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: Ein Blicke Ausgabe Nr. 30 Juli 2010 Der Rückweg zur Schule Die Werk-statt-schule das ist es auch, was die drei Schüler nennen, wenn man sie nach dem Un- terschied fragt: Das handwerkliche Arbeiten gefällt ihnen einfach besser als Mathe-Formeln zu lernen. Es sind immer etwa fünf bis sechs Schüler der sechsten bis achten Klas- se, die für einen Zeitraum von je drei Monaten in der Schule pausieren und stattdessen in die Lernwerkstatt kom- men. Hier, unter ihresgleichen und den Fittichen von Projektleiterin San- dra Koth und Werkanleiter Nikolaus Rechberg, sollen sie Selbstvertrauen zurückgewinnen, Zuverlässigkeit ein- üben, im Idealfall auch den Spaß am Lernen entdecken. Welche Erfahrungen haben die Mitar- beiter des SCI:Moers in den vergan- genen zehn Jahren gemacht, in denen rund 200 Schüler die Lernwerkstatt durchlaufen haben? „Die Persönlich- keit des Ansprechpartners ist weitaus entscheidender als das jeweilige The- ma“, sagt die Sozialpädagogin Sandra Koth, „außerdem müssen die Lehrkräf- te sehr flexibel und Theorie und Praxis eng verknüpft sein, wenn man die Ju- gendlichen für die Themen gewinnen will.“ Schließlich sei natürlich die klei- S eit einem Jahr bietet das SCI:Ju- gendsozialzentrum in der Barbara- schule auch Jugendlichen eine Chance, die in der Schule keine mehr haben: die Werk-statt-schule. Hier können Jugend- liche unter intensiver Anleitung von So- zialpädagogen ein Jahr lang auf einen Hauptschulabschluss hinarbeiten. Das Angebot richtet sich an solche Jugendliche, die auf anderen Wegen nicht mehr in Schulklassen integrierbar sind. „Wir machen den Jugend- lichen klar, dass dies für sie eine Weggabelung ist“, sagt Projektleiterin Sandra Koth (Foto), „das ist letztlich eine freiwillige Alternative, für die es auch eigene Motivation braucht.“ Jugendliche, die sich dazu aufraffen können und letztlich wieder Spaß am Lernen finden, haben in der Werk- statt-schule wieder eine reelle Chance auf einen Schulabschluss. Wer diesen trotz besten Willens nicht schafft, dem versucht der SCI:Moers andere Chancen zu eröffnen, zum Beispiel mit einem Werkstattjahr. Seit zehn Jahren hilft die Lernwerkstatt des SCI:Moers schulmüden Jugendlichen, den Weg zurück in den Lernalltag zu finden. Über 200 Schüler haben das Angebot angenommen. Das ist ein großer Erfolg – aber eigentlich müssten es noch viel mehr sein. ne Gruppe ein großer Vorteil, weil man so viel individueller auf jeden Schüler eingehen könne. Das sei vor allem in all den Fällen wichtig, wo der Zugang zum Kind auch schon für die Eltern blockiert sei. In aller Regel sind es die Schule, das Schulamt oder die Eltern, die einen Schüler für die Lernwerkstatt vorschla- gen, weil er den Unterricht schwänzt, ihn stört, immer wieder abhaut oder Lehrer und Mitschüler provoziert. „Schulmüde“ nach der gängigen wis- senschaftlichen Diskussion sind heut- zutage fast zehn Prozent aller Schüler. Nur ein Bruchteil davon findet den Weg zur Lernwerkstatt in der Moerser Barbaraschule. „Wir glauben, dass die Schulmüdigkeit nicht frühzeitig ge- nug erkannt wird“, sagt Frank Liebert, Fachbereichsleiter Kinder- und Ju- gendhilfe beim SCI. Außerdem sei das im Kreis Wesel einzigartige und vom Landschaftsverband Rheinland (LVR), dem Fachbereich Jugend der Stadt Moers und dem Landesschulministe- rium geförderte Konzept auch nach zehn Jahren noch nicht allen Schulen bekannt. „Gemessen an Tausenden von Schülern, denen die Lernwerkstatt gut täte, helfen wir eigentlich noch zu Focus P atrick, Phil-Gerrit und Tobias sind nicht die Typen, die man erwar- tet, wenn von „schulmüden Jugend- lichen“ die Rede ist. Sie machen kei- neswegs einen antriebslosen oder gar aufsässigen Eindruck. Man kann sich schwer vorstellen, dass die netten Jungs „Problemschüler“ sind. Hier, in der Lernwerkstatt des SCI:Moers, sind sie es ja auch nicht. Es ist aber so, dass die normale Schule für sie ein schlechter Ort geworden ist, und deswegen sind sie hier. Die Lern- werkstatt des SCI soll sie wieder an die Schule heranführen. Hier wird nicht wie in der Schule im großen Klassenverbund gebüffelt, sondern in kleinen Gruppen in kleinen Häpp- chen Wissen vermittelt. Und zwar nicht theoretisch, sondern immer in Verbindung mit Beispielen und vor allem praktischer Arbeit. Genau wenigen“, meint Liebert. Jedes Jahr aufs Neue präsentiert er das Angebot der Lernwerkstatt deshalb wieder in Schulen. Und hofft, dass Jugendlichen wie Patrick, Phil-Gerrit und Tobias ge- holfen wird, bevor der Weg zurück zur Schule abgeschnitten ist. Kontakt: Lernwerkstatt SCI:Moers Barbarastraße 12 47443 Moers Tel. 02841/95790 [email protected].

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Einblicke 30

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Ausgabe Nr. 30 Juli 2010

Der Rückweg zur Schule

Die Werk-statt-schule

das ist es auch, was die drei Schüler nennen, wenn man sie nach dem Un-terschied fragt: Das handwerkliche Arbeiten gefällt ihnen einfach besser als Mathe-Formeln zu lernen.

Es sind immer etwa fünf bis sechs Schüler der sechsten bis achten Klas-se, die für einen Zeitraum von je drei Monaten in der Schule pausieren und stattdessen in die Lernwerkstatt kom-men. Hier, unter ihresgleichen und den Fittichen von Projektleiterin San-dra Koth und Werkanleiter Nikolaus Rechberg, sollen sie Selbstvertrauen zurückgewinnen, Zuverlässigkeit ein-üben, im Idealfall auch den Spaß am Lernen entdecken.

Welche Erfahrungen haben die Mitar-beiter des SCI:Moers in den vergan-genen zehn Jahren gemacht, in denen rund 200 Schüler die Lernwerkstatt durchlaufen haben? „Die Persönlich-keit des Ansprechpartners ist weitaus entscheidender als das jeweilige The-ma“, sagt die Sozialpädagogin Sandra Koth, „außerdem müssen die Lehrkräf-te sehr flexibel und Theorie und Praxis eng verknüpft sein, wenn man die Ju-gendlichen für die Themen gewinnen will.“ Schließlich sei natürlich die klei-

Seit einem Jahr bietet das SCI:Ju-gendsozialzentrum in der Barbara-

schule auch Jugendlichen eine Chance, die in der Schule keine mehr haben: die Werk-statt-schule. Hier können Jugend-liche unter intensiver Anleitung von So-zialpädagogen ein Jahr lang auf einen Hauptschulabschluss hinarbeiten. Das Angebot richtet sich an solche Jugendliche, die auf anderen Wegen nicht mehr in Schulklassen integrierbar sind. „Wir machen den Jugend-lichen klar, dass dies für sie eine Weggabelung ist“, sagt Projektleiterin Sandra Koth (Foto), „das ist letztlich eine freiwillige Alternative, für die es auch eigene Motivation braucht.“ Jugendliche, die sich dazu aufraffen können und letztlich wieder Spaß am Lernen finden, haben in der Werk-statt-schule wieder eine reelle Chance auf einen Schulabschluss. Wer diesen trotz besten Willens nicht schafft, dem versucht der SCI:Moers andere Chancen zu eröffnen, zum Beispiel mit einem Werkstattjahr.

Seit zehn Jahren hilft die Lernwerkstatt des SCI:Moers schulmüden Jugendlichen, den Weg

zurück in den Lernalltag zu finden. Über 200 Schüler haben das Angebot angenommen.

Das ist ein großer Erfolg – aber eigentlich müssten es noch viel mehr sein.

ne Gruppe ein großer Vorteil, weil man so viel individueller auf jeden Schüler eingehen könne. Das sei vor allem in all den Fällen wichtig, wo der Zugang zum Kind auch schon für die Eltern blockiert sei.

In aller Regel sind es die Schule, das Schulamt oder die Eltern, die einen Schüler für die Lernwerkstatt vorschla-gen, weil er den Unterricht schwänzt, ihn stört, immer wieder abhaut oder Lehrer und Mitschüler provoziert. „Schulmüde“ nach der gängigen wis-senschaftlichen Diskussion sind heut-zutage fast zehn Prozent aller Schüler. Nur ein Bruchteil davon findet den Weg zur Lernwerkstatt in der Moerser Barbaraschule. „Wir glauben, dass die Schulmüdigkeit nicht frühzeitig ge-nug erkannt wird“, sagt Frank Liebert, Fachbereichsleiter Kinder- und Ju-gendhilfe beim SCI. Außerdem sei das im Kreis Wesel einzigartige und vom Landschaftsverband Rheinland (LVR), dem Fachbereich Jugend der Stadt Moers und dem Landesschulministe-rium geförderte Konzept auch nach zehn Jahren noch nicht allen Schulen bekannt. „Gemessen an Tausenden von Schülern, denen die Lernwerkstatt gut täte, helfen wir eigentlich noch zu

Focus

Patrick, Phil-Gerrit und Tobias sind nicht die Typen, die man erwar-

tet, wenn von „schulmüden Jugend-lichen“ die Rede ist. Sie machen kei-neswegs einen antriebslosen oder gar aufsässigen Eindruck. Man kann sich schwer vorstellen, dass die netten Jungs „Problemschüler“ sind. Hier, in der Lernwerkstatt des SCI:Moers, sind sie es ja auch nicht. Es ist aber

so, dass die normale Schule für sie ein schlechter Ort geworden ist, und deswegen sind sie hier. Die Lern-werkstatt des SCI soll sie wieder an die Schule heranführen. Hier wird nicht wie in der Schule im großen Klassenverbund gebüffelt, sondern in kleinen Gruppen in kleinen Häpp-chen Wissen vermittelt. Und zwar nicht theoretisch, sondern immer in Verbindung mit Beispielen und vor allem praktischer Arbeit. Genau

wenigen“, meint Liebert. Jedes Jahr aufs Neue präsentiert er das Angebot der Lernwerkstatt deshalb wieder in Schulen. Und hofft, dass Jugendlichen wie Patrick, Phil-Gerrit und Tobias ge-holfen wird, bevor der Weg zurück zur Schule abgeschnitten ist.

Kontakt: Lernwerkstatt SCI:MoersBarbarastraße 1247443 MoersTel. 02841/[email protected].

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Stadtteil MaJo anzusprechen und die Bürger zu aktivieren, um eine auf Dauer angelegte Beteiligung der Bewohnerschaft ermöglichen. „Es ist mir wichtig, Strukturen und ein ge-meinschaftlich abgestimmtes Pro-gramm mit einer großen Themen-vielfalt zu entwickeln, die möglichst viele Bewohner und unterschiedli-che Bevölkerungsgruppen anspre-chen und beteiligen“, sagt Nimet Güller-Kaya. „Ich möchte weg von dem defizitären Ansatz, der nur die Nachteile im Stadtteil betrachtet.“ Stattdessen will sie die vielfältigen Ressourcen, den kulturellen Reich-tum im Stadtteil betrachten, in dem fast 60 verschiedene Nationen mit den unterschiedlichsten Kulturen wohnen. Dass das Josefsviertel sehr viele ältere Bürger hat, die Mattheck dagegen überdurchschnittlich viele jüngere, begreift sie als Potenzial: „Das sollten wir für eine gute Nach-barschaft und für ein Miteinander im Viertel nutzen.“

spricht vier Sprachen. Mit der Ge-burt ihres Sohnes ist sie nach Moers zurückgezogen, wo ihre gesamte Fa-milie lebt.

Für Nimet Güller-Kaya ist bür-gerschaftliches Engagement sehr wichtig, daher engagiert sie sich seit mehr als 20 Jahren in verschiedenen Vereinen oder Organisationen.

Sie lebt im Josefsviertel, daher hat sie als engagierte Bürgerin auch regelmäßig an den Versammlungen des Runden Tisches der Bürgerinnen

Je frischer, desto besser schmeckt’s: Die Kinder profitie-ren am meisten vom vom neuen

„Cook and Chill“-Konzept.

und Bürger der MaJo (Mattheck und Josefsviertels) teilgenommen. Vom Runden Tisch der MaJo-Bewohner wurde sie als Interessenvertreterin in den Beirat des Nachbarschafts-hauses gewählt. Durch die Arbeit im Beirat hat sie die Arbeit des Nach-barschaftshauses von Anfang an begleitet und sich für die Interessen der gesamten Bürgerschaft unab-hängig von Herkunft, Religion, Alter oder Geschlecht eingesetzt.

Ihr Ziel ist, sowohl die verschiedenen Kulturen als auch Generationen im

Ist der Hähnchenspieß knusprig genug? War an diesem Essen et-

was zu scharf gewürzt? Sind in dem Salat zu harte Zutaten? Fragen wie diese bekommen die Kinder zu hö-ren, die vom SCI:Moers in der Ganz-tagsschulen mit einem Mittagessen versorgt werden. Schließlich sind die Rückmeldungen der Kinder für die Küche wichtig – wenn man die Er-nährung der Kinder und ihren Spaß am Essen ernst nimmt. Und das tut der SCI:Moers: Er hat sich einem Zertifizierungsprozess unterworfen, der unter anderem die Zusammen-stellung des Speiseplanes, die Her-stellung der Speisen in der Großkü-che, die Behandlung der Speisen in der jeweiligen Schule und auch die Hygiene überprüft. Ein Feedback von

Der etwas frischere FischMit großem Aufwand stellt der SCI die Herstellung

der Mittagessen in der Ganztagsbetreuung um: auf

das „Cook and Chill“-Verfahren. Zusätzlich werden

der Speiseplan und das Hygienekonzept zertifiziert.

Für die Kinder bedeutet das alles nur eins:

Das Essen wird leckerer und gesünder.

Buntheit ist Programm: Nimet Güller-Kaya.

Abgänge der allerbesten Art

Kinder

Portrait

Sie ist auch eine NachbarinNimet Güller-Kaya leitet das

SCI:Nachbarschaftshaus und hat

einiges darin vor

Kindern und Eltern gehört ebenfalls dazu. Bis etwa Mitte 2010 soll die Zertifizierung abgeschlossen sein. Durchgeführt wird sie durch den Fachbereich Oecotrophologie der Hochschule Niederrhein in Zusam-menarbeit mit der Verbraucherzent-rale NRW.

„Die Zertifizierung bedeutet für uns einen enormen Aufwand“, sagt Ste-fan Otto-Bach, der beim SCI:Moers den Bereich des Offenen Ganztags koordiniert. „Wir stellen dabei unse-ren ganzen Herstellungsprozess um, dazu müssen natürlich die Gerät-schaften vorhanden sein und funkti-onieren, die Abläufe müssen einge-spielt werden und so weiter.“ Sei die Umstellung jedoch einmal geschafft,

werde das Essen erheblich besser – und die Mehrarbeit halte sich dann auch in Grenzen.

Der neue Herstellungsprozess, von dem Otto-Bach spricht, nennt sich „Cook and Chill“, zu Deutsch etwa: „Kochen und Kühlen“. Dahinter steckt der Gedanke, dass Kantinenküche lange Warmhaltezeiten bedeutet. Da weicht das Gemüse ein und der Fisch liegt über Stunden in der Soße. Beim „Cook and Chill“ dagegen wird das Essen nach dem Kochen sofort per Schnellverfahren heruntergekühlt. Erst kurz vor dem Verzehr wird es dann fertig aufbereitet („regene-riert“) und erreicht so eine ganz an-dere Frische auf den Tellern. Auch bleibt mehr Nährwert enthalten.

Unabhängig von den Methoden der Zubereitung gehen mit der Zertifizie-rung auch Änderungen bei der Spei-senplanung einher. Diese richten sich nach den Prüf-Standards der Hoch-schule Niederrhein und entsprechen weitestgehend den Qualitätsstan-dards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Zum Beispiel werden kei-nerlei Geschmacksverstärker einge-setzt, die Kinder bekommen auch kein Formfleisch zu essen. Dafür gibt es zu jedem Menü Gemüse und Obst und eine Stärkebeilage. Fisch gibt es jede Woche einmal. Dass er paniert auf den Tisch kommt, ist übrigens keine Frage der Gesundheit, sondern der Akzeptanz bei den Kindern. Denn was hilft das beste Essen, wenn es auf dem Teller bleibt?

Das Mittagessen wird mit Hilfe eines Konvektomaten

„regeneriert”.

Von Moers aus ist sie zum Studieren ausgezogen, war lange Jahre in der Wissenschaft und in der Lehre tätig, hat internationale Projekte geleitet und als Teamleiterin gearbeitet. Sie

Nimet Güller-Kaya, seit März Lei-terin des SCI:Nachbarschafts-

hauses, ist in Moers aufgewach-sen und hat 1989 am Rheinkamper Gymnasium das Abitur gemacht.

Stefan Otto-Bach koordiniert beim SCI:Moers den Bereich des Offe-nen Ganztags.

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Ein Team des SCI hat den neuen Barfußpfad in Repelen landschaftsgärt-

nerisch auf den Weg gebracht. Zwischenzeitlich gingen einige Arbeitskräfte

verloren, aber zur Freude der Verantwortlichen: Gleich mehrere Mitarbeiter

wurden aus der Gemeinwohlarbeit heraus in feste Stellen vermittelt.

verhältnissen bleiben. „Dem Auszu-bildenden hat der Arbeitgeber zum Beispiel schon zugesagt, dass er übernommen wird, wenn alles nach Plan läuft“, so Struben.

Von Oktober 2009 bis in den Mai 2010 hinein waren die SCI-Mitar-beiter, unter der Leitung von SCI-Landschaftsgärtner Lutz Niebaum, damit beschäftigt, den Barfußpfad zu verwirklichen. Wege wurden angelegt, Randeinfassungen herge-stellt, Beläge wie Natursteinpflaster oder Betonsteine aufgebracht, Ra-sen gesät, Sträucher eingepflanzt. Andere Aufgaben – etwa beim Betonbecken für das Kneipp-Bad oder bei Elektro- und Entwässe-rungsarbeiten – fielen anderen Handwerksbetrieben vor Ort zu, mit

Abgänge der allerbesten Art

Arbeitsförderung

„Das kommt gut an!“

wiederum werden vom Buchungssys-tem darüber informiert, wo wie viele Räder aufgefüllt werden müssen.

Stimmt es, dass der SCI:Moers auch die Software entwickelt hat?Ja, das ist richtig, die haben wir pro-grammieren lassen.

Wie viele Leute sind insgesamt eingebunden?Für das NiederrheinRad-Projekt gibt es nur eine Vollzeitstelle, aber acht Mitarbeiter, die daran mitwirken. Zu bestimmten Zeiten wie langen Wo-chenenden brauchen wir natürlich mehr Personal als sonst, so haben wir dafür Reserven geschaffen.

Seit dieser Saison gibt es am Niederrhein ein neues Verleih-

system für Fahrräder – man holt sich an einer von 50 Stationen für

geringe Gebühren ein Rad und kann es an jeder anderen

Station zurückgeben. Der SCI:Moers hat für das System die

Logistik übernommen, Projektleiter Guido Bonewitz erklärt Details.

Sie warten die Räder ja auch. Ha-ben Sie schon die ersten Repara-turen ausgeführt, was fällt insge-samt an Arbeiten an?Naja, die Räder sind neu, und es ist ja auch ein Premium-Rad von Ga-zelle, da sind die Arbeiten bisher mi-nimal. Wir haben schon mal Platt-füße dabei...

... sind denn die Reifen nicht un-plattbar?„Unplattbar“ ist ein dehnbarer Be-griff: Wenn Sie zum Beispiel über einen Nagel fahren, dann ist der Reifen zwar defekt, aber man kann eigentlich noch gemütlich damit weiterfahren. Am nächsten Morgen

Herr Bonewitz, wenn irgendwo am Niederrhein – in Brüggen, Xanten oder Zons – ein NiederrheinRad ausgeliehen wird, was hat dann Ihre Logistik-Zentrale zu tun?Die Räder dürfen bei diesem Ver-leihsystem ja an anderer Stelle zu-rückgegeben werden als da, wo man sie entliehen hat – wir bringen sie zurück beziehungsweise füllen die Lücken auf. Außerdem halten wir die Räder instand.

Ist bei der Buchung noch Handar-beit vonnöten?Nein, das ist vollautomatisiert. Nach jeder Buchung geht eine E-Mail an den jeweiligen Servicepartner. Wir

Nachgefragt

ihnen mussten die SCI-Kräfte Hand in Hand arbeiten, zum Beispiel Ka-bel verlegen. Ein Teil der Arbeiten wurde von ehrenamtlichen Kräften erledigt, unter anderem vom Verein „Repelen aktiv“. Auch hier war eine enge Kooperation angesagt.

„Ganz leicht war die Aufgabe für uns nicht“, sagt Lutz Niebaum über die Fertigstellung des Barfußpfades. „Zum einen standen wir unter Zeit-druck, weil wir zwingend bis Anfang Mai fertig werden mussten – und das ist für ein Team aus nicht einge-spielten Gemeinwohlkräften, Prak-

tikanten und Ehrenamtlichen nor-malerweise schwierig.“ Hinzu kam dann noch, dass sich der Winter sehr lange hinzog und die landschafts-gärtnerischen Aufgaben erschwerte – zeitweise auch unmöglich machte. „Die zwei Monate Zwangspause im Winter haben uns natürlich am Ende gefehlt“, sagt Niebaum. Geschafft hat es sein Team dennoch. Dass sich die Mannschaft noch während der Bauphase immer wieder verändert hat, war letztlich kein Hindernis – sondern vor allem ein Glücksfall für die, die jetzt wieder fest in Lohn und Brot stehen.

spätestens muss man ihn dann aber doch auswechseln, dann ist er platt. Aber sonst haben wir noch keine Schäden an den Rädern gehabt, zum Glück.

Sind Sie selbst auch schon mit dem NiederrheinRad gefahren?Ja, natürlich, aber nur zwei oder drei Kilometer, um es zu testen. Eine ge-zielte Tour habe ich aber noch nicht gemacht.

Glauben Sie, dass das Projekt sich bei den Touristen durchsetzen wird?Wenn man bedenkt, dass wir zum Start erst einmal sehr bescheidenes Wetter hatten, ist die Auslastung

recht gut. Das liegt natürlich auch am professionellen Marketing für das NiederrheinRad.

Die Finanzierung des Projekts ist durch Landesfördermittel für drei Jahre sicher.Ja, danach müssen wir auf eige-nen Beinen stehen. Ich sehe unsere Chancen aber positiv. Der Nahurlaub gewinnt an Bedeutung, und der Nie-derrhein steht beim Fahrradtouris-mus sehr gut da. Wir merken das an den Buchungen: Da kommen Leute aus Karlsruhe und fahren drei Tage bei uns mit dem NiederrheinRad. Das zeigt mir, dass das Angebot gut an-kommt.

Guido Bonewitz mit einigen Hundert der apfelgrünen

Gazellen in der Servicezentrale

am Moerser Bahnhof.

SCI:Moers hatte sechs zuvor Lang-zeitarbeitslosen mit Unterstützung des Jobcenter Moers für dieses Projekt befristete Arbeitsverträge vermittelt. Mindestens zwei der Ar-beitskräfte wurden noch während des halbjährigen Baus in Stellen vermittelt. Drei weitere Kräfte, die im Rahmen eines anderen Entgelt-projekts beim Barfußpfad-Bau mit-halfen, kamen sogar alle auf dem ersten Arbeitsmarkt unter. „Einer ist jetzt angestellt, einer selbstständig, einer absolviert eine Ausbildung“, freut sich Regina Struben, die für das Personalmanagement zustän-dig war. Zum Teil seien die Männer erst Mitte Zwanzig, ergänzt die SCI-Integrationsbegleiterin und glaubt fest daran, dass ihre Schützlinge nun auch in festen Beschäftigungs-

Mit dem neuen Barfußpfad im Repelener Jungbornpark

(www.barfusspfad-moers.de) hat Moers eine touristische Attraktion mehr. Auch für die Bürger ist der Pfad eine Bereicherung. Gebracht hat der Bau der Anlage aber noch mehr: Arbeit für Menschen näm-lich, die vorher keine hatten. Der

Lutz Niebaum leitete das Team beim Bau des Barfußpfades an.

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Kurz & Knapp

Das Toilettenhaus am Meerbecker Marktplatz ist wieder eine gute Adresse. Nach langen Jahren, in denen das Örtchen niemand mehr gerne aufsuchte, haben Auszu-bildende des SCI:Moers unter fachkundiger Anleitung das Toilet-tenhaus als Übungsprojekt gene-ralüberholt und jüngst piekfein der Stadt wieder übergeben. Die hatte zuvor Abriss und Neubau erwo-gen, was Kosten von etwa 60.000 Euro nach sich gezogen hätte. Alle Gewerke der Auszubildenden zu-sammen (Metallbauer, Schlosser, Tischler, Maler, Lackierer) verur-sachten bei den Sanierungsarbei-ten nun nicht mehr als 12.000 Euro an Kosten – und ein Graffitischutz

Toilettenhaus ist wieder ein schönes ÖrtchenJugendcafé freut sich

auf Ausstellungen

Die erste Ausstellung „Range of Contrast“ mit Werken von Mara Fischer und Leonie Herr-mann hat prima geklappt und für viel positive Aufmerksam-keit gesorgt: Im Jugendcafé in Kamp-Lintfort ist Leiterin Jana Reifegerste (Foto) nicht nur zufrieden mit der Kunst-Pre-miere, sondern würde auch gerne häufiger ausstellen. Künstler kön-nen sich gerne an [email protected] wenden. Das Ju-gendcafe auf der Moerser Straße 265 b ist dienstags bis samstags in der Zeit von 16 bis 20 Uhr geöff-net. Jugendliche können sich hier treffen, diverse Gesellschaftsspie-

Herausgeber: sci:moers gGmbH Gesellschaft für Einrichtungen und Betriebe sozialer Arbeit Kirschenallee 35, 47443 Moers Telefon 02841/9578-0 Telefax 02841/957878 eMail: [email protected]

V.i.S.d.P.: Karl-Heinz Theußen (Geschäftsführer)

Redaktion: Blattwerkstatt

Fotos:Peter Oelker

Gestaltung und Produktion: Agentur Berns Steinstraße 3, 47441 Moers www.agenturberns.de

Wer ist der Service Civil International? Der Service Civil International wurde 1920 von dem Schweizer Pierre Ceresole gegründet. Ceresole lehnte jeglichen mi-litärischen Dienst ab. Stattdessen wollte er durch freiwillige Arbeit an gemein- nützigen Projekten den Frieden unter-stützen. In Esnes, in der Nähe von Verdun in Frankreich, fand der erste Einsatz von Freiwilligen aus Deutschland, Frank-reich und der Schweiz statt. Sie halfen mit, die im Krieg zerstörte Stadt wieder aufzubauen. Heute ist der sci in 25 Ländern weltweit als Friedensbewegung organisiert. Seine Aufgaben sind viel-fältig, sie reichen von der Förderung von Verständnis und Solidarität zwischen den Menschen bis zu gemeinnützigen Projek-ten und Arbeiten im Natur und Umwelt-schutz. Oberstes Gebot ist die Integration von sozial benachteiligten Gruppen.

Impressum

Aktuelle Projekte

Musik erfahren mit Wichtelglöckchen & Co.

Es gibt wenige Projekte, die alle großen Parteien gut finden. Eines

davon ist „Toni singt“. Bundeskanzlerin An-gela Merkel lobt die Bildungsinitiative für frühkindliches Singen genauso wie Sylvia Löhrmann von den Grünen, Guido Wester-welle von der FDP und Peer Steinbrück von der SPD. Kein Wun-der: Dass musikalische Früherziehung Lern-fähigkeit und Sozial-

„Toni singt“ heißt ein Projekt des ChorVer-

bandes NRW, das Kinder schon früh musikalisch

fördern soll. Im SCI:Kindergarten gastiert

„Toni“ regelmäßig, verkörpert von Ute Dresler.

kompetenz von Kindern fördert, ist längst wissenschaftlich erwiesen. Der SCI:Moers setzt diese Erkenntnis auch praktisch um: Im SCI:Kindergarten auf der Kirschenallee gastiert „Toni singt“ regelmäßig.

Hinter „Toni singt“ als Idee steht der ChorVerband NRW, der vormalige „Sängerbund“. Unter seiner Führung werden in Nordrhein-Westfalen zahlreiche Kindergarten-Veranstal-tungen dieser Art durchgeführt. In Moers ist es Ute Dresler, die in den Kindergarten kommt und auf ganz bestimmte Weise mit den Kindern musiziert. Sie hat dafür eine entspre-chende Ausbildung für vokales Musi-zieren mit 4- bis 6-jährigen Kindern absolviert, unterrichtet auch sonst in Eltern-Kind-Singgruppen und ist selbst Chorleiterin eines Kindercho-res. „Ich habe das Projekt mit meinen eigenen Kindern mitgemacht, fand es total genial und habe dann einen Lehrgang besucht“, erklärt Ute Dres-ler, warum sie „Toni singt“ unter-

stützt. Für den Unterrichtet kommt sie einmal wöchentlich für 50 Mi-nuten in eine maximal zwölf Kinder starke Gruppe und macht mit ihnen Musik.

Im Gepäck hat Ute Dresler dann auch ganz spezielle Instrumente. Sonder-schlegel etwa, besonders kurz und dick: „Mit den normalen Schlegeln hauen die Kinder ja dauernd dane-ben“, sagt sie. Auch das Spiel mit einem „Wichtelglöckchen“ ist Teil ihres Unterrichts: „Das ist ein kurzer Holzstab mit einer Schelle dran, der sich zur Begleitung eignet“, erläutert Ute Dresler, „die Kinder können da-mit aber auch ihren eigenen Körper abklopfen, davon sind die ganz be-geistert!“ Auf diese Weise werde die Verknüpfung der beiden Gehirnhälf-ten gestärkt. Ziel des Unterrichts ist nämlich auch, Bewegungen koordi-nieren zu lernen, das Körperbewusst-sein zu verbessern und insgesamt die Sinne zu schulen.

Eine Unterrichtsstunde von „Toni singt im Kindergarten“ setzt sich aus vielen kleinen Einheiten zusammen, bei denen sich Ruhe- und Bewe-gungsphasen abwechseln. Die Wie-

derholung über mehrere Stunden ist dabei ein wichtiger Aspekt, um die Kinder mit den Liedern vertraut zu machen. Am Ende einer Stunde wer-den Blätter mit Liedern, Versen und Gedichten ausgeteilt, damit auch zu Hause mit Freude gesungen werden kann. Die Themenbereiche der Un-terrichtsstunden stehen im jahres-zeitlichen Kontext und orientieren sich an der Erlebniswelt der Kinder. Auch Sprechverse oder Fingerspiele gehören dazu.

Im SCI:Kindergarten sollen alle Grup-pen in den Genuss von „Toni singt“ kommen. Deshalb gibt es nacheinan-der je zehn Einheiten für eine Grup-pe. Nach den Sommerferien 2010 etwa sind die Kinder im Vorschulalter an der Reihe.

Weitere Infos zu dem Projekt unter www.toni-singt.de.

Schon klatschen will gelernt sein – wenn man die

Bewegungen richtig koordi-

nieren muss.

le ausprobieren, kickern, Billard spielen und auch kleine, günstige Snacks und Getränke verzehren. Die Diplom-Sozialpädagogin Jana Reifegerste steht den Jugendli-chen bei Problemen aller Art als geschulte Ansprechpartnerin zur Verfügung – oder auch einfach zum Quatschen.

ist auch schon mit drin. Für die Auszubildenden hieß das alles zwar viel Arbeit. Unter anderem musste stundenlang geschlif-fen, gespachtelt und über Kopf angestrichen werden. Aber die Arbeit hat den SCI-Stiften auch deshalb viel Spaß gemacht, weil die Nützlichkeit sofort sichtbar wurde: Meerbeck hat nun wieder ein stilles Örtchen, das die Bürger guten Gewissens nutzen können.

Musikalische Früherziehung auf spielerische Art: Ute Dresler stellt ihren

jungen Eleven die Spezialschlegel vor.

Christine Joliet, Leiterin des Kindergar-tens: „Wir bieten den Liedergarten an, weil musikalische Früherziehung ein wichtiges Element unserer Pädagogik darstellt. Die Kinder lernen den Umgang mit Instrumen-ten, spüren den Gleichklang miteinander, entdecken sich selbst in der Bewegung zur Musik, können ausprobieren und Klanger-lebnisse gestalten. Indirekt werden so auch Sprachentwicklung, Sinneswahrnehmung und das eigene Körpergefühl gefördert.“