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Schwierigkeiten im

Projektmanagement Werner Prüher, Berufsschule Rohrbach

Inhaltsverzeichnis

1 Die Erfolgsquote im Projektmanagement ............................................................ 2

2 „The Big Picture“ ................................................................................................. 3

3 Was ist ein Projekt?............................................................................................. 5

3.1 Definition eines Projekts............................................................................... 5

3.2 Lernen aus der Vergangenheit?................................................................... 5

4 Fallen im Projektmanagement............................................................................. 7

4.1 Unklare Zielsetzungen.................................................................................. 7

4.2 Fehlendes Risiko-Management.................................................................... 8

4.3 Mangelnde Aufwandschätzungen ................................................................ 9

4.4 Sture Projektplanung.................................................................................. 10

4.5 Unklare Schnittstellen................................................................................. 11

4.6 Schlusswort ................................................................................................ 13

5 Literaturverzeichnis ........................................................................................... 13

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1 Die Erfolgsquote im Projektmanagement

Nur 12 % aller Projekte sind erfolgreich. Oder anders gesagt: 88 % aller Projekte

scheitern. Das ist zuviel? Sie haben Recht. Glücklicherweise gilt dies nicht für alle

durchgeführten Projekte, sondern „nur“ für einige untersuchte DV-Projekte in der

BRD nach einer Studie von Prof. Dr.-Ing. G. Dittmer, Fachhochschule Kiel. Ebenso

sind in diesen 12 % auch jene Projekte gestrichen, die zwar vom organisatorischen

Projektmanagement zufriedenstellend abgewickelt worden sind, in der

wirtschaftlichen Praxis aber scheiterten (vgl. Dittmer, S. 3).

Warum kann es sein, dass Projekte erfolgreich abgewickelt werden, aber bei der

Markteinführung scheitern? Warum führen von 31 erfolgreich am Markt eingeführten

Projekten lediglich 12 zu einem wirtschaftlichen Erfolg? Vielleicht weil die meisten

Projekte auf von Visionen basieren?

Der Brockhaus definiert „Vision“ folgendermaßen:

„Halluzination, bei der ein in der Zukunft liegendes Ereignis oder eine außerhalb der räumlichen Wirklichkeit liegende Begebenheit ‚gesehen’ wird. Visionen kommen u. a. bei religiös-ekstatischen Erlebnissen, unter Hypnose oder im Fieberdelirium sowie in Zuständen herabgesetzten Bewusstseins vor.“1 1 Der Brockhaus multimedial 2004

von 100 gestarteten Projekten

57 zum technischen Erfolg

31 am Markt eingeführt

12

zum wirtschaftlichen Erfolg

technisches Risiko

Martkrisiko

gesamtunternehmerisches Risiko

führen

davon werden

davon führen

Quelle: Refa

Abbildung 1

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Abgesehen davon, dass diese Zusatz-Definition für Projekte reichlich zynisch und

vielleicht ironisch erscheint, enthält sie doch einiges an Wahrheit:

� Eine Halluzination: Das Projekt ist für den Ausführenden (oder den Projektmana-

ger zu Beginn) oft nicht greifbar

� In der Zukunft: Von Gerda Rogers einmal abgesehen: Wir wissen nicht, was die

Zukunft bringt.

� Außerhalb der räumlichen Wirklichkeit: Der Projektmanager und sein Team weiß

anfangs nicht, wie die Realisierung erfolgen soll, ob das Projekt überhaupt reali-

sierbar ist, ob der Wunschtermin erfüllbar ist, und… und… und…

� Visionen kommen u. a. bei religiös-ekstatischen Erlebnissen […] vor: Woher

Führungskräfte ihre Kreativität zum Entwickeln von Visionen hernehmen, ist nicht

Thema dieser Arbeit, wäre aber interessant zu untersuchen.

Wie man sieht, ist das Wort „Vision“ für die Wirtschaftspraxis zu negativ behaftet. Die

Wirtschaft gibt vor, nüchterner zu denken. Deshalb sprechen wir im Projektmanage-

ment vom „Big-Picture“ anstatt einer „Vision“. Wie kommt es zum Big-Picture?

2 „The Big Picture“

In der heutigen Wirtschaft geht es in vielen Bereichen um Geschwindigkeit. Sei es in

der Logistik, in der Kommunikation, in der Produktentwicklung zur Füllung bestehen-

der Marktnischen. Die Sparten, wo ganze Industrien mit billigen Kopien bestehender

Produkte Erfolg hatten, werden immer spärlicher. Kreativität ist gefragter denn je,

Geschwindigkeit ist dabei ein entscheidender Faktor. Also heißt die Zauberformel

„Schnell kreativ sein“.

Also ist Kreativität der einzige Erfolgsfaktor von Projektideen?

„Kreativität allein reicht jedoch nicht. Was nützt die beste Idee, wenn sie nicht umge-

setzt wird? Was nützt die beste Umsetzung, wenn das Ergebnis keine Akzeptanz

findet? […] Kreativität ist eine wichtige Voraussetzung für Ihren Projekterfolg.“2

Kellner zählt im folgenden 7 weitere Erfolgsfaktoren auf:

2 Kellner, Hedwig: „Kreativität im Projekt“, München, 2002

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� Der richtige Zeitpunkt : Trends erkennen und rechtzeitig nutzen

� Entschlusskraft : Viele kreative Ideen kommen nie zum Erfolg, weil sie zerredet

werden. Das passiert vor allem den Perfektionisten und den Risikoscheuen. Sie

wollen es allen Recht machen. Doch jedes Projekt hat am Anfang seine Unklar-

heiten und Risiken. Jedes Projekt gefällt irgendwem nicht. Wichtig ist, einfach an-

zufangen.

� Opferbereitschaft: Jedes Projekt bedeutet Stress, Ressourcenkampf, hohe Ar-

beitsbelastung und häufige Konflikte. Jedes Projekt erfordert Lernbereitschaft und

Veränderungen.

� Förderer: Der Projektmanager hat im Vergleich zu den Linienvorgesetzten eine

schwache Stellung. Er braucht unbedingt einen starken Förderer in der Organisa-

tion. Mit diesem und einem hohen Maß an sozialer Kompetenz kann das Projekt

eine Chance haben.

� Planerisches Denken: Jede kreative Idee hat etwas Spielerisches an sich. Es

braucht jedoch einen gesunden Realismus, daraus eine konkrete Projektplanung

abzuleiten. Dazu gehört auch eine straffe Teamführung nach Plan. Je kreativer

ein Teammitglied ist, desto höher ist die Gefahr, dass es immer wieder versucht,

aus dem Geplanten auszubrechen. Diese „Geistesblitze“ sind nie böse Absicht,

im Gegenteil. Aber es kann das Projekt zum Scheitern bringen.

� Disziplin: Nach einer anfänglichen Euphorie beim Projektstart gehört Disziplin

dazu, damit ein Team sich auch im weiteren Projektverlauf an Vereinbarungen

und Termine einhält.

� Werbung: Jedes Projekt benötigt schon während der Planungsphase Werbung.

Das Projekt muss erst im eigenen Haus „verkauft“ werden. Populäre Projekte in-

nerhalb der Firma motivieren das Team. Langfristige Motivation wird erreicht,

wenn das Projekt auch in der freien Wirtschaft Erfolg hat. (vgl. Kellner, Seite 12

bis 18)

Im günstigsten Fall hat die Führungskraft all diese Punkte berücksichtigt, hat seine

Vision (Verzeihung: „The Big Picture“) gedanklich formuliert und seine eigene Orga-

nisation (oder einen seiner Mitarbeiter) geeignet befunden, das Projekt durchzufüh-

ren.

Doch halt, welches Vorhaben verdient die Bezeichnung „Projekt“?

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3 Was ist ein Projekt?

3.1 Definition eines Projekts

Eine gründliche Definition findet sich in der DIN 69901. Da diese aber doch etwas

sperrig zu lesen ist, hier eine Definition aus der Praxis:

„Die Bedingungen, die ein Projekt ausmachen, lauten wie folgt:

� Eine Zielvorgabe muss existieren. Anfang und Ende des Projekts werden fest de-

finiert.

� Ein Projekt muss zeitlich, finanziell und personell oder anderweitig abgegrenzt

sein.

� Es muss ein abgegrenztes Vorhaben gegenüber anderen Vorhaben darstellen.

� Die Organisation ist projektspezifisch.

� Die Aufgabenstellung muss neuartig und komplex sein.

� Verschiedene Disziplinen (Abteilungen, Firmen) sind beteiligt.

Projekte sind zeitlich begrenzte Vorhaben, die abgeschlossen sind, sobald ein Ziel

erreicht ist. Ein Projekt besteht aus mehreren, miteinander verbundenen Aktivitäten,

auch Tasks oder Vorgänge genannt. Sie müssen ausgeführt werden, um ein be-

stimmtes Ziel oder Teilziele zu erreichen. Dazu muss das Team diese Vorgänge in

einer bestimmten Reihenfolge (Priorität) mit Hilfe der zugewiesenen Ressourcen, wie

Personen und Arbeitsmittel so abarbeiten, dass die Projektleitung die vorgegebenen

Rahmenbedingungen wie Zeit, Budget und Ergebnis einhalten kann.

Ziel des Projekts und damit die Vorgabe des Projektmanagers ist es, das gewünsch-

te Ergebnis innerhalb dieser Rahmenbedingungen zu erreichen.“3

3.2 Lernen aus der Vergangenheit?

In der Vergangenheit wurden etliche große Projekte, oft mit Erfolg, realisiert. Denken

Sie an:

� die Pyramiden

� den Suezkanal

3 Wolf, Regina: „Was ist Projektmanagement?“ aus Projektmagazin 1/2000

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� der Panamakanal (im zweiten Anlauf)

� die Entwicklung der V2-Rakete

� …

Leider existieren kaum Aufzeichnungen des Projektmanagements. Wir wissen nicht,

wie diese Projekte abliefen. Wir sehen nur das Endergebnis, wir sehen das „Was?“,

aber nicht das „Wie?“.

1889 schlitterte die Finanzierungsgesellschaft des Panamakanals in den Bankrott.

Erst 24 Jahre später wurde er unter neuer Führung fertig gestellt. Was war die Ursa-

che des Scheiterns beim ersten Versuch? Die Geschichtsbücher berichten von

20.000 Toten durch Malaria und Gelbfieber, Konstruktionsfehler, schlechte Planung

und finanziellen Problemen. (vgl. http://www.seemotive.de/html/dpanama.htm)

Ferdinand de Lesseps baute den Suezkanal und wurde daraufhin mit dem Bau des

Panamakanals beauftragt. Als Projektmanager hat er beispielsweise die Risiken der

Natur unterschätzt. Heute würden wir von fehlendem Risikomanagement sprechen.

So manch zeitgenössischer Projektmanager plant seine Projekte zum Teil im Kopf.

Fehlt beispielsweise eine schriftliche Aufzeichnung der Risikobewertung, kann für

Folgeprojekte keine Verbesserung der Risikobewertung erfolgen.

„Wir werden nicht nachlassen in unseren Erkundungen Und das Ende unserer Erkundungen

Wird sein, am Ausgangspunkt anzukommen. Und den Ort zum ersten Mal zu erkennen.“ (T. S. Eliot)

Für jegliche Projektmanagement-Verbesserungen wäre ein Soll-Ist Vergleich not-

wendig. Und wo das „Soll“ nicht da ist, kann das „Ist“ nicht bewertet werden. Ohne

Dokumentation wiederholen wir die Fehler der Vergangenheit. Wir tappen in die ewi-

gen Projektfallen:

unklare Zielsetzungen

� fehlendes Risikomanagement

� mangelnde Aufwandschätzungen

� sture Projektplanung

� unklare Schnittstellen

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4 Fallen im Projektmanagement

4.1 Unklare Zielsetzungen

„Zeige mir, wie ein Projekt beginnt, und ich sage dir, wie es endet“

(Klaus D. Tumuscheit)

In Firmen, in denen Projektmanagement nicht gelebt wird, scheitert ein Projekt schon

am Beginn mit der fehlenden Zielsetzung. Natürlich wird das so genannte „Projekt“,

das laut Definition ja kein Projekt ist, weil die Zielsetzung fehlt, trotzdem durchgeführt

werden. Natürlich kommt ein Ergebnis heraus (zumindest wird daran heftig gearbei-

tet) und natürlich wird dieses Vorhaben irgendwann abgeschlossen.

Aber ebenso begleiten Unzufriedenheit, unnötige Konflikte, Fluktuation und Geldver-

nichtung das Projekt ab der Startphase. Wie kann ein vernünftiges Ziel definiert wer-

den?

Ganz einfach, der Projektmanager hält sich an den Satz:

„Jeder bekommt das Projekt, das er verdient“ (Klaus D. Tumuscheit)

Sie bekommen ein Projekt und sind nach einigen Minuten völlig frustriert, weil Sie

keine Ahnung haben, was Ihre Führungskraft eigentlich will und wie Sie nun weiter-

machen sollen?

Dieses Gefühl haben sowohl Projektmanager als auch die Projektmitarbeiter. Das

sieht dann manchmal so aus…:

Doch gegen diesen Gesichtsausdruck gibt es Abhilfe (vgl.

Tumuscheit, Seite 21-29):

� Fragen Sie konkret nach dem Projektziel. Möglichst in

Zahlen und harten Spezifikationen. Haben Sie Verständ-

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nis dafür, dass der Auftraggeber das vielleicht nicht weiß. Fragen Sie ihn, wer es

genauer wissen könnte.

� Bevor Sie zu einem Endtermin Amen sagen, überschlagen Sie noch im Büro des

Auftraggebers, welche Bereiche involviert sind und wie lange diese brauchen

werden. Das gibt einen viel realistischeren Endtermin als den Wunschtermin des

Auftraggebers.

� Überschlagen Sie in gleicher Weise die Kosten und stellen Sie diese den

Wunschkosten des Topmanagers („Das darf nichts kosten.“) gegenüber.

� Nehmen Sie kein Projekt an, wenn die Bereiche nicht verständigt wurden. Diese

Hausaufgabe muss Ihr Auftraggeber erledigen.

4.2 Fehlendes Risiko-Management

„Stellen Sie sich vor, man würde Sie gerichtlich belangen, kein vernünftiges Risiko-management durchgeführt zu haben. Was könnte man Ihnen beweisen?“ „Hm… vielleicht, dass ich über die Risiken nicht Buch geführt habe. Das wäre ein möglicher Vorwurf.“ „Oder dass Sie nicht abgeschätzt haben, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein erkann-tes Risiko eintreten wird, und welche Kosten dadurch verursacht werden.“ „Oder dass ich keinen Mechanismus etabliert habe, der auftretende Risiken umge-hend erkennt.“4

Projektmanagement bedeutet Risikomanagement. Wie geht der Projektmanager

nach DeMarco dabei vernünftigerweise vor?

1. mögliche Risiken schriftlich festhalten

2. Ursache erkennen, die Symptome sind jetzt Nebensache

3. Wahrscheinlichkeit des Auftretens schätzen und Kosten bewerten

4. für jedes Risiko das allererste Symptom, mit dem es sich vermutlich ankündi-

gen wird, antizipieren

5. einen Risikobeauftragten ernennen. Dieser Mitarbeiter wird von der optimisti-

schen „Jo, wir schaffen das“ - Haltung befreit, damit er auch warnen kann.

6. Einrichten von zwanglosen (anonymen) Kanälen für schlechte Nachrichten bis

in die höchsten Ebenen

4 DeMarco, Tom: „Der Termin – ein Roman über Projektmanagement“

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4.3 Mangelnde Aufwandschätzungen

Projekte scheitern, wenn der Aufwand nicht realitätsnah geschätzt wird. Ein Muster-

beispiel dafür ist die E-Card (alleine die Sinnhaftigkeit der Namens deutet schon eine

gewisse Richtung im Projektmanagement an). Der erste Versuch dieser Software-

Erstellung wurde sogar vom Rechnungshof überprüft.

„Das Scheitern des ersten Anlaufs für das Projekt E-Card, als Ablöse für den Krankenschein, wird in einem aktuellen Bericht des Rechnungshofs [RH] analysiert. […] Gegenstand des nunmehrigen RH-Berichts ist das gescheiterte Projekt mit EDS/ORGA, für das bis Ende 2002 Gesamtkosten von 115,28 Mio. Euro anfielen. […] Für das Scheitern machen die Prüfer mehrere Faktoren aus. ‚Auf ministerieller Ebene’ seien etwa die Erwartungen bezüglich des zeitlichen Ablaufs zu hoch gewesen. Der Hauptver-band habe mit der Planung beginnen müssen, bevor noch die gesetzlichen Bedingungen umfassend festgelegt worden seien. […]Dadurch seien Risiko und Kosten gestiegen. (vgl. http://futurezone.orf.at/futurezone.orf?read=detail&id=236286&tmp=87652)

„Auf ministerieller Ebene seien die Erwartungen des zeitlichen Ablaufs zu hoch ge-

wesen“. Gemeint ist wohl, sie seien zu niedrig gewesen, die Erstellung der Software

dauerte länger als geplant. Dabei ist die Vorgehensweise (oder sollten wir „ewige

Falle“ sagen) sowohl bei Groß- als auch bei Mini-Projekten immer dieselbe:

1. Der Auftraggeber schreibt einen Auftrag aus

2. Der Auftraggeber vergibt den Auftrag an jene Firma, die vorgibt, am schnells-

ten fertig zu werden und die am günstigsten anbietet. Weil einige vermuten,

dass die angebotenen Leistungen in zeitlicher Hinsicht nicht realistisch sind,

werden vertraglich Pönalen festgelegt.

3. Während der Realisierung entstehen erwartete Probleme organisatorischer

und technischer Art

4. Der Auftraggeber besteht auf einer Pönale, der Lieferant versucht dem Auf-

traggeber mangelnde Spezifikationen bei der Projektausschreibung anzulas-

ten.

Zudem haben IT-Firmen eine eigene Sprache entwickelt: (vgl. Müller Eva,

www.manager-magazin.de/ebusiness/artikel/0,2828,151458,00.html vom 27. 8.

2001)

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„Diese Funktion liefern wir in zwei Wochen nach…“

… Super-Idee, das müssen wir mal unseren Entwicklern sagen.

„Selbstverständlich kennen wir die Bedürfnisse Ihre r Branche…“

… wenn wir Ihr Projekt beendet und alle Tricks von Ihnen gelernt haben.

„Mit unserer Software generieren Sie zusätzlichen U nternehmenswert…“

… in unserem Unternehmen.

„Wir schneiden die Software ganz auf Ihre Bedürfnis se zu…“

… schließlich sind Sie unser Versuchskaninchen. Wir haben das nämlich noch nie

zuvor gemacht.

„Wir räumen Ihrem Projekt oberste Priorität ein …“

… Kein Wunder, Sie sind ja unser einziger zahlender Kunde.

„Unsere Software ist voll ausgereift …“

… wenn Sie für uns alle Schwachstellen und Fehler gefunden haben.

Diese Aussagen mögen vielleicht als humorvolle Übertreibung aufgefasst werden.

Sind sie aber nicht. Fragen Sie einen Software-Entwickler.

4.4 Sture Projektplanung

„Viele Bücher suggerieren: Planung – Realisierung – Projektende“. Das ist Unsinn!

Wenn sich die Welt ändert, muss sich auch Ihr Plan ändern – und wenn es mitten in

der Realisierung ist! Deshalb planen Sie rollierend. Egal, in welche Projektphase Sie

sind, Sie passen Ihre Projektplanung den veränderten Gegebenheiten immer dann

an, wenn

� an einer der Stellschrauben (Termin – Qualität – Kosten) gedreht wird

� spätestens zwei bis vier Wochen vergangen sind.

Weder Ihre Teammitglieder noch Ihr Auftraggeber sind begeistert, wenn sich der

Plan „schon wieder ändert“. Lassen Sie sich nicht beirren. Diese kleine Irritation ist

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nichts im Vergleich zum Ärger, den Sie sich durch eine rollierende Planung erspa-

ren.“5

Das sind die Weisen, die durch Irrtum zur Wahrheit reisen;

Die beim Irrtum verharren, das sind die Narren. (Friedrich Rückert)

4.5 Unklare Schnittstellen

„Hamburg: Online nach Mallorca? Neckermann macht’s möglich. Seit fast zwei Jah-ren bietet die Tochter des Reisekonzerns Thomas Cook im Internet Ferienreisen an. Mittlerweile hat sich fast jede Marke der Urlaubsfirma einen eigenen Web-Auftritt ge-bastelt. Dummerweise überlegte sich niemand, wie die Seiten mit dem zentralen Re-servierungssystem verbunden werden sollten. Mitarbeiter mussten die elektronischen Buchungen manuell in den Zentralcomputer eintippen. Effizienzgewinn? Besserer Kundenservice? Pustekuchen. “ (vgl. www.manager-magazin.de/ebusiness/artikel/0,2828,149390,00.html vom 27.8.2001)

Je mehr Schnittstellen ein Projekt hat, desto komplexer (und leider auch komplizier-

ter) wird die Abwicklung. Als Schnittstelle im Projekt bezeichnet man jede Abstim-

mungsnotwendigkeit mit externen Systemen. Diese Systeme können Personen, Fir-

men, Organisationen oder eben EDV-Systeme sein.

Als Schnittstelle am Beispiel eines Umzugsprojektes könnte der Kontakt und die Ab-

stimmung mit der Übersiedlungs-Firma bezeichnet werden. Als Schnittstelle könnte

aber auch der Pförtner genannt werden, der der Umzugsfirma um fünf Uhr morgens

das Firmentor aufsperrt.

Projektorganisationen tendieren dazu, Schnittstellen unzureichend zu berücksichti-

gen. Dies ist an ganz prominenter Stelle, beim gescheiterten Maut-Projekt der BRD,

geschehen.

Das Maut-Projekt, für das T-Systems Datenerfassung, Übermittlung, Speicherung und Abrechnung zu einer funktionierenden Lösung zusammenfügen soll, hat nicht nur das Image der Telekom als Technologieführer, sondern im vierten Quartal 2003

5 vgl. Tumuscheit, Klaus D.: „Überleben im Projekt“, Seite 73ff

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auch den Konzernüberschuss belastet - exakt mit 442 Millionen Euro. Das für die Maut zuständige Telekom-Vorstandsmitglied Josef Brauner trat Ende April zurück. http://www.cio.de/index.cfm?PageID=319&cat=det&maid=5241

Was ist geschehen? Die Einzelteile des Maut-Systems wurden von verschiedenen

Firmen realisiert und getestet. Beim Zusammenstellen der Einzelteile traten techni-

sche Probleme auf, die während der Planung unzureichend berücksichtigt wurden.

Der Zeitrahmen war zu eng gesetzt, um diese Probleme beheben zu können. Außer-

dem entstand ein Streit um die Kosten der Fehlplanung.

Einzelne Musiker eines Orchesters können wunderbar im stillen Kämmerchen üben,

es braucht aber dann noch Zeit, das Orchester zu einem Ganzen zusammenzufü-

gen.

Dieses Problem hat jede Projektorganisation. Das Ganze kann erst getestet werden,

wenn alle Einzelteile fertig sind. Bei Schnittstellendefinitionen, insbesondere bei

technischen, sind immer Fachexperten am Werk.

„Nicht das, was wir nicht wissen, bringt uns zu Fall… sondern das, was wir fälschlicherweise zu

wissen glauben.“ (DeMarco: „Der Termin“, Seite 212)

Fachexperten laufen in Gefahr, ihr Wissen für Allgemeingut zu halten. Zumindest

vertrauen sie darauf, dass der Co-Fachexperte am anderen Ende der Schnittstelle

ebensoviel weiß, wie sie. (Also ein Fall von mentaler Wissensübermittlung, sprich:

Gedankenlesen).

Als Gegenmittel und Tipp für Top-Manager empfiehlt Tumuscheit: „Setzen Sie aufs

Greenhorn. […] Also überlegen Sie sich gut, wem Sie Ihr Projekt geben. Einem, der

alles besser weiß, oder einem, der die Kompetenz des Teams nutzt. Das heißt nicht,

dass Sie einen Projektmanager wählen sollen, der absolut keine fachliche Ahnung

hat. Es heißt lediglich, dass Fachwissen im Projekt sekundär ist. Die Schlüsselkom-

petenz für einen Projektmanager ist nicht Fachwissen, sondern Führungskompe-

tenz.“ (vgl. Tumuscheit, Seite 130f)

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4.6 Schlusswort

Es gibt es noch etliche andere Projekt-Fallen. Es gibt noch Hunderte von Tipps und

Vorgehensweisen in schlauen Büchern, die sich teilweise wiederholen, teilweise aber

auch widersprechen. Das Wichtigste im Projektmanagement ist die Identifikation mit

dem Projekt. Projektmanager und Projektmitarbeiter, die eine innerlich gekündigt ha-

ben, lassen das Projekt scheitern. Zufriedene, ausgeruhte Mitarbeiter, die ihr „Herz-

blut“ in das Projekt stecken, führen zum Erfolg. Nicht die Kenntnis der Fallen, nicht

die schlauen Bücher, nicht die guten Tipps.

5 Literaturverzeichnis APA-Meldung vom 29.06.04

(vgl. http://futurezone.orf.at/futurezone.orf?read=detail&id=236286&tmp=87652)

Boy, Jacques/Dudek, Christian/Kuschel, Sabine: Projektmanagement, Offenbach 1994

Covey, Stephen R.: Die sieben Wege zur Effektivität, München 1989

DeMarco, Tom: Der Termin – ein Roman über Projektmanagement, München 1998

Dittmer, Gonde: Projektmanagement, Skript der Fachhochschule Kiel, Kiel 2003

Kellner, Hedwig: Kreativität im Projekt, München 2002

Kerzner, Harold: Projektmanagement Fallstudien, Bonn 2004

Klostermeier, Johannes: Nur Maut im Kopf

http://www.cio.de/index.cfm?PageID=319&cat=det&maid=5241 (Stand 04.01.2005)

Moritz, Bjoern: Seemotive

http://www.seemotive.de/html/dpanama.htm (Stand 04.01.2005)

Müller, Eva: Segnungen und Todsünden – Warum Internet Projekte so häufig scheitern

http://www.manager-magazin.de/ebusiness/artikel/0,2828,149307,00.html (Stand: 27.08.2001)

Peter, Marc K.: Internet Projekte, Bern 1999

Schubert Berger: Projektmanagement, Wien 2002

Tumuscheit, Klaus D.: Überleben im Projekt, Zürich 1998

Wolf, Regina: Einführung in das Projektmanagement

http://www.projektmagazin.de Ausgabe 1/2000 (Archiv Stand 04.01.2005)