Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. ·...

22
Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der Schankweiler Klause von Christian Oberweis Echternacherbrück 2006

Transcript of Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. ·...

Page 1: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus,

der letzte Eremit auf der Schankweiler Klause

von

Christian Oberweis

Echternacherbrück 2006

Page 2: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

2

Im letzten Jahr des 30jährigen Krieges, am 24. Mai 1648, erlaubte die bischöfliche Behörde zu Trier dem Einsiedler Joh. Selmeyer aus Haslach im Bistum Straßburg, sich im Trierer Erz-bistum eine Klause zu errichten. Schon vier Tage später wies Wolf Heinr. von Metternich, Herr auf Bourscheid (Luxemburg), dem Waldbruder am Nordrand der Ferschweiler Hochflä-che einen paradiesisch schönen Ort (gelegen im Gemeinde- und Pfarrbezirk Schankweiler, Hoheit Bourscheid) zur Erbauung einer Eremitage zu. Ausdrücklich behielt sich der Adlige vor, „daß niemand darin das Geringste zu bestimmen hat, nur er allein oder seine Nachkom-men, als Herren zu Bourscheid, was auch immer so bleiben solle.“ – Über ein Jahrhundert führte die Einsiedelei auf dem Ferschweiler Plateau den Namen „Buschfelder Klause“, sie war eine Vorgängerin der jetzigen „Schankweiler Klause“. Unbekannt ist uns, wieviel Einsiedler im Laufe der Jahre hier oben in der Waldeinsamkeit die Klausnerei betrieben. Namentlich kennen wir insgesamt 17 Eremiten, die auf der Schankwei-ler Klause wirkten. Matthias Mayer aus Holsthum (der Klausen-Mayer) hat sie in seinem prächtigen Klausenbuch aufgeführt.

Der vorletzte Klausner auf der Schankweiler Ere-mitage war Bruder Alfons (s. nebenstehende Ab-bildung). Mit bürgerlichem Namen hieß er Her-mann Wallraff. Als Sohn eines Maurers wurde er in Horrem bei Köln am 19.11.1859 geboren. Recht aktiv wirkte er im Muttergottesheiligtum der Ferschweiler Hochfläche von 1898-1934/35. Viele alte Leute aus der Umgebung des Kläuschens kön-nen sich noch heutzutags gut an ihn erinnern und zahlreiche Geschichten von ihm und über ihn er-zählen (siehe unter „Ferschweiler Leute Buch“, S. 602 ff). Im Jahre 1934 nahmen ihn die Barmherzi-gen Brüder zu Trier auf, weil er alt und gebrech-lich war. Am 1. Januar 1940 gab Bruder Alfons seinen Geist auf. In diesem Zusammenhang scheint es wichtig zu sein, auf einen besonderen Tatbestand im Leben des Einzelgängers Alfons hinzuweisen. Mit die-sem frommen Bruder teilte nämlich ein halbwüch-siges „Jünkchen“ (auch Jungchen), angeblich ein Fürsorgezögling, die Waldeinsamkeit. Keiner weiß

bis heute genau, wie das „Kerlchen“ auf die Klause gekommen war und welche Funktionen es beim Gottesmann auszuüben hatte. Im christlichen Einsiedlertum war nämlich nie eine solche Figur vorgesehen. Allgemein sagte man, er wäre für das Niedere, das Grobe, im Leben des gottesfürchtigen Meisters zuständig gewesen; auch als „Blitzableiter“ sei er von diesem be-nutzt worden. Der definitiv letzte Klausenbruder in der Schankweiler Eremitage war Richard Josef Win-disch, genannt Bruder Petrus. Ihm soll jetzt unsere Aufmerksamkeit gelten. Ein umfangrei-cher Schriftverkehr, den er jahrelang ununterbrochen aus seiner Einsiedelei mit allen mögli-chen Instanzen hartnäckig führte, ist erhalten geblieben und dient uns als Quelle. Seine Briefe wollen wir in erster Linie sprechen lassen. Die Lebensanschauung und –weise dieses seltsa-

Page 3: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

3

men Heiligen Richard Windisch macht uns rasch klar, daß das Einsiedlertum an seine Gren-zen stößt und seinem Ende entgegen geht. Am 28. November 1935 schreibt Bruder Petrus aus dem St. Markusstift in Bad Godesberg am Rhein an den Generalvikar zu Trier: „Ich gestatte mir die ganz ergebenste Anfrage, ob Euer Hochwürden gütigst bereit wären und mir freundlichst verhelfen könnten, daß ich mit dem ehrwürdigen Eremiten Bruder (gemeint ist Bruder Alfons, der bisherige Eremit auf der Schankweiler Klause), der doch schon über 75 Jahre alt und kränklich ist, zusammen auf der Schankweiler Klause sein könnte. Ich könnte ebenso eine gute Stütze und Hülfe für den Bru-der Alfons sein, wie jede andere Hülfe, die derselbe sich z. Zt. herangeholt hat. Da mir schon am 6. Mai 1930 durch das Hochw. Bischöfliche Generalvikariat in Trier, sowie vom hochwürdigen Herrn Pfarrer Wirz in Schankweiler schriftlich und mündlich in der Zeit mitgeteilt wurde, daß ich nach Abgehen oder Ableben des Bruder Alfons die Klause Schank-weiler beziehen kann, so wäre es mein innigster Wunsch, wenn ich jetzt schon dort sein dürf-te. Meine bisherige Niederlassung als Eremit habe ich aus wirtschaftlichen Gründen (armen Ver-hältnissen) auf dem Michelsberg bei Münstereifel, Bezirk Köln, seit Anfang des Juli dieses Jahres verlassen müssen. Ein Schreiben darüber habe ich vom Hochw. Herrn Dechanten Mer-tes in Münstereifel erhalten. – Es liegen auch schon einige Akten über mich beim Hochw. Bischöfl. Generalvikariat in Trier aufbewahrt. Der ehrwürdige Bruder Chrysogolus – Vorste-her der Barmherzigen Brüder – und der ehrwürdige Bruder Augustinus – Vorsteher des Mut-terhauses – in Trier kennen mich jahrelang recht gut. Mit dem vorhergehenden Hochw. Herrn Gen. Vik. Tillmann hatte ich schon mehrmals dar-über Rücksprache genommen, indem der Hw. Herr Gen. Vik. Tillmann nichts dagegen hätte, wenn ich Mitbewohner der Klause Schankweiler wäre. Die betreffende Angelegenheit liegt an dem Bruder Alfons, welcher in seiner Eigenart nur andere weltliche Menschen zu sich auf-nimmt (sicherlich hat Bruder Alfons längst seinen „Pappenheimer“ Bruder Petrus durch-schaut!). Es wäre für mich ein gutes Werk, wenn Euer Hochw. diese Angelegenheit regeln

könnten und meinem ersehnten Wunsch ent-sprechen würden! – Der geneigten Bitte ganz ergebenst entgegensehend verharrt: Mit ehrfurchtsvollen Grüßen Euer Hochwür-den ergebenster Bruder Petrus. Franziskus Windisch Eremit.“ Der Trierer Generalvikar Meurers sendet am 30. November 1935 dieses Schreiben an den Schankweiler Pfarrer Wirz mit der Bitte um Kenntnisnahme. Den Monat Dezember und einen Teil des Monats Januar 1936 verbringt Windisch im Franziskanerkloster zu St. Thomas im Kylltal. Hier erreicht ihn zu Anfang des Jahres 1936 seine Ernennung zum Eremiten auf der Schankweiler Klause (nebenstehende Abb.: Westfront). Windischs Jubel hierüber ist über-schwenglich. Sofort informierte er den Pfarrer

Wirz zu Schankweiler sowie den zuständigen Amtsbürgermeister in Wolsfeld. Dem Kirchen-vorstand Schankweiler schickte er am 12. Jan. 1936 folgenden hoffnungsvollen Brief:

Page 4: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

4

„An den Wohllöblichen Kirchenvorstand Schankweiler! – Da mir der lang ersehnte Tag für gekommen erscheint, jetzt die schöne Schankweiler Klause beziehen zu dürfen, indem mir durch die Hochwürdigste Bischöfliche Behörde in Trier am 9. Januar 1936 die Genehmigung zur Neubesetzung erteilt worden ist, erlaube ich mir ganz ergebenst, damit es zu keiner weite-ren Unstimmigkeit führt, jetzt schon aufrichtig und ernstlich erklären zu dürfen, daß ich in meinem späteren älteren Lebensalter an die Gemeinde Schankweiler keine Ansprüche zur Versorgung stellen werde. Ich werde in Bälde schon monatliche Rente beziehen und auch der Allgemeinen Ortskrankenkasse beitreten, wie ich es sonst auch hatte. Meine ernste Absicht ist es, die Kapelle und Klausnerwohnung in gutem Stand zu erhalten. Wenn es gewünscht wird, bin ich gern bereit, auch den Küsterdienst, wie es früher üblich war, an der Pfarrkirche Schankweiler mitzuübernehmen. Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder Petrus Franziskus Windisch, Eremit.“

Der neue Einsiedler ist noch kein Jahr in die Schankweiler Waldungen gezogen, da haben sich düstere Wolken über der Klause zusammengezogen. Verursacht hat sie der fromme Eremit Bruder Petrus. Er scheint sich an einem Jungen vergangen zu haben. Der Trierer Generalvikar Meurers untersucht die triste Angelegenheit und informiert am 14. September 1936 den Schankweiler Pfarrer Wirz mit folgenden Worten: „Der Junge Peter Dahm, der einige Wochen bei Bruder Petrus auf der Schankweiler Klause weilte, hat gegen das sittliche Verhalten des Br. Petrus einige Klagen erhoben, worüber wir Br. Petrus heute vernommen haben. Wir bitten um Mitteilung, was über das Gesamtverhalten des Br. Petrus dort bekannt ist. Sind schon irgendwelche Klagen eingegangen? Wir haben Br. Petrus daraufhin zunächst folgende Anweisungen gegeben:

1. er darf keinen Jungen mehr ins Haus nehmen. 2. er darf ohne Erlaubnis der Bischöflichen Behörde keine Reisen machen, auch nicht an

Wallfahrtsorte, zu religiösen Feiern usw. 3. er darf weder bei Priestern noch bei Laien irgendwelche Betteleien veranstalten.

Sie wollen darauf achten, daß Br. Petrus diese Anordnungen gewissenhaft einhält und uns berichten, ob Sie etwa noch weitergehende Anordnungen für erforderlich halten.“ gez. Meurers, Gen. Vik. Trier Pfr. Wirz, Schankweiler, vermerkt am 7. Oktober 1936, daß er den Eremiten ins Gebet ge-nommen hat. Beim Schankweiler Pfarrherrn Wirz entschuldigt Bruder Petrus sich mit folgender bedeu-tungsschwangeren Epistel, nachdem er offensichtlich einen Advokaten aus Bitburg zu Rate gezogen hat: „Betreff der Sache des Peter Dahm aus Ehrang habe ich heute nochmals mit dem

Page 5: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

5

Herrn Rechtsanwalt Baumeister, Bitburg, offene Rücksprache genommen. In keiner Weise habe ich in sittlicher Weise gegenüber dem Jungen gefehlt. Vielleicht habe ich in der Bestra-fung des Jungen etwas zu weit gegriffen. Das wäre aber leicht zu entschuldigen. Ich habe e-ben etwas väterlich darin gehandelt. Peter war ja auch in dieser Weise zufrieden damit, sonst konnte derselbe sich ja bei mir beklagen. Warum denn jetzt hinter meinem Rücken? Für ande-re Dummheiten und Kindereien gebe ich nichts. In dieser Weise werde ich in Zukunft solche Strafen bei Jungen unterlassen. Wir sind aber alle Menschen und fehlen alle, wenn man auch das beste darin vorhat. Dem Hochw. Bisch. Generalvikariat Trier habe ich die Mitteilung gemacht, daß ich mich an die Anweisungen leider nicht halten kann. Meine Ehre lasse ich mir durch solche Sachen nicht nehmen und ebenso auch das Recht nicht nehmen, um einen Jungen als Gehilfen zu hal-ten. Dann gebe ich lieber die Stelle hier auf, und andere tragen die Verantwortung an meiner Lebensexistenz. Habe die Herren des Kirchenrates (Schankweiler) gebeten, ein Schreiben in dieser Angelegenheit an die Hochw. Bisch. Behörde zu senden. Bitte Euer Hochwürden ebenfalls eine gütige Befürwortung in dieser Sache und verspreche Euer Hochwürden ernstlich, daß ich in Zukunft nicht mehr so die Jungen behandeln werde. Dem Peter Dahm ist die Frist bis zum 10. Oktober zur Rückkehr gegeben, was derselbe ver-tragshalber müßte tun. Andernfalls wird zum 15. Oktober ein anderer Junge an seine Stelle angenommen. Hiermit halte ich die Angelegenheit für erledigt. Mit ehrfurchtsvollem Gruß! Euer Hochwürden geringster Bruder Petrus Erem.“ Zu Ende des Jahres 1936 wendet sich Bruder Petrus erneut an das Trierer Generalvikariat; er möchte unbedingt wieder einen Jungen bei sich einstellen. Sehr seltsam mutet uns im 3. Jahr-tausend (anno 2006) Lebenden an, daß Trier – wenn auch unter Vorbehalt – dem verschrobe-nen Heiligen dies gewähren will. Generalvikar Meurers wendet sich wie folgt am 21. Dez. 1936 an Pfr. Wirz in Schankweiler: „Der Bruder Petrus Windisch bittet uns, ihm erneut die Erlaubnis zu erteilen, einen Jungen als Hilfskraft bei sich aufnehmen zu dürfen. Aus den Vorgängen mit dem Peter Dahm, Ehrang, tragen wir Bedenken, ihm diese Erlaubnis zu geben, möchten Sie aber vorher um Ihr Urteil bitten, da Sie Bruder Petrus aus längerer Erfahrung und eigener Beobachtung kennen. Wäre es nicht möglich, die Sache anders zu regeln, daß ein älterer Mann aus dem Orte vielleicht die Hilfsdienste auf der Klause leistet. Falls der Bruder wieder einen Jungen aufnimmt, müßte es jedenfalls so geregelt werden, daß ein Pfarrer, wohl am besten Sie als Ortspfarrer, die Aufsicht über den Jungen übernimmt, daß der Junge einmal in der Woche wenigstens Gelegenheit hat, sich vertraulich auszusprechen, damit so immer eine Sicherheit auch über die Erziehung des Jungen gegeben ist.“ Zu Beginn des neuen Jahres 1937 hält Pfarrer Wirz eine Kirchenratssitzung ab. Im Mittel-punkt der Schankweiler Besprechung steht das Thema „Bruder Petrus“, Klausner auf dem Kläuschen. Die Hauptergebnisse der Tagung, die Pastor Wirz seinem Generalvikar zu Trier mitteilt, sind folgende: „Über Bruder Petrus Windisch auf der hiesigen Klause sind bisher bei mir keine Klagen eingegangen. Er hat allgemein einen guten Ruf. Seine religiösen Pflichten erfüllt er eifrig. Als er den Versuch machte, selbständig für die Klause Anschaffungen zu ma-chen und bauliche Veränderungen vornehmen zu lassen, hat der Kirchenvorstand hier dies strengstens untersagt. Der Kirchenvorstand hätte der Besetzung der hiesigen Klause mit Br. Petrus Windisch nicht zugestimmt, wenn ihm bekannt gewesen wäre, daß derselbe einen ständigen Hausgehilfen beanspruchte. Er hält es für durchaus hinreichend, wenn der Bruder eine Aushilfe bei schwe-ren Arbeiten wie Gartengraben und Holzhauen zuzieht.

Page 6: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

6

Am 31. Dezember 1936 ist Bruder Petrus – wie er mitteilte, mit Erlaubnis des Trierer Bi-schofs – nach Werl gereist und hat bei der Gelegenheit sich schon einen Jungen, der Ostern aus der Schule entlassen wird, angeworben.“ Offensichtlich bleibt der Einsiedler nicht bei der Wahrheit; denn, wie sich zeigt, hat Trier kei-nesfalls ihm die Erlaubnis erteilt, sich einen Jüngling zu „halten“. Am 5. Januar 1937 teilt der Trierer Generalvikar Pastor Wirz zu Schankweiler sowie dem dortigen Kirchenvorstand mit, daß die Aufnahme eines Jungen in die Klause durch Bruder Petrus nicht mehr geduldet würde; in scharfer Form hätte man ihm dies klargemacht. Eine Abschrift dieses Drohbriefes fügt der Vikar bei; sie lautet: „Ehrw. Br. Petrus Windisch, Schankweiler Klause / über Bitburg Land! Wir teilen Ihnen mit, daß unsere Vorschrift, daß sie keinen Jungen bei sich aufnehmen dürfen, nach wie vor besteht; wir haben Ihnen schon des öfteren mitgeteilt (hört! hört!), daß Sie die Pflicht haben, unsere Vorschriften genau und streng zu beachten. Wenn wir Ihnen die Aufnahme eines Jungen verbieten, haben Sie kein Recht, einen solchen aufzunehmen. Sollten Sie gegen unseren Willen einen jungen Mann auf-nehmen, werden wir Ihnen das Aufenthaltsrecht in der Schankweiler Klause sofort entziehen. Zu den Arbeiten der Klause können Sie einen älteren Mann heranziehen, wie es auch die frü-heren Einsiedler getan haben. Gezeichnet v. Meurers.“ Doch unser Klausenbruder führt sie alle an der Nase. Sogar seinem Erzbischof zu Trier hustet er eins und handelt eigenmächtig. Eindeutig zeigt dies ein Schrieb vom 19. Mai 1937 von Gen. Vik. Meurers an Pastor Wirz: „Hochwürden Herrn Pfarrer Wirz, Schankweiler! – Wir bitten um Mitteilung, ob der Bruder Petrus Windisch in der Schankweiler Klause einen Kna-ben bei sich hat. Wie wir Ihnen mitteilten, haben wir ihm verboten, irgendeinen Jungen bei sich aufzunehmen. Vor kurzem wurde Bruder Petrus mit zwei Jungen in Trier gesehen. Ist ein Junge droben? Seit wann? Wie alt ist derselbe? Wir möchten Sie ausdrücklich bitten, uns im-mer sofort zu berichten, wenn Bruder Petrus Windisch unsere Anordnungen nicht einhält, oder wenn sonst etwas Bemerkenswertes sich ereignet. – Meurers.“ Auch in den folgenden Monaten des Jahres 1937 läßt Bruder Petrus oftmals den Bello los. Von einigen seiner Untaten müssen sogar die schriftlichen Unterlagen vernichtet werden, um sie der Vergessenheit anheim zu geben. Doch Anfang November ist es soweit, daß man in Schankweiler und Trier Nägel mit Köpfen macht, um den derzeitigen Klausner loszuwerden. Dies sollte jedoch ein hartes Stück Arbeit verursachen. Am 22. November verfaßt Br. Petrus an das Gen. Vik. Trier einen geharnischten Brief, in dem er den hohen geistlichen Herren verkündet, daß er nicht daran denkt, in der nächsten Zeit die Klause zu verlassen. Die Trierer ziehen darob den zuständigen Dechanten Ewerhart (Dekanat Irrel), einen gebürtigen Ferschweiler, der allenthalben als energischer Mann gilt, zu Rate. Pas-tor Wirz in Schankweiler wird schließlich am 24. Nov. beauftragt, „den Br. Petrus zum 1. Dezember bestimmt und endgültig aus der Klause auszuweisen.“ Den Auftrag an Wirz unter-mauert man mit folgenden mutigen Worten: „Nachdem die Sache nun schon so lange läuft und immer wieder verschoben worden ist, bestehen wir darauf, daß Br. Petrus zum 1. Dezem-ber die Klause verläßt. Sie wollen ihm rechtzeitig diese unsere Anordnung mitteilen und ihn am 1. Dezember, gegebenenfalls polizeilich, ausweisen lassen. Bis zum 3. Dezember wollen Sie melden, daß Br. Petrus die Klause verlassen hat.“ gez. Meurers

Page 7: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

7

Stehenden Fußes wendet sich der Klausner darob an den Trierer Erzbischof und das dortige Generalvikariat und verlangt energisch, die Verfügung vom 24. Nov. 37 aufzuheben. Die Trierer scheinen sich aber diesmal nicht mehr erweichen zu lassen. Vielmehr richten sie sich resolut am 1. Dez. 1937 an Pastor Wirz und gebieten ihm: „Wir haben dem Waldbruder heute mitgeteilt, daß die Verfügung nicht aufgehoben werden kann, und den Termin zur Räumung der Klause auf den 6. Dezember verschoben. Sie wollen Sorge tragen, daß die Angelegenheit endgültig bis zum 6. Dezember geregelt ist und Br. Petrus bis zu diesem Termin die Klause verläßt. Eine neue Verzögerung werden wir nicht dulden (aha!). Wir bitten, diese Verordnung als endgültig zu betrachten (aha! aha!).“ – gez. Meurers. Handschriftlich fügt Pfarrer Wirz obigem Schreiben (vom 1.12.1937) an: „Die Klause verlas-sen am 11. Dezember! Dem Herrn Bischöflichen Generalvikar gemeldet am 15. Dezember 1937. – gez. Wirz.“ Es sieht also so aus, daß Eremit Richard Windisch, genannt Bruder Petrus, der Schankweiler Eremitage den Rücken gedreht hat und die Ferschweiler Hochfläche mitsamt der Südeifel verlassen hat. (Dies sicherlich zur größten Freude der Trierer Bischofsbehörde, des Herrn Dechanten Ewerhart sowie des Herrn Pfarrer Wirz aus Schankweiler!) Doch weit gefehlt! Dem ist nicht so! – Der fromme Eremit Bruder Petrus sitzt noch immer auf dem Schankweiler Kläuschen. Am 5. Dez. 1937 verfaßte er einen Brief an Pfr. Wirz, den die-ser am 7.12. erhält. Darin ist zu lesen: „Ehrw. Herr Pfarrer! Gestatte mir, Ihnen ganz erge-benst zur gefl. Kenntnisnahme mitzuteilen, daß ich nochmals ein Schreiben an das Generalvi-kariat Trier gesandt habe. Die Stimmung hierselbst ist, daß ich die Klause nicht verlassen soll. Es ist die Äußerung gemacht worden, der Herr Pastor, eventuell auch der Kirchenrat, mögen für mich eintreten. Wer mich aus der Klause herausholt, muß auch die Verantwortung tragen und für mich aufkommen und sämtliche Unkosten tragen! Zunächst werde ich die Entschei-dung auf mein letztes Schreiben abwarten. Zum 22. ds. Mts. werde ich zum Urlaub in meine Heimatstadt Frankfurt a. M. fahren. – Mit kath. Gruß! Bruder Petrus, Eremit.“ Pastor Wirz antwortet Br. Petrus am 7.12.37: „Auf Ihr Schreiben vom 5. ds. Mts. erwidere ich, daß ich die letzte Verfügung des Bischöflichen Generalvikariats, wie Sie selbst wissen, als endgültig zu betrachten habe. Kirchenvorstand und ich sind daher nicht in der Lage, in Ihrer Angelegenheit noch einen Schritt zu unternehmen. In Ihrem eigenen Interesse bedauere ich Ihr Verhalten gegenüber der Bischöflichen Behörde; die weiteren Folgen haben Sie sich selbst zuzuschreiben. – gez. Wirz.“ Br. Petrus gibt Herrn Wirz postwendend (am 11.12.37) folgende schlaue Antworten: „Grüß Gott, Hochw. Herr Pfarrer! – Auf Ihre werte Mitteilung vom 7. ds. Mts. gestatte ich mir, Euer Hochwürden folgendes erwidern zu dürfen: Der Not gehorchend verlasse ich von heute ab bis auf weiteres die Klause. Wegen der Anfer-tigung von Civilkleidung werde ich am 17. oder 18. dieses Monats einige Tage zurückkom-men, da ich zur Anprobe muß. Dieselbe wird in Ferschweiler angefertigt. Am 22. ds. Mts. fahre ich nach Hause und werde das Weitere abwarten. Die Sachen von mir bleiben vorerst hier zurückstehen. Die Stimmung in den Gemeinden ist sehr miserabel. Wie ich hörte, ist sie gegen Euer Hochwürden gerichtet mit dem Vorwurf: ‚Weil Euer Hochwürden nicht für mich eingetreten sind!’ Es haben besondere Herren sich an den Hochwürdigsten Herrn Bischof und an das Bisch. Gen. Vik. gewandt. Sehr bedauere ich es, daß Euer Hochw. mich jetzt im Stich gelassen haben, was ich niemals erwartet hätte. Euer Hochw. müssen selbst einsehen, daß mir Unrecht getan wird, und daß ich aus nichtigen Grün-

Page 8: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

8

den, etliche durch Verleumdung und Unwahrheiten, sowie durch Anzeige bei der Bischöfli-chen Behörde die Klause jetzt verlassen soll. Hätte ich dieses doch vorher geahnt, daß man hier mit falschen und schlechten Menschen zu tun hat! Vorerst verbleibe ich im Missionshaus in Biesdorf. Das weitere bleibt abzuwarten. – Mit freundl. Gruß! Ihr ergebener Bruder Petrus, Eremit.“ Pfr. Wirz aus Schankweiler trägt folgende Episoden nach: Am 3. Dez. 37 beantragt er die polizeiliche Ausweisung des Eremiten aus der Klause. – Am 12. Dez. wird ihm mitgeteilt, daß eine solche erst erfolgen kann, wenn ein gerichtliches Räumungsurteil vorliegt. – Am 16. Dez. zieht die Geheime Staatspolizei im Schankweiler Pfarrhaus Erkundigungen über Bruder Pet-rus ein. Am 28.12.1937 sendet Br. Petrus aus seinem Heimatort Frankfurt a. M. ein Brieflein an Pfr. Wirz in der Südeifel. Darin ist zu lesen: „Grüß Gott, Hochwürdiger Herr Pfr! – Gestatte mir ganz ergebenst, Euer Hochw. das Ergebnis meiner Reise in die Heimat mitzuteilen. Wie mir schon vorher von geistlichen Herren des Kreises Bitburg, so wurde mir auch hier-selbst angeraten, erst noch in der Schankweiler Klause zu bleiben. Es wird von hier das Wei-tere an der Bischöfl. Behörde geklärt und entschieden. Wegen Kleinigkeiten kann man keinen Menschen aus seiner Behausung ausweisen, so daß derselbe seine Niederlassung verliert. In heutiger Zeit ist dies gesetzeswidrig. Der Staat greift heute in alles ein. Obwohl ich keine 20 Jahre in der Schankweiler Eremitage zugebracht hätte, bin ich auch nicht nur für zwei ge-kommen, um mir große Ausgaben zu bereiten, die mir niemand ersetzen will. Lassen wir alles jetzt stillschweigend und in Frieden. In dieser Absicht wollen wir das alte Jahr beschließen und das neue Jahr mit Gottvertrauen und frischem Mut anfangen. – Bin am Freitag, den 31. ds. Mts., wieder auf dem Kläuschen. Mit ehrfurchtsvollem Gruß! Euer Hochwürden geringster Bruder Petrus Windisch, Eremit.“ Am Silvestertag 1937 verklickert der Schankweiler Pastor dem Herrn Eremiten Petrus Win-disch auf dieses Brieflein folgendes: „ Sie haben kein Recht, auf die Klause zurückzukehren, nachdem Ihnen die Bischöfliche Behörde die Aufenthaltserlaubnis endgültig entzogen hat. Im Auftrag der B. B. fordere ich Sie hiermit zum letztenmal auf, die Klause zu verlassen und bis spätestens Sonntag, den 2. Januar 1938, im Laufe des Vormittags die Schlüssel von Haus und Kirche beim Herrn Schrodt in Holsthum oder im Pfarrhaus abzuliefern, wenn Sie der Kir-chenstrafe des Ausschlusses von den hl. Sakramenten und Ihrer zwangsweisen Entfernung aus der Klause entgehen wollen. Ich entledige mich ferner des Auftrags, Ihnen mitzuteilen, daß Sie auf Ihre Schreiben keine Antwort erhalten. Ihr widersetzliches Verhalten gegenüber der kirchlichen Behörde ist derart skandalös, daß ich meinerseits jede persönliche Beziehung zu Ihnen hiermit abbreche. Ich habe die Pflicht, die Aufträge meiner Behörde auszuführen und habe kein Verlangen, mit derselben in Konflikt zu geraten. Diese hat mir schon Kirchenstrafe angedroht, wenn durch meine Nachsicht Ihre Ent-fernung aus der Klause verzögert würde. Da hört jede weitere Rücksichtnahme auf Sie auf. – gez. Wirz, Pfr.“ – (Hoffentlich bringt Pfr. Wirz die Kraft auf, im Fall des Falles gegenüber Br. Windisch seine Drohungen in die Tat umzusetzen!) Bereits einen Tag später, am 1. Jan. 1938, gibt Windisch dem Pfarrer von Holsthum aus fol-gende schriftliche Erwiderung: „Hochwürden Herrn Pfr. Wirz, Schankweiler! – Auf Ihr gefl. Schreiben vom 31.12.37 gestatte ich mir ganz ergebenst als letztes Wort zur gefl. Kenntnis-nahme mitzuteilen, daß:

1. Ich mich keiner Widersetzlichkeit gegen die bischöfl. Behörde schuldig gemacht habe.

Page 9: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

9

2. Ich nur auf Anraten anderer geistlicher Herren und der weltlichen Behörde in dieser Art gehandelt und geredet habe.

3. Nur Rom und ein weltliches Gericht die Sache entscheiden kann. 4. Ich nichts getan habe, was ein wichtiger Grund wäre, mich aus meiner Stelle zu ent-

fernen. 5. Lassen wir es doch auf eine Entscheidung der weltlichen Behörde in einer Gerichts-

verhandlung ankommen! 6. Wer mich von der Klause weghaben will, muß für mich aufkommen, die Verantwor-

tung tragen und für sämtliche Unkosten aufkommen; der heutige Staat (Hitler-Staat!) ist ein anderer Staat wie vorher!

7. Die Herren des Kirchenrates sind auch nicht einverstanden, daß ich die Klause verlas-se! – Bruder Petrus Windisch, Erem.“

Der windige Windisch, Klausenbruder, scheint es in der Tat fertig zu bringen, zwischen dem biederen Pastor von Schankweiler und seinem Bischof in Trier einen Keil zu treiben. – Am 5. Januar 1938 nämlich fällt der Trierer Generalvikar über den Priester her: „Unter dem 15. Dez. 37 teilten Sie uns mit, daß der Eremit Br. Petrus Windisch die dortige Klause verlassen habe. Unterm 11.12. spricht Br. Petrus dem Hochwürdigsten Herrn Bischof Glück- und Segenswün-sche zum Neuen Jahre aus (Achtung! Es duftet nach Spott und Hohn!) mit der Anschrift: Schankweiler Klause Bitburg-Land. Wir bitten um Mitteilung, ob Br. Petrus sich noch auf der Schankweiler Klause aufhält und gegebenenfalls, warum Sie diese Tatsache nicht sofort an uns berichtet haben. Wir erneuern hierdurch unseren Auftrag vom 9.12.37 formell in seinem ganzen Inhalt und verordnen, daß Br. Petrus nunmehr bis zum 15. Januar die Schankweiler Klause endgültig zu verlassen hat. – gez. Meurers.“ Wir haben bereits spitzbekommen, daß der Waldbruder Windisch mit allen Wassern gewa-schen ist. Vor Notlügen schreckt er nicht zurück. So hat z. B. die im folgenden Brief an Pfr. Wirz vom 7.1.38 erwähnte „Rücksprache“ mit dem Dechanten Ewerhart aus Irrel überhaupt nicht stattgefunden; Windisch hat sie erfunden. In dem Brief von Br. Petrus an Wirz vom 7.1.38 lesen wir: „Betreffs heute vormittag mit dem Dechant Ewerhart genommene Rücksprache über meine hart getroffene Situation, gestatte ich mir ganz ergebenst Euer Hochw. den getroffenen Beschluß derselben zur gefl. Kenntnisnah-me mitzuteilen. Der Herr Dechant beabsichtigt, in den nächsten Tagen mit Euer Hochwürden zu vereinbaren, daß ein Antrag an das B. G. Vik. Trier gestellt wird, damit mir gestattet wird, bis zum Früh-jahr/Anfang Sommer hin auf der Klause noch bleiben zu dürfen, damit ich in Ruhe und guter Vorbereitung mir eine andere Stelle suchen und der Umzug erfolgen kann. – Erlaube mir noch hinzuzufügen, daß ich der Ansicht und dem Rate des Herrn Dechant voll und ganz entspreche. Ich werde die Sache dem Hochw. Herrn Erzbischof Dr. K. Klein in Paderborn sowie dem H. H. Provinzial zur gefl. Kenntnisnahme weiterleiten, wie man mich hier hintergangen hat. Ich hätte dieses vor Jahren wissen müssen, dann hätte ich die Schankweiler Klause niemals bezo-gen. Aber der alte Gott lebt noch! Besonders bedauere ich es, daß Euer Hochw. sich gegen mich gestellt haben. Ich habe Euer Hochw. niemals etwas zu Leide getan oder in irgendeiner Weise auf den Fuß getreten; immer habe ich es gut gemeint. Aber ich sehe bald das Frühjahr und sehne den Tag herbei, an dem ich glücklich und zufrieden von hier scheiden kann. – Mit ehrfurchtsvollem Gruß! Euer Hochw. ergebenster Bruder Petrus Windisch, Eremit.“ „P. S. Für einige Tage befinde ich mich in einem Schwesternkloster in Neuerburg.“

Page 10: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

10

Am 8. Jan. 1938 setzt Br. Petrus neue Figuren in seine Geschichte ein, nämlich den Wolsfel-der Amtsbürgermeister und den Bitburger Landrat. Dem Amtsbürgermeister schickt er von der Schankweiler Klause aus folgende Zeilen: „Nachdem ich am 4. ds. Mts. mit dem Landrat in Bitburg Rücksprache gehalten habe, gestatte ich mir ganz ergebenst, dem Herrn Amtsbür-germeister zur gefl. Kenntnisnahme folgendes mitzuteilen. Laut einer Verfügung des Bischöfl. Generalvikariats in Trier sollte ich die Klause verlassen und müßte dann außerhalb des Grenzbereiches Zivilkleidung tragen. Zum Verlassen der Klause liegt – juristisch gesehen – kein triftiger und wichtiger Grund vor. Zur Anschaffung von Zivilkleidung fehlt mir das Geld, weswegen ich einen Antrag an das Wohlfahrtsamt Bit-burg gestellt habe. Zwei Lehrer von hier sowie Herren der hiesigen Parteileitung haben Schreiben an den Hochw. Herrn Bischof in Trier gesandt, darin sie baten, mich doch auf der Klause zu lassen. Andern-falls müßten diejenigen, welche mich von der Klause forthaben wollten, für mich aufkommen und alle Unkosten tragen. Wie ich hörte, ist auch die Gemeinde Schankweiler dagegen, daß ich die Klause verlassen soll. Alle kompetenten Herren, so auch mein Rechtsanwalt und die Polizei, haben mir angeraten, oben in der Klause zu bleiben. Der Herr Landrat teilte mir mit, der Wolsfelder Herr Amtsbürgermeister solle meine Sache regeln. – gez. Bruder Petrus Windisch, Eremit.“ Pfr. Wirz aus Schankweiler sieht sich am 15.1.38 bemüßigt, seinem Bischof einige Neuigkei-ten über Klausner Br. Petrus mitzuteilen: „Wie ich bereits mitteilte, hat Windisch am 11. Dez. vorigen Jahres die hiesige Klause verlassen und sich nach Frankfurt a. Main, seine Heimat-stadt, begeben. Aus Frankfurt schrieb er mir, daß er auf Weisungen, die er dort erhalten habe, am 31.12.37 nach hier zurückkehren solle; die bischöfliche Behörde erhalte von Frankfurt aus ebenfalls Mitteilung. Am 1. Januar 1938 war er wirklich in der Frühmesse in Holsthum. Ich habe ihm sofort dort eröffnet, daß die Entscheidung der Bischofsbehörde, wie er sehr wohl wisse, endgültig sei und ihm die Klause für immer versagt bleibe. Seitdem treibt er sich in der Umgebung herum, besonders in Schwestern-Niederlassungen wie Körperich und Neuerburg, sowie bei einigen seiner neuen Freunde bei der Staatspolizei.“ Schon zwei Tage später, also am 17. Januar, muß Pastor Wirz einen Nachtrag nach Trier ma-chen und seinem Bischof von folgender aufregender Episode berichten: „Heute war der hiesi-ge Gemeindebürgermeister bei mir und erklärte in hellster Aufregung: ‚Mit dem Eremiten auf dem Kläuschen kann es so nicht weiter gehen. Am Sonntag, den 9. Januar, war er in Nusbaum und hat dort mit drei Kumpanen aus Kruchten in der Wirtschaft gezecht bis er total betrunken war. Im Dorf ist er bös aus der Rolle gefallen. Dann ließ er sich per Auto nach Neuerburg fahren, um dort die Gastfreundschaft der Schwestern für mehrere Tage auszunutzen.’ – Ich bitte nunmehr dringend:

1. Dem Br. Petrus für den Besuch der Diözese Trier das Tragen eines Ordenskleides zu untersagen.

2. Denselben vom Empfang der hl. Sakramente auszuschließen (wenigstens in den Pfar-reien Schankweiler mit der Filiale Holsthum, Irrel, Ernzen, Ferschweiler, Bollendorf und Nusbaum).

3. Zu gestatten, daß diese Maßnahmen in den genannten Pfarreien bekannt gemacht wer-den; das ist m. E. der sichere Weg, den Fall Br. Petrus endlich zu erledigen.

4. Den Schwesternniederlassungen in Körperich, Neuerburg und Bitburg die Aufnahme des Eremiten zu untersagen.“

Züchtigung des Herrn Richard Josef Windisch, Eremit, am 24. Jan. 1938 durch das Bischöfli-che Generalvikariat zu Trier. An den Herrn R. J. Windisch in Schankweiler: „Wir entziehen

Page 11: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

11

Ihnen hierdurch mit sofortiger Wirkung das Recht zum Tragen eines geistlichen Kleides, ei-nes Ordensgewandes und jeder Kleidung, die dem geistlichen Kleide und dem Ordensgewan-de ähnlich ist. Wir weisen Sie eigens darauf hin, daß der Gebrauch geistlicher Kleidung durch Artikel 10 des Reichskonkordats geschützt ist und daß ein weiterer Gebrauch des geistlichen Kleides die gleichen Strafen nach sich zieht wie der Mißbrauch der militärischen Uniform. Wegen des schweren Ärgernisses, das Sie am Sonntag, den 9. Januar, in Nusbaum gegeben haben, schließen wir Sie hierdurch bis auf weiteres vom Empfang der hl. Sakramente aus. Diese gegen Sie getroffenen Maßnahmen werden in den Pfarreien des Dekanats Irrel öffent-lich von der Kanzel bekanntgegeben. – gez. Dr. von Meurers, Generalvikar.“ Schreiben des Klausners Windisch vom 27. Januar 38 an den Amtsbürgermeister in Wolsfeld: „Gestatte mir ergebenst mitzuteilen, daß die bischöfliche Behörde in Trier seit dem 24. ds. Mts. Maßnahmen gegen mich getroffen hat, die mich veranlassen, in den nächsten Tagen – bis spätestens am 1. Febr. – die Klause Schankweiler zu verlassen. Erkläre hiermit, daß diese Maßnahmen zu Unrecht gegen mich gemacht worden sind. Habe die Sache sofort der hiesigen Parteileitung der NSDAP (Nazis) zur Kenntnisnahme zugeleitet. Auch habe ich Rücksprache mit dem Hochw. Pfr. Wirz in Schankweiler und mit dem Hochw. Dechant Ewerhart in Irrel genommen. Meine Absicht ist, in einem Kölner Krankenhaus eine Unterkunft zu nehmen. Erlaube mir ganz ergebenst die Anfrage, ob die Gemeinde Schankweiler die Unkosten trägt; ich habe nämlich niemand, der für mich aufkommt. Auch ist mir von der bischöflichen Behörde in Trier die Verfügung getroffen worden, in der Diözese Trier das Ordenskleid nicht mehr tragen zu dürfen. Leider kann ich der Aufforderung nicht Folge leisten, da ich kein Geld zur Anschaffung von Zivilkleidung habe, obwohl ich dieselbe schon bestellt und zur Bezahlung 138 RM nötig ha-be. Bitte teilen Sie mir ganz ergebenst mit, wie ich mich in dieser Situation zu verhalten habe. – Mit deutschem Gruß! Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus Franziskus.“ Schreiben des Amtsbürgermeisters aus Wolsfeld am 1.2.38 an Herrn Pfr. Wirz in Schankwei-ler: „Abschrift des Schreibens von Klausner Windisch vom 27.1.38 übersende ich Ihnen zur gefl. Kenntnisnahme. Es wird jetzt der Fall eintreten, daß Windisch von der Gemeinde Schankweiler unterstützt werden muß. Ich bitte daher auch um Mitteilung, unter welchen Be-dingungen Windisch auf der Klause eingesetzt wurde. Eventuell mußte doch der Kirchenvor-stand den Mann zur Krankenkasse melden und Beiträge zur Invalidenversicherung leisten. Steht der Bischöflichen Behörde keine Anstalt zur Verfügung, wo er unterkommen könnte? Für baldige Antwort wäre ich dankbar. – gez. Der Amtsbürgermeister von Wolsfeld / Unter-schrift.“ Schreiben des Bisch. General-Vikariats Trier an Pfarrer Wirz, Schankweiler vom 4.2.1938: „Der Br. Petrus Windisch hat hier ein Zeugnis betr. seiner Einkleidung angefordert und gebe-ten, ihm dasselbe bis zum 5.2. zu übersenden. Da jeder schriftliche Verkehr mit Br. Petrus voraussetzt, daß er unsere Anordnungen ausgeführt hat, kann die Übersendung des Zeugnisses erst erfolgen, wenn derselbe die Klause endgültig verlassen hat. Von seinem neuen Aufent-haltsort kann er ein neues Gesuch hier einreichen. – gez. V. Meurers.“ Schreiben des Richard Josef Windisch, Eremit, vom 14.2.38 an Pfr. Wirz, Schankweiler (der Einsiedler befindet sich neuerdings im Kloster Maria Hilf – Vorgebirge – Bornheim b. Bonn am Rhein): „Gestatte mir ganz ergebenst Euer Hochw. mitteilen zu dürfen, daß ich am 7.2. d. J. die Schankweiler Klause durch die getroffene Anordnung und ungerechte Maßnahmen der Bisch. Beh. Trier mit Vorbehalt bis auf weiteres verlassen habe. Aus diesem Grunde und da meine Möbel und Sachen sich noch in der Klause befinden und die Gemeinde Schankweiler nicht damit einverstanden ist, daß ich die Klause verlassen sollte, sah ich mich auch nicht ver-

Page 12: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

12

anlaßt, die Schlüssel der Klause abzugeben. Auf die liebevolle Fürsorge des hiesigen Hochw. Herrn Dechanten (wohl aus Bornheim?), welcher mich kennt, ist es mir gelungen, für einige Tage, solange jetzt die Verhandlungen mit der Bischöfl. Behörde Trier und der weltlichen Behörde (wohl Gemeinde Schankweiler und Amtsbürgermeisterei Wolsfeld?) dauern, in hie-sigem Kloster und Erholungsheim Aufnahme zu erhalten. Die Unkosten wird wohl die Gem. Schankweiler tragen müssen, wozu dieselbe gesetzlich verpflichtet wird. Der hiesige Dechant bewundert und tadelt die Handlungsweise der Bisch. Beh. in Trier. Es wird dem Pfarrer und dem Kirchenvorstand Schankweiler der Vorwurf gemacht, daß man nicht rechtzeitig und der Wahrheit entsprechend bei der Bisch. Behörde Trier für mich einge-treten ist. Habe ein Schreiben an die Bisch. Beh. Trier gesandt, worin ich jetzt ganz entschieden um Aufklärung der Gründe und der getroffenen Maßnahmen erbitte, wozu ich jetzt gezwungen wurde, die Klause zu verlassen. Erhalte ich darüber keine der Wahrheit entsprechende Auf-klärung, so wird die Sache an die Reichsregierung zur Kenntnisnahme weitergeleitet. Ich habe geistliche wie weltliche Zeugen, die für mich eintreten werden, denn ich ruhe und schweige nicht. Eine kirchliche Behörde darf sich mir gegenüber eine solche ungerechte Handlungsweise nicht erlauben und einem Menschen keinen Schaden zufügen. Als Geck und Flappes laß ich mich ganz sicher nicht halten. Die Folgen dieser Sache haben jetzt diejenigen zu tragen, die sie verursacht haben. Ich sehe der Sache mit gutem Gewissen entgegen. – Mit bestem Gruß! Bruder Petrus Windisch, Erem.“ Schreiben des Br. Petrus vom 24.2.1938 an Pfr. Wirz (Der Einsiedler befindet sich neuerdings im Franziskanerkloster zu Werl/Westfalen): „Nach Rücksprache und eingehenden Verhand-lungen mit dem Hochw. Pater Provinzial (Franziskanerkloster zu Werl/Westfalen) ist wohl die geeignetste und beste Entscheidung getroffen worden, das Einsiedlerleben, das in heutigen Verhältnissen nicht mehr haltbar ist, hiermit aufzugeben. Deshalb kehre ich auf eine Staats-stelle in einem Landjugendheim, eventuell auch als Küster in das Leben zurück. Wohl ist der Weg für mich hart und schmerzlich. Aber ich habe keine Verantwortung in dieser Sache zu tragen; diese überlasse ich einzig und allein der Bischöfl. Behörde in Trier. Sowohl mit der Erzbischöflichen Behörde Paderborn als auch mit Sr. Exzellenz, dem Hochw. Erzbischof in Paderborn, nehme ich Rücksprache in dieser Sache. Ich hätte dieses alles nur vorher wissen müssen, dann hätte ich niemals die Eifel als Eremit bewohnt. Euer Hochwürden (hier wird Pfr. Wirz angesprochen) muß ich leider, was andere geistliche Herren mit bestätigten, den Vorwurf machen, daß Sie bei der Bisch. Beh. zu Trier nicht genug für mich eingetreten sind, dann hätte ich erst noch dort (gemeint ist die Schankweiler Klause) bleiben können. Für die Anschaffung der Civilkleidung will vorerst der Hochw. Pater Provin-zial Sorge tragen. Nach Ablauf der übrigen Verhandlungen mit der weltlichen Behörde, werde ich auf die Schankweiler Klause zurückkommen, den Umzug vornehmen und die Schlüssel der Eremitage Ihnen abliefern. – Alles weitere demnächst. – Mit freundlichem Gruß! Bruder Petrus, geb. Richard Josef Windisch, Erzieher und Küster.“ Schreiben des Eremiten Petrus vom 7. März 1938 an Pfr. Wirz in Schankweiler (Der Klausner Windisch befindet sich z. Zt. in Münster/Westfalen): „Hochwürdigster Herr Pfarrer! – Hier-durch teile ich Ihnen erg. mit, daß ich am vergangenen Freitag/Samstag in Paderborn war, wo ich mit dem Hochw. Herrn Erzbischof Dr. Klein in meiner Angelegenheit eine Aussprache hatte, nachdem ich vorher mit dem Hochwürdigsten Herrn Generalvikar, Paderborn, Rück-sprache genommen hatte. Diese Aussprachen waren durch den Hochwürdigen Herrn Pater Provinzial des Franziskaner-klosters in Werl zustande gekommen. Man hat mir empfohlen, zunächst in die Klause zurück-

Page 13: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

13

zukehren, zumal die zuständige Gemeindevertretung die Aufgabe meiner Klausnerstelle nicht gefordert hat und unter keinen Umständen für die mit der Aufgabe meiner Stelle verbundenen Unkosten aufkommen würde. Das Erzbischöfliche Generalvikariat in Paderborn und Hochwürden Herr Pater Provinzial aus Werl werden sich demnächst mit dem Bischöfl. Generalvikariat in Trier in Verbindung set-zen, um eine Neuregelung meiner Sache herbeizuführen. – Mit freundl. Gruß! – Ergebenst Bruder Petrus Windisch, Eremit.“ Schreiben der Devotionalienfabrik Jak. Brünen, Kevelaer Rheinl., vom 20. Mai 1938 an Pfar-rer Wirz in Schankweiler: „Der hochl. Bruder Petrus, Eremit von Schankweiler Klause, be-stellte bei mir vor Weihnachten vorigen Jahres einige Krippenfiguren. Trotz verschiedener Mahnungen gab mir Bruder Petrus keine Antwort. Meine letzte Karte kam mit dem Vermerk zurück: ‚Adressat verzogen und nicht aufzufinden’. Jetzt habe ich eine Bitte an Sie. Können Sie mir nicht angeben, wohin Bruder Petrus verzogen ist? Es handelt sich um den Betrag von 14,40 RM. Bei der Aufgabe der Bestellung teilte mir Bruder Petrus gleichzeitig mit, daß er den Betrag überwiesen habe. Da die Sache nun eilte, habe ich in dem Glauben gehandelt, daß dieses seine Richtigkeit hatte, und die Sachen sofort zum Versand gebracht. Doch das Geld ist nicht hier angekommen, und ich habe nichts mehr von Bruder Petrus gehört. Da es sich hier um einen Betrug handelte und ich die Sache nicht gerne dem Gericht überge-ben will, bitte ich Sie höflichst, mir mitzuteilen, wohin ich mich in dieser Angelegenheit wen-den kann. Eine Freimarke (Briefmarke) für eine Rückantwort lege ich Ihnen bei. – Mit deut-schem Gruß! gez. Franz Brünen.“ – Anmerkung: „Erledigt! 3.6.38 Pfr. Müller, Holsthum.“ Schreiben des Rich. Jos. Windisch, Frankfurt a. M., vom 14. Juli 1938 an das Pfarramt in Schankweiler: „Gestatte mir ergebenst, Eu. Hochw. zur gef. Kenntnisnahme mitzuteilen, daß ich als vorhergehender ehem. Bruder Petrus, Eremit, in allernächster Zeit meine Sachen, Mö-bel u.s.w. auf der Schankweiler Klause abholen lasse. Würden Sie die Güte haben und durch den Herrn Ortsbürgermeister die Schlüssel von der Klause heraufschicken! Bitte mir gefl.

Nachricht darüber geben zu wollen! Den Tag des Abholens gebe ich noch an. – Mit ehrfurchtsvol-lem Gruß! – Eu. Hochw. ergebenster Rich. Jos. Windisch, gen. Bruder Petrus, Eremit. – Frankfurt a. M., Eppsteinerstr. 30-p.“ (Hinweis: Mittlerweile hat sich durch eine Organi-sationsverfügung des Trierer Generalvikariats eine Änderung ergeben: Holsthum wurde Pfarrort und Schankweiler Filiale von Holsthum. Der 1. Pfarrer der neuen Pfarrei Holsthum wurde Peter Müller. Im Schriftverkehr wird diese Änderung zu Anfang noch nicht immer berücksichtigt.) Schreiben des Nikolaus Nikoletto, Heil- und Pfle-geanstalt Trier / Nordallee Nr. 6 (heutzutags – anno 2006 – Brüderkrankenhaus) vom 12.9.1938 an Pfr. Peter Müller, Holsthum: „Bezugnehmend auf die Unterredung, die der Ehrw. Br. Alfons (vorletzter Eremit auf dem Kläuschen s. Abb.; er

genoß sein Gnadenbrot bis zu seinem Tode im Jahre 1940 bei den Barmherzigen Brüdern zu Trier) am gestrigen Tage mit Ihnen über die Wiederbesetzung der Klause Schankweiler hatte, frage ich hiermit höflich bei Ihnen an, ob es in Frage kommt, daß die Schankweiler Klause

Page 14: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

14

wieder durch einen Eremiten besetzt werden kann; wenn ja, biete ich mich hiermit höfl. an. Bin 30 Jahre alt, fühle mich seit meinem 16. Lebensjahre berufen, Gott in der Einsamkeit zu dienen. Ich würde dann den Bruder Alfons mit in die Klause nehmen und denselben bis zum Tode pflegen. Mit der Hoffnung, eine günstige Antwort von Ihnen zu erhalten, grüßt Sie mit geistlichem Gruß Nik. Nikoletto.“ Pfr. Peter Müller, Holsthum, zieht Erkundigungen über die Schankweiler Eremitage beim Wolsfelder Amtsbürgermeister ein. Dieser klärt ihn am 14. Sept. 1938 auf: „Die Klause liegt auf dem Bann Schankweiler. Da nun diese immer ohne Mitwirkung bzw. Wissen der Ge-meinde Schankweiler besetzt, in den letzten Fällen aber die Gemeinde um Fürsorgeleistungen angegangen wurde, bitte ich eine Wiederbesetzung der Klause vorerst nicht mehr zuzulassen. Es kann sich ja dort niemand ernähren, es sei denn, daß er von sich aus Rente oder feststehen-de sonstige Einnahmen hätte. Die Gemeinde braucht indes einem Hilfsbedürftigen oder einer Person, die es in absehbarer Zeit werden sollte, den Zugang nicht zu gestatten. – gez.: Der Amtsbürgermeister v. Wolsfeld.“ Schreiben des Richard Josef Windisch, gen. Bruder Petrus, aus Frankfurt a. M., Eppsteinerstr. 30 parterre, vom 1. Dez. 38 an den Holsthumer Pfarrer Peter Müller: „Hochwürdigster Herr Pfarrer! – Gestatte mir ganz ergebenst, Euer Hochw. zur gefl. Kenntnisnahme mitteilen zu dürfen, daß ich heute ein Schreiben aus Holsthum erhielt, in dem mir mitgeteilt worden ist, daß in der Klausnerwohnung der Schankweiler Klause, in der noch meine Sachen, Möbel und dgl. stehen, alles zerschlagen und geplündert sein soll; auch die Fenster der Wohnung sollen geöffnet und zerstört worden sein. Ich mache den Kirchenvorstand und den Gemeindevor-stand in Schankweiler / Holsthum für die gestohlenen Sachen und den entstandenen Schaden verantwortlich. Als ich im März dieses Jahres da (auf der Klause!) war, hatte man mir den Schlüssel zur Wohnung nicht ausgehändigt, so daß ich meine Sachen nicht abholen konnte. Ich möchte Sie ganz ergebenst bitten, mit dem Kirchenratsmitglied Herrn Jakob Zimmer, Holsthum, feststellen zu lassen, welche Sachen zerstört wurden. Ich werde die Angelegenheit zur weiteren Untersuchung an die weltliche Behörde weiterleiten. – Bitte mir gütigst mitteilen zu wollen, wann – in allernächster Zeit – ich meine Sachen abholen lassen kann. – Mit kath. Gruß! Br. Petrus Windisch.“ Antwort des Pfarrers Müller, Holsthum, vom 15.12.38 auf Windischs Schrieb vom 1. Dez. 38: „Auf Ihr Schreiben vom 1.12.d.J. teile ich Ihnen folgendes mit:

1. Wenn der Kirchenvorstand bisher gestattet hat, daß Sie Ihre Möbel auf der Schankwei-ler Klause unterstellten, so war das ein Entgegenkommen von Seiten des Kirchenvor-standes.

2. Es stand Ihnen jederzeit frei, die Möbel abzuholen. Sie wollten das ja schon im Juli dieses Jahres tun, haben es aber bisher noch nicht getan.

3. Den Kirchenvorstand verantwortlich zu machen für den Ihnen entstandenen Schaden, geht nicht an, da dieser keine Garantie für Ihre Möbel übernommen hatte.

4. Der Kirchenvorstand kann es nicht mehr weiter dulden, daß Ihre Möbel auf der Klause bleiben. Er ersucht Sie deshalb, innerhalb der nächsten 14 Tage die Möbel abzuholen.

5. Die Krippenfiguren, die Sie im vorigen Jahre bei der Firma Brünen in Kevelaer be-stellt und erhalten, aber noch nicht bezahlt haben, müssen Sie hier lassen, da diese zu-rückverlangt worden sind.

6. Den Schlüssel zur Klause wollen Sie persönlich bei mir in meiner Wohnung abholen. – gez. Pet. Müller, Pfr.“

Page 15: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

15

Am 1. Dezember 1938 erstellt Richard Josef Windisch, ehemaliger Eremit auf der Schank-weiler Klause, von seiner derzeitigen Wohnung (Frankfurt a. M., Eppsteinerstr. 30 pt) aus eine Inventarliste der Klausnerwohnung (unten abgebildet: Grundriß des Klausenareals). Dar-in listet er nicht weniger als 50 Gegenstände auf. Zusätzlich sollen noch einige Kisten Wein sowie 1100 Ansichtskarten und 3-400 Wallfahrtsbildchen dort vorhanden sein, die zu seinem Eigentum gehören.

Die Bestandsaufnahme erweist sich schnell als wertlos, weil Herr Win-disch seine persönlichen Gegenstände nicht von jenen getrennt hat, die Ei-gentum der Klause sind. Von den Karten, Bildchen und gefüllten Wein-flaschen hat nie jemand etwas gese-hen. Am 22. Juli 1939 fertigt Windisch in Frankfurt eine zweite Inventarliste an, die angeblich nur Gegenstände enthält, die sein Eigentum sind. Win-disch schreibt an Pfr. Pet. Müller, Holsthum: „Hochwürdiger H. Pfarrer: Erlaube mir, Euer Hochw. recht freundlich bitten zu dürfen, die von mir angegebenen Sachen, welche ich jetzt notwendig gebrauchen muß, durch ein Kirchenvorstandsmitglied am 26. Juli 1939 absenden zu lassen. Es sind dies: 1 langer Holzkoffer, 1 großer Reisekorb, 1 kleine Holzkiste mit Schloß, 2 Rohrsessel, 2 Holzstüh-le (neu) und 1 großer Handkorb mit Verstärkung.

Sehe gewünschten Sachen dieser Tage hier erwartend freundlich entgegen. Mache erneut dar-auf aufmerksam, daß alle fehlenden Stücke ersetzt oder entschädigt werden müssen. Schuld daran sind die Herren, welche mir nicht die Schlüssel zur Wohnung (auf dem Kläuschen) ge-geben hatten. Mit katholischem Gruß! – Richard Josef Windisch.“ Bis 1947, also den ganzen 2. Weltkrieg (1939 bis 1945) und einige Jahre der harten Nach-kriegszeit hindurch hält der Gottesmann Windisch mit seinem Krempel und Klimbim auf dem Kläuschen die Welt in Atem. X-Schreiben werden des Windisch-Gerümpels wegen angefer-tigt und in alle Richtungen des Deutschen Reichs versandt. Im Verlaufe unserer Abhandlung werden wir noch öfters auf diesbezügliche Beispiele stoßen. So verlangt der Eremit z. B. am 20.12.1938, daß beim Abholen seiner Sachen und Möbel ein Polizeibeamter zugegen sein muß. Dieser soll feststellen, was an Gegenständen fehlt und be-schädigt worden ist. Ebenfalls müssen zwei Herren des Kirchenvorstandes anwesend sein. „Ich selber kann nicht mitfahren, weil das gesetzlich verboten ist“, bedauert Bruder Petrus. – In demselben Brief bezeichnet der Klausner a. D. sich als Beamter der N.S.V. (Nationalsozia-listische Volkswohlfahrt); damit will er wohl Druck hinter seine Forderungen machen.

Page 16: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

16

Die trierische „Wachswaren-Fabrik A. Hamacher“ hat mit Bruder Petrus ein Kerzenproblem und wendet sich am 23.12.1938 an den Kirchenvorstand Holsthum/Schankweiler; die Firma schreibt: „Wir haben noch eine Forderung für gelieferte Waren an den ehrw. Bruder Petrus Franziskus, ehemals wohnhaft in der dortigen Klause. Unsere dorthin gerichteten Mahn-schreiben gingen zurück, da die Klause nicht mehr bewohnt ist. Wir ermittelten den Aufent-halt des Bruders in Köln, Josef-Kolpinghaus, Josefstr. Es wurde uns nun mitgeteilt, daß der Kirchenvorstand Holsthum-Schankweiler für die Forderung aufzukommen habe, da die Ker-zen für die Wallfahrtskirche bestellt waren. Wir bitten daher höflichst, uns den Betrag von 49,35 RM (Reichsmark) zu überweisen, damit wir das Konto ausgleichen können. – Mit deut-schem Gruß! August Hamacher.“ Pfr. Peter Müller, Holsthum, schickt der Wachswaren-Fabrik zu Trier daraufhin einen Brief folgenden Inhalts: „Beantwortet am 9.1.1939 mit dem Hinweis, daß der Bruder für den Betrag von 49,35 RM persönlich aufkommen muß. Bestellungen und Aufträge für die Klause durfte er nur mit besonderer Genehmigung und Anweisung des Kirchenvorstands vornehmen, was bei obiger Bestellung nicht der Fall war. Also haftet er persönlich für diesen Betrag. – P. M.“ Zehn Tage später, am 19. Januar 1939, antwortet die Wachswaren-Fabrik dem Holsthumer Pfarrer mit folgenden Worten: „Ew. Hochwürden! Wir danken für Ihr Schreiben v. 9. ds. Mts. betr. unserer Forderung an den ehemaligen Bruder Petrus Franziskus auf der Schankweiler Klause. Wir haben an Herrn Richard Josef Windisch nach Frankfurt im Sinne Ihres Briefes geschrieben und erhielten zur Antwort, daß der Kirchenvorstand Holsthum-Schankweiler die Kerzen bezahlen muß und nicht der Klausner. Dem Kirchenvorstand, dem hochw. Pfarrer Wirz in Schankweiler sowie dem Herrn Kirchenratsmitglied Schrod sei die Angelegenheit der Kerzen bekannt gewesen. Es ginge an Wallfahrtstagen so viel Geld ein, daß der Kirchenvor-stand die Kerzen bezahlen könne. Wir sollen die Angelegenheit dem Bischöfl. Generalvikariat in Trier weiterleiten. Nach den gesetzlichen Bestimmungen müßte der Kirchenvorstand die Rechnung begleichen, da die Kerzen für die Wallfahrtskirche bestimmt waren. Der Kirchen-vorstand hat erst nach der Anschaffung der Kerzen mit dem Bruder gesprochen. Er selbst ha-be kein Geld. Soweit der Inhalt des Antwortschreibens. Wir bitten höflichst um Begleichung der doch nicht so erheblichen Forderung, da wir ja mal endlich zu unserem Geld kommen müssen. Sollen wir die Angelegenheit dem Bischöfl. Gene-ralvikariat zur Stellungnahme vorlegen? – Hochachtungsvoll! gez. Wachs-Hamacher.“ Der Holsthumer Pastor Peter Müller ist so mutig, sich jetzt selbst noch einmal an Herrn Ri-chard Windisch in Frankfurt zu wenden, und teilt diesem am 22.1.1939 mit: „Ich übermittle Ihnen, daß in den letzten 14 Tagen ein großer Teil Ihrer Sachen auf der Klause gestohlen wurde. Es ist Ihre eigene Schuld, wenn so nach und nach alles verschwindet. Sie wissen, wie es um Ihre Sachen hier steht und anstatt zu handeln und diese endlich abzuholen, begnügen Sie sich mit Drohbriefen, in denen Sie den Kirchenvorstand verantwortlich machen wollen. Bisher hat Sie niemand gehindert, Ihre Möbel abzuholen. Noch weiter in dieser unerquicklichen Sache große Schreibereien zu führen, dazu habe ich wirklich keine Zeit und auch keine Lust. Sollten sie bis zum 6. Februar den Rest Ihrer Möbel nicht abgeholt haben, so werde ich an dem Tage alles aus der Klause entfernen und außerhalb der Wohnung in den Schuppen unterstellen. Was dann damit geschieht, ist Ihre Sache. Die Forderung der Firma Hamacher in Trier in Höhe von 49,35 RM, die Sie an die Klause verweisen, lehnen wir ab. Sie sind für diesen Betrag haftbar, da Sie ohne Anweisung des Kir-chenvorstandes diese Waren gekauft haben. Daß Sie Kerzen in dieser Menge für den Gottes-dienst der Klause verbrauchten, ist ausgeschlossen, da die Pfarrkirche selbst im Jahre höchs-tens für 30 RM Kerzen braucht. Außerdem fand ich unter den von Ihnen eingepackten Sachen auch Wachswaren, voraus hervorgeht, daß Sie persönlich das gebrauchten und den Rest mit-nehmen wollten, und jetzt sollen wir das bezahlen? – Pfr. Müller.“

Page 17: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

17

Bezüglich des schuldigen Kerzengeldes an die Firma Hamacher, Trier, äußert sich Rich. Win-disch aus Frankfurt mit folgenden Worten: „Betreffs der Kerzen habe ich dieselben schon vor drei Jahren gekauft und einen Teil davon bezahlt. Dann sind noch dort über 1000 Karten und Bildchen vorhanden.“ Eine überaus spitzfindige Lösung, an das Kerzengeld ranzukommen, meint das Bischöfl. Ge-neralvikariat Trier gefunden zu haben. Am 4.2.39 schlägt die Behörde dem Pfarrer Müller in Holsthum vor: „Wir gehen davon aus, daß die Pfarrgemeinde Eigentümerin der Klause ist. Wenn Windisch seine Möbel bis zum 6.2.39 nicht abgeholt hat, können Sie sie aus der Klause entfernen lassen. Sie müssen allerdings für eine angemessene Unterbringung der Möbel be-sorgt sein. Vielleicht empfiehlt sich auch eine Benachrichtigung an die Firma Hamacher in Trier dahin, daß Windisch die Klause verlassen hat und z. Zt. in Frankfurt (genaue Adresse angeben!) wohnt und daß noch Möbel in Schankweiler vorhanden sind. Die Firma Hamacher mag dann gegebenenfalls auf Grund eines Rechtstitels die Möbel pfänden und zur Versteigerung brin-gen. – gez. von Meurers.“ Die letzte Erwähnung der „Sache Kerzengeld“ erfolgt in den „Windisch-Akten“ am 29. Juni 1939, also kurz vor Beginn des 2. Weltkriegs. Die Wachswaren-Fabrik Hamacher, Trier, teilt Sr. Hochwürden Herrn Pfarrer P. Müller in Holsthum mit: „Da wir bis heute auf unser Schrei-ben vom 19. Jan. keinerlei Nachricht von Ihnen erhalten haben betr. den ehemaligen Bruder Petrus Franziskus von der Schankweiler Klause, so haben wir heute die Angelegenheit der Bischöfl. Behörde unterbreitet. Sobald uns eine Nachricht zugegangen ist, werden wir Ihnen hiervon Mitteilung machen. – Mit freundl. Gruß! – Hamacher.“ Über das Ende der Wachskerzenepisode werden wir wohl erst am Ende der Welt Aufklärung erhalten, wenn das Ewige Licht angezündet ist. Zum Kapitel „Ehrlichkeit und Wahrheitsliebe“ im Leben des Eremiten Bruder Petrus: Aus einigen Begebenheiten mußten wir herauslesen, daß Bruder Petrus mit der Ehrlichkeit und der Wahrheitsliebe auf Kriegsfuß stand; das jetzt wiedergegebene Geschehnis ist ebenfalls ein Beispiel für diese Feststellung. Der Tatbestand war folgender: In seiner Zeit als Eremit auf der Schankweiler Klause ließ Bruder Petrus durch Malermeister Molitor (Ferschweiler) Malerar-beiten ausführen; die benötigten Farben stellte Herr Molitor. Als der Einsiedler die Eremitage auf dem Ferschweiler Plateau verließ, „vergaß“ er, Arbeit und Materialien zu bezahlen. Al-bert, der Sohn des Malers, setzte im April 1939 ein Schreiben auf, in dem er die Bezahlung verlangte, und schickte es an des Eremiten neue Wohnung in Frankfurt a. M. – Am 22. April 1939 antwortete Richard Josef Windisch Herrn Molitor: „An Herrn Caspar Molitor, Anstrei-chermeister, Ferschweiler, Eifel! – Empfing heute beiliegendes Schreiben, das von Ihrem Sohn datiert ist, und sende es mit folgenden Anmerkungen zurück an Sie. Ich bedaure, daß die Kirchenkasse in Holsthum Ihnen den Betrag von 8,00 RM bis heute nicht überwiesen hat. Nach dem Reichsgesetzbuch muß der Hauseigentümer für die Sache der Wohnung der Schankweiler Klause aufkommen; also hiermit der Kirchenvorstand Schankweiler/Holsthum. Nicht der Bewohner der Klause! Die Kirchenvorstandsmitglieder Peter Schrot und Jakob Zimmer waren ja darüber unterrichtet. Wenden Sie sich bitte an den jetzigen Herrn Pfr. Mül-ler in Holsthum. – Andernfalls können Sie weitere Aufklärung von meinem Rechtsanwalt – Herrn Baumeister in Bitburg – erhalten. Wären unter den Bewohnern von Ferschweiler keine falschen und schlechten Menschen, so wäre ich heute noch auf der Schankweiler Klause. Und den Jungens (siehe Seite 3), welche von Ferschweiler bei mir waren und gearbeitet hatten, wären die Unannehmlichkeiten erspart

Page 18: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

18

geblieben. Ich wurde von Bruder Alfons (Vorgänger von Windisch) und von Mitgliedern des Kirchenvorstandes in Holsthum genug gewarnt, aus Ferschweiler zu bleiben. Hatte dieses leider nicht geglaubt, und heute ist dieses wahr. Und trotz alledem konnte von dort niemand das erreichen, was derselbe dachte und wollte. Teilen Sie mit innerhalb 6 Wochen, spätestens am 2. Juni 1939 mit, ob Ihnen das Geld – 8,00 RM – durch den Kirchenvorstand in Holsthum überwiesen worden ist. – Mit deutschem Gruß! Bruder Petrus R. J. Windisch.“ Bis Ende Juli wartet Anstreicher Caspar Molitor in Ferschweiler auf sein Geld. Doch die Mo-neten treffen nicht ein. – Am 1. August 1939 wendet er sich abermals an den Holsthumer Pas-tor und erinnert ihn an die ausgebliebene Zahlung. Er schreibt: „Herrn Pastor in Holsthum! – Beiliegendes Schreiben beweist Herrn Pastor, daß die Klause von mir Farben erhalten hat. Als seinerzeit Bruder Petrus die Schankweiler Klause verließ, versuchte ich, durch meinen Sohn Albert den Betrag vom Kirchenrechner zu erhalten; der jedoch verwies den Jungen an Bruder Petrus. Ich habe als Handwerker bestimmt im guten Glauben die Farbe für die Klause geliefert, weil ich an ein Nichtbezahlen nie dachte. – Ich bitte Herrn Pastor um Regelung meiner Rechnung! Mit aller Hochachtung! – Kaspar Molitor, Anstreichermeister.“ Der geneigte Leser soll nochmals daran erinnert werden, daß der ehemalige Eremit des Kläus-chens noch immer das Holsthumer Pfarrhaus und das Bischöfl. Generalvikariat Trier mit Vor-schlägen, Drohungen und Lügen traktiert, um an seine Möbel auf der Klause zu kommen. Das katholische Dompfarramt Frankfurt nimmt sich des Richard Josef Windisch, ehemals Eremit auf dem Ferschweiler Hochplateau, an. Am 26. Oktober 1939 erhält der Seelsorger von Holsthum seltene Post. Ihr Absender lautet: Bischöfliches Kommissariat, Kath. Dom-pfarramt, Fernruf: 24324, Frankfurt a. M., Domplatz 14. Dem Kommissariat geht es um Win-disch; es schreibt: „Wie Ihnen bekannt sein wird, hat ein aus Frankfurt stammender Richard Josef Windisch eine Zeitlang eine Klause als Eremit in Schankweiler innegehabt. Auf Veran-lassung der Bischöfl. Behörde zu Trier hat er sie verlassen und ist nach hier zurückgekehrt. Da er ein Aufnahmezeugnis in den 3. Orden der Franziskaner-Eremiten (Zentrale Regens-burg) besitzt (wie die Bischöfliche Behörde zu Trier mir bestätigt), so wünscht er, in diesem Beruf zu bleiben. Er bemüht sich gegenwärtig um eine freigewordene Eremitenklause in der Diözese Paderborn. Ehe ich ihn dorthin empfehle, möchte ich eine Äußerung von Ihnen über sein früheres Verhalten und seine Qualifikation haben. Wegen seines Unterhaltes hat das jet-zige Fürsorgeamt, wie er sagt, auch mit Schankweiler korrespondiert. Für Ihre freundliche Auskunft bestens dankend grüßt Sie: Herr, Stadtpfarrer.“ Anmerkung: Es sieht so aus, als hätte sich die Sache im Sowelsande der Ferschweiler Hoch-fläche verlaufen. Herr R. J. Windisch als Küster? – Stadtpfarrer Herr aus Frankfurt versucht, dem einstigen Eremiten Windisch eine Küsterstelle in Grünheim zu vermitteln. Herr Windisch schimpft wie ein Rohrspatz, als er hört, daß zwei Klosterschwestern an den beiden Kirchen Grünheim und Dornbusch den Küsterdienst übernehmen sollen. Er will nicht einsehen, daß man Nonnen an die Stelle des Küsters setzt. (Mitteilung vom 7.12.39) Windisch, Frankfurt, a. M., Eppsteinerstr. 30 parterre, übermittelt am 7.12.39 Pfarrer Herr aus Frankfurt Kenntnisse über seine Gesundheit und schreibt: „Zur gefl. Kenntnisnahme gestatte ich mir mitzuteilen, daß der vom hiesigen Arbeitsamte bestellte Arzt mich am 5. ds. Mts. für schwere Arbeiten untauglich geschrieben hat. Ich wurde in der letzten Zeit von fünf Ärzten

Page 19: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

19

untersucht, darunter befanden sich 1 Augenarzt und 1 Kreisarzt. (Frage: Wo holt der Führer Adolf Hitler für Windisch die vielen Ärzte her?) Pfr. Hartleib vom Kath. Pfarramt St. Mauritius, Frankfurt a. M. – Schwanheim, tritt für Bru-der Petrus ein und schickt dem Holsthumer Pastor am 16.5.1940 ein Brieflein folgenden In-halts: „Sehr geehrter Herr Pfarrer! – Der ehemalige Eremitenbruder Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, bat mich Sie zu bitten, daß Sie ihm die in der Schankweiler Klause noch befindlichen Möbel und Küchengerät an seine Adresse, Frankfurt a. M., Eppsteinerstra-ße 30 parterre unfrankiert schicken möchten. Derselbe ist gegenwärtig als Gartengehilfe bei der Stadt Frankfurt a. M. beschäftigt und verdient sich so seinen Lebensunterhalt. Ich kenne

Herrn Windisch schon über 25 Jahre und unterstütze ihn nach Möglichkeit, damit er nicht gezwungen ist, als Bettler sein Brot zu verdienen. – gez. Hartleib, Pfr.“ Der II. Weltkrieg wirft seine Schatten über die Schankweiler Klause (neben-stehende Abb.: Kapelle von Norden). Am 1. Juli 1940 meldet Pfr. Peter Mül-ler, Holsthum, seinem Amtsbürger-meister in Wolsfeld Kriegsschäden am

Kläuschen und listet auf: „Die Schankweiler Klause war von Anfang des Krieges bis zum Beginn der Operationen im Westen mit Militär belegt. In der angebauten Klausnerwohnung lag beständig Militär, und die Kapelle selbst wurde während 14 Tagen im November bis zur Erstellung der Baracken in den „Drejschen“ zur Unterbringung von Mannschaften benutzt. Trotz wiederholter Vorsprache bei den jeweiligen Truppen wurde für all diese Zeit kein Quar-tiergeld gezahlt. Nachdem nun die Klause frei geworden war, nahmen wir eine eingehende Besichtigung vor. Dabei stellte sich heraus:

1. Die an der Kapellentüre angebrachten beiden Schlösser – eines davon war ein altes Kunstschloß – und die beiden Schlösser an der Wohnung sind verschwunden.

2. Die in der Klausnerwohnung vorhanden gewesenen Möbel und die dort sicher gestell-ten Möbel und Haushaltsgegenstände des früheren Klausners sind nicht mehr vorhan-den.

3. Das Treppenhaus und die einzelnen Räume sind sehr beschädigt. 4. In der Kapelle selbst sind die Reliquiengräber in den Altarsteinen der drei Altäre

erbrochen und die Reliquien entfernt; so daß vorläufig keine hl. Messe mehr dort ge-feiert werden kann.

5. Die Bekleidungen der Altartische an den Seitenaltären sind beschädigt und die Altar-tücher verschwunden. – gez. Der Kirchenvorstand.“

Am 5. Okt. 1940, das zweite Weltkriegsjahr hat begonnen, kann Windisch erneut nicht an sich halten. Er muß sich an Pfr. Müller in Holsthum von Frankfurt aus wenden und diesem eine Botschaft senden. Er schreibt: „Vom Schreiben des Herrn Hartleib, Pfarramt St. Mauriti-us, Schwanheim, an Sie, habe ich Kenntnis erhalten. Als letzten Termin bezüglich meiner Möbel und Sachen auf der Schankweiler Klause setze ich den 25. Okt. 1940; sie sind per Frachtbrief zu senden. Sämtliche Sachen, Kisten und Möbel sowie die im Keller befindlichen vollen Flaschen sind abzusenden. Der Herr Lais aus Holsthum wird Ihnen eine leere Kiste schon hierzu geben.

Page 20: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

20

Nehmen Sie einmal mit den Barmherzigen Brüdern in Trier Rücksprache, vielleicht können dieselben mir die Sachen zufahren, oder aber der Herr Knötgen. Meine Wäsche und kirchl. Paramente befinden sich auch noch in den Kirchen zu Schankwei-ler und Holsthum. Diese Sachen müssen mir ebenfalls sofort zugeschickt werden. Die deut-sche Reichsregierung ist in Kenntnis gesetzt. Schließlich gehören mir zudem die Herz-Jesu-, Muttergottes- und Konrad von Parzam-Sta-tuen sowie das Große Betrachtungsbuch. Auch diese Dinge sind mir umgehendst zu liefern. Euer Hochwürden müssen alle entstehenden Unkosten bezahlen. Mit kath. Gruß! Bruder Petrus, Eremit, geb. Rich. Jos. Windisch.“ Eine neue Figur, nämlich Emil Radke, Frankfurt a. M., Westendplatz 37, tritt auf den Plan und offenbart sich am 22.5.42 dem Holsthumer Pfarrherr in folgenden Worten: „Herr Josef Windisch, eremitierter Klosterbruder Petrus, hat mich bevollmächtigt, die Gegenstände, die sein persönliches Eigentum sind, bis genau 15.6.1942 an ihn, per Postsendung zum Versand zu bringen. Sie und der Kirchenvorstand Holsthum/Schankweiler sind wiederholt dazu aufge-fordert worden. Sollte bis zum 15. Juni das Eigentum des Herrn Windisch nicht zum Versand gebracht sein, so wird diese Angelegenheit einem Rechtsanwalt zur weiteren Verfolgung zu-geleitet – Mit deutschem Gruß! Emil Radke.“ Dem Trierer Generalvikariat geht es in erster Linie um die sakralen Textilien. Am 4. Sept. 1942 schreibt der Generalvikar an das Kath. Pfarramt Holsthum: „Betrifft Petrus Windisch. Herr Petrus Windisch, Frankfurt/Main, teilt uns mit, daß er am 13. oder 14.9. dorthin kommen wolle, um seine Sachen persönlich abzuholen, insbesondere wolle er die ihm gehörigen Para-mente, die in den Kirchen von Schankweiler und Holsthum sich befinden, nun zurück haben. Es wird festzustellen sein, inwieweit diese Paramente Eigentum des Windisch sind, oder ob sie nicht der Schankweiler Klause geschenkt wurden bzw. dem Windisch für die Schankwei-ler Klause übergeben wurden. – gez. von Meurers.“ Post aus Luxemburger Landen! – Am 8.9.1942 erhält Pfarrer Pet. Müller, Holsthum, Kreis Bitburg, einen Brief von M. Feller, Pfarrer in Rosport (Lux.). Pastor Feller will eine Informa-tion erhalten und schreibt: „Ich erlaube mir, Ihnen beiliegenden Brief (dessen Inhalt bleibt uns unbekannt!) zu übersenden, den ich von einem früheren Bruder der Schankweiler Klause er-halten habe. Dürfte ich Hochwürden bitten, mir in allem Vertrauen, ein Wort über die Persön-lichkeit besagten Bruders mitzuteilen und auch den Brief retour zu senden. Ich danke Ihnen im Voraus und bitte Sie, meine Hochachtung in Christo genehmigen zu wol-len. – gez. M. Feller, Pfarrer in Rosport.“ Drei Anmerkungen zur Identität des im Brief des Rosporter Geistlichen erwähnten Klausen-bruders:

1. Auch wenn der besagte Klausner nicht namentlich erwähnt wird, können wir sicher sein, daß es sich bei ihm um keinen anderen als um unseren Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, handelt; er ist nämlich von allen früheren Einsiedlern der Schankweiler Klause der einzige, der noch am Leben ist.

2. Was den Inhalt des besagten Briefes anbelangt, so können wir davon ausgehen, daß es sich um eine Bewerbung der freigewordenen Stelle eines Eremiten auf der Girster Klause (Lux.) handelt; bis auf den heutigen Tag liegt die Girster Klause innerhalb der Pfarrei Rosport, wurde also vor 64 Jahren von dem genannten Pfarrer M. Feller be-treut.

3. Sicherlich wissen wir alle, welches Wort Pfr. Müller aus Holsthum seinem luxembur-gischen Confrater M. Feller, Rosport, mitgeteilt hat.

Page 21: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

21

Die schrecklichste militärische Auseinandersetzung aller Zeiten, der Zweite Weltkrieg, hat es nicht fertiggebracht, den Eremiten Bruder Petrus zum Verstummen zu bringen; dies beweist

das folgende Schriftstück, mit dem sich Richard Josef Windisch am 4. Oktober 1946 von Manwode aus über War-burg/Westfalen an die Pfarrei Holsthum, Kreis Bitburg, wendet. Darin vermerkt Herr Windisch: „Erlaube mir, Euer Hochwürden zur gefl. Kenntnisnahme mitteilen zu dürfen, daß ich in der Woh-nung der Schankweiler Klause noch einen Schrank, sowie eine neue Bettstel-le oben auf dem Boden habe. Bitte diese beiden Teile baldigst durch den Land-wirt Herrn Mathias Arenz, ‚auf den Scharen’, (Holsthum) herausholen zu lassen und der angegebenen Adresse zu senden! Unkosten werden erledigt. – Mit ehrfurchtsvollem Gruß! Euer Hochwür-den ergebenster Bruder Petrus, Eremit.“ Der neue Holsthumer Pfarrer Backes bringt eine Menge Mut auf und beant-wortet am 23. Juni 1947 des Eremiten Schreiben kurz und bündig wie folgt: „In der Klausnerwohnung (s. nebenste-hende Abb.) befinden sich keine Möbel-stücke. Wahrscheinlich sind diese durch

Kriegseinwirkung zerstört oder von Soldaten oder Flüchtlingen gestohlen worden. gez. Pfarrer Backes (Unterschrift).“ Hiermit schließt sich die Akte „Richard Josef Windisch“, ehemals Klausner auf dem Schank-weiler „Kläuschen“, genannt Bruder Petrus. Die Aufzeichnungen gewähren keine Auskunft darüber, was aus dem absonderlichen Eremiten geworden ist. Schlußakkord! Auch nach Richard Josef Windisch – genannt Bruder Petrus – und Weltkrieg scheint das Einsiedlerwesen auf der Schankweiler Klause noch eine Zukunft zu haben. Man höre und staune! Am 11. Februar 1947 wendet sich das Bischöfliche Generalvikariat Trier an Pfarrer Backes, Holsthum / über Bitburg. Betreffs der Schankweiler Klause will es mitgeteilt bekommen: „Bei uns hat sich ein gewisser Nicoletto Nikolaus gemeldet, der sich auf der Schankweiler Klause niederlassen will. Er ist geboren 1908 in Pirmasens und war zuletzt als Krankenpfleger in Köln tätig. Wir bitten um Mitteilung, ob eine Wiederbesiedlung der Klause überhaupt möglich und Ihnen erwünscht ist. gez. von Meurers.“ Wir können uns gut vorstellen, wie die Antwort des Pastors Backes – und wohl restlos aller seiner Pfarrkinder aus Holsthum und Schankweiler – an die Trierer Bischofsbehörde ausgefal-len ist.

Page 22: Richard Josef Windisch, genannt Bruder Petrus, der letzte Eremit auf der … · 2006. 10. 23. · Bitte dieses Schreiben der Gemeindevertretung vorlegen zu wollen. Gezeichnet: Bruder

22

Finale: Nach dem mißratenen „Windisch“-Abenteuer faßte die Pfarrgemeinde Holsthum-Schankweiler den Vorsatz, nie mehr ihre Einsiedelei auf der Ferschweiler Höhe zu besetzen. Doch nach einem halben Jahrhundert geriet dieser Vorsatz in Vergessenheit. Da beschlossen sie, es einmal mit einer Eremitin zu versuchen. Schwester Johanna erklärte sich bereit, ein mit Gott verbundenes Leben in der Südeifeler Waldeinsamkeit zu führen. Der Bischof von Trier befürwortete und genehmigte die Wiedereinrichtung der Schankweiler Klause. Die offizielle Wiedereröffnung und Einsegnung der Eremitage erfolgte im Rahmen einer Meßfeier am Lichtmeßtag 2004. Fortan führt eine Schwester als „diözesane“ Einsiedlerin unter der unmittelbaren Autorität des Diözesanbischofs die eremitische Tradition auf dem Kläuschen fort (siehe M. Mayer, Klau-senbuch; Seite 53). Den Ausspruch eines älteren Ferschweilers am Einführungstag der Einsiedlerin Sr. Johanna finden wir so bemerkenswert, daß er nicht in Vergessenheit geraten darf und hier – abschlie-ßend – zitiert werden soll: „Hoffentlich geet daat ald god mat dem junge Medchen an dem dewö Bösch!“ Literaturnachweis: Mayer, Matthias: Marien-Wallfahrtskirche Schankweiler Klause, Neu-

erburg 2004 Oberweis, Christian: Der Ferschweiler Leute Buch, Neuerburg, 2001