Scheidungs-Ratgeber für Frauen

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Von der Trägerin des Wiener Frauenpreises 2004 47 Prozent aller Ehen enden vor dem Scheidungsrichter – immer häufiger auf Initiative der Frau. Doch noch ehe der Entschluss zum endgültigen Aus fällt, tun sich viele Fragen auf, deren Beantwortung entscheidend für das weitere Leben ist: Ist eine Scheidung überhaupt sinnvoll? Wo bleiben die Kinder? Was kostet die Scheidung? Umfassend und kompetent zeigt Scheidungsanwältin Helene Klaar die wichtigsten Konfliktpunkte auf und erläutert gesetzliche Bestimmungen. Sie hilft damit Frauen in dieser heiklen Lebensphase, selbstbewusst nicht nur gegenüber dem Ehemann, sondern auch gegenüber Gerichten und Ämtern aufzutreten. Kooperation mit dem ORF.

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Das Scheidungsverfahren 351

III . Teilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und

der ehelichen Ersparnisse

Bei Wohnungen, die dem Mietrechtsgesetz unterliegen, kann ein Ehe-gatte in die Mietrechte des anderen, wenn dieser die Wohnung verlässt, eintreten, der Abschluss eines neuen Mietvertrags ist in diesem Fall nicht notwendig. Es ist nicht einmal erforderlich, die Scheidungsvereinbarung vorzulegen. Es genügt, gemeinsam ein Schreiben an die Hausverwaltung zu verfassen, mit dem dieser der Übergang der Mietrechte mitgeteilt wird. Die Miete muss daraufhin von der Hausverwaltung dem neuen Mieter vorgeschrieben werden, und zwar in gleicher Höhe wie bisher. (Geschie-dene) Ehegatten und minderjährige Kinder können in Mietrechte zu glei-chen Bedingungen eintreten. Übernehmen nur minderjährige Kinder die Mietrechte, so kann diesen nach Erreichung der Volljährigkeit ein höherer Mietzins vorgeschrieben werden. Bei Genossenschaftswohnungen kann es erforderlich sein, nicht nur Miet- und Nutzungsrechte, sondern auch den Genossenschaftsteil zu übertragen.

A. Die bisherige Ehewohnung im Hause .................................................. ver-bleibt der Ehefrau/dem Ehemann. Der Ehemann/Die Ehefrau überträgt hier-mit (gem. § 12 Abs.1 MRG, § 20 WGG …)sämtliche Hauptmietrechte an der Wohnung ......................... (sowie seinen/ihren Genossenschaftsanteil an der Genossenschaft ................) an die Ehefrau/den Ehemann. Er/Sie verpflichtet sich, alle dazu erforderlichen Erklärungen an den Hauseigentümer/die Haus-verwaltung dieses Hauses sowie sonstige damit befasste Stellen binnen 14 Tagen ab Rechtskraft dieses Scheidungsbeschlusses abzugeben. Der Ehe-mann/die Ehefrau verpflichtet sich weiters, die oben genannte Ehewohnung bis ...................... zu räumen und geräumt von eigenen Fahrnissen an die Ehefrau/den Ehemann zu übergeben, und zwar unter Verzicht auf jeden Räumungsauf-schub.

Die Räumungsfrist muss so lange sein, dass der andere Gelegenheit hat, sich eine passende Wohnmöglichkeit zu verschaffen. Auch wenn Sie es nach der Scheidung nicht erwarten können, dass der Ex-Mann auszieht: Bedenken Sie, wie lange Sie noch mit ihm zusammenleben müssten, wenn der Vergleich nicht zustande käme!

Ist die Räumungsfrist allerdings länger als nur ein paar Wochen, sollte eine Vereinbarung über die Tragung der Wohnungskosten getroffen wer-den, um Ärger zu vermeiden.

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B. Der Hausrat und sämtliche in der Ehewohnung befindlichen Einrichtungs-gegenstände gehen in das Alleineigentum der Ehefrau/des Ehemannes über, ausgenommen die persönlichen Fahrnisse des Ehemannes/der Ehefrau, das sind: …… , hinsichtlich welcher die Ehefrau/der Ehemann das Alleineigentum des Ehemannes/der Ehefrau anerkennt.

Wer nicht mit Scheidungssachen befasst ist, würde es nicht für möglich halten, mit welcher Heftigkeit um Nichtigkeiten des Hausrats auch von ge-scheiten, gutmütigen Menschen gestritten werden kann. Die Partner selbst glauben es am wenigsten und messen diesem Punkt des Vergleichs wenig Bedeutung bei. Der warnende Anwalt oder Richter erhält immer wieder die Antwort: „Um so etwas streiten wir nicht“ oder: „Darüber können wir uns sicher einigen.“

Das Gegenteil ist meistens der Fall. Erhalten Sie dann anstelle eines Gemäldes ein Foto desselben, statt des Silberbestecks der Großmutter das billigste Silberbesteck, das am vergangenen Samstag am Flohmarkt zu kaufen war, statt des gewünschten TV-Geräts das Vorgängermodell, das seit Jahren funktionsunfähig im Keller stand, ist es zu spät: Auch wenn Sie diese Untiefen der Seele bei sich und Ihrem Partner nie vermutet hätten, lohnt es sich, der Empfehlung der beratenden Juristen zu folgen und eine Inventarliste aufzunehmen, in der jedes Stück festgehalten wird, das der ausziehende Partner mitnehmen soll, Elektrogeräte mit Angabe von Mar-ke und Modell, Teppiche mit Angabe von Größe, Farbe und Bezeichnung des Platzes, an dem sie sich bisher befunden haben („blauer chinesischer Seidenteppich 2 m x 1,2 m aus dem Wohnzimmer“), Geschirr mit Angabe von Farbe oder Muster usw. (davor, dass genau vor dem Auszug die teure Vase zu Bruch geht, schützt kein Vergleich). Wäre die Aufnahme aller Po-sitionen zu umfangreich (z. B. bei der Teilung einer CD-Sammlung oder einer Bibliothek), empfiehlt es sich, die Teilung und Entfernung aus der Wohnung schon vor Abschluss des Vergleichs vorzunehmen, dies tunlichst im Beisein von Zeugen. Der letzte Satz von A. könnte dann ersetzt werden durch den Satz:

„Der Ehemann/Die Ehefrau hat die oben genannte Wohnung bereits von sei-nen/ihren eigenen Fahrnissen geräumt übergeben.“

B. wäre entsprechend zu kürzen.

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Das Scheidungsverfahren 353

C. Mit dem Scheidungsvergleich kann auch Eigentum an Liegenschaften, also an einem Haus, einer Eigentumswohnung oder einem Gartengrund-stück übertragen werden, es können auch andere bücherliche Rechte ein-geräumt oder übertragen werden.

Der Scheidungsvergleich ersetzt den ansonsten für derartige Rechtsge-schäfte üblichen schriftlichen Vertrag, ja sogar einen Notariatsakt.

Handelt es sich um eine unbelastete Liegenschaft, so müsste die Mini-malversion für die Übertragung lauten:

Der Ehemann/Die Ehefrau ............................, geboren am ..................., über-trägt seinen/ihren Anteil an der Liegenschaft ......................... in ......................................., EZ ................, der KG ..................... Gerichtsbezirk ....................................., mit den Grundstücken........................ der Ehefrau/dem Ehemann, geboren am ....................... und nimmt diese/dieser die Eigentumsübertragung an. Der Ehemann/die Ehefrau erteilt seine/ihre ausdrückliche Einwilligung, dass aufgrund dieser Vereinbarung ob der genannten Liegenschaft mit allen Antei-len das Eigentum für die Ehefrau/den Ehemann ............................, geboren am .................., einverleibt wird.

Für die Übertragung von Liegenschaften zwischen Eheleuten ist Grunder-werbsteuer zumindest in der Höhe von 2 Prozent des dreifachen Einheits-werts zu bezahlen. Wird für die Übertragung eine Gegenleistung erbracht, wird deren Höhe der 2-prozentigen Grunderwerbsteuer zugrunde gelegt.

Der Scheidungsvergleich, der eine solche Übertragung enthält, muss daher wie ein Vertrag dem zuständigen Finanzamt für Gebühren und Verkehrs-steuern angezeigt werden, und zwar bis längstens zum 15. des auf den Ver-gleichsabschluss zweitfolgenden Monats. Wird also der Vergleich im Februar abgeschlossen, muss die Gebührenanzeige spätestens am 15. April erfolgen.

Bezüglich Liegenschaften ist eine Vielzahl von Vereinbarungen mög-lich: Liegenschaften können zur Gänze oder nur zum Teil übertragen werden, sie können durch ein Pfandrecht oder ein Vorkaufsrecht belastet werden, es kann an einer Liegenschaft ein Wohnrecht (das nur zum Woh-nen berechtigt) oder ein Nutzungsrecht (das dem Berechtigten auch eine Vermietung gestatten würden) eingeräumt werden.

Der Übernehmer könnte sich verpflichten, zu Gunsten gemeinsamer Kinder ein Belastungs- und Veräußerungsverbot und/oder eine Schen-kung auf den Todesfall vorzunehmen; dies müsste mit gesonderten Ver-

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trägen geschehen, da die Kinder ja nicht Vertragspartner des Vergleichs sind.

Es kann etwa vereinbart werden, dass der Übernehmer im Falle ei-nes Verkaufs der Liegenschaft eine zusätzliche Ausgleichszahlung leistet u.v.m.

Zur Absicherung des Erwerbers sind alle im Liegenschaftsverkehr üb-lichen Maßnahmen zu treffen, wie etwa die Einholung einer „Rangordnung der Veräußerung“ (das ist ein gerichtlicher Beschluss, der demjenigen, der ihn in Händen hat, die Eintragung im Grundbuch garantiert und z. B. eine Doppelveräußerung ausschließt) oder die Abwicklung der Zahlung einer Gegenleistung durch einen Treuhänder (die Frau erlegt z. B. die Aus-gleichszahlung bei ihrem Rechtsanwalt, der sich verpflichtet, diese an den Ehemann weiterzuleiten, sobald alle Voraussetzungen für die Eintragung der Frau im Grundbuch vorliegen).

Juristische Beratung (auch zur Vermeidung von Steuerfallen) ist in sol-chen Fällen dringend geboten.

D. Der Pkw, Marke ................, Baujahr .........., mit dem polizeilichen Kennzei-chen ......................., wird in das Alleineigentum der Ehefrau/des Ehemannes übertragen. Der Ehemann/die Ehefrau verpflichtet sich hiermit, binnen 14 Tagen ab Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses sämtliche notwendigen Erklärun-gen für die Übertragung abzugeben.

Bei der Vereinbarung über den Pkw sollten Sie, insbesondere wenn Sie nicht im Stadtzentrum wohnen und Kinder haben, bedenken, dass ohne Auto Ihre Mobilität erheblich eingeschränkt, die Anschaffung eines neuen Autos für Sie aber in der ersten Zeit nach der Scheidung schwer finanzier-bar sein könnte.

An weiteren aufzuteilenden Vermögenswerten gibt es in den meisten Familien Sparbücher, Bausparverträge und Lebensversicherungen.

Sparanlagen der Kinder können, wenn keine Einigung zustande kommt, wer sie in Hinkunft verwalten soll, auch pflegschaftsgerichtlich gesperrt werden. Wiederveranlagungen sind dann nur mit Zustimmung des Ge-richtes möglich, das Guthaben wird erst bei Volljährigkeit der Kinder zu deren Verfügung frei. Besteht ein besonders dringender Geldbedarf eines Kindes, könnte um pflegschaftsgerichtliche Zustimmung zur Verwendung des Geldes ersucht werden.