Seeßlen_Georg_Nazismus und Popkultur

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  • 7/28/2019 Seelen_Georg_Nazismus und Popkultur

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    8/04/13 11:23 AMNazismus und Popkultur | Aus Liebe zur Freiheit

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    Aus Liebe zur Freiheit

    Notizen zur Arbeit der sexuellen Differenz

    Nazismus und Popkultur

    Der dritte Band von Georg Seelens Reihe Sex-Fantasien in der

    Hightech-Welt liegt noch ungelesen auf meinem Stapel, dakommt schon die nchste Serie von Bchern mit Analysen zurPopkultur. Der Autor, dessen Blog den schnsten aller Blogtitelhat und dem man hier auf dem Sofa von Elke Brns beimdruckreifen Sprechen von Schachtelstzen zuschauen kann, hatsich diesmal dem Dritten Reich gewidmet und untersucht, wieder Faschismus mit der populren Kultur verworben war, vorher,mittendrin und vor allem auch nachher noch, in den fnfziger undsechziger Jahren.

    Dabei geht es ausfhrlich um Filme, um Comics, umFortsetzungsromane. Interessant finde ich Seelens Grundthese,die letztlich den Faschismus als Konsequenz eines vergangenenPatriarchats interpretiert, an dessen Stelle dessen die pure

    Inszenierung des Fhrertums tritt:

    Diese Grundidee wird dann durch die verschiedenen Genres der Popkultur hindurch

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    entwickelt. Leni Riefenstahl zum Beispiel hat genau dieses Verhltnis zwischen Fhrer undVolk mit der Kamera eingefangen, zum Beispiel in Triumph des Willens, ihrem Film ber denNrnberger Reichsparteitag von 1935:

    Es ist diese Identifizierung mit dem Einen, die Auslschung des Pluralitt (der Nicht-Machtalso), die eine der Grundlagen fr den verschwurbelten Umgang mit den Verbrechen desFaschismus auch nach 1945 ausmacht: Das Zusammenwirken zwischen Identifizierung (derMassen mit dem Fhrer) und Reprsentanz (der Fhrer IST das Volk) unterwirft einerseits dieEinzelnen mit ihrer Individualitt, garantiert ihnen aber gleichzeitig auch Anteil an der Gre undberlegenheit, die immer durch Abgrenzung von den anderen erreicht wird.

    Dieses System der absoluten Identifizierung/Reprsentanz wurde im Nationalsozialismus sicher

    auf die Spitze getrieben, aber ich denke, dass es nicht spezifisch fr diesen ist. Das Themabeschftigt mich derzeit auf verschiedenen Ebenen, zum Beispiel haben wir auch in der letztenFolge von Besondere Umstnde, dem Podcast, den ich zusammen mit Benni Brmann mache,ausfhrlich ber den Unterschied zwischen Reprsentanz und Herrschaft gesprochen amBeispiel vom Papst nmlich.

    Darin stelle ich die steile These auf, dass das Papsttum die lteste institutionalisierte Form diesesEiner spricht an Stelle der Vielen sei, die ihren Eingang auch in die Ideen des Parlamentarismus,der patriarchalen Familie und so weiter gefunden hat. Und es scheint mir sehr plausibel zu sein,dass in einer Kultur, die sich so an den Gedanken der Reprsentation als gesellschaftlicheOrgansiationsform gewhnt hat und also verlernt, wirklichen Pluralismus auszuhalten und dieZumutung der Anwesenheit von Fremden, von Anderen so etwas wie Hitler herauskommt,wenn die Konflikte zwischen Papa und Volk aufbrechen. Wenn sich die Einheit nicht mehrbehaupten lsst (so wie es mit den Krisen am Anfang des 20. Jahrhunderts offensichtlich wurde),dann entsteht eine Leere. Und diese Leere fllt dann ein Fhrer, der nicht mehr herrscht, sondernIdentifikation verlangt und Auslschung des Anderen befiehlt.

    Interessant auch, wie diese Denkfigur dann in populrer Literatur etwa Abenteueromanen immer wieder inszeniert wurde.

    Ich bin jedenfalls gespannt auf die zwei weiteren Bnde der Reihe, die noch folgen.

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    Georg Seelen: Das zweite Leben des Dritten Reichs. (Post)nazismus und populre Kultur. Teil 1. Bertzund Fischer, Berlin 2013, 9,90 Euro.

    5 Kommentare zu Nazismus und Popkultur

    ninjaan3. April 2013

    Da werde ich wohl ein neues Buch kaufen mssenDanke. fr die Vorstellung, ich hatte noch gar nichts darber gehrt!

    MartinM3. April 2013

    Danke fr den gerade fr mich, als Abenteueromanschreiber, hochinteressanten Beitrag. Ichhabe mir auf meinem Blog gleich ein paar Gedanken dazu gemacht:http://martinm.twoday.net/stories/326529744/

    susanna143. April 2013

    Von mir das gleiche: da werde ich mir wohl mal wieder ein neues Buch kaufen. Georg Seelenfinde ich seit langem spannend, auch wenn ich mit seiner Ansicht zu Tarantino nichtbereinstimme.

    Irene

    5. April 2013

    Interessant finde ich Seelens Grundthese, die letztlich den Faschismus als Konsequenz einesvergangenen Patriarchats interpretiert

    Ich behaupte mal, dass das fr den Austrofaschismus nicht funktioniert. Naja, letzten Endesfunktioniert es nicht, den Nationalsozialismus als x-beliebigen Faschismus zu bezeichnen.

    Darin stelle ich die steile These auf, dass das Papsttum die lteste institutionalisierte Form dieses Einerspricht an Stelle der Vielen sei

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    Schon Jesus dient als reprsentative Figur fr den Mensch gewordenen Gott, fr unsgestorben und so weiter. Und was du dem Papsttum zuschreibst, trifft zum Teil schon fr denchristlichen Priester zu. (Monotheismus ohne Stellvertreterdings gibt es eher im Judentum.)

    die ihren Eingang auch in die Ideen des Parlamentarismus, der patriarchalen Familie und so weitergefunden hat. Und es scheint mir sehr plausibel zu sein, dass in einer Kultur, die sich so an denGedanken der Reprsentation als gesellschaftliche Organsiationsform gewhnt hat

    In der Weimarer Republik hatte man sich eben noch nicht allgemein an den Parlamentarismusgewhnt, sondern teilweise dem Kaiser nachgetrauert.

    Irene5. April 2013

    Halb OT: Da inhaltliche Auseinandersetzungen mit dem Katholizismus aus der Mode sind(weil es fr zumindest junge Linke eh klar scheint, dass der Katholizismus in jeder Hinsichthinterm Mond ist uns es folglich nicht mehr ntig scheint, sich ernsthaft damit zu befassen,was ohnehin schwierig wre, wenn man ohne Religion aufgewachsen ist und Jesus kaum vonPetrus unterscheiden kann), empfehle ich mal ein Blog, das es kann: http://www.regensburg-digital.de

    This entry was posted on 3. April 2013 by Antje Schrupp in Bcher.http://wp.me/praPC-1MJPrevious postBloggen Sie auf WordPress.com. Theme: Suburbia von WPSHOWER.

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