Rodgauer Leichtgewicht - NIK HUBER GUITARS

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GRAND ELECTRICS 36 grand gtrs Das Gute an dieser Gitarre ist neben ihrem Look vor allem ihr Sound. Dass sie nur 2,7 Kilogramm wiegt, hat natürlich infolge ihrer Schwingmasse eine klangliche Relevanz. Ein Instru- ment nicht zuvorderst als „Leichtge- wicht“ zu wertschätzen, sondern auch aufgrund seiner klanglichen Facet- ten zu beurteilen, ergibt daher Sinn, lässt sich die Krautster doch gerne auf mehreren Bühnen sehen. Von Axel Heilhecker Nik Huber Krautster II Rodgauer Leichtgewicht

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GRAND ELECTRICS

36 grand gtrs

Das Gute an dieser Gitarre ist nebenihrem Look vor allem ihr Sound. Dass

sie nur 2,7 Kilogramm wiegt, hat natürlich infolge ihrer Schwingmasseeine klangliche Relevanz. Ein Instru-ment nicht zuvorderst als „Leichtge-wicht“ zu wertschätzen, sondern auchaufgrund seiner klanglichen Facet-

ten zu beurteilen, ergibt daherSinn, lässt sich die Krautsterdoch gerne auf mehreren

Bühnen sehen.

Von Axel Heilhecker

Nik Huber Krautster II

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as zum Beispiel bei einem leichtge-wichtigen Late Fifties „Les PaulStandard“-Replikat im Hinblick auf

die mit ihr assoziierten Rock‘n’Roll-typischenKlangkriterien bei einem Gewicht unterhalb 3,9Kilogramm – ich favorisiere mindestens 4 Kilo-gramm – schon mal den historisch verbürgtenRahmen sprengt, ist kein Kriterium und Themafür Nik Hubers Krautster. Sie bewegt sich in einereigenen zeitgenössischen Referenzzone, in dereben vieles oder alles erlaubt ist, was auch denKlang betrifft. Und genau das ist letztendlich aus-sagefähig und interessant.

SilverburstDie Krautster mit einer Les Paul „Junior“ oder„TV“ zu vergleichen, ist nur an der Oberflächesinnvoll. Klar, der Body Look inklusive Wrap -around-Bridge weckt diese Assoziation. Ameri-kanische Rock‘n’Roll-Kultur klingt sowieso an,allerdings mit Niks eigenen Vorlieben und eige-ner Interpretation. Die Krautster setzt auf klang-liche Vielseitigkeit und ist im Grundklang offenerals Gibsons klanglich kompakt und kantig drü-ckender originaler Mahagoni-Klassiker. Diese Of-fenheit, verwendet wird Zeder für den Body undAhorn für den eingeleimten Hals, ermöglicht es,mittels der unterschiedlichen Pickup-Typen(Humbucker am Steg und P90 in der Neck-Posi-tion) einen entsprechend variantenreichen Tonnutzbar zu machen, unterstützt von der direktenbreitfrequenten Übertragung der auf Messing-Gewindebolzen gelagerten Aluminium-Wrap -around-Bridge. Letztere wird exklusiv für NikHuber gefertigt und für ein sauberes Tuning op-timiert, sodass die altbekannte Intonationspro-blematik klassischer Wrap around-Bridges, die esoftmals gilt, spielerisch auszugleichen, erheblichgelindert wird. Der splitbare Häussel Humbucker

produziert einen akzentuierten mittigen, gerun-deten Sound in der Grundposition. Schaltet manam Push/Pull Ton-Regler auf Split Coil um, ergibtsich ein drahtiger „stratiger“ Ton, der dann auchim Übergang zum Sound des Neck-Pickups, derebenfalls sehr brillant, aber nicht hart, sondernbluesig bis countryfiziert daherkommt, fließendpasst. Das Umschalten zwischen Steg-Humbu-cker und Neck Single Coil fällt dagegen, leichteinsichtig, ziemlich dramatisch aus – als hätteman zwei Gitarren in einer, sozusagen der Preisder Vielseitigkeit. Berufsmusiker bezeichnen sol-che Instrumente gerne als Arbeitstier für ihren Ar-beitsplatz. Die Krautster nimmt einem jedoch beialler Vielseitigkeit eigentlich aufgrund ihres ba-lancierten, kaum unkontrolliert überbordendenSounds Mühen ab. Insofern ist man wieder näheram Spaß dran, wenn man will.

Allround CatIch persönlich habe jedenfalls Spaß mit diesemAllroundrocker, der Rundheit und akzentuie-rende Definition gleichermaßen gekonnt aus-spielt. Hier verschwimmt nichts in einemüberbordenden Bassbereich und nervige Prä-senzen treten ebenso wenig hervor, alles ertöntobertonreich und balanciert. Die Riffs untererLagen kommen messerscharf rüber, ob man dasjetzt im Hum bucker-Betrieb oder im Single-Coil-Modus mit noch mal mehr Steel im Sound ab-feiert. Es bleibt dem Spieler überlassen, ob erdie Fülle unterer Mitten beansprucht oder denSound drahtiger einstellt. Die klirrig schneiden-den traditionellen Tele-Sounds der Sixties, wieman sie etwa im Country-Segment zu hörenbekam, bleiben jedoch außen vor. Die Krautsterbietet stattdessen Ausgewogenheit, was fetten

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DETAILS

Hersteller: Nik Huber Herkunftsland: Deutschland Modell: Krautster II Hals-Korpus-Verbindung: verleimt Korpus: Zeder einteilig, Solidbody, Les Paul Style Lackierung: Silverburst Hals:Ahorn Griffbrett: Ebenholz Binding: Creme Halsprofil: U-Style Griffbretteinlagen: Block Inlays Kopfplatte: Ebenholz Furnier Sattel: Knochen Bünde: 22 Bunddraht:Medium Jumbo Mensur: 635 mm Radius: Compound 255 mm bis 350 mm Mechaniken: Gotoh Kluson Style Breite Sattel: 42,4 mm Breite 12. Bund: 51,7 mmHalsdicke (1./12.): 22,5/24,5 mm Elektronik: 1x Volume, 1x Ton (Push/Pull für Coil Tap des Steg-Humbuckers), 3-Weg Schalter Pickups: Häussel Custom Humbucker Bridge, Häussel Custom P90 Neck Schlagbrett: Black Guard Hardware: verchromt, vernickelt Saitenhalterung:Wraparound Stoptail mit Messing-Bolzen Preis: 4.850 Euro Leihgabe: Lead Guitars, Potsdam

www.lead-guitars.de www.nikhuber-guitars.com

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Countryrock Leads moderner Coleur à la KeithUrban ebenso wie cleaneren Sounds, wie sieTom Pettys Mike Campbell vor ein paar Jahrenals Sessionplayer dem späten Johnny Cashunter Regie Rick Rubins zugedacht hat, entge-genkommt. Ansonsten gilt: „Rockaround TheClock!“

Freunde härterer musikalischer Gangarten kön-nen von der exzellenten tonalen Ausgewogen-heit und Gleichmäßigkeit profitieren, besonderswenn zwei Gitarristen am Start sind. Hier ist dieKrautster gegenüber einem schwerkalibigerenInstrument eine sehr gute Ergänzung, weil siesich mit frequenzmäßiger Mittenbetonung undihren klaren klanglichen Konturen von diesemabzusetzen versteht. Das ergibt dann eine diffe-renzierte, ineinandergreifende deftige Sound-wand, zum Beispiel wenn man eine Flying V mit

der Krautster kombiniert. Ob jetzt Wishbone Ashzitierend oder Foo Fighters abfeiernd, es passt.Zur Verwendung in einem Singer/Songwriter-ty-pischen Ensemble à la Conor Oberst oder RyanAdams, wo eventuell zwei elektrische Gitarrenihren Platz im Klangbild beanspruchen oder dieVerwendung einer Akustikgitarre einen wohldif-ferenzierten Gegenpol einer E-Gitarre verlangt,ist diese Gitarre absolut prädestiniert. Derlei fol-kiges Soundklima bedient diese Krautster sehrgut, einmal wegen ihres klaren, dennoch fülligen

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Tons, zum anderen aufgrund ihrer frequentiellenVielseitigkeit und diesbezüglichen einfachenHaptik durch Umschalten der Pickups. Mit 2,7 Kilogramm Gewicht ist der Bassdruckschon begrenzt. Die Bässe sind schlanker, mas-siven Druck einer klassischen Les Paul Standardoder einer schwereren Telecaster sollte mannicht erwarten. Dennoch, diese Gitarre klingtfett, rund und auch druckvoll mit schönem At-tack und, wie erwähnt, betonten oder bedämpf-ten Mitten, je nach Pickup-Wahl. Für eineTrio-Besetzung mit härterem Bluesrock-Reper-toire wäre die Krautster für mich nicht die„Grande Dame“, da nicht gewaltig genug. FürOld School Blues von Johnny Winter bis Keb Modagegen wirklich hervorragend. Ihre Stärke liegtin der Definition, sauberer Abbildung, tonalerDifferenzierung, die nicht von ungefähr an eineLes Paul Custom erinnern. Denn im Grunde istso ein mit Ebenholz-Griffbrett versehener Hals,noch dazu optisch mit den Custom-typischenBlock-Inlays darauf hinweisend, immer ein Ga-rant für einen konturstarken Ton mit spritzigemAttack. Diese Kombination zusammen mitAhorn-Hals und Zeder-Body ergibt dann eine ei-genwillige und gleichzeitig ansprechende

Klangästhetik. Vom Artenschutz sind die ver-wendeten Hölzer noch nicht tangiert, sodassFragen der Zertifikation zurzeit obsolet sind.Apropos Haptik, der Hals ist klasse. Obwohl ermit seiner Sattelbreite von 42,4 Millimetern undder Breite von 51,7 Millimetern am 12. Bund,bei einer Dicke von 22,5 Millimetern am 1.Bund und 24,5 Millimetern am 12. Bund durch-aus kräftig ist, ergibt sich ein flüssiges Spielge-fühl im gesamten Verlauf, welches die Präzisioneiner Performance befördert. Die Skalierung hatNik von Lehrmeister Paul Reed Smith übernom-men, die 635 Millimeter Scale findet sich aberzum Beispiel auch bei Dan Electro Instrumen-ten. Erwähnen muss ich noch das leicht anspre-chende, ausdauerndes Sustain bescherendeSchwingungsverhalten der Krautster, das beimSpiel angenehm physisch vibrierend an derGreifhand spürbar wird. So soll es sein, über-durchschnittlich inspirierend.

Silverburst RevisitedDer Look der Silverburst ist stimmig. Silbrig-me-tallisch im Grundton, mit ins Schwarz verlaufen-den Farbübergängen stellt sie quasi einen dezentauffälligen Eyecatcher dar – stilvoll, attraktiv und

gelungen! Der Hals mit den Block-Logos spen-diert dem Ganzen etwas „Gibson Les Paul Cus-tom“-Appeal, sodass vom Folk moderner Tagebis zum Glamrock-Retro nicht nur musikalisch,spielerisch und klanglich alles geht. Vieles, wasim Kleiderschrank im Fach „You Can’t Do This OnStage Anymore“ abgelegt oder abgehangenwurde, könnte mit der Silverburst, optisch in etwageschmacksneutralisiert, den Weg auf die Bühnezurückfinden. Eine angenommene Glam-Astro-nauten-Veteranen-Bluse in Schwarzrosa, ur-sprünglich mit einer weißen Les Paul Customkombiniert, könnte doch wesentliche Aufwertungund Wiederverwertbarkeit mit einer Nik HuberKrautster erfahren. Auch schwergewichtiges Le-derzeug alter Tage ist durch die exorbitante Ge-wichtsklasse der Gitarre für geschundeneRock‘n’Roller-Rücken eventuell wieder eine Op-tion. Wer das alles ohnehin hinter sich gelassenoder generell verpasst hat, wähnt sich wahr-scheinlich eh schon im grünen Bereich der ge-schmacklichen Indifferenz-Skala, sollte jedoch zurSicherstellung dieser Position die Design-Qualitätdes hier vorgestellten Krautster II-Modells ausdem Hause Nik Huber in Rodgau auf keinen Fallaus den Augen verlieren. z

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