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UNIVERSITÄT ZÜRICH REKTORATS REDE UND JAHRESBERICHT APRIL 1926 BIS ENDE MÄRZ 1927 DRUCK: ART. INSTITUT ORELL t"USSLI ZURICH

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UNIVERSITÄT ZÜRICH

REKTORATS REDE UND

JAHRESBERICHT

APRIL 1926 BIS ENDE

MÄRZ 1927

DRUCK: ART. INSTITUT ORELL t"USSLI ZURICH

REKTORATSREDE UND

JAHRESBERICHT

APRIL 1926 BIS ENDE

MÄRZ 1927

DRUCK:

ART. INS TI TUT 0 RE L L F ü S S L I

Z ü R 1 C H

INHALTSVERZEICHNIS

I. Rektoratsrede . . . . . . . . . .

11. Jahresbericht . . . . . . . . .

a) Die akademischen Behörden

b) Dozentenschaft und Universitätskanzlei

c ) Verschiedenes . . . . . . . . . . . .

d) Feierlichkeiten, Kongresse, Besuche und Ab-

ordnungen ............. .

e) Studierende . . . . . . . . . . . . .

f) Promotionen, Prüfungen, Preisaufgaben.

g) Hochschulfonds und Stiftungen

h) Kranken- und Unfallkasse

i) Stipendien. . . . . . . . . .

k) Witwen-, Waisen- und Pensionskasse

1) Hochschulverein . . . . . . . . . . .

m) Stiftung für wissenschaftliche Forschung

n) Julius Klaus~Stiftung. . . .

111. Schenkungen und Vermächtnisse

IV. Preisaufgaben. .

V. Nekrologe

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I.

FESTREDE DES REKTORS PROF. DR. L. GAUCHAT

gehalten an der 94. Stiftungsfeier der Universität Zürim am 29. April 1927

JEAN DE PARIS

In der altfranzösischen Dichtung vom wackern Ritter Horn, die einen Meister Thomas zum Verfasser hat und vielleicht noch dem zwölften Jahrhundert angehört, wird erzählt, wie Horn am Hofe des Königs Hunlaf sich heimlich mit dessen Töchterlein Rimel verlobt. Sie gibt ihm einen Ring in die Verbannung mit und verspricht, ihm sieben Jahre treu zu bleiben. Als diese herum sind, vernimmt Horn, dass Hunlaf seine Tochter dem König Modin vermählen will. Als Pilger verkleidet, trifft er mit seinem mächtigen Nebenbuhler zusammen und sagt ihm, er habe vor sieben Jahren ein Netz ausgelegt; seien Fische darin, so habe er seine Liebe verloren; sei es leer geblieben, so wolle er es holen. Modin versteht das Rätsel nicht und hält den Pilger für verrückt. Beim Hochzeitsmahl kredenzt Rimel den Becher auch Horn, der den Ring hineinfallen lässt und sich ihr mit einem ähnlichen Rätsel, das nur sie deuten kann, zu erkennen gibt: vor sieben Jahren habe er einen Habicht in einen Käfig gesteckt; finde er ihn in gutem Zustand wieder, so nehme er ihn mit; habe man ihm die Federn gebrochen, so verschmähe er ihn. Der Vogel ist natür­lich intakt und Horn erwirbt die Geliebte mit Waffengewalt.

Diesen Stoff kann man in mehreren Literaturen verfolgen, besonders in England, wo er herstammt und am populärsten wurde.

In Frankreich arbeitete ihn Philippe de Remi, Herr von Beaumanoir (Dep. Oise) frei um und betitelte ihn nach dem neuen Liebespaar Jehan et Blonde. Es ist ein unterhaltender, gereimter Abenteuerroman aus der zweiten Hälfte des XIII. J ahr­hunderts. Jehan tritt als Knappe in den Dienst des Grafen von Oxford. Während er täglich der schönen Blonde das Fleisch vor­schneidet, wird er sterbenskrank vor Liebe. Das ahnungslose

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Mädchen entreisst ihm mit Mühe sein Geheimnis. Es heilt ihn mit dem Versprechen, seine Geliebte zu werden. Sobald es ihn wieder gesund sieht, weiss es nichts mehr von seinem Vorhaben und Jehan erleidet einen schweren Rückfall. Endlich keimt auch in Blonde die Leidenschaft und sie tröstet ihn mit heimlichen , züchtigen Zärtlichkeiten. Als er heimgerufen wird, um das Erbe seines sterbenden Vaters anzutreten, verspricht sie, mit ihm zu fliehen, wenn er sie binnen eines Jahres holt. Warum nicht gleich ? Weil sonst der Roman vorzeitig aufhörte.

Mittlerweile wirbt einer der reichsten Herren von England, der Graf von Clocestre, um Blondes Hand und ist dem Vater genehm. Sie hält ihn hin, um J ehan Zeit zu lassen. Im letzten Moment, als der Rivale schon mit prunkhaftem Gefolge aw dem Wege nach Oxford ist, stösst Jehan zu ihm, der über den "ruisseau " , d. h. das Meer, gezogen ist, um sein Wort zu halten. Er hat in Dover.einen Schiffer gedungen, der das Paar hinüber­setzen soll. Unterwegs unterhält er seinen Nebenbuhler mit Scherzreden. Er will ihm seinen Zelter nur unter der Bedingung verkaufen, dass ihm gewährt wird, soviel als er wünsche, vom Gute des Grafen zu nehmen. Darauf kann dieser nicht eingehen. Jehan lacht darüber, dass diesem das Hochzeitskleid durch einen Regen vollständig durchnässt wird. Wäre ich so reich, wie Ihr, sagt er, so würde ich mein Haus mitnehmen als Dach. Die Engländer machen sich über den dummen Franzosen lustig. Beim Durchqueren eines Flusses wird der Graf von der Strömung mitgerissen und wäre beinahe ertrunken. Wenn ich solche Reich­tümer besässe, wie Ihr, versetzt ihm Jehan, so würde ich eine Brücke mitnehmen, um sicher hinüberzukommen. Neues Ge­lächter der andern. Zuletzt gesteht Jehan dem Grafen, er habe eine Falle gelegt, um einen Sperber zu fangen und wolle nun nachsehen, ob er ihn erwischt habe. Der Verfasser karikiert seinen Engländer, indem er ihn ein schreckliches Französisch sprechen lässt. Er redet von einem "pourcel", einem Schwein­chen, indem er darunter die "pucelle" versteht, die er heim­führen will. Philippe de Remi war in England gewesen und kannte das Anglofranzösische aus Erfahrung, aber seine Satire ist plump geraten und auf den Lachreiz seiner Leser eingestellt.

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Blonde, in grosser Angst, erwartet Jehan im Garten unter einem Birnbaum. Er befreit sie aus solcher Not und flieht mit ihr. Als sie vergeblich gesucht wird, geht ihrem Vater ein Licht auf und er erklärt, seltsam genug, dem Grafen von Clocestre die Rätselreden Jehan's. Den Zelt er wollte er behalten, um die Geliebte zu entführen. Das schirmende Haus ist ein Regen­mantel, wobei nicht gesagt worden war, dass Jehan einen solchen hatte. Die Brücke bedeutet, dass man jemand hätte voraus­schicken sollen, uni den Fluss zu untersuchen. Der Sperber ist Blonde. Also auf, um ihn zu haschen! Es fällt dem Grafen nicht schwer, dem eilenden Paare zuvorzukommen und alle Uber­gänge über den Kanal zu besetzen. Doch der Verfasser, als guter Romandichter seines Schlages, weiss ·die Liebenden durch wütende Kämpfe und Gemetzel und 1020 Verse hindurch auf das Schiff zu retten, das ihrer harrt. Ein langfädiger Schluss schildert das weitere Glück der Helden. Trotz seiner Schwächen ist das Werk mit Lebendigkeit und Grazie geschrieben und ge­währt noch heute dem Kundigen Vergnügen. Sehr bekannt scheint es nicht geworden zu sein, obwohl es einen geschichtlich berühmten Verfasser hat; eine einzige Handschrift hat es uns aufbewahrt, die Suchier musterhaft herausgab; ein Inkunabel-druck ist nicht vorhanden. .

Die dichterischen Stoffe gehen von Hand zu Hand, bis der­jenige kommt, der sie zur Vollendung führt. Faust war Goethe, die Hölle Dante, Phaedra Racine vorbehalten; Schillers Tell kann nicht mehr überboten werden. Das Thema, das uns heute beschäftigt, fand im XV. Jahrhundert seine Krönung in Jean de Paris. Dieses Werklein, das bei jeder Lektüre erneute und erhöhte Freude bietet, das G. Paris "une charmante bluette" und Vossler "eine entzückende Novelle" nennt, ist durch die kritische Ausgabe von Frau Edith Wi<~kersheimer, 1923, in den schmucken Bänden der SociE~te des anciens textes, und durch ihre Pariser Doktordissertation von 1925 wieder in den Vorder­grund wissenschaftlichen Interesses . gerückt worden.

In seinen grossen Linien erinnert Jean de Paris unbedingt an Jehan et Blonde, ohne dass man sich zwar vorzustellen ver­mag, wie der zweite Autor vom ersten Kenntnis erhalten konnte.

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"Pour eviter oysivete qui est seur de pechie" habe er sein Buch geschrieben, lesen wir in der auffallend kurzen Einleitung, kurz besonders, wenn man sie mit den verschnörkelten und lang­atmigen Vorreden der Zeit vergleicht. Darauf geht die Handlung, nach damaligem Geschmack, der noch lange Mode blieb, in kurzen Kapiteln mit zopfigen Überschriften vor sich, die meist mit "comment" beginnen.

Der König von Frankreich lebt in Paris, mit seiner Frau und seinem dreij ährigen Sohne J ean. Eines Tages wirft sich ihm der König von Spanien zu Füssen, dessen Barone sich aufgelehnt haben. Der König von Frankreich zieht mit einem Heer dahin, bestraft die Übeltäter und verlässt das Land in Frieden. Gerührt bietet ihm das spanische Herrscherpaar die kleine Infantin an, die drei Monate zählt. Er möge sie einst vermählen mit wem er wolle. Huldvoll verspricht der Franzose ihr seinen Sohn zum Gatten. Bald darauf stirbt er und die Königin übernimmt die Regentschaft.

Wie Jean 18-jährig ist, zieht der König von England durch Paris, um die inzwischen herangewachsene Prinzessin von Spanien, mit der er durch Prokuration verlobt ist, heimzuführen. Er will sich in der Stadt aufhalten, weil er da am besten die Brautgeschenke zu kaufen hofft. Er sieht den schon gekrönten Jean nicht, der im Walde von Vincennes jagt. Er wird von Anfang an als unsympathisch geschildert. Die Infantin freut sich nicht auf die Heirat, denn der Engländer ist Witwer, dazu "desja fort vieulx et casse". Die Königin von Frankreich, der er seine Pläne mitteilt, erinnert sich an das Abkommen mit ihrem Manne, das die spanischen Herrscher offenbar vergessen haben, und frägt Jean an, was er zu tun gedenke. Er will vor­sichtig sein. Vielleicht will der König von Spanien das Wort, das er dem Engländer gegeben hat, nicht brechen; vielleicht ge­fällt ihm die Prinzessin nicht, wenn er sie sieht, und "c'est une longue chance que mariage". Er will sich also inkognito auf­machen, unter dem Namen eines Bürgers Jean de Paris, mit genügendem Aufwand, um den Nebenbuhler auszustechen wenn , er Lust hat. Sein grosses Gefolge geht auf verschiedenen Wegen nach Spanien, damit es dem Engländer nicht verdächtig wird.

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Es kann aber nicht ausbleiben, dass er mit Jean und einem Teil seiner Reiterei zusammenstösst. Seine Herolde berichten ihm von Rittern, so schön wie die Engel vom Himmel, die einem Jean de Paris gehören. Er will ihn kennen lernen und wird sehr leutselig empfangen. "Je m'en vois, sagt der Engländer, marier en Espaigne a la fille du roy du pays." Bravo, bei Sainct Piquault, erwidert Jean. Dieser Heilige, der nicht im Kalender steht, soll aus der Beteuerungsformel bigott der Schweizer Söldner her­stammen. Jean gibt ihm hier vielleicht einen schlimmen Neben-

sinn. Sie reisen nun zusammen und da zeigt sich überall die Über-

legenheit des Franzosen. Der Engländer hat schon in Paris bei den Goldschmieden nichts mehr gefunden, weil ihm Jean alles vorweggeschnappt hat. Er ist sehr schlecht ausgerüstet und der Franzose muss ihm mit Geschirr und Esswaren beispringen. Hier wiederholen sich die Scherzreden, aber sie sind mit äusserster Geschicklichkeit herbeigeführt. Der Engländer wundert sich immer mehr, wie ein Bürger so in Saus und Braus leben könne und hält Jean für einen leichtsinnigen und etwas tollen Kumpan. Er glaubt ihm weise Verhaltungsregeln geben zu sollen. Der Regen fällt in einer Gegend, die noch heute wegen ihrer Nieder­schläge berüchtigt ist. Die Franzosen ziehen ihre Mäntel an, die damals, wie uns erklärt wird, in England noch unbekannt ge­wesen seien. Auch pflegte man dort nicht mit Koffern zu reisen, so dass die Gesellschaft auf der ganzen Tour das Festgewand trägt. Unter der Brücke versteht Jean gute Pferde, auf denen man sicher hinüberschwimmt. Die Engländer haben schlechte und es ertrinken ihrer 60-80. Das wichtigste Rätsel lautet also: Vor 15 Jahren habe Jean's Vater einer Ente eine Schlinge ge­legt und er wolle nachschauen, ob sie gefangen sei. Der Eng­länder, der von allem nichts versteht und immer fester über­zeugt ist, er habe es mit einem Übergeschnappten zu tun, ant­wortet: dann müsste sie längst verfault und von den Würmern gefressen sein. Nein, erwidert J ean, der ihn mit grosser Ritter­lichkeit, aber immer etwas von oben herab behandelt, die spanischen Enten sind von anderer Rasse, als die englischen, und widerstehen der Fäulnis länger.

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Je näher sie aber Burgos kommen, wo die Hochzeit statt­finden soll, desto unruhiger wird der Engländer. Er möchte wissen, ob Jean auch hingeht, was dieser ausweichend beant­wortet. Wenn ja, so· möchte er ihn in seinem Gefolge haben und ihn dafür bezahlen. Worauf Jean hochmütig sagt: "de vostre argent je n'en ay que faire, car j'en- ay plus que vous."

Jean lässt ihn vorher einziehen .. Die Infantin ist von der Figur des Engländers wenig entzückt "si se pensa en elle que ce n'estoit pas ce que luy faillait". Sie fügt sich aber, "pour l'honneur de ses pere et mere garder" .

Der Einmarsch Jeans gehört zum Kostbarsten, was die Erzählungsliteratur hervorgebracht hat. Zwei Herolde ver­langen Unterkunft. Der König von Spanien wird durch seinen Schwiegersohn in spe über Jean de Paris, seine Prachtentfaltung, seine sonderbaren Witze unterrichtet. Der englische König prahlt ein wenig mit seiner Bekanntschaft, sucht zugleich Jean etwas herunterzusetzen, indem er ihn als geistig nicht ganz nor- -mal hinstellt. ,,11 tient ung quartier de la lune." Die Narren haben ja das Privileg, die andern für dumm zu halten. Der ge­scheidte König von Portugal bemerkt, es gehöre doch Verstand dazu, um mit solchem Aufwand so weit zu reisen, und alle geben ihm recht. Man will Quartier für 300 Pferde bereiten - so viele hat der Engländer gesehen - es wird aber für 10,000 verlangt und ertrotzt, so dass ein Viertel der Stadt belegt wird. Die Da­men werden immer begieriger, Jean zu sehen.

Am nächsten Morgen steht die Prinzessin sehr frühe auf um ihn ja nicht zu verpassen~ Die Wege sind abgesperrt, dami~ der Zug am Palast vorbeimarschiere. Welch unnütze Vorsicht! Schon den ersten ruft der König von Spanien zu: Seid will­kommen; aber Jean ist noch nicht unter ihnen. Es folgen sich 500 Fouriere, 200 Krieger mit zwei Trompetern, zwei schweize:ri­sehen Trommlern und einem Pfeifer, ein unendlicher Train von viermal 25 Lastwagen, mit Teppichen, Wäsche, Gewändern, Küchengerät und Geschirr. Die Infantin fürchtet, Jean möchte si?h in ~inem dieser gedeckten Wagen befinden. Der Einzug

. wIckelt sIch unaufhörlich ab. Am Morgen waren die Leute kaum in der Messe zu halten; mittags erklären die Damen, lieber auf

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das Essen verzichten zu wollen. Man muss an den Fenstern Wächter aufstellen, die die Ankunft Jeans melden. Sechs Heroldstrompeter verkünden die Schützen der Leibwache. Ein Page namens Gabriel kommt herauf und gibt Auskunft über die Herrlichkeiten. Er hat kaum Zeit, alle Fragen der Infantin zu beantworten. Der Zeremonienmeister naht mit 100 blonden Pagen. Immer meint man, das sei nun Jean selber, aber es wer­den noch ein paar Stunden vergehen, bis er wirklich kommt. Die Spannung wächst .und wächst. Die Pferde wiehern, ein grosser Lärm erfüllt die Stadt. Ein Junker trägt Jeans ~~ge:n vorbei. 600 Mann folgen auf gleichen, grauen Pferden, dIe mIt silbernen Glocken behangen sind. Endlich gewahrt man in der Ferne J ean selber, der an einem kleinen weissen Stab in der Hand und einer goldenen Kette um den Hals erkennbar ist. Sein Haar ist blond wie seine Kette. Die Prinzessin errötet. "Quant la pucelle l'eut apparceu, elle devint si roge qu'il sembloit que le feu luy sortist du visage." Wie er vorbeireitet, schwenkt sie ihm ein langes Helmband entgegen. Er lässt sein Pferd einen hohen Sprung tun, fängt das Band und dankt. 500 Mann Nachhut be-

schliessen den Zug. Das alles macht der Leser lebhaft mit; mit ausserordentlicher

Kleinkunst werden die Farben, die Stoffe, die Bemerkungen der Zuschauer erzählt. Man macht dem Engländer Vorwürfe, weil er nur den kleinsten Teil von Jean's Pracht erwähnt habe. Der arme Alte kann nur beteuern, er habe nicht mehr gewusst. Er hat keine Gelegenheit mehr, mit der Prinzessin zu schäkern;

niemand nimmt mehr Notiz von ihm. Nachdem die hohen Herren zu Jean gezogen sind, um ihn

zum Hochzeitsmahl einzuladen, erscheint er, nimmt am besten Platze Sitz, sagt der Infantin einige Anzüglichkeiten, die wir ihm gerne schenken würden - aber es ist das Jahrhundert, in dem die Königin Marguerite de Navarre ihren Heptameron schreibt. Diese· Reden, auf die die gar nicht blöde Prinzessin artig zu antworten weiss, bereiten übrigens auf die Lösung der bekannten Rätsel vor, die Jean zum besten gibt, zum grössten Vergnügen aller Anwesenden, mit Ausnahme des Engländers, dessen Gesicht immer länger wird. Nach der Mitteilung, dass

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die Prinzessin die Ente ist, nach der Jean nun geschaut hat und die er sehr appetitlich gefunden, stülpt er seine Ärmel zurück und zeigt das mit der französischen Lilie besetzte Futter. Die Infantin ist beschämt und glücklich, einen solchen Mann zu be­kommen. Dem Engländer bleibt nichts übrig, als schleunigst abzuziehen. Die Hochzeit wird mit Pomp gefeiert und das Paar mit zwei schönen Knaben gesegnet, was in aller Kürze berichtet wird.

Die Verwandtschaft dieser Novelle mit J ehan et Blonde , auf die G. Paris zuerst aufmerksam machte, ist unverkennbar. Beide Male prellt ein schlauer Franzose namens J ean einen vor­nehmen Engländer. In beiden Werken treffen sich die Bewerber auf der Brautfahrt und es entspinnen sich die Rätselreden. Während diese aber im ältern Roman nur äusserer Aufputz sind, wird in J ean de Paris die der Ente gelegte Schlinge zum eigentlichen Ausgangspunkt der Geschichte und bringt ihre Lösung. Es erscheint fast unbegreiflich, dass dieser wohlgefügte Aufbau erst dem letzten Bearbeiter gelang. Das neue Werk ist kein Abenteuerroman mehr: Jean braucht mit seinem Neben­buhler nicht zu kämpfen; es genügt, dass er sich als König von Frankreich entpuppt. Die eigentliche Handlung ist auf die Reise und den Einzug in Burgos, auf den dramatischen Augenblick, beschränkt. Der Aufmarsch füllt den fünften Teil des Büchleins. Alles übrige ist nur Rahmen, Vor- und Nachgeschichte. Daher hat auch Söderhjelm; der das Werk in seinem Buche La nou­velle fran9aise au XVme siecle mit besonderer Liebe behandelt , es für eine Novelle erklärt. Hier ist vor allem ein bewusst schaffen-der Künstler am Werk, während sich Philippe de Remi vom Stoffe treiben liess. Sprachlich wird die Verlegenheit des Eng­länders nicht mehr ausgeschlachtet, da dies mit dem vornehmen Ton der Erzählung im Widerspruch gewesen wäre.

Aber eine verhaltene, schalkhafte Lustigkeit ist über dem ganzen Jean de Paris ausgebreitet, die heute so frisch geblieben ist, wie vor 400 Jahren. Dieser Humor hatte einst G. Paris ge­wonnen, der dem Büchlein seinen Ehrenplatz in der Literatur anwies. Es ist ein echt französischer Zug, der bedeutend zu seiner Popularisierung beitrug.

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Jean de Paris besitzt noch einen andern Reiz. Der König von England, der doch auch gelegentlich ein gutes Wort spricht, bemerkt: "Je vous affie qu'il semble mieulx a ung songe ou fantasie qu'a aultre chose." So ergeht es auch dem Leser, der in dieser aristokratischen Luft, bei der Entfaltung dieses fast orientalischen Gepränges wie im Traume lebt. Und doch ist alles glaubhaft, sind alle Einzelheiten einer damal~ nahen Reali~ät abgelauscht. Selten wird man eine so feine MIschung von Mar­chenzauber und robuster Wirklichkeit finden.

Wie der Verfasser alles meidet, was als nicht dazugehörig empfunden werden könnte, wie er gerade auf sein Ziel ausgeht und an fünf Stellen, offenbar mit Rücksicht auf die Leser des

. XV. Jahrhunderts, die es anders gewöhnt waren, seine Kürze entschuldigt, so ist auch sein Stil einfach und ungezwungen, von der damals herrschenden Rhetorik nicht angekränkelt. Ein Volksbuch, wie Suchier einst meinte, ist es keineswegs, wie wir sehen werden. Die Sprache scheint keine dialektalen Züge zu zeigen; aber ich möchte mir hierin eine genauere Unter­suchung vorbehalten.

In ihrer Dissertation ist Frau Wickersheimer zum ersten Male genau auf die Technik der Novelle eingegangen. Die R~tselreden, die devinettes, hat sie, ausser in den heute angeführten DIChtungen, in einer der viel verbreiteten und ungemein fruchtbaren, mittel­alterlichen Erzählungen der Gesta Romanorum gefunden, in einer Novelle von Sercambi, im mittelhochdeutschen Gedichte Der Busant, besonders aber in französischen, schottischen, deutschen und russischen Märchen. Das Rätsel vom Netz oder der Schlinge wiederholt sich am meisten und wird das ursprüng­lichste sein. Teilweise ist der Einfluss des J ean de Paris er­kennbar.

Die grosse Steigerung der Effekte beim Einzug in Burgos hat in der Literatur viele Vorläufer. Man trifft sie, mit gewaltiger Wirkung, beim Anmarsch Karls des Grossen vor Pavia, in der Gesta Karoli Magni des IX. Jahrhunderts, die die neuere Kritik N otker dem Stammler zuschreibt. J oseph Bedier hat die Stelle im zweiten Bande seiner Legendes epiques übersetzt, Singer in seinem reizenden Büchlein über die Dichterschule von St. Gallen.

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Das Motiv ist in der Gesta noch ein zweitesmal verwertet. Man findet es auch im altirischen Sagenkreis, in den Kreuzzugsepen, im altfranzösischen Tristan und seinen deutschen Nachahmungen. Bedier nennt es in seiner Ausgabe des Tristan von Thomas "emerveillement croissant". Am lieblichsten ist es wohl im Märchen Lanval der Marie de France verwendet. Da so viele keltische Stoffe diese Technik zeigen, möchte Frau Wickers­heimer ihren Ursprung bei dieser Nation suchen. Aber Notker brauchte sie nicht von seinem irischen Lehrer zu übernehmen. Sie kommt auch in einem Leben Mohammeds vor. Auch glaube ich kaum, dass der Verfasser des Jean de Paris hier ein Anleihen beim Epos über Gottfried von Bouillon gemacht habe. Die Rätsel sind zweifellos als präzises poetisches Mittel entlehnt, aber das gewaltige Crescendo beim Einzug in Burgos lag ganz in der Linie seiner Erfindung.

Längst hat man erkannt, dass man es mit einem Schlüssel­romänchen zu tun hat, dass dahinter bestimmte Vorgänge' stehen! Die Geschichte kennt viele J ean de Paris. Dieser vulgäre Name wurde offenbar gewählt, weil er wenig Transparenz be­sitzt. Da man früher das Buch ins XVI. Jahrhundert versetzte, glaubte man im Helden, der in seinem Inkognito seine ganze Grandezza behält, den König Franz 1., im Engländer Heinrich VIII. und im spanischen König Karl V. zu erkennen. So Le Roux de Liney und noch Mabille in der Einleitung seiner hübschen Elzevir-Ausgabe (1855). Aber der furchtbare Antagonismus, der zwischen Franz I. und Karl V. herrschte, passt schlecht zu den Beziehungen freundlicher Art, die im Werke die Könige von Frankreich und Spanien unterhalten. Seit der Ausgabe von Montaiglon (1867) hat sich die Überzeugung immer weiter ver­breitet, dass hinter Jean de Paris Karl VIII. steckt. Der Eng­länder wäre Maximilian von Österreich und die spanische In­fantin die Herzogin Anne de Bretagne. Sie wird in der Tat in der Überschrift eines Kapitels beiläufig Anne genannt. Maximilian war mit Anne verlobt und wurde durch Karl ausgestochen. In einem Artikel der Revue critique von 1867 pflichtete G. Paris sofort bei. Eine der Hauptaufgaben von Frau Wickersheimer bestand darin, diese Identifikationen genauer nachzuprüfen.

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S· hat den Nachweis durchaus erbracht, dass das Kostüm und d~: Zeremoniell die der Regierungszeit Karls VIII. sind .. Er wohnte in Paris und verlegte seine Residenz erst nach semer Verheiratung nach Amboise. Er war vielleicht blond oder blo~d gefärbt, er trug wirklich eine goldene Kette u.m ~en Hals, seme Lieblingsfarben waren Weiss und Violett, WIe m ~er Nov~lle, und haben symbolischo Bedeutung. Einer seiner Mlgnons hIe~s Gabriel wie der Page, der den Festzug erklärt. Ich kann dIe Menge ~on Einzelheiten, die übereinstimmen, nic~~ aufz~hlen. Auf sie kommt es' mehr an, als auf die grossen LInIen, dIe der Autor, als Zeitgenosse der Ereignisse, geschickt verhüllen muss~e, während sich die Nebenumstände von selbst in das Gesamtbild einfügten. Anne und der Engländer hab~n nic~t. Por~rätcha~a~­ter. Für die damaligen Leser war das nICht notlg. EInen Konlg

. von Spanien gab es noch nicht, da das Land in Reiche au!gelöst war, und Burgos war nie Residenzstadt. Also W ~hrhelt und Dichtung; und da liegt das Geheimnis einer Kunst, die aus realen Zügen ein Märchen baut. Ob Jeanroy nun überzeug~ wurde, ~er noch kürzlich im Band XII der Histoire de la natIon fran<;alse von Hanotaux diese geschichtliche Grundlage bestritt und ~e­hauptete die Novelle enthalte "de claires allusions a des falts

, I tl 1 I h pent~" et ades hommes du jour, dont la portee e e se nous ec ap . Für den Einzug in Burgos macht Frau Wickersheimer sehr

wahrscheinlich dass ihm der Einzug Karls VIII. in Florenz, der von Chronisten eingehend beschrieben wird und in der Tat grosse Ähnlichkeit aufweist, als Modell gedient.habe. Ein Grund mehr um ihn nicht als rein literarisches MotIV zu betrachten. Dies~ Aufzüge wurden mit ungeheurem Pom~ durchgefü~rt. Die Wirklichkeit steht hier kaum hinter der DIchtung zuruck.

So erhalten wir für J ean de Paris Daten: die Hochzeit Karls mit Anne fand 1491, der Einzug in Florenz 1494 statt; die N 0-

velle muss unmittelbar nachher entstanden sein. Ihr Zweck war die Verherrlichung Karls und Frankreichs. Schon deswegen muss die Angabe, die der Verfasser in seiner Einleitung macht, er übersetze aus dem Spanischen, als Finte bezeichnet werden. Es ist auch nichts Ähnliches in den Literaturen der pyrenäischen Halbinsel entdeckt worden. Unter der Herrschaft der Bürger-

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könige Ludwig XI. und seines Sohnes Karl konnte man es wa­gen, einen Herrscher als Bürger Jean de Paris reisen zu lassen. Die Dichtung ist zugleich ein Loblied auf die Pariser Bürger­schaft.

Dieses späte Datum gibt denjenigen recht, die unser Werk nicht als Ausfluss der Stimmung anerkennen, die im XV. Jahr­hundert in Frankreich gegen England geherrscht hatte. Ganz richtig sagt Foulet in der neuen, illustrierten Literaturgeschichte Bediers: "le ton de raillerie narquoise qui est adopte a l' egard des Anglais prouve que ce ne sont plus des adversaires redoutes ni hais. On est sorti du cauchemar de la guerre de Cent ans." Von dem Opfertod der Jeanne d'Arc (1431) bis 1495 verstreicht eine lange Zeit. Wenn ich auch nicht glaube, dass die Figur des Königs von England einfach aus Jehan und Blonde übernom­men ist, so halte ich es doch für unrichtig, in ihr irgendeine politische Spitze zu erblicken. Sie ist vor allem literarische Kontrasterscheinung. Langlois hat in einem amüsanten und taktvollen Artikel der Revue historique (1893) über Les Anglais du moyen age d'apres les sources franc;aises geschrieben. Der Engländer, den Jean de Paris übertrumpft, trägt nicht die Züge, die man ihnen gewöhnlich lieh und noch leiht.

Die Frage, die auf Ihren Lippen schwebt, wer denn der Autor von Jean de Paris sei, kann ich nicht beantworten. Alle Ver­suche, ihn zu ermitteln, sind gescheitert. Ein Bürger von Paris ~ Ein Hofmann Karls oder der Anne de Bretagne ~ Gewisse An­zeichen weisen eher nach Lyon. Wir wissen nichts Positives.

Der Erfolg war gross. Das Buch drang indie Massen. Die Bibliotheque bleue, die den deutschen Volksbüchern entspricht, bemächtigte sich seiner. Der Text wurde umgestaltet, neuen Moden angepasst, verstümmelt. Der erste französische Druck war von 1533; 1549 war die Novelle in England bekannt; 1670 wurde in Nürnberg eine deutsche Übersetzung herausgegeben. Die neue, kritische Ausgabe der Societe des anciens textes unter­scheidet sich wenig von der Montaiglons. Früher stützte man sich eher auf die Handschrüt, die jetzt in Louvain aufbewahrt wird und früher dem Genfer Gaullieur gehörte. Frau Wickers­heimer sieht die Pariser Handschrüt als besser an und verwertet

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geschickt die ältesten Drucke. Die beiden Handschrüten und die Drucke weichen nur unerheblich voneinander ab.

Der Stoff sollte im XIX. Jahrhundert eine Nachblüte erleben. In erzählender Form war es nicht denkbar, da hier das XV. alle Möglichkeiten ausgeschöpft hatte, wohl aber in einer Oper. Als Boieldieu von Russland heimkehrte, wo sein gefälliges Talent grössere Sicherheit und Straffheit erworben hatte, stellte er sich dem geliebten Pariser Publikum am 4. April 1812 mit Jean de Paris vor, der, von den besten Kräften der damaligen Opera comique dargestellt, zu einem grossen Triumphe wurde. Unsere Zentralbibliothek besitzt in ihrer kostbaren Sammlung Oomedies tranr;aises das Libretto, das im Theatre Feydeau verkauft wurde. Es stammt von Saint-Just, der Boieldieu schon mehrere Text­bücher verschafft hatte, unter andern das des Kalüen von Bag­dad, einem mittelmässigen Literaten, der nicht mit dem Revolu­tionsmann gleichen Namens zu verwechseln ist. Der Komponist hatte noch nicht den idealen, bühnengewandten Mitarbeiter ge­funden, Scribe, der für ihn 1825 die Dame blanche schrieb, das köstliche und liebliche Werk, in dem Boieldieu sich selber über­bot und erschöpfte.

Der alte J ean de Paris ist im neuen kaum wieder zu erkennen. Die Prinzessin von Navarra und Jean, die sich gegenseitig son­dieren wollen, treffen zufällig in einem elenden Wirtshaus zu­sammen und finden an einander Gefallen. Rivalen sind nur supponiert .. Der Einzug in Burgos fehlt. Da würde eine moderne Ausstattungsoper einsetzen. Die alte Spieloper hat nur die üblichen Chorgefolge zur Verfügung. Das Theatre Feydeau bot auch keinen Platz dazu. Die Komik besteht im Kampf um das bisschen Raum im Wirtshaus, das beide Parteien beanspruchen, und liegt mehr im verbindenden Prosadialog als in den sehr konventionellen Arientexten. Der Zauber ging allein von der Musik aus. Der grosse Zeitgenosse Karl Maria von Weber lobt an ihr die leichte Flüssigkeit der Melodie, den wirkungsvollen Aufbau und die gewandte Instrumentierung.

Die alte Spieloper ist ein Kind Frankreichs. Es gewährt ein ergötzliches Schauspiel, diese heitere Gattung in den düsteren Zeiten der Revolution und den geräuschvollen Jahren Napoleons

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aufblühen zu sehen. Grössere Genien, wie Cherubini und Rossini neigen und beugen sich vor ihr. Boieldieu, als sorgenloser Lieb­ling des Schicksals, geht sicher seinen blumigen Weg. Als Rossini ihm wegen seiner weissen Dame Komplimente mach~e, ant­wortete ihm der Franzose: ich bin Ihnen nur überlegen, wenn ich mich schlafen lege. Er wohnte nämlich einen Stock höher, in der Nähe des Passage J ouffroy.

Das Beispiel von Paris reizte drei italienische Komponisten, einen Gianni di Parigi zu schreiben: Morlacchi (Scala, 1818), Speranza (Neapel, 1836), Donizetti (Scala, 1839). Allen dreien hatte der Vielschreiber Romani den Text geliefert. Boieldieu hat sie überdauert. Unser Stadttheater machte unlängst einen Versuch mit seinem Johann von Paris, der ihm zwar nur einen moralischen Erfolg eintrug.

Wir sind jetzt anders eingestellt. Aber diejenigen, die noch die göttliche, künstlerische Einfühlungskraft für ältere Werke besitzen, genies sen mit Wonne den Jean de Paris als Oper und noch mehr sein literarisches Vorbild des XV. Jahrhunderts. Beide ziert echt französische Anmut und Heiterkeit.

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II. JAHRESBERICHT*)

a) Die akademischen Behörden (Für die Amtsperiode 1926-28):

Rektor der Universität : Prof. Dr. phil. Louis Gauchat. Alt-Rektor: Prof. Dr. med. Eugen Bleuler. . Aktuar des Senats und des Senatsausschusses : Prof. Dr. phil.

Theophil Spoerri. Dekane:

Theologische Fakultät: Prof. Dr. Gottlob Schrenk. Rechts- und staatswissenschaftliche Fakultät: Prof. Dr. Werner

Bleuler. Medizinische Fakultät: P;rof. Dr. Otto Naegeli. Veterinär-medizinische Fakultät: Prof. Dr. Othmar Schnyder. Philosophische Fakultät I: Prof. Dr. Ernst Gagliardi. Philosophische Fakultät 11: Prof. Dr. J ohannes Strohl.

Vertreter der Privatdozenten im Senatsausschuss " Prof. Dr. Ernst Waser.

Vertreter der Privatdozenten im Senat:

Prof. Dr. Ernst Waser und Robert Seidel, Tit. Prof. an der E. T. H.

Inspektor der Stipendiaten: Prof. Dr. Otto Juzi.

Präsident der Witwen-, Waisen- und Pensionskasse der Professoren an der Universität:

Prof. Dr. Hans Schinz.

Präsident der Stiftung für wissenschaftliche Forschung an der Universität Zürich:

Prof. Dr. Fritz Fleiner.

Präsident der J ulius Klaus-Stiftung:

Prof. Dr. Otto Schlaginhaufen.

*) Die Berichte -a bis i sind vom Rektorat erstattet.

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Die verschiedenen Kommissionen bestehen aus folgenden Persönlichkeiten:

Hochschulkommission: Regierungsrat Dr. H. Mousson, Zürich (Präsident), Direktor

Dr. Hermann StolI, Zürich, Erziehungsrat Pfarrer Albert Reichen, Winterthur, Erziehungsrat Prof. Dr. Hans Schinz, Zürich, Ständerat Dr. Gustav Keller, Winterthur, Prof. Dr. Louis Gauchat, Rektor, Zürich. Aktuar: Erziehungs­sekretä.r Dr. F. Zollinger.

Diplomprüfungskommission für das höhere Lehramt in Sprachen und Geschichte:

Prof. Dr. E. Howald (Präsident), Prof. Dr. L. Gauchat, Prof. Dr. A. Bachmann, Prof. Dr. E. Gagliardi, Prof. Dr. B. Fehr.

Prüfungskommission für Kandidaten des Handelslehramtes : Prof. Dr. O. Juzi (Präsident), Prof. Dr. A. Egger, Prof. Dr ..

W. Bleuler, Prof. Dr. H. Wehrli, Prof. Dr. M. Saitzew.

Studienkommission für Kandidaten des Sekundarlehramtes : Prof. Dr. Alfred Ernst (Präsident), Prof. Dr. L. Gauchat, Prof.

Dr. Hans Stettbacher. Sekretär: Erziehungssekretär Dr. Alfred Mantel.

Aufsicht über die Sammlungen, Laboratorien und Seminarien: Die Aufsicht über die Sammlungen, Laboratorien und Semi­

narbibliotheken, sowie die AntragsteIlung über die Abnahme der Jahresrechnungen und die Zuteilung der Kredite wurde für das Jahr 1926 unter die Mitglieder der Hochschulkommission verteilt wie folgt:

Medizinische Institute und Sammlungen: Dr. Hermann Stoll und Erziehungsrat Pfarrer A. Reichen.

Veterinär-medizinische Institute: Erziehungsrat Prof. Dr. Hans Schinz.

Naturwissenschaftliche Institute und psychologisches Institut: Prof. Dr. L. Gauchat, Rektor.

Seminarien und Hilfsanstalten, kunsthistorische Sammlungen: Ständerat Dr. G. Keller.

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h) Dozentenschaft und Universitätskanzlei

Todesfälle:

Unsere Universität erlitt leider durch eine Reihe von Hin­schieden empfindliche Verluste. Am 10. April 1926 starb Dr.med. Theodor Wyder, von 1888 bis 1920 Ordinarius für Geburtshilfe und Gynäkologie, sowie Direktor der Frauenklinik; seit 1920 Honorarprofessor. Am 3. Oktober 1926 verschied Dr. jur. Emil Zürcher, von J890 bis 1920 ordentlicher Professor für Strafrecht, Straf- und Zivilprozess und seither Honorarprofessor. Am 13. Januar 1927 starb Prof. Dr. phil. Alfred de Quervain, seit 1906 Privatdozent für physische Geographie mit Einschluss von Meteorologie und Geophysik. Am 28. Februar 1927 verloren wir Dr. med. veto Jakob Ehrhardt, seit 1902 ordentlicher Pro­fessor für allgemeine Therapie, Arzneimittellehre, gerichtliche und polizeiliche Tierheilkunde, Fleischschau, Geburtshilfe und allgemeine und spezielle Tierzucht. Am 2. März verstarb uner­wartet Emil Rüegger, von 1893-1914 Pedell, seither Sekretär der Universität. Über das Leben und Wirken der Verstorbenen wird im V. Abschnitt berichtet.

Von ihren Ämtern traten zurück:

Dr. phil. Eugenio Giuseppe Togliatti, ausserordentlicher Professor für angewandte Mathematik an der philosophischen Fakultät 11, auf den 15. Oktober 1926, infolge Berufung an die Universität Genua; Dr. phil. Eduard Schwyzer, der von 1902 als Privatdozent, von 1909 als a. O. und von 1912 als O. Professor für vergleichende indogermanische Sprachwissenschaft, ver­wandte Disziplinen der klassischen Philologie und Sanskrit an unserer Universität wirkte, auf 31. März 1927, infolge Berufung an die Universität Bonn, und Dr. phil. Johannes Hasebroek, seit 1925 a. O. Professor für alte, insbesondere griechische und römische Geschichte, auf 31. März 1927, infolge Berufung an die Universität Köln.

Auf die venia legendi verzichteten Prof. Dr. med. Karl Henschen, Privatdozent für Chirurgie, infolge Berufung als Ordinarius an die Universität Basel; Privatdozent Dr. med.

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Ludwig Köhler, infolge Übernahme der Stelle des Chefarztes . des zahnärztlichen Institutes der Ortskrankenkasse Köln; Prof. Dr. phi!. Max Schinz, Privatdozent für Philosophie; Prof. Dr. med. Alfred Fleisch, Privatdozent für Physiologie, infolge Be­rufung als Ordinarius an die Universität Dorpat; Prof. Dr. h. c. Arnold Rüegg, Privatdozent für neutestamentliche Exegese, und Prof. Dr. med. Karl Meyer- Wirz, Privatdozent für Geburtshilfe und Gynäkologie. Den beiden zurücktretendenProfessorenArnold Rüegg und Karl M eyer-Wirz wurde in Anerkennung ihrer lang­jährigen, der Universität geleisteten treuen Dienste gestattet, nach ihrem Ausscheiden aus dem Lehrkörper den ihnen ver­liehenen Titel eines Professors weiterzuführen.

Berufen wurden:

Dr. phi!. William Brunner von Wattwil (St. Gallen), Pro­fessor an der Eidg. Technischen Hochschule ,und Direktor der. eidg. Sternwarte in Zürich, zum a. o. Professor für Astronomie an der philosophischen Fakultät 11. Der Amtsantritt erfolgte auf den 16. April 1926. Dr. Paul Finsler von Zürich, Privatdozent ,an der Universität Köln, zum a. o. Professor für angewandte Mathe­matik. Dr. Manu Leumann von München, Privatdozent an der Universität München, zum ordentlichen Professor für indoger­manische Sprachwissenschaft, verwandte Disziplinen der klas­sischen Philologie und Sanskrit. Dr. phil. ErnstMeyervonAlton~, Privatdozent an der Universität Kiel, zum ausserordentlichen Professor für alte, insbesondere griechische und römische Ge­schichte. Alle drei mit Amtsantritt auf das Sommersemester 1927.

Befördert wurden:

zum ordentlichen Professor: Prof. Dr. med. veto Othmar Schny­der; zu Titularprofessoren : die Privatdozenten Dr. med. Alfred Fleisch und Dr. med. Hans R. Schinz.

Berufungen an andere Universitäten haben abgelehnt:

Prof. Dr. theo!. G. Schrenk einen Ruf als Leiter der theolo­logischen Schule Bethel bei Bielefeld; Prof. Dr. med. Alfred Gysi einen Ruf an die Columbia University in New York; Prof.

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Dr. phi!. P. Karrer eine an ihn ergangene Anfrage wegen Be­rufung an die Universität Utrecht; Prof. Dr. E. Schrödinger einen Ruf an die Universität Innsbruck.

Privatdozent Dr. A. Heim wurde auf das Wintersemester 1926/27 in Greifswald ein Lehrauftrag angeboten, den er aber ablehnte.

Ehrungen:

Prof. Dr. phi!. L. Gauchat wurde von der Universität Genf wegen seiner Verdienste um die Wissenschaft die Würde eines poctor honoris causa verliehen.

Prof. Dr. B. Fehr wurde zum korrespondierenden Mitglied der Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen ernannt .

. Die Marcel Benoist-Stiftung für die Förderung der wissen­schaftlichen Forschung verlieh Prof. Dr. med. Alfred Gysi, Pro­fessor am zahnärztlichen Institut, für seine Arbeit "Artiku­lation" den Stiftungspreis des Jahres 1925.

Gastvorlesungen

an ausländischen Hochschulen hielten: Prof. Dr. H. Wölfflin an der Universität München; Prof. Dr. E. Schrödinger an der Uni­versität Madison (Wisconsin, U. S. A.); Prof. Dr. V. Henri am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, U. S. A.; Prof. Dr. M. Saitzew in Kiel und Prof. Dr. P. Niggli an den Uni­versitäten Utrecht, Delft, Groningen und Leiden; Prof. Dr. B. Fehr an der Universität Bern und am fr~ien deutschen Hochstift in Frankfurt a. M.

Habilitiert

haben sich an der theologischen Fakultät Dr. theo!. Adolf Keller von Rüdlingen, Schaffhausen ; an der medizinischen Fakultät' Dr. med. Walter Gloor von Brugg; Dr. med. Walter v. Wyss von Zürich; Dr. med. Ernst Hanhart von Zürich; an der veterinär­medizinischen Fakultät Dr. med. veto J osefAndres; an der philoso­phischen Fakultät I Dr. phi!. Josef Gantner von Zuzgen, Aargau; Dr. phi!. Karl Burckhardt von Basel, und an der philosophischen Fakultät 11 Dr. phi!. Werner K uhn von Wallisellen.

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Die venia legendi des Privatdozenten Dr. jur. Z. Giacometti für schweizerisches Bundesstaatsrecht, allgemeines und schweize­risches Verwaltungsrecht, sowie Kirchenrecht wurde auf all­gemeines Staatsrecht ausgedehnt.

Beurlaubt

wurden im Wintersemester 1926/27: Prof. Dr. theol. Arnold Meyer und Prof. Dr. med. veto Jakob Ehrhardt wegen Krank­heit, Prof. Dr. H. Wölfflin wegen Übernahme von Gastvor­lesungen an der Universität München und Prof. Dr. H. Wehrli wegen einer Forschungsreise nach Vorder-Indien.

Der Lehrkörper der Universität bestand am Schlusse des Jahres 1926 aus 65 ordentlichen, 13 ausserordentlichen und 10 Honorarprofessoren, 3 Professoren am Zahnarztinstitut , 81 Privatdozenten, sowie 9 Dozenten mit Lehraufträgen, die dem akademischen Lehrkörper nicht angehören, zusammen 181 Dozenten. Dazu kommen 103 Assistenten, die nicht zugleich Professoren oder Privatdozenten sind. Die Gesamtzahl betrug somit 284, 13 mehr als im Vorjahre.

c) Verschiedenes

Auf Beginn des Wintersemesters 1927/28 wird an der medi­zinischen Fakultät eine ausserordentliche Professur für Ohren-, Nasen- und Halskrankheiten geschaffen werden.

An der technischen Abteilung des zahnärztlichen Institutes wurde auf Beginn des Wintersemesters 1926/27 eine Ober­assistentenstelle eingerichtet.

Bei Anlass der Wiederbesetzung des durch den Rücktritt von Prof. Dr. Wolfer frei gewordenen Lehrstuhles für Astronomie beschloss der Regierungsrat, dass der Astronomieunterricht der Universität Zürich grundsätzlich auf Grund der bisherigen, vom Bundesrat weiter zugesicherten Vereinbarung mit der Eidg. Technischen Hochschule fortgeführt werde.

Ferner beschloss der Regierungsrat, dass die Oberassistenten und Prosektoren der medizinischen, der veterinär-medizinischen

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und philosophischen Fakultät 11 zur Abhaltung von Vorlesungen und zur Leitung von Kursen innerhalb der bisher erteilten Lehr­aufträge verpflichtet werden sollen, und zwar ohne besonde~e Honorierung. In besonderen Fällen· kann eine Zulage zur ordentlichen Besoldung gewährt werden.

Für den nach Bonn berufenen Prof. Dr. Schwyzer wurde für den Rest der Amtsperiode als neues Mitglied und Präsident der Diplomprüfungskommission für das höhere Lehramt in Sprachen und Geschichte Prof. Dr. Ernst Howald, als Präsident der kantonalen Maturitätsprüfungskommission Prof. Dr. B. Fehr und als neues Mitglied dieser Kommission Prof. Dr. E. H owald ernannt.

Am 19. Januar 1926 genehmigte der Erziehungsrat die abge­änderte Promotionsordnung der veterinär-medizinischen Fakultät.

Das Reglement über die Aufnahme von Studierenden wird gegen~ärtig ehrer Revision unterzogen.

Für Lehraufträge an unbesoldete Dozenten wurden im Som­mersemester 1926 Fr. 26,950.- und im Wintersemester 1926/27 Fr. 27,750.- ausgerichtet.

Bauliches.

Zur Hebung der zurzeit im zahnärztlichen Institut bestehenden Raumnot wurde vorläufig die Terrasse des Institutes für Unter­richtsräume ausgebaut. Der Kantonsrat bewilligte hiefür einen Kredit von Fr. 21,000.-.

Das kunstgeschichtliche Seminar wurde erweitert, indem der daneben liegende Hörsaal 103 dem Seminar zugeteilt und für Seminarzwecke eingerichtet wurde.

d) Feierlichkeiten, Kongresse, Besuche

und Abordnungen

Nachgetragen wird noch, dass in den Tagen vom 19.-25. Juli 1925 in der Universität der 111. Internationale Entomologen­kongress stattfand und als Abgeordnete der Universität der Rektor, Prof. Dr. E. Bleuler, und' der Direktor des zoologisch-

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vergleich~nd-anatomischen Institutes, Prof. Dr. K. Hescheler daran offiziell teilnahmen.

Die 93. Stiftungsfeier der Universität fand Donnerstag, den 29. April 1926, im üblichen Rahmen statt. Die Festrede des Rektors, Prof. Dr. L. Gauchat, war betitelt "Studentensprache".

Am 18. Februar 1927 fand anlässlich der hundertsten Wieder­kehr des Todestages Heinrich Pestalozzis eine akademische Feier in der Aula der Universität statt, an der Prof. Dr. Ed. Sprang er aus Berlin die Festrede hielt. Die Feier wurde einge­rahmt durch einen Orgelvortrag von Musikdirektor E. Isler und ein Lied des Studentengesangvereins.

Prof. Dr. M. Oloetta feierte am Schluss des Sommersemesters 1926 seine 25jährige Tätigkeit als Professor an der Universität Zürich. Bei diesem Anlass ordnete der Dekan· eine kleine Feier im Hörsaal der Pharmakologie an, zu der der Rektor, die Profes­soren und Dozenten der medizinischen Fakultät, sowie die Kli­nikerschaft eingeladen waren.

Vom 2.-4. Juni 1926 besuchten ca. 100 amerikanischeÄrzte der lnter-State-Graduate Assemblies 01 America die Universität und ihre Kliniken. Es wurden ihnen in der Aula Vorträge in englischer Sprache geboten von Prof. Dr. E. Bleuler, Prof. Dr. B. Fehr und Privatdozent Dr. D. Schindler; den Gästen wurden ferner in einer Reihe von Kliniken englische Vorlesungen gehalten.

Die Universität erhielt in den Tagen vom 2.-4. Juli 1926 den Besuch von ca. 50 Professoren und Assistenten und ca. 50 Studenten der Medizin aus Tübingen.

Prof. Dr. R. Fueter nahm Ende Juni 1926 als schweizerischer Delegierter an dem Oonseil International des recherches scienti­fiques in Brüssel teil.

Als Vertreter der Universität Zürich an die Weltkraltkonle­renz, die vom 31. August bis 1. September 1926 in Basel statt­fand, wurde Prof. Dr. M. Saitzew entsandt.

An der Eidg. Technischen Hochschule fand vom 12.-18. September 1926 ein internationaler Kongress lür technische Mechanik statt, an dessen Eröffnung als offizieller Vertreter der Universität der Rektor teilnahm und zu dessen weiteren Feier­lichkeiten Prof. Dr. J. Strohl abgeordnet wurde.

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An der Feier des 100jährigen Bestehens des Männerchors Zürich, den 2. und 3. Oktober 1926, nahmen als Vertreter der Universität Prof. Dr. R. Fueter und Privatdozent Dr. F. Gysi teil.

Die Uni'versität München beging am 27. November 1926 die Einhundert jahrfeier der Verlegung der Bayerischen' Universität von Landshut nach München. Als Abgeordneter der Universität Zürich nahm der Rektor an der Feier teiL

Anlässlich der Enthüllung eines Denkmals von Papst Pius XI. in der Ambrosiana in Mailand, die auf den 8. Dezember 1926 angesetzt war, dann aber auf den 20. März 1927 verlegt wurde, sandte die Universität der Ambrosiana eine künstlerisch aus­geführte Urkunde.

Am 22. bis 24. Februar 1927 fand im Haag die Feier des 250. Todestages des holländischen Philosophen Spinoza statt.

, Der Spinoza-Gesellschaft wurde auf diesen Anlass ebenfalls ein Gratulationsschreiben gesandt.

An der Sitzung der Schweizer. Kommission für intellektuelle Zusammenarbeit, die am 26. Februar 1927 in Bern tagte, nahm Prof. Dr. A. Egger als Delegierter des Senates der Universität Zürich teil.

Prof. Dr. E. Gagliardi wurde vom Senat als Delegierter'der Universität Zürich an der Beethoven-Zentenarleier, die Ende März 1927 in Wien stattfand, bezeichnet.

e) Studierende

Der Universität sind im Berichtsjahre durch den Tod folgende Studierende entrissen worden:

SchaUer, Josef, cand. med., von PIaffeyen (Freiburg), Reber, Ernst, cand. jur., von Ausserbirrmooß (Bern), Girsberger, Max, stud. med., von Zürich, Escher, Harry, med; prakt., stud. med. dent., 'von Zürich.

Die Gesamtfrequenz (Auditoren inbegriffen) betrug im Wintersemester 1925/26 2611, im Sommersemester 1926 2146 und 2516 im Wintersemester 1926/27.

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Die Zahl der immatrikulierten Studierenden verminderte sich von 1675 im Wintersemester 1925/26 auf 1585 im Sommer­semester 1926 und stieg wieder im Wintersemester 1926/27 auf 1591 (1331 Schweizer =83,660/0 und 260 Ausländer = 16,34%).

Die Zahl der weiblichen Studierenden stieg von 251 im Wintersemester 1925/26 auf 263 im Sommersemester 1926 und sank auf 249 im Wintersemester 1926/27 (203 Schweizerinnen und 46 Ausländerinnen). Sie beträgt gegenwärtig 15,65% der Gesamtzahl der Studierenden gegenüber 15 % im Winter­semester 1925/26.

Für das Sommersemester 1926 sind 53 und für das Winter­semester 1926/27 44 Studierende beurlaubt worden.

Von den immatrikulierten Studierenden waren:

Theol. Jur. W.-S. 1925/26 61 554 S.-S. 1926 62 521 W.-S. 1926/27 64 539

Med. Zahnärzte Veter. Phi I 411 105 45 280 377 95 46 277 354 97 54 266

Ph, II 219 207 217

Total 1675 1585 1591

Die Studentenschaft hat ihr offizielles Organ "Zürcher Student" in neuer Aufmachung herausgegeben. Sie hat mit künstlerischem Erfolg Büchners Lustspiel "Leonce und Lena" mehrmals im Schauspielhaus Zürich, sowie in verschiedenen andern Schweizerstädten aufgeführt. Ein allfälliger Reinertrag war dem projektierten Schweizerhaus der Cite Universitaire in Paris zugedacht. Die Vortragskommission hat auch in diesem Jahr schweizerische und auswärtige Gelehrte zu Vorträgen aus verschiedenen Wissensgebieten berufen. Die Studierenden der theologischen Fakultät veranstalteten für die Studentenschaft Morgenpredigten in der Grossmünsterkapelle. Die Sportkom­mission übernahm für das Jahr 1926 die Ausfechtung der schweizerischen Hochschulmeisterschaften in Zürich. Die Büchervermittlungsstelle führte die Vermietung von Schreib­maschinen ein.

Der Verband der Schweizer. Studentenschaften organisierte auch im Jahre 1926 wieder eine Studentenferienkolonie, um mitzuhelfen, das teilweibe .verschüttete Tessinerdorf Bosco neu instand zu stellen und die im Jahre 1925 begonnenen Arbeiten

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am Kastell Misox weiterzuführen. An diesen Arbeiten beteiligte sich eine grössere Zahl Studierender unserer Universität.

Die studentische Unterstützungskasse verabreichte aus den Erträgnissen des studentischen Unterstützungsfonds an 16 be­dürftige Studierende im Wintersemester 1925/26 Fr. 4350.­und im Sommersemester 1926 ebenfalls an 16 Studierende

Fr. 3637.-.

f) Promotionen, Prüfungen, Preisaufgaben

Die Doktorwürde honoris causa wurde im Berichtsjahre verliehen

von der veterinär-medizinischen Fakultät.'

an Martin, Paul, Professor an der veterinär-medizinischen Fa­kultät der Universität Giessen, in Anerkennung seiner her­vorragenden Verdienste als Forscher und Autor auf dem Ge­biete der Anatomie und Embryologie der Haustiere und sei­ner ausgezeichneten Lehrtätigkeit in Zürich (1. Oktober 1926).

Von der Philosophischen Fakultät 1.'

an Mousson, Heinrich, Dr. jur., Regierungsrat in Zürich, in dankbarer Anerkennung der grossen und bleibenden Ver­dienste, die er sich als Erziehungsdirektor in schweren Zeiten um den würdigen Fortbestand der Universität und ihre innere und äussere Erneuerung erworben hat (29. April 1926);

an Haug, Eduard, Kantonsschulprofessor in Schaffhausen, wegen seiner Verdienste um den Deutschunterricht, die Pflege des V olksschauspiels und die Literaturgeschichte der deutschen

Schweiz (5. Juni 1926). ---

Diplomerneuerungen.

Folgenden Doktoren der Universität Zürich wurden die von ihnen vor fünfzig Jahren erworbenen Doktordiplome erneuert: Dr. phil. Paul Schweizer, Honorarprofessor an der Universität Zürich; Prof. Dr. phil. Robert Schiff von Florenz; Dr. phil. Karl J aeger von Brugg; Dr. phil. Oskar Hausammann von Männedorf ; Dr. phil. Georg Ruoff von Frankfurt a. M.; Frau Dr. phil. Sophie

Goldsmith von Moskau.

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Durch vorschriftsmässige Prüfungen haben im Jahre 1926 den Doktortitel erworben: an der theologischen Fakultät 1 Kan­didat, an der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät 67 (inbegriffep. 7 Damen) (jur. utr. 45, oec. publ. 22), an der medi­zinischen Fakultät 62 (11 Damen) und 15 der Zahnheilkunde (1 Dame), an der veterinär-medizinischen Fakultät 18, an der philosophischen Fakultät I 23 (5 Damen) und an der philo­sophischen Fakultät 11 26 (2 Damen), total 212 (inbegriffen 26 Damen).

Die Prüfungen für Ausübung des Pfarramtes legten 19 Kan~ didaten ab, das eidgenössische Diplom als Arzt erwarben 68, als Zahnarzt 31, als Tierarzt 12; ferner erwarben 2 Kandidaten das Diplom für das höhere Lehramt an der philosophischen Fa­kultät 1. Das Diplom als Sekundarlehrer wurde 14, das Diplom als Fachlehrer auf der Sekundarschulstufe 2 und das Diplom als PrimarIehrer 14 an der Universität ausgebildeten Kandidaten zuerkannt.

Der Rousseaupreis zur Förderung romanistischer Studien im Betrage von 500 Fr. wurde 'für das Sommerseinester 1926 Fräulein Gertrud Streit von Belpberg, Ka~ton Bern, zuerkannt.

Für die Jahre 1924/25 hatten die theologische, die rechts­und staatswissenschaftliche und die medizinische Fakultät Preis­aufgaben gestellt.

Die Arbeit der theologischen Fakultät "Das religiöse Moment bei Pestalozzi" hat zwei Bearbeitungen gefunden. Der von stud. theol. Walter Nigg von Gersau eingereichten Arbeit sprach die Fakultät den Hauptpreis von 500 Fr. zu. Der zweiten Arbeit konnte ein Preis nicht zuerkannt werden.

Auf die Aufgabe der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät "Die Wandlungen in der ökonomischen Begründung der Freihandelspolitik seit dem 18. Jahrhundert" wurde eine Arbeit von cand. oec. publ. Wilhelm M. Bickel von Bubikon ein­gereicht, welche den Hauptpreis von 500 Fr. erhielt.

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Die Aufgabe der medizinischen Fakultät ~,Die Vererbungs­gesetze in der menschlichen Pathologie; kritische Zusammen­fassung" erhielt eine Lösung, welcher nur der NahepJ;'eis von . 200 Fr. zugesprochen werden konnte. Verfasser dieser Arbeit war cand. med. Franz Brumann von J ona, St. Gallen.

(Neue Preisaufgaben für 1927/28 s. Abschnitt IV)

g) Ho chschulfonds und Stiftungen

Der Hochschulfonds wies Ende 1926 einen Vermögens stand von Fr. 999,154.70 gegenüber Fr. 972,372.35 im Jahre 1925 auf. Der Fonds für die Hochschule (Exportfonds) vermehrte sich im Jahre 1926 von Fr. 572,501.75 auf Fr. 605,487.70.

Die Erträgnisse pro 1926 des Meyer-Keyser-Legates von 2400 Franken wurden dem Turnus entsprechend unter die verschie­denen Institute der philosophischen Fakultät 11 verteilt.

Aus den Erträgnissen der Orelli-Stiftung wurden für das Jahr 1926 der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät 5960 Fr. bewilligt.

Die Jahreserträgnisse des Karl Reiser- und Heinrich Paur­Fonds von 1300 Fr.· wurden dem physiologischen Institut zu­gewiesen.

Das Stipendium von 2000 Fr. der zum Andenken an Herrn August Abegg errichteten Privatdozentenstiftung wurde zum erstenmal für das Jahr 1926 Herrn Privatdozent Dr. jur. Z. Giacometti zugesprochen.

Das v. Schweizer'sche Stipendium für 1926 im Betrage von 1000 Fr. wurde Herrn stud. jur. Emil Schwyzer von Zürich, An­gehöriger der Familie des Stifters, verabreicht.

Das Stipendium der Gott/ried K inkel-Sti/tung für' das Jahr 1926 im Betrage von 200 Fr. wurde Herrn stud. phil. Karl August Gehrckens aus Lübeck zugeteilt.

Aus den Erträgnissen des Reichenbach-Fonds erhielt für das Wintersemester 1926/27 Fräulein Marie Aspis, stud. jur., von

. Lodz, Polen, ein Stipendium von 200 Fr.

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h) Kranken- und Unfallkasse der Studierenden

Im letzten Jahresbericht war von einem bedrohlichen An­wachsen der Fälle die Rede, in denen die Krankenkasse unge­wöhnlich stark beansprucht wurde. Glücklicherweise gingen im Berichtsjahr die Ausgaben wieder auf ein den vorhandenen Mitteln besser angepasstes Mass zurück. Es wurden geleistet: für die Spitalverpflegung von 39 Studierenden an 535 Pflege­tagen und für poliklinische Behandlung Fr. 7456.50 (im Vorjahr 9329 Fr.), für Röntgenaufnahmen 1628 Fr. (Fr. 1684.50), für den Aufenthalt von 19 Studenten an einem Höhenkurort (ins­besondere Leysin) 5816 Fr. (gegenüber 12,014 Fr. im Vorjahr), an die Kosten privat ärztlicher Behandlung in 34 Fällen Fr. 2815.20. Die Gesamtausgaben der Krankenkasse beliefen sich auf Fr. 17,715.70 (1925: Fr. 26,254.90). Die Inanspruchnahme ist gegenüber den frühern J ahten immer noch hoch; doch reichen die Semesterbeiträge (Fr. 12,495) und die Kapitalzinsen momen­tan hin, um auch die für allfällige künftige, ausserordentliche Zeiten notwendige Reserve wieder herzustellen. Der Beschluss des Erziehungsrates vom 16. Juni 1925, durch welchen von den Semesterbeiträgen dem "Stipendienfonds" für die Unterstützung bedürftiger nichtzürcherischer Studenten je 1 Fr. zugewiesen wird (s. Jahresbericht 1925/26, S. 27), konnte unter diesen Um­ständen aufrecht erhalten bleiben.

Die Studierenden und die ordentlichen und a usserordent­lichen Professoren leisteten wiederum ihre Beiträge an das Sana­torium Universitaire in Leysin, die erstern je 5 Fr., die Profes­soren je 10 Fr. im Semester; im ganzen wurden 16,855 Fr. ab­geliefert (1925: 17,715 Fr.).

Aus der Unfallkasse wurden an fünf Studierende, an elf As­sistenten und Abwärte und an eine Aushilfsperson Vergütungen im Gesamtbetrage von Fr. 1315.80 bezahlt. Der Rechnungsvor­schlag von Fr. 881.05 fiel in die Krankenkasse.

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i) Stipendien

Der Erziehungsrat hat im Sommer 1926 an 40, im Winter 1926/27 an 36 Studierende der Universität Unterstützungen be­willigt im Gesamtbetrage von 28,465 Fr. (davon 22,265 Fr. aus der Staatskasse und 6200 Fr. an nichtzürcherische Bewerber aus dem Stipendienfonds der höhe rn Lehranstalten). Dem letzt­genannten Fonds wurde 1926 eine Schenkung von Louis Reichen­bach in St. Gallen im Betrage von 10,000 Fr. zugewiesen, deren Ertrag für Studierende jüdischer Konfession bestimmt ist. Im Berichtsjahr konnte bereits eine erste Hilfe im Sinne des Testa­tors geleistet werden.

k) Witwen-, Waisen- und Pensionskasse der Professoren

der Universität

Die Mitgliederzahl der Genossenschaft ist im Laufe des Jahres 1926 von 85 auf 84 zurückgegangen; es starben 2 Mit­glieder (Th. Wyder und E. Zürcher), 1 trat aus (E. Togliatti), während diesem Ausfall nur 2 Neueintritte (A. Krupski und A. B. Schwarz) gegenüberstanden.

Die Kasse zahlte an 22 Witwen und 8 Waisen Renten im Gesamtbetrage von Fr. 53,650.30 und an 11 in den Ruhestand getretene Mitglieder Pensionen von zusammen 39,680 Fr. An Einstandsgeldern und Jahresbeiträgen sind 48,442 Fr. einge­gangen, während aus staatlichen Fonds 13,025 Fr. und aus der Abegg-Arter-Stiftung 9000 Fr. zuflossen. Der Staatsbeitrag an die durch die Einführung der Altersgrenze bedingte Mehr­belastung der Kasse betrug wie bisher 7000 Fr. Die Witwen­und Waisenkasse hat seit ihrem Bestehen (1901) im ganzen Fr. 373,323.29 an Renten ausgerichtet und die Pensionskasse (seit 1910) zusammen Fr. 396,994.95 an Ruhegehältern geleistet. Der Deckungsfonds erreichte auf Ende 1926 einen Bestand von Fr. 2,132,000.70, der Reservefonds einen solchen von Fr. 164,601.25. Der Vorstand kam im Berichtsjahr nicht in die Lage, neue Schenkungen oder Vermächtnisse zugunsten der Witwen-, Waisen- und Pensionskasse zu verdanken.

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Im letztjährigen Bericht ist der beiden hochherzigen Zu­wendungen der Erben des 1924 in Turin verstorbenen Herrn August Abegg-Rüegg, nämlich des Herrn C. Abegg-Stockar und der Frau Dr. Emma Escher-Abegg, bereits ehrend gedacht wor­den. Die "Abegg-Arter-Stiftung", deren Erträgnisse teilweise der Witwen-, Waisen- und Pensionskasse zufliessen, erhielt 200,000 Franken, weitere 300,000 Fr. sind als "August Abegg-Stiftung" zu verwalten und deren Zinsen als Zusatzrenten gleichmässig an die Witwen und Waisen zu verteilen.

Für die Berechnung und Austeilung der Rentenzuschüsse aus der August Abegg-Stiftung hat der Vorstand der Witwen-, Waisen- und Pensionskasse Ausführungsbestimmungen aufge­stellt, die von der a. o. Hauptversammlung am 19. November 1926 angenommen worden sind. Das erste Erträgnis, umfassend die Zinseingänge der Monate März bis Dezember 1926 unter Abzug der Bank- und Anlage-Spesen, wird im Januar 1927 an die genussberechtigten Witwen und Waisen ausgerichtet. -. Mögen diese und die folgenden Zuschüsse im Sinne der hoch­herzigen Donatoren als willkommene Zugaben zu den oft unzu­länglichen Renten geschätzt werden.

Zürich, 22. Februar 1927. Der Präsident:

Hans Schinz.

I) Zürcher Hochschulverein

Der Rechnungsabschluss auf 31. März 1926 ergab bei 8244Fr. Einnahmen (Übertrag aus alter Rechnung 2546 Fr., Kapital­zinsen und Mitgliederbeiträge) und 4867 Fr. Ausgaben (wovon 3277 Fr. für wissenschaftliche Zwecke und 1000 Fr. als Beitrag an die Druckkosten des Jahresberichtes der Universität) einen Saldo von 3377 Fr. Das Gesamtvermögen belief sich am 31. März 1926 auf 103,700 Fr. (wovon ca. 98,000 Fr. Stammgut). Dazu kommt noch das Meistersche Legat im Betrag von 5000 Fr.

Nach Abnahme der Rechnung bewilligte die Frühjahrsver­sammlung, die am 29. April 1926 im Hörsaal des Physikalischen Institutes stattfand, folgende Beiträge für wissenschaftliche Zwecke:

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1. Beitrag an die Bibliothek des sozial-ökonomischen Seminars (Prof. Saitzew). . . . . . . . . . .

2. Beitrag an den Papyrusfonds der Hochschule (Prof. Howald) ................. .

3. Beitrag an die Bibliothek des historischen Semi­nars (Prof. Gagliardi) . . . . . . . . . . . .

4. Beitrag an das Archäologische Institut zur An­schaffung eines Epidiaskopes (Prof. Waser) . .

5. Beitrag an das Chemische Seminar zur Anschaf­fung eines Episkopes (Prof. Karrer). . . . . .

6. Beitrag an das Geographische Institut zum Ankauf von Schweizer Reliefs (Prof. Wehrli) . . . . .

Total

800 Fr.

800 "

800 "

1600 "

637 "

1300 "

5937 Fr.

Bei der Neuwahl des Vorstandes wurden an Stelle der statu­tarisch zurücktretenden Mitglieder, der Herren Dir. Dr. Escher und Dr. Korrodi, der Prof. Feer, Fueter und Hausheer , und des auf eigenen Wunsch ausscheidenden Herrn Bezirksrichters Dr. v. Grebel gewählt: die Herren C. A. Burckhardt-Zwicky, Prof. Dr. H. Fritzsche, Prof. W. R. Hess, Rektor Prof. Dr. Gau­chat, Prof. Dr. P. Karrer und Dir. Dr. F. Wegmann; die Herren Dr. Hans Sulz er (Winterthur), Prof. Dr. Wyssling (E. T. H.) und a. Stadtrat H. Kern wurden für eine zweite Amtsdauer von drei Jahren bestätigt. Herr Prof. Feer sprach den abtretenden Vorstandsmitgliedern, besonders dem verdienten Präsidenten Dir. Dr. H. Escher, den Dank des Hochschulvereins aus. An seiner Stelle wurde zum Präsidenten Dir. Dr. F. Wegmann gewählt. Als Rechnungsrevisoren bestätigte die Versammlung die Herren Dr. Corrodi-Sulzer und Prof. Dr. Saitzew. In seiner konstituierenden Sitzung wählte der V orstand Herrn a. Stadtrat Kern zum Vize­präsidenten, Herrn Burckhardt-Zwicky zum Quästor, Herrn Prof. Fritzsche zum Aktuar.

Nach Schluss der geschäftlichen Verhandlungen hielt Herr Prof. Dr. Edgar Meyer einen von Vorführungen begleiteten Vor­trag über "Elektrische Schwingungen und Verstärkerröhren", dem sich ein Gang durch das Physikalische und Physiologische Institut anschloss.

3 33

Die gut besuchte Herbstversammlung fand am 31. Oktober in Winterthur statt. Herr Prof. Dr. E. Bleuler sprach über "Körperliches und Seelisches in den Geisteskrankheiten".

Für den Zürcher Hochschulverein:

Der Präsident: Dr. F. Wegmann. Der Aktuar: Prof. H. Fritzsche.

NB. Anmeldungen zum Eintritt in den Zürcher Hochschul­verein, dessen Bestrebungen zu "unterstützen die ehemaligen Zürcher Kommilitonen sich zur Ehrenpflicht machen sollten (Jahresbeitrag 5 Fr.), werden an die Kanzlei der Universität oder an ein Vorstandsmitglied erbeten.

m) Stiftung für wissenschaftliche Forschung

Die am 3. Februar 1927 abgehaltene Jahressitzung des Kura­toriums nahm folgende Berichte über von ihr subventionierte Arbeiten entgegen:

Herr Prof. Dr. W. R. Hess berichtet über den erfreulichen Fortgang seiner Untersuchungen über das vegetative Nerven­system;

Herr Prof. Dr. Oloetta legt seine Arbeit über die Zusammen­setzung der aktiven Substanzen aus Digitalisblättern vor;

ebenso Herr Prof. Dr. Walthard eine Arbeit von Dr. Walter Fürst über Strahlentherapie;

Herr Prof. Dr. A. V ogt berichtet über seine experimentellen Untersuchungen der Wirkung des Ultrarots auf Kaninchen­augen und legt eine grössere Anzahl eigener und unter seiner Leitung entstandener Arbeiten vor;

von Herrn Privatdozent Dr. K. Ulrich ging sein Buch "Ver­letzungen des Gehörorgans bei Schädelbasisfrakturen " ein,

und von Herrn Privatdozent Dr. P. V onwiller verschiedene Arbeiten über den Ausbau seiner Mikroskopiermethode;

Herr Prof. Dr. A. Bachmann stellt in einem ausführlichen Gutachten den jetzigen Stand der Arbeiten des Phonogramm­archives (Doegensche Platten) fest und bespricht das Arbeits-

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programm für 1927; ferner legt er die Arbeit von Dr. Henzen: Die deutsche Freiburger Mundart" vor;

" Herr Prof. Dr. P. Niggli berichtet über seine Arbeiten und Untersuchungen der Gesteins- und Mineralprovinzen;

Herr Prof. Dr. A. Ernst legt den Abschluss seiner genetischen Studien bei Primeln vor;

Herr Prof. Dr. E. Schrödinger seine Arbeit über das Verhält-nis der Vierfarben- zur Dreifarbentheorie;

Herr Privatdozent Prof. Dr. H. Brockmann seine Vege-tations- und Wirtschaftskarte der Schweiz;

Herr Privatdozent Prof. Dr. Oh. Gränacher seine Arbeiten

über das Indol; Herr Privatdozent Prof. Dr. A. de Quervain die Ergebnisse

seiner Beobachtungen auf dem Jungfraujoch, und Herr Privatdozent Dr. E. Meissner seine Publikationen

über das Argonspektrum.

Für das Jahr 1927 wurden folgende Subventionen erteilt:

1. Theologische Fakultät.

Prof. Dr. Arnold M eyer: für die Drucklegung seines Buches über den Jakobusbrief .....

2. Medizinische Fakultät:

Prof. Dr. W. R. Hess: Untersuchungen über das vege-tative Nervensystem ............ .

Prof. Dr. O. Naegeli: Untersuchungen über Blutbil­dung und -zerfall . . . . . . . . . . . . . .

Prof. Dr. v. Meyenburg: Forschungen über Histo-topo­graphische Probleme in der pathologischen Ana-tomie .......... .

Privatdozent Dr. E. Frey: Erforschung des Stoff-wechsels bei Schwang ern .......... .

Privatdozent Dr. E. Looser: Arbeiten über Knochen­pathologie . . . . . . . . . . . . . . . . .

Privatdozent Dr. P. Woller: Untersuchung über das Volumen der beiden Herzkammern . . . . . .

700 Fr.

3800 "

2500 "

3300 "

2000 "

1600 "

500 "

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3. Philosophische Fakultät 1.

Prof. Dr. A. Bachmann : für die Drucklegung der Bei-träge zur schweizerdeutschen Grammatik . . . 3000 Fr.

Privatdozent Prof. Dr. Karl Dürr: für die Druck­legung seines Buches : Neue Beleuchtung einer Theorie von Leibniz. Grundzüge des Logikkalkuls 1000 "

4. Philosophische Fakultät 11.

Prof. Dr. Hans Wehr li : Anschaffungen wissenschaft-licher Objekte aus Indien für die Sammlung für Völkerkunde der Universität Zürich. . . . . . 6000 "

Prof. Dr. P. Karrer: Untersuchungen über Blütenfarb-stoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2000 "

Das Gesamtvermögen der Stiftung betrug am 31. Dezember 1926: nom. Kurswert

Wertschriftenbestand . . . . Fr. 752,500.- Fr. 673,667.50 Guthaben . . . . . . . . . " 6,940.-

Totaler Vermögensbestand . . Fr. 680,607.50

was einem Zuwachs des Kurswertes seit dem 31. Dezember 1925 von Fr. 28,784.70 entspricht. Das Vermögen setzt sich zusammen aus: Allgemeiner Fonds, kursmässiger Bestand.. Fr. 634,967.50 Zollinger-Billeter-Fonds, kursmässiger Bestand " 20,640.­Ringger-Pfenninger-Fonds, kursmässiger Bestand " 25,000.-

Total Fr. 680,607.50

Die Stiftung ist im verflossenen Jahre durch folgende Ge­schenke bereichert worden: von der Schweizerischen Unfallversicherungsgesellschaft in W in­

terthur anlässlich ihres fünfzigj ährigen Bestehens 10,000 Fr., von der "Zürich", Allgemeine Unfall- und Haftpflichtversiche­

rungs-Aktiengesellschaft 4000 Fr., von Herrn Dr. O. V. Waldkirch, Präsident der Eidgenössischen

Bank, 1000 Fr., von Herrn C. Abegg-Stockar 10,000 Fr.

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Herr Ganz-Keyser hat der Stiftung 1000 Fr. mit der speziellen Bestimmung, als Beitrag für die Anschaffung der Apparatur für Schmalfilme zu dienen, überwiesen. Die Summe ist zweckent­sprechend in dem Herrn Prof. Dr. W. R. Hess gewährten Bei­trag von 3800 Fr. enthalten.

Allen Donatoren ist das Kuratorium zu herzlichstem Dank verpflichtet. Die Geschenke sind uns als Zeichen des Interesses an unseren Bestrebungen besonders wertvoll.

Das Kuratorium hat statutengemäss durch das Los folgende Mitglieder verloren: unter den Nichtdozenten die Herren Abegg­Stockar, Generaldirektor Müller-Jelmoli und Generaldirektor Dr. Hermann Stoll; unter den Dozenten die Herren Professoren Arnold Meyer, Hafter und Silberschmidt. Ausserdem hat Herr Prof. Dr. Zschokke seine Demission eingereicht. Für die wert­volle Mitarbeit und Unterstützung spricht das Kuratorium den sämtlichen Herren den herzlichsten Dank aus.

Als neue Mitglieder wählte das Kuratorium am 3. Februar die Herren Dr. Escher-Abegg, Präsident des Verwaltungsrates der Schweizerischen Kreditanstalt, H. V. Schulthess-Bodmer, Direktor von Leu & Co., und Dr. A. Schwarzenbach-Wille.

Der Senat bezeichnete in seiner Sitzung vom 21. Januar die Herren Professoren Walther Köhler, A. Vogt und B. Fehr als neue Mitglieder des Kuratoriums.

Als Rechnungsrevisoren wurden für die kommenden vier Jahre gewählt die Herren Dr. O. V. Waldkirch und C. J.Abegg.

Das neue Kuratorium besteht somit aus folgenden Herren: Nichtdozenten : Oberingenieur K. Sonderegger (seit 1915),

Regierungsrat Dr. Mousson (1917), W. H. Diethelm (1919), Dr. Schindler-Escher (1919), John Syz (1919), E. Zollinger-Jenny (1919), Nationalrat Sulzer-Schmid, Winterthur (1921), Dr. O. V. Waldkireh, Präsident der Eidgenössischen Bank (1923), A. Hürlimann-Hirzel, Brauereibesitzer (1923), Prof. Dr. RübeI­BIass (1923), Dr. E. Schoch-Etzensperger (1925), Dr. Escher­Abegg, Präsident des Verwaltungsrates der Schweizerischen Kreditanstalt (1927), H. V. Schulthess-Bodmer, Direktor von Leu & Co. (1927) und Dr. A. Schwarzenbach-Wille (1927);

Dozenten: A. Egger (1915), M. Cloetta (1915), Hans Wehrli

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(1915), F. Fleiner (1919), O. Haab (1919), L. Gauchat (1919), A. Ernst (1919), E. Feer (1923), E. Grossmann (1923), A. Bach­mann (1923), R. Fueter (1923), W. Köhler (1927), A. Vogt (1927), B. Fehr (1927).

Das Kuratorium hat am 3. Februar den Vorstand für die Jahre 1927/31 mit folgenden Herren neu bestellt:

Präsident: Prof. Dr. F. Fleiner, Vizepräsident: Prof. Dr. A. Vogt, Schatzmeister: Prof. Dr. E. Rübel-Blass, Aktuar: Prof. Dr. H. Wehrli, Beisitzer: Dr. E. Schoch -Etzensperger.

Der abtretende Präsident: R. Fueter.

n) Julius Klaus-Stiftung für Vererbungsforschung, Sozialanthropologie und Rassenhygiene

6. Bericht. - 1926.

Das Kuratorium der Julius Klaus-Stiftung erledigte seine Geschäfte in zwei Vollsitzungen, welche am 4. März und am 22. Dezember 1926 stattfanden. Der Vorstand, der zugleich als Redaktions-Kommission des "Archivs der Julius Klaus-Stif­tung" fungiert, trat elf mal zu Beratungen zusammen.

Für die Stiftungsbibliothek wurden im Jahre 1926 Fr. 9919.67 ausgegeben, wovon Fr. 2371.42 auf statistische Werke und Fr. 6648.25 auf die übrige, den Stiftungszweck betreffende Lite­ratur entfallen. Am 31. Dezember 1926 belief sich der Bestand der Bibliothek auf 3542 Bände; davon sind 635 Bücher, 714Bro­schüren, resp. Separata und 2193 Zeitschriftenbände. Die Zahl der in der Bibliothek enthaltenen Periodica beträgt 131.

Für die Sammlung der Instrumente und Apparate wurden Fr. 337.90 verausgabt.

Wie in den frühern Jahren wurde eine Reihe von Gesuchen um Unterstützung wissenschaftlicher Arbeiten an das Kuratorium gestellt. Dieses beschloss die Gewährung folgender Kredite:

An Herrn Prof. Dr. Al/red Ernst, Direktor des Instituts für Allgemeine Botanik der Universität Zürich, Fr. 7500.- zur Fortsetzung seiner genetischen Untersuchungen an Pflanzen;

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an Herrn Prof. Dr. Otto Schlaginhau/en, Direktor des Anthro­pologischen Instituts der Universität Zürich, an die Weiter­führung seiner anthropologischen Untersuchungen 1000 Fr.; ferner für die vorbereitenden Arbeiten zur Durchführung der in Aussicht genommenen anthropologischen Untersuchungen an den schweizerischen Stellungspflichtigen 2500 Fr.;

an Herrn Prof. Dr. Al/red Vogt, Direktor der Universitäts­Augenklinik in Zürich, zur Fortsetzung seiner Vererbungsunter­suchungen über Augenkrankheiten 2500 Fr.;

an Herrn Dr. Hans Steiner, Zürich, zur Fortsetzung und Er­gänzung seiner Untersuchungen über die Vererbung von Art­merkmalen bei Bastarden höherer Wirbeltiere und über Farb­varietäten· des . Wellensittichs 1200 Fr.;

an Herrn Prof. Dr. F. Baltzer, Direktor des Zoologischen In­stituts der Universität Bern, zur Erleichterung der Fortsetzung seiner Untersuchungen an· eikernlosen Amphibienbastarden 1000 Fr.;

an Herrn Prof. Dr. R. Ohodat, Direktor des Botanischen In­stituts der Universität Genf, für seine Untersuchungen über die Entstehung der Elementar-Arten in den Gattungen Chlorella, Scenedesmus und Protococcus 1000 Fr.;

an Herrn Prof. Dr. O. Billeter, Neuenburg, für den Abschluss seiner Arbeiten über die Frage des Übergangs des Arseniks von der Mutter auf den Fötus 1000 Fr.;

an Herrn Prof. Dr. W. Löffler, Direktor der mediz. Poliklinik, zur Vervollständigung der durch seinen Assistenzarzt Dr. Hanhart in Gang gesetzten Familienforschung über das Heufieber 400 Fr.;

an Herrn Priv.-Doz. Dr. E. Hanhart, Zürich, für die syste­matischeErforschung der Zusammenhänge zwischen Tuber­kulose und Konstitution 2500 Fr.;

an Herrn Dr. F. Kobel, Schweiz. Versuchsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau, Wädenswil, für die von ihm bereits weit­gehend geförderten zytologischen Untersuchungen der Kultur­sorten . unserer einheimischen Kern- und Steinobstarten und einiger, für die Sortenzüchtung wichtiger Wildformen 600 Fr.;

an Herrn Prof. Dr. O. Veraguth, Direktor des Instituts für physikalische. Therapie der Universität Zürich, zur Anschaffung

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einer Anzahl für die Weiterführung der sportsärztlichen Unter­suchung benötigten Messapparate 3000 Fr.;

an den Nationalen Verband gegen die Schnapsgefahr , dessen Bestrebungen den praktischen Aufgabenkreis der Stiftung be­rühren, 2000 Fr.

Insgesamt wurden Unterstützungen in der Höhe von 26,200 Fr. gewährt.

Im Berichtsjahr wurde mit der Herausgabe des 2. Bandes des "Archivs der Julius Klaus-Stiftung für Vererbungsforschung, Sozialanthropologie und Rassenhygiene" begonnen. Die bis jetzt erschienenen, darin enthaltenen Arbeiten sind: Müller, Walter Max: Zur Ätiologie des angeborenen Klump­

fusses unter besonderer Berücksichtigung seiner Vererbung. Mit 40 Stammbaumfiguren. 37 Seiten.

Kobel, F.: Die zytologischen Ursachen der partiellen Pollen­sterilität bei Apfel- und Birnsorten. Mit 8 Figuren im Text. 19 Seiten.

Schönenberger, Fridolin: Beitrag zur Kenntnis der homochron­hereditären Optikusatrophie. Mit 3 Stammbäuinen. 12 Seiten.

Garfunkel, Berthold: Zur Erblichkeit der Katarakta senilis. Mit 29 Stammbäumen. 8 Seiten.

Gredig, Ohristian: Eine neue Vererbungsart der Megalokornea. Mit 1 Abbildung und 1 Stammbaum. 11 Seiten.

Schwarzenbach, M arthe: Regeneration und Aposporie bei Antho­ceros. Mit 20 Figuren im Text und 5 Tafeln. 51 Seiten. Aus Stiftungs mitteln wurden an die Herstellung des "Ar­

chivs" Fr. 13,552.95 bezahlt. Es genehmigte somit das Kuratorium für allgemeine Zwecke

der Stiftung (Bibliothek, Instrumente, Publikationen) Fr. 22,910.52, für wissenschaftliche Untersuchungen, unter Ein­schluss einer Zuwendung für praktische Aufgaben 26,200 Fr.; im ganzen Fr. 49,110.52.

Der Vermögenssaldo auf neue Rechnung betrug Ende 1926 Fr. 1,434,204.85.

Zürich, den 28. Februar 1927. Der Vorsitzende des Kuratoriums:

Otto Schlaginhaufen.

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111. SCHENKUNGEN UND VERMÄCHTNISSE

Der Universität sind im Berichtsjahre folgende wertvolle Schenkungen zugekommen:

Von Daniel Jenny, Ingenieur in Ennenda (Glarus), durch letztwillige Verfügung 10,000 Fr. als Fonds für Krebsforschung;

von einem Freunde der Universität sind zugunsten der Seminarbibliotheken der Philosophischen Fakultät I für das Jahr 1927 6500 Fr. geschenkt worden. Der gleiche Betrag ist auch für die Jahre 1928 und 1929 in Aussicht gestellt worden;

von der Kirchenpflege Oberstrass 100 Fr. als Entgelt für die Abhaltung akademischer Gottesdienste zur Verwendung an bedürftige Theologiestudierende ;

die Buchdruckerei Gebr. Leemann & 00. in Zürich schenkte zur Erinnerung an den Druck der 1000. Dissertation der Pro­fessorenschaft der Universität 500 Fr. und übernahm die Ver­pflichtung für den Gratisdruck einer Dissertation bis zum Kosten­betrage von rund 500 Fr.;

die Stiftung für wissenschaftliche Forschung erhielt von E. Ganz in Firma Ganz & Co., Zürich, 1000 Fr. für Beschaffung von Apparaten für Schmalfilm;

von Dr. O. v. Waldkirch, Zürich, 1000 Fr.; von O. Abegg-Stockar, Zürich, 10,000 Fr.; von der "Zürich" Allgemeine Unfall- und Haftpflichtver­

sicherungs-Aktiengesellschaft 4000 Fr.; von der Schweizerischen Unfallversicherungsgesellschaft in

W interthur 10,000 Fr; dem Physiologischen Institut wurde von der U nfallversiche­

rungsgesellschaft W interthur und der Schweizerischen Rückver­sicherungsgesellschaft in Zürich die finanzielle Unterstützung eines grössere Mittel erfordernden Arbeitsplanes betreffend die Wechselbeziehungen zwischen psychischen und körperlichen

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Funktionen zugesprochen; ferner schenkte Dr. Zoelly- Veillon in Zürich dem Institut ein wertvolles Instrument;

die kantonale Frauenklinik erhielt durch letztwillige Ver­fügung von Prof. Dr. Th. Wyder eine wesentliche Bereicherung der Bibliothek, im besonderen durch die lückenlose Vervoll­ständigung der Fachzeitschriften aus dem deutschen Sprach­gebiet;

das klassisch-philologische Seminar bekam von der M useums­gesellschaft Zürich ca. 20 Bände sehr kostspieliger Oxforder­ausgaben griechischer und lateinischer Klassiker; ferner von den Nachkommen des Prof. Eduard Wölfflin in München, des Grün­ders des Thesaurus linguae Latinae, das ihnen zustehende Exem­plar dieses Werkes, mit der Verfügung, dass das Seminar auch die später erscheinenden Lieferungen erhalten solle;

dem physikalischen 1 nstitut wurde von der Firma Brown, Boveri & 00. in Baden ein 20 KVA-Transformator im Werte von 3000 Fr. geschenkt;

dem zoologischen Museum von Alwin Schmid in Küsnacht eine Anzahl kompleter Felle afrikanischer Säugetiere im Werte von ca. 2000 Fr.; von ·Präparator Naegeli seine Sammlung von ca. 5000 Exemplaren von Insekten; von Paul von Rautenfeld in Basel eine Sammlung zoologischer Präparate aus China.

Ferner sind der Universität von verschiedenen Seiten Bücher und Festschriften übergeben worden.

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IV. PREISAUFGABEN

Es werden für die Jahre 1927/28 folgende neue Preisaufgaben gestellt:

Veterinär-medizinische Fakultät:

" Welche Methoden kommen in der Schweiz bei Stallhaltung des

Rindes für die Bekämpfung seiner Tuberkulose als wirtschaftlich aussichtsreich in Betracht ~ "

Philosophische Fakultät 1:

"Über beschreibende und erklärende Psychologie. "

Philosophische Fakultät 11: "Die geographischen Grundlagen des Entvölkerungsproblems in

den Schweizer Alpen."

Lösungen der Preisaufgaben sind bis 31. Dezember 1928 dem Rektorat anonym einzureichen. Gleichzeitig soll ein versiegeltes Kuvert, das den Namen des Verfassers enthält, eingereicht werden.

Die Statuten des Preisinstitutes sind auf der Universitäts­kanzlei zu beziehen.

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Professor Dr. med. THEODOR "VYDER 3. Dezember 1853 bis 10. April 1926

v. NEKROLOGE

Professor Dr. med. Theodor Wyder 3. Dezember 1853 bis 10. April 1926

Theodor Wyder wurde zu Stein a. Rh. am 3. Dezember 1853 geboren. Die ersten Jugendjahre verbrachte er in Steckborn, besuchte dann in den Jahren 1867-73 das Gymnasium zu Schaffhausen. Von 1873-78 studierte er Medizin an den Universitäten Tübingen, Zürich, Strassburg und Berlin.

1877 promovierte er zu Strassburg mit der Arbeit: Beiträge zur normalen und pathologischen Histologie der menschlichen Uterusschleim­haut. Die Arbeit besitzt noch heute ihren Wert. 1877-78 arbeitete er als dritter Assistent auf der geburtshilflich-gynäkologischen Klinik zu Strassburg, die damals unter Leitung von Gusserow stand. Diese Ver­bindung mit einem Meister seines Faches war entscheidend für seine akademische Laufbahn. 1878 verliess er Strassburg, um in Zürich die eidgenössische medizinische Fachprüfung abzulegen. Frühjahr 1879 bis Dezember 1881 war er zweiter und erster Assistent an der Entbindungs­anstalt zu Dresden. Hier trat er zu einem zweiten Meister seines Faches, Franz v. Winckel, in Beziehung. 1882 kehrte Wyder in seine Heimat zurück, liess sich in Zürich als Frauenarzt und Geburtshelfer nieder und erhielt am 4. November 1882 die venia legendi für Geburtshilfe und Gynäkologie an der Universität Zürich. )

Schon im Herbst 1883 musste Wyder bereits seine Entlassung aus dem Verbande der Universität Zürich eingeben. Gusserow, sein früherer Lehrer, der Kenntnisse und Leistungen seines jungen Fachgenossen zu schätzen wusste, berief ihn als ersten Assistenten an die geburtshilflich­gynäkologische Klinik der Berliner ChariM. Im Frühjahr 1884 habilitierte er sich an· der Berliner Universität. In 4Y2jähriger anstrengender und verantwortungsreicher Arbeit erwarb er sich die allgemeinen und spe­ziellen Kenntnisse, die später die Grundlage für eine erfolgreiche Lehr­tätigkeit in Zürich bildeten.

Januar 1888 wurde Wyder gleichzeitig nach Zürich und Dorpat berufen. Dass seine Wahl für die Heimat ausfiel, war selbstverständlich. Trotz mancher verlockender Anfrage ist er Zürich treu geblieben und hat in 32jähriger Arbeit Anteil genommen an dem Aufstieg seiner Sonderwissenschaft, die kantonale Frauenklinik zu einer Musteranstalt gemacht und eine überaus segensreiche Lehrtätigkeit entfaltet.

Ende des Wintersemesters 1912/13 feierte Wyder sein 25jähriges Professoren-Jubiläum. Behörde, medizinische Fakultät und Kollegen

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haben ihn beglückwünscht und bedankt. Die Schüler ehrten ihren Meister durch einen Fackelzug. Es war ein unvergesslicher Anblick, als die blühende akademische Jugend farbenprächtig und waffen klirrend an das Bett des damals kranken Lehrers trat, um ihm stürmisch ihren Dank abzustatten.

Mit Sommersemester 1920 nahm Wyder - taub gegen alle Bitten und Wünsche von Kollegen und Schülern - seinen Abschied und zog sich in sein otium cum dignitate nach Schaffhausen zurück. Regierung und Fakultät ehrten den Scheidenden durch Ernennung zum Honorar­professor. Sein Ausruhen währte nicht lange. Eine schwere, unheilbare Krankheit warf ihn: der Tausenden geholfen, hilflos auf das Schmerzens­lager. Der Tod kam zu ihm.als Erlöser.

Wyder hat sich durch Aufsätze, grössere Arbeiten und Referate seinen Namen gemacht. Was er schrieb, war klar; er verstand es, überall das Wesentliche herauszuheben und in kurze Sätze zu fassen. Das Lehr­buch, das er unvollendet mit nach Schaffhausen nahm, hat er noch vor Beginn der Krankheit zum Abschluss bringen kö:nn.en.

Wyder war ein Lehrer von seltener Begabung. Mit seinem Lehrtalent verbanden sich ein nicht leicht zu bändigendes Temperament;eine seltene Opferfreudigkeit und eine strenge Gewissenhaftigkeit. "Ich bin verant­wortlich dafür, was meine Schüler später in ihrer Praxis tun," das war das Leitmotiv in seinem Unterricht. Keine Stunde war ihm zu früh und keine Arbeit zu mühsam, wenn es die Förderung seiner Schüler galt. Was es heisst, neben der Betreuung der Klinik, neben einer grossen eigenen Praxis, bis zu fünf Stunden am Phantom zu stehen und jeden Studenten einzeln in geburtshilflichen Operationen auszubilden, das weiss nur der zu würdigen, der das Glück hatte, Wyder als Lehrer zu besitzen. Tätigkeit und Tüchtigkeit seiner Schüler zeugen hier für den Meister.

Ein weiches Herz und eine tiefe Frömmigkeit machten Wyder zum rechten Arzt. Er sorgte nicht nur für den kranken Leib, er wusste ß,uch im Herzen seiner Patientinnen Zuversicht und Hoffnung ~uch in schwer­sten Fällen wach zu halten. Wo soziale Not einer kranken Mutter Sorgen schafften, da hat er, unterstützt von seiner Gattin, wortlos emgegriffen und geholfen. Weil er selbst sein weiches Herz kannte, versuchte er es, sich mit einer rauhen Schale zu bewaffnen. Vergebens, jede seiner Kranken sah durch die Schale hindurch und erkannte das liebevolle Herz des Arztes und fühlte sich unter seiner treuen Hand geborgen.

Ein Vorkämpfer seiner· Wissenschaft, ein gottbegnadeter Lehrer, ein· treuer Arzt und ein ganzer Mann, so wird er in unserem Gedächtnis stehen. W. Felix.

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Professor Dl'. jUl'. E.MIL ZORCHER 11. Juni 1850 bis 3. Oktober 1926

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Professor Dr. jur. Emil Zürcher

11. Juni 1850 bis 3. Oktober 192.6

Emil Zürcher wurde am 11. Juni 1850 im zürcherischen Wildberg geboren. In Zürich durchlief er die Schulen, und seiner zürcherischen Wahlheimat ist er, der gebürtige Appenzeller, sein Leben lang treu ge­blieben. Zürcher ist das Glück zuteil geworden, in reichem Ausmasse akademische Lehrtätigkeit mit der juristischen Praxis und gesetzgebe­rischer Arbeit zu verbinden. Er hat erreicht, was dem Juristen möglich ist. Unser kleines Land muss seine bedeutenden Juristen zu vielgestalteter Tätigkeit heranziehen. Dass Zürcher das Mannigfaltige, das an ihn heran­trat, zu meistern vermochte, ohne der Zersplitterung zu verfallen, ist das Kennzeichen seiner Wirksamkeit. Er war nach dem Abschluss seiner Studien von 1872-1874 zfucherischer Staatsanwalts-Substitut, dann kurze Zeit - 1874/75 - Obergerichtsschreiber in seinem Heimatkanton Appenzell A.-Rh.In die Jahre 1875-1880 fällt seine Anwaltstätigkeit in Winterthur, zusammen mit dem nachmaligen Bundesrat Dr. Ludwig Forrer, mit dem ihn ähnliche Wesensart und gleiche politische Ideale zu bleibender Freundschaft verbanden. Von 1881-1890 gehörte Zürcher dem zürcherischen Obergericht an und übernahm als ein Vierzigjähriger, als Nachfolger Karl von LilienthaIs, den zürcherischen Lehrstuhl für Straf- und Prozessrecht. Während voller dreissig Jahre hat er sein Lehr­amt mit Auszeichnung verwaltet, mit seiner Fakultät, seinen Studenten, der Gesamtuniversität in aufopferungsfreudiger Hingebung verbunden. Aber in seiner akademischen Tätigkeit ging er nicht restlos auf. Bis zu seinem Lebensende gehörte er, in den letzten Jahren als Vizepräsident, dem zürcherischen Kassationsgerichte an. Vor allem aber trat, seit den neunziger Jahren, seine gesetzgeberische Tätigkeit hervor - im Kanton Zürich und ganz besonders auf dem Gebiet des eidgenössischen Straf­rechts. Er war, neben seinen Freunden earl Stooss und Alfred Gautier, einer der Führer der Strafrechtsvereinheitlichung. Er schrieb im Auftrag des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes die Erläuterungen zum Vor entwurf 1908, ein Buch, reich an kriminalpolitischen Gedanken und Anregungen, das in trefflicher Weise das kommende Recht aus den geltenden Strafrechten herauszuentwickeln versucht. Aus Zürchers Feder starm;nt auch die Botschaft zum bundesrätlichen Strafgesetz-Entwurf von 1918. Bis zu seinen letzten Tagen galt seine Hauptmühe diesem eid­genössischen Gesetzgebungswerke. Es war die Tragik seiner letzten Jahre, als er erkennen musste, dass es vorläufig nicht gelingen sollte, die poli­tischen Hindernisse, die der Strafrechtseinheit entgegenstehen, zu über­winden. Trotz alle dem durfte Zürcher das Bewusstsein haben, das Grosse gewollt und Gutes geleistet zu haben.

Im Frühjahr 1920 trat Zürcher von seiner Professur zurück. Der Nimmermüde gab aber die Arbeit nicht auf. Als Honorarprofessor hielt er weiter Vorlesungen. Im Juli 1920 erschien das seinem alten Kampf­genossen Ludwig Forrer gewidmete Buch" Schweizerisches Anwaltsrecht", in dem er noch einmal an die ersten Jahre seiner Berufstätigkeit an­kn,üpfte. In Reden und Aufsätzen - namentlich in der Schweizerischen

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Zeitschrift für Strafrecht, deren Mitherausgeber er war -, trat er uner­müdlich für die Entwicklung des schweizerischen Strafrechts ein.

Emil Zürcher kam aus der juristischen Praxis zur Wissenschaft. Reiche Erfahrung, Lebenskenntnis und eine auf den Fortschritt der Menschheit gerichtete idealistische Einstellung führten ihn zur Beschäf­tigung mit wissenschaftlichen Problemen. Es entsprach seiner Wesens­art, dass ihn dabei vor allemkriminalpolitische Fragen, die Fortbildung des Strafrechts, anzogen. Die gesetzgeberischen Aufgaben, die ihm zu­fielen, verstärkten diese Entwicklung. Sie erklärt auch seine Vorliebe für" die Kriminalstatistik, mit der er sich in Vorlesungen und zahlreichen Schriften immer wieder beschäftigte. Sie macht verständlich, dass er sein Interesse namentlich den strafrechtlichen Grundfragen: Zurech­nungsfähigkeit, Schuld, Vergeltung, Strafen- und Massnahmensystem zuwandte. Aber auch in der Rechtsdogmatik hat sich Zürcher ausge­wiesen. Sein Kommentar zum zürcherischen Strafgesetzbuch (4. Auflage, 1908) ist eine juristisch tüchtige Arbeit, die ihre Bestimmung,nament­lich auch den schweizerischen Laienrichter in die strafrechtlichen Lehren einzuführen, vortrefflich erfüllt hat. In seinen Erläuterungen zum eid­genössischen Strafgesetzentwurf 1908 ist er überall sorgfältig den dog­matischen Zusammenhängen nachgegangen. Vor allem aber habe ich in langjähriger Zusammenarbeit" mit "Zürcher im zürcherischen Kas­sationsgericht ihn als juristischen Dogmatiker hochgeschätzt. Die Art, wie er seine Richteraufgabe durchführte, ist besonders bezeichnend für ihn: Seine Referate prüften mit nüchterner Sorgfalt die zu entscheidenden Rechtsfragen. Wenn sich dann aber aus den Verhandlungen ein Moment ergab, das menschliche Schlechtigkeit, eine gemeine, niedrige Gesinnung offenbarte, dann brach Zürchers Temperament durch~ Er fand klare, harte Worte der Missbilligung, die aus dem Munde des sonst so milde gesinnten Mannes besonders eindrucksvoll waren.

Über allem, was Emil Zürcher in seinem Beruf und für seine Wissen­schaft gel,eistet hat, steht sein schönes Menschentum. Er war reinen Herzens. Er hat wenig für sich gewollt, unendlich vieles für andere getan. Die Erinnerung an ihn bleibt uns als ein köstliches Geschenk.

Ernst Hafter.

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Privatdozent Prof. Dr. ALFRED DE QUERVAIN 15. Juni 1879 bis 13. Januar 1927

Privatdozent Prof. Dr. Alfred de Quervain

15· Juni 1879 bis 13. Januar 1927

Als Alfred de Quervain im Frühjahr 1906 nach Zürich kam, um -erst 26jährig - die Stellung eines Direktions-Adjunkten an der Eidgen. Meteorologischen Zentralanstalt zu übernehmen, da hatte er sich seine wissenschaftlichen Sporen schon verdient. Er wurde am 15. Juni 1879 in Uebeschi bei Thun geboren, bestand bereits im Jahre 1897 die Matu­ritätsprüfung und im Herbst 1902 das Doktor- und das Diplomexamen. Die Studienzeit bot Arbeit und Ausbildungsgelegenheit die· Fülle; denn schon während dieser Jahre bekleidete er wiederholt wissenschaftliche Posten. Von 1898 auf 1899 sehen wir ihn als Assistenten am Observato­rium für dynamische Meteorologie in Trappes bei Paris, und wie erfolg­reich seine dortige Arbeit gewesen sein muss, bezeugt die Tatsache, dass er zwei Jahre später vom Pariser Observatorium den Auftrag erhielt, die Registrieraufstiege in Petersburg und Moskau zu organisieren und zu leiten. Kurz vor seiner Promotion bekleidete er vertretungsweise die Stelle eines Adjunkten an der N euenburger Sternwarte, und als er sich seinen Doktorhut errungen hatte, holte ihn der bekannte Meteorologe Hergesen, der auf den tüchtigen jungen Forscher aufmerksam geworden, an das meteorologische Institut der Universität Strassburg; wo er wäh­rend 3Y2 Jahren blieb und sich im Sommersemester 1905 habilitierte.

So waren denn, als ihn die Heimat rief, alle Voraussetzungen für fruchtbares, wissenschaftliches Wirken bei ihm vorhanden. Am 21. Mai 1906 erhielt er an der Universität Zürich.und am 31. März 1909 an der Eidgen. Technischen Hochschule die venia legendi, die im wesentlichen die Gebiete der Meteorologie und der Geo-Physik umfassten. Aber sein reger Geist trieb ihn aus der Ruhe des Instituts hinaus zur Lösung neuer Aufgaben. Er unternahm im Sommer 1909 seine Reise nach West-Grön­land. Dort an der Schwelle des unermesslichen Inlandeises reifte in ihm der Entschluss zu seiner denkwürdigen Durchquerung Mittel-Grönlands, die er im Sommer 1912 im Verein mit Dr. Hoessli, Ingenieur Gaule und Architekt Fick durchführte. Mit Stolz darf die schweizerische N atur­forschung auf diese Tat blicken, die der wissenschaftlichen Sorgfalt und dem Mut und der Ausdauer der Teilnehmer und vor allem ihres Organi­sators und Leiters ein gleich vortreffliches Zeugnis ausstellt und eine Reihe von Wissensgebieten in hervorragender Weise bereichert hat.

Hatte de Quervain sich zur Zeit seiner Grönlandreisen um die Er­forschung der höhern Luftschichten verdient gemacht, so verschob sich sein Arbeitsbereich später mehr nach der Erdbebenkunde hin. Mit grossem Eifer warf er sich auf das neue Arbeitsgebiet, als die Erdbebenwarte im Degenried eingerichtet und in Betrieb gesetzt wurde, und so entsprang denn auch dieser Tätigkeit eine Reihe wertvoller seismischer Arbeiten. In der letzten Phase seines Lebens waren es vor allem die Arbeiten in der Untersuchungsstation auf dem Jungfraujoch, die ihn fesselten und seinem Forschungsdrang entgegenkamen.

De Quervains intensive und ausgebreitete Wirksamkeit spiegelt sich in einer ansehnlichen Reihe wissenschaftlicher Publikationen wieder. Sie

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betreffen hauptsächlich Erdkunde, Erdtopographie, Meteorologie, Glet­scherkunde und Seismik. Aus vielen dieser Arbeiten spricht de Quervains starke Begabung für die Konstruktion exakt registrierender Apparate und ferner der Sinn für die praktischen Verwendungs möglichkeiten wissenschaftlicher Methoden und Ergebnisse. Als imposante Arbeit hebt sich aus der Reihe seiner Veröffentlichungen der Bericht über die zweite Grönlandreise heraus, der recht eigentlich das Hauptwerk des Verstorbe­nen genannt werden darf.

Die Anerkennung für de Quervaips vielfältige Tätigkeit blieb nicht aus. Im Sommer 1915 ernannte ihn der Regierungsrat des Kantons Zürich zum Titular-Professor und im Jahre 1920 wurde ihm ein Lehr­auftrag über "Einführung in die Benutzung der geographischen Instru-. mente" erteilt. Von den verschiedenen Ehrungen, die de Quervain von wissenschaftlichen Korporationen zuteil wurden, seien nur die grosse goldene Medaille der Dänischen Königlichen Geographischen Gesellschaft und die silberne Ritter-Medaille der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin genannt.

Es ist selbstverständlich, dass ein so vielseitiger und ideenreicher Geist, wie er Alfred de Quervain auszeichnete, auch in den wissenschaft­lichen Gesellschaften ein Feld zur Betätigung seiner Interessen fand. Die Schweizerische Naturforschende Gesellschaft, die Naturforschende Gesellschaft in Zürich und die Geographisch-Ethnographische Gesell­schaft haben ihn durch zwei Jahrzehnte hindurch den Ihrigen nennen dürfen. In nicht weniger als sechs Vorträgen, zuletzt noch am 19. No­vember 1923, teilte er im Schosse der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich die Ergebnisse seiner neuesten Forschungen mit, und auch in ihren Druckschriften figuriert er wiederholt als Autor. Das anziehend geschriebene Neujahrsblatt auf 1912: "Aus der Wolkenwelt" , stammt aus seiner Feder. Aber weit über die wissenschaftliche Tätigkeit hinaus stellte er sich und seine Initiative in den Dienst der Gesellschaft, indem er der Wahl in den Vorstand Folge leistete und schliesslich während der Amtsdauer 1922/24 als Präsident die Geschicke der Gesellschaft lenkte. Mit der ihm eigenen Zähigkeit verfocht er im Vorstand seine Vorschläge und Ideen, die nicht selten von denen der .Mehrheit abwichen, aber die Verhandlungen oft lebendig und interessant gestalteten. Gerne erinnern sich die Mitglieder der Gesellschaft auch der Originalität, die seiner Art, die Vortragssitzungen zu leiten, innewohnte und die es verstand, auf Grund seines .fachlichen Wissens der Diskussion eine besondere Note zu verleihen, oder sie durch köstlichen Humor zu würzen.

In öffentlichen und privaten Aussprachen kam sein grosses Interesse für allgemeine Fragen zum Ausdruck, mochten sie die Hochschulen und die Wissenschaft, den Staat und die Heimat, oder die Menschheit im all­gemeinen angehen. So war er auch die Seele der Privatdozenten-Be­wegung an der Universität.

Wissenschaft und Unterricht trauern um den Verlust eines regsamen Geistes, eines vielverdienten Forschers; aber die Werke des Verstorbenen, seine Forschungsreisen, seine Publikationen, seine wissenschaftlichen Ap­parate, seine zahlreichen in die Tat umgesetzten Ideen werden den Namen Al/red de Quervains nicht vergessen lassen. Otto Schlaginhau/en.

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Professor Dr. med.-vet. JAKOB EHRHARDT 31. März 1863 his 28. Februar 1927

Professor Dr. med.-vet. J akoh Ehrhardt

31. März 1863 bis 28. Februar 1927

Auf den Anhöhen des schönen ZÜrichberges, wo Profes:;;or Ehrhardt in seinem neuerbauten Heim an der Seite seiner treu besorgten Gattin den Lebensabend zu geniessen hoffte, ist er am 28. Februar in den ersten Abendstunden, nach langen, qualvollen Leiden verschieden. Es sollte ihm nicht mehr vergönnt sein, nach so vielen Jahren unermüdlichen Schaffens der Ruhe zu pflegen. Er durfte es auch nicht mehr erleben, die Glückwünsche unserer Fakultät zu seinem soeben beendeten fünf­zigsten Professorensemester entgegenzunehmen. Das Absenden der Glückwunschadresse und eines Blumengrusses wurde jäh unterbrochen durch die Todesnachricht. Die Gratulation der Fakultät wurde zur Kon­dolation.

Jakob Ehrhardt wurde am 31. März 1863 in Meilen geboren. Seine Eltern betrieben dort Landwirtschaft, vornehmlich Weinbau. In seinem sonnigen Geburtsorte genoss er die erste Schulbildung. Nach weiteren, vorbereitenden Studien trat er in die tier ärztliche Lehranstalt Zürich ein und absolvierte da im Jahre 1883 die Schlussprüfung mit Auszeich­nung. Dem begabten jungen Tierarzte wurden alsbald die Funktionen eines klinischen Assistenten und Prosektors zugewiesen. Zur Ergänzung seiner Studien begab er sich im Jahre 1885 nach Paris und Lyon. Im Februar 1886 erhielt Ehrhardt die Ernennung zum Assistenten für interne und externe Klinik am Tierspital Zürich. - Bereits zwei Jahre später wurde ihm der erste Lehrauftrag Über Beurteilung des Pferdes erteilt. 1890 erfolgte seine Wahl zum Lehrer und Leiter der ambulatorischen Klinik. In der Zwischenzeit besuchte er regelmässig Vorlesungen an der landwirtschaftlichen 4-bteilung des eidgenössischen Polytechnikums und der medizinischen Fakultät der Universität Zürich.

Im Herbst 1896 rückte Ehrhardt zum Hauptlehrer vor, mit dem Titel eines Professors. Mit dem Anschluss der tierärztlichen Lehranstalt an die Universität im Jahre 1902 wurde er zum ordentlichen Professor der jungen veterinär-medizinischen Fakultät gewählt. In dieser Eigen­schaft lehrte er nun, nachdem ihm Prof. Rusterholz im Jahre 1895 die Leitung der auswärtigen Klinik abgenommen hatte, bis Ende des Sommer­semesters 1926 in den verschiedenen Fächern der tier ärztlichen Wissen­schaft. Ein vollgerütteltes Mass von Arbeit ward ihm in dieser Zeitperiode zuteil. Sein Lehrpensum umfasste insbesondere die Gebiete der gericht­lichen Tierheilkunde, der Seuchenpolizei und der Tierzucht. Alle seine Vorlesungen zeichneten sich durch grosse Klarheit aus. Überall suchte er den Bedürfnissen der Praxis gerecht zu werden. Seiner praktischen Neigung entsprang auch die Lust und Liebe zur Reit- und Fahrkunst. So suchte er die Beurteilungslehre des Pferdes nicht nur aus der Theorie, sondern ebensosehr aus eigenem Studium und eigener Erfahrung zu begründen. Als gewandter, unerschrockener Reiter errang er an schwei­zerischen rennsportlichen Veranstaltungen manch schönen Ehrenpreis.

Neben der regen Lehrtätigkeit sehen wir Ehrhardt in erspriesslicher Arbeit auf literarischem Gebiete. Eine stattliche Zahl von Einzelabhand-

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lungen stammen aus seiner gewandten Feder. Es seien nur folgende ge­nannt: Beitrag zur Zucht und Aufzucht des Rindes, die schweizerische Haustierzucht, Tierschutz und Landwirtschaft und die Krankheiten des Hausgeflügels.

Zahlreich und recht wertvoll, insbesondere für die tierärztliche Praxis, sind sodann die Promotionsarbeiten, die auf Anregung und unter der Leitung Ehrhardts zustande gekommen sind. Sie beschlagen hauptsäch­lich die Bekämpfung der Rindertuberkulose, die geschichtliche Entwick­lung der Fleischschau in der Schweiz, Probleme des Viehhandels und des Viehverkehrs. In letzter Zeit befasste er sich namentlich mit Unter­suchungen über die Ursachen der Sterilität des Hausrindes und über die Wirkungen neuerer und neuester Herzmittel.

Ebenso reich an Zahl und Inhalt sind seine Vorträge, die er im Schosse vieler Gesellschaften und Vereine gehalten hat. Dass man Ehrhardts praktisches Schaffen und Wissen allgemein schätzte, beweisen die vielen Ehrungen, die ihm von Seite von Vereinen zugekommen sind. Der Gesell­schaft schweizerischer Tierärzte gehörte er als Vorstandsmitglied an. Die zürcherischen Tierärzte wählten ihn 1916 zu ihrem Ehrenmitglied. Er war ferner tätig im Vorstande des schweizerischen und zürcherischen kantonalen landwirtschaftlichen Vereins. Auch wirkte er während vieler Jahre in der kantonalen Viehprämierungskommission und in Verbänden zur Förderung der Pferdezucht.

Vor der Kreierung eines kantonalen, zürcherischen. Veterinär amtes diente Ehrhardt jahrelang der Direktion der Volkswirtschaft als Be­rater in Seuchenfragen und als Seuchenkommissär .

Seit dem Hinscheiden Prof. Hirzels, im Jahre 1905, bekleidete er das Amt eines Bezirkstierarztes von Zürich. Keine kleine Aufgabe, es sei nur an die Bekämpfung des grossen Maul- und Klauenseuchezuges der Jahre 1919/20 erinnert. - Als Gründer und unermüdlicher Präsident des Vereins amtlicher Tierärzte im Kanton Zürich hat er nicht nur seinem Stande,. sondern auch dem Staate wertvolle Dienste geleistet. Die vete­rinär-medizinische Fakultät erinnert sich dankbar der Tätigkeit Ehr­hardts in den Jahren 1906 bis 1908 und 1916 bis 1918, in denen er die Dekanatsgeschäfte. besorgte. In mustergültiger Weise leitete er die Sitzungen und erledigte an die Hand genommene Aufgaben und Ver­pfIlchtungen. Peinlich genaue Arbeitserfüllung war überhaupt ein beson­ders charakteristische!, Zug des Kollegen Ehrhardt.

In der Vollkraft seiner Jahre wandte der Verstorbene sein Interesse auch den öffentlichen Angelegenheiten zu. Er gehörte als freisinniger Vertreter mehrere Jahre dem grossen Stadtrate an und trat dort gelegent­lich als temperamentvoller Votant auf.

So hat denn der Dahingeschiedene in mehr als 43jährigem ruhe- und rastlosem Wirken uns allen Vieles und Nachhaltiges· gegeben. Seine zahlreichen Schüler und wir alle danken ihm herzlich dafür.

Othmar Schnyder.

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EMIL RDEGGER Sekretär der Universität

10. September 1857 bis 2. l\Iärz 1927

Sekretär Emil Rüegger

10. September 18S7 bis 2. März 19'27

In Wil bei .Rafz (Kt. Zürich) als Sohn eines Instruktors geboren, besuchte Emil Rüegger die dortige Primarschule. Sein Wunsch nach weiterer Ausbildung ging nicht in Erfüllung, da er als dritter von sechs Söhnen zu Hause Hand anlegen musste. Er war noch nicht zwanzig Jahre alt, als er in das kantonale Polizeikorps eintrat, dem er über vier Jahre angehörte. Das war seine administrative Lehrzeit, die er meist in Bauma verbrachte. Im Juli 1882 rückte er zum Re­gierungsratsweibel vor, und 1893 wurde er als Pedell der damals noch nicht so reich entwickelten Universität gewählt, die noch in bescheidenen Räumen untergebracht war.

Er sah bald neue Disziplinen, neue Institute entstehen, wuchs in ein immer verwickelteres Getriebe hinein und gewann so allmählich die intime Kenntnis von Menschen und Dingen, die ihm seine sichere Beherrschung der Verwaltungsfragen unserer Hochschule verlieh. Als durch die Universitäts ordnung von 1914 die Stellung des Pedells in ein Sekretariat umgewandelt wurde, war es gegeben und für nie­mand zweifelhaft, dass er damit bekleidet werden sollte. Bei der Übersiedelung in das neue Kollegiengebäude bezog er das Zimmer, von dem aus er seinen Apparat dirigierte.

Wer ihn da besuchte, stand nicht einem trockenen, kurz an­gebundenen Verwaltungsbeamten gegenüber, sondern einem wohl­wollenden Menschen, der mit seiner Zeit und seiner Lebenserfahrung nicht kargte. Viele wund,erten sich, wenn sie hörten, aus wie einfachen Verhältnissen er emporgewachsen. Die Studierenden wandten sich vertrauensvoll an ihn, ·und er erteilte ihnen gerne väterliche Räte. Wieviele Schwierigkeiten aller Art hat er da weggeräumt, wieviele Kranke in die richtige Spitalpflege gebracht! Viele könnten davon er­zählen, wie er sie ermunterte, wenn sie ins Examen gingen.

Den Professoren erwies er soviele Gefälligkeiten wie möglich, mochte es nötig sein, Hörsäle zu verschaffen, obwohl der Raum knapp war, mochte es sich um Abschriften oder irgendwelche Auskünfte handeln. Aber man sah sie oft ohne besondere Notwendigkeit zu ihm hineingehen, nur um mit ihm zu plaudern. Als man daran ging, die Pläne für das neue Gebäude vorzubereiten, wurde er, der die Gesamt­bedürfnisse so gut kannte, oft zu Rate gezogen.

Während 34 Jahren war er die rechte Hand der Rektoren, die kamen und gingen, während er auf seinem Posten blieb und· die Über­lieferung verkörperte. Von den 17 Rektoren, deren Mitarbeiter er war, hat ihn jeder auf seine Weise schätzen gelernt. Er verstand es vortrefflich, alle zwei Jahre einen neuen Vorgesetzten in sein nicht leichtes Amt einzuführen und sich auf seine Persönlichkeit einzu­stellen. Mit feinem Takt gab er immer an, was zu geschehen hatte. Dann, sobald der neue Rektor einige Sicherheit gewonnen hatte, zog er sich in seine dienende Stellung zurück, nur darauf bedacht, ihm seine Arbeit zu erleichtern. So Energie mit Zartheit paarend, hat er

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in dieser langen Zeit eine unbekannte Menge von Mühe auf sich ge­nommen und die Universität, die ihm ans Herz gewachsen war, treu verwalten helfen. Wie genau er die Papiere der zu Immatrikulierenden prüfte, wie sorgfältig er die Jahresberichte vorbereitete, wie pünkt­lich er darauf bedacht war, dass alles zu seiner Zeit geschah und nichts vergessen wurde, wissen nur diejenigen, die im Rektorate geamtet haben.

Es war Rüeggers Wunsch und Ehrgeiz, sein fünfzigstes Beamten­jubiläum zu erleben. Als er einen Monat vor seinem Hinschied, nach einem kurzen, aber nicht ungefährlichen Krankheitsangriff in sein auf diesen Anlass bekränztes Arbeitszimmer zurückkehrte, wurde ihm eine kleine Ovation bereitet, die er in seiner grossen Bescheidenheit nicht gewünscht hatte, die ihm aber doch sichtlich Freude machte. Es ergab sich dabei von selbst, dass er in kurzen Zügen, schlicht und einfach wie er war, sein Leben erzählte, gleichsam um sich selber den Beweis zu erbringen, dass er die seltene Gunst von fünfzig Amts­jahren an sich erfahren hatte. Niemand hatte damals eine Ahnung davon, dass er uns über Nacht so bald darauf entrissen werden sollte.

Er aber hatte im Stillen oft an seinen Weggang gedacht, sein Kanzleipersonal so geschult, dass es den Kopf nicht verlöre, wenn er fehlen sollte. Er hatte Pflichtenhefte, Nachschlageregister angelegt, in denen er seine Erfahrung sammelte. Dafür, aber nicht weniger für die jahrzehntelange sorgfältige, umsichtige und aufopfernde Arbeit wissen wir ihm Dank. Die grosse Menge derer, die ihm die letzte Ehre erwiesen, zeugte dafür, wie angesehen und allgemein beliebt er ge-wesen. L. Gauchat.

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