Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde von „Filippas...

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3 2 Vorwort Vorwort die Stiftung „Filippas Engel“ wurde vor sieben Jahren ins Leben gerufen. Seitdem sucht der Stiftungsrat Jahr für Jahr nach jungen Menschen, die für außergewöhn- liche, beispielgebende Taten ausgezeichnet werden sollen. Wir, die Freunde Filippas, ihr Ehemann, ihre Geschwister und ihre Eltern, die diese Stiftung im Sin- ne unserer verstorbenen Tochter, Ehefrau, Schwester und Freundin gegründet haben, haben uns vorge- nommen, vorbildhafte Initiativen Jugendlicher zu ent- decken, ihnen durch den Preis „Filippas Engel“ An- erkennung zu schenken und damit schließlich auch Andere zu motivieren, es ihnen gleich zu tun. „Das kann nicht einfach werden“, dachten wir uns am Anfang, die „Jugend von heute“ hat doch reichlich wenig im Sinn für soziale Werke, caritatives Engagement, ehrenamtlichen Einsatz und ähnlich al- truistisches Wirken. Weit gefehlt! Nach rund 100 Anträgen, die wir seitdem erhalten und mit wachsender Begeisterung, zumeist auch echter Bewunderung überprüft haben, können wir mit diesem Vor- urteil aufräumen. Es ist die Jugend von heute, die uns den Weg in die Zukunft weist, die uns zeigt, wie eine engagierte Zivilgesellschaft die nachlassenden Leis- tungen staatlicher Einrichtungen mehr und mehr ersetzen muss, die unmit- telbar hilft, und die mit einem Strahlen in den Augen und ehrlicher Caritas eher Wunden heilt, als es mit anonym verteilten Entwicklungsgeldern ge- lingen kann. Sie begeistert durch Kreativität, sie überzeugt durch Opferbe- reitschaft und reißt durch großartige Taten Andere mit. Mit der hier vorliegenden Broschüre möchten wir die Preisträger der letzten Jahre vorstellen und einige ihrer Werke besonders hervorheben. Wir freuen uns, dass wir mit dem Preis „Filippas Engel“ ein Netzwerk von Jugendlichen aus vielen Ländern Europas geschaffen haben, die in allen Winkeln der Erde wirken. So strahlt dieser Preis nicht nur nach außen, er führt auch innerhalb der Familie der Preisträger zu einem Er- fahrungsaustausch, vielleicht auch zu wohl verdientem Stolz, dieser Ge- meinschaft von „Engeln“ anzugehören. All denjenigen, die uns bei der Herstellung dieser Publikation gehol- fen haben, Pater Alfons Friedrich und seinem Team der Don Bosco Medien GmbH, den Autoren und ganz besonders der Lotto-Stiftung Rheinland- Pfalz danken wir. Aber ohne „Filippas Engel“ und ohne die jungen Menschen, die uns Tag für Tag begeistern, gäbe es nur wenig zu berichten. Ihnen gilt mehr als allen Anderen unser aufrichtiger Dank und unsere Anerkennung! Ihr Alexander Sayn-Wittgenstein Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde von „Filippas Engel“, Inhaltsverzeichnis Einleitung 4 Nicht nach den Sternen greifen 5 Meine Schwester Filippa 8 Vorstellung der Stiftung 10 Portrait der Preisträger von 2004 bis 2009 11 Weltkarte mit Einsatzorten der Gewinner 30 Netzwerk von Freunden 32 Interviews mit Marco Schreyl und Christoph Metzelder 37 Filippa sucht Helfer 42 Buch und Hörbuch „Filippas Engel“ 43

Transcript of Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde von „Filippas...

  • 32 VorwortVorwort

    die Stiftung „Filippas Engel“ wurde vor sieben Jahren ins Leben gerufen. Seitdem sucht der Stiftungsrat Jahr für Jahr nach jungen Menschen, die für außergewöhn-liche, beispielgebende Taten ausgezeichnet werden sollen. Wir, die Freunde Filippas, ihr Ehemann, ihre Geschwister und ihre Eltern, die diese Stiftung im Sin-ne unserer verstorbenen Tochter, Ehefrau, Schwester und Freundin gegründet haben, haben uns vorge-nommen, vorbildhafte Initiativen Jugendlicher zu ent-decken, ihnen durch den Preis „Filippas Engel“ An-erkennung zu schenken und damit schließlich auch Andere zu motivieren, es ihnen gleich zu tun.

    „Das kann nicht einfach werden“, dachten wir uns am Anfang, die „Jugend von heute“ hat doch reichlich wenig im Sinn für soziale Werke, caritatives Engagement, ehrenamtlichen Einsatz und ähnlich al-truistisches Wirken. Weit gefehlt! Nach rund 100 Anträgen, die wir seitdem erhalten und mit wachsender Begeisterung, zumeist

    auch echter Bewunderung überprüft haben, können wir mit diesem Vor-urteil aufräumen.

    Es ist die Jugend von heute, die uns den Weg in die Zukunft weist, die uns zeigt, wie eine engagierte Zivilgesellschaft die nachlassenden Leis-tungen staatlicher Einrichtungen mehr und mehr ersetzen muss, die unmit-telbar hilft, und die mit einem Strahlen in den Augen und ehrlicher Caritas

    eher Wunden heilt, als es mit anonym verteilten Entwicklungsgeldern ge-lingen kann. Sie begeistert durch Kreativität, sie überzeugt durch Opferbe-reitschaft und reißt durch großartige Taten Andere mit.

    Mit der hier vorliegenden Broschüre möchten wir die Preisträger der letzten Jahre vorstellen und einige ihrer Werke besonders hervorheben. Wir freuen uns, dass wir mit dem Preis „Filippas Engel“ ein Netzwerk von Jugendlichen aus vielen Ländern Europas geschaffen haben, die in allen Winkeln der Erde wirken. So strahlt dieser Preis nicht nur nach außen, er führt auch innerhalb der Familie der Preisträger zu einem Er-fahrungsaustausch, vielleicht auch zu wohl verdientem Stolz, dieser Ge-meinschaft von „Engeln“ anzugehören.

    All denjenigen, die uns bei der Herstellung dieser Publikation gehol-fen haben, Pater Alfons Friedrich und seinem Team der Don Bosco Medien GmbH, den Autoren und ganz besonders der Lotto-Stiftung Rheinland-Pfalz danken wir.

    Aber ohne „Filippas Engel“ und ohne die jungen Menschen, die uns Tag für Tag begeistern, gäbe es nur wenig zu berichten. Ihnen gilt mehr als allen Anderen unser aufrichtiger Dank und unsere Anerkennung!

    Ihr

    Alexander Sayn-Wittgenstein

    Sehr geehrte Damen und Herren,liebe Freunde von „Filippas Engel“,

    InhaltsverzeichnisEinleitung 4 Nicht nach den Sternen greifen 5 Meine Schwester Filippa 8 Vorstellung der Stiftung 10 Portrait der Preisträger von 2004 bis 2009 11 Weltkarte mit Einsatzorten der Gewinner 30 Netzwerk von Freunden 32 Interviews mit Marco Schreyl und Christoph Metzelder 37 Filippa sucht Helfer 42 Buch und Hörbuch „Filippas Engel“ 43

  • 4 Filippa Sayn-Wittgenstein Fillippa Portrait 5

    Zwei Mal läuteten im Jahr 2001 die Glocken der romanischen Kirche der Prämonstratenserabtei in Sayn für Prinzessin Filippa. Verhei-ßungsvoll im Juni: Filippa Sayn-Wittgenstein heiratet den toska-nischen Grafen Vittorio Mazzetti d’Albertis. Drei Monate später verkündet das Geläut dunkel und trauernd Filippas Tod. Bei einem Autounfall war die Prinzessin im Alter von 21 Jahren auf der Rückfahrt von ihrem ersten Auf-trag als Modefotografi n in Cornwall ums Leben gekommen.

    Einige Monate später fanden Fürst Alexander und Fürstin Gabriela die Tagebücher ihrer Tochter. Beim ersten Blick auf die Innenseite des Deckels haben sie lachen müssen, erinnert sich die Fürstin, da stand: „Das Buch der Egologie – Wie Frl. F. aus S. bei K. am Rh. in Rhl.-Pf. sich ganz und gar verfi el und erkannte, wie unwichtig anderes Innenleben außer dem ihren ist (Ach-tung: Schwulst)“. In einem weiteren Tagebuch stand: „Bitte lies das nicht!“ Doch das „nicht“ hatte Filippa später off enbar durchgestrichen.

    Nach reifl icher Überlegung kamen Eltern, Ehemann und Geschwister zu dem Entschluss, Auszüge aus den Tagebüchern zu veröff entlichen. Die Fa-milie war überzeugt, dass Filippas Gedanken vielen jungen Menschen eine Hilfe sein könnten, den eigenen Weg durchs Leben zu fi nden.

    In ihren Tagebüchern beschreibt Filippa, wie sie das Leben sah, was Lie-be für sie bedeutete, wie sehr sie an ihrer Familie hing und warum Gott für sie so wichtig war. Der Salesianerpater in Sayn, der Filippa bereits getauft hatte, empfahl den Eltern, die Tagebücher im Don Bosco Verlag zu veröf-fentlichen. Die Publizierung im ordenseigenen Verlag sollte sicherstellen, dass die Gedanken ihrer Tochter nicht „vermarktet“ werden. Auf dem In-nendeckel eines ihrer Tagebücher hatte Filippa einen kleinen, frechen En-gel gezeichnet: Filippas Engel.

    Mit dem Erlös des Buches, das schnell zum Bestseller wurde, gründe-te die Familie 2003 im Don Bosco Stiftungszentrum die Stiftung „Filippas Engel“. Seit 2004 vergibt die Stiftung einmal im Jahr den Preis „Filippas En-gel“ an junge Menschen, die sich auf außergewöhnliche Weise für soziale, ökologische oder kulturelle Belange eingesetzt haben.

    Spuren eines Engels

    Auf den folgenden Seiten erfahren Sie mehr über Filippa, ihre Stiftung und über die Menschen, die sich im Sinne der Prinzessin für andere einsetzen. Es sind junge Menschen, die für eine gute Genera-tion stehen. Menschen, die Mut machen. Ja, es sind junge Menschen, zu denen das, was man über Engel sagt, besonders gut passt. Und irgendwie hat auch ein Engel namens Filippa daran mitgeschrieben. >>>

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  • 7Erinnerungen„Greif nicht nach den Sternen, sondern begreife, wie gut es Dir geht.“

    Als ich 2006 gefragt wurde, ob ich bei einer Podiumsdiskussion ein Kurzreferat zum Thema „Neustart statt Absturz“ halten könne, wollte ich eigentlich ablehnen. Über den Schmerz, den wir nach dem Tod unserer Tochter Filippa verspürt haben, wollte ich nicht sprechen und einen erwähnenswerten Neustart sah ich auch nicht. Ich ließ mich dann doch überreden und während ich über das Thema nachdachte, merkte ich, wie viel sich in den letzten Jahren durch Filippas Tod bei uns verändert hatte.

    Wir waren eine glückliche Familie, mein Mann und ich und unsere sieben Kinder. Natürlich gab es Probleme, jede Familie hat Probleme. Es ging uns aber trotzdem gut, – was wir vielleicht nicht immer realisiert haben. Unser Glück waren unsere Kinder, alle wohlauf, die Großen mit guten Berufsaus-sichten, die Kleinen noch zu Hause in der Schule und mittendrin Filippa. Sie hatte gerade ihre Ausbildung als Fotografin in Florenz abgeschlossen, ihren Traummann gefunden und ihn zu Hause in Sayn geheiratet.

    Vor der Hochzeit war sie noch einmal für einen Monat zu Hause. Eine wunderbare Zeit. Eine Zeit, in der wir uns sehr nahe waren. Wir sprachen viel, vor allem über die Zukunft. Filippa erzählte von Vittorio, ihren gemein-samen Plänen und von dem großartigen Angebot, als Assistentin eines er-folgreichen Fotografen zu arbeiten. Bis spät in die Nacht planten wir die Hochzeit und waren einfach glücklich.

    Eines Tages nahm Filippa mich in die Arme und sagte: „Mami, ich werde den besten Mann der Welt heiraten. Ich weiß das, aber ich habe Angst, dass ich mich irgendwann daran gewöhnen könnte. Und dann will ich womög-lich mehr. Bitte erinnere mich immer daran, was ich dir heute gesagt habe, und sag mir dann, dass ich nicht nach den Sternen greifen soll, sondern begreifen wie gut es mir geht.“ Mit einem kleinen Lächeln sagte sie dann: „Vielleicht gilt das auch für Dich“. Damals aber verstand ich nicht so recht, was sie damit meinte.

    Nach ihrer Hochzeitsreise begann Filippa bei dem bekannten Werbefoto-grafen zu arbeiten. Ihr erster Auslandsauftrag führte sie nach Cornwall, von wo uns begeisterte Anrufe erreichten. Auf der Rückreise passierte ein schrecklicher Unfall. Filippa und ihr Chef waren auf der Stelle tot, die ande-ren Insassen des Wagens überlebten mit kleineren Verletzungen.

    Am 30. September, wir waren gerade aus der Sonntagsmesse zurück, er-fuhren wir, dass wir unsere Tochter nicht mehr lebend sehen würden. Ich

    Unsere Familie rückte näher zusammenFürstin Gabriela Sayn-Wittgenstein über ihre Tochter Filippa, deren Tod, Zweifel und Lebenskrisen als Entwicklungschancen

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  • 8 9ErinnerungenErinnerungen

    kann nicht beschreiben, was in uns, meinem Mann und mir, was in unse-rem Schwiegersohn und unseren Kindern vorgegangen ist. Ich weiß nur, dass wir ohne einander untergegangen wären.

    Gemeinsam weinten und beteten wir, waren verzweifelt, fragten nach dem Warum, konnten es einfach nicht glauben. Unsere Familie rückte noch näher zusammen. Jedes der Kinder zeigte sich von seiner besten Sei-te. Wenn einer schluchzend zusammenbrach, tröstete der andere, und uns Eltern halfen alle in vielfältigster liebvoller Art, jeder auf seine Weise. Mehr denn je wurde uns bewusst, wie wichtig eine Familie in solch schwerer Zeit war, wie viel Kraft sie einem gab.

    Immer wieder gab es Zusammenbrüche, Abstürze nannten wir es. Wir ver-missten alle Filippa so schmerzlich.

    Kurz vor Weihnachten fanden wir Filippas Tagebücher. Zuerst hatten wir große Scheu, sie zu lesen. Als wir jedoch die Aufforderung Filippas „do read this“ fanden, warfen wir einen zweiten, zaghaften Blick in die Bücher. Ich begann damit, meinem Mann ein paar Eintragungen vorzulesen. Wir weinten, lachten, fühlten uns unserer Tochter ganz nahe. Später kopierten wir einige Texte für Vittorio, die Geschwister und meine Schwiegermutter. Alle waren ergriffen, aber auch glücklich, und jeder erinnerte sich an Bege-benheiten, die beschrieben waren. Irgendwann, etwa ein Jahr nach Filip-pas Tod, kam der Gedanke auf, Filippas Tagebücher zu veröffentlichen. Wir diskutierten ausführlich in der Familie, ob wir das wirklich durften? Nach manch anfänglichem Zweifel waren schließlich alle dafür, das, was Filippa uns hinterlassen hatte, mit anderen zu teilen.

    Wir weinten, lachten, fühlten uns unserer Tochter ganz nahe

    Ich will mit meinem Leben Anderen nutzen

    „ Alle Bräute sind glücklich und strahlen, aber eine solch strahlende Braut habe ich noch nie gesehen. Sie erlebte jeden Moment sehr intensiv, genoss jede Minute.“

    Eine strahlende Braut: Am 10. Juni 2001 heiratete Filippa ihren „Traummann“ Vittorio Mazzetti d’ Albertis.

    Mit dem Don Bosco Verlag und Pater Friedrich an der Spitze fanden wir einen Verleger, der unsere Intention verstand. Eine sehr arbeitsreiche Zeit begann. Die Texte mussten ausgewählt und abgeschrieben werden. Es war oft so, als ob Filippa neben uns säße und die Texte diktierte. Sie hatte uns die Arbeit gut vorbereitet, hatte ihre Tagebücher selbst schon Korrektur ge-lesen. Die Dinge, die sie nicht gelesen haben wollte, hatte sie unleserlich gemacht, andere mit Kommentaren versehen. Wir mussten schmunzeln, lachen und weinen. Was für eine Tochter.

    Das Buch stürmte sogleich die Bestsellerliste und bald darauf erhielten wir viele Briefe von Menschen, die uns von ihrem Schicksal erzählten. Wie oft musste ich beim Lesen an Filippas Worte denken. „Greif nicht nach den Sternen, sondern begreife wie gut es Dir geht“.

    Und im Vergleich zu vielen Menschen geht es mir wirklich gut. Ich habe einen liebevollen Mann, sechs großartige Kinder und mit unserem Schwie-gersohn noch ein siebtes dazubekommen. Außerdem durfte ich 21 Jahre lang Filippas Mutter auf Erden sein.

    Zu Filippas Buch kam noch ein Hörbuch und mit den Einkünften aus beiden konnten wir eine Stiftung ins Leben rufen: „Filippas Engel“. 2004 zeichnete diese Stiftung zum ersten Mal junge Menschen aus ganz Europa aus, die etwas Außergewöhnliches für Andere getan hatten. So erfüllt sich Filippas Wunsch: „Ich will mit meinem Leben Anderen nutzen“.

    Seit Gründung der Stiftung wurde der Preis bereits an sieben Organisa-tionen, die von Jugendlichen gegründet oder getragen werden, und an über 50 junge Menschen vergeben. Sie erhielten die Preisfigur Filippas Engel und das entsprechende Preisgeld, insgesamt waren es 94.000 Euro.

    Wir, Filippas Freunde und Familie, die in der Stiftung aktiv sind, möch-ten den jungen Menschen danken und sie ermuntern, in ihrem segensrei-chen Tun fortzufahren. Sie zeigen uns, wie wunderbar die Jugend von heute ist, dass sie sich engagiert und das Herz auf dem rechten Fleck hat.

    Auch heute noch geht morgens mein erster Gedanke zu Filippa, meis-tens nur voller Dankbarkeit, doch immer wieder packt mich auch die Weh-mut. Wenn ich dann aber an all das Gute denke, das durch Filippa und ihr Tagebuch entstanden ist, freue ich mich zum Beispiel auf die nächste Preisverleihung und auf die strahlenden Gesichter der jungen Menschen, wenn sie Filippas Engel in ihren Händen halten.

    Gabriela Sayn-Wittgenstein

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  • 11Erinnerungen

    Es sind große Worte und Vorsätze, die meine Schwester Filippa in ihr Tagebuch eintrug. Sie sprühte vor Energie, war voller Ta-tendrang und Lebensfreude. Doch gleichzeitig war sie auch ein typischer, selbstkritischer und mit sich unzufriedener Teenager:„ Ich bin fett, verpickelt, faul, chaotisch, dümmlich, emotional, irrational, unver-

    nünftig, disziplinlos, schüchtern. Aber auch anders.“

    Aber auch anders. Das stimmt. Filippas Wesen war facettenreich, beste-hend aus einer fantastischen Kombination von Bescheidenheit, Humor, Wissbegierde, Hilfsbereitschaft und der Fähigkeit zuzuhören. Obwohl sie sieben Jahre jünger war als ich, entwickelte sich Filippa mit zuneh-mendem Alter von einer kleinen Schwester zu einer großen Hilfe und ernstzunehmenden Ratgeberin.

    Nach meinem Abitur ging ich 1992 nach Brüssel, um ein Praktikum bei der Europäischen Union zu machen. Filippa war damals 12 Jahre alt und kam mich dort öfters besuchen. Zusammen hatten wir viel Spaß, sind ge-meinsam ausgegangen, haben getanzt und gefeiert. Trotz dieser kurzen Nächte, besuchten Filippa und ich tagsüber Museen und Kirchen - nicht nur, um unsere Eltern glücklich zu machen. Filippa war an allem sehr

    interessiert, kannte sich gut aus und stellte viele Fragen. Sie liebte es, auf Reisen zu gehen, war fasziniert von verschiedenen Kulturen und Religio-nen. Und mit unserem Vater teilte Filippa die Liebe zur Natur. Sie ging mit ihm gerne auf die Jagd

    Oft machten wir gemeinsam lange Spaziergänge. Filippa beobachtete dabei immer die Schönheit der Natur bis ins letzte Detail, etwas, was si-cherlich wichtig für ihren späteren Beruf als Fotografin war. Filippa war sehr stolz auf ihre Familie und liebte ihre Heimat: ihr Sayn.

    Geliebt hat Filippa auch das Lachen – besonders über sich selbst. Sie hatte einen einzigartigen Humor, liebte Kokolores, erfand mit unserer Schwester Sofia eine eigene Sprache und ahmte viele Dialekte nach, die sie dann auch mit Fremdsprachen mischte.

    Neben der lustigen Filippa erlebten wir manchmal auch eine gran-tige oder motzige Schwester, die auf ihren kleineren Geschwistern rumhacken konnte. Dann gab es wiederum eine sehr bescheidene und dankbare Filippa. Sie war tief religiös – etwas, das sie aber nie raus-hängen lies, sie empfand es als richtig und wichtig für sich selbst, re-spektierte aber genauso andere Meinungen oder Religionen. Während des Krieges 1999 auf dem Balkan schrieb sie ins Tagebuch: „ Will tun, was Gott mit mir vorhat, und immer dankbar sein für das, was ich habe. Danke. Auch und besonders, dass ich mich soo freuen darf, wo andere um alles, was sie haben, weinen, weil sie es vielleicht von nun an hatten und ihnen nur noch die Erinne-rung bleibt. Hoffentlich war ihre Erinnerung schön und spendet ihnen Trost, so dass die Menschen hoffen können, eines Tages wieder so glücklich zu sein, beim Kuchenbacken, Kühe melken, Kinder im Arm halten, etwas haben, um es behalten zu dürfen... und Dan-ke sagen zu können und dürfen. Danke... danke... danke.“

    Fröhliche Prinzessinnen: Alexandra, Sofia und Filippa Sayn-Wittgenstein (v.l.) – ein Bild, das an Weihnachten 2000, 10 Monate vor Filippas Tod, entstand.

    „ Ich will Konzepte entwerfen, Ideen haben, mich wissenschaftlich fortbilden in Kunst-geschichte, Medizin, Meeresbiologie. Ich will Weinbau und Sprachen erlernen, reisen, Phi-losophien erkunden, den Tag nutzen, ihn nicht wegwerfen, mein geistiges Potenzial so gut es geht ausschöpfen, dabei leben, in vollen Zügen, die Natur erkunden, helfen, beten, meine Seele nähren, mich verlieben, frei sein, unabhängig sein, heiraten, Kinder bekom-men, mein Leben nutzen, anderen damit nutzen, Geschichte werden, Ruhe finden, in Ruhe leben, viel unternehmen, sehen, von mir weitergeben.“

    Alexandra Sayn-Wittgenstein über ihre Schwester – ein Portrait

    Meine Schwester Filippa

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  • 12 Erinnerungen

    Die nachdenkliche Filippa zog sich oft in ihr Zimmer zurück und philo-sophierte über den Sinn des Lebens. In ihrem Tagebuch heißt es:„ Wie schön das Leben sein kann und ist und wie schön man das Leben machen

    kann, wie man es anderen schön machen kann, jeden Tag wenigstens einem Menschen eine Freude machen, sagte Nietzsche schon, not so dumm.“

    Dieses Zitat war Filippa sehr wichtig, sie hatte es auf einen kleinen, gel-ben Notizzettel geschrieben und neben ihr Bett geklebt.

    Obwohl Filippa ungeheuer lebenslustig war, sich, gerade frisch verlobt, auf die gemeinsame Zukunft mit Vittorio freute und viel vorgenom-men hatte („Ich will den Rest meiner Zeit mit ihm verbringen, unser Le-ben leben, Kinder, unsere Kinder bekommen, aufwachsen sehen, formen, lieben...“), dachte sie auch über den Tod nach. Sie fürchtete ihn nicht, nannte es sogar „nach Hause gehen“. Sie beschrieb in ihrem Tagebuch ihr Grab, wollte, dass man an diesem Ort verweilen, beten und auch fei-ern sollte. Sie wollte jedoch noch mehr. Sie schrieb:„ Noch weiß ich nicht, wann ich gehe. Gehe ich bald, so wisst, dass ich euch alle lie-

    be und sicher unendlich vermissen werde. Ich wollte immer alles gut und recht machen, hab’s oft nicht geschaff t. Schaff t ihr es gemeinsam für mich, mit mir.“

    Anderen eine Freude machen und Gutes tun, das erwähnte Filippa im-mer wieder. Der Satz: „Schaff t ihr es gemeinsam für mich, mit mir“ war einer der Gründe für uns, die Stiftung „Filippas Engel“ ins Leben zu ru-fen. Und welchen Zweck sollte die Stiftung haben? Auch da fanden wir eine Antwort Filippas, übrigens ein Zitat Don Boscos:„ Also, auf! ‚Gutes tun, fröhlich sein, und die Spatzen pfeifen lassen‘, ja, auch wenn es

    menschliche Stärke verlangt und sehr anstrengend und manchmal gar nicht lustig ist, ja, auch dann diese Spatzen pfeifen lassen.“

    Eine ganz besondere Schwester.

    Auszüge einer Ansprache von Alexandra Sayn-Wittgenstein, anlässlich der Preisverleihung von Filippas Engel 2004

    Schaff t ihr es gemeinsam für mich, mit mir

    Filippas Engel Eine Auszeichnung für engagierte junge Menschen

    Verschmitzt und glücklich lächelt die Preisfi gur, der kleine Engel, und er hat allen Grund dazu. Seit 2004 wird die silber-ne Nachbildung jährlich an engagierte junge Menschen aus Europa, Einzelpersonen wie auch Gruppen, verliehen, die sich auf außergewöhnliche Weise für andere eingesetzt haben. Dies kann im kulturellen, sozialen oder ökologischen Bereich sein. So erfüllt sich Filippas Wunsch: „Ich will mit meinem Leben Anderen nutzen“.

    Die Hauptpreise bestehen aus der Preisfi gur „Filippas En-gel“ und jeweils 2.500 Euro.  Zusätzlich gibt es Ehren- und Sonderpreise. Eine Jury, bestehend aus dem Stiftungsvor-stand und den Mitgliedern des Stiftungsbeirats der Stif-tung Filippas Engel, wählt die Preisträger aus.

    Insgesamt wurden in den Jahren 2004 bis 2009 sie-ben Organisationen, die von Jugendlichen gegründet oder getragen werden, und über 50 junge Menschen ausgezeichnet. „Wir, Filippas Freunde und Familie, die in der Stiftung aktiv sind, möchten den jungen Menschen danken und sie ermuntern, in ihrem se-gensreichen Tun fortzufahren. Sie zeigen uns, wie wunderbar die Jugend von heute ist, dass sie sich engagiert und das Herz auf dem rechten Fleck hat“, so Fürstin Gabriela Sayn-Wittgenstein.

    13Der Preis

    Auf den folgenden Seiten erzählen wir, beispielhaft für jedes Jahr der Preisverleihung, einige Geschichten dieser jugendlichen Preis-träger, die sich im Sinne Filippas für andere einsetzen. Es sind Geschichten, die zeigen, wieviel Hoff nungsvolles, wieviel Mut und welche Phantasie der Nächstenliebe in der jungen Generation zu fi nden sind. Lesen Sie selbst. >>>

    kann im kulturellen, sozialen oder ökologischen Bereich sein. So erfüllt sich Filippas Wunsch: „Ich will mit meinem

    Die Hauptpreise bestehen aus der Preisfi gur „Filippas En-gel“ und jeweils 2.500 Euro.  Zusätzlich gibt es Ehren- und Sonderpreise. Eine Jury, bestehend aus dem Stiftungsvor-

    wunderbar die Jugend von heute ist, dass sie sich engagiert und das Herz auf dem rechten Fleck hat“, so Fürstin Gabriela

    Auf den folgenden Seiten erzählen wir, beispielhaft für jedes Jahr

  • 15Preisträger 200414 Se

    Eigentlich muss man als Bürger eines reichen Landes alle Möglichkei-ten ausschöpfen, um Armut und Elend dieser Welt zu mindern“ – als Rocco Umbescheidt und Elke Böhmer im Mai 1998 von einer Reise nach Nepal zurückkamen, waren sie zutiefst erschüttert. Die Pflegekräfte aus Aalen hatten in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu vier Wai-senhäuser, mehrere Krankenhäuser und eine Leprastation besichtigt. „Die Lebensumstände waren erschreckend“, erinnert sich Rocco Umbescheidt, „einfach unvorstellbar“.

    Auf den Straßen Nepals kämpften viele eltern-, heim- und mittellose Kinder ums nackte Dasein und Überleben. Allein in Kathmandu sterben jeden Tag 150 bis 300 Kinder an den grassierenden Darminfektionen. Ein Grund dafür ist die katastrophale medizinische Versorgung. Ein Arzt muss theoretisch bis zu 60.000 Einwohner betreuen. Tatsächlich können sich die meisten Menschen keinen Arztbesuch leisten. Hinzu kommen das schlechte Bildungssystem und eine Analphabetenrate von 51 Prozent. „So reifte unser Beschluss, den Kindern Nepals zu helfen“, so Rocco Umbescheidt.

    Am 7. Juni 1998 wurde die „Govinda Entwicklungshilfe e.V.“ ins Leben geru-fen und nur knapp sieben Wochen später entstand der nepalesische Part-nerverein Shangrila, der die Verwaltung der Projekte vor Ort übernimmt. Die Vision der zumeist jungen Gründungsmitglieder: die Gewährleistung einer nachhaltigen Entwicklungspolitik.

    Ein Waisenhaus für 15 Kinder mit drei Angestellten sollte das erste Pro-jekt sein, das Rocco Umbescheidt, damals gerade einmal 22 Jahre alt, zu-sammen mit Gründungsmitglied Roman Cieslewicz in Angriff nahm.

    Beide reisten erneut nach Kathmandu, um vor Ort die Organisation zu übernehmen. Sie mieteten die ersten Räume an und kümmerten sich um ju-ristische Fragen.

    „Wir wollten Strukturen schaffen, um letztendlich Hilfe zur Selbsthilfe zu geben“, so der heute 33-jährige Rocco Umbescheidt. Zunächst fünf Kin-der fanden noch 1998 in dem Waisenhaus einen Platz, der ihnen Nahrung, Bildung, medizinische Versorgung und Geborgenheit bot. Das Projekt entwi-ckelte sich fortlaufend weiter.

    Hilfe zur Selbsthilfe geben

    Govinda Entwicklungshilfe e.V., Preisträger des Jahres 2004, gibt Waisenkindern in Nepal ein neues Zuhause, baut Schulen und setzt sich für eine nach- haltige Entwicklungspolitik ein

    Rocco Umbescheidt (linke Seite) gehört zu den Gründungsmitgliedern von Govinda Ent- wicklungshilfe e.V. Das neue Schulhaus (links) bietet seit 2002 ein angenehmes Lernumfeld mit guter Ausstattung und modernen pädagogischen Lehrmethoden. Zur Zeit lernen hier etwa 500 Schüler. Bereits im Jahr 2000 wurde ein neues Waisenhaus eingeweiht (rechts).

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  • 16 17Preisträger 2004Preisträger 2004

    Die weiteren Preisträger 2004

    Judith Scholz (31) aus Urbar fi-nanziert sich seit 1994 private „Urlaubsreisen“ zu Sozialeinsät-zen in Ländern der Dritten Welt. Die Erzieherin, die fast zwei Jahre in Ghana arbeitete und heute dort lebt, gründete dort 2003 zusammen mit einheimi-schen Sozialarbeitern zwei Hilfsvereine, um die Ausbildung notleidender Kinder und Jugendlicher zu fördern. Judith Scholz rief in Koblenz das Pro-jekt „Kindern eine Zukunft geben“ ins Leben, das beide Vereine in Ghana dauerhaft unterstützt. Ziel ist es, Kindern und jungen Menschen eine Schul- oder Berufsausbildung zu ermöglichen. Da beson-ders Mädchen und jungen Frauen der Schulbe-such oft vorenthalten wird, legt der Verein einen Schwerpunkt auf die Förderung junger Frauen. www.kindern-zukunft-geben-ghana.de

    Carolin Boos (22) aus Großkarolinenfeld initi-ierte im Jahr 2002 die

    Gründung einer Schule für Straßenkinder in Nordindien. Das „HOPE Projekt“ bietet in der heu-te staatlich anerkannten HOPE Academy Grund-schulbildung, medizinische Versorgung und eine tägliche warme Mahlzeit für 180 Straßenkinder in Dehra Dun (Nordindien). Außerdem werden Paten-schaften vermittelt, die den Kindern den Besuch weiterführender Schulen ermöglichen. Ziel ist es, den Slumkindern in Dehra Dun durch Bildung eine Zukunft zu geben. www.hopeprojekt.de

    Tamara Schmidt (14) aus Siegmarszell betreut und therapiert ihre beiden schwerbehinderten au-tistischen Zwillingsbrüder. Tamara versorgt die 10-Jährigen, die zu Hause leben, zusammen mit ihrem Vater, nachdem die Mutter die Familie ver-lassen hatte. Auch außerhalb der Familie enga-giert sie sich für Behinderte und möchte eines Ta-ges Reittherapeutin werden.

    Der Sonderpreis 2004 geht an eine Familie aus Schleswig Holstein. Die vier Geschwister zwischen 6 und 17 Jahren begleiteten ihren an Krebs er-krankten Vater über Monate hinweg mit großer Kraft und Liebe bis zu seinem Tod. Sie leisteten Enormes, um dem Vater seinen letzten großen Wunsch zu erfüllen: zu Hause im Kreis seiner Fami-lie zu sterben. Der Mutter standen sie in ihrer Trau-er bei und halfen ihr, jeder auf seine Weise, mit dem großen Verlust fertig zu werden. Die Familie möchte anonym bleiben. Au

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    Mihaela Beresoaie (24) aus Bukarest (Ru-mänien) setzt sich seit 2002 für eine Famili-engruppe von „Hoff-nungskindern“ ein. „Hoffnungskinder“ ist ein Straßenkinder-Pro-

    jekt der österreichischen Hilfsorganisation „Con-cordia“. Die junge Diplom-Physikerin, die selbst aus einer Familie mit acht Kindern stammt, lebt mit zwölf ehemaligen Straßenkindern im Alter von fünf bis siebzehn Jahren zusammen, betreut und unterrichtet sie. Inzwischen ist aus der Gruppe ein guter Chor entstanden. Durch ihren Einsatz wird bei den Kindern eine positive Entwicklung geför-dert. Dank ihrer hohen Aufmerksamkeit können diese Kinder vertrauensvoll in eine bessere Zu-kunft schauen.www.concordia.co.at

    Als die beiden gelernten Krankenpfleger 2004 den Preis der Stiftung Filip-pas Engel erhielten, hatten sie in Kathmandu bereits ein Waisenhaus und eine Schule verwirklicht. „Der Preis veränderte auch unser Engagement. Wir hatten anfangs eine sehr karitative Haltung. Erst nach und nach haben wir Strukturen geschaffen und sind professioneller geworden“, erzählt Rocco Um-bescheidt. „Einen Verein zu gründen, war zu Beginn nicht unsere Absicht. “

    Doch mittlerweile hat Govinda e.V. einen ehrenamtlichen Vorstand und ungefähr 400 regelmäßige Förderer, mit deren Hilfe rund 4.800 Jugendliche und Erwachsene und 500 Kinder in acht verschiedenen Projekten unter-stützt werden. Neben drei Schulen und einem Waisenhaus rief der Verein 2002 ein Patenschaftsprojekt ins Leben, für Kinder, deren Familie sich keine Schulgebühren leisten kann.

    Da eine Berufsausbildung in Nepal immer noch die Ausnahme ist, bildet „Govinda e.V.“ seit 2003 Schüler in verschiedenen Berufen aus, um deren Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern. Um die Lebensumstände in Dörfern im Westen Nepals nachhaltig zu verbessern, gibt es dort ein Mikrokredit-System, das die Landbewohner in der Eigenständigkeit unterstützt. Au-ßerdem werden lokale Entwicklungen geplant und durchgeführt. Mit dem Programm „Trade for Aid“ fertigen Schulklassen im Werkunterricht kunst-fertige Handarbeiten, die in mehreren Läden in Kathmandu, Deutschland und der Schweiz zum Kauf angeboten werden. Zweimal jährlich ist Rocco Umbescheidt, der hauptberuflich als Lehrer und Projektleier in der Schweiz tätig ist, in Nepal. Sein Engagement ist, wie bei allen Mitgliedern des Ver-eins, ehrenamtlich.

    Weitere Informationen unter www.waisenkind.de

    Erst nach und nach professioneller geworden

    Die Preisträger 2004 bei der Preisverleihung auf Schloss Sayn.

  • 18 Gewinner 2005

    Franziskus von Heereman (33), Preisträger des Jahres 2005, ist Initiator und Projektleiter des „Malteser Feriencamps für Behinderte im Libanon“

    Die Lage in den Heimen ist schockierend

    Die Umstände waren erniedrigend. Als Franziskus von Heereman 1997 zum ersten Mal im Auftrag der Gemeinschaft junger Malteser in den Libanon reiste, wurde er bei Besuchen in den beiden größ-ten Behindertenheimen Beiruts mit den unerträglichen Lebensbedingun-gen konfrontiert, in denen kranke und behinderte Menschen im Libanon leben müssen. In kahlen Räumen hockend, dicht beieinander in gesicherten Betten liegend, teilweise in Zwangsjacken, fristeten Kinder, Jugendliche und Erwachsene jeder körperlichen und geistigen Behinderung, ihren Alltag. Staatliche oder private Unterstützung über die nötigste Versorgung hinaus gab es kaum. Hinwendung und Freundschaft waren Luxus. Franziskus von Heereman war geschockt.

    Während seines vierwöchigen Aufenthaltes zeigte ihm ein mit den Malte-sern verbundener Abt ein neu erbautes Ferienhaus, das zum Kloster gehörte. „Eigentlich war es für Freizeiten behinderter Jugendlicher gedacht. Aber dazu war kein Geld da“, erzählt der mittlerweile 33-Jährige. So entstand die Idee, mit Jugendlichen aus Deutschland Ferienfreizeiten für schwerbehinderte Kin-der und Jugendliche zu organisieren. „Die Lage in den Heimen war für mich

    erschreckend. Es fehlt an finanziellen Mittel und auf 40 Schwerbehinderte kommt gerade mal ein Betreuer“, erinnert sich Franziskus von Heereman.

    Deshalb flog er 1998, unterstützt durch die Malteser, mit 27 Jugendlichen aus Deutschland in den Libanon und initiierte das erste Ferienprogramm für die behinderten jungen Menschen. „Durch die 1:1- Betreuung wollen wir den Jugendlichen vermitteln, dass sie wertvoll sind und dass sie eine Aktion im Jahr haben, auf die sie sich freuen können. Unser Feriencamp ist die einzige Zeit im Jahr, in der die Kinder einmal aus den Heimen he-rauskommen,“, erzählt er.

    Mittlerweile ist das Sommercamp eine feste Einrichtung und wurde 2003 sogar auf zwei Monate ausgedehnt. Jedes Jahr kommen rund 70 Jugendliche in den Libanon, um ihre Ferien mit diesen Menschen mit Behinderung, die im Libanon noch vielerorts als Schande gelten, zu ver-bringen und ihre Situation zu verbessern. In zwei Camps à vier Wochen

    Preisträger 2005 19

    Das „Libanonprojekt“: Seit 1998 organisiert die Gemeinschaft junger Malteser Feriencamps mit schwerbehinderten Menschen aus dem Libanon.

    Zuneigung und Freundschaft als neue Erfahrung

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  • 20 21Preisträger 2005Preisträger 2005

    finden die Gäste in einem Haus in den Bergen über Beirut eine Weite und Freiheit und Zuneigung und Freundschaft, wie sie sie bisher nicht kannten. Franziskus von Heereman ist seit drei Jahren zwar nicht mehr vor Ort, aber noch beratend tätig.

    Finanziell wurde das Projekt auch auf sichere Beine gestellt. Seit 2004 gibt es die Theatergruppe „Libanon on stage“, welche von den Betreuern des Sommercamps durchgeführt wird. Mit den Einnahmen finanzieren die Jugendlichen das zweimonatige Camp für über 150 schwerbehinder-te Menschen. Zudem läuft in diesem Jahr zum ersten Mal die „Malteser

    Die weiteren Preisträger 2005

    Afric@ction, eine deutsch-französische Studen-tengruppe aus Nancy (Frankreich), unterstützt die ländliche Bevölkerung in Niger mit Radiostati-onen, Internet und Telefon, um die Informations-möglichkeit und damit die Lebensumstände zu verbessern. Das Projekt „Den Stimmlosen eine Stimme geben“ hat 2002 mit der Lieferung von 75 Computern und 20.000 Büchern begonnen. Seit-dem haben sich die Studenten um die Einrichtung und Bedienung von Radiostationen, Telefonen und Internet eingesetzt, damit die Informations-möglichkeit, das Bildungs- und Lebensniveau der nigrischen Bevölkerung verbessert wird. Afric@ction arbeitet direkt mit und für die Landbevölke-rung, wobei die Studenten die Reisen in den Niger durch Aktionen und Benefizveranstaltungen sel-ber finanzieren.www.africaction.mabulle.com

    Help e.V. aus Aa-chen ist eine Gruppe von jun-gen Berufstäti-gen, Studenten und Schülern, die ehrenamtlich in sozialen Einrich-tungen helfen und Kontakte zwischen den ehren-amtlichen Helfern und den Einrichtungen, mit denen sie zusammenarbeiten, knüpfen. Ob Kinobesuche mit behinderten Menschen, Kaffeetrinken mit Ob-dachlosen, Nachhilfe im Kinderheim, ein Brettspiel mit Bewohnern von Seniorenheimen – bei Help kann jeder mitmachen; der Verein ist weder politisch noch konfessionell gebunden. Der 1998 gegründete Verein zeigt auf beeindruckende Weise, wie man jun-ge Menschen zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit mo-tivieren kann. Deutschlands erste Freiwilligenagen-tur für junge Leute, die hilft, zu helfen. www.helpev.de

    Claudia Graziano (30) aus Italien enga-giert sich seit neun Jah-ren in der italienischen Jugendbewegung Ser-mig, die sich weltweit

    für Frieden und Gerechtigkeit einsetzt. Sie unter-richtet behinderte Kinder in Jordanien, die sowohl aus christlichen als auch muslimischen Familien

    Das Musical RACHEL (Zell an der Mosel) wurde 2005 zum Weltjugendtag in Köln komponiert. 59 Jugendliche aus neun verschiedenen Ländern Eu-ropas setzten mit dem Projekt ein Zeichen für ein Europa der Versöhnung, der Gemeinschaft und des Friedens. Das Projekt zeigt die Bereitschaft von Jugendlichen ein Zeichen für ein Europa der Versöhnung, der Gemeinschaft und des Friedens zu setzen. Es wurde auch innerkirchlich aner-kannt, weil es auf überzeugende Weise die Grund-werte des Glaubens darstellt, gleichzeitig eine christliche Botschaft vermittelt und den Jugend-lichen die Möglichkeit bietet, sich mit den Fragen nach dem Sinn des Lebens auseinanderzusetzen.www.rachel-dasmusical.de

    Guiseppe Vitrano (28) aus Palermo (Italien) setzt sich mit der Organisation „Jus Vitae“ in einem Stadt-teil Palermos für die Verbesserung der sozialen, kul-turellen und religiösen Situation der Jugendlichen des von der Mafia kontrollierten Viertels ein. Ziel ist es, Kindern eine positive Alternative zum Leben auf der Straße zu geben. Durch gemeinsames Tun, Er-zählen, Musizieren und Spielen sollen sie nicht nur neue und kreative Fähigkeiten und Werte wie Re-spekt und Gewaltverzicht lernen, sondern auch langfristig ihre schulischen Leistungen und ihre Selbstständigkeit verbessern. Klar ist: Selbstbe-wusste, junge Menschen, die eine Ausbildung abge-schlossen haben, lassen sich nicht zu willigen Voll-streckern der Mafia missbrauchen. www.jusvitae.com

    Sonderpreis Pater Alfons Friedrich SDB (47), Geschäftsführer der Don Bosco Medien GmbH, er-hält für seine Verdienste um die „Stiftung Filippas Engel“ den Sonderpreis 2005.

    Wiradech (Willi) Kothny (26) aus Koblenz wur-de in einem thailändischen Elendsviertel geboren und mit dreieinhalb Jahren von einer deutschen Familie adoptiert. Als er von dem Tsunami erfährt, fliegt er von Bangkok, wo er zu diesem Zeitpunkt studiert, nach Phuket und kümmert sich dort u.a. um deutsche Touristen. Er besucht Krankenhäu-ser, organisiert Heimreisen und hilft bei der Suche nach Vermissten und Verschütteten. Der erfolg-

    reiche Säbelfech-ter, der bei der Olympiade 2000

    in Sydney zwei Bronzemedaillen gewonnen hat, gründet den Verein „Willi hilft e.V.“, mit dem er schnell und nachhaltig den Aufbau eines vom Tsu-nami zerstörten Fischerdorfes ermöglicht.www.kothny.de

    Karawane“ an. Das Projekt bietet jungen Menschen zwischen Abitur und Studium die Möglichkeit, ein halbes Jahr im Libanon zu verbringen. Der Aufenthalt beginnt mit dem Sommercamp. Anschließend arbeiten die Teilnehmer in den Heimen der Behinderten und nehmen außerdem an einem Bildungsprogramm teil, in dem sie mit Sprache, Kulturen, Reli-gionen und auch der Politik im Nahen Orten vertraut gemacht werden.

    Weitere Informationen unter www.libanonprojekt.de

    kommen. Wer lernt, hat Zukunft: Der Einsatz vor Ort verändert gesellschaftliche Wirklichkeit und trägt zu einer Verbesserung der Lebensqualität bei. Ihr Ein-satz zeigt, wie man sich selbst für eine bessere Welt engagieren kann.www.sermig.org

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    Die Preisträger 2005 bei der Preisverleihung auf Schloss Sayn.

  • 22 Se 23Preisträger 2006

    Lehm schaff t keine sozialen Unterschiede

    Seit ihrer Jugend engagierte sich Anna Heringer (31) aus Laufen unter anderem als Sternsingerin und Pfadfi nderin für soziale Projekte im In- und Ausland und absolvierte nach ihrem Abitur ein freiwilliges soziales Jahr in Bangladesh. Sie lebte dort mit drei Dorfberaterinnen zusam-men, lernte die Sprache und lehrte Englisch, Kunst und Musik. Während ih-res Architektur-Studiums kehrte sie nach Bangladesh zurück und errichtete nach ihrem Abschluss in Rudrapur eine Schule in Lehm-Bambus-Bauweise. Dabei setzte sie auf die dort heimischen und traditionellen Baumaterialien und den Baustil, wovon sie die Menschen erst einmal überzeugen musste, die lieber nach moderner westlicher Bauart gebaut hätten.

    Sie suchte Sponsoren, überzeugte Fachleute in der Heimat, sie vor Ort zu unterstützen und Handwerker in Bangladesh anzuleiten. In nur vier Mo-naten wurde die neue Schule errichtet und im Dezember 2005 eingeweiht. „Frieden durch Entwicklung“ ist das Motto von Anna Heringer, das sie aus-dauernd und erfolgreich vertritt. Für ihr Engagement wurde die Architektin mehrfach ausgezeichnet, darunter 2006 und 2008 mit dem „Emerging Ar-chitecture Award“, der vom Londoner Royal Institute of British Architects verliehen wird und international die größte Auszeichnung für junge Archi-tekten ist, und 2007 mit dem „Aga Khan Award“ mit Sir Norman Foster.

    Zu der von ihr geplanten und gebauten Schule in Rudrapur pilgern heute tausende Menschen, um sich das Gebäude anzusehen.Frau Heringer, wie sind Sie auf die Idee gekommen, mit den Materialien Lehm und Bambus zu bauen?

    Anna Heringer: Während meines ersten Aufenthaltes in Bangladesch wurde mir bewusst, welch große Rolle Nachhaltigkeit spielt. Zudem haben mich an der Architektur schon immer die Zusammenhänge von Ökonomie, Sozialem und Ökologie interessiert. Und weil man in Bangladesch mit den Ma-terialien Lehm und Bambus immer an verfallene Hütten und das Baumaterial armer Leute denkt, hat mich das Thema gereizt. Ich wollte auch zeigen, dass nicht das Material, sondern die Handwerkskunst den Unterschied macht. Und so ist im Zuge meiner Diplomarbeit die Schule in Rudrapur entstanden.

    Anna Heringer (31), Preisträgerin des Jahres 2006, errichtete nach Abschluss ihres Architekturstudiums in Bangladesch eine Schule in traditioneller Bauweise

    Nach dem Aufbau einer Schule wurden in Folgeprojekten auch Wohnhäuser in traditioneller Bauweise realisiert.

    Filippa ist mit ihrem Zeichen, den griechischen Buchstaben „phi“ und „psi“ neben den Un-terschriften der Kinder auf den Türen der Schule verewigt.

    Anna Heringer und ihr „weiblicher Bautrupp“ freuen sich über den Aufbau einer neuen Schule.

  • 24 25Preisträger 2006Preisträger 2006

    Die weiteren Preisträger 2006

    Michael Müller (27) aus Meudt gründete den Ver-ein „Reha 2000“ der mit verschie-denen Aktionen Spenden für Projekte in Tansania sammelt. Ziel ist es, eine ausreichende medizinische Versorgung der Menschen in der Pfarrei Reha und den angren-zenden Gebieten aufzubauen. Mit Hilfe Müllers konnte bereits ein gut funktionierendes Kranken-haus eröffnet werden. Etwa 100 Kranke, darunter 50 Kinder, werden hier täglich versorgt. Mittler-weile wurde es um eine Mutter-Kind-Station erwei-tert. Ein auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegtes Projekt, das Erfolge aufweist, Leben rettet und Not lindert. www.charity-performance.de

    Teresita Leibenfrost (20) aus München arbeitete sechs Monate als Volunteer-Teacher an einer klei-nen Schule in Kenia. Mit Spenden, die sie bei Freun-den sammelte, konnte sie bald ein neues Klassen-zimmer bauen. Sie entwickelte visuelle Lernhilfen und bot Nachhilfeprogramme an. Auch nach ihrer Arbeit in Kenia blieb sie „ihrer Schule“ treu und ent-wickelte einen so guten Business-Plan, dass ihr ein englischer Trust die Zusage zur Finanzierung einer neuen Schule gab. Nun will sie begabten Schülern die Möglichkeit verschaffen, nach der Grundschule eine weiterführende Schule zu besuchen, denn sie glaubt an das Potenzial ihrer Schüler.

    Christoph Metzelder (25) und Sebastian Kehl (26) aus Dortmund engagieren sich im Verein „Roter Keil“ gegen Kinderprostitution. Die beiden Fußball-Nationalspieler helfen damit nicht nur vielen grausam verletzten Kindern, sondern pa-cken das Übel an der Wurzel. Mit ihrem guten Namen schärfen sie das öffentliche Bewusstsein und lenken den Blick auf die verbrecherische Or-ganisation der Pädophilenmafia, die Millionen mit dem schrecklichen Leid zahlloser Kinder kas-siert. Da es auch in Deutschland Täter und Opfer gibt, unterstützen Kehl und Metzelder gemein-sam mit Kaplan Jochen Reidegeld die Hilfsorgani-sation „Roter Keil“. 2007 hat Christoph Met-zelder eine eigene Stiftung für die Zukunft der Jugend ins Leben gerufen (siehe auch Interview auf S. 43).www.roter-keil.net, www.metzelder-stiftung.de

    Sonderpreis 2006 Marianne Fürstin zu Sayn-Wittgenstein erhält den Sonderpreis. Die Groß-mutter von Filippa hatte ein sehr inniges Verhält-nis zu ihrer Enkelin. Sie gab den Anstoß zur Veröf-fentlichung der Tagebücher, regte die Veröffentli-chung an und trug mit ihren Fotografien zur Illustration des Bestsellers bei.

    Johanna Neuhauser (21) aus Garsten (Ös-terreich) arbeitete als Volontärin im „Proyec-to Don Bosco“, einer Einrichtung für Stra-

    ßenkinder in Ecuador. Die Kinder dort kommen aus zerrütteten Familien, sind meist ohne Kontakt zu den Eltern, ihre Heimat ist die Straße. Johanna betreute 40 Kinder, besuchte deren Eltern und Lehrer, gab Nachhilfe und Spielanleitungen. Um die Nachhaltigkeit des Projekts zu sichern, setzte sie nach ihrer Rückkehr nach Österreich ihre Hilfe durch Vorträge, Benefizkonzerte oder den Verkauf von „Bildungsbausteinen“ fort. Ein besonderes Vorbild für junge Menschen, denn Johanna Neu-hauser macht deutlich, dass es auf jeden Einzel-nen ankommt, der nicht wegschaut, sondern tat-kräftig hilft.www.jugendeinewelt.at

    Mittlerweile haben Sie in Folgeprojekten auch Wohnhäuser in dieser Bau-weise realisiert. Warum?

    Mit dem Bau der Schule haben wir bewiesen, dass die ureigenen Mate-rialien Lehm und Bambus durchaus Potenzial für den Bau eines modernen, funktionalen und ästethischen Gebäudes haben. Doch dass die Bauweise als Vorbild für die Wohnsituation der Bevölkerung dient, ist uns noch nicht gelungen. Deshalb haben wir die Bauernhäuser entwickelt, um die Men-schen zur Nachahmung anzuregen. Ziel ist, den Baustoff Lehm wieder zu einem zeitgemäßen Baumaterial zu machen, weil dadurch die lokale Wirt-schaft gefördert wird, ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der ökologischen Balance erbracht und kulturelle Identität gestärkt wird. Dabei hat der Lehm auch den Vorteil, dass er keine sozialen Unterschiede schafft. Jeder kann mit Lehm bauen – ob arm oder reich.Woran arbeiten Sie momentan?

    Seit 2005 leite ich das Studio BASE Habitat in Linz, das sich mit Archi-tektur für Entwicklungsländer beschäftigt. Einmal jährlich versuchen wir ein Projekt zu verwirklichen. Eine wichtige Rolle neben der Nachhaltigkeit

    spielt dabei die Schönheit und Ästhetik eines Gebäudes. Denn gerade diese beiden Faktoren werden in Entwicklungsländern oft vernachlässigt.Sie sind mehrfache Preisträgerin bedeutender Architektur-Preise. Wel-che Bedeutung hat da Filippas Engel für Sie?

    Bei anderen Auszeichnungen erhält man oft eine feine Urkunde und Me-dienrummel, bei Filippas Engel bekommt man viel mehr: einen Schutzegel. Ich habe Filippa darum gebeten, auf die Schule und die Schulkinder aufzu-passen, und ich weiß, dass Filippas Oma für mich betet und ihre Familie an mich denkt, wenn ich in Bangladesh bin. Das ist mir sehr viel wert, denn für so eine Arbeit braucht man viel Energie, die man manchmal alleine gar nicht aufbringen kann. Ich glaube an die Kraft von Gedanken und Gebeten und ich weiß, dass mir diese Kraft schon sehr viel geholfen hat. Danke Fil-ippa, fürs Aufpassen!

    Weitere Informationen unter www.anna-heringer.com und www.shanti.de.

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    Die Preisträger 2006 bei der Preisverleihung auf Schloss Sayn.

  • 26 27Preisträger 2007Preisträger 2007

  • 28 29Preisträger 2007Preisträger 2007

    Die weiteren Preisträger 2007

    Mirjam Tutzer (21) aus Bozen (Italien) beschloss nach verschiedenen Aufenthalten in Kenia, sich für die Menschen dort einzusetzen. Die Armut, das Leiden und die Not der Menschen hatten den Tee-nager tief berührt. Mit der Organisation „Südtiro-ler Ärzte für die Dritte Welt“ fand die damals 21-Jährige einen starken Partner und Träger für ein Gesundheitszentrum einer Kindertagesstätte, wo sich täglich bis zu 400 Kinder aufhalten. Über ein Jahr engagierte sich Mirjam Tutzer vor Ort und or-ganisierte Spenden für medizinische Geräte und Kleidung. Nach ihrer Rückkehr versuchte sie auf vielfältige Weise, Spenden zu sammeln, um die Nachhaltigkeit des Projekts zu sichern. Als 2008 Unruhen in Kenia ausbrauchen, unterbrach Mir-jam ihr Studium, um erneut in Kenia zu helfen und sich in der Flüchtlingshilfe zu engagieren. Junge Menschen wie sie gestalten die Zukunft – eine Zu-kunft in der Gerechtigkeit, Menschlichkeit und Nächstenliebe nicht bloß fromme Tugenden sind, sondern gelebte Tatsachen. www.world-doctors.org

    und Ausbildungsstätten für Jugendliche, eine Käse-rei und Schneiderei.www.jugendeinewelt.at

    Denise Rieger (31) aus Coswig pflegte ihren an Krebs erkrankten Lebenspartner bis zu seinem Tod aufopferungsvoll. Bereits 1990 hatten die Ärzte bei ihm die lebensbedrohliche Krankheit diagnos-tiziert. Mehrere Chemotherapien und Behand-lungen waren erfolglos geblieben, ein Arm musste amputiert werden. Danach schien der Krebs be-siegt zu sein. Doch im März 2004 kehrte die Krank-heit zurück. Es folgten lange Krankenhausaufent-halte, Chemotherapien und Behandlungen bis die Ärzte Mirko aufgeben mussten. Denise widmete sich fortan mit allen ihren Kräften seiner Pflege. Gemeinsam bereiteten sie sich auf den Abschied vor. Mirko Schubert verstarb am 3. April 2007. Ei-nen Tag später erhielt Denise Rieger ihre Kündi-gung vom Arbeitgeber, da sie längere Zeit ihrer Arbeit nicht mehr nachgegangen war. Sie hatte bis zur letzten Sekunde an der Seite ihres Mannes ge-gen die Krankheit gekämpft und ihm zur Seite ge-standen.

    Alicia Gloria Schneider (19) aus Vil-lingen-Schwen-ningen betreut

    einen Jungen aus der Nachbarschaft, der seit sei-nem Motorradunfall 2005 schwerstbehindert ist. In dieser schlimmen Situation, als sich alle früheren Freunde bereits von ihm abgewandt hatten, nahm sich Alicia Gloria Schneider seiner an. Ganz selbst-verständlich beschäftigte sie sich trotz Abiturvorbe-reitungsstress und Nebenjobs monatelang täglich mit ihm, half ihm und war immer für ihn da. Ein be-eindruckendes Beispiel echter Nächstenliebe.

    Pedro Ortega Campos (30) aus Sevilla (Spanien) verbessert mit seiner Initiative „Cooperación Inter-nacional“ die Wohnverhältnisse in den Armenvier-tels Andalusiens, wo rund eine Million Menschen unter der Armutsgrenze leben. Als Hauptkoordina-tor der Initiative für Andalusien motiviert der junge Rechtsanwalt hunderte Jugendliche, sich für die

    Verbesserung der Wohnverhältnisse zu engagieren. Pedro Ortego ist ein großer Motivator. Jährlich schließen sich immer mehr junge Menschen sei-nem Programm an. Allein im Jahr 2006 waren es über 800 Jugendliche in 14 Städten.www.ciong.org

    Elisabeth Golombek (27) aus Engelskirchen (Österreich) arbeitete nach ihrem Abitur als Volontä-rin in einem Straßenkinderzentrum der Salesianer Don Boscos in Quito (Ecuador). Jeden Abend kom-men zwischen 200 und 2.000 Menschen von der Straße dorthin zum essen und schlafen. Begeistert von der Arbeit mit und für Kinder, baute Elisabeth nach ihrer Rückkehr in der Heimat ein Netzwerk an Hilfe und Unterstützung für dieses Werk auf und rei-ste in den folgenden Jahren immer wieder auf eigene

    Kosten nach Ecuador, um in den Dörfern des Andenhochlandes ein funktionierendes Ge-meinwesen aufzubau-en, darunter Schule

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    Die Preisträger 2007 bei der Preisverleihung auf Schloss Sayn.

  • 31Preisträger 200830 SeAusweg aus der Armut

    Der junge Mann strahlt. Blitzschnell fliegen seine Finger über die Tas-tatur. Er gibt ein paar Zahlen ein und klickt mit der Computermaus über den Bildschirm. Fertig. Eine Infografik baut sich auf, darunter eine Datenbank und allerhand Zahlen. Martin (26) sitzt in seinem kleinen Büro im Vocation Technical Institute der Salesianer Don Boscos in Sunyani (Ghana). Seit vier Monaten arbeitet das ehemalige Straßenkind hier als Com-puterlehrer und qualifiziert junge Menschen im Umgang mit dem PC.

    Immer wieder klingelt das Telefon. Firmen rufen an und suchen Rat. Martin arbeitet für die Salesianer Don Boscos als Lehrer in der Berufsschule, die er selbst zuvor besucht hatte. Neben dem Unterricht ist er verantwortlich für ei-nen Computershop, der bestens läuft. Externe Firmen buchen die jungen Gha-naen für den Aufbau von Computernetzwerken, Datenbanken oder einfach nur

    Thomas Strasser und Georg Urschitz (rechts), Preisträger des Jahres 2008, bauten in Ghana eine zertifizierte Computerausbildung nach internationalen Standards auf

    für den Zusammenbau ihres PC. Neben reinen Serviceleistungen werden auch komplett zusammengebaute PC-Systeme verkauft. Mit dem Einkommen kön-nen Stipendien an begabte, aber benachteiligte Jugendliche vergeben werden.

    „Es ist schon unglaublich, was die Jugendlichen hier aufgebaut haben“, staunt Georg Urschitz und blickt sich zufrieden im Büro der Schule um. Der 22-jährige Österreicher ist in diesem Sommer zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder in dem westafrikanischen Küstenstaat zu Besuch. Georg kennt Mar-tin noch aus seiner Zeit als Volontär der Jugendhilfsorganisation „Jugend Eine Welt“. 2006 waren er und sein Kollege Thomas Strasser, der 2009 zu einem Folgeeinsatz nach Malawi aufbrach, für ein Jahr Freiwilligendienst nach Ghana gereist.

    An eine professionelle Computerausbildung war damals noch nicht zu den-ken. Rund 300 Schülerinnen und Schüler im Alter von 16 bis 40 Jahren, vor-wiegend aus finanziell ärmlichen Verhältnissen, wurden und werden hier zu Schlossern, Maurern, Tischlern und Zimmerern, aber auch Modedesigne-rInnen und Büroangestellten ausgebildet. Nebenher liefen einfache Compu-terkurse. „Unsere Aufgabe war es, eine richtige Ausbildung zum Computer-techniker aufzubauen“, erinnert sich Georg Urschitz, „und Martin war einer unserer ersten Schüler“.

    Kein einfacher Job in einer Region, die stark landwirtschaftlich geprägt ist. Eine nennenswerte Infrastruktur oder Industrie gibt es in der Stadt Sunyani, rund 400 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Accra, nicht. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, gute Verdienst- und Weiterbildungsmöglichkei-ten fehlen fast gänzlich. Die Menschen sind frustriert. Das Fernsehen zeigt Bilder aus Europa und dem Westen. Doch Wunsch und Wirklichkeit klaffen auseinander. „Die Menschen vor Ort bewegen sich zwischen Ausweglosig-keit und Frustration. Der Besuch des Don Bosco Vocation Technical Insti-tutes ist für viele Junge die einzige Chance, einen Beruf zu erlernen und der Armut zu entfliehen“, erzählt Urschitz.

    Georg und Thomas unterrichteten die EDV-Klassen, erstellten Lehrpläne und versuchten, die Ausbildung nach internationalen Standards durchzu-führen. „Ein Abschlusszeugnis der Schule zu haben, bringt den Jugendli-chen nicht wirklich viel. Wichtiger sind internationale Zertifikate, die welt-weit anerkannt werden, damit die Schüler später auch einen Job finden“, erklärt Georg Urschitz.

    Die beiden Volontäre machten sich an die Arbeit, recherchierten, trieben Spendengelder auf und kümmerten sich um den Aufbau des ICDL-Centers

    Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

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  • 32 33Preisträger 2008Preisträger 2008

    (International Computer Driving Licence), das Zertifikate nach internationa-len Standards vergeben darf – erst die dritte Einrichtung dieser Art in ganz Ghana. „Kurz vor unserer Rückreise nach Österreich hatten wir es dann ge-schafft und unser Center wurde zertifiziert“, erinnert sich Georg Urschitz.

    Ein bedeutender Moment, nicht nur für die beiden Volontäre, denn das ICDL-Center gehört heute zu den wichtigsten Einnahmequellen der Schule. Neben den Schülern, die dort ihre Ausbildung zum Computertechniker absol-vieren, melden sich auch externe Studenten oder Geschäftsleute aus Ghana an, die an der Ausbildung teilnehmen möchten. „Unser Ziel war es, den Men-

    Hauptpreise

    Nicola Da Schio (21) aus Venedig (Italien) verbrachte ein freiwilliges soziales Jahr in einem Zentrum für Kinder und Jugendliche in Ibotirama

    (Brasilien). Er betreute die Kinder in ihrer Freizeit, gab Theater- und Sportunterricht und kümmerte sich um die Finanzierung einer Bewässerungsanla-ge im Gemüsegarten, dessen Erträge für das Zen-trum wichtig sind. Seine soziale Arbeit setzt Nicola Da Schio in Italien fort, indem er sich dort um Ob-dachlose kümmert und sie mit Essen versorgt. Ein besonderes Beispiel für andere, das junge Men-schen motivieren kann, selbst aktiv zu werden.

    Die evangelische Jugendregion Bünde-Ost organisiert jährlich ein dreiwöchiges internationa-les Jugendcamp in Weißrussland. Deutsche und weißrussische Jugendliche treffen sich, um Begriffe wie Völkerverständigung, Friedens- und Versöh-nungsarbeit mit Leben zu füllen. Die Jugendlichen leisten Menschen, die den ersten oder zweiten Weltkrieg überlebt haben, humanitäre Hilfe. In Be-gleitung von Zeitzeugen gehen sie an historische Plätze wie Massengräber oder Konzentrationslager, um deutsche Geschichte aufzuarbeiten, und halten Kontakt zu Holocaust-Überlebenden. Außerdem findet jedes Jahr ein Rückbesuch der weißrus-sischen Jugendlichen in Deutschland statt. Die Ju-gendlichen bauen Barrieren ab und knüpfen Netze der Solidarität. Neue Formen des Miteinanders

    entstehen. Ein überzeugendes Beispiel für Völke-verständigung im besten Sinnewww.ev-jugend-buende-ost.de

    Alexia Zimmer (27) aus Frankfurt leidet unter der seltenen Stoffwechselkrankheit MPS, eine Stoff-wechselerkrankung, die je nach Typ eine Verfor-mung der Knochen, Verkürzungen der Sehnen und Bänder und Minderwuchs zur Folge hat. In Deutschland sind davon derzeit etwa 1.000 Men-schen betroffen. Seit vier Jahren organisiert die 27-Jährige Treffen und Gesprächsrunden für MPS-Patienten und stellt Kontakte her. So ist sie Betrof-fene und Ansprechpartnerin zugleich. Dadurch schafft sie Mut und Hoffnung für die erkrankten Menschen. Ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie Krankheit auch neue Kräfte entstehen lassen kann, die für andere zum Heil werden. www.mps-ev.de

    Sabine Krienke (27) aus Kirchheim, der „gute En-gel aus Kalkutta“. So titelte eine Tageszeitung über die junge Ärztin, die seit einigen Jahren ein Leben zwischen Kalkutta und der Heimat Kirchheim führt. Um den Ärmsten der Armen in der Millionenmetro-pole zu helfen, baute die 27-Jährige nach Abschluss ihres Medizinstudiums eine Praxis in Kalkutta auf, um die Menschen dort medizinisch zu versorgen. Die Arbeit erfolgt ehrenamtlich und finanziert sich voll-kommen aus Spenden. Im dreimonatigen Wechsel hält sich die Ärztin jeweils in Deutschland und in In-

    dien auf, um ihre Hilfsaktionen über den von ihr gegründeten Verein „Kalkuttahilfe e.V.“ zu ko-ordinieren. Außerdem bildet Kri-enke Straßenjungen zu Arzthel-fern aus, um die Praxis zu unter-stützen. Sabine Krienke gehört

    zu den Samaritern unserer Tage – ein leuchtendes Beispiel menschlicher Wärme und Liebe.www.kolkata-help.de

    sianer Don Boscos ein.www.jugendeinewelt.at

    Nathanael Liminski (22), aus St. Augustin, Mitbe-gründer und Sprecher des Netzwerkes „Generation Benedikt“, setzt sich mit über 150 international en-gagierten Christen für den katholischen Glauben ein.www.generation-benedikt.de

    Marie-José Müller (29) vom ehrenamtlichen Re-daktionsteam der Zeitschrift „Moment“ möchte mit der Publikation jungen Frauen im alltäglichen Leben eine Stütze sein. Bei der Mitmach-Zeitschrift werden Leserinnen aufgefordert, ihre eigenen Erfahrungen zu verschiedensten Themen aufzuschreiben.www.schoenstatt.de

    Thorben Wellmann (14) aus Hennef beschloss nach dem Tropensturm „Nargis“ in Birma ein Hilfsprojekt ins Leben zu rufen. Der Schüler organi-sierte kurzerhand einen Kuchenverkauf an seiner Schule und konnte mit 2.400 Euro den Wiederauf-bau einer Einrichtung für Straßenkinder der Salesia-ner Don Boscos unterstützen.

    Heiko Reinert (30) und Martin Bollinger (28) aus Andernach gründeten vor vier Jahren das Projekt „Later-nenträger“. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, dementiell veränderte Menschen und ihre Angehörigen zu entlasten und deren Lebensqualität zu steigern.www.laternentraeger.de

    schen vor Ort Hilfe zur Selbsthilfe zu geben“, fasst Georg Urschitz zusammen und blickt zufrieden zu Martin. Der junge Ghanaer strahlt wieder. Er ist nun of-fiziell Lehrer an der Schule, verdient sein eigenes Geld und kann seine Familie ernähren. Wie Martin geht es den meisten Absolventen dieses Kurses. Sie arbeiten als EDV Techniker oder Administratoren in Krankenhäusern, in anderen Schulen, bei Versicherungen und anderen Betrieben. Ein schöneres und eindrucksvolleres Beispiel von Hilfe zur Selbsthilfe lässt sich wohl kaum finden.

    Weitere Informationen unter www.jugendeinewelt.at

    Die weiteren Preisträger 2008

    Ehrenpreise

    Anna Berkholz (21) aus Bremen arbeitet nach ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr in Sénégal weiter-hin ehrenamtlich für den Verein „Freundschaft mit Thiès e.V.“. Sie organisiert einen Schüleraus-tausch und begleitet Jugendliche, die sich dort ebenfalls sozial engagieren möchten.

    Thomas Dircksen (22) aus Wettringen ver-brachte ein Jahr auf der ecuadorianischen Insel Muisne. Nach seiner Rückkehr organisierte er mehrere Spendenaktionen, durch die Hilfspro-jekte wie ein Frauenforum und der Bau eines Kin-dergartens initiiert werden konnten.

    Peter Rinderer (21) aus Thüringerberg (Österrei-ch) betreute als Volontär im Oratorium der Salesi-aner Don Boscos in Tijuana (Mexiko) Kinder und Jugendliche in ihrer Freizeit und unterrichtete sie. Am Ende dieser Zeit trat er in den Orden der Sale-

    Die Preisträger 2008 bei der Preisverleihung auf Schloss Sayn.

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  • 3534 Preisträger 2009Preisträger 2009

    Hauptpreise

    Stefanie Blume (30) und Verena Kaiser (28) aus Gerolzhofen und Wiesentheid arbeiten in einem „Erich Kästner Kinderdorf“ in Oberschwarz-ach. Sie therapieren dort Kinder und Jugendliche, die schwere Traumata wie Gewalt, Unterernährung und Missbrauch erfahren haben. Dabei geht es wesentlich darum, die Ursachen zu entdecken, um

    Therapien festzu-legen. Verletzte Seelen wieder heil zu machen, das bedeutet Zeit zu haben und einfach da zu sein. Für die beiden Frauen ist ihr Beruf Leiden-schaft und Beru-fung. Ein beein-druckender Ein-satz bei einer ex-trem schwierigen Zielgruppe, die wohl nur diejeni-gen ausführen können, die sich dazu berufen füh-len.www.erich-kaest-ner-kinderdorf.de

    Barbara Sonnberger (26) aus Piesendorf (Öster-reich) arbeitet unentgeltlich als Hebamme in einem Krankenhaus in Tshumbe (Demokratische Republik Kongo). Dort kümmert sie sich mit Hilfe des Vereins „Mut zum Teilen“ um werdende Mütter, schult das Personal und hilft bei der medizinischen Versor-gung. Das Leben der Mütter und ihrer Neugebore-nen liegt der 26-Jährigen am Herzen und sie er-kennt, dass medizinische Mittel allein nicht helfen. Ihr Entschluss, ein Ernährungszentrum für Kinder ins Leben zu rufen, bedeutet die konsequente Ant-wort auf die Notsituation. Ein bewegendes Projekt mit Nachhaltigkeit.www.mut-zum-teilen.at

    Moritz (24) und Wenzel (27) Wald-stein-Wartenberg aus Wien gründeten 2007 den Verein „Project – E e.V.“, um die Ausbildung

    junger, hilfsbedürftiger Menschen in Entwick-lungsländern zu fördern. Mit ihrem Projekt in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba möchten sie 15 Mädchen pro Jahr eine zukunftsorientierte und fundierte Ausbildung ermöglichen. Hierfür soll eine Schule gegründet werden. Geplant ist zu-dem ein Projekt zur Selbsthilfe, um die jungen Mädchen aus dem Teufelskreis von Armut und Pro-stitution zu befreien. Die Initiative zeigt auf ein-drückliche Weise, dass man mit Engagement und Hilfe in scheinbar ausweglosen Situationen viel bewegen kann.www.project-e.eu

    Aylin Selcuk (20) aus Berlin rief den Verein „Deu-Kische Generation e.V.“ ins Leben, der um eine verständnisvolle Verbindung der deutschen und türkischen Kultur bemüht ist. Ziel ist die Verbesse-rung der Integration von türkischstämmigen Bür-gern in Berlin. Gerade das „Elternlotsenprojekt“, eine Einführung und Begleitung in das deutsche Bildungssystem, ist ein überzeugendes Beispiel, wie Veränderung durch aktive Unterstützung mög-lich wird.www.deukischegeneration.de

    Philipp Löwenstein (29) aus Brüggen hatte die Idee, das Sommercamp der Gemeinschaft junger Malteser, das aufgrund der politischen Lage 2006 nicht im Libanon durchgeführt werden konnte, kurzfristig nach Ru-mänien zu verlegen. Er flog spontan dort-hin und warb vor Ort für die Veranstal-tung. Obwohl Politi-ker und Entschei-

    dungsträger anfangs skeptisch waren, gelang es ihm, sie zu überzeugen. Er erhielt die Erlaubnis, behinderte Kinder aus privaten und staatlichen Heimen und Familien im Camp aufzunehmen. Ein Projekt, das Menschen mit wenig Perspektiven, ein wenig Freude ins Leben bringt.www.gjm-online.de

    Carolin Puhl (19) aus Heidelberg baute mit Hilfe des Vereins „One World – One Hope e.V.“ Projekte zur präventiven Aufklärungsarbeit und der di-rekten Unterstützung von HIV-Infizierten und ih-ren Familien im westafrikanischen Burkina Faso auf. Im Dorf Nouna hatte es bis dato noch keiner-lei HIV-Hilfe aus dem Ausland gegeben. Carolin Puhl sieht nicht nur nicht weg, sie bringt sich ganz ein für Menschen, die kaum noch Perspektiven haben. Und sie erkennt, dass Prävention notwen-dig ist, um den Teufelskreis zu durchbrechen. Ein nachhaltiges Projekt einer sehr engagierten jun-gen Frau.www.one-world-one-hope.de

    Ehrenpreise

    Sabine Brandtner (18) aus Geretsried engagiert sich für das Projekt „Schülerfirma Freizeit aktiv & sozial“, das Jugendlichen die Möglichkeit bietet, ihre Freizeit für Mitmenschen mit Behinderung einzusetzen. Das Projekt ist der Versuch, Behin-derte zu integrieren und ihnen Abwechslung vom Heimalltag zu bieten.www.schuelerfirma-fas.de

    Manuel Teipel (24) und Markus Blass (23) aus Münster und Köln engagieren sich für das Projekt „Schule statt Straße“, das in Zentral- und Süda-merika, aber auch in Afrika bei der Renovierung

    Die Preisträger 2009

    oder dem Neubau von Schulen hilft. Derzeit pla-nen die Studenten eine Grundschule in Suka (Ug-anda).www.schule-statt-straße.de

    Benjamin Meiers (29), Jan-Philip Wilde (26) und Nikolaus Föbus (26) aus Vallendar und Hamburg organisierten für das an Leukämie er-krankte, vier Wochen alte Mädchen Helene eine Typisierungsaktion. Im Juni 2009 konnte eine Transplantation erfolgreich durchgeführt werden.www.hilfe-fuer-helene.de

    Fiamma Rupp-Gembs (27) aus Genf reiste nach dem Abitur nach Guatemala und rief später den Verein „Sichere Perspektiven“ ins Leben. Gemein-sam mit Architekten entwickelte sie recyclebares Baumaterial, das der Verein zum Bau einer Grund-schule und drei Lernwerkstätten einsetzte.www.secureperspectives.org

    Jakob Fischill (23)aus Wien war als ehrenamt-licher Volontär im „Ikhwezi Lokusa Rehabilitation Center“ in Südafrika tätig. Dort betreute er geistig und körperlich behinderte Babys und Kinder. Zu-rück in Wien hält er Vorträge über seine Arbeit in Südafrika und sammelt Spenden.www.ikrehab.co.za

    Ehrenpreis Kultur

    Fabiola Heike Gerpott (20) aus Witten beteiligt sich in ihrer Freizeit in musischen, literarischen und künstlerischen Arbeitsgemeinschaften, die kulturelle Angebote in Ratingen anbieten. Außer-dem konnte durch ihre Hilfe das neue Leseheft „In 80 Seiten um die Welt“ herausgegeben werden.www.lokalkultur-beitrag.de

    Ehrenpreis Ökologie

    Cornelia Köck (27) aus Bad Kreuznach absol-vierte ein Praktikum bei Solar C³.I.T.I.E.S e.V. in Kairo (Ägypten). Sie arbeitete sich in das Thema Solartechnik ein und unterstützte den Verein, der thermische Solaranlagen unter Berücksichtigung recycelter Materialien mit den Einheimischen vor Ort baut. Au

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  • 37Einsatzgebiete von „Filippas Engeln“ 37Einsatzgebiete von „Filippas Engeln“

    GHANA

    TANSANIA

    SÜDAFRIKA

    DEM. REP. KONGO

    BRASILIEN

    KENIA

    ÄTHIOPIEN

    ECUADOR

    MEXIKO

    GUATEMALA SENEGALBURKINA-FASO

    NIGER

    ÄGYPTEN

    THAILAND

    JORDANIEN

    LIBANON

    ITALIEN

    ÖSTERREICH

    SPANIEN RUMÄNIEN

    WEISSRUSSLND

    NEPAL

    INDIENBANGLADESCH

    BIRMA

    DEUTSCHLAND

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    Weltweite HilfeDie Einsatzgebiete von „Filippas Engeln“ im Überblick

    2004Judith Scholz Ausbildungs-projekt in Koforidua (Ghana)Mihaela Beresoaie Straßen-kinderprojekt in Bukarest (Rumänien)Govinda e.V. Aalen Aufbau eines Waisenhauses und einer Schule in Kathmandu (Nepal)Carolin Boos Gründung einer Schule für Straßenkinder in Dehra Dun (Nordindien)Tamara Schmidt Betreuung ihrer behinderten Zwillings-brüder in Siegmarszell Familie aus Schleswig Holstein Pflege des krebskranken Vaters

    2005Afric@ction Ausbau von Telefon, Internet und Radio im ländlichen Bereich von NigerWiradech Kothny Aufbau des Fischerdorfes Bahn Bang Sak (Thailand)Help e.V. Vermittlung von Ehrenamtlichen in Aachen

    Claudia Graziano Unterricht behinderter Kinder in JordanienMusical Rachel Jugendliche setzten mit dem Musical ein Zeichen der Versöhnung in KölnFranziskus Heereman Organisation des Malteser Feriencamps für behinderte Kinder in Beirut (Libanon)Giuseppe Vitrano Verbesserung der Situation von Jugendlichen in Palermo (Italien)P. Alfons Friedrich SDB (Sonderpreis 2005) Verdienste um die Stiftung „Filippas Engel“

    2006Anna Heringer Bau einer Schule mit heimischen Materialien in Rudrapur (Bangladesh)Michael Müller Spenden-sammlung für Projekte in Reha (Tansania)Johanna Neuhauser Volontariat und Spenden-sammlung für Straßenkinder in Ambato (Ecuador)

    Teresita Leibenfrost Aufbau einer Schule in Kenia Sebastian Kehl und Christoph Metzelder Engage-ment gegen Kinderprostitution u.a. in Bangkok (Thailand)Marianne Fürstin zu Sayn-Wittgenstein-Sayn (Sonder-preis 2006) Unterstützung bei der Veröffentlichung der Tagebücher (Salzburg)

    2007Mirjam Tutzer Aufbau eines Gesundheitszentrums in Mangima (Kenia)Christine Hügler Unterricht für blinde und an Aids erkrankte Waisenkinder in Addis Abeba (Äthiopien)Alicia Gloria Schneider Betreuung eines schwer-behinderten Jungen in Villingen-SchwenningenPedro Ortega Campos Verbesserung der Wohnverhält-nisse in Andalusien (Spanien)Elisabeth Golombek Einsatz für den Bau von Schulen in Quito (Ecuador)Denise Rieger Pflege ihres sterbenden Lebens-partners in Coswig

    2008Internationales Jugendwork-camp Deutsche und weiß-russische Völkerverständigung in WeißrusslandGeorg Urschitz, Thomas Strasser Gründer einer EDV-Firma in Sunyani (Ghana)Nicola Da Schio Betreuung von Obdachlosen in Ibotirama (Brasilien)Alexia Zimmer Organisation eines Treffens für MPS-Patienten in FrankfurtSabine Krienke Ausbildung von Straßenjungen zu Arzthelfern in Kalkutta (Indien)Anna Berkholz Organisation eines Schüleraustauschs mit Jugendlichen in Thies (Senegal)Thomas Dircksen Organi-sation einer Spendenaktionen für Projekte auf der Insel Muisne (Ecuador)Peter Rinderer Einsatz für Kin-der und Jugendliche in Tijuana (Mexiko)Nathanael Liminski Mitbegrün-der des Netzwerkes „Generati-on Benedikt“, Sankt Augustin

    Marie-José Müller Ehrenamtliche Redakteurin der Mitmach-Zeitschrift „Moment“, SchönstattHeiko Reinert, Martin Bollinger Unterstützung von Angehöri-gen dementer Menschen in AndernachThorben Wellmann Spenden-sammlung für Straßenkinder in Yangon (Birma)

    2009Stefanie Blume, Verena Kaiser Therapierung traumatisierter Kinder in OberschwarzachBarbara Sonnberger Engagement als Hebamme in Tshumbe (Demokratische Republik Kongo)Manuel Teipel, Markus Blass Planung einer Grundschule in Suka (Uganda)Benjamin Meiers, Jan-Philip Wilde, Nikolaus Föbus Organi-sation einer Typisierungsaktion u.a. in Hamburg und VallendarMoritz und Wenzel Waldstein-Wartenberg Aufbau eines Ausbildungszentrum für Waisenmädchen in Addis Abeba (Äthiopien)

    Aylin Selcuk Gründung des Vereins „DeuKische Generation e.V.“ in BerlinPhilipp Löwenstein Organi-sation eines Sommercamps für behinderte Jugendliche in Alba Iulia (Rumänien)Fiamma Rupp-Gembs Gründung des Vereins „Sichere Perspektiven“ und Aufbau einer Schule in La Cipresada (Guatemala)Jakob Fischill Engagement in einer Behinderteneinrichtung in Mthatha (Südafrika)Carolin Puhl Aufklärungsarbeit für HIV-Infizierte in Nouna (Burkina Faso)Sabine Brandtner Engagement für behinderte Jugendliche in Bad TölzFabiola Heike Gerpott Organisation kultureller Veranstaltungen in RatingenCornelia Köck Unterstützung beim Bau thermischer Solar-anlagen in Kairo (Ägypten)

  • 3938 Das NetzwerkDas Netzwerk

    Trauer, die zur Freude wirdEin tragisches Erlebnis, unfassbar für alle Beteili-gten, steht am Anfang. Die junge Prinzessin stirbt nur wenige Wochen nach ihrer Traumhochzeit auf dem elterlichen Schloss. Zurück bleiben Ehe-mann, Eltern und Geschwister, Verwandte und Freunde, gekennzeichnet von Fassungslosigkeit und tiefer Trauer.

    Kein einmaliges Erlebnis, aber eines, dass – wenn es eintritt – nur schwer anzunehmen und zu verarbeiten ist. „Die Zeit heilt alle Wunden“, sagt der Volksmund, aber beinhaltet nur wenig Trost und Hoffnung für die Betroffenen. Nur, wer sich bewusst und aktiv mit dem Geschehen auseinan-dersetzt, kann lernen, mit dem Geschehenen zu leben. Was im Fall der jungen Prinzessin Filippa aber geschieht, ist einmalig, denn sie tritt mit ih-ren Tagebüchern vor die Trauernden und gewährt Einblicke in ihr Denken, Fragen, Hoffen, Zweifeln und Glauben. Sie schafft durch ihre zu Papier ge-brachten Worte eine Gegenwart, die mitlachen, mitweinen, mittrauern und mithoffen lässt.

    Als ich die Tagebücher las, war ich betroffen und angerührt. Nie zuvor hatte ich von Filippa gehört. Aber durch ihre Schilderungen und Refle-xionen wurde sie mir mehr und mehr bekannt. Neben lustigen Erlebnissen gesellten sich in ih-ren Aufzeichnungen tiefe Nachdenklichkeit und feste Glaubenskraft. Filippa, hinter diesem Na-men durfte ich ein Kind, eine Heranwachsende und eine Frau entdecken und erleben, die etwas

    Besonderes war und ist. Denn durch ihre veröf-fentlichten Tagebücher lebt sie weiter in den Her-zen ihrer Familie und derer, die sie kannten, oder, die sie – wie ich – durch ihre Texte kennenlernen durften.

    Die Stiftung „Filippas Engel“ geht deswegen konsequent den Weg, den ihre Namensgeberin vorgegeben hat. Es werden junge Menschen vor-gestellt und ausgezeichnet, die wie Filippa etwas Einmaliges tun. Junge Menschen, die den An-Fra-gen der Menschen nicht ausweichen, sich den Problemen und Schwierigkeiten stellen und han-deln. Für viele werden diese Menschen zu Engeln ohne Flügel, aber mit liebenden Herzen und tat-kräftigen Armen. Durch ihr Dasein tragen sie dazu bei, Trauer zu lindern, Hoffnung zu schenken und Veränderungen herbeizuführen.

    Filippas Engel, eine Stiftung, die mir sehr wertvoll geworden ist, bleibt so doch die Erinne-rung an einen besonderen Menschen bestehen und treten so besondere Menschen in eine Öffent-lichkeit, die Engel heute mehr denn je braucht.

    P. Alfons Friedrich SDB, geb. 1958, Verleger und Pfarrer, Mitglied im Stiftungsrat

    Freunde der Stiftung erzählen

    Warum wir uns für „Filippas Engel“ engagieren

    Filippa wirkt kräftig weiter In den acht Jahren seit Filippas Unfalltod am 30. September 2001 ist Erstaunliches geschehen. Ihre so ganz persönlichen Tagebücher wurden zum Bestseller. Viel wichtiger aber ist die „ansteckende“ Wirkung, die von Filippa durch ihre Tagebücher ausgeht. Der Preis, der unter dem Namen „Filippas Engel“ vergeben wird, hat in den wenigen Jahren seiner Existenz gezeigt, wie viel Hoffnungsvolles, welche Phantasie der Nächstenliebe in der jungen Generation zu finden ist. In der Sicht des Glaubens kann ich nur sagen: Filippa wirkt kräftig weiter, von „drüben“ her. Danke, Filippa!

    Dr. Christoph Kardinal Schönborn, Erzbischof von Wien, Onkel der verstorbenen Prinzessin Filippa

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    Bernard Shaw kommentierte einst die Verleihung des Nobelpreises so: „Ein Preisgeld ist wie ein Ret-tungsring, den man einem Schwimmenden zu-wirft, der bereits das rettende Ufer erreicht hat“. Während viele ältere Personen mit Orden und Eh-renzeichen überhäuft werden, erhalten junge Bür-ger nur ganz selten eine angemessene Würdigung, wenn sie versuchen, unter Einsatz ihrer frei verfüg-baren Zeit, unter Verzicht auf ein angenehmes Pri-

    vatleben, für eine bessere, ausgewogenere Welt zu kämpfen. Die Stiftung „Filippas Engel“ beweist, dass es auch anders geht. Sie zeigt der Öffentlich-keit, dass es viele junge Menschen gibt, die ihren Idealismus nicht nur verbal zum Ausdruck bringen, sondern tatsächlich mit den Begriffen „ehrenhal-ber, selbstlos“ etwas anfangen können.

    Durch „Filippas Engel“ erfahren junge Leute, dass sie sehr wohl dazu beitragen können, die

    Welt zu verbessern, und dass es andere gibt, die es ihnen gleichtun und schon begonnen haben. Das ist Motivation, das ist Ehrung zur rechten Zeit. Das ist eine Investition in die Zukunft unserer Ge-sellschaft. Die Stiftung gleicht einer ausge-streckten Hand, die sowohl in die Zukunft weist, als auch bereit ist, anderen auf dem Weg dorthin aufzuhelfen und sie mit zu nehmen. Deswegen unterstütze ich sie aus vollem Herzen.

    Dr. Tanja Kinkel (40), Autorin und Schirmherrin der Bundes-stiftung Kinderhospiz. 1992 gründete sie die Kinderhilfsor-ganisation „Brot und Bücher e.V.“ (www.brotundbuecher.de).

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    „Eine Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft“

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  • 40 41Das NetzwerkDas Netzwerk

    „Menschen, die Mut machen“Filippa war eine besondere Persönlichkeit. Klar. Stark. Sensibel. Eine junge Frau mit einer feinen Ausstrahlung. Ein junger Mensch mit einem Hori-zont für das Wesentliche. Sie setzte sich für ande-re ein. Sie gehörte zu jener jungen Generation, die Mängel sah und an das Gute glaubte. Sie konnte Augen und Herzen öffnen. Weil sie selbst ein waches Herz und einen wachen Geist hatte. Früh, viel zu früh musste sie ihr irdisches Leben zurück-geben. Ihr Wirken aber lebt. Sie, die sich ihren Glauben an den himmlischen Vater wie viele ande-re als junger Mensch regelrecht erarbeitete, lebt dort, wo es keinen Mangel mehr gibt. Daran glau-ben auch ihre Familie und ihre Freunde. Und der kleine Engel, den sie einmal malte, steht nun seit vielen Jahren symbolisch für sie und das Werk, das sie auslöste: schwungvoll, zärtlich, dyna-misch und hoffnungsfroh.

    Aus Prinzessin Filippa Sayn-Wittgenstein-Sa-yn wurde Filippas Engel. Er wird alljährlich jenen jungen Menschen verliehen, die sich ganz im Sinne Filippas für andere einsetzen, die aufmerk-sam sind und Horizonte öffnen. Es sind junge Menschen, die helfen. Es sind junge Menschen,

    „Filippa hätte ,Wow’ gesagt“2001 war ein Jahr voller fröhlich roter Abend-kleider und schwarzer Trauerkostüme. Wie so oft, wenn jemand unerwartet von uns geht, ist für uns alle eine Welt zusammengebrochen. Filippa war nicht nur meine Cousine, sondern von Kindes-beinen an eine meiner besten Freundinnen.

    An ihr erstes Tagebuch mit den Gummibärchen erinnere ich mich genau. Ich war skeptisch, als ich dann von dem Vorhaben hörte, die Bücher zu veröf-fentlichen. Doch die Zweifel verflogen beim Lesen ihrer Zeilen. Sie zeigten: Filippa war in ihren Gedan-ken mir und vielen anderen in unserem Alter oft ei-nige Schritte voraus. Und doch war sie ein ganz normales Mädchen mit viel Liebe, Humor und Fan-tasie. Und mit dieser Fipsi verbinde ich viele schö-ne und vor allem lustige Erinnerungen.

    Filippas Engel ist eine Organisation die junge Menschen unterstützt, bei denen Filippa „Wow“ gesagt hätte. Bei all den jungen Menschen, die seit 2004 von der Stiftung „Filippas Engel“ ausge-zeichnet wurden, habe ich meine Entscheidung als Jurymitglied immer davon abhängig ge-

    die Weitblick haben. Es sind junge Menschen mit Herz und Seele. Und es sind junge Menschen, die für eine gute Generation stehen. Menschen, die Mut machen. Ja, es sind auch junge Menschen, zu denen das, was man über Engel sagt, besonders gut passt.

    Dieses Heft erzählt von ihnen. Es zeigt, was alles möglich ist – wenn man nur will und wenn man die Augen öffnet. Es berichtet von viel Groß-em, was augenscheinlich oft klein zu sein scheint. Hier sagen junge Menschen, worauf es wirklich ankommt. Es ist ein kleines Heft mit großem In-halt. Und irgendwie hat auch Filippa daran mitge-schrieben.

    Dieses Heft ist ein Dank an alle, die sich für an-dere einsetzen. Und: Es ist eine herzliche Einladung.

    Martin Lohmann, geb. 1957, Journalist, Publizist und Buch-autor, Mitglied im Stiftungsrat

    Mit Freude sehe ich, dass sich in meiner großen Familie immer mehr Kinder, Enkel oder Urenkel ehrenamtlich für gute Dinge einsetzen. In dem weit gefächerten Gebiet von Sozialem, Kunst und Kultur ist das Engagement gerade Jugend-licher von ganz besonderem Wert. Dieser Ein-satz muss von uns, den älteren Generationen, zumeist gar nicht mehr angeregt oder unter-stützt werden. Unseren Dank und unsere Hoch-achtung haben die jungen Menschen aber ver-dient.

    So erfüllt es mich mit Glück, dass die Wün-sche meiner geliebten Enkelin Filippa, in ihrem

    Leben Gutes zu tun, nach ihrem Tod in der Stiftung Filippas Engel Erfüllung finden. Eine ganze Fülle von großartigen Taten junger Menschen wird durch die Stiftung aus der Anonymität an das Licht der Öffentlichkeit gebracht. Und durch Filippas Engel finden die jungen Wohltäter eine hilfreiche Förderung und verdiente Anerkennung.

    So hinterlässt unsere Filippa Spuren in einer Welt, die sie längst verlassen zu haben scheint.

    Marianne Fürstin zu Sayn-Wittgenstein-Sayn, geb. 1919, Großmutter der verstorbenen Prinzessin Filippa

    macht, ob Filippa zu diesem Antrag wohl „Wow“ gesagt hätte. Und ich bin sicher, dass sie von je-dem der Gewinner begeistert wäre.

    Alle Preisträger haben durch ihr Engagement, ihre Selbstlosigkeit und ihre Initiative ein dickes Lob und den Preis mehr als verdient. Viele sind über sich und auch über ihre Altersgenossen weit hinausgewachsen, haben Erwartungen übertrof-fen und mit ihrem Einsatz andere begeistert – selbstlos und mutig. Vor allem sieht man hier im-mer wieder, wie auch kleine Dinge das Leben an-derer positiv beeinflussen können. So viel Näch-stenliebe verdient Anerkennung, oder, wie es Filippa wohl ausgedrückt hätte, ein dickes „Wow“.

    Leonie Leibenfrost (29), Grafik-Designerin, eine der besten Freundinnen Filippas, Mitglied im Stiftungsrat

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    „Die Bereitschaft der Jugend ist beeindruckend“Die Zukunft gehört den Jugendlichen von heute. Und diese Generation von Europäern hat ein ausgeprägtes Bewusstsein für Menschen im In- und Ausland, die nicht mit den Vorzügen des europäischen Sozialstaates ge-segnet sind. Ihre Bereitschaft, in den entlegendsten Gebieten eine Zeit lang zu dienen, ist beeindruckend.

    Umso mehr schätze ich das Engagement der Stiftung „Filippas Engel“, die jährlich diese Jugendlichen auszeichnet, die sich in hervorragender und vorbildlicher Weise für ihre Mitmenschen eingesetzt haben.

    Dr. phil. Prinz Asfa-Wossen Asserate, geb. 1948, Unternehmensberater für Afrika und den Mittleren Osten, Autor des Bestsellers Manieren, der sich mit europäischen und speziell deutschen Umgangsformen beschäftigt.

    „Dank und Hochachtung an die jungen Menschen“

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  • 42 43Das NetzwerkDas Netzwerk

    Jeder von uns sucht sich im Sternenhimmel seine eigenen Bezugspunkte aus. Und jeder dieser Fix-sterne erinnert dann an einen Augenblick, ein Erlebnis oder etwas ganz Besonderes in unserem Leben.

    In meinem Sternenhimmel ist ein Abend in Schloss Sayn fixiert, an dem ich über mich spre-chen durfte, über meine Erfahrungen und all das, was mir wichtig ist. Seither lebt dort, in meinem „sizilianischen Sternenhimmel“, Fürstin Gabriela zusammen mit ihren Lieben. In diesem Sternen-himmel wohnt auch eine Stiftung, Filippas Engel, gegründet in Erinnerung an eine junge Frau, die in der Blüte ihres Lebens in den Himmel entflog. In meinem Sternenhimmel erinnern dieser Abend, dieses Zusammentreffen und diese Stiftung da-ran, dass die Liebe, und nur die Liebe stärker ist als der Tod.

    Zwei Orte, so weit voneinander entfernt, wer-den vor unseren Augen ganz nah: Sizilien und Deutschland, Sayn und Palermo. Ein gemein-samer Stern verbindet sie. Zwei Orte, vereint durch den Wunsch, das Leben über den Tod sie-gen zu sehen, und durch die gemeinsame Erfah-rung, dass junge Menschen allzu oft vernachläs-sigt, sich selbst überlassen und ohne Werte erzo-gen werden, und dann andere junge Menschen finden, die ihnen zur Stütze werden, sie nicht auf-geben, sondern ihnen in ih-rem Erwachsenwerden zur Seite stehen.

    Dieser Kultur des Zusam-menlebens und dieser Auf-merksamkeit für junge Men-schen, die uns gleicherma-ßen, in Sayn und Palermo, wichtig ist, ist jede Hand-lung/Aktivität von Filippas Engel gewidmet. Diese Stif-tung ist für mich wie für viele andere in der Welt ein Stern im Himmel geworden.

    Dass Christoph Metzelder gut Fußball spielen kann, weiß jeder. Für den Natio nalspieler gibt es aber auch ein Leben abseits von Trai-ningsplatz und Stadion. 2006 gründete der 28-Jährige die „Chris-toph Metzelder Stiftung Zukunft Jugend“, die Projekte der Jugendarbeit, die die Bildungs- und Ausbildungschancen junger Menschen in Deutschland verbessern, unterstützt. Anregung dazu gab dem sympathischen Kicker die Stiftung „Filippas Engel“, deren Preis er 2006 für sein Engagement gegen Kinderprostitution entgegennehmen durfte. Was ihn zu seinem Einsatz mo-tiviert, wie er die Jugend von heute sieht und was er mit seiner Stiftung errei-chen möchte, erzählt der in Haltern geborene Fußballer im Interview.

    Herr Metzelder, Sie haben 2006 den Preis „Filippas Engel“ für Ihr Enga-gement für die Aktion „Roter Keil“ erhalten, ein Bündnis gegen Kinder-prostitution. Wie kam es zu diesem Engagement?Christoph Metzelder: Im Frühjahr 2003 sprach mich der Initiator von „Roter Keil“, ein junger Kaplan aus dem Münsterland, auf das Projekt an. Über die gemeinsamen Schnittpunkte „Fußballbegeisterung“ und „christ-liche Werte“ sind dann eine intensive Zusammenarbeit und eine persönli-che Freundschaft gewachsen. Gemeinsam mit Sebastian Kehl haben wir ein Buch geschrieben und das Tabuthema „Kinderprostitution“ an die Oberflä-che geholt.

    Sie sind Fußballnationalspieler, Deutscher Meister und Vize-Weltmeis-ter. Hat da ein relativ kleiner Preis wie der von „Filippas Engel“ über-haupt eine Bedeutung für Sie?Ich habe noch an dem Abend der Preisverleihung gesagt, dass ich den Preis stellvertretend für Kaplan Reidegeld, das „Roter Keil“-Netzwerk und die vie-len Helfer vor Ort, die unter Gefährdung ihres eigenen Lebens arbeiten, ent-gegennehme. Auch wenn Sebastian Kehl und ich aufgrund unserer Popula-

    Ich möchte mich mit einschalten Ein Interview mit „Filippas-Engel- Preisträger“, Stiftungsgründer und Fußball-nationalspieler Christoph Metzelder

    „Diese Stiftung ist für mich ein Stern im Himmel geworden“

    Leoluca Orlando, geb. 1947, italienischer Jurist und Politiker. Mit kurzer Unterbrechung war er von 1985 bis 2000 Bür-germeister von Palermo

    sowie auch Abgeordneter des sizilia-nischen, italienischen und europäischen Parlamentes. Orlando wurde durch seinen Kampf gegen die Mafia international bekannt und lebt seitdem unter perma-nentem Personenschutz.

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  • 44 45Das NetzwerkDas Netzwerk

    rität das „Gesicht“ dieser Kampagne sind, war mir das sehr wichtig, unsere Arbeit auch richtig einzuordnen. Was uns besonders stolz gemacht hat ist, dass wir vom Fürsten vorgeschlagen wurden, was das erste Mal in der Ge-schichte der Preisverleihung „Filippas Engel“ der Fall war.

    Viele ihrer Fans sind Jugendliche. Wie erleben Sie die Jugendlichen heute? Welche Sorgen und Nöte plagen sie? Welche Chancen haben sie?Durch Gespräche und die Tatsache, dass Fußballer für diese Altersgruppe „Idole“ sind, bekomme ich schon mit, was junge Menschen heute bewegt. Die Suche nach einem Ausbildungsplatz und die damit verbundene Sorge, keine Arbeit und damit auch keinen Platz in der Gesellschaft zu finden, sind die vorrangigsten Probleme. Und leider Gottes sind es Ängste, die einen als Kind und Heranwachsenden eigentlich nicht beschäftigen sollten. Auf der anderen Seite bin ich zutiefst davon überzeugt, dass jeder Mensch außerge-wöhnliche Fähigkeiten und Talente hat. Diese zu finden und jedem Jugend-lichen das nötige Maß an Förderung zu geben, sind