s Auskunftspflichten gegenüber Erben · Österreich und Deutschland. Die Ausführungen können nur...

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§ 256 successio 4/12 Inhaltsverzeichnis Einleitung A. Schweiz 1. Banken 2. Stiftungen und Trusts 3. Lebensversicherungen B. Liechtenstein 1. Banken 2. Stiftungen und Trusts 3. Lebensversicherungen C. Österreich 1. Banken 2. Stiftungen und Trusts 3. Lebensversicherungen D. Deutschland 1. Banken 2. Stiftungen und Trusts 3. Lebensversicherungen E. Ergebnisse Einleitung Erben  sind  zur  Durchsetzung  ihrer  Rechte  im  Nachlass  häufig  auf  Informationen  angewiesen,  zu  welchen  sie  nur  kommen,  wenn  die  (anderen)  Erben oder Dritte ihnen aufgrund von Auskunfts- pflichten  diese  Informationen  liefern.  Im  Folgen- den soll verglichen werden, wie weit die Aus  kunfts- pflicht  von  Banken,  Beteiligten  an  Strukturen  (Stiftungen/Trusts) und Lebensversicherungen ge- hen  und  zwar  in  der  Schweiz,  in  Liechtenstein,  Österreich  und  Deutschland.  Die  Ausführungen  können  nur  einen  ersten  Überblick  über  die  Rechtslage in den vier Ländern geben und wollen  zur  weiteren  Entwicklung  dieser  Rechte  anregen,  insbesondere  aus  einer  rechtsvergleichenden  Be- trachtung heraus. A. Schweiz 1. Banken a. Gesetzliche Grundlagen a)  Die  gesetzliche  Grundlage  für  die  vertragliche Auskunftspflicht der Banken an die Erben setzt beim  Vertrag  ein,  welchen  der  Erblasser  mit  der  Bank  vor seinem Tod abge  schlossen hat. Dies war ein (ir- gendwie  gearteter) Auftrag, 3 bei  welchem  der  Um- fang  der  Rechenschaft  in  Art.  400  OR geregelt  ist:  «Der  Beauftragte  ist  schuldig,  auf Verlangen  jeder- zeit  über  seine  Geschäfts  füh  rung  Rechenschaft  ab- zulegen und alles, was ihm infolge derselben aus ir- gendeinem  Grunde  zu  ge  kommen  ist,  zu  erstatten.»  Durch Universalsukzession  (Art. 560 ZGB) wird das  Auskunftsrecht  des  Erblassers  auf  die  Erben  über- tragen. Im internationalen Verhältnis gilt für die Be- stimmung des anwendbaren Rechts das Vertragssta- tut  (Art. 117 IPRG) und für die Zuständigkeit ist das  Lugano-Übereinkommen (LugÜ) zu beachten. 4 Auskunftspflichten gegenüber Erben 1 Hans Rainer Künzle 2 1  Ausführliche  Fassung  eines Vortrags,  welchen  ich  am  7. Februar 2012 bei der Society of Trust and Estate Prac- titioners  (STEP)  Basel  (www.step-ch-fl.com/public/cen- tres/basel/) gehalten habe. 2  Prof. Dr. Hans Rainer Künzle, Rechtsanwalt, Titularpro- fessor  für  Privatrecht  und  Privatrechtsvergleichung  an  der Universität Zürich (www.rwi.uzh.ch/lehreforschung/ tp/tit-kuenzle.html), Partner von KENDRIS AG, Wengi- strasse 1, 8026 Zürich 4 (www.kendris.com). 3  Im schweizerischen Recht wird die Bankbeziehung nicht  als  Ganzes  vom Auftragsrecht  erfasst,  sondern  die  ein- zelnen  Elemente,  vgl.  CLAUDE BRETTON-CHEVALLIER/ MéGEVAND NOTTER, La  banque  face  aux  demandes  de  renseignements  des  héritiers  –  Aspects  contractuels,  successoraux  et  de  droit  international  privé,  Not@lex  2011, 124: «Le droit suisse ne reconnaît pas la notion de  contrat bancaire général, espèce de contrat cadre appli- cable à toute relation entre un client et sa banque.» 4  Vgl.  ANDREAS SCHRöDER,  Erbrechtliche  Informations- ansprüche  oder:  die  Geister,  die  ich  rief  …,  successio  5  (2011) 189, 193.

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§

256 successio 4/12

Inhaltsverzeichnis

EinleitungA. Schweiz

1. Banken2. StiftungenundTrusts3. Lebensversicherungen

B. Liechtenstein1. Banken2. StiftungenundTrusts3. Lebensversicherungen

C. Österreich1. Banken2. StiftungenundTrusts3. Lebensversicherungen

D. Deutschland1. Banken2. StiftungenundTrusts3. Lebensversicherungen

E. Ergebnisse

Einleitung

Erben  sind  zur  Durchsetzung  ihrer  Rechte  im  Nachlass  häufig  auf  Informationen  angewiesen, zu  welchen  sie  nur  kommen,  wenn  die  (anderen) Erben oder Dritte ihnen aufgrund von Auskunfts-pflichten  diese  Informationen  liefern.  Im  Folgen-den soll verglichen werden, wie weit die Aus kunfts-pflicht  von  Banken,  Beteiligten  an  Strukturen (Stiftungen/Trusts) und Lebensversicherungen ge-hen  und  zwar  in  der  Schweiz,  in  Liechtenstein,  Österreich  und  Deutschland.  Die  Ausführungen können  nur  einen  ersten  Überblick  über  die Rechtslage in den vier Ländern geben und wollen zur  weiteren  Entwicklung  dieser  Rechte  anregen, insbesondere  aus  einer  rechtsvergleichenden  Be-trachtung heraus.

A. Schweiz

1. Bankena. Gesetzliche Grundlagena)  Die  gesetzliche  Grundlage  für  die  vertragliche Auskunftspflicht der Banken an die Erben setzt beim Vertrag  ein,  welchen  der  Erblasser  mit  der  Bank vor seinem Tod abge schlossen hat. Dies war ein (ir-gendwie gearteter) Auftrag,3 bei welchem der Um-fang der Rechenschaft  in Art.  400 OR geregelt  ist: «Der Beauftragte  ist  schuldig, auf Verlangen  jeder-zeit über seine Geschäfts füh rung Rechenschaft ab-zulegen und alles, was ihm infolge derselben aus ir-gendeinem Grunde zu ge kommen ist, zu erstatten.» Durch Universalsukzession (Art. 560 ZGB) wird das Auskunftsrecht des Erblassers auf die Erben über-tragen. Im internationalen Verhältnis gilt für die Be-stimmung des anwendbaren Rechts das Vertragssta-tut (Art. 117 IPRG) und für die Zuständigkeit ist das Lugano-Übereinkommen (LugÜ) zu beachten.4

Auskunftspflichten gegenüber Erben1

Hans Rainer Künzle2

1  Ausführliche  Fassung  eines  Vortrags,  welchen  ich  am 7. Februar 2012 bei der Society of Trust and Estate Prac-titioners  (STEP)  Basel  (www.step-ch-fl.com/public/cen-tres/basel/) gehalten habe.

2  Prof. Dr. Hans Rainer Künzle, Rechtsanwalt, Titularpro-fessor  für  Privatrecht  und  Privatrechtsvergleichung  an der Universität Zürich (www.rwi.uzh.ch/lehreforschung/tp/tit-kuenzle.html), Partner von KENDRIS AG, Wengi-strasse 1, 8026 Zürich 4 (www.kendris.com).

3  Im schweizerischen Recht wird die Bankbeziehung nicht als  Ganzes  vom Auftragsrecht  erfasst,  sondern  die  ein-zelnen  Elemente,  vgl.  cLauDe bretton-cheVaLLier/MégeVanD notter, La  banque  face  aux  demandes  de renseignements  des  héritiers  –  Aspects  contractuels, successoraux  et  de  droit  international  privé,  Not@lex 2011, 124: «Le droit suisse ne reconnaît pas la notion de contrat bancaire général, espèce de contrat cadre appli-cable à toute relation entre un client et sa banque.»

4  Vgl.  anDreaS SchröDer,  Erbrechtliche  Informations-ansprüche oder: die Geister, die  ich  rief …,  successio 5 (2011) 189, 193.

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b)  Die  gesetzliche  Grundlage  für  die  erbrechtliche Auskunftspflicht der Banken an die Erben setzt bei der  gegenseitigen  Auskunftspflicht  unter  den  Er-ben an: Nach Art. 607 Abs. 3 ZGB haben Miterben, «die  sich  im  Besitze  von  Erb schafts sachen  befin-den  oder  Schuldner  des  Erblassers  sind,  …  hier-über bei der Teilung ge nauen Aufschluss zu geben». Nach Art. 610 Abs. 2 ZGB haben sie (sc. die Erben) «einan der  über  ihr Verhältnis  zum  Erblasser  alles mitzuteilen, was für die gleichmässige und ge rechte Verteilung der Erbschaft in Berücksichtigung fällt». Diese Normen werden analog auf Dritte (wie hier 

die  Banken)  übertragen.  Im  internationalen  Ver-hältnis  gilt  für  die  Bestimmung  des  anwendbaren Rechts das Erbstatut (Art. 90 ff. IPRG) und die Zu-ständigkeit bestimmt sich nach Art. 86 ff. IPRG.

b. Praxisa) Die Gerichtspraxis zur Auskunftspflicht der Ban-ken  in  Bezug  auf  das  Bankkonto  machte  in  der Schweiz  eine  bemerkenswerte  Entwicklung  durch, von  der  Verneinung  der  Auskunft  bis  zur  umfas-senden Gewährung derselben: 1939 hat die Privat-sphäre eine Auskunft der Bank gegenüber den Er-ben noch verhindert.5 1945 wurde Auskunft gewährt, allerdings  beschränkt  auf  die  Zeit  seit  dem  letzten Richtigbefund.6  1963  hat  sich  das  Bundesgericht erstmals  für  die  zeitlich  unbeschränkte  Auskunft ausgesprochen.7  1991  wurde  die  Rechtsprechung dahingehend ergänzt, dass auch provisorische Erben ein Auskunftsrecht besitzen.8 2007 hat das Bundes-gericht9 zusammenfassend festgehalten, (1) dass je-der Erbe einzeln Auskunft verlangen könne (E. 2.5), (2)  dass  Anhaltspunkte  zur  Begründung  genügen (E. 2.6)10, (3) dass der Verweis auf das Bankgeheim­nis (Art. 47 BankG) unbehelflich sei (E. 2.6) und (4) dass  höchstpersönliche  Rechte  des  Erblassers  na-turgemäss unvererblich  seien,  sodass auch die ent-sprechenden  Informationsrechte  nicht  auf  die  Er-ben übergehen (E. 2.5). 2010 hat das Handelsgericht Zürich11  klargestellt,  (1)  dass  die  Auskunftspflicht der Banken umfassend12 (nicht auf «relevante» In-formationen  beschränkt)13  (E.  2.5)  und  (2)  unab-hängig  von  der  Auskunftspflicht  anderer  Dritter sei (E. 2.5), (3) dass auch bereits erteilte Auskünfte nochmals gegeben werden müssten  (Erw. 2.6) und (4) keine Vorauszahlungspflicht bestehe (Erw. 2.8). 2012  wurde  schliesslich  durch  das  Bundesgericht14 entschieden, dass auch dar Datenschutz einer Aus-kunft  nicht  entgegenstehe  (interne  Aufzeichnun-gen  über  Kundeninstruk tionen  betreffend  Börsen-geschäfte). Von diesen Punkten ist insbesondere die Frage,  welche  Unterlagen  ein  Erbe  der  Bank  ge-nau vorlegen müsse, um Auskunft zu erhalten, von entscheidender Bedeutung. Im Zivilrecht15 herrscht eine sehr liberale Praxis, indem Anhaltspunkte (wie Unterlagen über die frühere Kontobeziehung oder genaue Angaben über das Konto [z.B. IBAN-Num-mer]) als Grundlage sicher genügen. Ob auch eine voraussetzungs lose  Auskunft  zu  erteilen  sei  (für eine  Negativbescheinigung),  ist  soweit  ersicht lich durch  die  Rechtsprechung  noch  nicht  entschieden worden. Wichtig ist jedenfalls, dass es keinen Inter-essenachweis für eine Auskunft braucht.16 

b) Ein Gemeinschaftskonto (compte-joint) begrün-det  gemeinschaftliches  Eigentum  der  Konto-Inha-

5  Vgl. ZBJV 75 (1939) 158.6  Vgl. SJ 67 (1945) 281.7  Vgl. BGE 89 II 93.8  Vgl. ZR 91 (1992) Nr. 64.9  Vgl. BGE 133 III 664 = 5C.8/2007 = SJ 130 (2008) I 98 = 

SJZ 103 (2007) 584.10  Vgl. BGE 133 III 664, 668 E. 2.6: Es spielt keine Rolle, 

wenn «nicht mit Sicherheit feststeht, ob überhaupt Ein-zahlungen durch den Erblasser erfolgt sind»; es liegt «in der Natur der Sache, dass es im Zusammenhang mit dem Erbgang zu Wissensdefiziten und zum Verlust von Bele-gen über die entsprechenden Vorgänge kommen kann».

11  Vgl. ZR 109 (2010) Nr. 37.12  Ebenso schon ZR 101 (2002) Nr. 26 E. 3.1.13  Vgl. ZR 109 (2010) Nr. 37 E. 2.5: «die Bank hat Fragen 

auch dann zu beantworten, wenn sie ihr als belanglos er-scheinen»; vgl. dazu auch Brigitte Hürlimann, Recht im Spiegel  der  NZZ,  NZZ  vom  9.  September  2009,  NZZ 208-51.

14  Vgl. BGer. 4A_688/2011 vom 17. April 2012.15  Davon zu unterscheiden sind die Anforderungen an Aus-

kunftsgesuche im Rahmen von Steuer- und Strafverfah-ren,  vgl.  dazu  etwa aLexanDer M. gLutz,  Beschwerde ans Bundesgericht gegen Entscheide des Bundesverwal-tungsgerichts  auf  dem  Gebiet  der  internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (Art. 84 BGG) – Die materi-elle Abgrenzung von Amts- und Rechtshilfe am aktuel-len  Beispiel  der  strafprozessual  unzulässigen  amerika-nischen  «fishing  expeditions»  («Gruppenanfragen»), ASA 80  (1911) 713  ff.; FLaVio aMaDò/gioVanni MoLo, Abschaffung  des  Unterschieds  zwischen Abgabebetrug und Steuerhinterziehung bei der Rechtshilfe  in Strafsa-chen – Mögliche Konsequenzen für die Amtshilfe im Fi-nanzmarktbereich.  Eine  kritische  Auseinandersetzung, AJP 20 (2011) 1369 ff.; gioVanni MoLo, Die neue Tren-nungslinie bei der Amtshilfe in Steuersachen: Das Verbot der  fishing  expeditions  und  die  formellen Anforderun-gen an das Gesuch, ASA 80 (2011) 143 ff.; urS r. beh-niSch, Neuere Entwicklungen der internationalen Amts-hilfe  im  Bereich  der  direkten  Steuern,  STH  84  (2010) 165 ff.

16  Vgl. BGer. 5A_638/2009 vom 13. September 2010 E. 3.3.5; anders  noch  Maurice aubert/jeanne terracina,  Res-pon sabilité  des  banques  suisses  à  l’égard  des  Héri tiers, SJZ 92 (1996) 139: «Mais il doit rendre plausible que ces renseignements sont nécessaires afin de sauvegarder ses intérêts contre la banque …»

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Auskunftspflichten gegenüber Erben

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ber.  Beim  Tod  eines  Konto-Inhabers  übernehmen dessen  Erben  materiell  seine  Stellung,  also  seinen Anteil (Art. 560 ZGB).17 Für den Fall, dass das Ver-hältnis zwischen den Kontoinhabern nicht näher ge-regelt  ist,  gelten  die  gesetzlichen  Regeln  über  das Miteigentum, welche eine hälftige Aufteilung vorse-hen (Art. 646 Abs. 2 ZGB). Eine Regelung, welche der  joint  tenancy des common  law ähnlich  ist  (the survivor takes it all), gibt es in der Schweiz nicht.18 Diese zivilrechtliche Lage hat zur Folge, dass die Er-ben  ein Auskunftsrecht  über  das  (ganze)  Gemein-schaftskonto für die Zeit vor dem Tod des Konto­In­habers haben.19 

c) Grundsätzlich haben die Erben auch in der Zeit nach dem Tod des Konto­Inhabers  Anspruch  auf Auskunft gegenüber der Bank, weil der Auftrag seit dem Ableben des Erblassers nun mit den Erben be-steht. Gegen dieses Recht versucht die sog. Erben-ausschlussklausel anzugehen. 2002 und 2006 wurde von zwei kantonalen Gerichten ausgeführt, dass die Erbenausschluss klausel  eine  Auskunft  an  die  Er-ben nicht verhindern könne20 und nichtig sei, wenn sie  die  Formvorschriften  für  letztwillige Verfügun-gen  nicht  einhalte.21  Das  Bezirksgericht  Zürich22 hat  demgegenüber  2009  eine  (form-)gültig  verein-barte Erbenausschlussklausel als Hindernis  für die Auskunft gegenüber den Erben nach dem Tod des Erblassers angesehen. Diese Ansicht teile ich nicht: Nach Art.  560  ZGB  übernehmen  die  Erben  eines Konto-Inhabers bei dessen Tod materiell seine Stel-lung.23  Damit  erwerben  sie  auch  seinen Anspruch auf Auskunft. Bei der Erbenausschlussklausel han-delt es sich um eine letztwillige Verfügung des Erb-lassers, mit welcher er über seinen Anteil am Konto (auf  den  Zeitpunkt  des  Todes)  verfügt,  welche aber  den  Auskunftsanspruch  der  Erben  nicht  be-rührt,24 weil der Erblasser darüber gar nicht verfü-gen  kann,25  schon  gar  nicht  rückwirkend  und  voll-ständig.26

d) Im Sinne eines Exkurses sei hier kurz auf das An-waltsgeheimnis eingegangen, welches zu Diskus sio-nen Anlass  gegeben  hat.  Umstritten  ist  die  Frage, inwieweit  das Anwaltsgeheimnis  eine Auskunft  an die Erben verhindere. Zunächst haben  sich kanto-nale  Gerichte  zur  Frage  geäussert,  ob  und  in  wel-chen Fällen der Rechtsanwalt den Erben Auskunft erteilen dürfe, ohne von der Aufsichtsbehörde eine entsprechende  Bewilligung  zu  erhalten.  Im  Kan-ton Zürich herrscht eine liberale Praxis,  indem das Interesse  an  der  Aufklärung  eines  Tötungsdelikts am  Erblasser27,  aber  auch  die  gerechte Verteilung der  Erbschaft  (Geltendmachung  der  Pflichtteile) Grund  für  die  Aufhebung  des  Anwaltsgeheimnis-ses  ohne  Bewilligungspflicht  ist.28  Im  Kanton  Ba-

sel-Stadt  besteht  keine  Bewilligungspflicht,  wenn der Anwalt des Erblassers zum Willensvollstrecker berufen  wird.29  Restriktiver  ist  dagegen  die  Pra-xis im Kanton Neuenburg, wo der Anwalt in jedem Fall  eine  Bewilligung  der  Aufsichtsbehörde  benö-tigt, um gegenüber den Erben Auskunft erteilen zu dürfen.30 Dann hat das Bundesgericht  in BGE 135 III  597  (4A_421/2009)  entschieden,  dass  die  Ge-heimhaltungspflicht  des  Anwalts  (Art.  13  BGFA) gegenüber der Rechenschaftspflicht (Art. 400 OR) vorgehe  und  Anwälte  deshalb  grundsätzlich  eine Bewilligung der Aufsichtsbehörde zur Auskunftser-teilung benötigten.

e)  Das  Bundesgericht  hat  200931  entschieden, dass  sich  die  Zuständigkeit  für  Auskunftsansprü-che  der  Erben  gegen  die  Bank  im  internationa-len Verhältnis  nach  dem  Lugano-Übereinkommen (LugÜ) bestimmt, auch wenn der vertragliche An-

17  Vgl. BGE 94 II 167, 170 ff. E. 4.18  Vgl.  DoMiniQue rochat/phiLipp FiScher,  Compte-joint 

et clause d’exclusion des héritiers: de la difficulté de ser-vir  plusieurs  maitres,  successio  4  (2012)  240  ff.;  anders bretton-cheVaLLier/not ter (Fn. 3), Not@lex 2011, 123; geneVièVe brunner, Der Tod des Bankkunden, Zürich 2011, S. 165 f. 

19  Vgl. ZR 109 (2010) Nr. 37 E. 2.4: «Zum Umfang der Aus-kunftspflicht ist festzuhalten, dass der Auftraggeber (und damit dessen Erben …) sämtliche Auskünfte verlangen kann, die ihn selber betreffen (ZR 64 [1965] Nr. 136 E. 3). Dies gilt auch beim sog. ‹Compte-joint› …»

20  Vgl. ZR 101 (2002) Nr. 26 E. III/4.2 und BJM 2006, 106.21  Vgl. ZR 101 (2002) Nr. 26 E. III/4.3; allerdings offen ge-

lassen vom Handelsgericht Zürich im Urteil vom 26. Juni 2008, ZBGR 93 (2012) 91 Nr. 6.

22  Vgl.  Bezirksgericht  Zürich  (CG080087/U  vom  7.  Juli 2009), in: Finanzmarktrecht Entwicklungen 2009, hrsg. v. Andreas  Bohrer,  Martin  Dietrich,  Sebastian  Harsch,  Andreas Ito, Bern 2010, S. 47 f.

23  Vgl. BGE 94 II 167, 170 f. E. 4a.24  Ebenso  MatthiaS häuptLi,  Kommentar  zu  Art.  560 

ZGB, in: Praxiskommentar Erbrecht, hrsg. v. Daniel Abt und Thomas Weibel, 2. Aufl., Basel 2011 (zit. PraxKomm-häuptLi), Art. 560 ZGB N 19.

25  Ebenso ZR 102 (2002) Nr. 26 E. 4.2 S. 103: «Insoweit die Erbenausschlussklausel  das  Informationsrecht  der  Er-ben unterbindet oder auf ein Minimum reduziert, dient sie  der  Umgehung  von  erbrechtlichen Vorschriften;  sie ist mithin widerrechtlich und damit gemäss Art. 20 Abs. 1 OR nichtig»; bestätigt durch BJM 2006, 106 E. 6.

26  Zur Unzulässigkeit des vollständigen Verzichts auf Re-chenschaft vgl. hinten, Fn. 56.

27  Vgl. ZR 81 (1982) Nr. 38 E. 2.28  Vgl. ZR 53 (1954) Nr. 180 S. 376.29  Vgl. BJM 2002, 280 E. 3b).30  Vgl. RJN 2005, 284, 299 f.31  Vgl. BGE 135 III 185, 191 f. E. 3.4.2; bestätigt  in BGer. 

4A_249/2009 vom 29. Juli 2009 E. 2.1.

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spruch (Art. 400 Abs. 1 OR) qua Erbrecht (Art. 560 ZGB)  erworben  werde.  Die  Gerichtspraxis32  wen-det sodann übereinstimmend das Vertragsstatut an (Art. 117 IPRG).33

f) Abgrenzung: 1974 beurteilte das Bundesgericht34 einen Fall,  in welchem der Kontoinhaber nicht der wirtschaftlich Berechtigte war und führte aus, dass der wirtschaftlich Berechtigte keinen vertraglichen Auskunfts-Anspruch habe, welcher vererbt werden könnte. 2002 wurde dieser Grundsatz vom Bundes-gericht35 und 2003 vom Genfer Cour de Justice36 be-stätigt.  Etwas  anders  begründete  das Tessiner Tri-bunale d’Apello37 die Ablehnung der Auskunft: Ein grundsätzlich gegebener Anspruch müsse im Sinne einer Interessenabwägung auch den vom Erblasser zum Ausdruck gebrachten Wunsch auf Geheimhal-tung berücksichtigen. 2010 hat das Bundesgericht38 entschieden, dass sich ein Auskunftsrecht von Erben eines an einem Bankkonto (nur) wirtschaftlich Be-rechtigten gegenüber einer Bank nur aus dem Erb-recht ergeben könne,39 weil Vertragsrecht in diesem Fall nicht anwendbar sei.40 Im internationalen Ver-hältnis ist dabei zunächst das anwendbare Erbrecht anhand des Erbstatuts (Art. 90 ff. IPRG) zu bestim-men.41 Nach Art. 88 IPRG ist die Schweiz bei einem ausländischen  Erblasser  nur  dann  zuständig,  wenn sich  Nachlassvermögen  in  der  Schweiz  befindet.42 Nun  stellt  sich  die  Frage,  zu  welchem  Zeitpunkt dies der Fall sein muss (im Zeitpunkt des Ablebens des Erblassers oder  im Zeitpunkt der Klageeinrei-chung)  und  wie  weit  diese Tatsache  nachzuweisen ist (Anhaltspunkte oder strikter Beweis). Das Bun-desgericht  hat  200843  beide  Fragen  offen  gelassen (E. 4.2), die Zuständigkeit aber bejaht. Da es beim Auskunftsanspruch  um  eine  rückwärtsgerichtete Betrachtung  geht  (Todeszeitpunkt  und  Zeitraum davor),  sollte  m.E.  auf  den  Todeszeitpunkt  abge-stellt  werden.44  Dies  verhindert  auch  Manipulatio-nen  durch  einzelne  Erben.  Ein  Glaubhaftmachen von  Nachlassvermögen  in  der  Schweiz  (Anhalts-punkte) muss (wie beim vertraglichen Anspruch45) sodann  genügen,46  weil  man  nicht  beweisen  kann, wonach man erst sucht.

c. Doktrina)  Die  herrschende  Lehre  betreffend  das  Aus-kunftsrecht der Erben gegenüber der Bank wurde von  Meier­Hayoz/Forstmoser47  im  Jusletter  vom 8.9.2003 zusammen gefasst: Das Auskunftsrecht des Erblassers geht auf die Erben über (Art. 560 ZGB), es ist umfassend und reicht zurück bis (mindestens) 10  Jahre  vor  dem  Tod.  Geheimhaltungswünsche des Erblassers können die Auskunft der Bank zeit-lich erheblich einschränken, nämlich bis zum letzten 

32  Vgl. etwa ZR 109  (2010) Nr. 37 E. 2.1.; Handelsgericht Zürich  vom  26.  Juni  2008,  ZBGR  93  (2012)  91  Nr.  6 E. 3.1.

33  Ebenso  bretton-cheVaLLier/notter  (Fn.  3),  Not@lex 2011, 123.

34  Vgl. BGE 100 II 200, 214 f. E. 9.35  Vgl. BGer. 4C.108/2002 vom 23. Juli 2002 (Panama Ge-

sellschaft):  Der  wirtschaftlich  Berechtigte  hat  keinen vertraglichen Auskunfts-Anspruch, welcher vererbt wer-den könnte (E. 3caa).

36  Vgl. CdJ GE ACJC 87/2003 vom 30. Januar 2003 E. 3, zit. von carLo LoMbarDini, Ayant droit économique et droit aux renseignements bancaires: deux arrêts de la Cour de Justice de Genève, relevant 2004 Nr. 2 S. 5 f.: Da kein Ver-trag mit der Bank nachgewiesen werden konnte, fehlte es in diesem Fall an einem klaren und unbestrittenen An-spruch,  welcher  zur  Anordnung  einer  provisorischen Massnahme (Art. 324 der Genfer Zivilprozessordnung) notwendig gewesen wäre. 

37  TA TI vom 27. Juni 2002, zit. von LoMbarDini (Fn. 36), re-levant 2004 Nr. 2 S. 2 f.: Ein grundsätzlich gegebener An-spruch ist aufgrund einer Interessenabwägung dann ab-zulehnen,  wenn  es  dem  ausdrücklichen  Wunsch  des Erblassers zuwider  lief; statt dessen habe die Bank den Erben die Namen von Treuhändern mitzuteilen, welche Strukturen des Erblassers verwalten.

38  Vgl. BGer. 5A_638/2009 vom 13. September 2010 E. 4.1 und BGer. 4A_421/2009 vom 26. Juli 2010 E. 4. 

39  Die Aussage von tarkan gökSu, Informationsrechte der Erben, AJP 21 (2012) 954: «Für Auskunftsansprüche der Erben  gegenüber  Dritten  besteht  keine  erbrechtliche Rechtsgrundlage», meint wohl, dass es keine ausdrückli-che  Grundlage  im  Gesetz  gibt,  was  richtig  ist,  weil  der Wortlaut von Art. 607 Abs. 2 und Art. 610 Abs. 3 ZGB, welche analog angewendet werden, diesen Fall nicht ab-deckt. 

40  Ebenso  schon  BGer.  5C.126/2005  vom  18. August  2005 E.  6.2;  BGer.  4C.108/2002  vom  23.  Juli  2002  E.  3c/aa  = Pra. 92 (2003) Nr. 51; BGE 100 II 200, 211 f. E. 8; Appel-la tions gerichtshof  des  Kantons  Tessin  in:  BGer.  5P.40/ 2005 vom 28. Juni 2005, Sachverhalt C.; weiter vgl. bret-ton-cheVaLLier/notter (Fn. 3), Not@lex 2011, 141.

41  Vgl. BGer. 5A_638/2009 vom 13. September 2010 E. 4.1; ebenso schon CdJ GE C/28930/ 2003, DAS/217/05 vom 17.11.2005,  SZW  78  (2006)  292,  301;  ebenso  bretton-cheVaLLier/notter (Fn. 3), Not@lex 2011, 124.

42  Vgl. CdJ GE C/28930/2003, DAS/217/05 vom 17.11.2005, SZW 78 (2006) 292, 301.

43  Vgl. BGer. 5C.291/2006 vom 30. Mai 2008.44  Anders das Obergericht Zürich, vgl. BGer. 5C.291/2006 

vom 30. Mai 2008 E. 3.2 und anDreaS SchröDer in sei-nen Anmerkungen zu diesem Entscheid, BGer. 5C_291/ 2006.  Urteil  des  Bundesgerichts  vom  30.  Mai  2008  (so-wie  Urteil  des  Obergerichts  des  Kantons  Zürich  vom 17.   August  2006,  Nr.  LN060014/U),  successio  3  (2009) 302 f. 

45  Vgl. vorne, A. 1. b. a).46  Ebenso SchröDer (Fn. 44), successio 3 (2009) 303; anders 

aber  das  Obergericht  Zürich  im  vorinstanzlichen  Ent-scheid, vgl. BGer. 5C.291/2006 vom 30. Mai 2008 E. 3.2.

47  Vgl. arthur Meier-hayoz/peter ForStMoSer, Die Aus-kunftsrechte  von  Erben  gegenüber  Banken,  Jusletter vom  8.  September  2003;  weiter  vgl.  etwa  Dieter zobL, 

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Auskunftspflichten gegenüber Erben

260 successio 4/12

§

Richtigbefund. Wenn es um Pflichtteile geht, greifen solche  Einschränkungen  des  Erblassers  allerdings nicht.  Jeder  Erbe  kann  die  Auskunft  alleine  ver-langen. Die Auskunft betrifft auch Gemeinschafts-konti.  Das  Bankgeheimnis  gilt  gegenüber  den  Er-ben  nicht.  Generell  kann  gesagt  werden,  dass  die Erben den Anspruch so übernehmen, wie er im Ver-hältnis zum Erblasser bestand.48 Besonders grosszü-gige  Regeln  gelten  für  nachrichtenlose  Vermögen (wenig bis keine Anhaltspunkte).49

b) Nach eigener Meinung geht das Auskunftsrecht vom Erblasser auf die Erben über (Art. 560 ZGB). Es kann von jedem Erben einzeln geltend gemacht werden, ist umfassend (soweit noch Unterlagen bei der  Bank  vorhanden  sind),  voraussetzungslos  (es genügen Anhaltspunkte,  welche  nicht  zu  beweisen sind,  ein  Interessenachweis  ist  ebenso  nicht  zu  er-bringen)  und  ohne  Vorleistungspflicht  der  Erben. Die  Bank  muss  die Auskunft  unabhängig  von  der Auskunftspflicht  Dritter  und  wiederholt  erfüllen. Die Auskunftspflicht  gilt  auch  für  Gemeinschafts-konti,  sie  kann  durch  eine  Erbenausschlussklausel (für  die  Vergangenheit)  nicht  eingeschränkt  wer-den.50 Einschränkungen des Auskunftsrechts durch den Erblasser sind möglich, soweit es seine Person betrifft,51  nicht  aber,  soweit  es  sein Vermögen  be-trifft,52  weil  dieses  nach Art.  560  ZGB  von  Geset-zes wegen auf die Erben übergeht. So kann der Erb-lasser insbesondere nicht ein Auskunftsrecht, das er selbst in der Vergangenheit gegenüber der Bank be-anspruchte, rückwirkend für die Erben auslöschen. Noch  nicht  ganz  geklärt  scheinen  mir  die  Fragen, ob  die  Erben  beliebig  Anfragen  an  Banken  stel-len  können  (bis  zur  fishing  expedition)53  und  wel-ches  die  genaue  Rechtsgrundlage  dafür  ist,  dass der Erblasser das Auskunftsrecht der Erben bezüg-lich des Nachlassvermögens nicht (oder mindestens nicht vollständig)54 einschränken kann, ob dies aus dem Erbrecht55 oder aus dem Vertragsrecht hervor-gehe.56 Eine gesetzliche Grundlage fehlt sodann für die  Frage,  wie  sich  die Auskunft  verlangenden  Er-

48  Vgl. SchröDer (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 192.49  Vgl. SchröDer (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 202: «Laut 

Breitschmid/Matt erhalten ‹nach Mitteilung aus Schwei-zer  Bankkreisen›  ausländische  Erben  sodann Auskunft darüber, ob der Erblasser zur angefragten Bank in einer vertraglichen  Beziehung  stand.  Dabei  müsse  nicht  ein-mal nachgewiesen werden, weshalb ein Konto des Erb-lassers bei der Bank vermutet wird und es könne die An-frage an beliebig viele Banken gerichtet werden.»

50  Ebenso SchröDer (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 192.51  Ebenso  SchröDer (Fn.  4),  successio  5  (2011)  189,  194: 

«Einigkeit herrscht weitgehend, dass bei per  se höchst-persönlichen  Angelegenheiten  kein  Übergang  der  Ge-heimnisherrschaft  auf  die  Erben  erfolgt,  die  Bank  also nicht auskunftspflichtig ist.»

52  In diesem Punkt gehe ich weiter als Meier-hayoz/ForSt-MoSer (Fn. 47), Rz. 59; neben den Pflichtteilen ist auch an die Ausgleichung (Art. 626 ZGB) zu denken; diese kann auch von nicht pflichtteilsgeschützten Erben geltend ge-macht werden.

53  Nach gökSu (Fn. 39), AJP 21 (2012) 954, sind fishing ex-peditions  «auf  dem  Weg  prozessrechtlicher  Informa-tions rechte weder zulässig noch möglich»; nach jean ni-coLaS Druey,  Das  Informationsrecht  des  Erben  –  die Kunst,  Einfaches  kompliziert  zu  machen,  successio  5 (2011) 183, 187, sind fishing expeditions unzulässig, weil der  Informationsanspruch  verhältnismässig  ausgeübt werden muss; in dem von ihm zitierten BGE 133 III 664 E. 2.6 findet sich dieses Kriterium allerdings nicht; nach SchröDer (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 194, unterste-hen «Informationsgesuche an eine Bank … dem Ausfor-schungsverbot und setzen daher – neben einer in inhalt-licher  und  zeitlicher  Hinsicht  möglichst  konkreten Frage – die Plausibilität der Anspruchsverfolgung voraus. In  Zweifelsfällen  hat  die  Bank  die  Informationen  dem Richter oder,  sofern sich die Parteien einig sind, einem unbeteiligten  und  zur  Verschwiegenheit  verpflichteten Dritten zu erteilen, der sie dann ‹gefiltert› an die Erben weitergibt.»

54  So SchröDer (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 194: «Wollte der  Erblasser  seine Angelegenheiten  vor  seinen  Erben geheim halten, findet der Übergang des Rechts auf Ge-heimhaltung  grundsätzlich  nicht  statt,  denn  der  Kunde bestimmt den näheren Inhalt des Rechts. … Diese Frei-heit wird … allerdings durch das zwingende Pflichtteils-recht begrenzt.» 

55  Ansatzweise wird diese Problematik bei der Erbenaus-schlussklausel behandelt, vgl. dazu vorne, A. 1. b. c); zobL (Fn. 47), AJP 10 (2001) 1018, bezeichnet Einschränkun-gen der Auskunfts pflicht durch den Erblasser als unzu-lässig, ohne allerdings die angewendete Bestimmung ge-nau anzugeben: «Auffassungen, wonach es dem Erblasser freigestellt  sein  soll,  der  Bank  die Weisung  zu  erteilen, bei seinem Tode den Erben Auskünfte mit Bezug auf ver-mögensrechtliche  Dispositionen  ganz  oder  teilweise  zu verweigern, sind mit der schweizerischen Rechtsordnung unvereinbar.»

56  Nach WaLter FeLLMann,  Kommentar  zum  Schweizeri-schen  Privatrecht,  Band  VI:  Das  Obligationenrecht, 2. Abteilung: Die einzelnen Vertragsverhältnisse, 4. Teil-band: Art. 394–406 OR, 4. Aufl., Bern 1992, Art. 400 OR N  58,  verstösst  ein  genereller Verzicht  auf  die  Rechen-schaftspflicht gegen die guten Sitten und ist daher nich-

Probleme im Spannungsfeld von Bank-, Erb- und Schuld-recht, AJP 10 (2001) 1007, insbesondere 1016 ff.; benoît chappuiS,  L’utilisation  de  véhicules  successoraux  dans un contexte  international et  la  lésion de la réserve suc-cessorale  –  Considérations  de  droit  civil  et  procédure, SJ 127 (2005) II 37, 54 f.; peter breitSchMiD, Das Bank-konto im Erbgang – Probleme rund um die Vermögens-verwaltung  vor  und  nach  dem  Tod,  successio  1  (2007) 220  ff.;  MichaeL haMM/gian anDry tön Dury,  Aus-kunftsrechte  von  Erben  gegenüber  Schweizer  Banken, fast  grenzenlose  Auskunfts ansprüche,  STH  83  (2009) 659 ff.

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successio 4/12 261

ben  gegenüber  der  Bank  genau  auszuweisen  ha-ben.57

c) BGE 135 III 59758, welcher sich mit dem Anwalts-geheimnis auseinandersetzt, wurde in der Literatur durch  verschiedene Autoren  kritisch  kommentiert. Nach Dorjee-Good,59 ist der Entscheid für Anwälte in  Ordnung,  aber  für  Erben  unbefriedigend,  weil die Schranke des Rechtsmissbrauchs nicht erwähnt wurde. Nach Fargnoli60 sind die Erben (als Gesamt-rechtsnachfolger)  entgegen  der  Ansicht  des  Bun-desgerichts keine Dritten. Nach Breitschmid/Matt61 macht  es  Sinn,  dass  sich  die Aufsichtsbehörde  zur Geheimhaltungsbedürftigkeit äussert. 

d)  Nach  eigener  Meinung62  wurde  das  Bankge-heimnis  geschaffen,  um Vermögenswerte  zu  schüt-zen, und das Anwaltsgeheimnis, um persönliche In-

formationen zu schützen. An beiden Orten, sowohl in der Bank als auch in der Anwaltskanzlei, können aber auch die jeweils anderen Güter eine Rolle spie-len. Der Banker soll mit anderen Worten für sich be-halten, dass die Geldempfängerin die Geliebte des Kontoinhabers  war  und  der Anwalt  muss  offenle-gen, wo  sich zusätzliches Nachlassvermögen befin-det. Die Offenlegung soll also nicht nur darauf ab-stellen, wer sie zu leisten hat (ob die Bank oder der Anwalt), sondern vermehrt berücksichtigen, welche Informationen  preisgegeben  werden  (Information über das Vermögen oder die Person). Beim Umgang mit dem Anwaltsgeheimnis wäre eine einheitlichere Praxis der Kantone zu wünschen, zudem sollte das Anwaltsgeheimnis Auskünften über Vermögensbe-stände und -transaktionen nicht im Wege stehen. 

e) Das Bundesgericht hat ausgeführt, dass die Aus-kunftspflicht der Bank gegenüber den Erben eines wirtschaftlich  Berechtigten  nur  aus  dem  Erbrecht hervorgehen könne, ohne aber eine genaue Rechts-grundlage anzugeben.63 In der Lehre werden unter-schiedliche Ansätze vertreten: Nach Genna64  ist es offen, ob solche Ansprüche im schweizerischen Erb-recht überhaupt vorhanden sind, Schröder lehnt sie ab,65 andere Autoren sehen Art. 170 ZGB als mög-liche  Grundlage.66  Nicht  zu  übersehen  ist,  dass  in kantonalen Entscheiden nochmals andere Ansätze verfolgt  wurden:  So  werden  zivilprozessrechtli-che  Bestimmungen  als  Grundlage  verwendet  oder Entscheide auf den Einzelfall gestützt,67 aber auch die Pflichtteile werden als Grundlage angegeben.68 

tig; nach SchröDer  (Fn. 4),  successio 5  (2011) 189, 192, sind  die  Modalitäten  der  Informationserteilung  «unter Berufung auf den Zweck der Mitteilung und unter Ab-wägung  der  Interessen  der  Beteiligten  zu  konkretisie-ren»  und  die  Geheimhaltungserklärung  des  Erblassers unterliegt  den  allgemeinen  Schranken  von Art.  19  und Art. 20 OR sowie Art. 2 ZGB (194).

57  Vgl. bretton-cheVaLLier/notter (Fn. 3), Not@lex 2011, 133  f.:  «Ici  encore,  aucun  texte  légal  ne  répond  à  cette question et il appartient à chaque établissement financier d’établir  des  règles  en  la  matière  Si  la  succession  est soumise  au  droit  suisse  et  ouverte  dans  ce  pays,  les documents  habituellement  requis  des  banques  sont  le certificat de décès et le certificat d’héritier»; die Banken verlangen  regelmässig  einen  Erbschein  (eine  Erb be-schei nigung),  vgl.  SchröDer  (Fn.  4),  successio  5  (2011) 189, 193. 

58  Vgl. vorne, A. 1. b. d).59  Vgl.  anDrea Dojee-gooD,  Das  Anwaltsgeheimnis  ist 

auch  gegenüber  den  Erben  des  Klienten  zu  wahren  – BGE 135 III 597, successio 4 (2010) 299, 307.

60  Vgl.  ioLe FargnoLi,  Bundesgericht,  II.  zivilrechtliche Abteilung, Urteil vom 15. September 2009 (4A_15/2009), AJP 19 (2010) 380, 383.

61  Vgl.  peter breitSchMiD/iSabeL Matt,  Informationsan-sprüche  der  Erben  und  ihre  Durchsetzung  –  Insbeson-dere  Informationsansprüche  gegenüber  Banken  über ihre Geschäftsbeziehung mit dem Erblasser, successio 4 (2010) 85, 106.

62  Vgl. hanS rainer künzLe,  Interessenkollision  im Erb-recht: Willensvollstrecker, Notar, Anwalt, SJZ 108 (2012) 1, 4.

63  Vgl.  vorne,  A.  1.  b.  f);  bretton-cheVaLLier/notter (Fn. 3), Not@lex 2011, 141 f.

64  Vgl. gian SanDro genna,  Bundesgerichtliche  Wider-sprüchlichkeiten  zum  Informationsanspruch  im  Erb-recht?, successio 5 (2011) 203, 206.

65  Vgl. SchröDer (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 200: «Rich-tigerweise  ist  die  Frage  zu  verneinen:  Wenn  ein  Aus-kunftsrecht  des  wirtschaftlich  Berechtigten  verneint 

wird, gilt dies auch für die Erben, können diese im Rah-men der Universalsukzession doch nicht Rechte erwor-ben  haben,  die  dem  Erblasser  selbst  nicht  zugestanden sind.»

66  Vgl. etwa chappuiS (Fn. 47), SJ 127 (2005) II 37, 60; guy StaniSLaS, Ayant droit économique et droit  civil:  le de-voir  de  renseignements  de  la  banque,  SJ  121  (1999)  II 413, 443; anders noch aubert/terracina (Fn. 16), SJZ 92 (1996) 141: Prüfung von Art. 401 OR und Ablehnung der Auskunftspflicht, weil der Bank die genaue Art der Be-rechtigung nicht bekannt sei.

67  Cour de Justice Genève (CdJ GE) ACJ 1382/1998 vom 11. Dezember 1998 in der Sache C/8736/1997 (nicht pu-bliziert), zit. von StaniSLaS (Fn. 66), SJ 121 (1999) II 413, 443; CdJ GE ACJC 318/2003 vom 20. März 2003, SZW 76 (2004)  334  r47  =  Journée  2004  de  droit  bancaire  et financier, S. 97–107; CdJ GE ACJC 146/2006 vom 16. Feb-ruar 2006, SZW 79 (2007) 322 = www.com mer cial arbitra-tion.ch.

68  CdJ GE ACJC 895/2003 vom 10. September 2003 E. 4c, zit.  von  LoMbarDini  (Fn.  36),  relevant  2004  Nr.  2  S.  13: «il  en  resulte qu’en leur qualité d’héritiers réservataires, AS, veuve R, GU R et D R sont ainsi légitimés à obtenir de l’intimée tous les renseignements et documents qu’ils 

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Auskunftspflichten gegenüber Erben

262 successio 4/12

§

Nach  Bretton-Chevalier/Notter  ist  die  Rechtsstel-lung des wirtschaftlich Berechtigten jedenfalls noch weiter  zu  klären:  «Le  statut  et  les  droits  des  héri-tiers de l’ayant droit économique d’un compte res-tent encore à clarifier en droit suisse.»69 Angesichts dieser  Unsicherheiten  haben  die  Banken  jeweils eigene  Vorgehensweisen  entwickelt,  welche  das Bankgeheimnis wahren. Die einen nehmen Kontakt mit den Strukturen auf und ersuchen deren Organe, die Erben des wirtschaftlich Berechtigten direkt zu kontaktieren,  andere  wiederum  weisen  die  Erben an einen Treuhänder mit dem Hinweis, dieser könne ihnen antworten.70 

f) Nach eigener Meinung ist ein Auskunftsrecht erb-rechtlicher  Natur  immer  dann  gegeben,  wenn  die Erben (von Gesetzes wegen oder durch letztwillige Verfügung)  einen  erbrechtlichen Anspruch  haben, welchen sie nur durchsetzen können, wenn man Ih-nen gegenüber anderen Erben (Art. 607 Abs. 3 und Art. 610 Abs. 2 ZGB) oder gegenüber Dritten (ohne ausdrückliche  gesetzliche  Grundlage)71  einen Aus-kunftsanspruch gewährt. Ein typisches Beispiel sind die  Pflichtteilserben,  welche  ihre  Rechte  mit  der Herabsetzungsklage  (Art.  527  ZGB)  geltend  ma-chen  müssen  und  unentgeltliche  Vermögenstrans-aktionen  (Schenkungen)  verfolgen,  bei  denen  der Gesetzgeber  kein  ausdrückliches  Auskunftsrecht für die Erben vorgesehen hat. Ähnliche Auskunfts-rechte gibt es etwa im Zusammenhang mit der Aus-gleichung (Art. 626 ZGB) und der Erbschaftsklage (Art. 598 ZGB), sind aber bei weiteren erbrechtli-chen  Klagen/Ansprüchen  denkbar.  In  allen  diesen Fällen bleibt nichts anderes übrig, als Art. 607 Abs. 3 und Art. 610 Abs. 2 ZGB analog anzuwenden.

g) Auch im internationalen Verhältnis ist für die Be-ziehung zwischen der Bank und dem Erblasser «ge-stützt  auf  die  in  den AGB  erfolgte  Rechtswahl»72 regelmässig  schweizerisches  Recht  und  damit  (zu-mindest  ergänzend)  das  Auftragsrecht  (Art.  400 OR) anwendbar. 

h) Der Nacherbe hat vor Eintreten des Nacherbfalls keine Auskunftsrechte gegenüber der Bank. In die-ser  Phase  beschränken  sich  seine Auskunftsrechte auf  das  Verhältnis  zum  Vorerben.73  Nach  Eintritt des Nacherbfalls ist der Nacherbe vollwertiger Erbe und seine Auskunftsrechte entsprechen denjenigen eines (gewöhnlichen) Erben.74

2. Stiftungen und Trustsa. Gesetzliche Grundlagena)  Die  gesetzliche  Grundlage  für  die  vertragliche Auskunft der Bank an die Erben über Überweisun-

gen des Erblassers in eine Struktur (Stiftung/Trust), also  Schenkungen/Zuwendungen,  ist  Art.  400  OR i.V.m.  Art.  560  ZGB.  Während  beim  Bankkonto75 ein Dauerschuldverhältnis vorliegt, handelt es  sich hier um einen Einzelauftrag. Fragen kann man sich, ob die gleiche gesetzliche Grundlage auch für Bar-einzahlungen  in  eine  Struktur  gilt.  Im  internatio-nalen  Verhältnis  gilt  das  Vertragsstatut  (Art.  117 IPRG)  und  für  die  Zuständigkeit  ist  das  Lugano-Übereinkommen (LugÜ) zu beachten.76

b) Die gesetzliche Grundlage für die erbrechtliche Auskunftspflicht der Struktur (Stiftung/Trust) an die Erben  setzt  bei  der  (erbrechtlichen)77 Anfechtung von  Verfügungen  unter  Lebenden  (Schenkungen/Zuwendungen)  an  eine  Struktur  ein,  welche  etwa in Art. 527 ZGB und Art. 598 ZGB geregelt sind.78 Um  diese  Rechte  durchsetzen  zu  können,  benöti-gen die Erben Auskunft von den Strukturen, wel-che  in  Analogie  zu  Art.  607  Abs.  3  und  Art.  610 Abs.  2  ZGB  (Auskünfte  unter  den  Erben)  gebil-

demandent  aux  fins  de  déterminer  dans  quelle  mesure leur  réserve  héréditaire  a  été  lésée  et  entreprendre,  si nécessaire,  toute démarche en vue de sa reconstitution, soit … les renseignements relatifs à la constitution et au fonctionnement des sociétés F et L, et éventuelles autres dont feu GO R était ayant droit économique» (Her vor-hebung vom Verfasser).

69  bretton-cheVaLLier/notter (Fn. 3), Not@lex 2011, 143; ebenso Luc théVenoz/Dieter zobL, Das schweizerische Bankprivatrecht 2005–2006 Le droit bancaire privé suisse 2005–2006, SZW 78 (2006) 293: «Ein sauberes dogmati-sches Konzept, welches Auskunftsrechte an die Erben des wirtschaftlich Berechtigten (oder auch an den wirtschaft-lich Berechtigten selber) im Verhältnis zum Bankgeheim-nis zu rechtfertigen vermag, fehlt aber bis heute.»

70  Vgl. bretton-cheVaLLier/notter (Fn. 3), Not@lex 2011, 143.

71  In diesem Fall werden Art. 607 Abs. 3 und Art. 610 Abs. 2 ZGB analog angewendet; vgl. dazu auch hinten, A.2.a.b) (analoge Anwendung bei Strukturen) und A.3.a.b) (ana-loge Anwendung bei der Lebensversicherung).

72  SchröDer (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 191.73  Vgl. gökSu (Fn. 39), AJP 21 (2012) 953, 956: «Keine Er-

benstellung haben und daher nicht anspruchsberechtigt sind dagegen Nacherben, solange der Nacherbfall nicht eingetreten ist (Art. 492 ZGB) …»

74  Vgl. SchröDer (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 196: «Nach-erben sind ab dem Zeitpunkt des Nacherbfalls informa-tions berechtigt.»

75  Vgl. dazu vorne, A. 1.76  Vgl. SchröDer (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 193.77  Neben der erbrechtlichen Anfechtung gibt es zum Bei-

spiel auch die güterrechtliche Anfechtung nach Art. 220 ZGB. 

78  Weitere erbrechtliche Ansprüche (vgl. dazu vorne, A. 1. c. f]) sind denkbar, werden aber hier nicht behandelt.

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det  wird.79  Das  anwendbare  (schweizerische  oder ausländische)  Erbrecht  wird  nach  dem  Erbstatut (Art. 90 ff. IPRG) bestimmt und die Zuständigkeit bestimmt  sich  nach  Art.  86  ff.  IPRG.  Wenn  nicht nur  Zuwendungen,  sondern  eine  Struktur  als  sol-che  angefochten  wird,  bestimmt  sich  das  anwend-bare Erbrecht nach dem Kollisionsrecht des jewei-ligen Forums (für trusts: Art. 15 lit. c HTÜ80).

c)  Das  schweizerische  Stiftungsrecht  kennt  keine ausdrückliche  gesetzliche  Grundlage  für  das  Aus­kunftsrecht des Stifters bzw. der Begünstigten ge­genüber der Stiftung, dieses  ist aber dennoch aner-kannt.81 Das anwendbare Stiftungsrecht richtet sich nach dem Gesellschaftsstatut (Art. 150 IPRG). 

d)  Die  gesetzliche  Grundlage  für  das  Auskunfts-recht  des  Settlor bzw. Begünstigten gegenüber dem Trustee bestimmt  sich  nach  dem  (lokalen)  Trust-Recht.82  Das  anwendbare  Trustrecht  richtet  sich nach dem Truststatut (Art. 149c IPRG).

b. Praxisa)  Schenkungen/Zuwendungen:  1963  erklärte  das Bundesgericht,83 dass im Falle einer Schenkung auf den Todesfall (Sparheft auf den Namen eines Drit-ten  unter  Vorbehalt  der  Verfügung  zu  Lebzeiten) die Erben Auskunft erhalten und das Bankgeheim-nis dem nicht entgegenstehe. 2005 hielt das Bundes-gericht84  fest, dass Art.  170 ZGB keine genügende gesetzliche Grundlage für die Ehefrau sei, um nach dem Tod des Ehemannes Auskunft über seine  leb-zeitigen Verfügungen  zu  erhalten.85  2007  gewährte das  Bundesgericht86  den  Erben  Auskunft  bei  ei-ner Bareinzahlung  in eine Struktur und  führte zur Stellung der Bank aus: Wenn der Kontoinhaber aus freien Stücken Geld in eine liechtensteinische Stif-tung  verschiebt,  «ist  die  Bank  nicht  Gehilfin  des Kontoinhabers», vielmehr verwendet sie «das Geld gemäss dessen Weisungen». Die Bank ist also nicht nur  eine  Zahlstelle,  sondern  hat  eine  vertragliche Verpflichtung  übernommen,  die  vererbt  werden kann. Giovanoli87 berichtet von einem Fall der Cour de Justice de Genève,  in welchem die Bank einem Pflichtteilserben  Auskunft  über  Einzahlungen  in einen Trust geben musste, sowie von einem Fall,  in welchem  dem  Nicht-Pflichtteilserben  dieses  Recht verwehrt wurde.

b) Stiftungen: 1964  führte das Bundesgericht88 aus, pflichtteilsverletzende Zuwendungen an Stiftungen könnten angefochten werden (Art. 527 ZGB). Über die ihnen bekannten Zuwendungen an die Stiftung haben  sich  die  Erben  gegenseitig Auskunft  zu  ge-ben (Art. 607 Abs. 3 und Art. 610 Abs. 2 ZGB) und ebenso  der  Willensvollstrecker  (i.V.m.  Art.  517  f. ZGB) und gleichzeitige Stiftungsrat. 2005 wurde ein Auskunftsrecht  des  Erben  eines  wirtschaftlich  Be-rechtigten an einer liechtensteinischen Stiftung ge-stützt auf Art. 400 Abs. 1 OR verneint, soweit keine Simulation vorliegt.89 2006 stellt des Bundesgericht90 fest, dass  im Zusammenhang mit einer Erbschafts-klage (Art. 598 ZGB) gegen eine liechtensteinische Anstalt auf Herausgabe von Kunstwerken (E. 3.5) auch Auskunftsansprüche  gegen  Dritte  vorhanden sein  können  (E.  4).91  Dabei  stützte  das  Bundesge-richt  den  Auskunftsanspruch  analog  auf  Art.  607 Abs. 3 und Art. 610 Abs. 2 ZGB. 2010 hat das Bun-desgericht92 entschieden, dass der an liechtensteini-schen  Strukturen  (Stiftungen/Anstalten)  oder  an-gelsächsischen  Trusts  wirtschaftlich  Berechtigte keine  Vertragsbeziehung  mit  diesen  Vehikeln  un-terhält, welche vererbt werden könnten (E. 4). Ein Auskunftsrecht  könne  sich  deshalb  nur  aus  dem (ausländischen) Erbrecht ergeben (E. 5.2).

c) Trusts: 2003 hat das Bundesgericht93 entschieden, dass  der  amtliche  Erbschaftsliquidator  keine  ho-

79  Vgl. etwa breitSchMiD/Matt (Fn. 61), successio 4 (2010) 85, 100; kritisch dazu SchröDer (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 192.

80  Vgl.  Übereinkommen  vom  1.  Juli  1985  über  das  auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung (SR 0.221.371).

81  Vgl. dazu hinten, A. 2. b. c).82  Ein schweizerisches Trust-Recht gibt es nicht.83  Vgl. BGE 89 II 87, 93 f. E. 6.84  Vgl. BGer. 5C.276/2005 vom 14. Februar 2006 E. 2.85  Anders gökSu (Fn. 39), AJP 21 (2012) 957.86  Vgl. BGE 133 III 664, 668 E. 2.6; vgl. dazu auch MarkuS

FeLber, Recht im Spiegel der NZZ, NZZ vom 11. Okto-ber 2007, NZZ 236-21.

87  Vgl. Mario gioVanoLi, Aspects successoraux, in: Journée 2006 de droit bancaire et financier, hrsg. v. Christian Bo-vet und Luc Thévenot, Zürich 2007, S. 142 f.

88  Vgl. BGE 90 II 365 (Crisanus Familien-Stiftung).89  Vgl. BGer. 5P.40/2005 vom 28. Juni 2005 (Vorinstanz: TA 

TI vom 1. Dezember 2004, RCP 2005, 325).90  Vgl. BGE 132 III 677 = 5C.261/2005.91  Vgl.  auch  peter breitSchMiD,  Entwicklungen  im  Erb-

recht, SJZ 103 (2007) 119: «BGE 132 III 677 signalisiert auskunftsscheuen  ausländischen  Konstrukten,  dass  sie mittels  der  Erbschaftsklage  auskunftsrechtlich  nach Art. 86 IPRG vor schweizerischen Gerichten umfassend belangt  werden  können  wenn  auch  möglicherweise  zu Unrecht nicht im summarischen Verfahren: dazu ein kan-tonaler Entscheid aus Genf.»

92  Vgl. BGE 136 III 461 = 4A_421/2009.93  Vgl. BGE 130  III  97 = 5P.302/2003 = ZBGR 85  (2004) 

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Auskunftspflichten gegenüber Erben

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heitlichen Befugnisse habe, um (für die Erben) Aus-künfte von Dritten (A. Trust Ltd.) einzuholen. 2006 hat sich der Cour de Justice de Genève94 mit einem Trust  befasst,  welcher  in  einem  Erbfall  unter  der Anwendung französischen Erbrechts zu beurteilen war. Der Auskunftsanspruch des Erben des Settlors und  gleichzeitig  Begünstigten  eines  Trusts  wurde abgelehnt,  weil  der  Antragsteller  (nach  französi-schem Erbrecht) kein Pflichtteilserbe und weil der Anspruch  auf  eine  vorsorgliche  Massnahme  nicht liquid war  (der  im Verfahren notwendige Zeugen-beweis  steht  bei  vorsorglichen  Massnahmen  nicht zur Verfügung). 2010 entschied das Bundesgericht,95 dass  der  amtliche  Erbschaftsliquidator  das  Recht hat, von Dritten Auskünfte über die finanzielle Lage des Erblassers zu verlangen. Auskunft geben muss insbesondere  der  Anwalt,  welcher  einen  Trust  für Rechnung des Verstorbenen errichtet hat (Mandat); der Anwalt kann sich nicht auf sein Berufsgeheim-nis berufen. Nach Schröder würde dieses Auskunfts-recht auch den Erben zustehen.96

c. Doktrina)  BGE  133  III  66497  (Bareinzahlung)  ist  auf  Kri-tik  gestossen:  So  bemerken  Borer/Dietrich/Forlin/Harsch/Ito/Spiegel  zu  dieser  Entscheidung,98  dass nur der Kontoinhaber ein Vertragsverhältnis mit der Bank  unterhält,  nicht  aber  der  Einzahlende.  Nach Schröder99  ist  (ebenfalls)  kein  Vertragsverhältnis mit der Bank ersichtlich; er ist der Ansicht, die Er-ben sollten sich primär an die Stiftung wenden, bei unbekannten Dritten könne man einen Auskunfts-vertrag «kon stru ieren» oder in Analogie zu Art. 170 ZGB oder Art. 16 PartG «vorgehen».100

b) Giovanoli101 bemerkt, dass eine vertragliche Be-ziehung  (in  welche  alle  Erben  –  auch  die  nicht pflichtteilsberechtigten  –  eintreten  können),  nicht nur  wie  geschildert  im  Rahmen  einer  Einzahlung der  Bank  an  eine  Struktur,  sondern  auch  im  Rah-men  eines Auftrags  zur  Errichtung  einer  Struktur (Stiftung/Trust) erfolgen könne (Mandat).

c)  Noseda  beschreibt  die Auskunftsrechte  der  Be-günstigten,  welche  im  Einzelnen  dem  jeweiligen Trust-Recht unterstehen, allgemein wie folgt: «Der Begünstigte  besitzt  ein  Recht  auf  Information  ge-genüber dem Trustee (mit gewissen Ausnahmen und Beschränkungen).»102 Das Auskunftsrecht wird teil-weise mit dem Eigentumsrecht103 und teilweise mit dem Aufsichtsrecht  des  Begünstigten104  begründet. Der  Begünstigte  darf  die  allgemeinen  Urkunden einsehen  und  erhält  davon  auch  eine  Kopie.  Dazu gehören  etwa  die  Trusturkunde  (trust  deed)  und Urkunden  über  Ernennung  und  Abberufung  des 

Trustees,  Protokolle  von Trustee-Sitzungen  (wobei Abschnitte über die Ausübung der dispositive pow-ers  abgedeckt  werden  dürfen),  Rechtsberatungen, Buchhaltung und Belege und Unterlagen über die Anlage  des Trustvermögens.  Nicht  gezeigt  werden müssen  Unterlagen,  welche  die Ausübung  der  dis-positive  powers  betreffen,  insbesondere  die  letter of wishes.105 Baddeley führt aus, dass Auskunftsbe-gehren  von  Erben  im Ausland  «nicht  immer  statt-gegeben  wird,  um  die  einheimische  Trustindustrie zu schützen».106 Dagegen können sich Trustees oder Protectors in der Schweiz der Auskunftspflicht nicht entziehen,  selbst  wenn  sie  Träger  eines  Berufsge-heimnisses (wie Rechtsanwälte) sind.107

d)  Nach  Chapuis108  haben  nur  Pflichtteilserben einen  Anspruch  auf  Auskunft  und  dieser  ist  auf-grund einer Interessenabwägung zu gewähren bzw. einzu schränken:  «Il  ressort  toutefois  de  manière unanime que ce droit n’est reconnu qu’aux héritiers réservataires et qu’il est soumis à une pesée d’intérêts entre le secret bancaire dont le véhicule successoral, détenteur  du  compte,  peut  se  prévaloir  et  le  droit des héritiers réservataires à faire valoir leurs droits successoraux.» Das anwendbare Erbrecht bestimmt sich nach den Kollisionsregeln des  Internationalen 

94  Vgl. Cour de Justice GE ACJC/146/2006 vom 16.02.2006, SZW 79 (2007) 322.

95  Vgl. BGer. 5A_620/2007 vom 7. Januar 2010 = ZBGR 93 (2011) 57 Nr. 9.

96  Vgl. SchröDer (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 200 f.97  Vgl. vorne, A. 2. b. a). 98  Vgl. anDreaS borer/Martin Dietrich/chriStine For-

Lin/SebaStian harSch/anDreaS ito/Dirk SpiegeL,  Fi-nanzmarktrecht – Entwicklungen 2007, Bern 2008, S. 97.

99  Vgl.  anDreaS SchröDer,  BGE  133  III  664.  Urteil  des Bundesgerichts 5C.8/2007 vom 10. September 2007, suc-cessio 3 (2008) 225 ff.

100  Vgl. auch SchröDer (Fn. 4), successio 5 (2011) 189, 201 f.101  Vgl. gioVanoLi (Fn. 87), S. 143.102  FiLipo noSeDa,  Praktische  Auswirkungen  des  Haager 

Trust Übereinkommens für den Schweizer Trustee, Pro-tector,  Trust  Administrator  und  Investment  Advisor, AJP 15 (2006) 482, 485.

103  Vgl. Re Londonderry’s Settlement (1965) Ch 918.104  Vgl.  Rabaiotti’s  Settlement  (2000)  JLR  173;  Schmidt  v 

Rosewood Trust Ltd (2003) UKPC 25.105  Vgl.  Re  Londonderry’s  Settlement  (1965)  Ch  918; 

Rabaiotti’s Settlement (2000) JLR 173, para. 53; Schmidt v Rosewood Trust Ltd (2003) UKPC 25.

106  Margareta baDDeLey,  Vermögensübertragungen  an Trusts und schweizerisches Eherecht, FamPra. 2011, 302, 304. 

107  Vgl. baDDeLey (Fn. 106), FamPra. 2011, 302, 314; StaniS-LaS (Fn. 66), SJ 121 (1999) II 413, 434 f. 

108  Vgl. chappuiS (Fn. 47), SJ 127 (2005) II 37, 55 f.

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Privatrechts, welches mit dem auf die Struktur an-wendbaren  Recht  nicht  identisch  sein  muss  (Bei-spiel: Anwendung französischen Erbrechts auf eine Stiftung nach liechtensteinischem Recht).109

e)  Nach Thévenoz110  ist  das Auskunftsrecht  der  Er-ben  im  Zusammenhang  mit  einer  Herabsetzungs-klage gegen einen Trust wenig ausgebildet. Er schlägt deshalb vor, dieses Recht in einem neuen Art. 533a ZGB111  zu  fassen. Weingart112  hat  neuerdings  einen ähnlichen Vorschlag113 gemacht.

f) Nach eigener Meinung gewährt das Erbrecht den Erben  direkte  Ansprüche  gegenüber  Dritten,  etwa mit der Herabsetzungsklage nach Art. 527 ZGB oder dem Herausgabeanspruch nach Art. 598 ZGB.114  In Verbindung mit solchen erbrechtlichen Ansprüchen können  die  Erben  auch Auskunftsansprüche  gegen 

eine Stiftung oder einen Trustee geltend machen, wel-che  sich  mangels  einer  ausdrücklichen  gesetzlichen Grundlage auf die analoge Anwendung von Art. 607 Abs. 3 und Art. 610 Abs. 2 ZGB stützen.115 Das Erb-statut bestimmt das anwendbare Erbrecht.

Das Stiftungs- und Trustrecht gewähren den Be-günstigten  Auskunftsansprüche,  nicht  aber  den Erben  von  Begünstigten  oder  Stiftern.  Das  Ge-sellschaftsstatut bzw. Truststatut bestimmen das an-wendbare  Stiftungs-  und  Trustrecht,  welches  die genaue Ausgestaltung des Auskunftsrechts des Be-günstigten bestimmt.

Das  Vertragsrecht  kann  den  Erben  (Universal-sukzession) in gewissen Fällen, in denen im Zusam-menhang  mit  der  Einrichtung  einer  Struktur  oder bei Zuwendungen an sie (Banktransaktion, Barein-lage?) vertragliche Ansprüche (Mandat) entstanden sind, ein Auskunftsrecht gewähren. Das Vertragssta-tut bestimmt das anwendbare Vertragsrecht.

3. Lebensversicherungena. Gesetzliche Grundlagea)  Die  gesetzliche  Grundlage  für  die  vertragliche Auskunftspflicht der Lebensversicherung an die Er­ben befindet sich im Versicherungsvertrag (Art. 3 und Art. 43 VVG) und der Universalsukzession (Art. 560 ZGB).  Im  internationalen  Verhältnis  gilt  das  Ver-tragsstatut (Art. 117 IPRG) und für die Zuständig-keit ist das Lugano-Übereinkommen (LugÜ) zu be-achten.

b)  Die  gesetzliche  Grundlage  für  die  erbrechtli­che Auskunftspflicht der Begünstigten einer Lebens­versicherung an die Erben  setzt  bei  der  Herabset-zungsklage  (Art.  527  ZGB)  ein.  Diese  kommt  zur Anwendung,  weil  der  Rückkaufswert  einer  Le-bensversicherung  nach Art.  476  und Art.  529  ZGB im  Nachlass  anzurechnen  ist  (die  Pflichtteilberech-nungsmasse erhöht). Der Auskunftsanspruch der Er-ben gegenüber den Begünstigten stützt sich (analog) auf Art. 607 Abs. 3 und Art. 610 Abs. 2 ZGB. Soweit erbrechtliche  Ansprüche  geltend  gemacht  werden, richtet sich das anwendbare Recht  im  internationa-len Verhältnis nach dem Erbstatut (Art. 90 ff. IPRG) und die Zuständigkeit nach Art. 86 ff. IPRG.

b. Rechtsprechunga)  2007  hat  sich  das  Bundesgericht116  mit  der Ver-erbung des Versicherungsvertrags117 beschäftigt und festgestellt, dass das Recht, die Begünstigung zu wi-derrufen,  nicht  vererblich  sei,  sofern  der  Tod  des Versicherungsnehmers nicht das versicherte Ereig-nis  einer  Lebensversicherung  sei.  Zur  Vererbung des Auskunftsrechts äussert sich das Bundesgericht 

109  Vgl. chappuiS (Fn. 47), SJ 127 (2005) II 37, 60 f.: «Or la loi applicable à la succession ne coïncide pas forcément avec celle applicable au véhicule  successoral dans  la mesure où  ces  deux  lois  sont  désignées  par  des  règles  de  rat-tache ment  différentes.  Il  faut  examiner  quelle  est  la perception du véhicule successoral par le droit applicable à la succession afin de déterminer si les biens détenus par le véhicule sont de nature successorale.»

110  Vgl.  Luc théVenoz, Trusts  en  Suisse/Trusts  in  Switzer-land, Zürich 2001, S. 57 ff.

111  Vgl. théVenoz (Fn. 110), S. 342: «Macht ein pflichtteils-berechtigter Erbe Tatsachen glaubhaft, die eine Herab-setzungsklage gegen einen … Trustee oder Begünstigten  eines  …  Trusts  begründen  könnten,  kann  der  Richter den … Trustee  sowie die Begünstigten oder Verwahrer der  betreffenden  Vermögenswerte  verpflichten,  die  er-forderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen.»

112  Vgl.  cLauDio Weingart, Anerkennung  von Trusts  und trustrechtlichen Entscheidungen im internationalen Ver-hältnis – unter besonderer Berücksichtigung schweizeri-schen Erb- und Familienrechts, Zürich 2010, N 233 ff.

113  Vgl.  Weingart  (Fn.  112),  N  297:  «Sofern  pflichtteils-geschützte  Erben  eine  Verletzung  ihres  Pflichtteilsan-spruchs  glaubhaft  machen  können,  kann  das  Gericht Drittpersonen, wie z.B. Treuhänder, Begünstigte, Banken und Vermögensverwalter, zur Herausgabe von Informa-tionen  und  Beweisen  verpflichten,  die  zur  Feststellung des Pflichtteilsrechts notwendig sind.»

114  Zu weiteren erbrechtlichen Ansprüchen vgl. vorne, A. 1. c. f).

115  Ebenso pauL eiteL/SiLVia brauchLi, Trusts  im Anwen-dungsbereich des schweizerischen Erbrechts, successio 6 (2012) 116, 146.

116  Vgl. BGE 133 III 669 E. 4.117  Vgl.  dazu  etwa  FeLix rajoWer,  Die  Einforderung  der 

Versicherungsprämien nach VVG, AJP 11 (2002) 500, 502: «Für  den  Versicherungsnehmer  treten  dessen  Rechts-nachfolger  in  die  Prämienzahlungspflicht  ein,  so  dessen Erben (Art. 560 Abs. 2 und 603 Abs. 1 ZGB).»

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Auskunftspflichten gegenüber Erben

266 successio 4/12

§

weder  in  diesem  Entscheid  noch  im  hinten118  er-wähnten BGE 131 III 646.

b) 2005 hat das Bundesgericht119  festgehalten, dass derjenige, welcher sich auf den Pflichtteil beruft, ge-gen den aus  der  Lebensversicherung  Begünstigten vorzugehen habe und nicht gegen die Versicherung.

c. Doktrina) Breitschmid120 erwähnt einen neueren Entscheid des  OLG  Saarbrücken,  in  welchem  das  Gericht «…  den  Lebensversicherer  zur Auskunft  über  Be-zugsrechte  gegenüber  dem  Nachlassinsolvenzver-walter verpflichtet …»121 und er bemerkt, dass sich eine parallele Praxis auch in der Schweiz entwickeln könnte.

b) Nach eigener Meinung richtet sich der (geerbte) vertragliche Auskunfts­Anspruch der Erben gegen die Lebensversicherung  nach  dem  Versicherungs-vertrag, ähnlich wie sich der (geerbte) vertragliche Anspruch bei der Bank sich nach dem Auftragsrecht (Art.  400  OR)122  richtet.  Dieses Auskunftsrecht  ist allerdings noch wenig ausgebildet und es muss noch genauer  erarbeitet  werden,  welche  Bestimmungen des VVG dieses Recht enthalten. 

Der  erbrechtliche Auskunfts­Anspruch der Er­ben gegen den Begünstigten  einer Lebensversiche­rung  stützt sich auf den Pflichtteil (Art. 527 ZGB) und  (analog)  die  erbrechtliche  Auskunftspflicht (Art. 607 Abs. 3 und Art. 610 Abs. 2 ZGB). Diese ist in der Lehre und Rechtsprechung anerkannt.

B. Liechtenstein

Während bei der Darstellung der Rechtslage in der Schweiz123  versucht  wurde,  ein  umfassendes  Bild zu zeichnen, muss es bei den rechtsvergleichenden Hinweisen  auf  die  benachbarten  Länder  bei  Aus-schnitten bleiben.

1. Bankena. Gesetzliche Grundlagena) In Liechtenstein durchläuft der Nachlass ein Ver-lassenschaftsverfahren,  welches  stark  an  die  anglo-amerikanische  Probate  Procedure  erinnert  und  auf den 1.  Januar 2011 neu geregelt wurde. Das Verlas­senschaftsgericht  kann  Auskunft  von  den  Banken verlangen. Die Todesfallaufnahme erfolgt durch die Gemeinde  im  Auftrag  des  Verlassenschaftsgerichts (Art.  145  Abs.  2  lit.  b  Außerstreitgesetz  [FL  Auß-StrG])124  Art.  146  Abs.  2  FL  AußStrG  umschreibt die Auskunftspflicht der Bank wie folgt: «Banken … 

sind  verpflichtet,  bei  Nachweis  des Vorhandenseins  einer Geschäftsbeziehung den Vermögensbestand ei-nes Verstorbenen auf entsprechenden Beschluss des Gerichtes  diesem  bekannt  zu  geben;  die  so  erlang-ten Zahlen dürfen ausschliesslich für das Verlassen-schaftsverfahren verwendet werden». Dieses direkte Auskunftsrecht war unter dem bis 2010 geltenden § 1 Verlassenschaftsinstruktion (VerlI) umstritten.

b) Die Erben erwerben das Eigentum am Nachlass erst mit der sog. Einantwortung (§ 797 FL ABGB).125 Danach  haben  sie  in  etwa  die  gleiche  Rechtsstel-lung wie die Erben in der Schweiz und können von einer Bank, bei welcher der Erblasser ein Konto be-sass, gestützt auf den Vertrag mit der Bank (§§ 1009 und  1012  FL  ABGB)  umfassend Auskunft  verlan-gen. Es stellt sich die Frage, ob die Erben schon zuvor ein Auskunftsrecht haben, ob schon nach dem Erb-fall oder allenfalls nach der Erbserklärung (§ 799 FL ABGB/Annahme der Erbschaft). 

c) Das Bankgeheimnis ist in Art. 14 FL BankG126 ge-regelt. Es wirkt nicht gegenüber den Erben des Bank-kunden oder dem Verlassenschaftsgericht und behin-dert deren Auskunftsrecht somit nicht.

b. Praxisa)  Noch  unter  dem  alten  Recht  (VerlI)  hat  der FL  OGH127  1989128  die  Auskunftspflicht  der  Bank im  Verlassenschaftsverfahren  wie  folgt  begründet: «Wenn  schon  eine  Auskunftspflicht  der  Bank  ge-genüber  dem  Gericht  im  Interesse  dritter  Perso-nen,  wie  etwa  betreibender  Parteien  oder  Siche-rungswerber  im  Rahmen  der  Bestimmungen  des 

118  Vgl. A. 3. b. b).119  Vgl. BGE 131 III 646 E. 2.3.120  Vgl. peter breitSchMiD, Ehe- und erbrechtliche Planung 

an den Schnittstellen zu BVG, VVG und Sozialversiche-rung, insbesondere in Patchworksituationen, successio 4 (2010) 259 ff.

121  breitSchMiD (Fn. 120), successio 4 (2010) 265 Fn. 21.122  Vgl. vorne, A. 1. a. b).123  Vgl. vorne, A.124  G vom 25. November 2010 über das gerichtliche Verfah-

ren  in  Rechtsangelegenheiten  ausser  Streitsachen  (LR 274.0).

125  Vgl.  Allgemeines  bürgerliches  Gesetzbuch  vom  1.  Juni 1811 (ABGB; LR 210.0).

126  Vgl. G vom 21. Oktober 1992 über die Banken und Wert-papierfirmen (Bankengesetz; FL BankG; LR 952.0).

127  Oberster Gerichtshof.128  Vgl.  FL  OGH A  234/88-53  vom  25.10.1989,  zit.  v.  juLia

kLatiL,  Die Auskunftspflicht  der  Banken  im Verlassen-schaftsverfahren, LJZ 25 (2004) 118. 

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successio 4/12 267

Art 223 EO129 anerkannt wird, so muss dies in einem viel  stärkeren Masse auch  in Ansehung einer Aus-kunftserteilung im Interesse des Bankkunden selbst, hier des Verstorbenen bzw. des ruhenden Nachlas-ses, gelten.»130 Aber das Verlassenschaftsgericht er-hielt danach nur Auskunft, wenn die primären Mög-lichkeiten (insbesondere die Befragung der Erben) ergebnislos  verlaufen  waren.131  Dies  wurde  2004 vom FL OGH nochmals bestätigt.132 Erst 2005 än-derte der FL OGH133 die Praxis und das Verlassen-schaftsgericht  kann  seither  Auskünfte  auch  direkt bei der Bank einholen. Wie vorne134 dargelegt folgte der Gesetzgeber per 1.1.2011 dieser Ansicht (§ 146 Abs. 2 FL AußStrG).

b) In der vorne135 erwähnten Entscheidung von 1989 hat der FL OGH136 weiter ausgeführt, dass das Ver-lassenschaftsgericht nur Auskunft erhält, wenn kon-krete  Anhaltspunkte  für  das  Bestehen  einer  Ge-schäftsverbindung  vorliegen.  2009137  hat  der  FL OGH  präzisiert,  dass  als Anscheinsbeweis  genügt, wenn  eine  konkrete  Kontonummer  bei  einer  be-stimmten Bank genannt wird. Abgelehnt wird dage-

gen die Nachfrage nach weiteren Konti bei dersel-ben Bank. Weiter hat das Gericht ausgeführt, dass die Inventarserstellung keine Voraussetzung für die Bankauskunft  an  das  Verlassenschaftsgericht  sei. Auch  diese  Praxis  wurde  per  1.1.2011  ins  Gesetz (§ 146 Abs. 2 FL AußStrG) übernommen.

c)  1997138  hielt  der  StGH139  fest,  dass  das  Bankge-heimnis kein Hindernis für die Auskunft an das Ver-lassenschaftsgericht sei. 

d)  1993  hat  der  FL  OGH140  entschieden,  dass  die Erben  in  die  Position  des  Bankkunden  (§§  1009 und 1012 FL ABGB)  treten und das Bankgeheim­nis kein Hindernis für die Auskunft an sie sei. Jeder von mehreren Konto-/Depotinhabern ist auskunfts-berechtigt. Die Einsichtnahme bei der Bank, welche mehrfach  erfolgen  kann,  stützt  sich  auf  Art.  XVI FL  EGZPO.141  Ebenso  sind  auch  Kopien  der  Un-terlagen auf Verlangen mehrfach zu übergeben, ge-gen  Ersatz  der  Kosten.  Eine  Grenze  für  die  Aus-kunft bildet  (wie  in der Schweiz)142 die gesetzliche Aufbewahrungspflicht von zehn Jahren. Abgelehnt wurde das Auskunftsbegehren über weitere (als die im Auskunftsbegehren konkret bezeichneten) Konti der Erblasserin bei der Bank und zwar mit den Ar-gumenten, die Bank sei zur Geheimhaltung höchst-persönlicher  Tatsachen  des  Erblassers  oder  von Dritten verpflichtet und die Auskunft finde am of­fenbaren Missbrauch des Rechts seine Grenze. 2002 hat der FL OGH143 präzisiert, dass das Bankgeheim-nis dann gegenüber den Erben wirken könne, wenn der Erblasser der Bank eine Schweigeverpflichtung auferlegt habe. 

e) Der FL OGH hat 1998144 auch einem (deutschen) Testamentsvollstrecker  ein  Auskunftsrecht  gegen-über der Bank gewährt. Dieser hat den Anscheinsbe­weis erbracht, dass der Erblasser Konti bei der Bank führte. Das Auskunftsrecht  ist eingeschränkt, wenn Rechte Dritte (wie einer Stiftung) betroffen sind. 

f)  Im gleichen Entscheid hat der FL OGH145 auch festgehalten, dass eine wirtschaftliche Berechtigung des Erblassers am Vermögen (Stifter) nicht vererbt werden  könne  und  die  Erben  des  Stifters  deshalb kein Auskunftsrecht gegenüber der Stiftung haben. Daraus folgt, dass auch die Bank, welche für die Stif-tung ein Konto führt, den Erben des Stifters keine Auskunft geben muss.

c. Doktrina) In der Doktrin wurde eine Debatte zwischen Kla-til146  und  Reithner147  ausgetragen:  Während  Klatil (damals  Praktikantin  am  LG Vaduz)  das  Nachfra-

129  Vgl. G vom 24. November 1971 über das Exekutions- und Rechtssicherungsverfahren (Exekutionsordnung; EO; LR 281.0).

130  FL  OGH  A  234/88-53  vom  25.10.1989,  zit.  v. kLatiL (Fn. 128), LJZ 25 (2004) 118.

131  Vgl. FL OGH A 234/88-53 vom 25.10.1989, zit. v. kLatiL (Fn. 128), LJZ 25 (2004) 118.

132  Vgl.  FL  OGH  5  VA  2003.106-19  vom  3.6.2004,  zit.  v.  nicoLaS reithner, Die Auskunft der Banken im Verlas-senschaftsverfahren – Replik, LJZ 26 (2005) 91.

133  Vgl. FL OGH 5 VA 2005.6-43 vom 19.7.2005, zit. v. reith-ner (Fn. 132), LJZ 26 (2005) 92.

134  Vgl. B. 1. a. a).135  Vgl. B. 1. b. a).136  FL  OGH  A  234/88-53  vom  25.10.1989,  zit.  v. kLatiL 

(Fn. 128), LJZ 25 (2004) 118.137  Vgl.  FL  OGH  03  RZ.2008.731  vom  7.5.2009,  LES  2009, 

318.138  Vgl. StGH 1996/42 vom 24.4.1997, LES 1998, 185.139  Staatsgerichtshof.140  Vgl.  FL OGH 4C 170/92-23 vom 16.8.1993,  Jus & News 

1997, 58 ff.141  Vgl. G vom 10. Dezember 1912 betreffend die Einführung 

der  Zivilprozessordnung  und  der  Jurisdiktionsnorm  (FL EGZPO; LR 271.001).

142  Vgl. vorne A. 1. c. a).143  Vgl. FL OGH Cg 2/2000-58 vom 7.3.2002, LES 2002, 317; 

ähnlich  FL  OGH  03  RZ.2008.731  vom  7.5.2009,  LES 2009, 318, 321.

144  Vgl. FL OGH C 133/95-70 vom 8.1.1998, LES 1998, 111.145  Vgl. FL OGH C 133/95-70 vom 8.1.1998, LES 1998, 111, 

115.146  Vgl. kLatiL (Fn. 128), LJZ 25 (2004) 118 ff.147  Vgl. reithner (Fn. 132), LJZ 26 (2005) 91 ff.

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Auskunftspflichten gegenüber Erben

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§

gen des Verlassenschaftsgerichts bei den Erben be-mängelte und für ein direktes Nachfragen des Ver-lassenschaftsgerichts  bei  den  Banken  plädierte, nahm Reithner die gegenteilige Position ein. Er kam zum Schluss, dass die Auskunft der Bank an die Er-ben der Auskunft der Bank an die Verlassenschafts-behörde vorgehen  solle. Der  ruhende Nachlass  sei zwar  ein  selbständiger  Rechtsträger  und  prozess-fähig, aber bis zur Bestellung eines Nachlass- oder Prozesskurators unvertreten. Pflichtteilsberechtigte könnten sich an die übrigen Erben wenden, welche zur Rechnungslegung verpflichtet seien. Die Praxis folgte (wie vorne148 dargelegt) Klatil. 

b) Als Liechtenstein das Außerstreitgesetz (FL Auß-StrG) parallel zu Österreich revidierte,  sprach sich Klatil149  dafür  aus,  dass  die  Verfahrensgrundsätze des österreichischen Außerstreitgesetzes übernom-men werden sollten. Ungerank150 erläutert unter an-derem, was mit dem «Nachweis des Vorhandenseins einer  Geschäftsbeziehung»  (§  146 Abs.  1  FL Auß-StrG)  gemeint  sei:  Eine  Beziehung  des  Erblassers zur Bank muss glaubhaft gemacht, aber nicht bewie-sen  werden:  «So  kommt  es  in  der  Praxis  vor,  dass Erbansprecher bloss über einen älteren (z.B. einen Zeitraum Jahre vor Ableben des Erblassers betref-fenden) Kontoauszug verfügen, dass sie ein Konto-kärtchen mit der Anführung einer entsprechenden Kontonummer  bei  einer  bestimmten  Bank  vorle-gen können, dass sie angeben können, der Erblasser habe immer wieder davon gesprochen, er würde ein Konto  bei  der  X-Bank  haben,  oder  sie  hätten  den Erblasser  immer  wieder  zur Y-Bank  in Vaduz  ge-bracht, in welche dieser dann hineingegangen sei.»

c) Nach eigener Meinung müssen die Banken dem Verlassenschaftsgericht direkt Auskunft erteilen. Der Nachweis  einer  Geschäftsbeziehung  wird  in  einer Art gehandhabt, welche die Erben nicht behindern dürfte, aber fishing expeditions vermeidet. Das Ver-wertungsverbot  in Art.  146 Abs.  1  FL AußStrG  ist verständlich und durch die besonders aktive Rolle des  Verlassenschaftsgerichts  bedingt.  Damit  soll eine Verwertung durch die Steuerbehörden verhin-dert werden. 

Die  Erben  haben  daneben  ein  eigenständiges Auskunftsrecht,  welches  sie  seit dem Ableben des Erblassers  ausüben  können,  denn  die  Erben  sind erst aufgrund der erhaltenen Informationen in der Lage, über die Annahme der Erbschaft zu entschei-den. Die Einschränkung, dass Geheimnisse des Erb-lassers und von Dritten zu schützen sind, ist an sich richtig, sie muss aber sorgfältig angewendet werden: Zahlungsströme sind keine höchstpersönlichen Tat-sachen.151 Weil der Erblasser über Pflichtteile nicht verfügen  kann,  sind  seine Anordnungen, die Bank 

solle  gewisse Transaktionen  auf  seinem  Konto  ge-genüber  pflichtteilsgeschützten  Erben  geheim  hal-ten, nicht verbindlich. Einen offenbaren Missbrauch des Auskunftsrechts kann ich mir sodann nur schwer vorstellen,  er  ist  jedenfalls  auch  bei  wiederholten Auskunftsbegehren oder unpräzisen Angaben über das Konto noch nicht gegeben. Ich erwarte, dass sich die Praxis des (privaten) Auskunftsrechts der Ban-ken in Liechtenstein (ähnlich wie in der Schweiz vor einigen Jahrzehnten152) in den nächsten Jahren noch weiter entwickeln – sprich: öffnen – wird.

2. Stiftungen und Trustsa. Gesetzliche Grundlagena) Seit der Reform des Stiftungsrechts (1.4.2009) be-steht nach Art. 552 § 9 PGR153 ein (zwingendes) Aus­kunftsrecht des Begünstigten gegenüber der Stiftung: «Der Begünstigte hat, soweit es seine Rechte betrifft, Anspruch auf Auskunft … Das Recht darf nicht  in unerlaubter Absicht,  in missbräuchlicher oder nicht in einer den Interessen der Stiftung oder anderer Be-günstigter widerstreitenden Weise ausgeübt werden. Ausnahmsweise kann das Recht auch aus wichtigen Gründen  zum  Schutz  des  Begünstigten  verweigert werden …»

b)  Nach Art.  552  §  11  PGR  besteht  ein  reduziertes Auskunftsrecht des Begünstigten, wenn ein Kontroll-organ vorhanden ist. Nach Abs. 1 «kann der Begüns-tigte nur über Zweck und Organisation der Stiftung sowie über seine eigenen Rechte gegenüber der Stif-tung Auskunft verlangen und deren Richtigkeit durch Einsichtnahme in die Stiftungsurkunde, die Stiftungs-zusatzurkunde und die Reglemente überprüfen» so-wie Kontrollberichte verlangen (Art. 552 § 11 Abs. 4 und 5 PGR).154 Weitergehende Auskunftsrechte wer-den  damit  unterbunden.  Diese  Bestimmung  dient etwa  dazu,  dass  der  Stifter,  der  sich  gleichzeitig  als Kontrollorgan einsetzt, die Informationen an die Be-

148  Vgl. vorne, B. 1. b. a).149  Vgl. juLia kLatiL, Verlassenschaft und Bankgeheimnis – 

Aktuelle Jud zu Auskunftsansprüchen unter besonderer Berücksichtigung des öAußStrG, LJZ 31 (2010) 1 ff.

150  Vgl. WiLheLM ungerank, Das neue Verlassenschaftsver-fahren, LJZ 32 (2011) 178 ff.

151  Vgl. dazu vorne, A. I. c. d).152  Vgl. vorne, A. 1. b. a).153  Vgl. Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) vom 20. Ja-

nuar 1926 (LR 216.0).154  johanneS gaSSer, Neue Pflichten und Gestaltungsmög-

lichkeiten des Stiftungsrates, in: Das neue liechtensteini-sche  Stiftungsrecht,  hrsg.  v.  der  Hochschule  Liechten-stein, Zürich 2008, S. 187.

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günstigten (und späteren Erben) zunächst noch be-schränken kann.155

c) Das Auskunftsrecht der Erben (des Stifters) gegen die Stiftung  stützt  sich  materiell  auf  den  Pflichtteil (§  762  ff.  FL ABGB),156  denn  dieser  kann  Grund-lage für die Anfechtung von Zuwendungen des Stif-ters an die Stiftung bzw. die Errichtung der Stiftung sein.  Entsprechendes  gilt  für  das  Auskunftsrecht der  Erben  (des  Gründers  eines Trusts)  gegenüber dem Trustee. Das Auskunftsrecht wird aus Art. XV Abs. 1 FL EGZPO abgeleitet. Das anwendbare Erb-recht  bestimmt  sich  nach  dem  Erbstatut,  welches auf  die  Staatsangehörigkeit  des  Erblassers  abstellt (Art. 29 Abs. 1 FL IPRG).157 Seit der Revision des Stiftungsrechts  (1.4.2009)  ist  daneben  immer  auch «das für den Erwerbsvorgang massgebliche Recht» zu  beachten  ist  (Art.  29 Abs.  5  FL  IPRG).  Damit wurde ein zweiter Filter eingebaut, weil bei Zuwen-dungen an liechtensteinische Stiftungen und Trusts die kurze 2-jährige Verjährungsfrist des liechtenstei-nischen Pflichtteilsrechts (§ 785 Abs. 3 FL ABGB) zusätzlich zur Anwendung kommt.

c. Praxisa)  1996  hat  der  FL  OGH158  (gestützt  auf  das  alte Stiftungsrecht) entschieden, dass der Stifter die Be-günstigten durch eine Statutenbestimmung von der 

Auskunft weitgehend ausschliessen kann und dass das Auskunftsrecht  somit  nur  «im  Kern»  gewahrt werden muss. 2004 präzisierte der FL OGH,159 dass die Übergabe des Revisionsstellenberichts ohne ent-sprechende Statutenbestimmung als Auskunft nicht genüge.  2012  wurde  vom  FL  OGH160  klargestellt, dass  die  Bestellung  eines  Buchprüfers  kein  Kont-rollorgan im Sinne von Art. 552 § 11 PGR ist. 2005 wurde vom FL OGH bestätigt, dass «das gesetzliche Auskunftsrecht bis zu einem gewissen Umfang einer abweichenden privatautonomen Regelung zugäng-lich  (sei). Kriterium  für die Zulässigkeit   einer pri-vatautonomen und damit statutarischen Gestaltung des Auskunftsrechtes von Destinatären ist die Wah-rung gesellschafts- und stiftungsrechtlicher Grund-sätze.»161 2008 führte der FL OGH zur Gestaltungs­freiheit des Stifters  weiter  aus:  «Die  Abwägung zwischen  Transparenz  und  Vertraulichkeit  ist  pri-mär vom Stifter vorzunehmen, welchem gem. § 68 TruG162  die  Kompetenz  zukommt,  die  Auskunfts-ansprüche der Destinatäre zu regeln … Dieser Re-gelungskompetenz sind aber durch die Grundsätze von Treu und Glauben sowie des Verbots der Schi-kane bzw. des Rechtsmissbrauchs Grenzen gesetzt, weshalb  bspw.  die Auskunfts-  und  Einsichtsrechte der  Destinatäre  in  den  Statuten  nicht  zur  Gänze ausgeschlossen werden können … Aus dem Wort-laut von § 68 TruG ist abzuleiten, dass die Stiftungs-verwaltung  nicht  verpflichtet  ist  …,  jedem  Nach-folgedestinatär alle bis zur Gründung der Stiftung zurückreichenden Geschäftsbücher und Papiere ge-schweige denn solche Dokumente, welche über den Willen  des  Auftraggebers  der  Stiftungserrichtung Aufschluss geben, zur Einsicht vorzulegen.»163 Das neue Stiftungsrecht  (1.4.2009) hat die Gestaltungs-freiheit  des  Stifters  stark  eingeschränkt.  Nach  der Rechtsprechung des FL OGH können «die Rechte der  Begünstigten  durch  Einräumung  bestimm-ter Informations- und Auskunftsrechte konkret im Einzelnen  definiert»164  werden.  Der  FL  OGH  be-tonte in einem Entscheid 2012 aber auch, dass die Begünstigten  durch  Statutenbestimmungen  «von den  ihnen  zustehenden  Informations-  und  Aus-kunftsrechten nicht vollständig ausgeschlossen wer-den»165 können.

b) 2003 hat der FL OGH166 festgehalten, dass Ermes-sens-Begünstigten  das  Recht  auf Auskunft  nur  so-weit zusteht, als es deren (beschränkte) Rechte be-trifft.

c)  2004  hat  der  FL  OGH167  entschieden,  dass  der 12,5%-Begünstigte  ein  volles  Auskunftsrecht  hat und  dass  ein  Erbstreit  in  Frankreich  kein  miss-bräuchliches  Motiv  sei.  Der  FL  OGH168  hat  2012 dargelegt, dass der Begünstigte sein Auskunftsrecht 

155  Vgl. gaSSer (Fn. 154), S. 188.156  Vgl. vorne, Fn. 125; der Pflichtteil der Kinder beträgt 1⁄2 

des gesetzlichen Erbteils, derjenige der Ehegatten/Part-ner 1⁄2 des gesetzlichen Erbteils und derjenige der Eltern 1⁄3 des gesetzlichen Erbteils.

157  Vgl. G vom 19. September 1996 über das internationale Privatrecht (IPRG; LR 290).

158  Vgl. FL OGH 3 C 452/92 vom 29. April 1996, zit. v. Mar-kuS SuMMer, «Vertrauen  ist gut, Kontrolle  ist besser» – die Auskunftsrechte von Begünstigten im liechtensteini-schen Stiftungs- und Trustrecht, LJZ 26 (2005) 36, 38 f.

159  Vgl.  FL  OGH  10  HG  2003  57-23  vom  4.11.2004,  zit.  v. Summer (Fn. 158), LJZ 26 (2005) 36, 39 ff.

160  Vgl. FL OGH 5 HG.2010.629 vom 10.2.2012, LES 2012, 66.

161  Vgl. FL OGH CG.2002.32 vom 4.5.2005, LES 2006, 191.162  Vgl. Gesetz vom 10. April 1928 über das Treuunterneh-

men (TrUG; nicht mehr in Kraft).163  FL OGH 4 CG.2005.305 vom 7.2.2008, LJZ 29 (2008) 42.164  FL OGH 02 CG.2007.145 vom 3.9.2009, LES 2010, 84.165  FL OGH 5 HG.2010.629 vom 10.2.2012, LES 2012, 66.166  Vgl. FL OGH 4 Cg 2001 492-29 vom 5.6.2003, LES 2004, 

67 (mit USD 167 Mio. dotiertes Studien- und Forschungs-zentrum).

167  Vgl. FL OGH 2 Cg 2001.52 vom 23.7.2004, LES 2005, 392.168  Vgl. FL OGH 5 HG.2010.629 vom 10.02.2012, LES 2012, 

66.

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Auskunftspflichten gegenüber Erben

270 successio 4/12

§

auch dann ausüben könne, wenn er keine Unregel-mässigkeiten  bei  der  Verwaltung  der  Stiftung  be-hauptet. Der Begünstigte kann sein Auskunftsrecht nach einem weiteren Entscheid des FL OGH169 von 2012  auch  in  einem  Schiedsverfahren  geltend  ma-chen, wenn die Statuten der Stiftung eine entspre-chende Schiedsklausel enthält.

d) 2000 hat der FL OGH170 eine Bank wegen unbe-rechtigter  Verweigerung  von  Zeugenaussagen  mit Busse  bestraft.  Die  Erben  (überlebende  Ehefrau und  einziger  Sohn),  welche  Zuwendungen  an  eine Stiftung verfolgten, haben sich bei ihrem Auskunfts-recht  auf  den Vertrag  mit  der  Bank  (§§  1009  und 1012 FL ABGB) gestützt.

e)  2002  hat  der  FL  OGH171  das Auskunftsbegehren von  Erben  gegenüber  einer  Stiftung  auf  die Verlet-zung von Pflichtteilen gestützt und festgehalten, dass die Errichtung einer Stiftung gleich einer Schenkung angefochten werden könne. Das anwendbare (deut-sche) Erbrecht richtete sich nach dem Erbstatut. 2006 präzisierte  der  FL  OGH  den  Auskunftspflichtigen: «Der nach deutschem Erbrecht zu beurteilende Aus-kunftsanspruch  gegenüber  einer  Stiftung  ist  gegen diese, vertreten durch den Stiftungsvorstand, zu rich-ten.  Die  Stiftungsräte  trifft  in  eigener  Person  keine Auskunftspflicht.»172 Gleichzeitig wurden die Anfor­derungen  für  die  Geltendmachung  des  Auskunfts-rechts  verschärft:  «Der  Auskunfts-(Informations-)Anspruch  …  eines  Erben/Pflichtteilsberechtigten setzt … voraus, dass dieser  in entschuldbarer Weise über  das  Bestehen  oder  den  Umfang  seines  An-spruchs im Ungewissen ist».173 2009 hat der FL OGH den  Umfang der Auskunftspflicht  nach  neuem  Stif-tungsrecht (Art. 552 § 38 PGR) näher umschrieben: «Wenn  die  von  einer  Stiftung  als  Verpflichtete  ge-schuldete  Rechnungslegung  ‹hinsichtlich  aller  von ihr in Empfang genommenen Zuwendungen› die be-treibende Partei in die Lage versetzen soll, allfällige Pflichtteilsergänzungsansprüche  zu  ermitteln,  so  hat die Stiftung nicht nur die zugewendeten Beträge (die auch von Dritten stammen können), sondern auch die ‹Zuwender› zu bezeichnen und insbesondere anzuge-ben, ob diese vom Erblasser (Stifter) stammen.»174

f)  2006  hat  der  FL  OGH  festgehalten,  dass  Erben des Stifters keinen Auskunftsanspruch haben: «Vo-raussetzung  ist  eine  rechtliche  Sonderverbindung zwischen  dem  Erben/Pflichtteilsberechtigten  und der  Person,  von  der  Auskunft  begehrt  wird.  Das Erb-(Pflichtteils-)Recht  einer  Person  allein  stellt keine solche hinreichende rechtliche Sonderverbin-dung dar, welche den Auskunftsanspruch nach § 242 dBGB rechtfertigt. Der Erbe/Pflichtteilsberechtigte 

eines Stifters ist im Verhältnis zur Stiftung als Aus-senstehender anzusehen.»175 

c. Doktrina)  Bösch176  hat  den  Fall  eines  deutschen  Erblassers besprochen, welcher 3 Jahre vor dem Tod eine unent-geltliche Zuwendung vornahm. Aufgrund von Art. 29 Abs. 1 FL IPRG richtet sich das Erbstatut nach der Staatsangehörigkeit (deutscher Erblasser) und § 2325 BGB  sieht  eine  10-Jahres-Frist  für  die  Anfechtung von  Zuwendungen  vor.  Mit  der  Bemerkung,  dass die  Anwendung  des  liechtensteinischen  Erbrechts (2-Jahres-Frist)  zu  einem  anderen  Ergebnis  geführt hätte, sprach er einen Gedanken aus, welcher später zu Art. 29 Abs. 5 FL IPRG führte.177 Diese Bestim-mung wird von Rüdiger Werner178 näher besprochen.

b)  Jacob179  umschreibt  den  Kreis  der  Kontrollbe-rechtigten  einer  liechtensteinischen  Stiftung  wie folgt:  (1)  aktuell  Begünstigte  mit  Rechtsanspruch (Art.  552  §  6 Abs.  1  PGR),  (2)  Ermessensbegüns-tigte  (Art.  552 § 7 PGR; was bei der Revision des Stiftungsrechts  umstritten  war).  (3)  Letztbegüns-tigte  (Art.  552  §  8  PGR;  erst  nach Auflösung  der Stiftung).  (4) Anwartschaftsberechtigte  mit  künfti-gem Anspruch (Art. 552 § 6 Abs. 2 PGR).

c) Lorenz180 erläutert die Einschränkungen des Aus-kunftsrechts:  Zu  beachten  ist  das  Verhältnismäs­sigkeitsprinzip  (u.a.  Erforderlichkeitsprüfung)  und ebenso  das  Geheimhaltungsinteresse  der  Stiftung oder  von  Mitbegünstigten.  Solche  Interessen  müs-sen konkret bestehen/nachgewiesen werden.

169  Vgl. FL OGH 5 HG.2011.172 vom 16.5.2012, LES 2012, 67.170  Vgl. FL OGH C 145/99-38 vom 3.5.2000, LES 2000, 201.171  Vgl. FL OGH Cg 145/99-74 vom 7.3.2002, LES 2003, 100.172  FL OGH CG.2004.252 vom 7.9.2006, LES 2007, 302, 303.173  FL OGH CG.2004.252 vom 7.9.2006, LES 2007, 302, 303.174  FL OGH 8 EX.2009.1221 vom 1.10.2009, LES 2010, 104.175  FL OGH CG.2004.252 vom 7.9.2006, LES 2007, 302, 303; 

ebenso  schon  der  in  Fn.  145  erwähnte  Entscheid  FL OGH C 133/95-70 vom 8.1.1998, LES 1998, 111, 115.

176  Vgl. haraLD böSch, Auskunfts- und Rechnungslegungs-anspruch  des  Pflichtteilsberechtigten  gegenüber  einer liechtensteinischen Stiftung, LJZ 24 (2003) 55 ff.

177  Vgl. dazu vorne, B. 2. a. c).178  Vgl.  rüDiger Werner,  Stiftungen  als  Instrument  des 

Vermögensschutzes, ZErb 2010, 177 ff.179  Vgl.  DoMiniQue jacob,  Die  liechtensteinische  Stiftung, 

Vaduz 2009, N 478 f.180  Vgl.  bernharD Lorenz,  Kommentar  zu  Art.  552  §  9 

PGR,  in:  Kurzkommentar  zum  liechtensteinischen  Stif-tungsrecht, hrsg. v. Martin Schauer, Basel 2009, Art. 552 § 9 N 42 ff. , 48 ff. und 52 ff.

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successio 4/12 271

d)  Nach  Lins181  hat  das Auskunftsrecht  des  neuen Stiftungsrechts  (anders  als  noch  Art.  68  TrUG) zwingenden  Charakter.  Nur  einen  eingeschränk-ten  Auskunftsanspruch  haben  Anwartschaftsbe-rechtigte auf eine Ermessensbegünstigung ohne fes-ten Anspruch (Widerrufsrecht/Art. 552 § 10 PGR), Begünstigte  von  Stiftungen  mit  Kontrollorgan (Art. 552 § 11 PGR) und Begünstigte von beaufsich-tigten Stiftungen (Art. 552 § 12 PGR).

e) Nach eigener Meinung wurde das Auskunftsrecht der Begünstigten mit der Schaffung des neuen Stif-tungsrechts verstärkt. Die Position des (häufig vor-kommenden)  Ermessens-Begünstigten  ist  aller-dings nach wie vor schwach, was auch der FL OGH bereits  2003  feststellte:  «Der  österreichische  Ge-setzgeber  definierte  den  Auskunftsanspruch  des Begünstigten einer Privatstiftung umfassender und räumte dieses Recht jedem Begünstigten unabhän-gig davon ein, ob dieser einen Anspruch gegen die Stiftung hat oder nicht».182 Die Statuten können das Auskunftsrecht  immer  noch  konkretisieren,  aller-dings in viel engeren Grenzen als früher. Wenn der Erst-Begünstigte  nicht  will,  dass  die  späteren  Be-günstigten in diesen Zeitabschnitt hineinsehen kön-nen, kann er das Auskunftsrecht in den Statuten ent-sprechend begrenzen. Die indirekte Kontrolle durch eine Kontrollstelle ersetzt die eigene Kontrolle nie vollständig. Wie sich die Einschränkungen des Aus-kunftsrechts  (Erforderlichkeitsprüfung,  Rechts-missbrauch, Geheimhaltungsinteressen) auswirken, 

muss die Praxis erweisen. Der Trend dürfte langfris-tig in Richtung Öffnung gehen.

Die Errichtung der Stiftung und Zuwendungen an die Stiftung können von den Erben gleich einer Schenkung  angefochten  werden,  wenn  Pflichtteile verletzt sind. Unter diesem Titel können die Erben auch Auskunftsrechte geltend machen. Weil das FL ABGB keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für das Auskunftsrecht vorsieht,183 wird Art. XV FL EGZPO  als  Grundlage  verwendet.  Die  in Art.  29 Abs.  5  FL  IPRG  eingefügte  Bestimmung,  welche die Geltendmachung der Pflichtteile auf 2 Jahre be-grenzt, schränkt das Auskunftsrecht ein. In der Pra-xis beginnt die Frist allerdings häufig nicht zu laufen, weil sich viele Stifter ein Widerrufs- und Änderungs-recht vorbehalten. 

3. Lebensversicherungena. Gesetzliche Grundlagena) Das Auskunftsrecht der Erben gegenüber der Le­bensversicherung richtet sich materiell nach dem Ver-sicherungsvertragsgesetz (Art. 3 FL VersVG)184 und Versicherungsaufsichtsgesetz  (Art.  45  Vers AG)185 und  formell  nach Art.  XV  FL  EGZPO.186  Die  Er-ben  treten  in  die  Position  des  Erblassers  als  Ver-sicherungsnehmer  ein  (Einantwortung;  §  797  FL ABGB187) und erben damit sein Auskunftsrecht. Das anwendbare Erbrecht bestimmt sich nach dem Erb-statut (Art. 29 FL IPRG188), das anwendbare Versi-cherungsrecht  nach  dem  IVersVG.189  Die  Geheim-haltungspflicht der Versicherungen  (Art.  44 Abs.  1 FL Vers AG) gilt gegenüber den Erben nicht.

b) Das Auskunftsrecht der Erben gegenüber den Be­günstigten einer Lebensversicherung stützt sich ma-teriell auf den Pflichtteil (§ 762 ff. FL ABGB) und das Auskunftsrecht  wird  aus Art.  XV  FL  EGZPO abgeleitet.  Das  anwendbare  Erbrecht  (und  damit auch  der  Pflichtteil)  wird  aufgrund  des  Erbstatuts (Art. 29 FL IPRG) bestimmt.190 

b. Praxis a) Der FL OGH191 hat in einem 2012 gefällten Urteil festgehalten, dass dem Erben des Versicherungsneh-mers  grundsätzlich  ein  Auskunftsanspruch  gegen-über  der  Lebensversicherung  zusteht. Als  Rechts-grundlage  wurde  der  auf  das  bürgerliche  Recht rekurrierende  Auskunftsanspruch  von  Art.  XV Abs. 1 FL EGZPO192 angegeben. Dem Auskunftsan-spruch  der  Erben  steht  die  Geheimhaltungspflicht der Versicherung (Art. 44 Abs. 1 FL VersAG) nicht entgegen.  Aufgrund  des  Erbstatuts  kam  italieni-sches Erbrecht zur Anwendung.

181  Vgl. aLexanDer LinS, Die Begünstigtenrechte im neuen liechtensteinischen Stiftungsrecht nach der Reform 2008, in:  Das  neue  liechtensteinische  Stiftungsrecht,  Zürich, 2008, S. 83 ff.

182  FL OGH 4 Cg 2001 492-29 vom 5.6.2003, LES 2004, 67.183  Ebenso  wie  das  schweizerische  Recht,  vgl.  vorne, A.  2. 

c. f).184  Vgl. G vom 16. Mai 2001 über den Versicherungsvertrag 

(Versicherungsvertragsgesetz,  FL  VersVG;  LR  225. 229.1).

185  Vgl.  G  vom  6.  Dezember  1995  betreffend  die Aufsicht über  Versicherungsunternehmen  (Ver siche rungs auf-sichts gesetz; FL VersAG; LR 961.01).

186  Vgl. vorne, Fn. 141.187  Vgl. vorne, Fn. 125. 188  Vgl. vorne, Fn. 157189  Gesetz  über  das  internationale  Versicherungsvertrags-

recht (LR 291).190  Vgl.  dazu  vorne,  B.  2.  a.  (Liechtenstein/Stiftungen  und 

Trusts).191  Vgl. FL OGH 8 CF.2010.283 vom 13.04.2012, LES 2012, 

137.192  Vgl. dazu vorne, Fn. 141.

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Auskunftspflichten gegenüber Erben

272 successio 4/12

§

b)  Der  FL  OGH193  hat  2007  festgehalten,  dass  die Überlassung  von  Begünstigungen  (Bezugsberech-tigungen)  von  Lebensversicherungen  im  gleichen Sinne  der  Herabsetzung  untersteht  wie Schenkun-gen (§ 785 Abs. 1 FL ABGB). «Im Falle der Zuwen-dung der Versicherungssumme aus der Lebensver-sicherung  durch  den  (späteren)  Erblasser,  für  die der Begünstigte selbst Prämien bezahlte …, wird die Differenz  zwischen  der  Versicherungsleistung  und der Summe der vom Begünstigten selbst bezahlten Prämien als Geschenk behandelt.» Zum Auskunfts-recht der Erben äussert sich dieser Entscheid nicht.

c. Doktrina) Schurti/Blasy194 führen aus, dass der Umfang der Beratungspflicht des Versicherers in Art. 45 VersAG und deren Anhang festgelegt wird und diese Infor-mationen nach Art. 3 VersVG von der Versicherung an den Versicherungsnehmer geliefert werden müs-sen.  Sie  kritisieren  einen  Entscheid  des  OGH,195 weil  in  Deutschland  und  Österreich  die  Erfüllung der Informationspflichten durch den Agenten bzw. Mäkler  genügt  und  der  Versicherer  damit  entlas-tet wird, was in Liechtenstein nicht der Fall ist. Zum Auskunftsrecht der Erben gegenüber der Versiche-rung äussern sie sich nicht.

b) Nach eigener Meinung richtet sich der (geerbte) vertragliche Auskunfts­Anspruch der Erben gegen die Lebensversicherung und  er  stützt  sich  auf  den Ver-sicherungsvertrag  (FL  VersVG)  bzw.  das  Versiche-rungsaufsichtsgesetz  (FL VersAG). Die genaue ma-teriell-rechtliche Grundlage scheint aber noch nicht ganz geklärt zu sein, weil Art. 3 VersVG den Infor-mationsanspruch  des  Versicherungsnehmers  beim Abschluss der Versicherung zum Inhalt hat und für spätere Auskunftsansprüche  eine  ausdrückliche  ge-setzliche Regelung fehlt.

Der  erbrechtliche Auskunfts­Anspruch der Erben gegen den Begünstigten einer Lebensversicherung stützt sich materiell auf den Herabsetzungsanspruch (§  785 Abs.  1  FL ABGB)  und  das Auskunftsrecht wird  aus Art.  XV  FL  EGZPO  abgeleitet.  Für  das Auskunftsrecht des Pflichtteilsberechtigten fehlt im FL ABGB eine ausdrückliche Grundlage. 

C. Österreich

1. Bankena. Gesetzliche Grundlage a) Gesetzliche Grundlage für die Auskunftspflicht der Bank an das Abhandlungsgericht bilden § 145 f. Außer-streitgesetz196 (öAußStrG)197 und § 166 öAußStrG.198

b) § 531 öABGB199 umschreibt den Nachlass als «In-begriff der Rechte und Verbindlichkeiten eins Ver-storbenen». Mit der Einantwortung (§ 819 öABGB) erwerben die Erben das Eigentum an den Nachlass-gegenständen  und  erben  damit  auch  den  mit  der Bank bestehenden Vertrag. Die Auskunftspflicht der Bank an die Erben stützt sich auf die Rechenschafts-pflicht der Bank (§ 1012 öABGB).

c) Das Bankgeheimnis (§ 38 BWG)200 gilt nicht ge-genüber  dem  Abhandlungsgericht  bzw.  dem  Ge-richtskommissär und den Erben.

b. Praxisa) 1966 entschied der OGH,201 dass ein Kreditinsti-tut  dem  Abhandlungsgericht  über  ein  Bankkonto (oder  eine  Einlage) Auskunft  geben  müsse,  ausser es ergebe sich aus der Kontobezeichnung, dass das Konto nicht  in den Nachlass  fällt.  Im gleichen Jahr entschied der OGH,202 dass der Abhandlungsrichter nicht berechtigt sei, von der Verlassenschaft fernste-henden Personen Auskünfte über Vermögenswerte (Spareinlagen)  zu  verlangen,  wenn  keine  Anhalts-punkte dafür bestehen, dass sie zum Vermögen des Erblassers  gehört  haben.  1985  lehnte  der  OGH203 die Auskunft einer Bank gegenüber den Erben  eines Schweizers ab, der einem österreichischen Ehepaar anscheinend einen Geldbetrag übergeben hatte, wel-chen dieser auf ein Nummernkonto bei  einer öster-reichischen Bank angelegt haben soll, zumal jegliche 

193  Vgl. FL OGH 1 CG.2003.159 vom 3.10.2007.194  anDreaS Schurti/Moritz bLaSy: Vertrieb von fondsge-

bundenen  Lebensversicherungen  –  Informations-  und Beratungspflichten, LJZ 33 (2012) 49 ff.

195  Vgl. FL OGH 01.CG.2009.62 vom 10.2.2012.196  § 145 öAußStrG: «(1) Der Gerichtskommissär … hat die 

Todesfallaufnahme zu errichten … (2) Die Todesfallauf-nahme hat zu umfassen … 2. das hinterlassene Vermögen samt Rechten und Verbindlichkeiten …».

197  Vgl.  Bundesgesetz  über  das  gerichtliche  Verfahren  in Rechtsangelegenheiten ausser Streitsachen (Außerstreit-gesetz; öAußStrG; BGBl. I. Nr. 111/2003).

198  «(1) Das Inventar dient als vollständiges Verzeichnis der Verlassenschaft … (3) Zur Feststellung der Nachlasszu-gehörigkeit sind Dritte verpflichtet, Zutritt zu den stritti-gen Gegenständen zu gewähren und deren Besichtigung und Beschreibung zu gestatten.»

199  Vgl.  Allgemeines  bürgerliches  Gesetzbuch  für  die  ge-sammten deutschen Erbländer der Österreichischen Mo-nar chie (öABGB; JGS Nr. 946/1811).

200  Vgl. Bundesgesetz über das Bankwesen (Bankwesenge-setz; BWG; BGBl. 532/1993).

201  Vgl.  OGH  6  0b  48/66  usw.  vom  23.2.1966,  QuHGZ 1966/2,1 = BA 1967, 215.

202  Vgl. OGH 6 Ob 280/66 vom 14.9.1966, ÖBA 1967, 218.203  Vgl. OGH 2 Ob 536/85 vom 23.4.1985.

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successio 4/12 273

Dokumentation fehlte. Zum Umfang der Auskunfts-pflicht führte der OGH204 1992 aus, die Bank müsse auch  über  Kontobewegungen  nach  dem  Todestag Auskunft  geben,  insbesondere  über  Eingänge  aus vinkulierten  Lebensversicherungen.  1996  entschied der  OGH,205  dass  die  Bank  nur Auskunft  zu  ertei-len habe, wenn die Kundeneigenschaft bewiesen sei. Dazu genüge es, wenn das Konto des Verstorbenen bestimmt genannt werde. 1999 hielt der OGH206 fest, dass der Anspruch auf Auskunft vermögensrechtli-cher Natur sei. 2000 führte der OGH207 aus, dass der Anspruch  auf  Auskunft  über  Vermögen  bei  einer Schweizer Bank voraussetze, dass die Zugehörigkeit zum Nachlass nachgewiesen werden könne. 2007 ur-teilte  der  OGH,208  dass  die Auskunft  grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Todes beschränkt sei. Der An-spruch von Pflichtteilsberechtigten kann aber Grund sein,  die  Konten  des  Erblassers  rückwirkend  vom Todestag zu öffnen (ein Noterbe macht die Verlet-zung des Pflichtteils durch Vorempfänge und Schen-kungen geltend). Schliesslich entschied der OGH209 2009, dass bei Mitinhabern eines Kontos nur Trans-aktionen des Erblassers offenzulegen seien.

b) Bei  Inhaber-Sparbüchern gelten besondere Re-geln: 1987 verweigert der OGH210 die Auskunft über ein Inhaber-Sparbuch gegenüber einem Testaments-erben, weil dieser keinen Besitz am Sparbuch hatte und auch keine Einantwortung oder Vollmacht vor-weisen konnte. In einem solchen Fall kann eine Aus-kunft  an  das  Abhandlungsgericht  oder  den  Ge-richtskommissär erfolgen. Im konkreten Fall wurde das  Sparbuch  gegen  Nennung  des  Losungswortes durch einen Dritten eingelöst. Ähnlich lag der Fall, welchen der OGH 2005211 zu entscheiden hatte: Die 

Bank  war  nicht  zur  Auskunftserteilung  verpflich-tet,  weil  die  Kundeneigenschaft  bezüglich  der  In-haber-Sparbücher  nicht  ausreichend  bewiesen  war (kein  Besitz).  Die  Erwähnung  im  Testament  ge-nügte nicht. 

c) 1978 entschied der OGH,212 dass der Name  eines Sparbuchs  kein  Eigentumsrecht  des  Namensträ-gers  begründe.  Der  Namensträger  sei  auch  nicht vom  Nachweis  des  Eigentums  befreit,  wenn  sich das  Namens-Sparbuch  in  fremdem  Besitz  befinde. 1983 entschied der OGH,213 dass der Name, auf den das Sparbuch lautet, kein verlässlicher Hinweis da-für  sei,  dass  sich  das  Namens-Sparbuch  im  Eigen-tum oder Besitz desjenigen befindet, auf dessen Na-men es ausgestellt  ist. 2003 präzisierte der OGH214 dass  die  Bank  keine Verpflichtung  zur Auskunfts-erteilung  habe,  wenn  die  Kundeneigenschaft  nicht ausreichend  bewiesen  sei  (fehlender  Besitz).  Die Erwähnung im Testament vor rund sechs Jahren ge-nüge nicht.

d) Der OGH215 hielt 1993 fest, dass das Bankgeheim-nis gegenüber dem Abhandlungsgericht nicht gelte, nur gegenüber Dritten. 1998 präzisierte der OGH,216 dass das Bankgeheimnis eine Auskunft an das Ab-handlungsgericht  deswegen  nicht  verhindere,  weil dieses in der gleichen Rechtsstellung gegenüber der Bank stehe wie der Erblasser seinerzeit.

e)  2001  hat  sich  der  OGH217  zu  den Auskunftsbe-rechtigten geäussert: Dem Kunden und nach seinem Tod  dem  zur Vertretung  des  Nachlasses  bestellten Verlassenschaftskurator  ist das Kreditinstitut  jeder-zeit zur Auskunft über den Stand der Konten oder über  Einzelheiten  der  Geschäftsbeziehung  ver-pflichtet. Auch dem ruhenden Nachlass kommt die Eigenschaft  eines  Bankkunden  zu  sowie  dem  ein­geantworteten Erben.  2010  präzisierte  der  OGH,218 dass dem Noterben die Auskunftsrechte unter Ein-schaltung  des  Gerichtskommissärs  nur  im  Verlas-senschaftsverfahren zustehen.

c. Doktrina) Klatil219 bedauert, dass sich der Gesetzgeber bei der Neufassung von § 166 öAußStrG220 nicht dazu durchringen konnte, dem Inventar den Status  eines umfassenden,  verpflichtenden  und  vor  allem  ab-schliessenden Vermögensverzeichnisses mit Rechts-wirkungen  für  alle  Betroffenen  zu  verleihen. Wei-ter  ist  sie  der  Ansicht,  wenn  man  dem  Noterben schon ein Recht gibt, sollte man ihm auch die Mittel zur Durchsetzung des Rechts geben, folglich einen  eigenen Auskunftsanspruch gegenüber dem Kredit-institut.221

204  Vgl. OGH 2 Ob 567/92 vom 16.12.1992, ÖBA 1993, 568.205  Vgl. OGH 7 Ob 610/95 vom 15.5.1996, SZ 69/119 = ÖBA 

1996, 879.206  Vgl. OGH 7 Ob 358/98t vom 19.1.1999.207  Vgl. OGH 3 Ob 96/00i vom 29.11.2000.208  Vgl. OGH 7 Ob 292/06a vom 18.4.2007.209  Vgl. OGH 6 Ob 287/08m vom 16.4.2009 E. 3.2.210  Vgl. OGH 7 Ob 690/87 vom 24.9.1987.211  Vgl. OGH 7 Ob131/05y vom 21.12.2005.212  Vgl. OGH 8 Ob 582/78 vom 21.11.1978.213  Vgl. OGH 1 Ob 773/83 vom 30.11.1983.214  Vgl. OGH 7 Ob 100/03m vom 6.6.2003.215  Vgl. OGH 1 Ob 609/93 vom 21.12.1993, NZ 1994, 109 = 

ÖBA 1994, 731216  Vgl.  OGH  10  Ob  322/98w  vom  1.12.1998,  SZ  71/203  = 

EvBl 1999/100 = ÖBA 1999/825.217  Vgl. OGH 4 Ob 36/01z vom 22.3.2001.218  Vgl. OGH 6 Ob 153/10h vom 17.12.2010.219  Vgl. kLatiL (Fn. 149), LJZ 31 (2010) 1 ff.220  Alte Fassung: § 97 öAußStrG.221  Vgl. kLatiL (Fn. 149), LJZ 31 (2010) 9.

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Auskunftspflichten gegenüber Erben

274 successio 4/12

§

b) Haunschmidt/Haunschmidt bezeichnen folgende Personen  als  Auskunftsberechtigte:  «Gerichtsko-missär  und  Notar,  Finanzamt, Verlassenschaft  ver-treten durch den Verlassenschaftskurator oder erbs-erklärte  Erben,  Erben,  Legataren  …  Kuratoren, Testamentsvollstrecker.»222 

c)  Nach  Haunschmidt/Haunschmidt223  erhält  der Gerichtskomissär über legitimierte Werte Auskunft, d.h. solche, die auf den Namen des Erblassers  lau-ten: Giro- und Pensionskonten, auf den Namen lau-tende Wertpapierdepots,  auf  den  Namen  lautende Sparbücher,  Bausparverträge.  Bei  Inhaber-Sparbü-chern muss zusätzlich der Besitz nachgewiesen wer-den, das Losungswort ist dagegen nicht notwendig. Eccher224 betont, dass  Kreditinstitute  in der Praxis konkrete Anfragen verlangen. So ist bei Spareinla-gen die Nummer des Sparbuches unerlässlich.

d)  Nach  eigener  Meinung  ist  die  herrschende  Ge-richtspraxis  restriktiver  als  in  der  Schweiz225:  Die Auskunftspflicht  der  Bank  gegenüber  den  Erben setzt  voraus,  dass  dieser  relativ  präzise  und  zeit-nahe Angaben über das Konto des Erblassers ma-chen  kann  (Angabe  der  Kontonummer  und  Vor-weisung von Unterlagen kurz vor dem Ableben des Erblassers) und sein Recht setzt erst mit der Erbs-erklärung (Annahme der Erbschaft) ein. Die Rück-wärtsdokumentation  wird  auf  Pflichtteilserben  be-schränkt.  Bei  Gemeinschaftskonti  werden  nur Ausschnitte gezeigt. Bei Sparbüchern muss zusätz-lich der Besitz nachgewiesen werden (nicht aber das Losungswort).  Ich erwarte, dass die auch  in Öster-reich zu beobachtende Öffnung des (privaten) Aus-kunftsrechts weiter voranschreitet. In diesem Zuge sollte  auch  dem  Noterben  ein  eigenständiges Aus-kunftsrecht zugesprochen werden.

2. Stiftungen und Trustsa. Gesetzliche Grundlagena) Das Auskunftsrecht des Begünstigten einer Stif-tung  richtet  sich  nach  §  30  Privatstiftungsgesetz (PSG),226 der wie folgt lautet: «(1) Ein Begünstigter kann von der Privatstiftung die Erteilung von Aus-künften über die Erfüllung des Stiftungszwecks so-wie die Einsichtnahme in den Jahresabschluss, den Lagebericht,  den  Prüfungsbericht,  die  Bücher,  in die  Stiftungsurkunde  und  in  die  Stiftungszusatzur-kunde verlangen. (2) Kommt die Privatstiftung die-sem Verlangen in angemessener Frist nicht nach, so kann das Gericht auf Antrag des Begünstigten die Einsicht, gegebenenfalls durch einen Buchsachver-ständigen,  anordnen.  Für  das Verfahren  gelten  die §§ 385 bis 389 ZPO sinngemäss.»

b) Unentgeltliche Zuwendungen an Stiftungen wer-den  nach  §  785 Abs.  1  öABGB227  bei  den  Berech-nungen  von  Pflichtteilen  (§  762  ff.  öABGB)  an-gerechnet.  Grundlage  für  das  Auskunftsrecht der Erben gegenüber der Stiftung  über  unentgeltliche Zuwendungen  an  die  Stiftung  bilden  (für  das Ab-handlungsgericht)  §  145  f.  und  §  166  öAußStrG228 bzw. (für die Erben) Art. 42 Abs. 1 öEGZPO. 229 Das anwendbare Erbrecht (zur Beurteilung von unent-geltlichen  Zuwendungen  an  Stiftungen)  bestimmt sich nach dem Erbstatut (§ 28 öIPRG)230 und richtet sich nach der Staatsangehörigkeit des Erblassers.231 

b. Praxisa)  2008  entschied  der  OGH,232  dass  eine  Stiftung grundsätzlich keine Auskunft erteilen müsse, wenn die Antragstellerin  keine  Begünstigte  sei.  Die An-tragstellerin  war  die  Unterhaltsberechtigte  und wollte von der (bis dahin unbekannten) Stiftung ih-

222  regina haunSchMiDt/Franz haunSchMiDt,  Erbschaft und Testament, 3. Aufl., Wien 2003, S. 96.

223  Franz haunSchMiDt/aLbert haunSchMiDt,  Erbschaft kompakt, 2. Aufl., Wien 2009, S. 90.

224  Vgl. bernharD eccher, Kommentierung der §§ 531–824 ABGB, in: ABGB-Praxiskommentar, Band 3: §§ 531–858 ABGB,  BauRG,  AnerbG,  Kärntner  ErbhöfeG,  Tiroler HöfeG, hrsg. v. Michael Schwimann, 3. Aufl., Wien 2006, § 531 ABGB N 3.

225  Vgl. dazu vorne, A. 1. b.226  Vgl. Bundesgesetz über Privatstiftungen und Änderun-

gen des Firmenbuchgesetzes, des Rechtspflegergesetzes, des Gerichtsgebührengesetzes, des Einkommensteuerge-setzes,  des  Körperschaftsteuergesetzes,  des  Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes und der Bundesabgaben-ordnung  (Privatstiftungsgesetz;  PSG;  BGBl.  Nr.  694/ 1993).

227  Vgl. vorne, Fn. 198.228  Vgl. dazu vorne, C. 1. a. a).229  Vgl.  Gesetz,  betreffend  die  Einführung  des  Gesetzes 

über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechts-streitigkeiten  (Civilprocessordnung;  öEGZPO;  RGBl. Nr. 112/1895).

230  Vgl. Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internatio-nale  Privatrecht  (IPR-Gesetz;  öIPRG;  BGBl.  Nr.  304/ 1978).

231  Art. 4 Europäische Erbrechtsverordnung (Inkrafttreten: 17. August 2015) wird diesbezüglich eine Änderung brin-gen, nämlich die Anknüpfung am gewöhnlichen Aufent-halt: Verordnung  (EU)  Nr.  650/2012  des  Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zu-ständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und  Vollstreckung  von  Entscheidungen  und  die  An-nahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erb-sachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nach-lasszeugnisses  (Amtsblatt  EU  Nr.  L  201/107  vom  27.7. 2012).

232  Vgl. 10 Ob 46/08z vom 23.9.2008.

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res verstorbenen Vaters Auskunft gestützt auf § 102 öAußStrG  (Familienrechtliche  Unterhaltspflicht) i.V.m. § 140 und § 166 öABGB (Unterhalt). Das Ge-richt gewährte das Auskunftsrecht und führte dazu Folgendes  aus:  «Für  das  Bestehen  der  Auskunfts-pflicht  der  Privatstiftung  massgeblich  ist,  dass  die Höhe  des  Unterhaltsanspruchs  der  Antragstelle-rin vom Vermögen oder Einkommen der Privatstif-tung, das ihr vom Unterhaltsschuldner zugewendet wurde, abhängig sein kann.» Dieser Fall zeigt exem-plarisch,  dass  bei  einem  bestehenden  materiellen Anspruch  auch  der  Auskunftsanspruch  ohne  aus-drückliche  gesetzliche Grundlage  von den Gerich-ten anerkannt wird.

b) 2004 hat der OGH233 festgehalten, dass nur aktuell Begünstigte einen Auskunftsanspruch gegenüber der Stiftung  haben.  Eine  subsidiäre  Begünstigung  (z.B. nach dem Tod des Stifters) genügt nicht. 2011 hat der OGH234  in  einem  Fall,  in  welchem  der  Stiftungsrat ein  sehr  detailliert  vorgetragenes  Auskunftsbegeh-ren der Begünstigten (§ 30 PSG) während 9 Monaten verweigert hat, die Einsicht durch einen Buchsach-verständigen  angeordnet  und  die  Stiftungsräte  ab-berufen. Die Argumentation des Stiftungsvorstands, dass das Auskunftsersuchen zu umfangreich sei und dass viele Antworten aus dem Jahresabschluss ables-bar seien, wurde zurückgewiesen.

c)  2007  hat  der  OGH235  festgehalten,  dass  Zuwen-dungen  an  die  Stiftung  noch  nicht  definitiv  erfolgt sind (§ 785 öABGB) und Pflichtteilberechtigte sol-che Zuwendungen anfechten können, wenn der Stif-ter sich die Änderung und den Widerruf der Stiftung 

vorbehalten hat. In diesem Zusammenhang steht den Pflichtteilsberechtigten auch ein Auskunftsrecht zu.

c. Doktrina) Nach Zollner236  steht das  Informationsrecht des Begünstigten  nach  §  30  Abs.  1  PSG  den  Begüns-tigte mit klagbarem Anspruch und aktuell Begüns-tigte ohne klagbaren Anspruch, aber nicht potenzi-ell Begünstigten zu. Eine zeitliche Begrenzung des Auskunftsanspruchs  ergibt  sich  durch  Beginn  und Ende  des  Destinatärverhältnisses  (nicht:  von  kon-kreten Zuwendungen). Nach Lins237  teilen sich der Stiftungsprüfer (Rechnungswesen) und die Begüns-tigten  (Zweckeinhaltung) die Aufsicht. Er hält das österreichische Auskunftsrecht des Begünstigten ei-ner Stiftung für weniger flexibel als das liechtenstei-nische. 

b) Welser238 erwähnt, dass Erben gestützt auf § 786 öABGB  den  anderen  Erben  Auskunft  über  Zu-wendungen geben müssen. Dritte Beschenkte müs-sen dagegen  in engherziger Auslegung von Art. 42 Abs. 1 öEGZPO239 keine Auskunft geben. De  lege ferenda sollte das Auskunftsrecht deshalb in beiden Gesetzen ausdrücklich vorgesehen werden.

c) Nach eigener Meinung ist das Auskunftsrecht des Begünstigten einer Stiftung in § 30 PSG zweckmäs-sig geregelt und gibt dem Begünstigten einen durch die Statuten nicht entziehbaren Anspruch.

Das  Auskunftsrecht  des  Pflichtteilserben  ge-gen die Stiftung  ist weder  im öABGB noch  in der öEGZPO ausdrücklich geregelt und es wird von der Gerichts praxis nur zurückhaltend gewährt. Hier ist der Gesetzgeber gefragt.

3. Lebensversicherungena. Gesetzliche Grundlagena) Das Auskunftsrecht der Erben gegenüber der Le­bensversicherung  richtet  sich  materiell  nach  dem Versicherungsvertragsgesetz  (Art.  3  öVersVG240) und  das  Auskunftsrecht  wird  aus  Art.  42  Abs.  1 öEGPZO241 abgeleitet. Die Erben treten in die Po-sition  des  Versicherungsnehmers  ein  (Einantwor-tung; § 819 öABGB242). Im internationalen Verhält-nis  bestimmt  sich  das  anwendbare  Erbrecht  nach dem Erbstatut (§ 28 öIPRG243) und das anwendbare  Versicherungsrecht  nach  dem Vertragsstatut  (§  35 öIPRG).

b)  Der  Auskunftsanspruch der Erben gegenüber den Begünstigten einer Lebensversicherung  stützt sich auf den Pflichtteil (§ 762 ff. öABGB). Es ist al-lerdings unklar, ob und nach welcher Bestimmung 

233  Vgl. 6 Ob 180/04w vom 15.12.2004.234  Vgl. 6 Ob 82/11v vom 16.6.2011.235  Vgl. 10 Ob 45/07a vom 5.6.2007, SZ 2007/92.236  Vgl. johanneS zoLLner, Die eigennützige Privatstiftung 

aus dem Blickwinkel der Stiftungsbeteiligten, Wien 2011, S. 441 ff.

237  Vgl. aLexanDer LinS, Die Informations- und Auskunfts-rechte  von  Begünstigten  nach  dem  liechtensteinischen und  österreichischen  Stiftungsrecht  im  Vergleich,  in: Jahr buch Stiftungsrecht 2009, hrsg. v. Maximilian Eisels-berg, Wien 2009, S. 367 ff.

238  Vgl. ruDoLF WeLSer, Die Reform des österreichischen Erbrechts, Wien 2009, S. 32. 

239  Vgl. vorne, Fn. 228.240  Vgl. Versicherungsvertragsgesetz  (öVersVG;  BGBl.  Nr. 

2/1959).241  Vgl. vorne, Fn. 228.242  Vgl. vorne, Fn. 198.243  Vgl. vorne, Fn. 229.

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Auskunftspflichten gegenüber Erben

276 successio 4/12

§

(§§  785,  787  und  789  öABGB)  eine  Anrechnung von unentgeltlichen Zuwendungen erfolgt. Grund-lage für die Auskunft bilden (für das Abhandlungs-gericht) § 145 f. und § 166 öAußStrG244 bzw. (für die Erben) Art.  42 Abs.  1  öEGZPO.  Das  anwendbare Erbrecht  bestimmt  sich  nach  dem  Erbstatut  (§  28 öIPRG). 

b. Praxis 2003 hat der OGH245 bestätigt, dass keine Anrech-nung  der  Versicherungssumme  an  den  Pflichtteil nach § 789 öABGB stattfindet, wenn eine Lebens-versicherung  abgetreten  oder  die  Inhaberpolizze übergeben wurde. Damit entfällt auch die Auskunft des Lebensversicherers. 

c. Doktrina) Welser246  erwähnt,  dass  die  Lebensversicherung nicht  in  den  Nachlass  fällt  und  die  Pflichtteilsbe-rechtigten nur «unter Zuhilfenahme der zweifelhaf-ten Konstruktion einer Schenkungsanrechnung» da-ran partizipieren können. Er schlägt deshalb de lege ferenda eine Anrechnung nach § 787 Abs. 1 öABGB vor. Eine andere Ansicht vertritt Weiss:247 Die Ver-sicherungssumme  ist  nach  §  785  öABGB  an  den Pflichtteil anzurechnen.

b)  Nach  eigener  Meinung  besteht  ein  Auskunfts­recht der Erben gegen die Lebensversicherung auch in  Österreich.  Mangels  Gerichtspraxis  kann  auch den Entscheid des FL OGH248 von 2012 verwiesen werden,  zumal  die  Gesetzgebung  der  beiden  Län-der  starke  Parallelen  im  Versicherungs-  und  Erb-recht aufweist.

Während die Gerichtspraxis eine Anrechnung von Lebensversicherungen  nach  §  789 Abs.  1  öABGB ablehnt, wird diese  in der Lehre mit unterschiedli-chen Begründungen befürwortet. Diesen Lehrmei-nungen  schliesse  ich  mich  im  Grundsatz  gerne  an. Angesichts  der  bestehenden  Unsicherheiten  wäre eine  Klarstellung  durch  den  Gesetzgeber  (in  der Art  des Art.  529  ZGB)  zu  begrüssen.  Dies  würde auch zur Folge haben, dass die Erben ein Auskunfts­recht gegenüber den Begünstigen besitzen. 

D. Deutschland

1. Bankena. Gesetzliche Grundlagena) Der Auskunftsanspruch der Erben gegenüber der Bank stützt sich auf den Vertrag, welchen der Erb-lasser  mit  der  Bank  geschlossen  hat  (§  666  BGB) und  welcher  mittels  Universalsukzession  (§  1922 

BGB)  auf  die  Erben  übergegangen  ist.  Zusätzlich ist § 242 BGB (Treu und Glauben) zu beachten.

b)  Da  der  auf  den  Pflichtteil  gesetzte  Pflichtteils-berechtigte nicht mehr Mitglied der Erbengemein-schaft  ist,249 hat er auch keinen Auskunftsanspruch gegenüber der Bank, sondern muss sich an die Er-ben halten (§ 2314 BGB).

b. Praxisa) 1990 hat der BGH250 festgehalten, dass der dem Pflichtteilsberechtigen  gegenüber  zur  Auskunft verpflichtete Erbe (§ 2314 BGB) von seinem Aus-kunftsanspruch  gegenüber  dem  Kreditinstitut (§ 666 BGB i.V.m. § 1922 BGB) Gebrauch machen müsse. Der BGH weist darauf hin, dass dieser An-spruch  des  Erben  dem  Pflichtteilsberechtigten  ab-getreten werden kann. 

b) Nach einem Urteil des AG Kaiserslautern251 von 2011 kann der Erbe gestützt auf §§ 675,  666 BGB i.V.m. § 1922 BGB von der Bank Auskunft verlan-gen  und  zwar  allein  (§  242  BGB)  und  neben  dem Testamentsvollstrecker.  Die  Vorlage  eines  Testa-ments  (ohne  Erbschein)  genügt  (mit  Verweis  auf BGH NJW 2005, 2775). Das LG Stuttgart252 hat 2004 zur  Legitimation  festgehalten,  dass  die  Bank  sich nicht mehr auf § 5 AGB der Banken berufen und die  Vorlage  eines  Erbscheins  zum  Legitimations-nachweis  verlangen  könne,  wenn  die  Forderungs-inhaberschaft  durch  rechtskräftiges  Urteil  festge-stellt sei.

c. Doktrina)  Bartsch253  fasst  zusammen,  dass  der  Erbe  den Kontostand zum Todeszeitpunkt, Vorgänge vor dem Tod des Erblassers und die Entwicklung nach dem Todeszeitpunkt  verlangen  kann.  Auf  entsprechen-

244  Vgl. dazu vorne, C. 1. a. a).245  Vgl. OGH 6 Ob 181/02i, NZ 2003, 340.246  Vgl. WeLSer (Fn. 237), S. 33.247  Vgl. chriStian WeiSS, Rechtsgeschäfte unter Lebenden 

auf den Todesfall,  in: Erbrecht, hrsg. v. Susanne Ferrari/Gundula Maria Likar-Peer, Wien 2007, S. 331 f.

248  Vgl. vorne, Fn. 190.249  Vgl. § 2303 Abs. 1 BGB.250  Vgl. BGH XI ZR 91/88 vom 28.02.1989, BGHZ 107, 104 

= NJW 42 (1989) 1601.251  Vgl. AG Kaiserslautern 7 C 319/10 vom 16.6.2010, ZEV 

18 (2011) 585.252  Vgl. LG Stuttgart 8 O 434/03 vom 15.9.2004, ZErb 2005, 

129.253  Vgl.  herbert bartSch, Auskunftsansprüche  der  Erben 

gegen die Bank des Erblassers, ZErb 1999, 20 ff.

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des Befragen hat ihm die Bank alles anzugeben, was ihn interessieren könnte. 

b)  Keim254  erläutert  zur  Legitimation  der  Erben, dass  eine  notariell  beurkundete  letztwillige Verfü-gung und die Eröffnungsverfügung genügen, um die Erbenstellung  nachzuweisen,  auch  wenn  Banken-AGB anderes sagen. 

c) Bonefeld255 stellt fest, dass die Testamentsvollstre-ckung kein Hindernis (weder im Rahmen des Bank-geheimnisses  noch  der  AGB)  sei  für  eine  umfas-sende Auskunft der Bank an die Erben. 

d)  Nach  eigener  Meinung  ist  die  Stellung  des Pflichtteilsberechtigten, der sich an den Erben wen-den  muss  und  kein  eigenes Auskunftsrecht  gegen-über der Bank hat, unbefriedigend und sollte vom Gesetzgeber verbessert werden (direkter Anspruch und eigene Legitimationsmöglichkeit). 

Der  Umfang  der  Auskunftspflicht der Bank ge­genüber den Erben  ist  umfassend.  Diskutiert  wird immer wieder die Legitimation der Erben. Hier ist Deutschland  sehr  fortschrittlich  und  die  Gerichts-praxis eröffnet  immer neue Möglichkeiten zur Le-gitimation der Erben.

2. Stiftungen und Trustsa. Gesetzliche Grundlagena) Der Auskunftsanspruch der pflichtteilsberechtig­ten Erben gegenüber Begünstigen  (Destinatären) von  Strukturen  (Stiftungen/Trusts)  stützt  sich  auf §  242  BGB,  derjenige  gegenüber Erben  (letztwillig bedachten  Stiftungen/Trusts)  auf  §  2314  BGB  und derjenigen  gegenüber Beschenkten  (Zuwendungen an Stiftungen/Trusts) auf § 2329 BGB.

254  Vgl. chriStopher keiM, Erbnachweis gegenüber Banken ohne Erbschein?, WM 60 (2006) 753 ff.

255  Vgl. MichaeL boneFeLD, Auskunftsanspruch des Erben gegenüber  Banken  bei  Testamentsvollstreckung,  ZErb 2007, 142 ff.

256  Vgl.  BGH  IVa  ZR  198/88  vom  4.10.1989,  BHGZ  108, 395 f. 

257  Vgl. LG Baden 2 O 70/98 vom 31.7.1998, ZEV 6 (1999) 152.

258  Vgl. OLG Karlsruhe vom 9.12.2003, ZEV 11 (2004) 470.259  Vgl.  OLG  Düsseldorf  I-22  U  126/06,  22  U  126/06  vom 

30.4.2010, ZEV 17 (2010) 528 = ZErb 2010, 305.260  Vgl. SteFan eDenFeLD, Auskunftsansprüche der Pflicht-

teilsberechtigten, ZErb 2005, 346 ff.261  Vgl. nieLS becker, Auskunftsansprüche des Pflichtteils-

berechtigten  gegenüber  liechtensteinischen  Stiftungen, ZEV 16 (2009) 177 ff.

b) Der Auskunftsanspruch der pflichtteilsberechtig­ten Nichterben gegenüber Begünstigen  (Destinatä-ren)  von  Strukturen  (Stiftungen/Trusts)  stützt  sich auf § 242 BGB, derjenige gegenüber Erben (letztwil-lige bedachten Stiftungen/Trusts) analog auf § 2314 BGB  bzw.  §  242  BGB  und  derjenige  gegenüber Beschenkten  (Zuwendungen  an  Stiftungen/Trusts) analog auf § 2329 BGB.

b. Praxisa) 1989 hat der BGH256 entschieden, dass ein Aus-kunfts-Anspruch  voraussetzt,  dass  sich  der  pflicht-teilsberechtigte Erbe gegenüber dem vom Erblasser in den letzten 10 Jahren Beschenkten die erforderli-che Kenntnis nicht auf andere ihm zumutbare Weise verschaffen kann und der Beschenkte die Auskunft unschwer  zu  geben  vermag.  Das  LG  Baden257  hat 1999  festgehalten,  dass  der  Pflichtteilsberechtigte Anspruch auf Auskunft auch gegenüber einer Stif-tung  (keine  Familienstiftung)  hat,  die  vom  Erblas-ser  zu  Lebzeiten  ausgestattet  und  zur  Alleinerbin eingesetzt  wurde.  Ein  als  Stiftungsvorstand  tätiger Rechtsanwalt  muss  ebenfalls  Auskunft  geben  und kann sich nicht auf die Verschwiegenheitspflicht be-rufen. 2003 stellte das OLG Karlsruhe258 gestützt auf § 2314 BGB fest, dass die Auskunft die ursprüngli-che Ausstattung, aber auch spätere Zustiftungen und andere Zuwendungen umfasst.

b) Das OLG Düsseldorf259 hat 2010 bestätigt, dass § 242 BGB als Grundlage für die Auskunft der Be-günstigten dient. 

c. Doktrina) Edenfeld260 beschreibt die Berechtigten und Ver-pflichteten  des  Auskunftsanspruchs:  Auskunftsver-pflichtet  sind  Erben  und  Beschenkte.  Auskunfts-berechtigt ist der Erbe gegen den Miterben (§ 2314 BGB)  und  der  Nichterbe  gegen  den  Beschenkten (§ 2329), der Erbe gegen den Beschenkten nur nach § 242 BGB.

b) Becker261 stellt fest, dass der Auskunftsanspruch gegenüber  einer  liechtensteinischen  Stiftung  sich auf § 2314 BGB und § 242 BGB stützt. Die Schwie-rigkeit,  in  Liechtenstein  ausländische  Urteile  zu vollstrecken,  führt  häufig  dazu,  dass  die  entspre-chende  Klage  in  Liechtenstein  eingereicht  wird. Wenn der Anspruch gegen die Stiftung nicht durch-dringt, ist ein Vorgehen gegen die Begünstigten ins Auge zu fassen. 

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Auskunftspflichten gegenüber Erben

278 successio 4/12

§

c) Osterloh-Konrad262  legt dar, dass die Auskunfts-ansprüche der (pflichtteilsberechtigten) Erben und Pflichtteilsberechtigten  (Nichterben)  unterschied-lich  sind.  Das Auskunftsrecht  der  Erben  unterein-ander ist im BGB nicht allgemein,263 sondern (nur) für  bestimmte  Konstellationen  geregelt,  was  von der  Gerichtspraxis  ausgeglichen  werden  muss.  So-wohl der Auskunfts-Anspruch nach § 2314 BGB, als auch derjenige nach § 242 BGB setzen voraus, dass der zugrunde liegende erbrechtliche Anspruch (z.B. Pflichtteil)  besteht  (sog.  vorbereitende  Informa-tions ansprüche),  insbesondere  nicht  verjährt  ist.264 Mit § 242 BGB will man verhindern, dass materielle Rechtspositionen  mangels  Information  typischer-weise nicht durchgesetzt werden können, weil etwas zu  beweisen  ist,  von  dem  man  in  der  Regel  keine Kenntnis haben kann. So werden auch Lücken bei Normen wie § 666 BGB geschlossen.265

d) Nach eigner Meinung ist der Auskunftsanspruch der  Erben  gegenüber  der  Stiftung  oder  dem Trust und  deren  Begünstigten  anerkannt  und  im  Erb-recht auch ansatzweise (§ 2314 BGB) geregelt. So-weit eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage fehlt, wird auf eine analoge Anwendung von § 2314 BGB bzw. § 242 BGB (Treu und Glauben) ausgewichen. Es  ist zu überlegen, ob der Gesetzgeber nicht spe-zifischere Grundlagen schaffen oder diesen Fall da-durch abdecken sollte, dass das Auskunftsrecht un-ter den Erben allgemein geregelt wird. 

Die von der Gerichtspraxis gemachten Einschrän-kungen  der Auskunftspflicht  sind  im  Rahmen  von §  242  BGB  zwar  verständlich,  im  Vergleich  zu den anderen Ländern  (Schweiz, Liechtenstein und  Österreich)266 aber unüblich und sollten im Rahmen  einer Gesetzesergänzung überdacht werden.267 

3. Lebensversicherungena. Gesetzliche Grundlagea) Der Versicherungsvertrag wird – trotz des direk-ten  Forderungsrechts  des  Begünstigten  gegen  die Lebensversicherung  (§  330  BGB)  –  durch  Univer-salsukzession (§ 1922 BGB) auf die Erben übertra-gen.  Das Auskunftsrecht der Erben gegenüber der Lebensversicherung stützt sich auf § 242 BGB. 

b)  Der  Pflichtteilsberechtigte  (Nichterbe)  stützt seinen  Pflichtteilsergänzungsanspruch  auf  §  2325 BGB.  Der  Auskunftsanspruch des Pflichtteilsbe­rechtigten (Nichterben) gegenüber dem Begünstig­ten einer Lebensversicherung stützt sich analog auf § 2314 BGB.

b. Praxisa) Das LG Köln268 hat 2008 den direkten Anspruch der  Erben  auf  Auskunft  von  der  Lebensversiche-rung  festgehalten  und  stützt  seinen  Entscheid  auf § 242 BGB bzw. analog auf § 2314 BGB. Die Aus-kunft  betrifft  die  einbezahlten  Prämien,  also  den Zuwendungsgegenstand.  2010  hat  das  OLG  Saar-brücken269  entschieden,  dass  die  Lebensversiche-rung Auskunft über Bezugsrechte auch dem Nach-lassinsolvenzverwalter  zu  geben  habe  und  zwar gestützt auf § 80 Abs. 1 Insolvenzordnung.

b) Das LG Göttingen270 hat 2007 festgehalten: «Bei den aufgrund von Verträgen zugunsten Dritter auf den Todesfall  dem  überlebenden  Ehegatten  zuge-wendeten  Leistungen  aus  einer  Lebensversiche-rung  …  handelt  es  sich  um  Schenkungen  i.  S.  des § 2325 Abs. 1 BGB. Schenkungsgegenstand sind die nach dem Todesfall ausgekehrten Versicherungsleis-tungen und nicht etwa die in den letzten zehn Jah-ren vor dem Erbfall durch den Erblasser aufgewen-deten Versicherungsprämien.»

c) Art und Umfang der Anrechnung auf die Pflicht-teile sind  in der Praxis nicht einheitlich. Das OLG Stuttgart271 hat 2007 ausgeführt, dass die Lebensver-sicherungssumme  nicht  der  Pflichtteilsergänzung unterliege, wohl aber die Prämien. Anders hat der BGH272  2010  in  einem  Urteil  auf  den  Rückkaufs-wert  abgestellt,  als  der  Erblasser  die Todesfallleis-tung aus einem Lebensversicherungsvertrag   einem Dritten über ein widerrufliches Bezugsrecht schenk-weise zugehalten hat.

262  Vgl.  chriStine oSterLoh-konraD,  Rechtsgrundlagen für Informationsansprüche im Erbrecht, ErbR 2012, 299, 300 f.

263  Wie  zum  Beispiel  in  der  Schweiz  (Art.  607 Abs.  3  und Art. 610 Abs. 2 ZGB), vgl. vorne, A. 1. a. a).

264  Vgl. oSterLoh-konraD (Fn. 261), ErbR 2012, 299, 302.265  Vgl. oSterLoh-konraD (Fn. 261), ErbR 2012, 299, 303.266  Vgl. vorne, A. 2., B. 2. und C. 2.267  Ebenso  oSterLoh-konraD (Fn.  261),  ErbR  2012,  299, 

303.268  Vgl. LG Köln 16 O 571/06 vom 18.12.2007, ZErb 2008, 31.269  Vgl. OLG Saarbrücken 5 U 233/09 vom 3.3.2010, ZEV 17 

(2010) 621.270  Vgl.  LG  Göttingen  4  S  6/06  vom  23.3.2007,  ZEV  14 

(2007) 386 = ZErb 2007, 307.271  Vgl. OLG Stuttgart 19 U 140/07 vom 13.12.2007, ZErb 

2008, 57 = WM 2010, 1273.272  Vgl. BGH IV ZR 73/08 vom 28.4.2010, ZErb 2010, 189.

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c. Doktrina) Trimborn  v.  Landenberg273  offeriert  in  den An-walt-Formularen Erbrecht ein Schreiben an die Ver-sicherung: «Mein Mandant weiss, dass der Verstor-bene  eine  Lebensversicherung  zu  seinen  Gunsten abgeschlossen hatte, allerdings konnten im Nachlass bislang  keine  Unterlagen  und  insbesondere  kein Versicherungsschein aufgefunden werden. Ich bitte daher  um  Auskunft,  ob  mit  Ihrem  Unternehmen ein Lebensversicherungsvertrag besteht, in dem o.g. Person Versicherungsnehmer oder versicherte Per-son ist. Sollte dies der Fall sein, bitte ich um Mittei-lung des Vertragsinhaltes.»

b)  Nach  eigener  Meinung  ist  Deutschland  beim Auskunftsrecht  der  Erben  gegenüber  der  Lebens-versicherung Vorreiter  für die Nachbarländer. Un-sicherheit  besteht  allerdings  noch  bei  der  Rechts-grundlage.  Da  es  sich  um  einen  vertraglichen Anspruch  handelt,  scheint  mir  §  242  BGB  die  zu-treffendere  Rechtsgrundlage  zu  sein  als  §  2314 BGB,  welcher  einen  erbrechtlichen Anspruch  vor-aussetzt, der hier nicht vorhanden ist.

Das  Auskunftsrecht  der  Pflichtteilsberechtigten (Nichterben) gegen den Begünstigen einer Lebens-versicherung ist an sich unbestritten und als Rechts-grundlage kommt nur § 2314 BGB in Frage; die Pro-blematik  dieses  Auskunfts-Anspruchs  liegt  in  der unterschiedlichen  Beurteilung  des  Herabsetzungs-anspruchs  durch  die  Gerichte,  welcher  eine  not-wendige  Voraussetzung  für  den  Bestand  des  Aus-kunfts-Anspruch  ist.  Deshalb  ist  zu  überlegen,  ob der Gesetzgeber nicht Klarheit in Bezug auf die He-rabsetzbarkeit schaffen sollte, ähnlich wie das in der Schweiz mit Art. 529 ZGB getan wurde.

273  Dieter triMborn V. LanDenberg,  in AnwaltFormulare Erbrecht,  §  25  Lebensversicherung  im  Erbfall,  4. Aufl., München 2010.

274  Noch  enger  war Thévenoz,  welcher  ein Auskunftsrecht vorschlug  im  Rahmen  der  Anfechtung  von  Trusts  und von Zuwendungen an sie, vgl. vorne, Fn. 111.

275  Vgl. vorne, A. 1. c. f).

E. Ergebnisse

b) Das (erbrechtliche) Auskunftsrecht der Erben ge-genüber Dritten ist in allen vier Ländern im Gesetz nur  ansatzweise  geregelt.  Regelmässig  werden  die Bestimmungen, welche die Auskunft unter den Er-ben regeln, analog auf Dritte angewendet oder dann wird  der  Grundsatz  von Treu  und  Glauben  (§  242 BGB)  oder  eine  prozessuale  Norm  (Art.  42  öEG-PZO/Art.  XV  FL  EGZPO)  verwendet.  Wenn  der Gesetzgeber diese Situation bereinigen möchte, liegt die  Krux  darin,  dass  man  versucht  ist,  im  Rahmen der Pflichtteile ein solches Auskunftsrecht zu schaf-fen.274 Dies greift aber zu kurz, weil die Erben wei-tere erbrechtliche Ansprüche gegenüber Dritten ha-ben (wie Ausgleichung oder Erbschaftsklage)275 und auch bei diesen Ansprüchen auf ein Auskunftsrecht angewiesen sind.

c) Das Auskunftsrecht der Erben gegenüber Lebens-versicherungen scheint sich nach und nach durchzu-setzen und stützt sich auf den Versicherungsvertrag. Die  Versicherungsvertragsgesetze  ken nen  aber  in allen vier Ländern keine ausdrückliche Grundlage für  ein  solches Auskunftsrecht. Angesichts  der  be-stehenden  Unklarheiten  in  der  Rechtsanwendung, wäre  eine  Klärung  durch  die  Gesetzgeber  begrüs-senswert.

a) Das (vertragliche) Auskunftsrecht der Erben ge-genüber  den  Banken  ist  in  allen  vier  Ländern  ge-setzlich geregelt. Die genauen Voraussetzungen der Geltendmachung  sind  zwar  nicht  geregelt,  können aber  wohl  nur  von  der  Gerichtspraxis  im  einzel-nen erarbeitet werden. Die Legitimation der Erben (durch  Erbschein,  Erbbescheinigung,  Einantwor-tung)  ist  in  allen  Ländern  gesetzlich  geregelt.  Die zusätzlichen  Legitimationsmöglichkeiten  müssen von der Gerichtspraxis erarbeitet werden.