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1 Rekonstruktion, Dekonstruktion und Konstruktion Teilmodul: VL Regionale Systemanalyse / Geographiedidaktik II im Modul 6: Geographiedidaktik 2 Prof. Dr. Detlef Kanwischer

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Rekonstruktion, Dekonstruktion und Konstruktion

Teilmodul:VL Regionale Systemanalyse / Geographiedidaktik IIim Modul 6: Geographiedidaktik 2

Prof. Dr. Detlef Kanwischer

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Termine und Inhalte der VL

Verständnisintensives, imaginatives, narratives Lernen19.07.13

Vortrag: (Des-)Orientierung? Reflexive Geomedienarbeit im schulischen Kontext

12.07.12Perspektivenwechsel, Reflexion und Raumperspektiven05.07.11Vortrag: Lernen in authentischen Kontexten28.06.10

Vortrag: Qualitative Forschungsmethoden im Unterricht - Theoretische Grundlagen und praxiserprobte Anwendungen

21.06.09Pfingsten 14.06.08Handlungsorientierter Unterricht07.06.07Rekonstruktion, Dekonstruktion und Konstruktion 31.05.06Syndromkonzept / Vernetztes Denken24.05.05Vortrag: Düngemittel – kein langweiliges Thema im Unterricht17.05.04Geographie und Fächer übergreifender Unterricht10.05.03Bildungsstandards und Kompetenzen 03.05.02

Organisatorisches Vortrag: Das Grüne Klassenzimmer – Konzept und Wirkungen

26.04.01ThemaDatumSitzung

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GliederungGliederung

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromkonzept)

2. Didaktik in Zeiten der Postmoderne

3. Wissensbasierter (gemäßigter) Konstruktivismus

4. Konstruktivismus als Erkenntnistheorie

5. Re-, De- und Konstruktion: Neue Muster pädagogischen Denkens

6. Re-, De- und Konstruktion: Unterrichtsbeispiele

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Kernprobleme des Globalen Wandels:

• der anthropogen verstärkte Treibhauseffekt,

• die anthropogen verursachte Bodendegradation,

• die anthropogen verursachte Süßwasserverknappung,

• der anthropogen verursachte Biodiversitätsverlust,

• die Zunahme von klimatischen Naturkatastrophen,

• die Bevölkerungsentwicklung,

• die Übernutzung und Verschmutzung der Weltmeere,

• die Gefährdung der Welternährung und Weltgesundheit,

• die globalen Entwicklungsdisparitäten.

(Quelle: Cassel-Gintz, M. und Harenberg, D. (2002): Syndrome des globalen Wandels als Ansatz interdisziplinären Lernens in der Sekundarstufe. Berlin, S. 4)

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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Der WBGU stellte in seinem ersten Jahresgutachten fest:

„Die komplexe, d. h. verflochtene Dynamik des globalen Wandels muss sich widerspiegeln in einer entsprechend vernetzten Betrachtungsweise, wo die Einsichten der verschiedenen Fachgebiete zu wechselseitigen In- und Outputgrößen werden. Daraus erwächst echte Interdisziplinarität ...“(Quelle: WBGU (1993): Welt im Wandel – Grundstruktur globaler Mensch-Umwelt-Beziehungen. Bonn, S. 197)

Das Instrument, welches eine vernetzte Betrachtungsweise und echte Interdisziplinarität ermöglicht, ist das vom WBGU und vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) entwickelte Syndromkonzept.

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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Die Grundthese des Syndromkonzepts lautet:

„Der Globale Wandel lässt sich in seiner Dynamik auf eine überschaubare Zahl von Kausalmustern in den Mensch-Umwelt Beziehungen zurückführen. Die nicht-nachhaltigen Verläufe dieser dynamischen Muster werden im Folgenden als Syndrome des GlobalenWandels bezeichnet.“(Quelle: Cassel-Gintz, M. und Harenberg, D. (2002): Syndrome des globalen Wandels als Ansatz interdisziplinären Lernens in der Sekundarstufe. Berlin, S. 7)

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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Die Grundbegriffe des Syndromkonzepts:

• Symptome des Globalen Wandels

• Wechselwirkungen zwischen Symptomen

• Syndrome

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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Symptome des Globalen Wandels

(Quelle: Clasen, G. u.a. (2003): Unterricht zu den Syndromen des globalen Wandels. Berlin, S. 10)

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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Symptome des Globalen Wandels

(Quelle: Funk, H. u.a. (2004): Unterricht zu den Syndromen des globalen Wandels II. Berlin, S. 51)

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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Wechselwirkungen zwischen Symptomen

(Quelle: Cassel-Gintz, M. und Harenberg, D. (2002): Syndrome des globalen Wandels als Ansatz interdisziplinären Lernens in der Sekundarstufe. Berlin, S. 10f)

Monokausales Verhältnis der Art: „je mehr x, desto mehr y“

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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11(Quelle: Cassel-Gintz, M. und Harenberg, D. (2002): Syndrome des globalen Wandels als Ansatz interdisziplinären Lernens in der Sekundarstufe. Berlin, S. 11)

Wechselwirkungen zwischen Symptomen

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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Syndrome

Syndrom = Krankheitsbild, das sich aus dem Zusammentreffen verschiedener, für sich allein nicht charakteristischer Symptome ergibt (medizinischer Sprachgebrauch)

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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Syndrome

„Die Syndrome stellen charakteristische Konstellationen von Symptomen und ihren Interaktionen dar, die sich in vielen Regionen dieser Welt identifizieren lassen“

(Quelle: Cassel-Gintz, M. und Harenberg, D. (2002): Syndrome des globalen Wandels als Ansatz interdisziplinären Lernens in der Sekundarstufe. Berlin, S. 11f)

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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Syndromspezifisches Beziehungsgeflecht des Sahel-Syndroms. Die drei Teilgeflechte, aus denen Fragenkomplexe abgeleitet werden, sind rot, grün und blau dargestellt.(Quelle:WBGU (1993): Welt im Wandel: Herausforderung für die deutsche Forschung. Berlin. S. 141)

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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Zur Kritik des Sahel-Syndromansatzes

1. Grafische Gestaltung des Sahel-Syndrom-Beziehungsgefüges relevanzanalytische Gewichtung der Einzelfaktoren unterbleibt

2. Akteurstheoretische Komponente weitgehend vernachlässigt

3. Ausklammern der Machtfrage

4. Extensivierung versus Intensivierung

5. Nicht-Berücksichtigung der Mischproduktion

6. Nicht-Berücksichtigung der gesellschaftlichen Konstruktion von Umweltproblemen

(Quelle: Krings, T. (2002): Zur Kritik des Sahel-Syndromansatzes aus der Sicht der Politischen Ökologie. In: Geographische Zeitschrift, H. 3 und 4, S. 129 – 141)

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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Syndrome

Drei Gruppen werden unterschieden

1. Nutzung: unangepasste Nutzung von Naturressourcen als Produktionsfaktoren

2. Entwicklung: Mensch-Umwelt-Probleme im Zusammenhang mit nicht nachhaltigen Entwicklungsprozessen

3. Senken: Umweltdegradation durch nicht angepasste zivilisatorische Entsorgungsanforderungen

(Quelle: Cassel-Gintz, M. und Harenberg, D. (2002): Syndrome des globalen Wandels als Ansatz interdisziplinären Lernens in der Sekundarstufe. Berlin, S. 11f)

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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Syndrome

(Quelle: Cassel-Gintz, M. und Harenberg, D. (2002): Syndrome des globalen Wandels als Ansatz interdisziplinären Lernens in der Sekundarstufe. Berlin, S. 12f)

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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Erstellen eines Beziehungsgeflechts

Ziele:

• indirekte Wirkungen erkennen

• Rückwirkungen auf die Ursache erkennen

• Folgen der Folgen erkennen

• Netze von Wirkungsbeziehungen verstehen

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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Welches Werkzeug ist geeignet?

Concept Map

netzwerkartig

„Welche Ursache hat auf welches Element welche

Auswirkungen?“

Beziehungen zwischen den Elementen wichtiger als

Elemente selbst

Beziehungen zwischen den Elementen auch multikausal

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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Beiträge des Syndromkonzepts für die Unterrichtsgestaltung

1. Themenfindung und –einordnung

2. Gewichtung und Spezifizierung der Fachinhalte

3. Verknüpfung der Fachinhalte

(Quelle: Harenberg, D. (2002): Syndrome Globalen Wandels als überfachliches Unterrichtsprinzip.

Online:http://www.transfer-21.de/daten/texte/SyndromtextHarenberg.pdf, Zugriff am 26.5.2005)

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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Zehn Gründe für die Integration des Syndromkonzepts in den Unterricht

1. Verdeutlichung globaler Zusammenhänge

2. Umgang mit Komplexität und Strukturierung

3. Transsektoralität und transdisziplinäre Methode

4. Definition der fachlichen Qualität

5. Verdeutlichung von Dynamik, Geschichtlichkeit und Zukunftsbezug

6. Betroffenheit und Verantwortung von Individuen, Gesellschaft und Politik

7. Betonung der Reflexivität und Handlungsrelevanz

8. Beitrag zur Wissenschaftspropädeutik: Umgang mit Wissen und Nichtwissen

9. Problemorientierung und Lösungskompetenz

10. Gestaltungskompetenz(Quelle: Harenberg, D. (2002): Syndrome Globalen Wandels als überfachliches Unterrichtsprinzip.

Online:http://www.transfer-21.de/daten/texte/SyndromtextHarenberg.pdf, Zugriff am 26.5.2005)

1. Zusammenfassung der letzten Sitzung (Syndromansatz)

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„Kein Chirurg, der im ausgehenden 19. Jahrhundert eine 100-jährige Zeitreise in die Zukunft unternommen hätte, hätte auch nur eine minimale Chance in seinem Beruf agieren zu können, wenn er sich plötzlich in einem Operationssaal eines modernen Krankenhauses wiederfände. Ein Zeitreisender Lehrer, der plötzlich in einer Schule aufgetaucht wäre, würde sich zwar über einige unbekannte Gegenstände wundern, er würde aber die meisten Vorgänge verstehen und könnte den Unterricht ohne große Probleme weiterführen“(vgl. Röll, F. J. (2002): Pädagogik der Navigation. Selbstgesteuertes Lernen durch Neue Medien. München, S. 214).

2. Didaktik in Zeiten der Postmoderne

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Nach Siebert (1994) bevorzugen Lernende meist Methoden, die sie von früher her kennen und die einen rezeptiv-lehrerzentrierten Charakter haben.

(Siebert, H. (1994): Seminarplanung und -organisation. In: Tippelt, R. (Hrsg.): Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Opladen, S. 640-653.)

Meueler (1994) kommt sogar zu dem Schluss, dass dies zur Folge hat, „dass immer wieder ihre Wiederholung erwartet und jede Abweichung als irritierend erlebt wird“

(Meueler, E. (1994): Didaktik der Erwachsenenbildung / Weiterbildung als offenes Projekt. In: Tippelt (Hrsg.): Handbuch Erwachsenenbildung / Weiterbildung. Opladen, S. 615 - 628, S. 627).

Faulstich ist der Ansicht: „Zu lange war statt eines lernorientierten ein lehrzentriertes Denken üblich, und es beherrscht noch die Köpfe der Lehrenden, aber auch der Lernenden selbst“

(Faulstich, P. (2001): Offene Fragen zum Schluss. In: Dietrich, S. (Hrsg.): Selbstgesteuertes Lernen in der Weiterbildungspraxis. Bielefeld, S. 314-317., S. 314).

Auch in Bezug auf die Lehrerbildung stellen Arnold & Schüßler (1998) fest, dass nicht die Lehrerbildung an sich das Problem ist, „sondern auch in diesem Bereich ist es die Lernkultur einer toten, frontalunterrichtlichen Wissensmast, die unser Bildungssystem und auch die Lehrerbildung durchdringt“

(Arnold, R. & Schüßler, I. (1998): Wandel der Lernkulturen. Ideen und Bausteine für ein lebendiges Lernen. Darmstadt, S. 49).

2. Didaktik in Zeiten der Postmoderne

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Seit den alarmierenden Ergebnissen der ersten PISA-Studie befindet sich das System „Bildung“ jedoch am Anfang eines Transformationsprozesses. Selten zuvor ist an so vielen Baustellen des Bildungssystems gleichzeitig gearbeitet worden.

Geographieunterricht:

Inhalte vier Raumperspektiven

Lernformen konstruktivistische Lernumgebungen

Medien GIS, Internet etc.

2. Didaktik in Zeiten der Postmoderne

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… so dass die Didaktik heute zwischen Versicherung bestimmten Erfolgs und Verunsicherung eben dieses Erfolgs steht.

… der Fortschritt zeigt sich als abhängig von den Deutungen unterschiedlicher Beobachter, die auch Risiken des Fortschritts markieren,…

Didaktik steht unter dem Zwang oder Wunsch eines Fortschrittglaubens, aber …

… zu didaktischer Ambivalenz zwischen Freiheit der Wahlen und Notwendigkeit einer solidarischen Perspektive mit dem Lernen führt.

… das Nach- und Nebeneinander verschiedener Geltungsansätze verstört und verunsichert; Bildung und Didaktik sind ein gesellschaftspolitischer Streitfall, der …

Didaktische Professionalisierung soll die Universalisierung durch Errichtung von Normen, Werten, formalen Prozeduren als Selbstzwang ausbilden, aber …

… so dass universalistische Ansprüche scheitern; die Postmoderne ist pluralistisch, widersprüchlich, unübersichtlich, ambivalent.

… passt kein Modell auf alles; keine Analyse ist je vollständig, keine Handlungsanleitung ist in ihren Wirkungen langfristig abschätzbar …

Formale Modelle mit universalistischem Kode erzeugen einheitliche Lösungen für möglichst viele Fälle, aber in einer komplexen Welt …

… und verliert ihre zentrale Stellung: sie ist heute an Beziehungs- und Kommunikationsformen, unterschiedliche Kontexte gebunden.

… zeigt sich mehr und mehr als ein unzulänglicher, unsicherer Zugang …

Rationalität als bester und erfolgreichster Zugang zur inhaltlichen Bestimmung der Didaktik …

in der Postmoderneals ÜbergangIn der ModerneDidaktik

Reich, K. (2006): Konstruktivistische Didaktik. Lehr- und Studienbuch mit Methodenpool. Weinheim und Basel. 3. völlig neu bearbeitete Auflage, S. 46.

2. Didaktik in Zeiten der Postmoderne

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Der Übergang von der Moderne zur Postmoderne tritt jedoch so restriktiv nicht auf Alte und neue Muster werden ineinander verwoben

Erweiterung der Möglichkeiten und verbesserte Formen und Methoden.

Der Gedanke einer instruierenden Förderung der Schüler wird nicht auf dem didaktischen Friedhof zu Grabe getragen, sondern erscheint in einem neuen Licht.

„Auch in einem integrativen Konzept muss genau nachgewiesen werden, welchen Stellenwert eine frontalunterrichtliche Phase hat. Warum ist sie nötig? Warum können die Lernziele nicht in anderen Sozialformen besser erreicht werden? In welchem Zusammenhang stehen die geplanten frontalunterrichtlichen Phasen mit den anderen Unterrichtsformen?“

(Gudjons, H. (2003): Frontalunterricht – neu entdeckt. Integration in offene Unterrichtsformen. Bad Heilbronn.S. 266).

2. Didaktik in Zeiten der Postmoderne

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Wissensbasierter (gemäßigter) Konstruktivismus:Reinmann-Rothmeier, G. & Mandl, H. (2001): Unterrichten und Lernumgebungen gestalten. In: Krapp, A. & Weidemann, B. (Hrsg.): Pädagogische

Psychologie. Ein Lehrbuch. Weinheim. 4. vollständig überarbeitete Auflage.

Fünf Prozessmerkmale des Lernens:Lernen ist ein aktiver Prozess Lernen ist ein selbstgesteuerter ProzessLernen ist ein konstruktiver ProzessLernen ist ein situativer ProzessLernen ist ein sozialer Prozess

Lehrende sollen „Probleme in den Mittelpunkt ihres Unterrichts stellen, die entweder authentisch sind oder Bezug zu authentischen Situationen/Ereignissen

haben; für die Lernenden relevant sind, eine gewisse Aktualität haben und deshalb neugierig und auch betroffen machen“ (Reinmann-Rothmeier & Mandl, 2001, S. 626).

3. Wissensbasierter (gemäßigter) Konstruktivismus

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Fünf LeitlinienLeitlinie 1: Situiert und anhand authentischer Probleme lernenMinimale Realisierung: Bei einer systematischen Darbietung neuer Inhalte an aktuelle

Probleme, authentische Fälle oder persönliche Erfahrungen anknüpfen.Maximale Realisierung: Lernende in authentische Problemsituationen versetzen, die reales

Handeln erfordert.Leitlinie 2: In multiplen Kontexten lernenMinimale Realisierung: Bei einer systematischen Darbietung neuer Inhalte auf mehrere

unterschiedliche Anwendungssituationen verweisen.Maximale Realisierung: Die Lernenden dazu anregen, das Gelernte in mehreren

unterschiedlichen Problemstellungen konkret anzuwenden.Leitlinie 3. Unter multiplen Perspektiven LernenMinimale Realisierung: Bei der systematischen Darbietung neuer Inhalte mehrere

verschiedene Sichtweisen deutlich machen (z.B. im Hinblick auf mögliche Erklärungen eines Sachverhalts).

Maximale Realisierung: Die Lernenden dazu anregen, das Gelernte in mehreren unterschiedlichen Problemstellungen konkret anzuwenden.

Leitlinie 4: In einem sozialen Kontext lernenMinimale Realisierung: In den Unterricht werden gelegentlich Phasen mit Partner- und

Gruppenarbeit eingebaut.Maximale Realisierung: Die Lernenden erwerben ihre Kenntnisse, Fertigkeiten und

Einstellungen dadurch, dass sie in einer Expertengemeinschaft lernen und arbeiten.Leitlinie 5: Mit instruktionaler Unterstützung lernen

3. Wissensbasierter (gemäßigter) Konstruktivismus

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Konstruktivistische Erkenntnishaltung als Ausgangspunkt für Bildung:

„Zu solchen Konsequenzen gehört die Einsicht in die prinzipielle konstruktive Basis unseres Erkennens und die Aufgabe von geschlossenen, abbildenen, ganzheitlichen Weltbildern. Damit wird die Position des Beobachters gestärkt. Der Konstruktivismus gibt den Beobachtern Selbstvertrauen und Mut für eigene konstruktive Erkenntnistätigkeit“ (Reich, 2005, S. 119).

4. Konstruktivismus als Erkenntnistheorie

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Humangeographische Fachdisziplinen:

Kulturgeographie: „der Forscher (sollte) beobachten und rekonstruieren, wie andere Beobachter der Welt das Schema Kultur verwenden und kulturelle Unterscheidungen markieren“

(Pott, A. (2005): Kulturgeographie beobachtet Probleme und Potentiale der geographischen Beobachtung von Kultur. In: Erdkunde, H. 2, S. 89- 101 , S. 100).

Sozialgeographie: „’Räume’ werden entsprechend nicht mehr ‚objekthaft’thematisiert. Es geht vielmehr um die Analyse von ‚Raum’ als von Subjekten konstituierte soziale Wirklichkeit“

(Werlen, B. (2000): Die Geographie der Globalisierung. Perspektiven der Sozialgeographie. In: Geographische Revue, Nr. 1, S. 5-19., S. 16).

Politische Geographie: „Die Untersuchung geopolitischer Leitbilder bildet hier eine fast idealtypische Vorlage, denn die von der postmodernen und postkolonialen Kritik aufgestellte Frage: ‚Wer spricht von welchem Ort aus über was und für wen?’ stellt sich hier besonders dringlich“

(Reuber, P. & Wolkersdorf, G. (2003): Geopolitische Leitbilder und die Neuordnung der globalen Machtverhältnisse. In: Gebhardt, H., Reuber, P. & Wolkersdorfer, G. (2003): Kulturgeographie. Aktuelle Ansätze und Entwicklungen. Heidelberg und Berlin. S. 47-66., S. 61).

4. Konstruktivismus als Erkenntnistheorie

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Reich (2005) bezeichnet die aus der konstruktivistischen Erkenntnistheorie abgeleiteten Beobachterperspektiven Konstruktion, Rekonstruktion und Dekonstruktion als neue Muster pädagogischen Denkens.

5. Re-, De- und Konstruktion: Neue Muster pädagogischen Denkens

Konstruktion

Rekonstruktion

Dekonstruktion

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Konstruktion: „Wir sind die Erfinder unserer Wirklichkeit“Hier trifft die erkenntnistheoretische Perspektive der Konstruktion auf die didaktische

Handlung des Konstruierens. Hierbei greifen Selbsttätigkeit und Selbstbestimmung notwendigerweise ineinander. Das Selbst erfahren, das Ausprobieren und das Experimentieren muss immer in eigene Konstruktionen ideeller oder materieller Art überführt werden und in den Bedeutungen für die individuellen Interessen-, Motivations- und Gefühlslagen thematisiert werden. Eine konstruktivistische Pädagogik, die sich auf bloße kognitive Konstruktionsarbeit reduzieren lässt, würde ihr eigenes Postulat der wechselnden Beobachter mit unterschiedlichen Konstruktionsebenen schnell unterlaufen. Wir erfinden uns eben auch die Beziehungen, in denen wir existieren. Erleben wir hierin die Macht unserer Konstruktionen, dann werden wir Selbstvertrauen gewinnen können, solche Beziehungen als veränderbar zu erfahren. Vor diesem Hintergrund lautet eine Grundforderung an Pädagogen: „So viel Konstruktion wie möglich!“

5. Re-, De- und Konstruktion: Neue Muster pädagogischen Denkens

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Rekonstruktion: „Wir sind die Entdecker unserer Wirklichkeit“Eine konstruktivistische Didaktik will und kann Rekonstruktionen nicht zum

Verschwinden bringen, aber sie will sich hüten, diese Perspektive übermäßig dominant im Lernen oder Unterricht werden zu lassen. Da die Welt voller Rekonstruktionsmöglichkeiten und –notwendigkeiten ist, kommt es besonders darauf an, den eigenen Erfindergeist auch gegen das Bestehende und hin zu eigenen Lösungen zu wenden. In der Kombination von eigenen Lösungen mit Übernahmen von vorhandenen Lösungen kann auch oft mit kleinen Modifikationen und kritischen Transfer das eigene Nachdenken gestärkt und gegen bloß gedankenlose Übernahme geschützt werden. Wir fragen auch nach Motiven und wollen nicht bloß Fakten lernen. Wir behaupten, dass wir Fakten dann sinnverstehend besser behalten, wenn wir etwas über die Motive – und in diesem Zusammenhang immer auch über unsere Motive – erfahren. Vor diesem Hintergrund lautet eine Grundforderung an Pädagogen: „Keine Rekonstruktion um ihrer selbst willen!“

5. Re-, De- und Konstruktion: Neue Muster pädagogischen Denkens

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Dekonstruktion: „Es könnte auch anders sein! Wir sind die Enttarner unserer Wirklichkeit!“

Hierbei ist nicht einfach ein skeptischer Zweifel an allem gemeint, was hervorgebracht wird, damit vor allem nicht ein zynisches Besserwissertum. Vielmehr geht es bei der Dekonstruktion vor allem um die Auslassungen, die möglichen anderen Blickwinkel, die sich im Nachentdecken der Erfindungen Anderer oder in der Selbstgefälligkeit der eigenen Erfindung so gerne verstellen. Wo sind diese Konstruktionen unvollständig geblieben? Wenn ich als Beobachter etwas in Zweifel ziehe, wenn ich nach Auslassungen frage, Ergänzungen einbringe, den Blickwinkel verschiebe, den Beobachterstandpunkt fundamental wechsle und so andere Sichtweisen gewinne, dann kann ich zugleich sehen und enttarnen. Vor diesem Hintergrund lautet eineGrundforderung an Pädagogen: „Keine Konstruktion ohne Verstörungen!“

5. Re-, De- und Konstruktion: Neue Muster pädagogischen Denkens

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Unterrichtsbeispiel: Das Paradigma vom Kampf der Kulturen

Das geopolitische Leitbild vom „Kampf der Kulturen“, das Huntington 1993 verfasst hat, kann in einem ersten Schritt dahingehend rekonstruiert werden, welche Abgrenzungskriterien zugrunde gelegt werden und welchen Nutzen es hat, z.B. Erklärung bestimmter Facetten der Globalisierung.

In einem weiteren Schritt kann im Rahmen der Dekonstruktion die Offenlegung der biographischen Entstehungsbedingungen, in diesem Fall die Mitgliedschaft in einem außenpolitischen ‚think tank’ der amerikanischen Regierung, thematisiert werden und darauf aufbauend die Enttarnung des Leitbildes als geopolitisches Machtinstrument, insbesondere vor dem Hintergrund der Anschläge vom „9/11“.

Abschließend können sich die Schüler auf die Suche nach Alternativen für das Leitbild vom „Kampf der Kulturen“ begeben und ein neues Leitbild konstruieren.

6. Re-, De- und Konstruktion: Unterrichtsbeispiele

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Unterrichtsbeispiel: Kulturräume in Schulbücher

Auch Schulbücher, die mitunter eine Verfallsdauer von mehr als zehn Jahren haben, können instrumentalisiert werden, um die drei Beobachtungsmuster im Unterricht zu verwirklichen.

Nachdem die Schüler mittels des Schulbuchs einen Kulturraum rekonstruiert haben,

können sie mit dekonstruktivistischen Fragen konfrontiert werden: Welche Einsichten will uns der Autor über diesem Kulturraum vermitteln und was sind seine Beweggründe? Was fehlt aus deiner Sicht in diesen Texten? Sind die gemachten Aussagen zutreffend und aktuell?

Die Schüler können sich nun auf die Suche nach aktuellen und für sie bedeutenden Themen zu dem entsprechenden Kulturraum begeben, um anschließend eine neue Schulbuchseite zu konstruieren.

6. Re-, De- und Konstruktion: Unterrichtsbeispiele

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Unterrichtsbeispiel: Spielraumanalyse mit einer 6. Klasse

Spielraumanalyse Stadtstrand Ostseebad

Nutzungsmöglichkeiten und –funktionen bezogen auf unterschiedliche Zeiten und Gruppen rekonstruiert.

Darauf aufbauend mit der Methode der Zukunftswerkstatt den Platz dahingehend analysiert, was aus Sicht der Schüler fehlt und was sich die Schüler wünschen

gleichzeitig konstruktiv und dekonstruktiv tätig.

6. Re-, De- und Konstruktion: Unterrichtsbeispiele

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Unterrichtsbeispiel: Spielraumanalyse mit einer 6. Klasse

Ein Unterrichtsprodukt war ein Brief an den Bürgermeister:

Auch wenn nicht alle Wünsche der Schüler erfüllt wurden, so haben sie Selbstvertrauen darin gewinnen können, öffentliche Plätze hinsichtlich ihrer Funktionalität zu analysieren und das Gegebene nicht einfach hinzunehmen, sondern es als etwas Veränderbares zu erfahren.

6. Re-, De- und Konstruktion: Unterrichtsbeispiele

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Unterrichtsbeispiel: (Un-)Sicherheit in der Flensburger Neustadt

Schule kaum ein Kind ohne „Sicherheitshintergrund“

Verräumlichung von Sicherheit Angst- bzw. Risikoräume

Potential gesellschaftliche Konstitution von Räumen

6. Re-, De- und Konstruktion: Unterrichtsbeispiele

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Unterrichtsbeispiel: (Un-)Sicherheit in der Flensburger Neustadt

6. Re-, De- und Konstruktion: Unterrichtsbeispiele

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Unterrichtsbeispiel: (Un-)Sicherheit in der Flensburger Neustadt

6. Re-, De- und Konstruktion: Unterrichtsbeispiele

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Unterrichtsbeispiel: (Un-)Sicherheit in der Flensburger Neustadt

6. Re-, De- und Konstruktion: Unterrichtsbeispiele

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Unterrichtsbeispiel: (Un-)Sicherheit in der Flensburger Neustadt

6. Re-, De- und Konstruktion: Unterrichtsbeispiele

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Unterrichtsbeispiel: (Un-)Sicherheit in der Flensburger Neustadt

"Der Norden Flensburgs ist ein Stadtteil voller sozialer Spannungen und damit ein Nährboden für Vergehen und Verbrechen"

(Flensburger Tageblatt 6.4.2001)

"Flensburgs Norden ist arm (...) Die Armut ist überall spürbar. Auf der Straße, in den Schulen und in den Familien: überall Langeweile, immer wieder Streit und Gewalt." (Flensburger Tageblatt 8.2.2001).

6. Re-, De- und Konstruktion: Unterrichtsbeispiele

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Unterrichtsbeispiel: (Un-)Sicherheit in der Flensburger Neustadt

Leitfragen für die Unterrichtsarbeit:

Warum hat dieser Stadtteil so ein schlechtes Image und ist er im Vergleich mit anderen Stadtteilen wirklich unsicher?

Für wen ist die Neustadt ein Risikoraum?

Wie lässt sich das Image hinsichtlich der Sicherheit verbessern?

6. Re-, De- und Konstruktion: Unterrichtsbeispiele

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Unterrichtsbeispiel: (Un-)Sicherheit in der Flensburger Neustadt

Warum hat dieser Stadtteil so ein schlechtes Image und ist er im Vergleich mit anderen Stadtteilen wirklich unsicher?

Historisch-genetische Stadtentwicklung

Hypothesenbildung

Analyse statistischer Kennzahlen

Ergebnis: Neustadt zwar „sozialer Brennpunkt“, aber kein Risiko- oder Gefahrenraum

6. Re-, De- und Konstruktion: Unterrichtsbeispiele

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Unterrichtsbeispiel: (Un-)Sicherheit in der Flensburger Neustadt

Für wen ist die Neustadt ein Risikoraum?

Befragung unterschiedliche Gruppen

Mögliche Leitfragen:

Wie oft hälst du dich in der Neustadt auf? Was machst du dort? Findest du denStadtteil freundlich und ansprechend? Wenn ja/nein, warum? Fühlst du dich in der Neustadt sicher oder unsicher? Warum? Welche Handlungen oder Symbole deuten darauf hin?

Ergebnis: Vielfalt von Lesarten Konstitution von unsicheren Orten kann auch ein Ergebnis von sozialen Auseinandersetzungen sein

6. Re-, De- und Konstruktion: Unterrichtsbeispiele

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Unterrichtsbeispiel: (Un-)Sicherheit in der Flensburger Neustadt

Wie lässt sich das Image hinsichtlich der Sicherheit verbessern?

Entwurf von Handlungsempfehlungen

Realitätsnahe Rahmenbedingungen festlegen

Ergebnis: Schüler erfahren, dass der gegebene Raum veränderbar ist.

6. Re-, De- und Konstruktion: Unterrichtsbeispiele

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Unterrichtsbeispiel: (Un-)Sicherheit in der Flensburger Neustadt

Förderung hinsichtlich:

Analyse unterschiedlichster Datensätze

Einblick in städtebauliche Entscheidungen

Toleranz gegenüber heterogenen Lebensformen

Kompetenz sichere und unsichere Orte zu unterscheiden und zu bewerten

Einbindung raumordnungspolitischer und stadtgeographischer Fragestellungen leicht zu realisieren

6. Re-, De- und Konstruktion: Unterrichtsbeispiele

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Unterrichtsbeispiel: (Un-)Sicherheit in der Flensburger Neustadt

Rekonstruktion

Besuchdes Stadtteils

Historisch-genetischeStadtentwicklung

Analyse vonstatistischenKennziffern

Dekonstruktion

Interviews mitBürgern aus verschiedenenStadtteilen

Diskussion:Sicherheitals Konstrukt

Konstruktion

Generierungvon Handlungs-optionen undPräventions-maßnahmen

6. Re-, De- und Konstruktion: Unterrichtsbeispiele

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Das Plurale zum Ausgangspunkt neuer geistiger Entdeckungen machen!