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Schraubverbindungen in extremer Hitze und Kälte
Kerbschlagarbeit in Abhängigkeit von der TemperaturKerbschlagproben, oben: ISO-V-Probe; unten: ISO-U-Probe
S C H R A U B E N
V E R B I N D U N G S E L E M E N T E
Z E I C H N U N G S T E I L E
B E F E S T I G U N G S T E C H N I K
e K A N B A N
e C O M M E R C E
Wenn es kalt wird– 50 °C sind bei vielen Anwendungsge-bieten von Verschraubungen keine Sel-tenheit. Windenergieanlagen in Kanadaoder Schienenfahrzeuge in Sibirien werden bei diesen und noch kälterenTemperaturen betrieben. Bei solchenTemperaturen steigt die Festigkeit vonWerkstoffen, zugleich jedoch auch derenSprödigkeit oder mit anderen Worten:Die Zähigkeit der Werkstoffe sinkt.
Es sind verhältnismäßig moderate Umgebungstemperaturen von +10 °C bis +35 °C,welche die normative Prüfung von Verbindungselementen (z. B. ISO 898 Teil 1 – 7,Verbindungselemente aus legiertem Stahl und ISO 3506 Teil 1 – 3, Verbindungsele-mente aus nicht rostenden Stählen) vorschreibt. Anwendungsfälle in der Praxis liegenoftmals deutlich außerhalb dieses Temperaturbereiches. Diesem muss durch einegeeignete Werkstoffauswahl Rechnung getragen werden.
Inwiefern sich dieses negativ auswirkt,hängt entscheidend vom Belastungsfallab. Liegt eine rein statische Belastungder Schraube vor – zum Beispiel eineBefestigung von Verkleidungsblechen ineiner Kältekammer – bleibt die verringerteZähigkeit im Regelfall folgenlos. Bei einerdynamischen Belastung jedoch – etwabei einer Rotorblattbefestigung an einerWindkraftanlage – und bei ständiger
Wechsellast in axialer oder in Biege-Richtung verringert die reduzierte Zähig-keit des Materials auch die Verformungs-möglichkeiten einer Schraube. Es kannzur Zerstörung der Verbindung kommen.
Zähigkeit – das Maß aller Dinge?Die verringerte Zähigkeit wirkt sich nurbei Bauteilen aus, die auf Zug bean-sprucht werden. Verbindungselemente,welche auf Druck belastet werden, wieMuttern oder Scheiben, werden in derRegel bei tiefen Temperaturen nicht inihrer Anwendung beeinträchtigt. Als Maßfür die Zähigkeit wird die Kerbschlagarbeitherangezogen. Diese sagt aus, welcheArbeit verrichtet werden muss, um eineProbe zu zerschlagen. Zähe Stähle ab-sorbieren viel Arbeit. Bei spröden Stählenist die zu verrichtende Arbeit gering. Fürdie Prüfung werden aus den Schraubenquadratische Prüfkörper mit einer defi-nierten Kerbe herausgearbeitet.
Es wird die ISO-V- und die ISO-U-Probeunterschieden. In der Praxis hat sich dieAnwendung der ISO-V-Probe bewährt,da diese durch die stärkere Kerbwirkungim Vergleich zu der ISO-U-Probe emp-findlicher auf die Versprödung derSchraube reagiert.
Übergangs-temperatur Hochlage
Steilabfall mit Streubereich
Tieflage
Prüftemperatur
Kerb
schla
garb
eit
Die Kerbschlagarbeit verhält sich tempe-raturabhängig gemäß dem Diagramm aufder Vorseite. Es ist zu erkennen, dass einentsprechender Übergangsbereich –„Steilabfall“ – zwischen der Hoch- undTieflage der Kerbschlagarbeit auftritt.
Dieser Übergang kann sich über einenBereich von 50 Kelvin und mehr erstreckenund ist vom eingesetzten Werkstoff ab-hängig. Werden in diesem Übergangs-bereich entsprechend hohe Werte für dieKerbschlagarbeit bei tiefen Temperaturenerreicht, so sind diese Werkstoffe kaltzäh.
Stähle für tiefe TemperaturenFür den Einsatz im Tieftemperaturbereicheignen sich vorzugsweise austenitischeStähle (A2, A3, A4, A5) der Festigkeits-klassen 50 und 70, welche bei Tempera-turen von bis zu –200 °C gute Zähigkeits-eigenschaften aufweisen. Gemäß AD W 10bzw. DIN 267-13 sind Schrauben mitKopf bis –60 °C und Gewindebolzenohne Kopf aus diesen Werkstoffen bis – 200 °C einsetzbar. Reichen die Festig-keiten der austenitischen Stähle für denAnwendungsfall nicht aus, so kann aufSchrauben aus legiertem Stahl gemäßISO 898-1 in den Festigkeitsklassen 8.8und 10.9 zurückgegriffen werden.Allerdings sind dann die Anforderungennach ISO 898-1 zu erweitern.
Übliche und bewährte Anforderungen andie Kerbschlagarbeit für Schrauben derFestigkeitsklasse 8.8 und 10.9 sind inder folgenden Tabelle dargestellt.
Zu beachten ist, dass diese Anforderun-gen nicht bei üblichen Lagervorräten insbesondere bei der Festigkeitsklasse8.8 erfüllt werden.
Normen für Verbindungselemente fürden Einsatz bei hohen oder tiefenTemperaturen
DIN 267-13: Mechanische Verbindungsele-mente; Technische Lieferbedingungen; Teile für Schraubenverbindungen mit besonderenmechanischen Eigenschaften zum Einsatz beiTemperaturen von – 200 °C bis +700 °C
DIN 2510 Blatt 1 - 8: Schraubenverbindun-gen mit Dehnschaft
DIN EN 10269: Stähle und Nickellegierungenfür Befestigungselemente für den Einsatz beierhöhten und/oder tiefen Temperaturen
Z DIN 17240: Warmfeste und hochwarmfesteWerkstoffe für Schrauben und Muttern
AD 2000-Merkblatt W 2: Werkstoffe fürDruckbehälter; austenitische Werkstoffe
AD 2000-Merkblatt W 7: Werkstoffe fürDruckbehälter; Schrauben und Muttern aus ferritischen Werkstoffen
AD 2000-Merkblatt W 10: Werkstoffe fürDruckbehälter, Rohrleitungen und Ausrüstungs-teile, Werkstoffe für tiefe Temperaturen; Eisen-werkstoffe
TRD 106: Technische Regeln für Dampf-kessel; Schrauben und Muttern aus Stahl
ASME SA 320: Werkstoffspezifikation für Verbindungselemente aus legiertem Stahl fürEinsatz bei tiefen Temperaturen (Specificationfor alloy steel bolting materials for low tem-perature service)
ASTM A 193: Werkstoffspezifikation für Ver-bindungselemente aus legiertem und rostfreiemStahl für den Einsatz bei hohen Temperaturenoder hohen Drücken (Standard specification foralloy steel and stainless steel bolting materialsfor high temperature or high pressure serviceand other special purpose applications)
ASTM A 194: Werkstoffspezifikation fürMuttern aus Kohlenstoffstahl und legiertemStahl für den Einsatz bei hohen Temperaturenund hohen Drücken (Standard specification forcarbon and alloy steel nuts for bolts for highpressure or high temperature service or both)
SEW 470: Hitzebeständige Walz- undSchmiedestähle
Aus Lagervorrat: Schrauben für den Temperaturbereich
von –50 °C bis +300 °C
Für Schrauben der Festig-keitsklasse 8.8 haben wir einen
Bestand aufgebaut, der nachweis-lich Anforderungen an tiefe und
hohe Temperaturen erfüllt. Zu die-sen Schrauben gehören standard-
mäßig Prüfbescheinigungen, indenen u. a. Kerbschlagarbeit bei – 50 °C und die Streckgrenze bei
+300 °C belegt wird. Es sindProdukte nach ISO 4014,
ISO 4017 und ISO 4762 vorrätig.Eine Korrosionsschutzoberflächekann nach Wunsch aufgebracht
werden.
Sprechen Sie hierzu Ihren zustän-digen Ansprechpartner bei
REYHER an.
Festigkeits- Kerbschlagarbeit klassen bei – 50 °C ISO-V-Probe
8.8 min. 30 J
10.9 min. 27 J
Neu
Es wird heißBeim Einsatz von Verbindungselementenunter hohen Temperaturen wird eineUntergliederung in den Bereich warm-fest, hochwarmfest und hitzebeständigvorgenommen.
Warmfeste und hochwarmfesteSchraubenverbindungenSchrauben der Festigkeitsklasse 5.6 und8.8 sowie Muttern der Festigkeitsklasse5-2 und 8 können gemäß AD 2000-Merk-blatt W 7 bis zu einer Temperatur von300 °C eingesetzt werden. Die entspre-chenden Warmstreckgrenzen waren bis-her in der DIN 267-13 enthalten, wurdenjedoch in der Ausgabe 2007-05 nichtmehr aufgenommen. Darüber hinaussind in der DIN EN 10269 Werkstoffe be-schrieben, welche für den Einsatz über300 °C bis ca. 800 °C geeignet sind.Wichtige Auslegungskriterien für warm-feste Schraubverbindungen sind ausrei-chende mechanische Eigenschaften unter langzeitiger Beanspruchung beihohen Temperaturen, wie eine hoheZeitstandfestigkeit und Zeitdehngrenze(DIN EN 10269: 07-2006 Anhang C) und ein guter Relaxationswiderstand (DIN EN 10269: 07-2006 Anhang D) des jeweiligen Werkstoffes.
Der Relaxationswiderstand Zur Erklärung des Relaxationswiderstan-des sei hier ein Auszug aus den Erläute-
rungen zu Z DIN 17240 zitiert:„Zur Beurteilung der Güte einer Schrau-benverbindung ist es in der Regel wich-tig zu wissen, in welchem Maße die ver-wendeten Werkstoffe dazu neigen, eineanfänglich eingestellte Vorspannung beiBetriebstemperatur in Abhängigkeit vonder Zeit durch zunehmenden Anteil blei-bender Verformung an der Gesamtdeh-nung abzubauen. Ergänzend zu den inTabelle 9 (in DIN EN 10269 Anhang C)mitgeteilten Angaben zur Langzeitwarm-festigkeit enthält Tabelle 10 (in DIN EN 10269 Anhang D) vorläufige Anhalts-angaben zum Relaxationswiderstand derWerkstoffe dieser Norm, ausgedrücktdurch die Restspannung in Abhängigkeitvon der Temperatur und der Beanspru-chungsdauer bei einer vorgegebenenAnfangsdehnung der Schraube. DieseWerte machen keine Aussage über diehöchste zulässige Beanspruchung. Siegeben jedoch Aufschluss darüber, in wel-chen Zeitabständen es ratsam ist, dieSchraubenverbindung nachzuziehen, umdie verlangte Vorspannung wieder herzu-stellen. Im Allgemeinen ist es ratsam, dieSchrauben nach Erreichen einer bleiben-den Dehnung von 1 % auszuwechseln.“
Gängige Kombinationen von Schrau-ben- und Mutternwerkstoffen sind in DIN 267-13: 05-2007 bzw. in der Über-sicht auf der letzten Seite dargestellt.Besonderes Augenmerk ist auf Verbin-
dungen zu richten, die einer ständigwechselnden thermischen und dynami-schen Beanspruchung ausgesetzt sind,wie zum Beispiel im Druckbehälterbau.Für diese Beanspruchungsfälle eignensich vorzugsweise Schraubenverbindun-gen mit Dehnschaft nach DIN 2510.Durch diese Verbindung wird der Erhaltder Vorspannung, eine gute Dauerhalt-barkeit und gute elastische Nachgiebig-keit gegenüber den Einflüssen derTemperaturdehnung erreicht.
Zwecks der späteren besseren Lösbar-keit der Schraubverbindung ist es gemäßDIN 2510 Blatt 2 sinnvoll, ein größeresFlankenspiel im Gewinde zu verwenden.Das Mutterngewinde wird hierbei in derüblichen 6H Toleranz gefertigt. Das Ge-winde des Bolzens fällt jedoch kleiner alsdie übliche 6g /6h Gewindetoleranz aus.Im Einzelfall ist zu prüfen, ob für den An-wendungsfall noch eine genügend großeAbstreiffestigkeit gewährleistet ist.
HitzebeständigeSchraubenverbindungenHitzebeständige Stähle decken einenTemperaturbereich zwischen 600 °C und1.200 °C ab, wobei bei den entsprechen-den Anwendungsfällen mit schwefel- undstickstoffhaltigen Gasen zu rechnen ist –Kesselbau, Kohleindustrie, Glasindustrie,Zementherstellung u. v. m.
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Wir halten zusammen
Beim Einsatz in diesem Temperaturbe-reich ist vorrangiges Auslegungsziel dieZunderbeständigkeit und weniger diemechanische Beanspruchbarkeit.
eine dichte und feste Zunderschicht bildet, welche eine weitere Verzunderungdes darunterliegenden Stahles verhindert.
Die Zeitdehngrenze bzw. Warmfestigkeitals Bemessungsgröße für die mechani-sche Belastbarkeit ist abhängig von derGefügeart des Stahles. So haben ferriti-sche und ferritisch-austenitische Stähleeine niedrige und austenitische Stähleeine hohe Zeitdehngrenze. Im Gegensatzdazu ist die Beständigkeit gegen schwe-felhaltige Gase bei ferritischen und ferri-tisch-austenitischen Stählen sehr gut,jedoch bei austenitischen Stählen ehergering.
Für weitere Fragen steht Ihnen unser Ver-triebs-Team gern zur Verfügung. SolltenSie Informationen zu weiteren Anwen-dungsfällen bei tiefen und hohen Tem-peraturen benötigen, stehen Ihnen auchdie Experten des REM-Teams unter derTechnik-Hotline 040 85363-999 gern zurVerfügung.
Warmstreckgrenzen für Festigkeitsklassen 5.6 und 8.8 nach DIN 267-13, Ausgabe August 1993
Quellen: EN 10269, DIN 267-13, ISO 898-1, EN 10095, AD W 7
Bei den zum Einsatz kommenden Stäh-len (SEW 470) sorgt insbesondere derLegierungszusatz Chrom, aber auchSilizium und Aluminium dafür, dass sich
Temperatur Schraubenwerkstoff Mutternwerkstoff
1.000 °C 2.4851 2.4851
900 °C 1.4828 1.4828
800 °C 2.4952 2.4952
670 °C 1.4986 1.4986
650 °C 1.4980 1.4980
600 °C 1.4913 1.4913
550 °C 1.4923 1.4923
550 °C 1.7711 1.7709
500 °C 1.7709 1.7709 / 1.7218
500 °C 1.7225 1.7709
500 °C 1.7218 1.1188
400 °C 1.5511 / 1.1188 1.1188
350 °C 1.1181 1.1181 / 1.0501
300 °C 8.8 8
5.6 5
–10 °C 4.6 5
– 60 °C A2 / A3 / A4 / A5 A2 / A3 / A4 / A5(Schr. mit Kopf)
– 65 °C 1.7219 1.7219
– 100 °C 1.7225 1.7225
– 120 °C 1.5680 1.5680
– 196 °C 2.4952 /1.4980 2.4952 /1.4980
– 200 °C A2 / A3 / A4 / A5 A2 / A3 / A4 / A5(Schr. ohne Kopf)
ENGINEERING MANAGEMENT
FestigkeitsklassenMindest-Streckgrenzen ReH bzw. Rp0.2 in MPa
+20 °C +100 °C +200 °C +250 °C +300 °C
5.6 300 270 230 215 195
8.8 640 590 540 510 480