RN-FOTO KLAPSING-REICH Wehmut, Wodka und Wick …€¦ · Davies Jr., Eric Clapton und anderen auf....

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Von Anke Klapsing-Reich leine Literaturforma- te kommen heute zu großen Ehren“, hatte Kulturamtsleiterin Sabine Podlaha am Samstag- abend die Kooperationsveran- staltung von Kulturbüro, Stadtbibliothek und Corne- lia-Funke-Baumhaus einge- läutet – und da stürmten auch schon die „großen Formate“ des Abends die Bühne im VHS-Forum: Das Schauspie- ler-Ehepaar Christine Som- mer und Martin Brambach – bekannt aus der Fernseh- und Theaterwelt. Den beiden zur Seite (und Saite) stand Mat- thes Fechner, der die Lesung mit Gitarre und Blues-Songs bestens begleitete. Ohne große Vorrede rührte das Paar auch gleich nach der Rezeptvorlage von Ruhrpott- Autor Frank Goosen den ers- ten Cocktail an: Man nehme eine leere, gründlich gespülte K 1-Liter-Flasche, kippe 0,7 Li- ter Wodka hinein, löse darin eine Tüte Wick-Blau-Husten- bonbons auf und lasse das Ganze mit mehrmaligem Durchschütteln etwas „arbei- ten“ fertig ist „Wodka- Wick-Blau“. „Den lassen wir jetzt etwas gären“, schüttelte Martin Brambach das Killer- Gebräu vor erwartungsvollen Publikumsaugen kräftig durch, „dann können Sie in der Pause selbst probieren“. Spüli, Pommes und Mücke Cocktails und Bars, Zigaret- ten und Petticoats – die Sehn- sucht nach der „amerikani- schen Glitterwelt“ trieb in der Nachkriegszeit so manchen ins schwärmerische Träumen. Und immer waren es die schwarzhaarigen Ladys im eng anliegenden Kleid mit der Zigarettenspitze zwischen den knallrot lasziv geschürz- ten Lippen, die die Männer- welt ins Unglück stürzten. Um Sex und Drugs und Rock’n‘Roll geht’s auch bei Spüli, Pommes, Mücke und dem Ich-Erzähler Frank Goo- sen: Die Jungs träumen von einer Karriere als Rockmusi- ker. Doch bevor sie anfangen, ein Instrument zu erlernen, wollen sie an ihrer Biografie arbeiten, und die muss skan- dalös und schmutzig sein. Die frustrierte Ehefrau ei- nes Friedhofswärters, die ihre Ehe in ihrer eigens geschaffe- nen Parallelwelt übersteht, das Pärchen, das mit Glücks- pillen nach Bewusstseinser- weiterungen sucht, der Opa, der posthum durch seinen Enkelsohn das lange gehütete Geheimnis lüften lässt, dass er seine launische Ehefrau jahrelang mit der Oberstei- ger-Gattin aus dem Nachbar- haus betrogen hat – Christine Sommer und Martin Bram- bach bringen die Geschichten von Franz Goosen, Michael Klaus und Ezra Pennekamp über den kleinen Mann, seine Sehnsüchte und (zerplatzten) Träume als inszeniertes Schauspiel auf die Bühne: Da springt Brambach euphori- siert auf den Stuhl oder fleht die Kassiererin auf Knien um eine Payback-Karte an. Da schwellen ihm vor Zorn die Adern im Hals, während Christine Sommer überzeu- gend die traurig-naive oder bekiffte Partnerin mimt. Blues-Songs Matthes Fechner nimmt die Themen der Texte in seinen wunderbar interpretierten Blues-Songs von Armstrong, Davies Jr., Eric Clapton und anderen auf. Und wer auch gerne einmal mit solch mar- kanter, rauchiger Stimme sin- gen möchte, der kann’s ja mal mit einer Lage Wodka-Wick- Blau versuchen. Wehmut, Wodka und Wick-Blau DORSTEN. Auf ihrer literarischen Reise „Von Gelsenkirchen bis Hollywood“ machten Christine Sommer, Martin Brambach und Matthes Fechner auch Station in Dorsten – und begeisterten ihr Publikum. Eine wahrhaft bewegte Lesung: Da springt Martin Brambach auch schon ´mal auf den Stuhl und seine Schauspieler-Kollegin und Ehefrau Christine Sommer wedelt sich in andere Bewusstseins-Sphären. RN-FOTO KLAPSING-REICH Matthes Fechner begleitete die Lesung mit Blues-Songs, die von Menschen und ihren (zerplatzten) Träumen erzäh- len. RN-FOTO KLAPSING-REICH

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Von Anke Klapsing-Reichleine Literaturforma-te kommen heute zugroßen Ehren“, hatteKulturamtsleiterin

Sabine Podlaha am Samstag-abend die Kooperationsveran-staltung von Kulturbüro,Stadtbibliothek und Corne-lia-Funke-Baumhaus einge-läutet – und da stürmten auchschon die „großen Formate“des Abends die Bühne imVHS-Forum: Das Schauspie-ler-Ehepaar Christine Som-mer und Martin Brambach –bekannt aus der Fernseh- undTheaterwelt. Den beiden zurSeite (und Saite) stand Mat-thes Fechner, der die Lesungmit Gitarre und Blues-Songsbestens begleitete.

Ohne große Vorrede rührtedas Paar auch gleich nach derRezeptvorlage von Ruhrpott-Autor Frank Goosen den ers-ten Cocktail an: Man nehmeeine leere, gründlich gespülte

K1-Liter-Flasche, kippe 0,7 Li-ter Wodka hinein, löse darineine Tüte Wick-Blau-Husten-bonbons auf und lasse dasGanze mit mehrmaligemDurchschütteln etwas „arbei-ten“ – fertig ist „Wodka-Wick-Blau“. „Den lassen wirjetzt etwas gären“, schüttelteMartin Brambach das Killer-Gebräu vor erwartungsvollenPublikumsaugen kräftigdurch, „dann können Sie inder Pause selbst probieren“.

Spüli, Pommes und MückeCocktails und Bars, Zigaret-ten und Petticoats – die Sehn-sucht nach der „amerikani-schen Glitterwelt“ trieb in derNachkriegszeit so manchenins schwärmerische Träumen.Und immer waren es dieschwarzhaarigen Ladys imeng anliegenden Kleid mit derZigarettenspitze zwischenden knallrot lasziv geschürz-ten Lippen, die die Männer-

welt ins Unglück stürzten.Um Sex und Drugs und

Rock’n‘Roll geht’s auch beiSpüli, Pommes, Mücke unddem Ich-Erzähler Frank Goo-sen: Die Jungs träumen voneiner Karriere als Rockmusi-ker. Doch bevor sie anfangen,ein Instrument zu erlernen,wollen sie an ihrer Biografiearbeiten, und die muss skan-dalös und schmutzig sein.

Die frustrierte Ehefrau ei-nes Friedhofswärters, die ihreEhe in ihrer eigens geschaffe-nen Parallelwelt übersteht,das Pärchen, das mit Glücks-pillen nach Bewusstseinser-weiterungen sucht, der Opa,der posthum durch seinenEnkelsohn das lange gehüteteGeheimnis lüften lässt, dasser seine launische Ehefraujahrelang mit der Oberstei-ger-Gattin aus dem Nachbar-haus betrogen hat – ChristineSommer und Martin Bram-bach bringen die Geschichten

von Franz Goosen, MichaelKlaus und Ezra Pennekampüber den kleinen Mann, seineSehnsüchte und (zerplatzten)Träume als inszeniertesSchauspiel auf die Bühne: Daspringt Brambach euphori-siert auf den Stuhl oder flehtdie Kassiererin auf Knien umeine Payback-Karte an. Daschwellen ihm vor Zorn dieAdern im Hals, währendChristine Sommer überzeu-gend die traurig-naive oderbekiffte Partnerin mimt.

Blues-SongsMatthes Fechner nimmt dieThemen der Texte in seinenwunderbar interpretiertenBlues-Songs von Armstrong,Davies Jr., Eric Clapton undanderen auf. Und wer auchgerne einmal mit solch mar-kanter, rauchiger Stimme sin-gen möchte, der kann’s ja malmit einer Lage Wodka-Wick-Blau versuchen.

Wehmut, Wodka und Wick-BlauDORSTEN. Auf ihrer literarischen Reise „Von Gelsenkirchen bis Hollywood“ machten Christine Sommer,

Martin Brambach und Matthes Fechner auch Station in Dorsten – und begeisterten ihr Publikum.

Eine wahrhaft bewegte Lesung: Da springt Martin Brambach auch schon ´mal auf den Stuhl und seine Schauspieler-Kollegin und Ehefrau Christine Sommerwedelt sich in andere Bewusstseins-Sphären. RN-FOTO KLAPSING-REICH

Matthes Fechner begleitetedie Lesung mit Blues-Songs,die von Menschen und ihren(zerplatzten) Träumen erzäh-len. RN-FOTO KLAPSING-REICH