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Edward Feser Scholastic Metaphysics A Contemporary Introduction ISBN 978-3-86838-544-1 302 Seiten, Broschur, EUR 24,90 EDITIONES SCHOLASTICAE www.editiones-scholasticae.de Verlag für scholastische Philosophie Anzeige 6 Kirche aktuell Die Tagespost Samstag, 28. Juni 2014 Nr. 76 / Nr. 26 ASZ Ein schönes Geschenk auch zur Diakonen- oder Priesterweihe! Familien das Evangelium verkünden Im Wortlaut das „Instrumentum laboris“ zur Bischofssynode im Vatikan – Die pastoralen Herausforderungen im Hinblick auf die Familie im Kontext der Evangelisierung Am Donnerstag wurde im Vatikan das Arbeitspapier für die Beratungen der von Papst Franziskus einberufenen Familiensynode veröffentlicht. Foto: dpa Fortsetzung auf Seite 7 Abkürzungen CCC Katechismus der Katholischen Kirche CDF Kongregation für die Glaubenslehre CTI Internationale Theologenkommission CV Caritas in Veritate, Enzyklika von Bene- dikt XVI. (29. Juni 2009) DCE Deus Caritas Est, Enzyklika von Bene- dikt XVI. (25. Dezember 2005) DV Dei Verbum, Dog. Konstitution über die göttliche Offenbarung, II. Vatikanisches Konzil EG Evangelii Gaudium, Apostolisches Schreiben von Papst Franziskus (24. No- vember 2013) FC Familiaris Consortio, Apostolisches Schreiben von Johannes Paul II. (22. No- vember 1981) GS Gaudium et Spes, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute, II. Vat. Kon. GE Gravissimum Educationis, Erklärung über die christliche Erziehung, II. Vat. Kon- zil HV Humanae Vitae, Enzyklika von Paul VI. (25. Juli 1968) LF Lumen Fidei, Enzyklika von Papst Fran- ziskus (29. Juni 2013) LG Lumen Gentium, Dogmatische Konsti- tution über die Kirche, II. Vatikanisches Konzil SC Sacramentum Caritatis, Postsynodales Apost. Schreiben von Benedikt XVI. (22.2.2007) Präsentation Am 8. Oktober 2013 hat Papst Franziskus die III. Außerordentliche Generalversamm- lung der Bischofssynode einberufen, die das Thema hat: Die pastoralen Herausfor- derungen im Hinblick auf die Familie im Kontext der Evangelisierung. Das General- sekretariat der Synode hat die Vorbereitung mit dem Versand des Vorbereitungsdoku- mentes eingeleitet, welches im Volk Gottes große Aufmerksamkeit gefunden hat. Die Reaktionen sind in diesem Instrumentum Laboris gesammelt. Angesichts der Weite und der Komplexität des Themas hat der Heilige Vater einen Arbeitsweg in zwei Schritten festgelegt, die aber eine organi- sche Einheit bilden. Während der Außeror- dentlichen Generalversammlung 2014 wer- ten die Väter die Daten, die Zeugnisse und die Vorschläge der Teilkirchen aus und ver- tiefen sie mit dem Ziel, auf die Herausforde- rungen im Hinblick auf die Familie antwor- ten zu können. Die Ordentliche General- versammlung 2015, welche den Episkopat weiter repräsentiert, wird auf den Arbeiten der vorherigen Synodenversammlung auf- bauen und weiter über die behandelten Themen nachdenken, um entsprechende pastorale Handlungslinien zu erarbeiten. Das Instrumentum Laboris ist auf der Grundlage der Antworten auf das Vorberei- tungsdokument entstanden, das im No- vember 2013 veröffentlicht wurde. Der in acht Teilen strukturierte Fragenkatalog im Hinblick auf Ehe und Familie betreffende Thematiken ist so weit als möglich verbrei- tet worden. Die zahlreichen und detaillier- ten Antworten kamen von den Synoden der katholischen Ostkirchen sui iuris, den Bischofskonferenzen, den Dikasterien der Römischen Kurie und der Vereinigung der Ordensobern. Im Generalsekretariat gingen auch Antworten aus einer großen Zahl von Diözesen, Pfarreien, Bewegungen, Grup- pen, kirchlichen Vereinigungen und Fami- lien sowie von akademischen Einrichtun- gen, Spezialisten, Gläubigen und anderen ein, die daran interessiert sind, ihre Überle- gungen mitzuteilen. Diese Rückmeldungen werden Bemerkungen genannt. Der hier vorliegende Text ist in drei Tei- le gegliedert und greift in einer auf die Sy- nodenversammlung zugeschnittenen Ord- nung die acht Themen des Fragebogens wieder auf. Der erste Teil ist dem Evange- lium der Familie gewidmet. Es geht um den Plan Gottes und die Berufung des Men- schen in Christus. Innerhalb dieses Spekt- rums wird die Kenntnis und die Rezeption der biblischen Grundlagen und der Doku- mente des kirchlichen Lehramtes deutlich, mit den diesbezüglichen Schwierigkeiten, die unter anderem mit dem Verständnis des Naturrechts zu tun haben. Der zweite Teil behandelt die verschiedenen Ansatzpunkte der Familienpastoral, die entsprechenden Herausforderungen und die schwierigen Si- tuationen. Der dritte Teil ist der Offenheit für das Leben und der erzieherischen Ver- antwortung der Eltern gewidmet, welche die Ehe zwischen Mann und Frau kenn- zeichnet. Dabei wird besonders auf aktuel- le, pastoral schwierige Situationen Bezug genommen. Das vorliegende Dokument, Frucht kol- legialer Arbeit, welche auf die Konsultation der Teilkirchen zurückgeht, wurde vom Ge- neralsekretariat der Synode zusammen mit dem Rat des Sekretariates erarbeitet und wird nun den Mitgliedern der Synodenver- sammlung als Instrumentum Laboris über- geben. Es bietet ein weites, wenn auch nicht erschöpfendes Bild im Hinblick auf die heutige Situation der Familie, ihren He- rausforderungen und den Reflexionen die dies erforderlich macht. Die Themen, welche im Dokument nicht behandelt werden, von denen aber ei- nige in der Antwort auf die Nr. 9 des Frage- bogens (Varia) angesprochen wurden, wer- den auf der Ordentlichen Generalver- sammlung der Synode 2015 behandelt. Lorenzo Card. Baldisseri Generalsekretär der Bischofssynode Vatikan, 24. Juni 2014 Hochfest der Geburt des heiligen Johannes des Täufers Vorwort Die Verkündigung des Evangeliums der Familie ist integrierender Bestandteil der Sendung der Kirche, denn die Offenbarung Gottes erleuchtet die Beziehung zwischen Mann und Frau, ihre Liebe und die Frucht- barkeit ihrer Beziehung. In der heutigen Zeit stellt die verbreitete kulturelle, soziale und spirituelle Krise eine Herausforderung für die Evangelisierung der Familie, Lebens- kern der Gesellschaft und der Gemein- schaft der Kirche, dar. Diese Verkündigung steht in einer Linie mit der Synodenver- sammlung über Die neue Evangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glau- bens und das von Papst Benedikt XVI. aus- gerufene Jahr des Glaubens. Im Bewusstsein dessen, dass die „apos- tolische Überlieferung in der Kirche unter dem Beistand des Heiligen Geistes einen Fortschritt kennt“ (DV 8) ist die Außeror- dentliche Generalversammlung der Bi- Inhalt Abkürzungen Präsentation Vorwort I. TEIL Heute das Evangelium der Familie vermitteln Kapitel I Der Plan Gottes für Ehe und Familie Die Familie im Licht der biblischen Bot schaft (1–3) Die Familie in den Dokumente der Kir- che (4–7) Kapitel II Kenntnis und Rezeption der Heiligen Schrift und der Dokumente der Kir che über Ehe und Familie (8) Die Kenntnis der Bibel im Hinblick auf die Familie (9–10) Kenntnis der Dokumente des Lehram- tes (11) Die Notwendigkeit vorbereiteter Priester und Mitarbeiter (12) Unterschiedliche Annahme der Lehre der Kirche (13–14) Einige Gründe für die Schwierigkeiten bei der Rezeption (15–16) Eine bessere Kenntnis des Lehramtes fördern (17–19) Kapitel III Das Evangelium der Familie und das Naturrecht Die Verbindung zwischen dem Evange- lium der Familie und dem Naturrecht (20) Problemanzeige hinsichtlich des Natur- rechts heute (21–26) Praktische Opposition gegen das Natur- recht bezüglich der Verbindung von Frau und Mann (27–29) Wünschenswerte Erneuerung der Spra- che (30) Kapitel IV Die Familie und die Berufung des Menschen in Christus Die Heilige Familie, die Person und die Gesellschaft (31–34) Nach dem Bild des Lebens der Dreifal- tigkeit (35) Die Heilige Familie von Nazareth und die Erziehung zur Liebe (36–38) Verschiedenheit, Gegenseitigkeit und Stil des Familienlebens (39–42) Familie und umfassende Entwicklung (43–44) Den neuen Wunsch nach Familie und die Krisen begleiten (45–48) Eine beständige Ausbildung (49) II. TEIL Die Familienpastoral angesichts neu- er Herausforderungen Kapitel I Die Familienpastoral: bestehende Möglichkeiten Die Verantwortung der Hirten und cha- rismatische Gaben in der Familienpas- toral (50) Die Ehevorbereitung (51–56) Volksfrömmigkeit und Familienspiritua- lität (57) Die Unterstützung der Familienspiritua- lität (58) Das Zeugnis der Schönheit der Familie (59–60) Kapitel II Die pastoralen Herausforderungen im Hinblick auf die Familie (61) a) Die Krise des Glaubens und das Fami- lienleben Die pastorale Tätigkeit in der Glaubens- Krise (62–63) b) Kritische Situationen innerhalb der Familie Beziehungs- und Kommunikations- schwierigkeiten (64) Fragmentierung und Auflösung (65) Gewalt und Missbrauch (66–67) Abhängigkeiten, Medien und soziale Netzwerke (68–69) c) Externer Druck auf die Familie Die Auswirkung der Berufstätigkeit auf die Familie (70–71) Das Phänomen der Migration und die Familie (72) Armut und Kampf um den Lebens- unterhalt (73) Konsumismus und Individualismus (74) Gegen-Zeugnisse in der Kirche (75) d) Einige besondere Situationen Das Gewicht der sozialen Erwartungen dem Einzelnen gegenüber (76) Die Auswirkung der Kriege (77) Kultusverschiedenheit (78) Weitere kritische Situationen (79) Kapitel III Die pastoral schwierigen Situationen A. Familiäre Situationen (80) Das Zusammenleben (81–82) Die nichtehelichen Lebensgemein- schaften (83–85) Getrennt Lebende, Geschiedene und wiederverheiratet Geschiedene (86) Die Kinder und diejenigen, die allein bleiben (87) Junge ledige Mütter (88) Kirchenrechtlich irreguläre Situationen (89–92) Bezüglich des Zugangs zu den Sakra- menten (93–95) Andere Anfragen (96) Bezüglich der Getrennten und Geschie- denen (97) Vereinfachung der Eheverfahren (98–102) Die Pastoral in schwierigen Situationen (103–104) Nichtpraktizierende und Nichtglauben- de, die eine Eheschließung erbitten (105–109) B. Hinsichtlich der gleichgeschlecht- lichen Lebensgemeinschaften Zivile Anerkennung (110–112) Die Einschätzung der Teilkirchen (113–115) Einige pastorale Leitlinien (116–119) Weitergabe des Glaubens an Kinder in gleichgeschlechtlichen Lebensgemein- schaften (120) III. TEIL Die Offenheit für das Leben und die erzieherische Verantwortung Kapitel I Die pastoralen Herausforderungen im Hinblick auf die Offenheit für das Leben (121–122) Kenntnis und Rezeption des Lehramtes bezüglich der Offenheit für das Leben (123–125) Einige Ursachen der schwierigen Rezep- tion (126–127) Pastorale Vorschläge (128) Bezüglich der sakramentalen Praxis (129) Eine für das Leben offene Mentalität (130–131) Kapitel II Die Kirche und die Familie angesichts der erzieherischen Herausforderung Die erzieherische Herausforderung und die Familie heute (132) Weitergabe des Glaubens und christli- che Initiation (133–134) Einige spezifische Schwierigkeiten (135–137) b) Die christliche Erziehung in schwierigen familiären Situationen Ein Überblick über die Situation (139–140) Die an die Kirche gerichteten Anfragen (141–145) Die Antworten der Teilkirchen (146–150) Zeiten und Formen der christlichen Ini- tiation der Kinder (151–152) Einige besondere Schwierigkeiten (153) Einige pastorale Leitlinien (154–157) SCHLUSS (158–159)

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Edward FeserScholastic MetaphysicsA Contemporary IntroductionISBN 978-3-86838-544-1302 Seiten, Broschur, EUR 24,90

EDITIONES SCHOLASTICAEwww.editiones-scholasticae.de Ve

rlagfürscholastische

Philosophie

Anzeige

6 Kirche aktuell Die Tagespost Samstag, 28. Juni 2014 Nr. 76 / Nr. 26 ASZ

Ein schönes Geschenk auchzur Diakonen- oder Priesterweihe!

FamiliendasEvangeliumverkündenIm Wortlaut das „Instrumentum laboris“ zur Bischofssynode im Vatikan – Die pastoralen Herausforderungen im Hinblick auf die Familie im Kontext der Evangelisierung

Am Donnerstag wurde im Vatikan das Arbeitspapier für die Beratungen der von PapstFranziskus einberufenen Familiensynode veröffentlicht. Foto: dpa

Fortsetzung auf Seite 7

Abkürzungen

CCC Katechismus der Katholischen KircheCDF Kongregation für die GlaubenslehreCTI Internationale TheologenkommissionCV Caritas in Veritate, Enzyklika von Bene-dikt XVI. (29. Juni 2009)DCE Deus Caritas Est, Enzyklika von Bene-dikt XVI. (25. Dezember 2005)DV Dei Verbum, Dog. Konstitution über diegöttliche Offenbarung, II. VatikanischesKonzilEG Evangelii Gaudium, ApostolischesSchreiben von Papst Franziskus (24. No-vember 2013)FC Familiaris Consortio, ApostolischesSchreiben von Johannes Paul II. (22. No-vember 1981)GS Gaudium et Spes, Pastoralkonstitutionüber die Kirche in der Welt von heute, II.Vat. Kon.GE Gravissimum Educationis, Erklärungüber die christliche Erziehung, II. Vat. Kon-zilHV Humanae Vitae, Enzyklika von Paul VI.(25. Juli 1968)LF Lumen Fidei, Enzyklika von Papst Fran-ziskus (29. Juni 2013)LG Lumen Gentium, Dogmatische Konsti-tution über die Kirche, II. VatikanischesKonzilSC Sacramentum Caritatis, PostsynodalesApost. Schreiben von Benedikt XVI.(22.2.2007)

Präsentation

Am 8. Oktober 2013 hat Papst Franziskusdie III. Außerordentliche Generalversamm-lung der Bischofssynode einberufen, diedas Thema hat: Die pastoralen Herausfor-derungen im Hinblick auf die Familie imKontext der Evangelisierung. Das General-sekretariat der Synode hat die Vorbereitungmit dem Versand des Vorbereitungsdoku-mentes eingeleitet, welches im Volk Gottesgroße Aufmerksamkeit gefunden hat. DieReaktionen sind in diesem InstrumentumLaboris gesammelt. Angesichts der Weiteund der Komplexität des Themas hat derHeilige Vater einen Arbeitsweg in zweiSchritten festgelegt, die aber eine organi-sche Einheit bilden. Während der Außeror-dentlichenGeneralversammlung 2014 wer-ten die Väter die Daten, die Zeugnisse und

die Vorschläge der Teilkirchen aus und ver-tiefen sie mit dem Ziel, auf die Herausforde-rungen im Hinblick auf die Familie antwor-ten zu können. Die Ordentliche General-versammlung 2015, welche den Episkopatweiter repräsentiert, wird auf den Arbeitender vorherigen Synodenversammlung auf-bauen und weiter über die behandeltenThemen nachdenken, um entsprechendepastorale Handlungslinien zu erarbeiten.

Das Instrumentum Laboris ist auf derGrundlage der Antworten auf das Vorberei-tungsdokument entstanden, das im No-vember 2013 veröffentlicht wurde. Der inacht Teilen strukturierte Fragenkatalog imHinblick auf Ehe und Familie betreffendeThematiken ist so weit als möglich verbrei-tet worden. Die zahlreichen und detaillier-ten Antworten kamen von den Synodender katholischen Ostkirchen sui iuris, denBischofskonferenzen, den Dikasterien derRömischen Kurie und der Vereinigung derOrdensobern. Im Generalsekretariat gingenauch Antworten aus einer großen Zahl vonDiözesen, Pfarreien, Bewegungen, Grup-pen, kirchlichen Vereinigungen und Fami-lien sowie von akademischen Einrichtun-gen, Spezialisten, Gläubigen und anderenein, die daran interessiert sind, ihre Überle-gungen mitzuteilen. Diese Rückmeldungenwerden Bemerkungen genannt.

Der hier vorliegende Text ist in drei Tei-le gegliedert und greift in einer auf die Sy-nodenversammlung zugeschnittenen Ord-nung die acht Themen des Fragebogenswieder auf. Der erste Teil ist dem Evange-lium der Familie gewidmet. Es geht um denPlan Gottes und die Berufung des Men-schen in Christus. Innerhalb dieses Spekt-rums wird die Kenntnis und die Rezeptionder biblischen Grundlagen und der Doku-mente des kirchlichen Lehramtes deutlich,mit den diesbezüglichen Schwierigkeiten,die unter anderemmit demVerständnis desNaturrechts zu tun haben. Der zweite Teilbehandelt die verschiedenen Ansatzpunkteder Familienpastoral, die entsprechendenHerausforderungen und die schwierigen Si-tuationen. Der dritte Teil ist der Offenheitfür das Leben und der erzieherischen Ver-antwortung der Eltern gewidmet, welchedie Ehe zwischen Mann und Frau kenn-zeichnet. Dabei wird besonders auf aktuel-le, pastoral schwierige Situationen Bezuggenommen.

Das vorliegende Dokument, Frucht kol-legialer Arbeit, welche auf die Konsultationder Teilkirchen zurückgeht, wurde vom Ge-neralsekretariat der Synode zusammen mitdem Rat des Sekretariates erarbeitet undwird nun den Mitgliedern der Synodenver-sammlung als Instrumentum Laboris über-geben. Es bietet ein weites, wenn auchnicht erschöpfendes Bild im Hinblick aufdie heutige Situation der Familie, ihren He-rausforderungen und den Reflexionen diedies erforderlich macht.

Die Themen, welche im Dokumentnicht behandelt werden, von denen aber ei-nige in der Antwort auf die Nr. 9 des Frage-bogens (Varia) angesprochen wurden, wer-den auf der Ordentlichen Generalver-sammlung der Synode 2015 behandelt.

Lorenzo Card. BaldisseriGeneralsekretär der Bischofssynode

Vatikan, 24. Juni 2014Hochfest der Geburt des

heiligen Johannes des Täufers

Vorwort

Die Verkündigung des Evangeliums derFamilie ist integrierender Bestandteil derSendung der Kirche, denn die OffenbarungGottes erleuchtet die Beziehung zwischenMann und Frau, ihre Liebe und die Frucht-barkeit ihrer Beziehung. In der heutigenZeit stellt die verbreitete kulturelle, sozialeund spirituelle Krise eine Herausforderungfür die Evangelisierung der Familie, Lebens-kern der Gesellschaft und der Gemein-schaft der Kirche, dar. Diese Verkündigungsteht in einer Linie mit der Synodenver-sammlung über Die neue Evangelisierungfür die Weitergabe des christlichen Glau-bens und das von Papst Benedikt XVI. aus-gerufene Jahr des Glaubens.

Im Bewusstsein dessen, dass die „apos-tolische Überlieferung in der Kirche unterdem Beistand des Heiligen Geistes einenFortschritt kennt“ (DV 8) ist die Außeror-dentliche Generalversammlung der Bi-

InhaltAbkürzungenPräsentationVorwort

I. TEILHeute das Evangelium der Familievermitteln

Kapitel IDer Plan Gottes für Ehe und FamilieDie Familie im Licht der biblischen Botschaft (1–3)Die Familie in den Dokumente der Kir-che (4–7)

Kapitel IIKenntnis und Rezeption der HeiligenSchrift und der Dokumente der Kirche über Ehe und Familie (8)Die Kenntnis der Bibel im Hinblick aufdie Familie (9–10)Kenntnis der Dokumente des Lehram-tes (11)Die Notwendigkeit vorbereiteter Priesterund Mitarbeiter (12)Unterschiedliche Annahme der Lehreder Kirche (13–14)Einige Gründe für die Schwierigkeitenbei der Rezeption (15–16)Eine bessere Kenntnis des Lehramtesfördern (17–19)

Kapitel IIIDas Evangelium der Familie und dasNaturrechtDie Verbindung zwischen dem Evange-lium der Familie und dem Naturrecht(20)Problemanzeige hinsichtlich des Natur-rechts heute (21–26)Praktische Opposition gegen das Natur-recht bezüglich der Verbindung vonFrau und Mann (27–29)Wünschenswerte Erneuerung der Spra-che (30)

Kapitel IVDie Familie und die Berufung desMenschen in ChristusDie Heilige Familie, die Person und dieGesellschaft (31–34)Nach dem Bild des Lebens der Dreifal-tigkeit (35)Die Heilige Familie von Nazareth unddie Erziehung zur Liebe (36–38)Verschiedenheit, Gegenseitigkeit undStil des Familienlebens (39–42)Familie und umfassende Entwicklung(43–44)Den neuen Wunsch nach Familie und

die Krisen begleiten (45–48)Eine beständige Ausbildung (49)

II. TEILDie Familienpastoral angesichts neu-er Herausforderungen

Kapitel IDie Familienpastoral: bestehendeMöglichkeitenDie Verantwortung der Hirten und cha-rismatische Gaben in der Familienpas-toral (50)Die Ehevorbereitung (51–56)Volksfrömmigkeit und Familienspiritua-lität (57)Die Unterstützung der Familienspiritua-lität (58)Das Zeugnis der Schönheit der Familie(59–60)

Kapitel IIDie pastoralen Herausforderungenim Hinblick auf die Familie (61)

a) Die Krise des Glaubens und das Fami-lienlebenDie pastorale Tätigkeit in der Glaubens-Krise (62–63)

b) Kritische Situationen innerhalb derFamilieBeziehungs- und Kommunikations-schwierigkeiten (64)Fragmentierung und Auflösung (65)Gewalt und Missbrauch (66–67)Abhängigkeiten, Medien und sozialeNetzwerke (68–69)

c) Externer Druck auf die FamilieDie Auswirkung der Berufstätigkeit aufdie Familie (70–71)Das Phänomen der Migration und dieFamilie (72)Armut und Kampf um den Lebens-unterhalt (73)Konsumismus und Individualismus(74)Gegen-Zeugnisse in der Kirche (75)

d) Einige besondere SituationenDas Gewicht der sozialen Erwartungendem Einzelnen gegenüber (76)Die Auswirkung der Kriege (77)Kultusverschiedenheit (78)Weitere kritische Situationen (79)

Kapitel IIIDie pastoral schwierigen SituationenA. Familiäre Situationen (80)Das Zusammenleben (81–82)Die nichtehelichen Lebensgemein-

schaften (83–85)Getrennt Lebende, Geschiedene undwiederverheiratet Geschiedene (86)Die Kinder und diejenigen, die alleinbleiben (87)Junge ledige Mütter (88)Kirchenrechtlich irreguläre Situationen(89–92)Bezüglich des Zugangs zu den Sakra-menten (93–95)Andere Anfragen (96)Bezüglich der Getrennten und Geschie-denen (97)Vereinfachung der Eheverfahren(98–102)Die Pastoral in schwierigen Situationen(103–104)Nichtpraktizierende und Nichtglauben-de, die eine Eheschließung erbitten(105–109)

B. Hinsichtlich der gleichgeschlecht-lichen LebensgemeinschaftenZivile Anerkennung (110–112)Die Einschätzung der Teilkirchen(113–115)Einige pastorale Leitlinien (116–119)Weitergabe des Glaubens an Kinder ingleichgeschlechtlichen Lebensgemein-schaften (120)

III. TEILDie Offenheit für das Leben und dieerzieherische Verantwortung

Kapitel IDie pastoralen HerausforderungenimHinblick auf die Offenheit für dasLeben (121–122)Kenntnis und Rezeption des Lehramtesbezüglich der Offenheit für das Leben(123–125)Einige Ursachen der schwierigen Rezep-tion (126–127)Pastorale Vorschläge (128)Bezüglich der sakramentalen Praxis(129)Eine für das Leben offene Mentalität(130–131)

Kapitel IIDie Kirche und die Familie angesichtsder erzieherischen HerausforderungDie erzieherische Herausforderung unddie Familie heute (132)Weitergabe des Glaubens und christli-che Initiation (133–134)Einige spezifische Schwierigkeiten(135–137)

b) Die christliche Erziehung inschwierigen familiären SituationenEin Überblick über die Situation(139–140)

Die an die Kirche gerichteten Anfragen(141–145)Die Antworten der Teilkirchen(146–150)Zeiten und Formen der christlichen Ini-tiation der Kinder (151–152)Einige besondere Schwierigkeiten (153)Einige pastorale Leitlinien (154–157)

SCHLUSS (158–159)

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Fortsetzung auf Seite 8

Der Glaube verleiht „Flügel“. Doch die Lebenswirklichkeit hat sich heute oft weit vom Glau-bensleben der Kirche entfernt. Foto: dpa

Fortsetzung von Seite 6schofssynode zum Thema: Die pastoralenHerausforderungen im Hinblick auf dieFamilie im Kontext der Evangelisierung da-zu aufgerufen, über den Weg nachzuden-ken, den es zu gehen gilt, wenn allen Men-schen die Wahrheit der ehelichen Liebeund der Familie verkündet und auf vielfa-che Herausforderungen geantwortet wer-den soll (vgl. EG 66). Für die Pastoral derKirche ist die Familie ein unerschöpflicherReichtum und eine Quelle des Lebens; da-her ist die Verkündigung der Schönheit derBerufung zur Liebe, die ein großes Potentialfür die Gesellschaft und die Kirche darstellt,eine erstrangige Aufgabe der Kirche. Ange-sichts dieser Dringlichkeit bedenken die Bi-schöfe, cum et sub Petro, im aufmerksamenHören auf den Heiligen Geist die heutigenpastoralen Herausforderungen.

Die Kirche ist sich dessen bewusst, dassdie Schwierigkeiten den Horizont des Fami-lienlebens nicht erschöpfen und die Men-schen nicht nur bisher ungeahnten Schwie-rigkeiten gegenüber sehen. Sehr gernenimmt sie den Schwung zur Kenntnis, dervor allem unter den Jugendlichen herrscht,und einen neuen Frühling der Familie erah-nen lässt. Die zahlreichen kirchlichen Tref-fen, in denen vor allem unter den jungenGenerationen ein erneuerter Wunsch nachder Familie deutlich wird, sind diesbezüg-lich sprechende Zeugnisse. Angesichts die-ser Hoffnungen ist die Kirche aufgerufen, inTreue zumAuftrag des Herrn, die Schönheitder Liebe in der Familie zu verkünden, aufallen Ebenen Unterstützung und Beglei-tung anzubieten. Bei seinen Treffen mitden Familien ermutigt der Heilige Vaterimmer dazu, mit Hoffnung auf die eigeneZukunft zu schauen. Dabei empfiehlt er je-ne Lebenshaltungen, durch die die Liebe inder Familie bewahrt und zum wachsen ge-bracht wird: um Erlaubnis bitten, sich be-danken und um Vergebung bitten, und niedie Sonne über einen Streit oder einemMissverständnis untergehen lassen, ohnedie Demut gehabt zu haben, sich zu ent-schuldigen.

Vom Beginn seins Pontifikates an hatPapst Franziskus betont: „Der Herr wirdniemals müde zu verzeihen, niemals! [...]Wir sind es, die manchmal müde werden,um Vergebung zu bitten“ (Angelus am 17.März 2013). Dieser Hinweis auf die Barm-herzigkeit hat eine große Auswirkung auchim Hinblick auf die Ehe und Familie betref-fenden Fragen gehabt, denn, jenseits desMoralismus bestätigt und öffnet er Hori-zonte im Leben der Christen, was auchimmer an Grenzen erfahren, was auchimmer an Sünden begangen wurde. DieBarmherzigkeit Gottes öffnet für eine be-ständige Bekehrung und ein dauerndesneugeborgen werden.

I. TEILHEUTE DAS EVANGELIUMDER FAMILIE VERMITTELN

Kapitel IDer Plan Gottes für Ehe undFamilieDie Familie im Licht der biblischenBotschaft1. Das Buch Genesis stellt den Mann

und die Frau vor, die nach dem Bild undGleichnis Gottes geschaffen sind; in dergegenseitigen Annahme erkennen sie, dasseiner für die andere geschaffen wurde (vgl.Gen 1,24–31; 2,4b–25). Durch die Fort-pflanzung werden Mann und Frau zu Mit-arbeitern Gottes in der Annahme und Wei-tergabe des Lebens: „Indem sie dasmensch-liche Leben ihren Kindern weitergeben,wirken Mann und Frau als Gatten und El-tern auf einzigartige Weise des Schöpfersmit“ (CCC 372). Ihre Verantwortung weitetsich daneben auf den Schutz der Schöpfungund das Wachstum der Menschenfamilieaus. In der biblischen Tradition wird diePerspektive der Schönheit der menschli-chen Liebe, Spiegel der göttlichen, vor al-lem im Hohen Lied und bei den Prophetenhervorgehoben.

2. Die Verkündigung der Kirche über dieFamilie findet ihre Grundlage in der Predigtund im Leben Jesu, der in der Familie vonNazareth gelebt hat und aufgewachsen ist,der an der Hochzeit von Kana teilgenom-men und deren Fest mit dem ersten seiner„Zeichen“ bereichert hat (vgl. Joh 2,1–11),und sich als Bräutigam vorstellt, der seineBraut mit sich vereint (vgl. Joh 3,29). AmKreuz hat er sich mit der Liebe bis zumSchluss übereignet und in seinem aufer-standenen Leib hat er neue Beziehungenunter den Menschen begründet. Indem erdie Fülle des göttlichen Erbarmens offen-

legt, gewährt Jesus Mann und Frau, jenen„Ursprung“ wieder zu gewinnen, in demGott sie zu einem Fleisch werden lässt (vgl.Mt 19,4–6). Daher sind sie – „mit der Gna-de Christi“ – in der Lage, sich in Treue fürimmer zu lieben. Das göttliche Maß derehelichen Liebe, zu dem die Ehepartner ausGnade berufen sind, hat seine Quelle in der„Schönheit der heilbringenden Liebe Got-tes, die sich im gestorbenen und auferstan-denen Jesus Christus offenbart hat“ (EG36), im Herzen des Evangeliums.

3. Indem Jesus die menschliche Liebeannahm, hat er sie auch vollendet (vgl. GS49), und dabei dem Mann und der Fraueine neue Weise, sich zu lieben, übereignet,die ihre Grundlage in der unwiderruflichenTreue Gottes hat. In diesem Licht hat derEpheserbrief in der bräutlichen Liebe zwi-schen Mann und Frau „das große Geheim-nis“ erkannt, das in der Welt die Liebe zwi-schen Christus und der Kirche gegenwärtigmacht (vgl. Eph 5,31–32). Sie haben dieGabe (vgl. 1Kor 7,7), mit ihre bräutlichenLiebe und durch Aufgabe der Weitergabedes Lebens und der Erziehung der Kinderdie Kirche aufzubauen. Durch ein unauflös-liches sakramentales Band verbunden, le-ben die Brautleute die Schönheit der Liebe,der Vaterschaft, der Mutterschaft und derWürde, auf diese Weise am schöpferischenWerk Gottes mitzuarbeiten.

Die Familie in den Dokumentender Kirche4. ImVerlauf der Jahrhunderte hat es die

Kirche nicht an der beständigen Lehre überdie Ehe und die Familie fehlen lassen. Eineder höchsten Ausdrucksformen diesesLehramtes ist vom II. Vatikanischen Konzilin der Pastoralkonstitution Gaudium etSpes vorgelegt worden, die ein ganzes Kapi-tel der Förderung der Würde von Ehe undFamilie widmet (vgl. GS 47–52). Hier ist dieEhe als Gemeinschaft des Lebens und derLiebe definiert worden (vgl. GS 48), wobeidie Liebe in die Mitte der Familie gestelltund zugleich die Wahrheit dieser Liebe an-gesichts der verschiedenen Formen des Re-duktionismus, wie sie in der heutigen Kul-tur gegenwärtig sind, gezeigt wird. Die„wahre Liebe zwischen Mann und Frau“(GS 49) umfasst die gegenseitige Hingabeseiner selbst, und schließt nach dem PlanGottes auch die sexuelle Dimension unddie Affektivität ein und integriert sie (vgl.GS 48–49). Darüber hinaus unterstreichtGaudium et Spes Nr. 48 die Verwurzelungder Brautleute in Christus: Christus, derHerr, „begegnet den christlichen Gatten imSakrament der Ehe“ und bleibt bei ihnen.In der Menschwerdung nimmt Er diemenschliche Liebe an, reinigt sie, bringt siezur Vollendung, und schenkt den Brautleu-tenmit seinemGeist die Fähigkeit, sie zu le-ben, indem er ihr ganzes Lebenmit Glaube,Hoffnung und Liebe durchdringt. Auf dieseWeise werden die Brautleute gleichsam ge-weiht und bauen durch eine eigene Gnadeden Leib Christi auf, indem sie eine Haus-kirche bilden (vgl. LG 11). Daher schaut dieKirche, um ihr eigenes Geheimnis in Füllezu verstehen, auf die christliche Familie, diees in ganz eigener Weise darlebt.

5. Auf der Linie des II. VatikanischenKonzils hat das päpstliche Lehramt die Leh-re über Ehe und Familie vertieft. BesondersPaul VI. hat, mit der Enzyklika HumanaeVitae, das innere Band zwischen der eheli-chen Liebe und der Weitergabe des Lebensins Licht gehoben. Der heilige JohannesPaul II. hat der Familie durch seine Kateche-sen über die menschliche Liebe, den Briefan die Familien (Gratissimam Sane) undvor allem durch das Apostolische SchreibenFamiliaris Consortio eine besondere Auf-merksamkeit geschenkt. In diesen Doku-menten hat der Papst die Familie als den„Weg der Kirche“ bezeichnet, und eine Ge-samtschau der Berufung des Mannes undder Frau zur Liebe dargeboten. Zugleich hater die Grundlinien der Familienpastoralund für die Gegenwart der Familie in derGesellschaft vorgelegt. Vor allem hat er, imZusammenhang mit der ehelichen Liebe(vgl. FC 13), die Art undWeise beschrieben,in der die Eheleute in ihrer gegenseitigenLiebe die Gabe des Geistes Christi empfan-gen und ihre Berufung zur Heiligkeit leben.

6. In der Enzyklika Deus Caritas est hatPapst Benedikt XVI. das Thema der Wahr-heit der Liebe zwischen Mann und Frauwieder aufgegriffen, das erst im Licht derLiebe des gekreuzigten Christus vollkom-men deutlich wird (vgl. DCE 2). Er unter-streicht: „Die auf einer ausschließlichenund endgültigen Liebe beruhende Ehe wirdzur Darstellung des Verhältnisses Gottes zuseinem Volk und umgekehrt: die Art, wieGott liebt, wird zumMaßstabmenschlicherLiebe“ (DCE 11). Darüber hinaus unter-streicht die Enzyklika Caritas in Veritate die

Bedeutung der Liebe als Prinzip des Lebensin der Gesellschaft (vgl. CV 44), dem Ort,an dem man die Erfahrung des Gemein-wohls lernt.

7. In der Enzyklika Lumen fidei greiftPapst Franziskus den Zusammenhang vonFamilie und Glauben auf und schreibt:„Christus zu begegnen und sich von seinerLiebe ergreifen und führen zu lassen weitetden Horizont des Lebens und gibt ihm einefeste Hoffnung, die nicht zugrunde gehenlässt. Der Glaube ist nicht eine Zuflucht fürMenschen ohne Mut, er macht vielmehrdas Leben weit. Er lässt eine große Berufungentdecken, die Berufung zur Liebe, und ergarantiert, dass diese Liebe verlässlich istund es wert ist, sich ihr zu übereignen, daihr Fundament auf der Treue Gottes steht,die stärker ist als all unsere Schwäche“ (LF53).

Kapitel IIKenntnis und Rezeptionder Heiligen Schrift und derDokumente der Kirche überEhe und Familie

8. Das kirchliche Leben der Gegenwartist durch eine weit verbreitete Wiederent-deckung des Wortes Gottes im Leben derKirche gekennzeichnet. Die Wiederentde-ckung der Heiligen Schrift im Bereich derKirche hat in vielfältiger Weise das Lebender Diözesen, der Pfarreien und der Ge-meinschaften in der Kirche geprägt. Ausden zahlreich eingegangenen Antwortenund Bemerkungen geht aber hervor, dassdie Kenntnis, die Vermittlung und die Re-zeption der Lehren der Kirche über dieFamilie auf sehr unterschiedliche Weise er-folgen, je nach den Lebensumständen derFamilie, der kirchlichen Gemeinschaft unddem soziokulturellen Kontext. In den Ge-genden, in denen die christliche Traditionlebendig und die Pastoral gut organisiertist, finden sich Menschen, die für diechristliche Lehre über Ehe und Familieempfänglich sind. Aus verschiedenenGründen gibt es woanders viele Christen,welche über diese Lehre nichts wissen.

Die Kenntnis der Bibel im Hinblickauf die Familie9. Allgemein kann man sagen, dass die

Lehre der Bibel, besonders der Evangelienund der Paulusbriefe, heute bekannter ist.Allerdings sagen alle Bischofskonferenzen,dass noch immer viel zu tun bleibt, damitdiese Lehre auch im Hinblick auf die Fami-lie Grundlage der Spiritualität und deschristlichen Lebens werden kann. Ausnicht wenigen Antworten geht auch dergroße Wunsch der Gläubigen hervor, dieHeilige Schrift besser zu kennen.

10. In diesem Zusammenhang wirddeutlich, wie entscheidend die Ausbildungdes Klerus und vor allem die Qualität derPredigten ist, auf die Papst Franziskus kürz-lich hingewiesen hat (cf. EG 135–144). DiePredigt ist ja ein herausragendes Mittel, umden Gläubigen die Heilige Schrift in ihrerkirchlichen und existenziellen Bedeutungvor Augen zu stellen. Dank einer entspre-chenden Predigt, wird das Volk Gottes indie Lage versetzt, die Schönheit des WortesGottes wertzuschätzen, welche die Familieanzieht und tröstet. Neben der Predigt wirdinnerhalb der Diözesen und der Pfarreiendie Förderung von Kursen geschätzt, wel-che, die den Gläubigen dabei helfen, sichden Schriften in entsprechender Weise zunähern. Es wird vorgeschlagen, nicht sosehr die pastoralen Initiativen zu vervielfa-chen, sondern die ganze Familienpastoral

von der Bibel her zu durchdringen. Jede Ge-legenheit, bei der die Kirche aufgerufen ist,sich im Bereich der Familie der Gläubigenanzunehmen, ist eine Gelegenheit, damitdas Evangelium der Familie verkündet, er-fahren und wertgeschätzt wird.

Kenntnis der Dokumentedes Lehramtes11. Es scheint, dass im Volk Gottes die

Kenntnis der konziliaren und nachkonzilia-ren Dokumente des Lehramtes über dieFamilie allgemein eher spärlich ist. Sicher-lich sind sie in gewisser Weise denjenigenbekannt, die im theologischen Bereicharbeiten. Allerdings scheinen diese Textedie Mentalität der Gläubigen nicht sonder-lich tief zu durchdringen. Es gibt auch Ant-worten, die offen die Tatsache zugeben,dass diese Dokumente unter den Gläubigentatsächlich nicht bekannt sind. In man-chen Antworten wird darauf aufmerksamgemacht, dass die Dokumente, vor allemvon Seiten der Laien, denen eine entspre-chende Vorbildung fehlt, manchmal als et-was sehr „exklusives“ wahrgenommen wer-den. Eine gewisse Schwierigkeit, diese Textezur Hand zu nehmen und zu studierenwirdfestgestellt. Wenn niemand mit einer ge-wissen Vorbereitung da ist, der in die Lektü-re dieser Texte einführen kann, scheint esoft schwierig zu sein, sich den Dokumen-ten zu nähern. Vor allemwird das Bedürfnisgespürt, den existenziellen Charakter der inden Dokumenten dargelegten Wahrheitenzu zeigen.

Die Notwendigkeit vorbereiteterPriester und Mitarbeiter12. Einige der eingegangenen Bemer-

kungen sehen die Verantwortung für dieschwache Verbreitung dieser Kenntnis beiden Hirten selbst, die, entsprechend demEindruck einiger Gläubigen, selbst wederdas Thema Ehe-Familie, wie es in den Do-kumenten dargelegt wird, wirklich kennen,noch dieMittel zu haben scheinen, um die-ses Thema zu behandeln. Aus anderen Be-

merkungen lässt sich erschließen, dass dieHirten sich manchmal nicht in der Lageoder unvorbereitet sehen, wenn es darumgeht, Probleme im Hinblick auf die Sexuali-tät, die Fruchtbarkeit und die Fortpflan-zung zu behandeln, so dass sie es oft vorzie-hen, diese Themen nicht anzugehen. In ei-nigen Antworten findet sich auch eine ge-wisse Unzufriedenheit bezüglich einigerPriester, die im Hinblick auf einige morali-sche Lehren indifferent erscheinen. Ihremangelnde Übereinstimmung mit der Leh-re der Kirche bewirkt Konfusion im VolkGottes. Es wird daher darum gebeten, dassdie Priester bei der Erklärung des WortesGottes und in der Darstellung der Doku-mente der Kirche im Hinblick auf Ehe undFamilie besser vorbereitet und verantwor-tungsvoller sein sollen.

Unterschiedliche Annahme der Lehreder Kirche13. Eine erhebliche Zahl von Bischofs-

konferenzen stellt fest, dass da, wo die Leh-re der Kirche in ihrer eigenen menschli-chen und christlichen Schönheit in Tiefeweitergegeben wird, sie auch von einemGroßteil der Gläubigen mit Freude ange-nommen wird. Wenn es gelingt, eine demchristlichen Glauben entsprechende um-fassende Sicht von Ehe und Familie darzu-legen, dann kommt auch ihre Wahrheit,ihre Gutheit und ihre Schönheit zu Be-wusstsein. Die Lehre wird weitgehend an-genommen, wo es von Seiten der Gläubi-gen um einen echten Weg des Glaubensgeht, und nicht nur um eine kurzfristigeNeugier im Hinblick darauf, was die Kircheüber die Sexualmoral denkt. Auf der ande-ren Seite bestätigen aber auch viele Antwor-ten, dass viele Christen, auch da, wo dieLehre der Kirche über Ehe und Familie be-kannt ist, Schwierigkeiten haben, sie ganzanzunehmen. Allgemein werden (wennauch wichtige) Teilelemente der christli-chen Lehre genannt, bezüglich derer Wi-derstand in verschiedenen Graden festge-stellt wird, wie zum Beispiel im Hinblickauf die Geburtenkontrolle, Scheidung undWiederheirat, Homosexualität, Zusammen-leben, Treue, In-vitro-Fertilisation, usw. Vie-le Antworten bezeugen hingegen, dass dieLehre der Kirche über die Würde desmenschlichen Lebens und den Respekt da-vor weiter verbreitet und wenigstens prinzi-piell auch anerkannter ist.

14. Aus guten Grund wird darauf hinge-wiesen, dass eine bessere Integration zwi-schen der Spiritualität der Familie und derMoral erforderlich wäre, die es dann aucherlauben würde, das Lehramt der Kirche imBereich der Familienmoral besser zu verste-hen.Manche Beiträge heben die Bedeutungder Einbeziehung lokaler Kulturen hervor,die helfen können, den Wert des Evange-liums zu verstehen; dies gilt vor allem fürdie oft auf die Familie konzentrierten asiati-schen Kulturen. Einige Bischofskonferen-zen sagen, dass es in diesen Kontextennicht schwierig ist, die Lehre der Kircheüber die Familie mit den sozialen und mo-ralischen Werten des Volkes in diesen Kul-

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8 Kirche aktuell Die Tagespost Samstag, 28. Juni 2014 Nr. 76 / Nr. 26 ASZ

Hören auf das Wort Gottes: Die Heilige Familie ist keine kitschige Heile-Welt-Idylle, son-dern Vorbild und Beispiel in den Herausforderungen des Familienlebens. Foto: IN

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turen zu verbinden. Damit soll auch die Be-deutung der Interkulturalität bei der Ver-kündigung des Evangeliums der Familiehervorgehoben werden. Fest steht, dass ausden eingegangenen Antworten und Bemer-kungen die Notwendigkeit hervorgeht,konkrete und mögliche Ausbildungswegeins Leben zu rufen, durch welche ein Zu-gang zu den Wahrheiten des Glaubens er-schlossen werden kann, die die Familie be-treffen, vor allem, um deren tiefenmensch-lichen und existenziellen Wert schätzen zulernen.

Einige Gründe für dieSchwierigkeiten bei der Rezeption15. Einige Bischofskonferenzen heben

hervor, dass der Grund für den Widerstandgegenüber der Lehre der Kirche bezüglichder Familienmoral der Mangel an authenti-scher christlicher Erfahrung ist, einer per-sönlichen und gemeinschaftlichen Begeg-nung mit Christus, die nicht durch irgend-eine noch so zutreffende Darstellung derLehre ersetzt werden kann. In diesemZusammenhang wird das Ungenügen einerPastoral beklagt, die nur um die Sakramen-tenspendung besorgt ist, ohne dass dies miteiner entsprechenden christlichen Erfah-rung einherginge, die wirklich mit einbe-zieht. Darüber hinaus unterstreicht dieüberwiegendeMehrheit der Antworten denwachsenden Kontrast zwischen den Wer-ten, die von der Kirche in Bezug auf Eheund Familie vorgelegt werden, und denunterschiedlichen sozialen und kulturellenSituationen auf dem Planeten. Einmütig-keit in den Antworten ist auch festzustel-len, wenn es um die Gründe der Schwierig-keiten in der Annahme der Lehre der Kir-che geht: die neuen Technologien, die sichverbreitet haben und alles durchdringen;der Einfluss der Massenmedien; die hedo-nistische Kultur; der Relativismus; der Ma-terialismus; der Individualismus; der wach-sende Säkularismus; das Vorherrschen vonAuffassungen, die im egoistischen Sinn zueiner exzessiven Freiheit der Sitten geführthaben; die Zerbrechlichkeit der zwischen-menschlichen Beziehungen; eine Kultur,die endgültige Entscheidungen zurückweistund von einer „flüchtigen Gesellschaft“,vom „ex und hopp“ bestimmt wird, vom„alles, sofort“; Werte, die ihren Grund inder „Wegwerfkultur“ und der „Kultur desVorläufigen“ haben, wie es Papst Franziskushäufig in Erinnerung ruft.

16. Mancher hebt auch die Schwierig-keiten hervor, die ihren Grund darin ha-ben, dass in manchen Ländern über vieleJahre atheistische Ideologien vorherrsch-ten, welche eine Haltung des Misstrauensgegenüber jeder religiösen Lehre geschaffenhaben. Andere Antworten berichten vonden Schwierigkeiten, denen die Kirche imHinblick auf Kulturen begegnet, die vonStammesdenken oder den Traditionen derAhnen geprägt sind. Hier hat die Ehe Cha-rakteristiken, welche sich von der christli-chen Sicht sehr unterscheiden, wenn dieKultur etwa die Polygamie oder andere For-men unterstützt, die dem Ideal von Einheitund Unauflöslichkeit der Ehe entgegenste-hen. Die Christen, die in solchen Kontex-ten leben, brauchen sicher eine starkeUnterstützung von Seiten der Kirche undihrer Gemeinschaften.

Eine bessere Kenntnis desLehramtes fördern17. Viele Antworten erwähnen die Not-

wendigkeit, neue Wege zu finden, um dieLehren der Kirche über Ehe und Familieweiterzugeben. Viel hängt von der Reife derTeilkirche ab, von ihrer Tradition in diesemBereich und den Ressourcen, die vor Orttatsächlich zur Verfügung stehen. Vor allemwird die Erfordernis anerkannt, pastoraleMitarbeiter auszubilden, die in der Lagesind, die christliche Botschaft in einer kul-turell entsprechenden Weise zu vermitteln.Jedenfalls geht aus fast allen Antwortenhervor, dass es auf nationaler Ebene eineKommission für die Familienpastoral undein entsprechendes Direktorium gibt. All-gemein stellen die Bischofskonferenzen dieLehre der Kirche über Dokumente, Sympo-sien und Veranstaltungen vor Ort dar. Aufdiözesaner Ebene arbeitet man darüber hi-naus auch durch verschiedene Organismenund Kommissionen. Sicherlich fehlt esauch nicht an Antworten, welche eineschwierige Situation für die kirchliche Or-ganisation offenbaren, weil finanzielle undpersonelle Ressourcen fehlen, um in be-ständiger Weise eine Katechese über dieFamilie zu organisieren.

18. Viele erinnern daran, dass es ent-scheidend ist, Beziehungen zu entspre-chenden akademischen Zentren aufzu-bauen, welche in doktrinärer, spiritueller

und pastoraler Hinsicht Themen rund umdie Familie behandeln. In einigen Antwor-ten wird von fruchtbaren Verbindungenzwischen Universitäten und Diözesen aufinternationaler Ebene berichtet, auch inRandzonen der Kirche, um im Hinblick aufEhe und Familie eine qualifizierte Bildungzu fördern. Ein Beispiel, das verschiedent-lich in den Antworten zitiert wird, ist dieZusammenarbeit mit dem Päpstlichen Ins-titut Johannes Paul II. für Studien zu Eheund Familie in Rom, mit verschiedenenZweigstellen in der ganzen Welt. Diesbe-züglich erinnern verschiedene Bischofs-konferenzen an die Wichtigkeit, die Intui-tionen des Heiligen Johannes Paul II. hin-sichtlich der Theologie des Leibes zu vertie-fen. Hier eröffnet sich ein fruchtbarer Zu-gang zu den Themen der Familie mit einerexistenziellen und anthropologischen Sen-sibilität, offen für neue Herausforderungen,die unsere Zeit mit sich bringt.

19. Schließlich ist es allgemeine Über-

zeugung, dass sich die Katechese über Eheund Familie heute nicht mehr auf die Vor-bereitung der Paare auf die Ehe beschrän-ken kann. Es geht um eine dynamische, er-fahrungsgestützte Begleitung, die, durchZeugen, die Schönheit dessen zeigt, was dasEvangelium und die Dokumente des Lehr-amtes der Kirche uns über die Familie über-liefern. Schon lange bevor sie sich zur Ehe-schließung anmelden, brauchen die Ju-gendlichen Hilfe, um das kennenzulernen,was die Kirche lehrt, und warum sie eslehrt. Viele Antworten heben die Rolle derEltern bei der speziellen Katechese über dieFamilie hervor. Sie haben im Hinblick aufdie christliche Erziehung der Kinder in Be-ziehung zum Evangelium der Familie eineunersetzliche Rolle. Diese Aufgabe erfordertein tiefes Verständnis ihrer Berufung imLicht der Lehre der Kirche. Ihr Zeugnis istbereits eine lebendige Katechese, nicht nurin der Kirche, sondern auch in der Gesell-schaft.

Kapitel IIIDas Evangelium der Familieund das Naturrecht

Die Verbindung zwischen demEvangelium der Familie und demNaturrecht20. Wenn es um die Annahme der Leh-

re der Kirche zu Ehe und Familie geht, ist eserforderlich, auch das Thema des Natur-rechts im Auge zu behalten. Dies besondersauf Grund der Tatsache, dass sich die lehr-amtlichen Dokumente oft auf dieses Kon-zept beziehen, das heute Schwierigkeitenmit sich bringt. Die Verwunderung, derheute das Konzept des Naturrechts weitläu-fig begegnet, neigt dazu, auch einige Ele-mente der christlichen Lehre zum Themazu problematisieren. Tatsächlich aber istdas, was der Beziehung zwischen demEvangelium der Familie und dem Natur-recht zu Grunde liegt, nicht in erster Liniedie Verteidigung einer abstrakten philoso-phischen Idee, sondern die notwendigeVerbindung, welche das Evangelium mitdem Menschlichen in all seinen histori-

schen und kulturellen Erscheinungsformenherstellt. „Das natürliche Sittengesetz ant-wortet so auf die Anforderung, die Men-schenrechte vernünftig zu begründen, undes macht einen interkulturellen und inter-religiösen Dialog möglich“ (InternationaleTheologenkommission, Auf der Suche nacheiner universalen Ethik. Ein neuer Blick aufdas natürliche Sittengesetz, 35).

Problemanzeige hinsichtlich desNaturrechts heute21. Im Licht dessen, was die Kirche über

die Jahrhunderte hin gelehrt hat, wenn esdarum ging, die Beziehung zwischen demEvangelium der Familie und der jedemMenschen gemeinsamen Erfahrung zu be-denken, können die vielfältigen Problemebetrachtet werden, welche im Hinblick aufdas Thema des Naturrechts in den Antwor-ten auf den Fragebogen hervorgehobenwerden. In der überwiegenden Mehrheitder Antworten und Bemerkungen erscheint

heute in den verschiedenen kulturellenKontexten das Konzept des „Naturrechts”als solches sehr schwierig, wenn nicht garunverständlich. Es handelt sich um einenAusdruck, der verschieden interpretiertoder einfach nicht verstanden wird. Zahl-reiche Bischofskonferenzen sehr unter-schiedlicher Herkunft führen aus, dass zwardie bräutliche Dimension der Beziehungzwischen Mann und Frau allgemein als ge-lebte Realität angenommen, aber nicht ent-sprechend einem für alle gültigen universa-len Gesetz interpretiert werde. Nur einesehr kleine Zahl von Antworten und Be-merkungen hebt ein entsprechendes Ver-ständnis dieses Gesetzes bei den Menschenhervor.

22. Aus den Antworten und Bemerkun-gen geht außerdem hervor, dass das Adjek-tiv „natürlich“ dazu neigt, manchmal imSinne einer subjektiven Bedeutung als„spontan“ interpretiert zu werden. DieMenschen neigen dazu, das Gefühl und dieEmotionalität stärker zu bewerten; diese Di-mensionen erscheinen als „authentisch“und „originär“ und es ist daher „natürlich“,sie zu befolgen. Die zugrundeliegenden an-thropologischen Vorstellungen berufensich einerseits auf die Autonomie dermenschlichen Freiheit, die nicht notwendi-ger Weise an eine objektive natürliche Ord-nung gebunden ist, und andererseits aufdas menschliche Streben nach Glück, dasals Verwirklichung der eigenen Wünscheverstanden wird. Von daher wird das Natur-recht als überwundenes Erbe empfunden.Heute stellt, nicht nur im Westen, sondernzunehmend in allen Teilen der Welt, diewissenschaftliche Forschung eine ernstzu-nehmende Herausforderung für die Vorstel-lung von Natur dar. Wenn sich die Evolu-tion, die Biologie und die Neurowissen-schaft mit der traditionellen Idee des Natur-rechtes befassen, kommen sie zu demSchluss, dass es nicht „wissenschaftlich“ ist.

23. Auch der Begriff der Menschenrech-te wird allgemein als ein Verweis auf dieSelbstbestimmung des Subjektes verstan-den, nicht mehr als in der Idee des Natur-rechts verwurzelt. Diesbezüglich weisenviele darauf hin, dass die Gesetzgebung in

zahlreichen Ländern damit beschäftigt ist,Situationen zu regeln, die im Gegensatz zutraditionellen Bestimmungen des Natur-rechts stehen (zum Beispiel die In-vitro-Fer-tilisation, die gleichgeschlechtlichen Part-nerschaften, die Manipulationen ammenschlichen Embryo, die Abtreibung,usw.). In diesem Zusammenhang stößtman auf die wachsende Verbreitung der alsgender theory bezeichneten Ideologie, ent-sprechend der das gender jedes Individu-ums nur das Ergebnis von Bedingungenund sozialen Bedürfnissen ist. Auf dieseWeise hört es auf, eine Entsprechung in derbiologisch bedingten Sexualität zu haben.

24. Darüber hinaus wird vielfach daraufhingewiesen, dass das, was vom staatlichenGesetz – das immer mehr vom Positivismusbestimmt wird – geregelt wird, in der allge-meinen Mentalität auch moralisch akzep-tabel wird. Das, was „natürlich“ ist, wird zu-nehmend nur vom Individuum und vonder Gesellschaft bestimmt, den einzigenRichtern über die ethischen Entscheidun-gen. Die Relativierung des Begriffs „Natur“spiegelt sich auch im Begriff der stabilen„Dauer“ in Bezug auf die eheliche Bezie-hung wider. Heute wird eine Liebe „fürimmer“ nur im Zusammenhang dessen ver-standen, wie lange sie tatsächlich dauernkann.

25. Einerseits stehen wir vor dem Ver-lust der Bedeutung von „Naturrecht“. An-dererseits aber heben verschiedene Bi-schofskonferenzen aus Afrika, Ozeanienund Ostasien hervor, dass in einigen Regio-nen die Polygamie als „natürlich“ empfun-den wird, so wie es auch „natürlich“ ist, je-ne Frau zurückzuweisen, die nicht in derLage ist, ihrem Mann Kinder – oder männ-liche Kinder – zu schenken. Mit anderenWorten scheint das Naturrecht von dergegenwärtigen Kultur nicht mehr als uni-versal empfunden zu werden, da kein ge-meinsames Bezugssystem mehr besteht.

26. Aus den Antworten geht die allge-meine Überzeugung hervor, dass die tat-sächliche Unterscheidung der Geschlechtereine natürliche Grundlage im Sein desMenschen hat. Auf Grund der Tradition,der Kultur und der Institutionen bestehtder Wunsch, die Gemeinschaft von Mannund Frau zu bewahren. Das Naturrechtwird also „faktisch“ von den Gläubigen all-gemein angenommen, auch ohne die Not-wendigkeit einer theoretischen Begrün-dung. Da die schwindende Bedeutung desNaturrechts dazu neigt, das Band zwischenLiebe, Sexualität und Fruchtbarkeit, die alsWesen der Ehe verstanden werden, zu lo-ckern, werden viele Aspekte der Sexualmo-ral der Kirche heute nichtmehr verstanden.Darauf bezieht sich auch eine gewisse Kritikdes Naturrechts von Seiten einiger Theolo-gen.

Praktische Opposition gegen dasNaturrecht bezüglich der Verbindungvon Mann und Frau27. Ausgehend davon, dass heute im

akademischen Bereich selten auf das Natur-recht Bezug genommen wird, liegt diegrößte Opposition in der hohen Schei-dungsrate, in der Empfängnisverhütung, inder künstlichen Befruchtung, in den gleich-geschlechtlichen Lebensgemeinschaften.Bei den ärmeren und weniger vom westli-chen Gedankengut beeinflussten Völkern –besonders gilt dies für einige afrikanischeStaaten – werden andere Widersprüchegegen dieses Gesetz festgestellt wie das Phä-nomen des machismo, der Polygamie, derEhen unter Minderjährigen, der Scheidungwegen Unfruchtbarkeit, oder wegen desMangels an männlichen Nachkommen,aber auch des Inzests und andere abwei-chende Praktiken.

28. In fast allen Antworten, einschließ-lich der Bemerkungen, wird die wachsendeZahl der „erweiterten“ Familien festgestellt,welche vor allem durch das Vorhandenseinvon Kindern von verschiedenen Partnernzustande kommen. In der westlichen Ge-sellschaft gibt es inzwischen auch zahlrei-che Fälle, in denen die Kinder nicht nur beigetrennt lebenden oder geschiedenen El-tern, die wiederverheiratet sind oder nicht,leben, sondern auch bei Großeltern, diesich in der gleichen Situation befinden. Da-rüber hinaus wurde, besonders in Europaund Nordamerika (aber auch in den west-asiatischen Ländern) eine rasch wachsendeZahl ehelicher Gemeinschaften festgestellt,die nicht offen sind für die Weitergabe desLebens, sowie von Einzelnen, die ihr Lebenals Singles organisieren. Auch die Eineltern-familien sind in deutlichem Wachstum. Inden gleichen Kontinenten lässt sich auchein rapid ansteigendes Heiratsalter feststel-len. Vielfach, besonders in Nordeuropaund Nordamerika, werden die Kinder alsein Hindernis für den Wohlstand des Ein-

zelnen und des Paares betrachtet.29. Einer Erwähnung wert ist auch die

vor allen in einigen Bereichen Asiens be-stehende Bestrebung, im staatlichen Be-reich so genannte Vielpersonenverbindun-gen zwischen Personen verschiedenen Ge-schlechts und geschlechtlicher Orientie-rung anzuerkennen, die nur an den eige-nen Bedürfnissen und Notwendigkeitenausgerichtet sind. Zusammenfassend gehtdie Tendenz dahin, die individuelle Freiheitohne Kompromiss zu unterstreichen: dieMenschen „schaffen“ sich, allein auf derGrundlage der eigenen Wünsche. Das, vondem man meint, dass es immer natürlicherwird, ist vor allen Dingen die Selbstbezüg-lichkeit, wenn es darum geht, die eigenenBedürfnisse und Wünsche zu leben. Dazutragen stark der ununterbrochene Einflussder Massenmedien sowie der Lebensstil bei,den bestimmte Persönlichkeiten aus Sportund Film zur Schau stellen. Diese Aspektebleiben auch in den Ländern nicht ohneEinfluss, in denen die traditionelle Fami-lienkultur mehr Bestand zu haben scheint(Afrika, mittlerer Orient, Südasien).

Wünschenswerte Erneuerungder Sprache30. Das Erfordernis, das dem traditio-

nellen Gebrauch des Begriffs Naturrecht zuGrunde liegt, drängt dazu, den Sprachge-brauch und den Bezugsrahmen zu verbes-sern, damit dieWerte des Evangeliums demMenschen von heute verständlich vermit-telt werden können. Aus der großen Mehr-heit der Antworten und nochmehr aus denBemerkungen geht die Notwendigkeit her-vor, entschieden mehr Nachdruck auf dieRolle des Wortes Gottes als herausragendesMittel in der Konzeption des Ehe- und Fa-milienlebens zu legen. Stärkere Bezüge aufdie biblischeWelt, ihre Sprache und ihre Er-zählformen werden empfohlen. In diesemZusammenhang ist es sinnvoll, den Vor-schlag zu unterstreichen, die biblisch inspi-rierte Vorstellung von der Schöpfungsord-nung zu thematisieren und zu vertiefen.Darin könnte eine Möglichkeit liegen, ineiner existenziell bedeutenderen Weise derBedeutung des Naturrechts auf die Spur zukommen (vgl. die Idee des ins Herz ge-schriebenen Gesetzes, Röm 1,19–21 und2,14–15). Auch das Bestehen auf eine zu-gängliche Sprache, wie zum Beispiel die inder Liturgie verwandte Symbolsprache,wird erwähnt. Darüber hinaus wird eineAufmerksamkeit auf die Welt der Jugendli-chen empfohlen, die auch im Hinblick aufdiese Themen als direkter Gesprächspart-ner anzunehmen ist.

Kapitel IVDie Familie und die Berufungdes Menschen in Christus

Die Heilige Familie, die Personund die Gesellschaft31. Im Volk Gottes wird die Familie als

in ein unschätzbares Gut anerkannt, als na-türliches Umfeld für das Wachstum des Le-bens, als Schule der Menschlichkeit, derLiebe und der Hoffnung für die Gesell-schaft. Sie bleibt weiterhin der bevorzugteOrt, an dem Christus das Geheimnis unddie Berufung des Menschen offenbart. Ne-ben der allgemein geteilten Bestätigungdieser Grundtatsache hebt die große Mehr-zahl der Antworten hervor, dass die Familiedieser bevorzugte Ort sein kann und lässtdabei durchblicken, wenn es nicht manch-mal ausdrücklich gesagt wird, dass eine be-sorgniserregende Distanz besteht zwischender Familie, wie sie heute lebt, und der dies-bezüglichen Lehre der Kirche. Objektiv be-findet sich die Familie in einer schwierigenLage, inmitten komplexer Wirklichkeiten,Geschichten und Leiden, welche einenbarmherzigen und verständnisvollen Zu-gang erfordern. Dieser Zugang ist es, wel-cher es der Kirche ermöglicht, die Familien,so wie sie wirklich sind, zu begleiten, undvon da her das Evangelium der Familie ent-sprechend ihren besonderen Erfordernis-sen zu verkünden.

32. In den Antworten wird anerkannt,dass die Familie innerhalb der Gesellschaftüber viele Jahrhunderte eine wichtige Rollegespielt hat: sie ist nämlich der erste Ort, andem sich der Mensch in der Gesellschaftund für die Gesellschaft bildet. Sie ist alsnatürlicher Ort der Entwicklung der Personanerkannt, und daher auch als Grundlageder Gesellschaft und des Staates. Zusam-menfassend wird sie als „erste menschlicheGesellschaft“ bezeichnet. Die Familie ist derOrt, woWerte wie Geschwisterlichkeit, Auf-richtigkeit, Liebe zur Wahrheit und zurArbeit, der Respekt und die Solidarität

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Die Tagespost Samstag, 28. Juni 2014 Nr. 76 / Nr. 26 ASZ Kirche aktuell 9

Die kirchliche Trauung braucht eine gute und intensive Vorbereitung. Es geht um ein Sakrament, nicht um ein schönes Fest. Foto: dpa

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II. TEILDIE FAMILIENPASTORALANGESICHTS NEUERHERAUSFORDERUNGEN

Kapitel IDie Familienpastoral:bestehende Möglichkeiten

Die Verantwortung der Hirten undcharismatische Gaben in derFamilienpastoral50. Im pastoralen Einsatz für die Familie

ist eine interessante Gegenseitigkeit zwi-schen der Verantwortung der Hirten undden verschiedenen Charismen und Diens-ten in der kirchlichen Gemeinschaft zu be-obachten. Wenn es zu dieser Synergiekommt, werden die positivsten Erfahrun-gen gemacht. Angesichts des Einsatzes vie-ler Schwestern und Brüder in der Familien-pastoral werden neue Formen der wirksa-men Gegenwart der Kirche vorstellbar, dieden Mut hat, „aus sich herauszugehen“,weil sie vom Geist beseelt ist. Um diesenReichtum darzustellen, konzentrieren wiruns auf einige Themen, und stellen die ver-schiedenen Initiativen und dieModalitätenvor, die in den eingegangenen Antwortenerwähnt werden.

Die Ehevorbereitung51. ImHinblick auf die Ehevorbereitung

kommen aus den unterschiedlichen Konti-nenten sehr ähnliche Antworten. Es gibthäufig Kurse in den Pfarreien, Seminareund Einkehrtage für Paare, bei denen nebenden Priestern auch verheiratete Paare mitkonsolidierter Erfahrung im Bereich derFamilie mitwirken. Die Ziele dieser Kursesind: die Förderung der Beziehung des Paa-res im Bewusstsein und der Freiheit derWahl; die Kenntnis der menschlichen, bür-gerlichen und christlichen Verpflichtun-gen; die Wiederaufnahme der Katecheseder Initiation mit einer Vertiefung über dasEhesakrament; die Ermutigung des Paareszur Teilnahme am gemeinschaftlichen undsozialen Leben.

52. Einige Antworten bemerken, dassdie Brautleute in vielen Fällen diesen Kur-sen wenig Beachtung schenken. Vielfachversucht man deshalb, eine differenzierteKatechese zu fördern: für die Jugendlichen,auch vor der Verlobung; für die Eltern derBrautleute; für schon verheiratete Paare; fürgetrennt Lebende; zur Vorbereitung auf dieTaufe; für die Kenntnis der pastoralen Do-kumente der Bischöfe und des Lehramtesder Kirche. In einigen Ländern gibt es rich-tiggehende Schulen für die Vorbereitungauf das Eheleben, die vor allen Dingen aufden Unterricht und die Förderung der Frauausgerichtet sind. Anders sieht es in denGegenden aus, in denen eine starke Säkula-risierung herrscht und wo man eine wach-sende kulturelle Distanz der Paare von derLehre der Kirche feststellt. Die besonderslangen Kurse werden nicht immer gut an-genommen. In den Ehevorbereitungskur-sen werden die Brautleute normalerweisemit den Methoden der natürlichen Rege-lung der Fruchtbarkeit vertraut gemacht.Dieser Vorschlag wird dem Zeugnis einesPaares anvertraut.

53. Einige Bischofskonferenzen bekla-gen, dass die Paare sich erst im letzten Mo-ment melden, wenn der Termin der Hoch-zeit schon feststeht. Dies auch dann, wennim konkreten Fall besondere Aufmerksam-keit erforderlich wäre, wie zum Beispiel beider Kultusverschiedenheit (ein getaufter,ein ungetaufter Partner) oder bei einerschwachen christlichen Bildung. AndereBischofskonferenzen erinnern daran, dassdie Ehevorbereitung in den letzten Jahr-zehnten verbessert wurde und man immermehr versucht, aus den Kursen Wegstre-cken zu machen, an denen Priester undBrautleute beteiligt werden. Es wird hervor-gehoben, dass die Inhalte der Kurse in denletzten Jahren eine entscheidende Verände-rung erfahren haben: von einem Pro-gramm, das nur auf das Sakrament zielte, istman zu einer Erstverkündigung des Glau-bens übergegangen.

54. In vielen Teilen der Welt gibt es lo-benswerte Initiativen der Ehevorbereitung:„neue Gemeinschaften“ fördern Einkehrta-ge, persönliche Treffen, Gebetsgruppen,Gruppen zum Studium und zum Aus-tausch, Wallfahrten, Festivals, nationaleund internationale Kongresse der Familie.Es wird aber dennoch festgestellt, dass dieseVorbereitungsveranstaltungen häufig alsPflichtveranstaltungen empfunden werdenund nicht als eine frei zu ergreifende Mög-lichkeit des Wachstums. Ein weiterer wich-

unter den Generationen, sowie die Kunstder Kommunikation und der Freude ver-mittelt und von den ersten Lebensjahrenan gelernt werden können. Sie ist der be-vorzugte Ort, wo die Rechte des Mannesund der Frau gelebt und gefördert werden.Die auf der Ehe gegründete Familie stelltdas Umfeld einer umfassenden Bildung derzukünftigen Bürger eines Landes dar.

33. Eine der großen Herausforderungender Familie heute besteht im Versuch, sie zuprivatisieren. Es besteht die Gefahr zu ver-gessen, dass die Familie „die grundlegendeZelle der Gesellschaft ist, der Ort, wo manlernt, in der Verschiedenheit zusammenzu-leben und anderen zu gehören“ (EG 66). Esgeht darum, eine offene Vorstellung derFamilie als Quelle sozialer Werte, das heißtwesentlicher Tugenden für das gemeinsa-me Leben, zu entwickeln. In der Familielernt man, was das Gemeinwohl ist, dennin ihr kann man die Schönheit des Zusam-menlebens erfahren. Ohne die Familiekann der Mensch nicht aus seinem Egois-mus heraustreten, denn nur in ihr lerntman die Kraft der Liebe, die ein Leben trägt.„Ohne eine verlässliche Liebe könntenichts die Menschen wirklich geeint hal-ten. Die Einheit zwischen ihnen wäre nurdenkbar als eine Einheit, die auf Nützlich-keit, auf die Zusammenlegung der Inte-ressen oder auf Angst gegründet ist, abernicht auf das Gut des Miteinanders und aufdie Freude, die die bloße Gegenwart des an-deren hervorrufen kann“ (LF 51).

34. Es ist an der Zeit, darüber nachzu-denken, was es heute heißt, eine Pastoralfördern zu wollen, die in der Lage ist, dieBeteiligung der Familie in der Gesellschaftanzuregen. Die Familien sind nicht nur Ob-jekt des staatlichen Schutzes, sondern müs-sen ihre Rolle als soziale Subjekte wieder ge-winnen. In diesem Zusammenhang stehendie Familien vor vielen Herausforderungen:die Beziehung zwischen der Familie undder Welt der Arbeit, zwischen Familie undErziehung, zwischen Familie und Gesund-heitswesen; die Fähigkeit, die Generationenauf eineWeise untereinander zu einen, dassdie Jugendlichen und die Alten nicht sichselbst überlassen werden; die Entwicklungeines Familienrechts, das den besonderenBeziehungen in der Familie Rechnungträgt; die Förderung gerechter Gesetze, wiederjenigen, die den Schutz des menschli-chen Lebens von der Empfängnis an garan-tieren und solcher, welche die soziale Nütz-lichkeit der echten Ehe zwischen Mannund Frau fördern.

Nach dem Bild des Lebensder Dreifaltigkeit35. Eine gewisse Zahl von Antworten

hebt das Bild der Dreifaltigkeit hervor, dassich in der Familie widerspiegelt. Die Erfah-rung der gegenseitigen Liebe der Eheleutehilft dabei, das Leben der Dreifaltigkeit alsLiebe zu verstehen: durch die in der Familiegelebte Gemeinschaft können die Kinderein Bild der Dreifaltigkeit erkennen. Kürz-lich hat der Heilige Vater bei seiner Kateche-se über die Sakramente daran erinnert:„Wenn ein Mann und eine Frau das Sakra-ment der Ehe feiern, dann spiegelt Gottsich sozusagen in ihnen wider, prägt in siedie eigenen Züge und den unauslöschli-chen Charakter seiner Liebe ein. Die Ehe istdas Bild der Liebe Gottes zu uns. Denn auchGott ist Gemeinschaft: Die drei Personendes Vaters, des Sohnes und des HeiligenGeistes leben seit jeher und für immer invollkommener Einheit. Und eben das istdas Geheimnis der Ehe: Gott macht ausden beiden Eheleuten eine einzige Exis-tenz“ (Generalaudienz am 2. April 2014).

Die Heilige Familie von Nazarethund die Erziehung zur Liebe36. Fast einhellig wird in den Antworten

die Bedeutung der Familie von Nazareth alsModell und Beispiel der christlichen Fami-lie unterstrichen. Das Geheimnis derMenschwerdung des Wortes im Schoßeiner Familie offenbart uns, dass sie ein be-vorzugter Ort der Offenbarung Gottes anden Menschen ist. Tatsächlich wird an-erkannt, dass die Familie der normale undalltägliche Ort der Begegnung mit Christusist. Das christliche Volk schaut auf dieFamilie von Nazareth als Beispiel der Bezie-hung und der Liebe, als Bezugspunkt für je-de familiäre Realität und als Trost in der Be-drängnis. Die Kirche wendet sich an dieFamilie von Nazareth, um ihr die Familienin ihren konkreten Realitäten der Freude,der Hoffnung und des Schmerzes anzuver-trauen.

37. In den eingegangenen Antwortenwird die Bedeutung der in der Familie ge-lebten Liebe hervorgehoben. Sie wird alswirksames „Zeichen der lebendigen Liebe

Gottes“, sowie als „Heiligtum des Lebensund der Liebe“ bezeichnet. Die erste Erfah-rung von Liebe und Beziehung ereignetsich in der Familie: es wird die Notwendig-keit unterstrichen, dass jedes Kind in derWärme und in der schützenden Sorge derEltern leben kann, in einem Haus, in demder Friede wohnt. Die Kinder müssen spü-ren können, dass Jesus bei ihnen ist und sienie allein sind. Die Einsamkeit der Kinderauf Grund der Lockerung familiärer Bezie-hungen besteht besonders in einigen Re-gionen der Erde. Auch die Strafen müssendarauf abzielen, dass sichergestellt wird,dass die Kinder in einem familiären Umfeldheranwachsen können, wo die Liebe gelebtwird und die Eltern ihre Berufung verwirk-lichen, Mitarbeiter Gottes in der Entwick-lung der Menschheitsfamilie zu sein.

38. Mit Nachdruck wird der formativeWert unterstrichen, die die in der Familiegelebte Liebe nicht nur für die Kinder, son-dern für alle ihre Glieder hat. So wird dieFamilie bezeichnet als „Schule der Liebe“,„Schule der Gemeinschaft“, „Übungsfeldfür Beziehungen“, als herausragender Ort,an dem man lernt, echte Beziehungen zuknüpfen, welche der Entwicklung des Men-schen bis hin zur Fähigkeit der Selbsthinga-be helfen. Einige Antworten heben hervor,dass die Kenntnis des Geheimnisses undder Berufung der menschlichen Person mitder Anerkennung und der Annahme derverschiedenen Gaben und Fähigkeiten je-des Einzelnen in der Familie zusammen-hängt. Hieraus geht die Idee der Familie als„erste Schule der Menschlichkeit“ hervor:darin ist sie unersetzlich.

Verschiedenheit, Gegenseitigkeitund Stil des Familienlebens39. Die Rolle der Eltern als erste Erzieher

im Glauben wird als vital und wesentlichangesehen. Nicht selten wird der Schwer-punkt auf das Zeugnis ihrer Treue und be-sonders auf die Schönheit ihrer Verschie-denheit gelegt. Manchmal wird lediglichdie Wichtigkeit der verschiedenen Rollenvon Vater und Mutter betont. In anderenFällen werden das Positive ihrer Freiheit,der Gleichheit von Mann und Frau undihre Gegenseitigkeit, wie auch die Notwen-digkeit hervorgehoben, beide Eltern sowohlan der Erziehung der Kinder als auch beiden Hausarbeiten zu beteiligen. Dies findetsich in einigen Antworten, besonders indenjenigen aus Europa.

40. In Bezug auf die Verschiedenheitwird manchmal auch der Reichtum derUnterschiede zwischen den Generationenunterstrichen, wie sie in der Familie erfahr-bar sind, innerhalb derer man entscheiden-de Momente wie Geburt und Tod, Erfolgeund Misserfolge, erreichte Ziele und Ent-täuschungen, erlebt. Durch diese und an-dere Ereignisse wird die Familie zu demOrt,an dem die Kinder im Respekt vor dem Le-ben wachsen, in der Ausbildung ihrer Per-sönlichkeit, durch die verschiedenen Sta-dien des Daseins hindurch.

41. Beharrlich wird in den Antwortendie Bedeutung des mitgeteilten Glaubensunterstrichen. Er muss bei den Eltern zumAusdruck kommen, angefangen vom Stilihres Lebens als Paar und in ihrer Bezie-hung zu ihren Kindern, aber auch durchdie Mitteilung ihrer Kenntnis und ihres Be-wusstseins Christi, der – wie immer wieder-holt wird – im Zentrum der Familie stehenmuss. Auf diese Weise können die Eltern imKontext einer pluralen Gesellschaft ihren

Kindern eine grundlegende Orientierungfür ihr Leben geben, die sie auch nach derKindheit tragen kann. Daher wird die Not-wendigkeit betont, Zeiten und Orte zuschaffen, um in der Familie zusammen zusein sowie die Erfordernis einer offenenund aufrichtigen Kommunikation in einembeständigen Dialog.

42. Einstimmig wird dieWichtigkeit desGebetes in der Familie, der Hauskirche (vgl.LG 11) unterstrichen, wo es gilt, eine echte„Kultur des Familiengebetes“ zu pflegen.Die echte Kenntnis Jesu Christi wird ja inder Familie durch das persönliche Gebetund besonders durch das Familiengebet ge-fördert, je nach den spezifischen Formenund den Hausbräuchen, welche als wirksa-mes Mittel für die Weitergabe des Glaubensan die Kinder betrachtet werden. GroßerWert wird auch auf die gemeinsame Schrift-lesung gelegt, aber auch auf andere Formendes Gebetes, wie das Tischgebet und denRosenkranz. Zugleich wird aber betont,dass die Hauskirche Familie die Gemein-schaft der Pfarrei nicht ersetzen kann; darü-ber hinaus wird die Bedeutung der Teilnah-me der Familie am sakramentalen Leben,an der sonntäglichen Eucharistiefeier undan den Sakramenten der christlichen Initia-tion unterstrichen. In einigen Antwortenwird auch die Bedeutung des Bußsakra-mentes und der Marienverehrung hervor-gehoben.

Familie und umfassendeEntwicklung43. Des Weiteren wird die Bedeutung

der Familie für die umfassende Entwick-lung hervorgehoben: die Familie ist grund-legend im Hinblick auf jene affektiven undkognitiven Prozesse, die für die Strukturie-rung der Person entscheidend sind. Als le-bendiges Umfeld, in dem sich die Personformt, ist die Familie auch die Quelle, ausder das Bewusstsein geschöpft wird, KinderGottes und daher zur Liebe berufen zu sein.Auch andere Umstände, wie das soziale Zu-sammenleben, die Welt der Arbeit, die Poli-tik, das kirchliche Leben, tragen zumWachstum der Person bei; es wird aller-dings anerkannt, dass die in der Familie an-geeigneten menschlichen Grundlagen eserlauben, auf weitere Ebenen der Sozialisie-rung und der Strukturierung vorzudringen.

44. Wie viele Antworten anmerken, istdie Familie täglich mit vielen Schwierigkei-ten und Problemen konfrontiert. Einechristliche Familie zu sein, bringt nichtautomatisch die Immunität gegenübermanchmal tiefen Krisen mit sich, durchwelche die Familie selber aber wachsenkann und es auf diese Weise, mit der Unter-stützung pastoraler Begleitung, erreicht,ihre ursprüngliche Berufung im Plan Got-tes zu erkennen. Die Familie ist eine schon„gegebene“ und von Christus gesicherteRealität. Gemeinsam ist sie jeden Tag mitGeduld, Verständnis und Liebe „aufzu-bauen“.

Den neuen Wunsch nach Familieund die Krisen begleiten45. Ein wichtiges Ergebnis, das aus den

Antworten hervorgeht, ist, dass auch ange-sichts sehr schwieriger Situationen vieleMenschen, vor allem junge, den Wert desstabilen und dauerhaftes Bandes erkennen.Es handelt sich hier um eine echte Sehn-sucht nach Ehe und Familie, in denen einetreue und unauflösliche Liebe gelebt wer-den können, die für das menschliche und

geistliche Wachstum Ausgeglichenheit ge-währleistet. Der „Wunsch nach Familie“stellt sich als ein echtes Zeichen der Zeitdar, das es als pastorale Möglichkeit anzu-nehmen gilt.

46. Es ist notwendig, dass sich die Kir-che der Familien annimmt, die in der Kriseoder im Stress leben; dass die Familie wäh-rend des ganzes Lebenszyklus begleitetwird. Die Qualität der Beziehungen inner-halb der Familie muss eine der Hauptsorgender Kirche sein. Die erste Unterstützung er-eignet sich in einer Pfarrei, die als Familievon Familien lebt, die das zentrale Prinzipeiner erneuerten Pastoral darstellen, welcheals Aufnahme und Begleitung gestaltetwird, und in der Barmherzigkeit und Zärt-lichkeit gelebt werden. Auf die Wichtigkeitpfarrlicher Organisationen zur Unterstüt-zung der Familien wird hingewiesen.

47. In einigen Fällen besteht darüber hi-naus die dringende Notwendigkeit, Situa-tionen zu begleiten, in denen die familiä-ren Bande durch häusliche Gewalt bedrohtsind. Das unterstützende Eingreifen sollzum Ziel haben, die erlittenen Wunden zuheilen, und die Ursachen zu beseitigen, diesie hervorgerufen haben. Wo Missbrauch,Gewalt und Verlassen vorherrschen, kannes weder Wachstum noch irgendein Erken-nen des eigenen Wertes geben.

48. Schließlich wird die Bedeutung derengen Zusammenarbeit zwischen den Fa-milien/Häusern und der Pfarrei in der Sen-dung der Evangelisierung genauso unter-strichen wie die Notwendigkeit der aktivenBeteiligung der Familien am pfarrlichen Le-ben durch subsidiäre Tätigkeiten und Soli-darität zumWohl anderer Familien. Diesbe-züglich wird die wertvolle Hilfe von Fami-liengemeinschaften erwähnt. Im Hinblickauf die Unterstützung kann auch die Zuge-hörigkeit zu Bewegungen und Vereinigun-gen von besonderer Bedeutung sein.

Eine beständige Ausbildung49. Mit großer Häufigkeit wird die Not-

wendigkeit einer Familienpastoral unter-strichen, welche auf eine beständige undsystematische Ausbildung im Hinblick aufdenWert der Ehe als Berufung und dieWie-derentdeckung der Elternschaft (Vater-schaft und Mutterschaft) als Gabe abzielt.Die Begleitung des Paares darf sich nichtauf die Ehevorbereitung beschränken. Dies-bezüglich wird – darüber hinaus – auch dieNotwendigkeit unterstrichen, die Art undWeise zu überdenken. Das Bedürfnis einerbeständigeren und gezielteren Bildungwird dagegen hervorgehoben; und zwar inbiblischer, theologischer, spiritueller, aberauch menschlicher und existenzieller Hin-sicht. Es wird an die Notwendigkeit erin-nert, dass die Katechese eine intergeneratio-nale Dimension annehmen soll, indem dieEltern aktiv amWeg der christlichen Initia-tion ihrer Kinder beteiligt werden. In eini-gen Antworten wird auf eine besonderePflege der liturgischen Feste hingewiesen,wie etwa die Weihnachtszeit und vor allemdas Fest der Heiligen Familie. Dies sindwertvolle Gelegenheiten, um die Bedeu-tung der Familie zu zeigen und denmenschlichen Kontext zu erfassen, in demJesus aufgewachsen ist, in dem er gelernthat, zu sprechen, zu lieben, zu beten und zuarbeiten. Es wird empfohlen, da wo esmög-lich ist, auch von staatlicher Seite, denSonntag als Tag des Herrn zu bewahren; alsTag, an dem die Begegnung in der Familieund mit anderen Familien gefördert wird.

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10 Kirche aktuell Die Tagespost Samstag, 28. Juni 2014 Nr. 76 / Nr. 26 ASZ

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Der Eheringe: Zeichen der Liebe und der Treue. Was Gott verbunden hat, darf der Menschnicht trennen, heißt es im Evangelium. Foto: dpa

tiger Moment ist sicher das Ehevorberei-tungsgesprächmit dem Pfarrer oder seinemBeauftragten, das für alle Brautpaare eineNotwendigkeit ist. Oft beklagen es die Ant-worten, dass dieser Moment nicht ausrei-chend als Gelegenheit für eine vertiefte Dis-kussion genutzt wird, sondern eher einerein formale Veranstaltung bleibt.

55. In vielen Antworten wird berichtet,dass versucht wird, in den Kursen neueThemen vorzuschlagen, wie etwa die Fähig-keit, dem Partner zuzuhören, das ehelicheSexualleben, die Konfliktlösung. In einigenKontexten, die von vorwiegend maskuli-nen kulturellen Traditionen geprägt sind,wird der fehlende Respekt gegenüber derFrau festgestellt, was dazu führt, dass diekonkrete Ehe in einer Weise gelebt wird,welche der Gegenseitigkeit zwischen zweigleich würdigen Subjekten nicht ent-spricht. Aus einigen Bereichen, die in derVergangenheit von atheistischen Diktatu-ren beherrscht wurden, und in denen häu-fig die fundamentalen Kenntnisse desGlaubens fehlen, werden neue Formen derVorbereitung der Brautleute berichtet, wieEinkehrtage an den Wochenenden, Aktivi-täten in kleinen Gruppen, in die Zeugnisseverheirateter Paare integriert werden. Esgibt auch diözesane Familientage, sowieKreuzwege und Exerzitien für die Familien.

56. Einige Antworten heben hervor,dass es in manchen vor allem multireligiö-sen und multikonfessionellen Gebieten ei-nige besondere Aspekte zu berücksichtigengilt, wie etwa die beachtliche Zahl anMischehen oder Ehen mit Kultusverschie-denheit. Das erfordert eine entsprechendeVorbereitung der Priester, um diese Paarebegleiten zu können. In den osteuropäi-schen Diözesen sucht man im Hinblick aufdie Vorbereitung der Mischehen das Ge-spräch mit den orthodoxen Kirchen. Esgibt interessante Zeugnisse, die von Diöze-santagen berichten, mit der Anwesenheitdes Bischofs und dem Zeugnis von Paaren,die reif imGlauben sind.Man versucht, Ge-legenheiten zu schaffen, um Familien inBeziehung zu bringen, mit den älteren Paa-ren ins Gespräch zu kommen, Initiativenim Bereich der biblischen Kultur und Mög-lichkeiten des Gebetes für die Brautleutewertzuschätzen. Reifere Paare sind „Paten“für die jüngeren Paare, die sich auf die Ehevorbereiten.

Volksfrömmigkeit undFamilienspiritualität57. Aus den eingegangenen Antworten

geht die Notwendigkeit hervor, zur Unter-stützung der Familie die verschiedenen For-men der Volksfrömmigkeit, wie sie in denKontinenten verbreitet sind, zu bewahrenund zu fördern. Ungeachtet dessen, dass Fa-milien auseinanderfallen, haben die Ma-rienverehrung, die Feste der Gemeinschaft,der Heiligen des Ortes als Gelegenheiten,welche die Familie zusammenführen, ihreBedeutung. Neben dem Gebet des Rosen-kranzes ist in einigen Gegenden auch derAngelus üblich; eine gewisse Bedeutung hatdie peregrinatio Mariae, das Weitergebeneiner Ikone oder Statue der Madonna voneiner Familie zur anderen, von einem Hauszum anderen. Der Wert der „Pilgerschaftdes Evangeliums“ ist immer noch in Erin-nerung. Hier werden eine Ikone und dieHeilige Schrift in der Familie mit der Ver-pflichtung aufgestellt, für eine bestimmteZeit regelmäßig gemeinsam die Bibel zu le-sen und zu beten. Es wird festgestellt, dasszwischen den Familien, welche diese Fröm-migkeitsformen oder die „Familienwall-fahrt“ praktizieren, starke Beziehungen derFreundschaft und der Gemeinschaft wach-sen. Viele weisen auch auf die Wichtigkeithin, das gemeinsame Stundengebet, die Le-sung der Psalmen und anderer Texte derHeiligen Schrift zu fördern. Manchmalwird auch das spontane, mit eigenen Wor-ten verrichtete Gebet des Dankes oder derVergebung empfohlen. In einigen Ländernwird das Gebet für die verschiedenen Le-bensumstände hervorgehoben: aus Anlassdes Jahrestages der Taufe, der Hochzeit unddes Todes. Mancher weist darauf hin, dassdas Gebet in der Familie häufig auf Reisen,während der Arbeit oder in der Schule ver-richtet wird. In manchen Ländern werdendabei Radio oder Fernsehen verwendet.Schließlich wird auch auf den hilfreichenBeitrag verwiesen, den die Familien durchnahegelegene Klöster erhalten. Dadurchwird eine Beziehung der Komplementaritätzwischen den Berufungen zur Ehe und zumOrdensleben hergestellt. Gleiches gilt auchfür die Beziehung zwischen Eheleuten undPriestern in ihren jeweiligen Funktionen.

Die Unterstützung derFamilienspiritualität

58. Viele Bischofskonferenzen habenZeugnis darüber abgelegt, wie die Teilkir-chen durch ihre Pastoral die Spiritualitätder Familie unterstützen. Von den geistli-chen Bewegungen geht in unserer Zeit einbesonderer Beitrag zur Förderung einer au-thentischen und wirksamen Familienpas-toral aus. In denGemeinschaften der Chris-ten lassen sich sehr unterschiedliche kirch-liche Situationen und differenzierte Zuge-hensweisen feststellen. Was deutlich wird,ist die Tatsache, dass die Teilkirchen hierwirkliche Ressourcen finden müssen, nichtnur um vereinzelte Initiativen für die Paarezu fördern, sondern um Maßnahmen derFamilienpastoral zu entwickeln, die unsererZeit entsprechen. Einige Beiträge habenhervorgehoben, wie es in vielen Diözesengelingt, spezielle Programme zu fördern,eine Fortbildung für Paare, die in der Lagesind, andere Paare zu unterstützen und eineReihe von Initiativen, um eine echte Fami-lienpastoral zu fördern. Manche merkenan, dass die Gemeinden vor Ort, die Bewe-gungen und die religiösen Vereine zuselbstreferenziell sind und in der Gefahrstehen, in den Dynamiken der Pfarrei oderdes Vereins steckenzubleiben. Daher ist eswichtig, dass diese Realitäten den ganzenkirchlichen Horizont in missionarischer

Perspektive im Blick behalten, um der Ge-fahr der Selbstbezüglichkeit zu entgehen.Die Familien, die zu diesen Gemeinschaf-ten gehören, verrichten ein lebendigesApostolat und haben viele andere Familienevangelisiert. Ihre Mitglieder haben einglaubwürdiges Zeugnis für ein treues Ehele-ben, gegenseitige Wertschätzung und Ein-heit, Offenheit für das Leben abgelegt.

Das Zeugnis der Schönheit derFamilie59. Ein Schlüsselpunkt für eine authen-

tische und wirksame Familienpastoralscheint schließlich das Zeugnis des Paareszu sein. Dieser Beitrag wurde in allen Ant-worten erwähnt. Wesentlich erscheint hiernicht nur ein mit den Prinzipien der christ-lichen Familie in Einklang stehendes Zeug-nis, sondern auch ein Zeugnis der Schön-heit und der Freude, die denjenigen ge-schenkt wird, die in Ehe und Familie dieVerkündigung des Evangeliums anneh-men. Auch in der Familienpastoral bestehtdas Bedürfnis, die via pulchritudinis zu ge-hen, das heißt denWeg den Zeugnisses, dasvoll ist von der Anziehungskraft einer imLicht des Evangeliums und in beständigerEinheit mit Gott gelebten Familie. Es gehtdarum, auch im Familienleben zu zeigen,dass „an ihn glauben und ihm nachfolgennicht nur etwas Wahres und Gerechtes,sondern etwas Schönes ist, das sogar inmit-ten von Prüfungen das Leben mit neuemGlanz und tiefemGlück erfüllen kann“ (EG167).

60. Einige Bischofskonferenzen weisendarauf hin, dass unter den Jugendlichen,auch wenn in vielen Gegenden das Gelin-gen von Ehe und Familie nicht mehr selbst-verständlich ist, dennoch eine hohe Wert-schätzung gegenüber den Eheleuten zu be-obachten ist, die auch nach vielen Ehejah-ren noch entschieden ein von Liebe undTreue geprägtes Leben führen. Auch des-halb feiert man in vielen Diözesen in An-wesenheit des Bischofs Jubiläen und Festedes Dankes für die Eheleute, die auf vieleEhejahre zurückblicken. In der gleichen Li-

nie wird das besondere Zeugnis der Eheleu-te anerkannt, die ungeachtet der Problemeund Schwierigkeiten bei ihrem Partner blei-ben.

Kapitel IIDie pastoralenHerausforderungen imHinblick auf die Familie61. In diesem Abschnitt werden die

Antworten und Bemerkungen bezüglichder pastoralen Herausforderungen im Hin-blick auf die Familien gesammelt. Diesewerden in drei Grundfragen gegliedert: dieKrise des Glaubens in ihrer Beziehung mitder Familie; interne und externe Herausfor-derungen; einige schwierige Situationen,die es mit einer Kultur des Individualismusund desMisstrauens gegen feste Bindungenzu tun haben.

a) Die Krise des Glaubens und dasFamilienlebenDie pastorale Tätigkeit in derGlaubenskrise62. Einige Antworten heben hervor,

dass die Pfarrei oder die Kirche als solchedann nicht als Unterstützung erfahren

werden, wenn der Glaube schwach oder inden Realitäten der Familie nicht vorhandenist. Dies geschieht vermutlich aufgrundeiner falschen und moralistisch verengtenWahrnehmung des kirchlichen Lebens, dieihren Grund im soziokulturellen Kontexthat, in dem wir leben, und in dem auch dieInstitution Familie als solche in der Kriseist. Die Idee der Familie wird als ein un-erreichbares und frustrierendes Ziel angese-hen, statt als Ziel eines möglichen Wegesverstanden zu werden, auf demman lernenkann, die eigene Berufung und Sendung zuleben. Wenn die Gläubigen dieses Ausei-nanderdriften bemerken, verwandelt sichdie Krise zwischen den Partnern, in der Eheoder in der Familie oft schrittweise zu einerGlaubenskrise. Es stellt sich daher die Frage,wie in diesen Fällen pastoral zu handeln ist:Was ist zu tun, damit die Kirche in ihrenunterschiedlichen pastoralen Handlungs-feldern in der Lage ist, sich um die Paareund Familien in Schwierigkeiten zu küm-mern.

63. Eine Glaubenskrise – so stellen vieleAntworten fest – kann ein Grund sein, dasScheitern festzustellen oder aber eine Gele-genheit, sich zu erneuern und dabei tiefereGründe für eine Bestätigung der ehelichenGemeinschaft zu entdecken. So könnensich auch der Verlust von Werten oder gardas Auseinanderfallen der Familie in Gele-genheiten zur Festigung des ehelichen Ban-des verwandeln. Um die Krise zu überwin-den, kann die Unterstützung, die andereFamilien geben, welche bereit sind, denschwierigen Weg des Paares in der Krise zubegleiten, eine Hilfe sein. Besonders wirddie Notwendigkeit unterstrichen, dass diePfarrei, als Familie von Familien, ihre Näheanbietet.

b) Kritische Situationen innerhalbder FamilieBeziehungs- undKommunikationsschwierigkeiten64. Es gibt in den Antworten eine breite

Übereinstimmung hinsichtlich der Tatsa-che, dass die Beziehungs- und Kommunika-

tionsschwierigkeiten in der Familie ein be-deutender Knotenpunkt sind. Es wird ver-wiesen auf die unzureichende Fähigkeitbzw. manchmal auch Unfähigkeit, familiä-re Bindungen aufzubauen, weil Spannun-gen und Konflikte zwischen den Eheleutendie Oberhand gewinnen. Diese habenihren Grund immangelnden gegenseitigenVertrauen, in mangelnder Intimität, in derBeherrschung eines Ehegatten durch denanderen, aber auch in Konflikten unter denGenerationen, zwischen Eltern und Kin-dern. Das Drama, das in diesen Situationenfeststellbar ist, liegt im fortschreitendenSchwinden der Möglichkeit zum Dialog,von Zeiten und Orten für die Beziehung.Der mangelnde Austausch und die man-gelnde Kommunikation führen dazu, dassjeder seine Schwierigkeiten mit sich alleinausmacht, ohne je erfahren zu haben, ge-liebt zu sein oder seinerseits zu lieben. In ei-nigen sozialen Umfeldern ist die mangeln-de Erfahrung der Liebe häufig, besondersder väterlichen Liebe. Und das wiederummacht es schwierig, die Liebe Gottes undseine Väterlichkeit zu erfahren. Die Schwä-che der Vaterfigur in vielen Familien bringtein Ungleichgewicht im Kern der Familiemit sich sowie die Unsicherheit der Kinderim Hinblick auf ihre Identität. Ohne dietägliche Erfahrung einer bezeugten, geleb-ten und empfangenen Liebe wird die Ent-deckung der Person Christi als Sohn Gottesund der Liebe Gottes des Vaters besondersschwierig.

Fragmentierung und Auflösung65. Wenn auch in unterschiedlicher

Weise, bezeugen die Antworten, dass es invielen Zusammenhängen eine Fragmentie-rung und Auflösung vieler familiärer Reali-täten gibt. Das Drama, das beständig an ers-ter Stelle erwähnt wird, ist die Scheidungund die Trennung des Paares, die manch-mal durch die Armut begünstigt wird.Unter den anderen kritischen Situationenwerden erwähnt: erweiterte familiäre Reali-täten, in denen es eine wachsende Zahlmultipler Beziehungen gibt; Einelternfami-lien (alleinerziehende oder jugendlicheMütter), nichteheliche Lebensgemein-schaften, aber auch gleichgeschlechtlicheLebensgemeinschaften und ihr Kinder-wunsch (vor allem in Europa und Nord-amerika erwähnt). In bestimmten kulturel-len Zusammenhängen wird mit Nachdruckauf die Polygamie als einen das Familienge-flecht auflösenden Faktor verwiesen. Dazukommt die Abschließung der Familie vordem Leben. Viele Bischofskonferenzenunterstreichen mit großer Sorge die weiteVerbreitung der Abtreibung. Die vorherr-schende Kultur scheint dem heranwach-senden Leben gegenüber aus vielen Grün-den eine Kultur des Todes zu fördern. Wirstehen vor einer Kultur der Indifferenz an-gesichts des Lebens. Von Seiten der Staatenwird durch Gesetzgebungen, welche denIndividualismus fördern, manchmal nichtzu einem entsprechenden Schutz der fami-liären Bande beigetragen. All das schafft beiden Menschen eine oberflächliche Menta-lität im Hinblick auf Themen von entschei-dender Bedeutung. Nicht wenige Beiträgeunterstreichen, wie auch eine Verhütungs-mentalität die familiären Beziehungen tat-sächlich negativ prägt.

Gewalt und Missbrauch66. Durchgehend und einstimmig ist in

den Antworten auch die Bezugnahme aufpsychische, physische und sexuelle Gewalt,sowie auf den in der Familie geschehendenMissbrauch, dessen Opfer in besondererWeise Frauen und Kinder sind. Besondersin einigen Kontexten ist dieses Phänomenleider weder zufällig noch selten. Es wirdauch an die furchtbare Erscheinung desMädchenmordens erinnert, die oft verbun-den ist mit Störungen der Beziehung undder Affekte und eine Konsequenz aus einerfalschen Kultur des Besitzes darstellt. Eshandelt sich hier um eine wirklich beunru-higende Tatsache, welche die ganze Gesell-schaft und die Familienpastoral der Kircheangeht. Explizit erinnern einige geografi-sche Regionen (Afrika, Asien, Ozeanien) andie sexuelle Promiskuität in der Familieund den Inzest, aber auch an die Pädophi-lie und den Kindesmissbrauch. Diesbezüg-lich wird auch der Autoritarismus der El-tern erwähnt, der sich in der mangelndenSorge und Aufmerksamkeit für die Kinderausdrückt. Die mangelnde Beachtung derKinder verbindet sich mit ihrem Verlassenund mit dem wiederholt unterstrichenenMangel des Sinns für die verantwortlicheElternschaft, wo es nicht nur abgelehntwird, sich um die Kinder zu kümmern, son-dern auch, sie zu erziehen; sie werden ganzund gar sich selbst überlassen.

67. Mehrere Bischofskonferenzen wei-

sen auf das Drama des Kinderhandels undauf deren Ausnutzung hin. Diesbezüglichwird die Notwendigkeit hervorgehoben,der Plage des „Sextourismus“ und der Pros-titution besondere Aufmerksamkeit zuschenken, durch die Minderjährige vor al-len in Entwicklungsländern ausgenutztwerden, und die Ungleichgewichte inner-halb der Familien entstehen lassen. Es wirdunterstrichen, wie sowohl die häuslicheGewalt in ihren vielen Facetten, als auchdas Verlassen und die Auflösung der Familiein ihren verschiedenen Formen einen ent-scheidenden Einfluss auf das psychischeGleichgewicht der Person und daher aufdas Glaubensleben haben, denn ein psy-chologisches Trauma beeinflusst in negati-ver Weise das Bild, die Vorstellung und dieErfahrung Gottes und seiner Liebe.

Abhängigkeiten, Medien undsoziale Netzwerke68. Unter den kritischen Situationen in-

nerhalb der Familie werden beständig auchdie Drogen- und Alkoholabhängigkeit er-wähnt, aber auch die Abhängigkeit von derPornografie, welche teilweise gemeinsam inder Familie konsumiert wird, vom Glücks-spiel und Videospielen, vom Internet undden sozialen Netzwerken. Bezüglich derMedien wird einerseits häufig ihr negativerEinfluss auf die Familie unterstrichen, derbesonders im Bild von Familie liegt, das sieverbreiten und in den Anti-Modellen, wel-che falsche und abweichendeWerte vermit-teln. Auf der anderen Seite werden die Be-ziehungsprobleme innerhalb der Familiehervorgehoben, welche die Medien, zusam-menmit den sozialen Netzwerken und demInternet verursachen. Tatsächlich könnenFernsehen, Smartphone und Computer einechtes Hindernis für den Dialog unter denFamilienmitgliedern sein und fragmentier-te Beziehungen sowie Entfremdung för-dern: Auch in der Familie geht der Trendimmer mehr dahin, mittels Technik zukommunizieren. So kann es dazu kommen,dass die Familienmitglieder eine virtuelleBeziehung leben, wo die Kommunikations-mittel und der Zugang zum Internet immermehr an die Stelle der Beziehung treten. Indieser Hinsicht entsteht das Risiko der Auf-lösung und der Entzweiung in der Familiegenauso wie die Möglichkeit, dass die virtu-elle Welt zu einer echten Ersatzrealität wird(besonders in Europa, Nordamerika undAsien). In den Antworten findet sich immerwieder der Hinweis, dass auch die Freizeitder Familie von diesen Mitteln in Beschlaggenommen wird.

69. Darüber hinaus wird im Bereich desInternets auf das wachsende Phänomendes „information overloading“ hingewie-sen: die exponentielle Steigerung der emp-fangenen Information, der häufig nichteine Verbesserung ihrer Qualität entspricht.Hinzu kommt, dass es nicht immer mög-lich ist, die Vertrauenswürdigkeit der onlineverfügbaren Informationen zu überprüfen.Der technische Fortschritt ist weltweit eineHerausforderung für die Familie, in derenInnern er eine schnelle Wandlung des Le-bens im Hinblick auf die Werte, die Bezie-hungen und die Gleichgewichte verur-sacht. Das kritische Potenzial erhöht sichaber da, wo in der Familie eine entspre-chende Erziehung zum Gebrauch der Me-dien und der neuen Technologien fehlt.

c) Externer Druck auf die FamilieDie Auswirkung der Berufstätigkeitauf die Familie70. In den Antworten wird übereinstim-

mend auf die Auswirkung der Berufstätig-keit auf das familiäre Gleichgewicht Bezuggenommen. Zunächst wird die Schwierig-keit festgestellt, das gemeinsame Familien-leben im Zusammenhang mit einer starkenAuswirkung der Arbeit, welche von derFamilie immer mehr Flexibilität erfordert,zu organisieren. Die Arbeitsrhythmen sindintensiv und manchmal aufreibend, dieArbeitszeiten sind oft zu lange und umfas-sen manchmal auch den Sonntag: All dasverhindert die Möglichkeit, zusammen zusein. Aufgrund eines immer dichteren Le-bens werden die friedlichen Momente derfamiliären Intimität selten. In einigen Ge-bieten wird der Preis hervorgehoben, dendie Familie für das Wachstum und die wirt-schaftliche Entwicklung zahlt. Dazukommt die noch größere Auswirkung derFolgen, welche die Wirtschaftskrise und dieInstabilität des Arbeitsmarktes mit sich ge-bracht haben. Die immer heikler werdendeArbeitssituation, sowie das Ansteigen derArbeitslosigkeit und die daraus folgendeNotwendigkeit, immer länger woandershinzugehen, um Arbeit zu finden, habenschwere Auswirkungen auf das Familienle-ben, und bringen unter anderem eine Lo-

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Die Tagespost Samstag, 28. Juni 2014 Nr. 76 / Nr. 26 ASZ Kirche aktuell 11Fortsetzung von Seite 10

Fortsetzung auf Seite 12Alleinerziehende brauchen in besonderer Weise Hilfe und Unterstützung. Foto: dpa

ckerung der Beziehungen, eine fortschrei-tende Isolierung mit wachsender Unruhemit sich.

71. Im Dialog mit dem Staat und denverantwortlichen öffentlichen Stellen er-wartet sich die Kirche eine wirklich hilfrei-che, unterstützende Tätigkeit im Hinblickauf eine würdige Arbeit, gerechte Löhne,eine Steuerpolitik zum Wohl der Familie,sowie die Bereitstellung von Hilfen für dieFamilien und die Kinder. Diesbezüglichwird das häufige Fehlen vonGesetzen ange-merkt, welche die Familie, und besondersberufstätige Mütter, im Bereich der Arbeitschützen. Darüber hinaus wird festgestellt,dass der Bereich der Unterstützung und desstaatlichen Einsatzes zugunsten der Fami-lien einen Bereich darstellt, in dem die ge-meinsame Tätigkeit sowie die Schaffungvon Netzwerken mit Organisationen, wel-che ähnliche Ziele verfolgen, ratsam undfruchtbar ist.

Das Phänomen der Migration unddie Familie72. Im Zusammenhang mit dem Be-

reich der Arbeit wird auch die Auswirkunghervorgehoben, welche die Migration aufden Familienverband hat: Um dem Prob-lem des Lebensunterhaltes Herr zu werden,sehen sich Väter und in zunehmendemMaße auch Mütter gezwungen, aus Grün-den der Arbeit die Familie zu verlassen. DieAbwesenheit eines Elternteils hat schwereAuswirkungen auf das familiäre Gleichge-wicht und die Erziehung der Kinder.Gleichzeitig wird daran erinnert, dass dieVersorgung mit Geld von Seiten des abwe-senden Elternteils bei den anderen Fami-lienmitgliedern auch eine Art Abhängigkeiterzeugen kann. Bezüglich dieser Situationwird die Notwendigkeit hervorgehoben, dieFamilienzusammenführung durch die För-derung einer entsprechenden Politik zu för-dern.

Armut und Kampf um denLebensunterhalt73. In den Antworten und den Bemer-

kungen wird eindringlich und häufig aufdie ökonomischen Engpässe sowie auf denMangel an materiellen Mitteln, auf die Ar-mut und den Kampf ums Überleben hinge-wiesen, welche die Familien bedrängen. Eshandelt sich um ein verbreitetes Phäno-men, das nicht nur die Entwicklungsländerbetrifft, sondern auch mit Nachdruck inEuropa und Nordamerika erwähnt wird. Eswird festgestellt, dass die Familie in denLändern mit extremer und wachsender Ar-mut umsÜberleben kämpft und darauf denGroßteil ihrer Energien verwendet. Im Hin-blick auf die Armut, welche die Familien aufeine harte Probe stellt, erwarten sich einigeBemerkungen ein starkes, prophetischesWort der Kirche. Eine „arme Kirche für dieArmen“, so wird gesagt, darf auf diesemGe-biet ihre laute Stimme nicht fehlen lassen.

Konsumismus und Individualismus74. Im Bereich des kulturellen Drucks

auf die Familie wird beständig auch derKonsumismus erwähnt, der sich stark aufdie familiären Beziehungen auswirkt, dieimmer mehr auf das Haben und nicht aufdas Sein ausgerichtet sind. Die konsumisti-sche Mentalität wird, vor allem in Europa,auch im Hinblick auf das „ein Kind um je-den Preis“ und die damit zusammenhän-genden Methoden der künstlichen Fort-pflanzung erwähnt. Als kritische Momente,welche das Familienleben beeinflussen,werden des Weiteren der Karrierismus undder Wettbewerb erwähnt. Vor allem imWesten wird eine Privatisierung des Lebens,des Glaubens und der Ethik unterstrichen:Dem Gewissen und der individuellen Frei-heit wird die Rolle einer absolutenWertins-tanz zugeschrieben, die Gut und Böse fest-legt. Darüber hinaus wird der Einfluss einerKultur des Empfindens und der Unmittel-barkeit erwähnt. Diesbezüglich wird an daserinnert, was Papst Franziskus über die Kul-tur der Vorläufigkeit und dieWegwerfkulturgesagt hat, die sich stark auf die schwacheBeständigkeit der affektiven Beziehungenauswirkt und oft Grund einer tiefen Unzu-friedenheit und der Bedrohung des Fami-lienlebens ist.

Gegen-Zeugnisse in der Kirche75. In den Antworten erscheint häufig

und mit weiter geografischer Verbreitungdie Erwähnung der sexuellen Skandale in-nerhalb der Kirche (besonders der Pädophi-lie), aber auch allgemein diejenige einer ne-gativen Erfahrung mit dem Klerus und miteinigen anderen Personen. Vor allem inNordamerika und Nordeuropa wird einentscheidender Verlust an Glaubwürdigkeitdurch die sexuellen Skandale angezeigt.

Hinzu kommt der häufig auffallend wohl-habende Lebensstil der Priester sowie dieInkohärenz zwischen ihrer Verkündigungund ihrer Lebensführung. Ferner wird andas Verhalten jener Gläubigen erinnert, dieihren Glauben „wie in einem Theater“ le-ben und praktizieren und dabei jenerWahrheit und Demut nicht entsprechen,die vom Geist des Evangeliums her erfor-derlich sind. Besonders wird der Eindruckunterstrichen, dass getrennt Lebende, Ge-schiedene oder alleinerziehende Eltern vonSeiten einiger Pfarrgemeinden zurückge-wiesen zu werden scheinen, sowie das un-nachgiebige und wenig sensible Verhalteneiniger Priester, oder allgemein die Haltungder Kirche, die in vielen Fällen als aus-schließend erlebt wird und nicht als eineKirche, die begleitet und unterstützt. In die-sem Sinn gibt es das Bedürfnis nach eineroffenen und positiven Pastoral, die in derLage ist, durch ein glaubwürdiges Zeugnisall ihrer Glieder wieder Vertrauen in die Ins-titution zu schenken.

d) Einige besondere SituationenDas Gewicht der sozialenErwartungen dem Einzelnengegenüber76. Neben diesen kritischen Situationen

in- und außerhalb der Familie finden in be-stimmten Gegenden, besonders in Asien,aber nicht nur, andere Gegebenheiten Er-wähnung. Hier wirken sich die hohen Er-wartungen von Seiten der Familie und derGesellschaft von Kindheit an auf den Ein-zelnen aus. Die schulischen Leistungenund der übertriebene Wert, welcher akade-mischen Titeln beigemessen wird (creden-tialism) werden von der Familie als vorran-gig zu erreichendes Ziel eingestuft. Nebenden Erwartungen, die auf den Kindern las-ten, werden in einigen Gegenden die nega-tive Auswirkungen hervorgehoben, welcheder Besuch von Kursen zum Erreichen be-sonderer Bildungsziele, neben der Schuleund oft bis spät in den Abend, um bessereErgebnisse zu erreichen (cram schools) aufdie Familie hat. In diesen Fällen leidet dasFamilien- und Glaubensleben, es fehlt aberauch die Freizeit, die dem Spiel der Kinder,aber auch der Erholung und dem Schlaf ge-widmet werden könnte. Der Druck der Er-wartungen ist manchmal so stark, dass erProzesse der sozialen Ausschließung mitsich bringt, die manchmal zum Selbstmordführen können. Schließlich wird an die –aus dem besonderen kulturellen und sozia-len Kontext hervorgehende – Schwierigkeiterinnert, sowohl in der Gesellschaft alsauch in der Kirche diese Art von Problemenanzugehen und offen anzusprechen.

Die Auswirkung der Kriege77. Besonders in Afrika und im Mittle-

ren Orient wird an die Auswirkung desKrieges auf die Familie erinnert. Er verur-sacht gewaltsamen Tod, Zerstörung derHäuser sowie die Notwendigkeit, alles zuverlassen und zu fliehen, um sich woandersin Sicherheit zu bringen. Bezüglich einigerRegionen wird auch auf die vom Krieg her-vorgerufene Folge der sozialen Auflösungverwiesen, welche manchmal den Zwangmit sich bringt, die christliche Glaubensge-meinschaft zu verlassen, vor allem von Sei-ten der armen Familien.

Kultusverschiedenheit78. In einigen Regionen der Erde – wie

Asien und Nordafrika – in denen die Zahlder Katholiken gering ist, besteht die einegroße Zahl von Familien aus einem katholi-schen Partner und einem Partner, der eineranderen Religion angehört. Auch, wenn sieden großen Reichtum hervorheben, dendiese gemischten Paare für die Kirche be-deuten, heben einige Antworten dieSchwierigkeiten bezüglich der christlichenErziehung der Kinder hervor, die besondersda bestehen, wo die Religionszugehörigkeitder Kinder des Paares vom Gesetz geregeltwird. Manchmal wird die Kultusverschie-denheit in der Familie zu einer Möglichkeitoder zu einer Herausforderung für dasWachstum im christlichen Glauben.

Weitere kritische Situationen79. Unter den Faktoren, die sich auf die

familiären Schwierigkeiten auswirken,wird, neben den körperlichen Krankheiten,unter anderemAIDS, verwiesen auf: psychi-sche Krankheiten, Depression, der Todeines Kindes oder eines Ehegatten. Diesbe-züglich wird die Notwendigkeit gespürt,eine pastorale Vorgehensweise zu fördern,die sich des familiären Umfeldes annimmt,das von Krankheit oder Trauer gekenn-zeichnet ist. Hier liegt eine besondere Mög-lichkeit, den Glauben als tröstend undunterstützend wiederzuentdecken. In eini-gen Gegenden derWelt, die vomGeburten-

rückgang betroffen sind, wird unter denkritischen Situationen auch an die Verbrei-tung der Sekten, die esoterischen Praktiken,den Okkultismus, die Magie und Hexereierinnert. In den Antworten wird festge-stellt, dass kein Umfeld und keine Situationvon vornherein als unempfänglich für dasEvangelium betrachtet werden kann. DieAnnahme und Begleitung der besondersverletzbaren Familien von Seiten der christ-lichen Gemeinschaft ist entscheidend. Fürsie ist die Verkündigung des Evangeliumsder Barmherzigkeit besonders dringlich.

Kapitel IIIDie pastoral schwierigen Si-tuationenA. Familiäre Situationen

80. Aus den Antworten geht die allge-meine Überzeugung hervor, dass sich hin-ter den Situationen, die als schwierige Zei-ten der Ehe bezeichnet werden können,Geschichten großen Leids, aber auch Zeug-nisse echter Liebe verbergen. „Die Kirche istberufen, immer das offene Haus des Vaterszu sein, […] das Vaterhaus, wo Platz ist fürjeden mit seinem mühevollen Leben“ (EG47). Die echte pastorale Dringlichkeit be-steht darin, diesen Menschen zu ermögli-chen, ihre Wunden zu pflegen, gesund zuwerden und sich gemeinsam mit der gan-zen Gemeinschaft der Kirche wieder aufden Weg zu machen. Die BarmherzigkeitGottes sieht kein zeitweiliges Verdeckenunseres Leids vor, sondern öffnet das Lebenvon der Wurzel her der Versöhnung, indemsie durch eine wahre Erneuerung neues Ver-trauen und Ausgeglichenheit schenkt. DieSendung der Familienpastoral, die sichnicht mit einem legalistischen Blick begnü-gen darf, besteht darin, daran zu erinnern,dass die große Berufung des Menschen dieBerufung zur Liebe ist und dabei zu helfen,diese Berufung in entsprechender Würdezu leben.

Das Zusammenleben81. In den Antworten aus allen Teilen

der Erde wird auf die steigende Zahl vonPaaren hingewiesen, die ad experimentumzusammenleben, ohne kirchliche oder zivi-le Trauung oder eine andere Form der Re-gistrierung. Besonders in Europa und Ame-rika wird aber dieser Begriff als unzurei-chend empfunden, denn oft handelt essich nicht um ein „Experiment“, das heißteine Zeit der Probe, sondern um eine stabileLebensform. Manchmal findet die Ehe-schließung nach der Geburt des ersten Kin-des statt, so dass Taufe und Hochzeit zu-sammen gefeiert werden. Die Statistikenverzeichnen eine hohe Verbreitung dieserRealität: es wird ein gewisser Unterschiedzwischen ländlichen (weniger Zusammen-leben) und städtischen Gebieten (zum Bei-spiel in Europa, Asien und Lateinamerika)festgestellt. Das Zusammenleben ist in

Europa und Nordamerika weiter verbreitet,in Lateinamerika imWachstum, in den ara-bischen Ländern fast nicht vorhanden, inAsien selten. In einigen Bereichen Latein-amerikas ist das Zusammenleben so etwaswie eine in die Eingeborenenkultur integ-rierte Gewohnheit der Landbevölkerung(servinacuy: Ehe auf Probe). In Afrika gibtes die Stufenehe, die mit dem Nachweis derFruchtbarkeit der Frau zu tun hat, die aucheine Art Band zwischen den beiden betrof-fenen Familien mit sich bringt. Im europäi-schen Kontext sind die Formen des Zusam-menlebens sehr unterschiedlich; manch-mal ist der Einfluss der marxistischen Ideo-logie noch spürbar; woanders handelt essich um eine moralisch gerechtfertigte Op-tion.

82. Zu den sozialen Gründen, die zumZusammenleben führen, gehören: eine Fa-milienpolitik, die nicht in der Lage ist, dieFamilie zu unterstützen; finanzielle Proble-me; die Jugendarbeitslosigkeit; der Mangelan Wohnraum. Aus diesen und anderenGründen wird die Eheschließung hinausge-schoben. In diesem Sinn spielt auch dieAngst vor der Verpflichtung eine Rolle, Kin-der anzunehmen (dies gilt besonders inEuropa und Lateinamerika). Viele denken,dass man im Zusammenleben das eventuel-le Gelingen der Ehe „testen“ kann, bevorman Hochzeit feiert. Andere bringen als Ar-gument für das Zusammenleben die man-gelnde Bildung im Hinblick auf die Ehe insSpiel. Für andere stellt das Zusammenlebendie Möglichkeit dar, ohne definitive undinstitutionell verbindliche Entscheidungzusammen zu sein. Unter den vorgeschla-genen pastoralen Leitlinien finden sich fol-gende: von Jugend an einen Weg anzubie-ten, über den es gelingt, die Schönheit derEhe schätzen zu lernen; die pastoralen Mit-arbeiter im Hinblick auf Ehe und Familieauszubilden. Auch das Zeugnis von Grup-pen von Jugendlichen, die sich durch eineenthaltsame Verlobungszeit auf die Ehevorbereiten, findet Erwähnung.

Die nichtehelichenLebensgemeinschaften83. Das Zusammenleben ad experimen-

tum kommt sehr oft nichtehelichen Le-bensgemeinschaften ohne religiöse oderstaatliche Anerkennung gleich. Es muss da-ran erinnert werden, dass die staatliche An-erkennung dieser Lebensform in einigenLändern sie nicht der Ehe gleichstellt, dennes gibt eine eigene Gesetzgebung für nicht-eheliches Zusammenleben. Des ungeachtetsteigt die Zahl der Paare, die keine Formali-sierung wünschen. In den westlichen Län-dern – so wird gesagt – sieht die Gesell-schaft darin kein Problemmehr. In anderenLändern (zum Beispiel in Arabien) bleibtaber eine Ehe ohne religiöse oder zivile An-erkennung die Ausnahme. Unter den Grün-den für diese Situation wird vor allem inden westlichen Ländern auf die mangelndeUnterstützung des Staates für die Familiehingewiesen. Für diese Staaten hat die

Familie keine besondere Bedeutung mehr.Des Weiteren wird die Liebe als eine privateAngelegenheit betrachtet, ohne öffentlicheBedeutung; es fehlt eine entsprechende Fa-milienpolitik, so dass die Eheschließung alswirtschaftlicher Verlust betrachtet wird. Einbesonderes Problem stellt die Situation derImmigranten dar, besonders wenn sie ille-gal sind, denn sie haben Angst, entdeckt zuwerden, wenn sie eine öffentliche Anerken-nung ihrer Ehe suchen.

84. Im Zusammenhang mit der westli-chen Lebensweise, aber verbreitet auch inanderen Ländern, bricht sich eine Idee vonFreiheit Bahn, welche das Eheband alseinen Verlust der persönlichen Freiheit be-trachtet. Damit hängt die mangelnde Bil-dung der Jugendlichen zusammen, dienicht glauben, dass eine Liebe für ein gan-zes Leben möglich ist. Auch die Medienverbreiten weitgehend diesen Lebensstilunter den Jugendlichen. Das Zusammenle-ben und die freien Verbindungen sind oftein Symptom für die Tatsache, dass die Ju-gendlichen ihre Adoleszenz verlängernwollen und denken, die Ehe sei zu ver-pflichtend. Sie haben Angst vor einemAbenteuer, das ihnen zu groß zu seinscheint (vgl. Papst Franziskus, Ansprachean die Verlobten vom 14. Februar 2014).

85. Im Hinblick auf eine mögliche pas-torale Vorgehensweise wird es als wesent-lich erachtet, den Jugendlichen dabei zuhelfen, eine romantische Vorstellung derLiebe zu überwinden, welche die Liebe nurals ein intensives Gefühl einem anderengegenüber versteht, und nicht als persönli-che Antwort gegenüber einem anderenMenschen im Zusammenhang eines ge-meinsamen Lebensprojektes, in dem sichein großes Geheimnis und ein großes Ver-sprechen verbergen. Die pastoralen Pro-gramme müssen eine langfristige Erzie-hung zur Affektivität vorsehen, sowie eineUnterstützung der Jugendlichen währendder Verlobungszeit, deren gemeinschaftli-che und liturgische Bedeutung hervorgeho-ben werden soll. Es geht darum, sie zu leh-ren, sich dem Geheimnis des Schöpfers zuöffnen, der sich in ihrer Liebe offenbart, da-mit sie die Tragweite ihres Versprechensverstehen. Die Verbindung zwischen Fami-lie und Gesellschaft muss wieder hergestelltwerden, um eine isolierte Sicht der Liebe zuüberwinden. Schließlich muss den Jugend-lichen die Gewissheit vermittelt werden,dass sie nicht allein sind, wenn sie eineFamilie gründen, denn die Kirche steht ih-nen als „Familie von Familien“ zur Seite. Indieser Hinsicht ist die Dimension der „Be-gleitung“ entscheidend, durch welche dieKirche ihre liebende Gegenwart zeigt, diesich besonders der Brautleute annimmt,und sie ermutigt, einander und anderenWeggefährten zu werden.

Getrennt Lebende, Geschiedeneund wiederverheiratet Geschiedene86. Aus den Antworten geht hervor,

dass die Realität der getrennt Lebenden,Geschiedenen und wiederverheiratet Ge-schiedenen in Europa und ganz AmerikaBedeutung hat, viel weniger in Afrika undin Asien. Angesichts des Zunehmens diesesPhänomens sind viele Eltern um die Zu-kunft ihrer Kinder besorgt. Darüber hinauswird festgestellt, dass die steigende Zahl derZusammenlebenden das Problem derScheidungen weniger relevant erscheinenlässt: schrittweise lassen sich die Menschenweniger scheiden, weil sie tatsächlich im-mer weniger geneigt sind, zu heiraten. Ineinigen Gegenden ist die Situation anders:es gibt keine Scheidung, weil es keine Zivil-heirat gibt (in Arabien und in einigen Län-dern Asiens).

Die Kinder und diejenigen,die allein bleiben87. Eine andere Frage, die erwähnt wur-

de, ist die nach den Kindern der Getrenn-ten und Geschiedenen. Es wird festgestellt,dass sie von Seiten der Gesellschaft keinebesondere Aufmerksamkeit erhalten. Aufihnen lastet das Gewicht der ehelichenStreitigkeiten und die Kirche ist aufgerufen,sich ihrer anzunehmen. Auch die Eltern derGeschiedenen leiden unter den Folgen desZerbrechens der Ehe und müssen oft dieschlimmsten Folgen für die Kinder lindern.Auch sie brauchen die Unterstützung derKirche. Auch die Getrennten und Geschie-denen, welche dem Eheband treu bleiben,brauchen in ihrer Situation, die sie oft inEinsamkeit und Armut leben, Unterstüt-zung. Auch sie gehören zu den „neuen Ar-men“.

Junge ledige Mütter88. Besondere Aufmerksamkeit verdie-

nen dieMütter, die keinen Ehemann haben

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12 Kirche aktuell Die Tagespost Samstag, 28. Juni 2014 Nr. 76 / Nr. 26 ASZ

Fortsetzung von Seite 11

Fortsetzung auf Seite 13

Offen sein für das Leben: Die Ehe ist auf Kinder hin angelegt. Foto: dpa

100. Viele aber erbitten die Beschleuni-gung: einfachere und schnellere kirchen-rechtliche Prozesse; Übertragung weitererBefugnisse an den Ortsbischof; größere Öff-nung des Richteramtes für Laien; Reduzie-rung der tatsächlichen Kosten des Verfah-rens. Im Besonderen schlagen einige vor,darüber erneut nachzudenken, ob wirklichzwei gleichlautende Urteile erforderlichsind, zumindest dann, wenn keine Beru-fung eingelegt wird. Dann müsste der Ehe-bandverteidiger in bestimmten Fällen Beru-fung einlegen. Es wird auch eine Dezentra-lisierung der dritten Instanz vorgeschlagen.In allen Gegenden der Erde wird eine stär-ker pastorale Ausrichtung der kirchlichenGerichte mit einer tieferen geistlichen Auf-merksamkeit den Menschen gegenüber ge-wünscht.

101. Angesichts der Weite des pastora-len Problems der gescheiterten Ehen wirdin den Antworten und den Bemerkungendie Frage gestellt, ob das Problem einzig aufdem Weg des ordentlichen Gerichtsverfah-rens angegangen werden kann. Es wird derVorschlag gemacht, den Verwaltungsweg zuversuchen. In einigen Fällen wird vorge-schlagen, dass die betroffenen Menschenim Hinblick auf die Nichtigkeit ihres Ehe-bandes eine Gewissenserforschung vorneh-men. Es stellt sich die Frage, ob es anderepastorale Möglichkeiten gibt, dass dazu be-auftragte Priester die Gültigkeit einer Ehefeststellen. Allgemein wird eine bessere undgezieltere Ausbildung der pastoral Tätigenin diesem Bereich gewünscht, so dass denGläubigen besser geholfen werden kann.

102. Eine bessere Information der Gläu-bigen über die Ehenichtigkeitsverfahrenwürde in einigen Fällen helfen, Schwierig-keiten aus dem Weg zu räumen, wie zumBeispiel die Angst der Eltern, dass die Nich-tigkeit der Ehe die Kinder unehelich wer-den lässt; darauf weisen einige afrikanischeBischofskonferenzen hin. In einigen Ant-worten wird darauf hingewiesen, dass eineBeschleunigung des kirchenrechtlichenProzesses nur sinnvoll ist, wenn die Fami-lienpastoral allgemein verbessert wird. Eini-ge asiatische Bischofskonferenzen weisenauf die Ehefälle hin, in denen die nicht-christlichen Partner sich weigern, beim kir-chenrechtlichen Prozess mitzuwirken.

Die Pastoral in schwierigenSituationen103. Die pastorale Liebe drängt die Kir-

che, jeneMenschen zu begleiten, deren Ehegescheitert ist, und ihnen dabei zu helfen,ihre Lage mit der Gnade Christi zu leben.Eine schmerzlichereWunde wird bei denenaufgerissen, die wieder heiraten, und so ineinen Lebensstand eintreten, der ihnenden Zugang zur Kommunion nicht mehrerlaubt. In diesen Fällen darf die Kirche si-cher nicht die Haltung des Richters einneh-men, der verurteilt (vgl. Papst Franziskus,Predigt am 28. Februar 2014), sondern dieeiner Mutter, welche ihre Kinder immer an-nimmt, und ihre Wunden pflegt, bis sie ge-heilt sind (vgl. EG, 139–141). Die Kirche ist

dazu berufen, mit großer BarmherzigkeitFormen der „Begleitung“ zu finden, mitdenen sie diese ihre Kinder auf dem Wegzur Versöhnung unterstützen kann. Eskommt darauf an, mit Verständnis und Ge-duld zu erklären, dass die Unmöglichkeitdes Kommunionempfangs nicht gleichbe-deutend ist mit dem Ausschluss vom christ-lichen Leben oder von der Beziehung mitGott.

104. Bezüglich dieser komplexen Situa-tionen wird in vielen Antworten hervorge-hoben, dass in den Diözesen ein Angebotder besonderen Begleitung für diese Men-schen fehlt. Viele Bischofskonferenzen er-innern daran, dass es wichtig ist, ihnendurch Gebetsgruppen, liturgische Feiernund karitative Tätigkeit eine aktive Teilnah-me am Leben der Kirche zu ermöglichen. Eswird sodann auf verschiedene pastorale Ini-tiativen hingewiesen, wie etwa der persön-liche Segen für denjenigen, der die Eucha-ristie nicht empfangen kann oder die Er-mutigung der Kinder, am pfarrlichen Lebenteilzunehmen. Die Rolle der Bewegungen,welche die eheliche Spiritualität fördernwollen, der Orden und der Familienkom-missionen auf Pfarrebene wird unterstri-chen. Bedeutsam ist sodann auch die Emp-fehlung des Gebetes für schwierige Situatio-nen im Rahmen der Fürbitten in der pfarr-lichen und diözesanen Liturgie.

Nichtpraktizierende undNichtglaubende, die eineEheschließung erbitten105. Im Zusammenhang mit den

schwierigen Situationen stellt die Kircheauch ihr pastorales Handeln im Hinblickauf die Getauften auf den Prüfstand, dieweder praktizierend noch gläubig sind,aber dennoch darum bitten, in der Kircheihre Ehe schließen zu können. Fast alle Ant-worten heben hervor, dass es im allgemei-nen häufiger vorkommt, dass zwei nicht-praktizierende Katholiken sich für einekirchliche Eheschließung entscheiden, alsdass zwei erklärt nichtglaubende das glei-che Sakrament erbitten. Diese zweite Mög-lichkeit ist zwar nicht ganz auszuschließen,wird aber doch als eher unwahrscheinlichbetrachtet. Häufiger kommt es hingegenvor, dass von den beiden Brautleuten, diekirchlich heiraten wollen, nur einer katho-lisch ist, aber oft nicht praktiziert. Nachdem Urteil all der Antworten, welche dieseFragestellung angehen, liegt der Grund da-für, dass nicht praktizierende Katholikenim Hinblick auf die Eheschließung denKontakt mit ihrer Pfarrei wieder aufneh-men, in den meisten Fällen darin, dass dieFeier in der Kirche eine „ästhetische“ Faszi-nation ausübt (Atmosphäre, der verzau-bernde Eindruck, die Fotografen, usw.) undes zugleich mit einer Bedingung von Seitender religiösen Tradition der Herkunftsfami-lien der Brautleute zu tun hat, die auf einebestimmte Weise auf sie übertragen wurde.Häufig sind das Fest und die äußerlichen,traditionellen Aspekte wichtiger als die Li-turgie oder der christliche Sinngehalt des-sen, was gefeiert wird. Einstimmig weisendie Antworten darauf hin, dass in dieser Si-tuation eine echte Gelegenheit zur Evange-lisierung der Brautleute liegt. Es wird emp-fohlen, dass die Pfarrer und die Mitarbeiterder Familienpastoral eine bereitwillige undaufnehmende Haltung einnehmen.

106. Nach Aussagen einer beträchtli-chen Zahl von Antworten und noch mehrvon Bemerkungen aus allen Teilen der Erdesollte die Vorbereitung auf die kirchlicheEheschließung nicht nur katechetische Ele-mente enthalten, sondern eine Gelegen-heit darstellen, dass die Menschen sichuntereinander austauschen und kennenler-nen. Dies sollte von den Hirten mehr geför-dert werden. Auf der anderen Seite stellenverschiedene Antworten, sei es aus demOs-ten, sei es aus dem Westen, eine gewisseFrustration bei einigen Pfarrern fest, diehäufig eine nicht zu leugnende Erfolglosig-keit ihrer pastoralen Bemühungen beob-achten, wenn nur ein sehr kleiner Teil derPaare nach der Eheschließung eine Bezie-hung zu ihrer Pfarrei aufrechterhält.

107. Viele Antworten beklagen, dass diebisherige Art und Weise der Ehevorberei-tung weitgehend unzureichend ist, wenn esdarum geht, die Brautleute zu einer echtenSicht des Glaubens zu führen. In den meis-ten Fällen werden die Treffen einzig imHinblick auf den Empfang des Sakramentesausgerichtet und als solche empfunden.Gerade deshalb, weil man bei den nichtpraktizierenden nach der dem Empfang desEhesakramentes vorausgehenden ausbil-denden Begleitung einen hohen Prozent-satz feststellt, der in die alten Lebensmusterzurückkehrt, wird – besonders in Latein-amerika – auf die Notwendigkeit hingewie-

und sich allein um die Kinder kümmern.Ihre Situation ist oft das Ergebnis einer Lei-densgeschichte, nicht selten des Verlassen-Werdens. Die Liebe und der Mut, mit demsie das Leben angenommen haben, das siein ihrem Leib empfingen, und mit dem siefür das Wachstum und die Erziehung ihrerKinder sorgen, verdienen Bewunderung.Von Seiten der Zivilgesellschaft verdienensie eine besondere Unterstützung, die demVerzicht Rechnung trägt, den sie leistenmüssen. Die christliche Gemeinschaftmussihnen mit jener Sorge begegnen, welche siedie Kirche als wahre Familie der KinderGottes erfahren lässt.

Kirchenrechtlich irreguläreSituationen89. Allgemein konzentrieren sich die

Antworten aus den verschiedenen Gegen-den sehr stark auf die Geschiedenen, diewieder geheiratet haben oder jedenfalls inneuen Verbindungen leben. Bei denjeni-gen, die in kirchenrechtlich irregulären Si-tuationen leben, werden verschiedene Hal-tungen festgestellt, die vom mangelndenBewusstsein bezüglich der eigenen Situa-tion über die Indifferenz bis hin zumschmerzlichen Bewusstsein reichen. DieHaltungen der Geschiedenen in einer neu-en Verbindung sind in den verschiedenenregionalen Kontexten ähnlich; besondersgilt das für Europa und Amerika, weniger inAfrika. Diesbezüglich geben einige Antwor-ten der mangelnden Bildung und derschwachen religiösen Praxis dafür die Ver-antwortung. In Nordamerika denken dieMenschen oft, dass die Kirche, besonders inFragen der Familie, die als private Angele-genheit und Gegenstand autonomer Ent-scheidungen betrachtet wird, keine mora-lisch vertrauenswürdige Führerin mehr ist.

90. Weitgehend beständig ist die Zahlderer, die ihre eigene irreguläre Situationletztlich nicht interessiert. In diesen Fällengibt es weder die Nachfrage zur Zulassungzur Kommunion, noch zur Feier des Sakra-mentes der Versöhnung. Das Bewusstseinder irregulären Situation kommt oft dannzumVorschein, wenn derWunsch nach derchristlichen Initiation der Kinder auf-kommt, oder die Absicht, als Pate oder Pa-tin bei der Feier der Taufe oder der Firmungzu agieren. Manchmal entdecken Erwach-sene, die zu einem persönlichen und be-wussten Glauben kommen, auf dem Wegder Katechese oder im Katechumenat ihreirreguläre Situation als Problem. Aus pasto-raler Sicht bietet sich hier vor allem im Falldes Zusammenlebens eine gute Gelegen-heit, um einen Weg der Regelung zu begin-nen. Aus Afrika wird auf ein anderes Themaaufmerksam gemacht, das nichts mit einerneuen Verbindung zu tun hat, sondern mitder Praxis der Polygamie. Es gibt Fälle vonKonvertiten, für die es schwierig ist, diezweite oder dritte Frau zu entlassen, mitdenen sie Kinder haben und die am kirchli-chen Leben teilnehmen wollen.

91. Bevor etwas zum Thema des Leidenswegen der Unmöglichkeit des Sakramen-tenempfangs durch diejenigen, die in einerirregulären Situation leben, gesagt werdenkann, wird ein grundlegenderes Leiden be-schrieben, dessen sich die Kirche anneh-men muss, nämlich das Leiden, das mitdem Scheitern der Ehe und der Schwierig-keit, diese Situation zu regeln, zusammen-hängt. Mancher zeigt sich in dieser Krisedas Bedürfnis, sich mit der Bitte um Hilfean die Kirche zu wenden.Wie verschiedeneBischofskonferenzen aus Europa, Afrikaund Amerika hervorheben, scheint das Leidoft an die verschiedenen Ebenen der Bil-dung gebunden zu sein. Oft wird die innereVerbindung zwischen Ehe, Eucharistie undBuße nicht erfasst. Daher wird es sehrschwer zu verstehen, warum die Kirche die-jenigen nicht zur Kommunion zulässt, diesich in einer irregulären Situation befinden.Die katechetischen Programme der Ehevor-bereitung erklären diesen Zusammenhangnicht genügend. Einige Antworten (Ame-rika, Osteuropa, Asien) heben hervor, dassmanchmal fälschlicherweise angenommenwird, dass die Scheidung selbst automatischden Zugang zur Kommunion verschließt,auch wenn man nicht in einer neuen Ver-bindung lebt. Auf diese Weise bleiben Men-schen ohne Grund ohne Sakramente.

92. Das Leiden an der Unmöglichkeitdes Sakramentenempfangs ist deutlich beiden Getauften vorhanden, die sich ihrereigenen Situation bewusst sind. Viele füh-len sich frustriert und ausgegrenzt. Einigefragen sich, warum die anderen Sündenvergeben werden und diese nicht; oder, wa-rum die Priester und Ordensleute, welcheeine Dispens von ihren Gelübden oder denVerpflichtungen aus der Weihe erhalten

haben, heiraten und die Kommunion emp-fangen können, die wiederverheiratet Ge-schiedenen aber nicht. All das unterstreichtdie Notwendigkeit einer entsprechendenBildung und Information. In anderen Fäl-len wird nicht erfasst, warum die eigene ir-reguläre Situation der Grund sein soll, umdie Sakramente nicht zu empfangen. Mansieht die Schuld vielmehr bei der Kirche,welche diese Umstände nicht zulässt. Dies-bezüglich wird auch die Gefahr einer An-spruchshaltung im Hinblick auf die Sakra-mente gesehen. Besorgniserregend ist auchdas Unverständnis im Hinblick auf die Dis-ziplin der Kirche, welche in diesen Fällenden Zugang zu den Sakramenten verwei-gert, so als ob es sich hier um eine Strafehandelte. Eine große Zahl von Bischofskon-ferenzen empfiehlt, den Menschen, die in

kirchenrechtlich irregulären Situationen le-ben, dabei zu helfen, „damit sie sich nichtals von der Kirche getrennt betrachten, dasie als Getaufte an ihrem Leben teilnehmenkönnen, ja dazu verpflichtet sind“ (FC 84).Darüber hinaus gibt es Antworten und Be-merkungen von Seiten einiger Bischofskon-ferenzen, die den Akzent auf die Notwen-digkeit legen, dass die Kirche sich selbst je-ne pastoralen Instrumente gibt, durch diesie in die Möglichkeit versetzt wird, einegrößere Barmherzigkeit, Güte und Nach-sicht im Hinblick auf die neuen Verbindun-gen üben zu können.

Bezüglich des Zugangs zu denSakramenten93. Von Seiten der wiederverheiratet ge-

schiedenen Gläubigen werden verschie-denartige Reaktionen im Hinblick auf denZugang zu den Sakramenten festgestellt. InEuropa (aber auch in einigen LändernLateinamerikas) herrscht die Tendenz vor,die Frage mit Hilfe eines Priester zu klären,der im Bezug auf die Zulassung zu den Sak-ramenten offen ist. Diesbezüglich wird (be-sonders in Europa und Lateinamerika) da-rauf hingewiesen, dass die Antwort der Hir-ten unterschiedlich ausfällt. Manchmalentfernen sich diese Gläubigen von der Kir-che oder wechseln zu anderen christlichenKonfessionen. In verschiedenen, nicht nureuropäischen Ländern, reicht diese indivi-duelle Lösung vielen Menschen nicht. Siewollen eine öffentlicheWiederzulassung zuden Sakramenten von Seiten der Kirche.Das Problem besteht nicht darin, die Kom-munion nicht empfangen zu können, son-dern in der Tatsache, dass die Kirche sie öf-fentlich nicht dazu zulässt. Es scheint, dassdiese Gläubigen sich weigern, anzuerken-nen, dass die Situation, in der sie leben, alsirregulär betrachtet wird.

94. In den Gemeinschaften der Kirchegibt es Menschen, die sich in kirchenrecht-lich irregulären Situationen befinden unddarum bitten, angenommen und begleitetzu werden. Dies geschieht vor allem dann,wenn versucht wird, die Lehre der Kirchevernünftig zu erklären. In solchen Fällen istes möglich, dass die Gläubigen ihre Situa-tion mit Unterstützung der göttlichenBarmherzigkeit leben, deren Instrument dieKirche ist. Andere, wie von einigen Bi-schofskonferenzen der euro-atlantischenRegion berichtet wird, akzeptieren die Ver-pflichtung, enthaltsam zu leben (vgl. FC 84und SC 29).

95. Viele der vor allem aus Europa,Amerika und einigen Ländern Afrikas ein-gegangenen Antworten verzeichnen eindeutliches Verlangen, die Sakramente derBuße und der Eucharistie empfangen zukönnen. Das Verlangen wird vor allemdann stärker, wenn die Kinder die Sakra-mente empfangen. Manchmal wird die Zu-lassung zur Kommunion als eine Art „Legi-timierung“ von Seiten der Kirche ersehnt,um das Gefühl des Ausschlusses oder derMarginalisierung zu überwinden. Diesbe-züglich schlagen einige vor, die Praxis eini-

ger orthodoxer Kirchen zu bedenken, die,ihrer Meinung nach, den Weg zu einerzweiten oder dritten Ehe mit Bußcharakteröffnen. Aus den Länder mit orthodoxerMehrheit wird diesbezüglich auf die Erfah-rung hingewiesen, dass diese Lösung dasAnsteigen der Scheidungsrate nicht verhin-dert. Andere erbitten die Klärung der Frage,ob es hier nur um ein disziplinäres oder eindogmatisches Problem geht.

Andere Anfragen96. In vielen Fällen, vor allem in Europa

und Amerika, wird darum gebeten, die Pro-zedur der Ehenichtigkeitsverfahren zu be-schleunigen. Diesbezüglich wird an dieNotwendigkeit erinnert, die Frage der Bezie-hung zwischen Glauben und Ehesakra-ment zu vertiefen, wie es Papst Benedikt

XVI. verschiedentlich angeregt hat. In Län-dern mit orthodoxer Mehrheit verweistman auf die Fälle der Katholiken, die in derorthodoxen Kirche nach der dort gängigenPraxis wieder heiraten und dann darumbitten, in der katholischen Kirche zur Kom-munion gehen zu können. Andere Vor-schläge betreffen die Präzisierung der beiMischehen zu befolgenden Praxis, wennder orthodoxe Partner bereits verheiratetwar und von der orthodoxen Kirche die Er-laubnis zu einer zweiten Ehe erhalten hat.

Bezüglich der Getrennten undGeschiedenen97. In verschiedenen Antworten und

Bemerkungen wird die Notwendigkeitunterstrichen, den Getrennten und Ge-schiedenen Aufmerksamkeit zu schenken,die nicht wieder heiraten, sondern dem ers-ten Eheband treu bleiben. Es scheint, dasssie oft nicht nur unter dem Scheitern ihrerEhe leiden, sondern auch daran, dass sienicht entsprechend von der Kirche wahrge-nommen und vernachlässigt werden. Eswird festgestellt, dass auch sie ihre Schwie-rigkeiten haben und das Bedürfnis, pastoralbegleitet zu werden. Darüber hinaus wirdals bedeutsam in Erinnerung gerufen, dassdie Hirten besondere Sorgfalt darauf ver-wenden, eine eventuelle Nichtigkeit derEhe zu klären, damit Verfahren nicht ohnegründliche Überlegung eingeleitet werden.In diesem Zusammenhang finden sich Vor-schläge, stärker eine Pastoral der Versöh-nung zu fördern, welche die Möglichkeiteiner Versöhnung der Eheleute auslotet. Ei-nige machen darauf aufmerksam, dass dieBereitschaft der getrennten Gläubigen, ih-rem Eheband treu zu bleiben und diesenStand mutig anzunehmen, ein großeschristliches Zeugnis darstellt.

Vereinfachung der Eheverfahren98. Es besteht der weit verbreitete

Wunsch nach einer Vereinfachung der kir-chenrechtlichen Praxis im Hinblick auf dieEheverfahren. Dabei lassen sich verschiede-ne Einstellungen erkennen: Einige sind derMeinung, die Beschleunigung sei kein wirk-sames Mittel; andere, welche die Beschleu-nigung begrüßen, bitten darum, die Naturdes Ehenichtigkeitsprozesses gut zu erläu-tern, damit er von Seiten der Gläubigenbesser verstanden werden kann.

99. Einige mahnen zur Klugheit undweisen auf die Gefahr hin, dass eine solcheBeschleunigung mit der Vereinfachungoder der Verkürzung der vorgesehenenSchritte auch Fehler und Ungerechtigkeitenhervorbringen könnte. Es könnte der Ein-druck entstehen, dass die Unauflöslichkeitdes Sakramentes nicht gewahrt bliebe. DemMissbrauch würde Vorschub geleistet undeine Bildung der Jugendlichen im Hinblickauf die Ehe als Bund für das ganze Lebenverhindert. Außerdem würde der Idee der„Scheidung auf katholisch“ Vorschub ge-leistet. Demgegenüber wird vorgeschlagen,eine entsprechende Anzahl von kompeten-ten Mitarbeitern auszubilden, welche die

Fälle dann begleiten können. In Latein-amerika, Afrika und Asien wird derWunschgeäußert, die Zahl der Gerichte zu erhöhen– die in einigen Regionen fehlen – und denEinrichtungen vor Ort größere Autorität zuverleihen, indem die Priester besser ausge-bildet werden. Andere Antworten relativie-ren die Möglichkeit der Beschleunigung,denn oft akzeptieren die Gläubigen dieGültigkeit ihrer Ehe, erkennen an, dass siegescheitert sind und halten es nicht für ehr-lich, eine Nichtigkeitserklärung anzustre-ben. Viele Gläubigen halten allerdings ihreerste Ehe für gültig, weil sie die Nichtig-keitsgründe nicht kennen. Manchmal ist esauch für die Geschiedenen schwierig, dieVergangenheit wieder aufzurollen. Da-durch könnten bei den Partnern schmerz-hafte Wunden wieder aufgerissen werden.

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Die Tagespost Samstag, 28. Juni 2014 Nr. 76 / Nr. 26 ASZ Kirche aktuell 13Fortsetzung von Seite 12

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Ehe und Familie stecken in einer schweren Krise. Es ist ein dringendes Anliegen von Papst Franziskus, dass die Kirche auch heute Lebenshilfe aus dem Evangelium gibt. Foto: dpa

sen, die Pastoral und die Evangelisierungder Kinder und der Jugendlichen im allge-meinen zu verbessern, zu bereichern undzu vertiefen. Wenn ein nicht praktizieren-des Paar wieder Kontakt zur Pfarrei auf-nimmt, um seine Hochzeit zu feiern, dann– so wird verschiedentlich hervorgehoben –ist die Zeit zu kurz, umwieder einen echtenGlaubensweg einzuschlagen, auch wenn siean den Ehevorbereitungstreffen teilneh-men.

108. Die Mehrzahl der Antworten hältdie Notwendigkeit für unerlässlich, das Paarauch nach der Eheschließung durch ent-sprechende Treffen zu begleiten. Darüberhinaus haben besonders die Bischofskonfe-renzen aus West- und Mitteleuropa miteiner gewissen Insistenz bekräftigt, dass esin bestimmten Fällen, wenn die Brautleutewirklich unreif sind, notwendig sein kann,eine Feier der Trauung ohneMesse ins Augezu fassen. Einige Bischofskonferenzen ausNordeuropa und Nordamerika sind derMeinung, dass es sinnvoll wäre, eine Ver-schiebung der Eheschließung vorzuschla-gen, wenn es klar ist, dass das Brautpaar diegrundlegende Lehre der Kirche über dieGüter der Ehe und die daraus folgendenVerpflichtungen nicht versteht oder nichtannimmt, auch wenn von vornherein klarist, dass ein solcher Vorschlag zu Unver-ständnis und Missmut führt. Eine solcheLösung brächte auch die Gefahr eines we-nig barmherzigen Rigorismus mit sich.

109. Einige Bischofskonferenzen ausSüd- und Ostasien berichten davon, dass sieals Voraussetzung für die Eheschließungeine aktive Teilnahme am pastoralen Lebender Pfarrei wünschen. Auch dabei wurdeaber festgestellt, dass in den meisten Fällendiese Teilnahme nach der Feier des Sakra-mentes wieder aufhört. Allgemein wird,auch innerhalb der einzelnen Diözesen,eine gewisse Uneinheitlichkeit im Hinblickauf die Pastoral, die Vorbereitung und Or-ganisation der Ehevorbereitungstreffenfestgestellt. Fast immer wird alles der mehroder weniger gelungenen Initiative der ein-zelnen Hirten überlassen. Eine europäischeBischofskonferenz beschreibt den Stil unddie Art und Weise, wie die Ehevorberei-tungstreffen zu gestalten seien, durch eineSequenz von programmatischen Verben:vorschlagen, nicht aufzwingen; begleiten,nicht drängen; einladen, nicht ausstoßen;beunruhigen, nie enttäuschen.

B. Hinsichtlich dergleichgeschlechtlichenLebensgemeinschaften

Zivile Anerkennung110. In den Antworten der Bischofskon-

ferenzen wird hinsichtlich der gleichge-schlechtlichen Lebensgemeinschaften aufdie Lehre der Kirche Bezug genommen. „Esgibt keinerlei Fundament dafür, zwischenden homosexuellen Lebensgemeinschaftenund dem Plan Gottes über Ehe und FamilieAnalogien herzustellen, auch nicht ineinem weiteren Sinn. […] dennoch ist denMännern und Frauen mit homosexuellenTendenzen ,mit Achtung, Mitleid und Taktzu begegnen. Man hüte sich, sie in irgend-einer Weise ungerecht zurückzusetzen‘“(CDF, Erwägungen zu den Entwürfen einerrechtlichen Anerkennung der Lebensge-meinschaften zwischen homosexuellenPersonen, 4). Aus den Antworten kann ge-schlossen werden, dass die Anerkennunggleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaf-ten durch die staatliche Gesetzgebung zumgrößten Teil vom soziokulturellen, religiö-sen und politischen Umfeld abhängt. DieBischofskonferenzen beschreiben drei Kon-texte: Der erste ist derjenige, in dem gegen-über dem Phänomen der Homosexualitätin all seinen Facetten eine unterdrückendeund bestrafende Haltung vorherrscht. Diesgilt vor allen Dingen dort, wo der öffentli-che Ausdruck der Homosexualität durchdas Gesetz verboten ist. Einige Antwortenweisen darauf hin, dass auch in diesemUmfeld Formen der geistlichen Begleitungeinzelner homosexueller Personen, welchedie Hilfe der Kirche suchen, stattfinden.

111. Ein zweiter Kontext ist derjenige,in dem das Phänomen der Homosexualitätambivalent wahrgenommen wird. Dashomosexuelle Verhalten wird nicht be-straft, sondern toleriert, solange es nichtsichtbar oder öffentlich wird. In diesen Fäl-len gibt es in der Regel keine staatliche Ge-setzgebung über die gleichgeschlechtlichenLebensgemeinschaften. Im politischen Be-reich aber gibt es, besonders im Westen,eine wachsende Tendenz hin zur Anerken-nung von Gesetzen, welche die Eintragungder Partnerschaften oder die so genannteEhe zwischen Personen des gleichen Ge-schlechts vorsehen. Zur Unterstützung die-

ser Vorgehensweise werden Gründe derNichtdiskriminierung genannt. Diese Hal-tung wird von den Gläubigen und einemGroßteil der öffentlichen Meinung in Mit-tel-Ost-Europa als eine Auferlegung vonSeiten einer politischen oder fremden Kul-tur betrachtet.

112. Ein dritter Kontext ist derjenige, indem die Staaten eine Gesetzgebung einge-führt haben, welche gleichgeschlechtlicheLebensgemeinschaften oder Ehen zwischenHomosexuellen staatlich anerkennt. Es gibtStaaten, in denenman von einer echten Re-Definition der Ehe sprechen muss, welcheden Blick auf das Paar auf einige juristischeAspekte wie die Gleichheit der Rechte unddie „Nichtdiskriminierung“ reduziert, ohnedass ein konstruktiver Dialog über die ein-schlägigen anthropologischen Fragen statt-fände. Auch das umfassende Wohl derPerson, besonders das umfassende Wohlder Kinder, die in einer solchen Gemein-schaft leben, steht nicht im Zentrum desInteresses. Wo es eine rechtliche Gleichstel-lung zwischen der homosexuellen und derheterosexuellen Ehe gibt, erlaubt der Staathäufig die Adoption von Kindern (Kindereines der beiden Partner, oder Kinder, dienach künstlicher Befruchtung geboren wer-den). Dieser Kontext besteht vor allem inder englischsprachigen Welt und in Zent-raleuropa.

Die Einschätzung derTeilkirchen113. Alle Bischofskonferenzen haben

sich gegen eine Neudefinition der Ehe zwi-schen Mann und Frau durch die Einfüh-rung einer Gesetzgebung, welche gleichge-schlechtliche Lebensgemeinschaften er-möglicht, ausgesprochen. Von Seiten derBischofskonferenzen gibt es ein breitesZeugnis bezüglich der Suche nach einemGleichgewicht zwischen der Lehre der Kir-che über die Familie und einer respektvol-len, nicht verurteilenden Haltung gegen-über den Menschen, die in solchen Ge-meinschaften leben. Insgesamt gewinntman den Eindruck, dass die extremen Reak-tionen im Hinblick auf diese Gemeinschaf-ten, sei es Zustimmung, sei es Unnachgie-bigkeit, die Entwicklung einer wirksamenPastoral, die zugleich treu zum Lehramtund barmherzig gegenüber den betroffe-nen Menschen ist, nicht erleichtert haben.

114. Ein Faktum, das die pastorale Tä-tigkeit der Kirche herausfordert und die Su-che nach einer ausgewogenen Haltunggegenüber diesen Realitäten komplex wer-den lässt, ist die Propagierung der Genderi-deologie, welche in einigen Regionen auchdie Erziehung vom Kindergarten an zu be-einflussen sucht, indem sie eine Mentalitätverbreitet, die mittels der Idee der Beseiti-gung der Homophobie inWirklichkeit eineUmstürzung der sexuellen Identität beab-

sichtigt.115. Hinsichtlich der gleichgeschlecht-

lichen Lebensgemeinschaften geben vieleBischofskonferenzen verschiede Informa-tionen weiter. In den Ländern, in deneneine Gesetzgebung über die Partnerschaf-ten besteht, äußern sich viele Gläubigenzugunsten einer respektvollen und nichtverurteilenden Haltung gegenüber diesenMenschen, sowie zugunsten einer Pastoral,die sie annimmt. Dies bedeutet aber nicht,dass die Gläubigen für eine Gleichstellungzwischen der heterosexuellen Ehe und dengleichgeschlechtlichen Partnerschaften wä-ren. Einige Antworten und Bemerkungenbringen die Sorge zum Ausdruck, dass dieAufnahme der Menschen, die in diesen Ge-meinschaften leben, in das kirchliche Le-ben als eine Anerkennung ihrer Partner-schaften verstanden werden könnte.

Einige pastorale Leitlinien116. Hinsichtlich einer Pastoral in Be-

zug auf diese Menschen muss zwischendenjenigen unterschieden werden, die einepersönliche, oft leidvolle, Entscheidung ge-troffen haben und sie mit einer gewissenBehutsamkeit leben, ohne Skandal zu ver-ursachen, und denjenigen, die ein fördern-des und aktiv werbendes Verhalten an denTag legen, das manchmal aggressive Zügeträgt. Viele Bischofskonferenzen unterstrei-chen, dass es keine entsprechenden pasto-ralen Programme gibt, weil es sich um einrelativ neues Phänomen handelt. Andereerkennen ein bestimmtes Unbehagen ange-sichts der Herausforderung an, die barm-herzige Annahme dieser Menschen und dieBestätigung der Morallehre der Kirchedurch eine entsprechende Seelsorge, diealle Bereiche des Menschen umfasst, zu ver-binden. Von einigen Seiten wird empfoh-len, die Identität eines Menschen nicht aufAusdrücke wie „schwul“, „lesbisch“ und„homosexuell“ zu reduzieren.

117. Viele Antworten und Bemerkun-gen fordern eine theologische Bewertungim Dialog mit den Humanwissenschaften,um eine differenziertere Sicht des Phäno-mens der Homosexualität entwickeln zukönnen. Es fehlt auch nicht an Vorschlä-gen, dass man, auch durch die entspre-chenden Organisationen, wie zum Beispieldie Päpstliche Akademie der Wissenschaf-ten und die Akademie für das Leben, dieanthropologische und theologische Bedeu-tung der menschlichen Sexualität und derGeschlechterdifferenz zwischen Mann undFrau vertiefend studiert, um sich mit derGenderideologie auseinandersetzen zukönnen.

118. Die große Herausforderung wirddarin bestehen, eine Pastoral zu entwi-ckeln, der es gelingt, das rechte Gleichge-wicht zwischen der barmherzigen Annah-me der Menschen und ihrer schrittweisenBegleitung hin zur authentischen mensch-

lichen und christlichen Reife zu wahren. Ei-nige Bischofskonferenzen beziehen sichdiesbezüglich auf bestimmte Organisatio-nen als gelungene Beispiele einer solchenPastoral.

119. In immer drängendererWeise stelltsich die Herausforderung der Sexualerzie-hung in der Familie und in den Schulen,vor allem in den Ländern, in denen derStaat geneigt ist, in den Schulen eine einsei-tige und ideologische Vorstellung der Ge-schlechtsidentität vorzugeben. In denSchulen oder in den Gemeinschaften derPfarreien sollten Bildungsprogramme vor-gesehen werden, die den Jugendlichen eineentsprechende Sicht der affektiven undchristlichen Reife vorstellen, und in denenauch das Phänomen der Homosexualitätangegangen werden kann. Gleichzeitig zei-gen die Bemerkungen, dass es bisher imkirchlichen Leben noch keinen Konsenshinsichtlich der konkreten Art und Weisegibt, in der die Menschen anzunehmensind, die in diesen Gemeinschaften leben.Der erste Schritt in einem langsamen Pro-zess könnte in der Information und in derFormulierung von Kriterien der Unterschei-dung bestehen, und dies nicht nur auf derEbene der Seelsorger und der pastoralenMitarbeiter, sondern auch auf der Ebeneder kirchlichen Gruppen und Bewegungen.

Weitergabe des Glaubens an Kinderin gleichgeschlechtlichenLebensgemeinschaften120. Es ist hervorzuheben, dass sich die

eingegangenen Antworten gegen eine Ge-setzgebung aussprechen, welche die Adop-tion von Kindern von Seiten derjenigen er-laubt, die in gleichgeschlechtlichen Le-bensgemeinschaften leben. Darin wird einRisiko für das umfassende Wohl des Kindesgesehen, das ein Recht darauf hat, Vaterund Mutter zu haben, wie Papst Franziskuskürzlich in Erinnerung gerufen hat (vgl.Ansprache an die Delegation des Interna-tionalen Katholischen Kinderbüros, 11. Ap-ril 2014). Desungeachtet unterstreichen dieAntworten fast einhellig, dass ein Kind, fürden Fall, dass Partner einer gleichge-schlechtlichen Lebensgemeinschaft seineTaufe erbitten, mit der gleichen Zuneigung,Sorge und Liebe angenommen werdenmuss, wie die anderen Kinder. Viele Ant-worten geben an, dass es nützlich wäre,konkretere pastorale Leitlinien für diese Si-tuationen zu erhalten. Es versteht sich vonselbst, dass die Kirche die Pflicht hat, dietatsächlichen Umstände im Hinblick aufdieWeitergabe des Glaubens an das Kind zuprüfen. Für den Fall, dass es berechtigteZweifel im Hinblick auf die tatsächliche Fä-higkeit zur christlichen Kindererziehungvon Seiten der gleichgeschlechtlichen Part-ner gibt, muss ihnen die entsprechendeUnterstützung garantiert werden – so wie esauch im Hinblick auf jedes andere Paar ver-

langt wird, das die Taufe seines Kindes er-bittet. Eine Hilfe in diesem Sinn könnteauch von anderen Personen kommen, diein ihrem familiären und sozialen Umfeldleben. In diesen Fällen muss die Vorberei-tung der eventuellen Taufe des Kindes vonSeiten des Pfarrers mit besonderer Sorgfalterfolgen, auch mit besonderer Aufmerk-samkeit hinsichtlich der Wahl des Patenoder der Patin.

III. TEILDIE OFFENHEIT FÜRDAS LEBEN UND DIEERZIEHERISCHEVERANTWORTUNG

Kapitel IDie pastoralen Herausforderungenim Hinblick auf die Offenheit für dasLeben121. In den letzten Jahrzehnten hat es

bezüglich der Offenheit für das Leben radi-kale Einsprüche gegeben. In diesem Bereichwerden sehr intime Dimensionen und As-pekte des Seins berührt. Diesbezüglich wer-den die wesentlichen Unterschiede zwi-schen einer christlichen Sicht des Lebensund der Sexualität und einer stark säkulari-sierten Betrachtungsweise deutlich. Bei derVeröffentlichung der Enzyklika HumanaeVitae war sich übrigens schon Papst PaulVI. klar der Schwierigkeiten bewusst, dieseine Aussagen mit der Zeit hervorrufenwürden. So schrieb er etwa in diesemDoku-ment: „Es ist vorauszusehen, dass vielleichtnicht alle diese überkommene Lehre ohneweiteres annehmen werden; es werdensich, verstärkt durch die modernen Kom-munikationsmittel, zu viele Gegenstimmengegen dasWort der Kirche erheben. Die Kir-che aber, die es nicht überrascht, dass sieebenso wie ihr göttlicher Stifter gesetzt ist,zum Zeichen, dem widersprochen wird‘,steht dennoch zu ihrem Auftrag, das ge-samte Sittengesetz, das natürliche und dasdem Evangelium entsprechende, demütig,aber auch fest zu verkünden“ (HV 18).

122. Die Enzyklika Humanae Vitae hat-te sicher eine prophetische Bedeutung,wenn es darum geht, die untrennbare Ein-heit zwischen der ehelichen Liebe und derWeitergabe des Lebens zu betonen. Die Kir-che ist berufen, die Fruchtbarkeit der Liebeim Licht jenes Glaubens zu verkünden, der„hilft, die Zeugung von Kindern in ihrerganzen Tiefe und ihrem ganzen Reichtumzu erfassen, da er darin die Schöpferliebe er-kennen lässt, die uns das Geheimnis einesneuen Menschen schenkt und anvertraut.“(LF 52). Viele der in den Antworten und Be-merkungen hervorgehobenen Schwierig-keiten unterstreichen die Angst des heuti-gen Menschen bezüglich der Themen wie

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14 Kirche aktuell Die Tagespost Samstag, 28. Juni 2014 Nr. 76 / Nr. 26 ASZ

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Liebesschlösser symbolisieren ewige Treue, die Realität sieht dann oft anders aus. Foto: dpa

Affekte, Weitergabe des Lebens, der Gegen-seitigkeit von Mann und Frau, der Vater-und Mutterschaft.

Kenntnis und Rezeption desLehramtes bezüglich derOffenheit für das Leben123. Die Antworten im Hinblick auf die

Kenntnis der Lehre der Kirche bezüglichder Offenheit der Eheleute für das Leben,mit besonderer Bezugnahme auf HumanaeVitae, beschreiben realistisch die Tatsache,dass diese Lehre in der überwiegendenMehrheit der Fälle in ihrer positiven Di-mension nicht bekannt ist. Diejenigen, dieangeben, sie zu kennen, gehören mehrheit-lich Vereinigungen und kirchlichen Grup-pen an, und sind in den Pfarreien oder inGruppen der Familienspiritualität zu Hau-se. In der überwiegenden Mehrheit der ein-gegangenen Antworten wird deutlich, dassdie moralische Wertung der unterschiedli-chen Methoden der Geburtenregelungheute von der vorherrschenden Mentalitätals Einmischung in das Intimleben des Paa-res und Einschränkung der Gewissensfrei-heit wahrgenommen wird. Sicherlich gibtes, je nach den sozialen und geografischenKontexten, Differenzierungen in den Posi-tionen und Haltungen der Gläubigen zudiesem Thema. Es kommt darauf an, ob je-mand in einer stark säkularisierten undtechnisierten Kultur lebt, oder in einemeinfachen und ländlichen Kontext. VieleAntworten geben den Eindruck wieder,dass die „verantwortliche Vater- und Mut-terschaft“ für viele Katholiken die gemein-same Verantwortung enthält, im Gewissendie angemessenste Methode der Geburten-regelung auszuwählen, und dies auf derGrundlage verschiedener Kriterien, die vonder Wirksamkeit über die praktische An-wendbarkeit bis zur körperlichen Verträg-lichkeit reichen.

124. Vor allen Dingen in den Bemer-kungen wird die Schwierigkeit hervorgeho-ben, den Unterschied zwischen den natür-lichen Methoden der Geburtenregelungund der Empfängnisverhütung zu verste-hen, besonders dann, wenn in den Medienvon „natürlichen“ und „nicht natürlichen“Methoden der Empfängnisverhütung dieRede ist. Von daher versteht sich, warumdiese Unterscheidung als ein Vorwandempfunden wird, und die „natürlichen“Methoden einfachhin als unwirksam oderunpraktisch abgetan werden. Die natürli-chen Methoden zur Regelung der Frucht-barkeit sind keine natürlichen „Techni-ken“, die auf ein Problem angewandtwerden, um es zu lösen: Sie respektieren die„menschliche Ökologie“, die Würde der se-xuellen Beziehung unter den Eheleuten,und sie stehen im Zusammenhang miteiner Sicht der auf das Leben hin offenenEhelichkeit. In diesem Sinn sind sie von derEmpfängnisverhütung zu unterscheidenund die Erfahrung zeigt die Wirksamkeitihrer Anwendung.

125. Antworten und Bemerkungenheben gleichermaßen hervor, dass ein sehrgroßer Unterschied zwischen den „abtrei-benden“ und „nicht abtreibenden“ Metho-den der Empfängnisverhütung gemachtwird. Oft ist dies das Beurteilungskriterium,das angewandt wird, wenn es um die mora-lische Güte der verschiedenen Methodengeht. Darüber hinaus wird in den eingegan-genen Antworten, besonders aber in ver-schiedenen Bemerkungen, auf die Schwie-rigkeiten hingewiesen, die im Hinblick aufdie Vorbeugung vor AIDS/HIV bestehen. IndenGegenden derWelt, wo diese Krankheitsehr verbreitet ist, ist dieses Problem groß.Vor allem angesichts einiger verkürzend-ka-rikierender Berichte in den Medien wirddas Bedürfnis empfunden, die Position derKirche diesbezüglich besser zu erklären. Ge-rade im Gefolge einer personalistischenund beziehungsbetonenden Sichtweisescheint es erforderlich zu sein, die Fragenicht auf rein technische Probleme einzu-engen. Es geht darum, Dramen zu beglei-ten, welche das Leben unzähliger Men-schen zutiefst zeichnen, und zur Fördererneiner wirklich humanen Art zu werden, dieRealität der Paarbeziehung in häufigschwierigen Situationen zu leben, welcheeine entsprechende Sorge und echten Res-pekt verdienen.

Einige Ursachen der schwierigenRezeption126. Alle Antworten neigen dazu, her-

vorzuheben, dass die Schwierigkeiten derRezeption der Botschaft der Kirche über diefruchtbare Liebe zwischen Mann und Fraumit dem großen Unterschied zusammen-hängen, der zwischen der Lehre der Kircheund der zivilen Erziehung besteht, beson-ders in den Gegenden der Erde, welche stär-

ker von der Säkularisierung gekennzeichnetsind. Die von Seiten der Bischofskonferen-zen eingegangenen Antworten legen denAkzent vorwiegend auf die zugrunde lie-gende unterschiedliche Anthropologie. Eswird deutlich, dass große Schwierigkeitenbestehen, wenn es darum geht, die Bezie-hung zwischen der christlichen Anthropo-logie und dem Sinn der natürlichen Rege-lung der Fruchtbarkeit zum Ausdruck zubringen. Die Reduzierung der Problematikauf die Kasuistik ist der Förderung einerweiten Sicht der christlichen Anthropolo-gie nicht dienlich. Häufig wird festgestellt,dass die Lehre der Kirche vorschnell alsrückständig abgelehnt wird, ohne sich mitihren Gründen oder ihrem Bild des Men-schen und des menschlichen Lebens ausei-nanderzusetzen.

127. In einigen Antworten wird eineVerbindung hergestellt zwischen der weitverbreiteten Empfängnisverhütungsmenta-lität und der massiven Präsenz der Gender-Ideologie, welche dazu neigt, einige grund-legende Bestandteile der christlichen Anth-ropologie zu verändern, unter anderem denSinn des Körpers und der sexuellen Diffe-renz, welche durch die Gender-Orientie-rung ersetzt wird, bis hin zum Vorschlageiner Geschlechtsumwandlung. Diesbezüg-lich wird vielfach die Notwendigkeit laut,im Hinblick auf diese immer weiter um sichgreifende Ideologie über die allgemeineVerurteilung hinauszugehen, um auf diesePosition, die heute in vielen westlichen Ge-sellschaften weit verbreitet ist, in begründe-ter Weise antworten zu können. In diesemSinn ist der Misskredit, in den die Positionder Kirche im Hinblick auf Vaterschaft undMutterschaft geraten ist, nichts weiter alsein Mosaikstein einer anthropologischenVeränderung, welche einige sehr einfluss-reiche Kreise fördern. Die Antwort kannsich daher nicht nur auf die Frage der Ver-hütungsmittel oder der natürlichenMetho-den beschränken, sondern muss auf derEbene der entscheidenden menschlichenErfahrung der Liebe erfolgen, und dabeiden inneren Wert der Differenz entdecken,welche das menschliche Leben und seineFruchtbarkeit kennzeichnet.

Pastorale Vorschläge128. Aus pastoraler Sicht unterstreichen

die Antworten in vielen Fällen die Notwen-digkeit, den Inhalt von Humanae Vitae – ineiner erneuerten Sprachgestalt und verbun-den mit der Förderung einer entsprechen-den kohärenten Anthropologie – besser be-kannt zu machen, und sich dabei nicht nurauf die Ehevorbereitungskurse zu beschrän-ken, sondern wirkliche Programme der Er-ziehung zur Liebe zu entwickeln. EinigeAntworten schlagen vor, dass die Präsenta-tion der natürlichen Methoden zur Rege-lung der Fruchtbarkeit in Zusammenarbeitmit sowohl in medizinischer, als auch inpastoraler Hinsicht wirklich vorbereitetenPersonen geschieht. Zu diesem Zweck wirdauf der Zusammenarbeit mit universitärenZentren bestanden, welche sich das Stu-dium und die Verbesserung der natürlichenMethoden im Zusammenhang mit der För-

derung einer ökologischen Sicht desMenschlichen zum Ziel gesetzt haben. Ingleicher Weise wird vorgeschlagen, dieserThematik bei der Ausbildung der zukünfti-gen Priester in den Seminaren mehr Raumzu geben, denn die Priester sind oft unvor-bereitet, wenn es um diese Themen geht,und geben daher manchmal unrichtigeoder irreführende Antworten.

Bezüglich der sakramentalen Praxis129. Im Zusammenhang mit den pasto-

ralen Vorschlägen bezüglich der Offenheitfür das Leben begegnet man dem Themader mit diesen Situationen verbundenensakramentalen Praxis, sei es imHinblick aufdas Bußsakrament, sei es im Hinblick aufdie Teilnahme an der Eucharistie. Diesbe-züglich stimmen die Antworten im wesent-lichen in der Beobachtung überein, dass inden stark säkularisierten Gegenden die Paa-re im Allgemeinen den Gebrauch der Emp-fängnisverhütungsmittel nicht als Sündebetrachten. Daher besteht auch die Ten-denz, dies nicht zum Gegenstand derBeichte zu machen und ohne Probleme zurEucharistie hinzuzutreten. Im Unterschieddazu wird hervorgehoben, dass unter denGläubigen das Bewusstsein, dass die Abtrei-bung eine sehr schwere Sünde und immerGegenstand der Beichte ist, weiterhin be-steht. Einige Antworten sagen, dass sich die„Gewissenserforschung“ der christlichenPaare heute auf die Beziehung zwischenden Eheleuten (Untreue, mangelnde Liebe)konzentriert, und die Frage nach der Offen-heit für das Leben eher beiseite lässt. Diesbestätigt die schwache Wahrnehmung desZusammenhangs zwischen der Hingabe anden Anderen in Treue und der Hervorbrin-gung des Lebens. Die Antworten hebenauch hervor, dass die pastorale Haltung derPriester bezüglich dieses Themas sehrunterschiedlich ist: Sie reicht von denjeni-gen, die eine verständnisvolle und beglei-tende Haltung einnehmen bis zu denen,die sich entweder sehr unnachgiebig oderaber zu lax zeigen. Hier wird die Notwen-digkeit bestätigt, die Ausbildung der Pries-ter über diese Aspekte der Pastoral zu über-denken.

Eine für das Leben offeneMentalität fördern130. In einigen Gegenden der Erde

haben die Mentalität der Empfängnisver-hütung und die Verbreitung eines indivi-dualistischen Menschenbildes einen star-ken demographischen Rückgang zur Folge,dessen soziale und menschlichen Konse-quenzen nicht genügend berücksichtigtwerden. Die auf den Geburtenrückgangausgerichtete Politik verändert die Qualitätder Beziehung zwischen den Eheleutenund das Verhältnis unter den Generatio-nen. Daher ist es Teil der pastoralen Verant-wortung der Kirche, darüber nachzuden-ken, wie eineMentalität unterstützt werdenkann, die stärker für das Leben offen ist.

131. Viele Antworten und Bemerkun-gen heben den Zusammenhang zwischender Offenheit für die Nachkommen und so-zialen- und Arbeitsmarktfragen hervor: die

Förderung der Geburten erscheint inner-lich verbunden mit dem Vorhandenseinder Bedingungen, welche es den jungenPaaren erlauben, in Freiheit, Verantwor-tung und Gelassenheit die Entscheidungtreffen zu können, Kindern das Leben zuschenken und sie zu erziehen. Kindergär-ten, flexible Arbeitszeiten, Elternzeit unddie Erleichterung der Wiedereingliederungin den Arbeitsmarkt scheinen diesbezüg-lich entscheidende Bedingungen zu sein.Daher gibt es auch eine zivile Verantwor-tung der Christen, Gesetze und Strukturenzu fördern, welche eine demwerdenden Le-ben gegenüber positive Haltung fördern.Aus einer mehr pastoralen Sicht heben dieAntworten die Nützlichkeit der diözesanenFamilienberatungsstellen und der Familien-vereinigungen hervor, die zu Zeugen derSchönheit und desWertes der Offenheit fürdas Leben werden. Es wird empfohlen, dassdie Synode dabei hilft, den tiefen anthro-pologischen Sinn der Moral des Ehelebenswieder zu entdecken, welche jenseits jedenMoralismus als eine aufrichtige Spannungerscheint, die anspruchsvolle Schönheit derchristlichen Liebe zwischen Mann undFrau zu leben, und ihr im Blick auf jene grö-ßere Liebe einen Wert zu geben, die bis da-hin geht, „das Leben für seine Freunde zugeben“ (Joh 15,13). Es hat nicht an Antwor-ten gefehlt, die dazu einladen, denWert derehelichen Keuschheit im Zusammenhangmit der Authentizität liebender Erfahrungwiederzuentdecken.

Kapitel IIDie Kirche und die Familieangesichts der erzieherischenHerausforderunga) Die erzieherische Herausforderungim allgemeinenDie erzieherische Herausforderungund die Familie heute132. Die Herausforderungen, welchen

die Familie im Bereich der Erziehung begeg-net, sind vielfältig. Oft fühlen sich die El-tern dieser Aufgabe nicht gewachsen. DasLehramt der jüngsten Zeit hat die Bedeu-tung der Erziehung, für welche die Eheleutein ihrer Ehe auch eine besondere Gnadeerhalten, hervorgehoben. In den Antwor-ten und Bemerkungen wird unterstrichen,dass die Erziehung umfassend sein und diegroße Frage nach der Wahrheit hervorrufenmuss, welche den Weg des Lebens leitenkann (vgl. Benedikt XVI., Ansprache vom21. Januar 2008). Sie entsteht immer inner-halb einer Liebe, welche mit der Erfahrungbeginnt, die das Kind lebt, das von seinenEltern angenommen wird (vgl. BenediktXVI., Ansprache vom 23. Februar 2008).Die Erziehung besteht in einer umfassen-den und tiefen Einführung in die ganzeWirklichkeit und besonders in das sozialeLeben. Sie ist erstrangige Verantwortungder Eltern, welche der Staat anzuerkennen,zu schützen und zu fördern hat (vgl. GE 3;FC 37). Papst Franziskus hat die Bedeutungder Erziehung bei der Weitergabe des Glau-bens hervorgehoben: „Nach einem Wort

des heiligen Augustinus sind die Eltern be-rufen, ihre Kinder nicht nur zum Leben zuzeugen, sondern sie zu Gott zu bringen, da-mit sie durch die Taufe als Kinder Gotteswiedergeboren werden und das Geschenkdes Glaubens empfangen“ (Lumen Fidei43).

Weitergabe des Glaubens undchristliche Initiation133. Die pastorale Tätigkeit der Kirche

ist aufgerufen, den Familien in ihrer erzie-herischen Aufgabe zu helfen, angefangenmit der christlichen Initiation. Die Kateche-se und die Bildung in der Pfarrei sind un-verzichtbare Mittel, um die Familie in die-ser erzieherischen Aufgabe zu unterstützen,besonders anlässlich der Vorbereitung aufTaufe, Firmung und Erstkommunion. Ander Seite der Familien und der Pfarreienwird die Fruchtbarkeit des Zeugnisses derBewegungen im Bereich der Familienspiri-tualität und der Vereinigungen von Laienhervorgehoben, innerhalb derer man im-mer mehr dazu übergeht, einen Dienst amPaar zu entwickeln, innerhalb dessen dieAusbilder der Familien das Wachstum derHauskirche durch persönliche Begegnun-gen unter den Familien, besonders aberdurch die Pflege des Gebetes, fördern.

134. Die christliche Erziehung in derFamilie verwirklicht sich vor allen Dingendurch das Zeugnis des Lebens, das die El-tern ihren Kindern geben. Einige Antwor-ten erinnern daran, dass die Methode derGlaubensweitergabe sich mit der Zeit nichtändert, auch wenn sie sich an die Umstän-de anpasst: der Weg der Heiligung des Paa-res; persönliches und familiäres Gebet; Hö-ren auf dasWort und Zeugnis der Liebe. Da,wo dieser Lebensstil gelebt wird, ist dieWei-tergabe des Glaubens gesichert, auch wenndie Kinder einem gegenteiligen Druck aus-gesetzt sind.

Einige spezifische Schwierigkeiten135. Die Herausforderung der christli-

chen Erziehung und der Weitergabe desGlaubens ist in vielen Ländern oft durcheinen tiefen Wandel der Beziehung zwi-schen den Generationen geprägt, welcherin der Realität der Familie die Vermittlungder Werte konditioniert. In der Vergangen-heit war diese Beziehung die Basis einesGlaubenslebens, das geteilt und als Gut voneiner Generation zur nächsten vermitteltwurde. Diesbezüglich verweisen alle Bi-schofskonferenzen und viele Bemerkungenauf tiefgreifende Wandlungen und derenEinfluss auf die erzieherische Verantwor-tung der Familie hin. Dennoch ist es unum-gänglich, Differenzierungen anzubringen,je nach den in der jeweiligen Gesellschaftnoch vorhandenen Elementen der Tradi-tion oder der Entwicklung der Säkularisie-rungsprozesse. Die BischofskonferenzenWesteuropas erinnern daran, dass es in densechziger und siebziger Jahren einen star-ken Generationskonflikt gegeben hat. Heu-te scheinen die Eltern, vielleicht auch be-dingt durch diese Erfahrungen, vorsichtigerzu sein, wenn es darum geht, die Kinder zurreligiösen Praxis zu bewegen. Gerade in die-sem Bereich versucht man eher, Konfliktezu vermeiden, als auszutragen. Darüber hi-naus fühlen sich die Eltern selbst oft unsi-cher, wenn es um religiöse Themen geht.Daher bleiben sie, wenn es um die Weiter-gabe des Glaubens geht, oft sprachlos unddelegieren diese Aufgabe, auch wenn sie ihrBedeutung beimessen, an religiöse Institu-tionen. Dies scheint eine gewisse Schwächeder Erwachsenen, besonders der jungen El-tern zu bescheinigen, wenn es darum geht,mit Freude und Überzeugung die Gabe desGlaubens weiterzugeben.

136. Aus den Antworten wird ersicht-lich, dass die katholischen Schulen auf denverschiedenen Ebenen bei der Weitergabedes Glaubens an die Jugendlichen einewichtige Rolle spielen und für die Eltern inihrer erzieherischen Aufgabe eine großeHilfe sind. Es wird empfohlen, dass sie ver-mehrt und von der ganzen Gemeinschaftder Kirche unterstützt werden. Dies ist vorallem da von Bedeutung, wo der Staat sichbesonders in die erzieherischen Prozesseeinmischt, und versucht, der Familie die ihreigene erzieherische Verantwortung abzu-nehmen. In diesem Sinne ist die katholi-sche Schule Ausdruck der erzieherischenFreiheit und verteidigt den Primat derFamilie als wirkliches Subjekt des Erzie-hungsprozesses, das von den anderen Ak-teuren im Bereich der Erziehung unter-stützt werden muss. Es wird eine engereZusammenarbeit zwischen Familie, Schuleund christlicher Gemeinschaft gefordert.

137. Wie die Bischofskonferenzen desMittleren Orients in Erinnerung rufen,wird die Aufgabe der Familie in der Weiter-

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Die Tagespost Samstag, 28. Juni 2014 Nr. 76 / Nr. 26 ASZ Kirche aktuell 15

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Weltweit bedroht sowohl die materielle als auch die geistliche Armut Kinder und Familien. Die Folgen sind verheerend. Foto: dpa

gabe des Glaubens und bei der Glaubens-erziehung in den Gegenden als besonderswichtig empfunden, wo die Christen in derMinderheit sind. In den Antworten aus denLändern Osteuropas wird auf eine schmerz-liche Erfahrung verwiesen: Die älteren Ge-nerationen haben ihr Leben im Sozialismusgelebt und die christlichen Grundlagen vordem Auftauchen dieses Regimes erhalten.Die junge Generation ist hingegen ineinem postkommunistischen, von starkenSäkularisierungsprozessen gekennzeichne-ten Klima aufgewachsen. All das hat dieWeitergabe des Glaubens negativ konditio-niert. Die jüngeren Generationen sind abersensibel, besonders für das Beispiel und dasZeugnis der Eltern. Allgemein sind jene Fa-milien, die sich an den kirchlichen Bewe-gungen beteiligen, aktiver, wenn es darumgeht, den Glauben an die neuen Generatio-nen weiterzugeben. In einigen Antwortenfindet sich im Hinblick auf den Glauben soetwas wie ein erzieherisches Paradox: Inverschiedenen kirchlichen Realitäten sindes nicht die Eltern, die den Glauben an dieKinder weitergeben, sondern umgekehrt,die Kinder, die den Glauben annehmen,vermitteln ihn an die Eltern, die vor Zeitendie christliche Praxis hinter sich gelassenhaben.

b) Die christliche Erziehung inschwierigen familiären Situationen138. Da die Weitergabe des Glaubens

und die christliche Erziehung untrennbarmit dem authentischen Zeugnis des Lebensverbunden sind, wird verständlich, dassschwierige Verhältnisse innerhalb der Fami-lie die Komplexität des erzieherischen Pro-zesses zuspitzen. In diesem Sinne sollte imHinblick auf die christliche Erziehung denfamiliären Realitäten, in denen die Kinderbesonders von der als irregulär bezeichne-ten Situation ihrer Eltern betroffen sind,eine größere pastorale Aufmerksamkeit ge-schenkt werden. Diesbezüglich wird derGebrauch einer Terminologie gewünscht,die nicht den Eindruck der Distanz, son-dern der Integration erweckt, die stärker dieAufnahme, die Liebe und die Begleitungvon Seiten der Kirche vermittelt, um, be-sonders bei den betroffenen Kindern undJugendlichen, nicht den Eindruck der Zu-rückweisung oder der Diskriminierungihrer Eltern zu erwecken, im Bewusstseindessen, dass die Situationen, nicht dieMen-schen, „irregulär“ sind.

Ein Überblick über die Situation139. Die Gesamtsituation im Hinblick

auf die Erziehung ist derzeit ziemlich kom-plex und veränderlich. Es gibt Regionen, indenen der katholische Glaube weiterhineine breite Zustimmung findet, in denenaber die Zahl der Kinder und Jugendlichen,die in regulären Familien geboren werdenund aufwachsen, immermehr abnimmt. Inanderen Regionen müssen sich die Teilkir-chen anderen Herausforderungen stellen,

weil die nichtehelichen Lebensgemein-schaften, die Homosexualität oder die Zi-vilehe nicht erlaubt sind. Aber die Kirchetrifft überall, wenn auch in unterschiedli-cher Ausprägung, auf diese schwierigenoder irregulären Situationen. Auch dort, woweiterhin ein Großteil der Eltern in regulä-ren kirchlichen Ehen lebt, wächst das Phä-nomen.

140. Aus den Antworten gehen bezüg-lich der irregulären Situationen und ihrerAuswirkung auf die Erziehung drei Elemen-te hervor: Bezüglich der gleichgeschlechtli-chen Lebensgemeinschaften ist aus denAntworten erkennbar, dass diese Tatsache,die derzeit auf „liberal-progressive“ Länderbeschränkt ist, keine spezifischen pastora-len Fragestellungen hervorruft. Einige pas-torale Leitlinien wurden schon am Endedes II. Teils erwähnt. Ein zweites zu beden-kendes Element besteht im Vorhandenseinund imWachsen der Einelternfamilien: Ofthandelt es sich um Mütter, die sich in Kon-texten der Armut um ihre Kinder küm-mern. Dieses Phänomen betrifft vor allemdie Sensibilität der Kirchen in Lateinameri-ka und Asien, wo diese Mütter nicht seltengezwungen sind, die Erziehung der Kinderan den Familienclan zu delegieren. Drittenshat im Süden der Welt das Phänomen der„Straßenkinder“, die von Eltern, die inSchwierigkeiten sind, sich selbst überlassenoder als Waisen nach dem gewaltsamenTod der Eltern den Großeltern anvertrautwerden, eine große Bedeutung.

Die an die Kirche gerichtetenAnfragen141. Aus der Analyse der Antworten

geht allgemein gesprochen die Tendenzhervor, dass sich die Eltern in irregulären Si-tuationen mit sehr unterschiedlicher Hal-tung an die Kirche wenden, je nach denGefühlen und Motivationen, die sie leiten.Es gibt solche, die gegenüber der Kirchesehr viel Respekt und Vertrauen an den Taglegen, wie solche, die aufgrund der Scham,die sie hinsichtlich ihrer Entscheidungenempfinden, eine negative Haltung haben,oder solche, die aus Angst vor Zurückwei-sung oder Ausgrenzung zögern, sich anzu-nähern. Während einige glauben, dass diekirchliche Gemeinschaft sie trotz ihresScheiterns und ihrer Schwierigkeiten ver-stehen und annehmen kann, beurteilenandere die Kirche als eine Institution, diesich zu sehr in den Lebensstil der Men-schen einmischt, oder sie sind überzeugt,dass sie eine Art Vormund sei, der Erzie-hung und Begleitung garantierenmuss, oh-ne aber zu viele Erwartungen zu haben.

142. Die erstrangige undweitest verbrei-tete Anfrage, welche die Eltern in dieser Le-benssituation an die Kirche richten, ist dieder Sakramentenspendung an die Kinder,besonders der Taufe und der Erstkommu-nion. Diese Anfrage ist jedoch mit einerdeutlichen Schwierigkeit verbunden, näm-lich der religiösen Bildung und der Teilnah-me am Leben der Pfarrei die entsprechende

Bedeutung und den rechten Wert beizu-messen. Viele wissen, dass die Katecheseeine Voraussetzung für den Sakramenten-empfang darstellt. Sie sehen in ihr aber we-niger eine Chance, als vielmehr einePflicht, eine Formalität oder einen Kom-promiss, den es einzugehen gilt, damit dasKind empfangen kann, was sie erbitten. DieAntworten weisen darauf hin, dass von Sei-ten der Eltern oft Zurückhaltung und Des-interesse im Hinblick auf den von der Ge-meinde vorgeschlagenen Vorbereitungswegfestzustellen sind. Das führt dazu, dass dieEltern häufig, wenn möglich, vermeiden,am Vorbereitungsweg, der für die Kinderund für sie gedacht ist, teilzunehmen. Sieentschuldigen sich mit Gründen der Zeitund der Arbeit; oft handelt es sich aber umGleichgültigkeit und die Suche nach be-quemen und schnellen Lösungen. Manch-mal zeigen sie auch gegenüber den Anre-gungen der Katecheten eine negative Hal-tung. In anderen Fällen wird ihre Indiffe-renz deutlich, denn sie bleiben im Hinblickauf jedwede Initiative passiv und lassensich in die religiöse Erziehung des Kindesnicht einbeziehen.

143. Was aus der Analyse der Daten her-vorgeht ist, dass viele dieser Eltern, wie üb-rigens auch ein guter Teil der regulär ver-heirateten katholischen Eltern, für ihreKinder die sakramentale Initiation erbitten,um nicht mit einer Gewohnheit, mit einertypischen gesellschaftlichen Sitte, zu bre-chen. Das Sakrament stellt für viele immernoch ein traditionelles Fest dar, das sie we-niger aus Überzeugung, sondern mehr ausAnpassung an einen familiären und sozia-len Brauch erbitten. Es gibt aber auch El-tern, die ernsthaft wünschen, den Glaubenan die Kinder weiterzugeben und sich des-halb den Bildungswegen anschließen, wel-che die Pfarrei im Hinblick auf die Sakra-mentenspendung anbietet. Manchmal bit-ten sie selbst auch um Hilfe, um aus den Si-tuationen herauszukommen, die sieschwach machen, sind bereit, einen wirkli-chen spirituellen Weg zu gehen und wün-schen, aktiv am Leben der Kirche teilzu-nehmen, indem sie sich in den kateche-tisch-sakramentalen Weg der Kinder einbe-ziehen lassen. In nicht wenigen Fällen ent-decken die Eltern in unverfälschterer Weiseden Glauben wieder, und kommen auchmanchmal so weit, nach vielen Jahren desZusammenlebens die Eheschließung zu er-bitten.

144. Aus den Antworten gehen auch an-dere Arten von Anfragen hervor, welche El-tern in irregulären Situationen an die Kir-che richten. In bestimmten kulturellenRealitäten kommt es vor, dass sie aus aber-gläubischen Gründen die Sakramente fürihre Kinder erbitten, oder um zu verhin-dern, dass sie im Unglauben bleiben. In an-deren Fällen wenden sie sich an die Priestervor Ort, nur, um eine ökonomische oder er-zieherische Unterstützung erhalten zu kön-nen. Allgemein nimmt die Nachfrage nachder Firmung der eigenen Kinder ab, beson-

ders in den stärker säkularisierten Ländern.Die Idee bricht sich Bahn, dass es gut sei,den Kindern die Freiheit und die Verant-wortung zu lassen, den Weg der Initiationin das christliche Leben zu beginnen. Eineandere Schwierigkeit entsteht dann, wenngeschiedene Eltern im Hinblick auf denWeg der christlichen Initiation des Kindesuneinig sind. In diesen Fällen ist die Kircheaufgerufen, durch Verständnis und Dialogeine wichtige Vermittlerrolle zu überneh-men.

145. Im Hinblick auf die Nachfrage be-züglich des katholischen Religionsunter-richtes für die eigenen Kinder lassen sich inden eingegangenen Antworten und Bemer-kungen zwei Typologien feststellen. Auf dereinen Seite sind die Fälle, in denen es mög-lich ist, neben der pfarrlichen Katechesedas Angebot des katholischen Religions-unterrichtes in der Schule zu nutzen, oderauch nicht. Von dieserMöglichkeit machenin der Regel auch die Eltern Gebrauch, diein irregulären Situationen leben, sowie, vorallem in Europa, auch viele Nichtkatholi-ken oder Ungetaufte. In einigen Gebietender europäischen Länder ist im Lauf derletzten Jahre die Zahl derjenigen gestiegen,die sich in öffentlichen Schulen für den ka-tholischen Religionsunterricht einschrei-ben. Auf der anderen Seite gibt es einigeSchulsysteme im Bereich der Elementarer-ziehung (wie das australische), welche dieMöglichkeit einer guten Glaubenserzie-hung und Religionsunterricht anbieten. Indiesen Fällen nehmen viele Eltern in irregu-lären Situationen, deren Kind getauft ist,diese Möglichkeit an, die es erlaubt, an denschulischen Programmen der christlichenBildung teilzunehmen, welche auf den Sak-ramentenempfang vorbereiten, ohne anden katechetischen Programmen der Pfar-rei teilzunehmen. Eine andere Realität stel-len die katholischen Schulen und Kollegiendar, die in allen Kontinenten verbreitetsind. In ihnen können die Kinder von El-tern in irregulären Situationen eingeschrie-ben werden, ohne dass Vorurteile bestün-den. Tatsächlich ist es so, dass sie sich gernean diese Schulen wenden, vor allem, weilsie wissen, dass sie bei der Erziehung ihrerKinder Unterstützung und Zusammen-arbeit erfahren. In Afrika stellen die katho-lischen Schulen wichtige Orte der christli-chen Erziehung der Kinder dar. In den Ant-worten wurde selten auf die Frage einge-gangen, welche Auswirkungen der katholi-sche Religionsunterricht im Rahmen derGlaubenserziehung hat. Es wird auf Versu-che der Zusammenarbeit zwischen pfarrli-cher Katechese, schulischer Aktivität undReligionsunterricht hingewiesen, wo be-sonders in diesem Bereich gearbeitet wird.Dies scheint vor allem da der einzuschla-gende Weg zu sein, wo sich der katholischeReligionsunterricht auf den intellektuellenAspekt beschränkt.

Die Antworten der Teilkirchen146. Die Teilkirchen setzen sich dafür

ein, die Familien, auch diejenigen in irregu-lären Situationen, zu begleiten. Wenn dieEltern, die sich häufig von der Kirche ent-fernt haben, sich nun wieder annähernund von der Gemeinschaft der Kirche dieSakramentenvorbereitung ihrer Kinder er-bitten, ist – wie aus den Antworten hervor-geht – die offene und vorurteilsfreie Auf-nahme die von allen ammeisten geschätzteVorgehensweise. Dies bedeutet, dass derRespekt, die wohlwollende Offenheit unddas Hören auf die menschlichen und geist-lichen Bedürfnisse sich als grundlegendeHaltungen erweisen, wenn es darum geht,ein der Vermittlung des Evangeliums för-derliches und entsprechendes Umfeld zuschaffen. Unter den wirksamen und be-deutsamen kirchlichen Erfahrungen imHinblick auf die Unterstützung des Wegesdieser Eltern werden hervorgehoben: diegemeinschaftlichen und familiären Kate-chesen; die Bewegungen, welche eine Ehe-pastoral unterstützen; die Sonntagsmessen;die Besuche in den Familien; Gebetsgrup-pen; Volksmissionen; das Leben der kirchli-chen Basisgemeinden; die Bibelgruppen;die Tätigkeit und die Pastoral der kirchli-chen Bewegungen; die christliche Bildung,welche, vor allem in Lateinamerika den El-tern der Kinder angeboten wird, die einesder zahlreichen katholischen Kollegienoder Erziehungseinrichtungen besuchen.Oft sind es die Kinder, die ihre Eltern evan-gelisieren.

147. Ungeachtet dessen, was bisher aus-geführt wurde, stellen nicht alle Antwortenfest, dass die derzeitige Pastoral der Kircheimmer in der Lage ist, diese spezifischen fa-miliären Realitäten entsprechend zu beglei-ten. Die pastorale Tätigkeit bräuchte eineErneuerung, Kreativität und Freude, umwirksamer und anregender zu sein, wenn esdarum geht, eine wechselseitige Durchdrin-gung zwischen Ausbildung der Kinder,Glaubensbildung der Eltern und Leben derGemeinschaft herzustellen. Es gibt neueInitiativen, die in diese Richtung gehen:Momente der Bildung, des Gebetes und derEinkehr für die Eltern, parallel zur Sakra-mentenkatechese für die Kinder; die „Schu-len für Eltern“; katechetische Programmezur Familien- und Sexualmoral; das Ange-bot, wie zum Beispiel in Nigeria und Südaf-rika, verschiedene Brautpaare in einer Trau-ungszeremonie zusammenzufassen (mass-marriage), auch, um der finanziellenSchwierigkeit entgegenzukommen, diemanchmal die Entscheidung zur Ehe ver-langsamt oder entmutigt. Einige weisenaber darauf hin, dass es sich hier um nochnicht ganz ausgereifte Angebote handelt.

148. Aus den Antworten auf den Frage-bogen geht hervor, dass einerseits die Be-gleitung der Eltern von ihrer Bereitschaft,sich begleiten und führen zu lassen, ab-hängt. Andererseits hängt ihre Begleitungaber vor allem vom Verantwortungssinnund der Sorgfalt der Priester vor Ort ab, vonihrer Fähigkeit, die Gemeinschaft der Pfar-

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16 Kirche aktuell Die Tagespost Samstag, 28. Juni 2014 Nr. 76 / Nr. 26 ASZ

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Mit Blick auf die zahlreichen Angriffe auf Ehe und Familie hat sich in einigen Ländern – etwa in Frankreich – bereits eine neue Kulturdes Protests etabliert. Auch die Kirche streitet dafür, dass die Familien nicht unter der Räder der Ideologen kommt. Foto: dpa

rei weitestmöglich einzubinden. In dendeutschen Pfarreien werden beispielsweisesowohl die Kinder als auch die Eltern voneiner Gruppe von Katecheten begleitet, dieihnen auf dem ganzen katechetischen Wegzur Seite stehen. In den großen Städtenscheint es schwieriger zu sein, eine perso-nalisierte pastorale Zugehensweise umzu-setzen. Jedenfalls stellt die Möglichkeit,sich mit tiefer Aufmerksamkeit jenenSchwestern und Brüdern zu nähern, ihnendabei zu helfen, die Fragen auszudrücken,die sie auf dem Herzen haben, ihnen einenWeg vorzuschlagen, der in ihnen die Sehn-sucht wieder aufkommen lässt, ihre Bezie-hung zum Herrn Jesus auch durch authen-tische Bande der Gemeinschaft zu vertie-fen, eine große Herausforderung dar. Esgeht darum, die schon vorhandenen Initia-tiven zu verstärken. Hierzu gehören die Ini-tiativen einiger lateinamerikanischer Bi-schofskonferenzen, die Bildungsmaterialherstellen und anbieten, das den Eltern beider Erziehung der Kinder hilft.

149. Die Teilkirchen wissen sehr wohl,dass die Kinder und Jugendlichen nicht dieSchuld an den Entscheidungen oder an derLebensart ihrer Eltern tragen. Deshalb wer-den die Kinder überall ohne Unterschied zuden anderenmit der gleichen Liebe und dergleichen Aufmerksamkeit aufgenommen.Das Angebot christlicher Bildung, das ih-nen gemacht wird, unterscheidet sich nichtvon den katechetischen und pastoralen Ini-tiativen für die Kinder der ganzen Gemein-schaft: die Katechese; die Schulen des Gebe-tes; die Einführung in die Liturgie; dieGruppen, besonders die Kindermission inLateinamerika; die Schulen für biblischesTheater und die Chöre der Pfarrei; Schulenund Ferienlager der Pfarrei; Jugendgruppen.Es wird darauf hingewiesen, dass es keinebesonderen Aktivitäten zur Unterstützungdieser Kinder gibt, um ihreWunden zu hei-len und zu behandeln. Die Förderung vonAngeboten zu ihremWohl wird gewünscht,die Schaffung von Möglichkeiten derUnterstützung, besonders in den schwieri-gen Zeiten der Trennung und der Schei-dung der Eltern, Zeiten, in denen sie weiter-hin auf die familiären Bande hoffen kön-nen dürfen, auch wenn die Eltern sich tren-nen. In einer nordeuropäischen Diözese, inder es einen sehr hohen Anteil an Schei-dungskindern gibt, organisieren einigePfarrer die Katechese an jedem zweitenWo-chenende, um den Schwierigkeiten in die-sen Familienrealitäten und der Mühe ent-gegenzukommen, die die Kinder haben, amWochenende an der Katechese teilzuneh-men. Auf diese Weise können die Kinderimmer teilnehmen, ohne das Gefühl zuhaben, anders zu sein.

150. Neben den Pfarreien, den Vereini-gungen und Bewegungen leistet auch dasApostolat weiblicher Ordensgemeinschaf-ten diesen Eltern und Kindern einen wert-vollen Dienst. Dies vor allem da, wo es For-men extremer Armut, religiöser Intoleranzoder Ausnutzung der Frauen gibt. Auch dasWerk der Glaubensverbreitung trägt durchregelmäßige oder außerordentliche Unter-stützung zur christlichen Erziehung undBildung der Kinder bei, auch derjenigenvon Eltern in irregulären Situationen.

151. Im Hinblick auf die Sakramenten-vorbereitung und die sakramentale Praxishält man sich an das, was von den Normendes Kirchenrechts, den Bischofskonferen-zen und den diözesanen Leitlinien festge-legt ist. Es ist kein alternativer Vorberei-tungsweg vorgesehen, der sich von dem derKinder aus regulären Familien unterschei-det. Grundsätzlich wird daher der klassi-scheWeg gewählt, welcher für die Vorberei-tung auf das Sakrament der Taufe Treffenmit den Eltern vorsieht; darauf folgt in denverschiedenen Altersstufen die geordneteund fortschreitende Katechese, mittels de-rer in etwa drei oder vier Jahren die Vorbe-reitung auf die anderen Sakramente derchristlichen Initiation erfolgt, vorausge-setzt, die Eltern bitten darum, dass die Kin-der sie empfangen können. In einigen Diö-zesen geht der Bildungsweg nach der Fir-mung mit pastoralen Erfahrungen wie demfeierlichen Glaubensbekenntnis und be-sonderen Initiativen für die Jugendgruppenweiter. Allgemein aber ist nach der Firmungein starker Einbruch der Beteiligung zu ver-zeichnen, der manchmal einer zu wenigauf die Jugendlichen abgestimmten Kate-chese zugeschrieben wird. Ebenso ist einNachlassen der sakramentalen Praxis auf-grund unzureichender persönlicher Moti-vation festzustellen. Dies bestätigt die feh-lende Verankerung im Glauben und denMangel an persönlicher Begleitung. Diezwischen den Teilkirchen und den ver-schiedenen katholischen Ostkirchen be-

züglich dieses Themas bestehenden Unter-schiede können es mit der Reihenfolge zutun haben, in der diese Sakramente gespen-det werden, mit dem Alter, in dem sie emp-fangen werden können, oder aber mit derOrganisation der katechetischen Program-me. Hinzu kommen pastorale Entscheidun-gen, welche dazu ermutigen sollten, neueWege der Begleitung zu eröffnen.

152. Es wird auch die Meinung vertre-ten, die Sakramente sollten nicht in einemvorher festgelegten Alter gefeiert werden,sondern entsprechend der geistlichen Reifeder Kinder. Diese Praxis bringt aber nichtselten Schwierigkeiten mit den Eltern mitsich. In anderen Fällen empfangen die Kin-der aus irregulären Familien die Taufe nachdrei oder vier Jahren der Katechese, in demAlter also, in dem ihre Altersgenossen zurersten Kommunion zugelassen werden; sohaben es etwa einige afrikanische Bischofs-konferenzen festgelegt. Wenn Eltern, dienur zusammenleben, die Taufe der Kindererbitten, gibt es einige Diözesen, die einepersönliche Begleitung der Eltern vorsehen,bevor die Kleinen das Sakrament empfan-gen. Die Unterweisung soll sie dazu führen,wieder zu den Sakramenten zu gehen, bishin zur Feier der Trauung. Die Kinder emp-fangen die Taufe erst nach einigen Jahren.Diese Praxis gibt es in einigen afrikanischenund arabischen Ländern. In anderen Län-dern brächte der pastorale Rigorismus imHinblick auf die moralische Einschätzungdes Lebens der Eltern die Gefahr mit sich,den Kindern ungerechterweise die Sakra-mente zu verweigern und zwischen mora-lisch inakzeptablen Situationen eine unge-rechte Unterscheidung zu machen (wennetwa die Kinder für die ungültige Ehe derEltern bestraft werden, es aber keine Rollespielt, ob sie ein verbrecherisches Lebenführen oder andere ausnutzen). Nur seltenwird auf ein Katechumenat für die KinderBezug genommen.

153. Die Schwierigkeiten, die im Hin-blick auf die sakramentale Praxis festgestelltwerden, richten die Aufmerksamkeit aufdelikate Fragestellungen und problemati-sche Knotenpunkte für die Praxis der Teil-kirchen. Bezüglich des Sakramentes derTaufe wird zum Beispiel eine tolerante Hal-tung beklagt, in der manchmal den Kin-dern von Eltern in irregulären Situationendas Sakrament gespendet wird, ohne eineentsprechende Vorbereitung vorzusehen.Im gleichen Zusammenhang gibt es Fälle,in denen der Zugang zur christlichen Initia-tion verwehrt wurde, weil ein Elternteil ineiner irregulären Situation war. In den Ant-worten taucht verschiedentlich die Bezug-nahme auf das starke Unbehagen der Elternauf, nicht zum Bußsakrament und zur Eu-charistie zugelassen zu sein, während dieKinder eingeladen werden, an den Sakra-menten teilzunehmen. Dieses Unbehagenkommt unterschiedlich zum Ausdruck, jenach dem Maß des Verständnisses für dieNichtzulassung. Es reicht von einer rein ne-gativen Haltung bis zur Empfindung, dasses auch einen möglichen Weg der Heilung

gibt.154. Eine sensible Pastoral, die vom Res-

pekt vor diesen irregulären Situationen ge-leitet wird und in der Lage ist, die Erzie-hung der Kinder wirksam zu unterstützen,erscheint immer notwendiger. Im Hinblickauf Eltern, die in diesen Situationen leben,spürt man das Erfordernis einer besseren,beständigen und wirksameren Begleitung.Da die Zahl derjenigen, die sich anlässlichder Sakramentenvorbereitung der Kinderwieder mit dem Glauben auseinanderset-zen, hoch ist, müsste vor Ort über entspre-chende Wege der Wiederentdeckung undder Vertiefung des Glaubens nachgedachtwerden, die ihrerseits eine entsprechendeVorbereitung und angemessene pastoraleTätigkeit voraussetzen. Ein wichtiger Hin-weis ist derjenige auf ein neues Verständnisdes Wertes und der Rolle des Paten oder derPatin auf demGlaubensweg der Kinder undJugendlichen. Die Vorschläge, welche dies-bezüglich gemacht werden, reichen von derErfordernis, die Kriterien für ihre Auswahlzu überdenken, die durch die steigendeZahl von Menschen in irregulären Situatio-nen immer schwieriger wird, bis hin zurNotwendigkeit, eine Katechese für die El-tern und Paten ins Leben zu rufen oder aus-zubauen, denn einem hohem Prozentsatzunter ihnen fehlt das Bewusstsein für dieBedeutung des Sakramentes. Eine spezifi-sche pastorale Begleitung sollte auch für dieMischehen bzw. die kultusverschiedenenEhen vorgesehen werden, in denen es oftechte Schwierigkeiten in der religiösen Kin-dererziehung gibt.

155. Von Seiten der Bischofskonferen-zen wird die Frage gestellt, ob es nicht mög-lich sei, in jeder christlichen GemeinschaftEhepaare vorzubereiten, welche den Wegdes Wachstums derjenigen begleiten undunterstützen können, die echt daran inte-ressiert sind, würdige Paten und Patinnenzu sein. In den Gegenden, in denen die Ka-techeten eine wichtige und zugleich delika-te Rolle spielen, wird vorgeschlagen, dasssie besser ausgebildet und mit verbessertenKriterien ausgesucht werden. Denn die Fäl-le von Katecheten, die in irregulären Ehenleben, rufen Zwietracht und Verwunderunghervor. Es wird hervorgehoben, dass dieKirche der Qualität des katechetischen An-gebotes mehr Aufmerksamkeit schenkensollte. Daneben wird eine bessere Ausbil-dung der Katecheten gefordert, damit sieZeugen mit einem glaubwürdigen Lebensein können. Ferner wird auf die echte Not-wendigkeit einer Sakramentenvorbereitunghingewiesen, die in einer Evangelisierungder Menschen besteht: Es geht darum,mehr an einer Initiation in den Glaubenund in das Leben zu arbeiten. Es wird emp-fohlen, eine den Eltern entsprechende Pas-toral zu garantieren, welche die Zeit zwi-schen der Taufe und der Erstkommunionder Kinder umfasst. Für die Ebene der Deka-nate oder Vikariate wird vorgeschlagen,Treffen für diejenigen zu organisieren, diefamiliäre Probleme haben oder lösenmöchten, und zugleich die Kinder zum

Glauben erziehen sollen.156. Die katholischen Schulen haben

eine große Verantwortung gegenüber dersteigenden Zahl von Kindern und Jugendli-chen unter ihren Schülern, deren Eltern ineiner irregulären Situation leben. Diesbe-züglichmüsste die Erziehungsgemeinschaftder Schule die Rolle der Familie immermehr ersetzen, indem sie eine Atmosphäreder Aufnahme schafft, die in der Lage ist,das Angesicht Gottes zu zeigen. Es wirdjedenfalls gewünscht, dass die Vorbereitungauf die Sakramente durch eine effektiveZusammenarbeit zwischen Pfarrei und ka-tholischer Schule geschieht, um den Sinnder Zugehörigkeit zur Gemeinschaft zustärken. Es wird darum gebeten, dass auf al-len Ebenen des kirchlichen Lebens die An-gebote der Erziehung und Bildung zur Lie-be, zur Affektivität und zur Sexualität fürKinder und Jugendliche verbessert werden.Die Vorstellung neuer Modelle ehelicherHeiligkeit könnte dasWachstum der Einzel-nen innerhalb eines familiären Gefügesstärken, das in seiner Struktur Schutz, Erzie-hung und Liebe bietet.

157. In einigen dieser schwierigen Situ-ationen, wenn es zum Beispiel um Flücht-lings- oder Migrantenpaare geht, müsstedie Kirche vor allemmaterielle und psycho-logische Unterstützung bieten, sowie beider schulischen Ausbildung und der Vor-beugung des Missbrauchs oder der Ausnut-zung Minderjähriger helfen. Im Fall der„Nomaden“, die in der Regel die Taufe ihrerKinder erbitten, müssten sich die Teilkir-chen stärker zu einer geistlichen Begleitungder Familie verpflichten, damit der ganzeKreis der christlichen Initiation abgeschrit-ten werden kann.

SCHLUSS

158. Das umfangreiche im Sekretariatder Bischofssynode eingegangene Materialist in diesem Instrumentum laboris auf eineArt und Weise aufbereitet worden, dass esden Austausch und die Vertiefung fördernkann, die während der Arbeiten der III.Außerordentlichen Generalversammlungder Bischofssynode vorgesehen sind. DerReichtum dessen, was in den Antwortenund Bemerkungen enthalten ist, ist sicher-lich sehr viel größer, als das, was hier einge-arbeitet wurde, um einen ersten Bezugs-punkt für den synodalen Dialog zu bieten.Die drei großen Bereiche, in denen die Kir-che beabsichtigt, eine Debatte zu führen,die zu Leitlinien führen kann, welche denneuen Fragen entsprechen, die im VolkGottes da sind, sind die, die auch hierimmer wieder vorkamen: das Evangeliumder Familie, das es unter den derzeitigenUmständen vorzulegen gilt; die Familien-pastoral, die es angesichts der neuen He-rausforderungen zu vertiefen gilt; das gene-rative und erzieherische Verhältnis der El-tern zu ihren Kindern.

159. Wir beschließen diesen Weg, aufdem wir in den eingegangenen Antwortenund Bemerkungen Freuden und Hoffnun-

gen, aber auch Unsicherheiten und Leidengefunden haben, indem wir an die Quellendes Glaubens, der Hoffnung und der Liebezurückkehren: Wir vertrauen uns der Aller-heiligsten Dreifaltigkeit an, dem Geheim-nis der absoluten Liebe, die sich in Christusgeoffenbart hat und die uns durch den Hei-ligen Geist mitgeteilt worden ist. Die LiebeGottes leuchtet in besonderer Weise in derFamilie von Nazareth auf, die ein sichererBezugspunkt und ein Trost für jede Familieist. In ihr erstrahlt die wahre Liebe, auf diealle unsere familiären Realitäten schauenmüssen, um Licht, Kraft und Trost zuschöpfen. Mit den Worten von Papst Fran-ziskus wollen wir die III. AußerordentlicheGeneralversammlung der Bischofssynodeder Heiligen Familie von Nazareth anver-trauen:

Gebet zur Heiligen Familie

Jesus, Maria und Josef,in Euch betrachten wirden Glanz der wahren Liebe.Mit Vertrauen wenden wir uns an Euch.Heilige Familie von Nazareth,lass auch unsere Familienzu einem Ort der Gemeinschaft undzu Zellen des Gebets werden,zu echten Schulen des Evangeliumsund kleinen Hauskirchen.Heilige Familie von Nazareth,nie wieder soll in den Familien dieErfahrung der Gewalt, der Abschottungund der Teilung gemacht werden:wer immer verletzt oder schockiertwurde, dem sei bald Trost und Heilunggeschenkt.Heilige Familie von Nazareth,die kommende Bischofssynodemöge in allen das Bewusstsein dafürwecken, dass die Familie heilig undunverletzlich ist,und ihre Schönheit im Plan Gottesbegründet liegt.Jesus, Maria und Josef,hört unsere Bitte an und erhört uns.Amen.