhaengigkeit

Eigentlich betrifft das Attribut„halal“ das Essen. Es beziehtsich in der islamischen Tradi-

tion auf das, was in der Ernährungerlaubt ist. Doch Syed Furrukh ZadAli Shah, der an der Universität Er-furt zu Halal-Ökonomie forscht, be-obachtet „eine exponentielle Ver-wendung des Begriffs auch in ande-ren Aspekten des alltäglichen Le-bens.“ Zum Beispiel tauchte irgend-wann der Begriff der Halal-Reise auf,der folglich einen Urlaub bezeichnet,der mit islamischem Recht vereinbarist. Aber wie sieht das aus?

Nach der Scharia ist es nicht er-laubt, Schweinefleisch zu essen oderProdukte, in denen Schwein enthal-ten ist. Das gilt im Urlaub genausowie zu Hause. Andere Tiere dürfennur verspeist werden, wenn sie ge-schächtet wurden. Das sind Vorga-ben, die nicht jede Hotelküche er-füllt. Das Hotel „Adlon“ in Berlinbeispielsweise bezieht deshalb dasEssen für muslimische Gäste aus ei-nem arabischen Restaurant in derNähe, erklärt Samy Hamad, Directorof Governmental Sales.

Das Essen hat den größten Ein-fluss darauf, ob eine Reise halal istoder eben nicht. Doch auch der Alko-hol sollte aus der Minibar geräumtwerden. Weitere Voraussetzungen:„Koran, Gebetsteppich und Rich-tungspfeil oder Kompass im Zim-mer“, sagt Hamad. Diese Ansprüchekann fast jedes Hotel der Welt ohnegroßen Aufwand erfüllen. Doch Ho-tels, die auf Halal-Reisende speziali-siert sind, besitzen weitere Beson-derheiten. Dazu zählen etwa ein Al-koholverbot im gesamten Hotel undein Gebetsraum. Dieser ist nach Ge-schlechtern getrennt, oder es istzeitlich geregelt, wann Männer oderFrauen beten. Ähnlich ist es beiSchwimmbädern: „Pools, Spa- undWellnesseinrichtungen sind in Ha-lal-Hotels oftmals nach Geschlech-tern getrennt oder besitzen einenSichtschutz“, sagt Ufuk Seçgin vomReiseveranstalter Halal Booking.„Falls nicht, tragen die Frauen einenBurkini.“ Männer sollten knielangeBadehosen tragen.

Halal-Hotels können Muslime imReisebüro oder im Internet buchen.Die Website www.halalbooking.comlistet inzwischen 300 Hotels. Auf derWebsite werden die für Muslimewichtigen Eigenschaften des Hotelsgenannt. Ein Ranking gibt es nicht.Der Nutzer erhält jedoch einen Ein-druck, wie halal-freundlich das Hotelist. Auf halaltrip.com werden nebenHotels auch Restaurants und Aktivi-täten empfohlen. Zudem sind für je-den Ort die Gebetszeiten zu finden.Persönlich beraten werden Reisendein Reisebüros wie Suay Tour in Mün-chen, Balcok Travel Agency in Essenoder Kam 2000 Reisen in Duisburg.

Wichtig ist es, beim Buchen derReise auch auf die Verpflegung imFlugzeug zu achten. Die meisten Air-lines bieten Halal-Essen an. Fluglini-en aus muslimischen Ländern, wie

etwa Qatar Airways, werben sogardamit, dass alle Gerichte halal sind.Bei diesen Airlines ist es daher nichtnotwendig, ein entsprechendes Ge-richt gesondert zu bestellen.

International nimmt die Anzahlmuslimischer Reisender zu. Der Glo-bal Islamic Economy Report 2016/17von Thomson Reuters und DinarStandard beziffert die Reiseausga-ben der Muslime im Jahr 2015 mit 155Milliarden US-Dollar. Um fast fünfProzent sind die Ausgaben damit imVergleich zum Vorjahr gestiegen.

Das „Adlon“ bietet spezielle Zim-mer für Muslime übrigens schon län-ger. Hamad sagt, inzwischen kämensieben Prozent der Gäste aus demarabischen Raum und Indonesien.

STEVEN HILLE

Kein Schinken,kein Schnaps

Halal-Reisen für Muslime

boomen. Ein Blick hinter

die Kulissen

Koran und Gebetsteppich: So machenes Hotels muslimischen Gästen recht

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Anreise Zum Beispiel mit KLM

(www.klm.de) über Amsterdam von

mehreren deutschen Flughäfen in die

Hauptstadt Ecuadors, Quito. Eben-

falls mit einem Zwischenstopp fliegt

Delta (de.delta.com) ab Frankfurt,

Düsseldorf oder München. Weiter per

Inlandsflug auf die Galapagos-Inseln.

Dort gibt es zwei nationale Flughä-

fen, auf Baltra und auf San Cristóbal.

Einreise Ein Visum ist für touristische

Aufenthalte in Ecuador (bis zu 90

Tage pro Jahr) nicht notwendig. Der

Reisepass muss noch mindestens

sechs Monate gültig sein. Bei Ankunft

am Flughafen auf Galapagos sind

100 US-Dollar für den Eintritt in den

der, der Eintritt in den Nationalpark

und alle Transfers, jedoch nicht in-

ternationale Flüge. Reisen zum

Archipel organisieren auch Spezial-

veranstalter wie Galapagos Pro

(www.galapagos-pro.com). Die

14-tägige Reise „Wunderwelten

Ecuadors & Galapagos“ inklusive

nationaler Flüge, Kreuzfahrt zu unbe-

wohnten Galapagosinseln und Unter-

kunft kostet p. P. im DZ 5990 Euro.

Bei Chamäleon Reisen (www.

chamaeleon-reisen.de) kostet die

vergleichbare 14-tägige „Wunder-

welten-Reise“ ab 5899 Euro.

Auskunft galapagos.org;

ecuador.travel

Nationalpark zu zahlen. Außerdem

ist eine Einreisekarte für Galapagos

erforderlich (zehn US-Dollar pro

Person). Mit der Registrierung soll

der Besucherstrom kontrolliert und

illegaler Einwanderung vorgebeugt

werden.

Galapagos-Reisen Die Reederei

Silversea bietet 7- bzw. 14-tägige

Kreuzfahrten mit der „Silver Galapa-

gos“ an (www.silversea.com). Das

All-inclusive-Paket enthält Flüge ab

Quito nach Galapagos und zurück

und kostet pro Gast ab 6950 Euro

(sieben Tage) bzw. 13.900 Euro (14

Tage). Enthalten sind Landausflüge,

Essen und Getränke sowie Trinkgel-

Tipps & Informationen

Meerechsen, Galápagos-Pinguine,

Darwinfink: Die Artenvielfalt auf Galapagos

ist überwältigend. Die Wissenschaftler der Charles-Darwin-

Forschungsstation in der Hauptstadt Puerto Ayora auf Santa Cruz arbeiten

dran, dass das so bleibt

FORTSETZUNG VON SEITE R 1

Jenseits von Eden

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