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Bernhard Thalheim Semesterabschlußvorlesungen March 26, 2007 Einzelexemplar, nicht zur Weiterverbreitung! Dresden Cottbus Kiel Kuwait Moskau Rostock c Bernhard Thalheim & Felix vom Lehn

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Bernhard Thalheim

Semesterabschlußvorlesungen

March 26, 2007

Einzelexemplar, nicht zur Weiterverbreitung!

Dresden CottbusKiel KuwaitMoskau Rostockc©Bernhard Thalheim & Felix vom Lehn

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Zur Historie der Abschlußvorlesungen

Der erste Versuch zu Semestervorlesungen geht zuruck auf die Logeleien nach den Logikvorlesungen in Dresden.Dort las ich meist in der 7. Doppelstunde freitags - eine Zumutung fur die Studenten, die jeweils mit Spaßen ausaktuellen Zeitungsleitartikeln partiell kompensiert wurden. Ein Teil dieser Logeleien ist aufgezeichnet worden,so daß ich wenigstens die unlogischen Auslassungen noch z.T. besitze.

In Rostock habe ich systematisch am Ende des Semesters eine letzte Spezialvorlesung gelesen. “Beruhmt”- zumindest bei den Betroffenen - wurde die Vorlesung zu den leeren Mengen, deren Hauptbeispiel die Mengeder fahigen Politiker war. Diese Vorlesung brachte mir eine Einladung zu meiner Kultusministerin ein, die vonmir erklart bekommen wollte, ob ich sie auch als Politikerin sehe und was denn dann die leere Menge bedeutet.

In Cottbus habe ich diese Tradition fortgefuhrt und dann auch die Resultate ins Netz gestellt - mit dem“traurigen” Resultat, daß meine wissenschaftlichen Arbeiten viele seltener abgeholt wurden als die Abschlußvor-lesungen.

Eine meiner Abschlußvorlesungen wurde mir aufgrund ihrer politischen Unkorrektheit sehr ubelgenommen.Mir gefallt sie trotzdem.

Danksagung

Die Zeichnungen in diesem Band stammen von Felix vom Lehn, dem ich fur die Belebung und die Umsetzung sehrzu Dank verpflichtet bin.

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Contents

Part I Cottbuser Abschlußvorlesungen

1 Der Informatiker als Mensch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2 Der Informatiker als Heuschrecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

3 Die Informatiker im Praxisschock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

4 Der Informatiker als Papiertiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

5 Die Informatik am Abgrund -der nachste Schritt wird der beste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

6 Der Informatiker als wildernder Goldgraber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

7 Das Internet - die Datenbank Iwan des Schrecklichen oder der nachste Anlauf zumTurmbau zu Babel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

8 Hochschulkuhverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

9 BSE? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

10 Uberleben: Lernregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

11 Deutschland - einzig Jammertal! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

Part II Kieler Abschlußvorlesungen

12 Jeder neue Tag - ein neues Kapitel im Buch der Dummheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

13 Sicherheit - unsere beste Arbeitsbeschaffungsmaßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

Part III English Lectures

14 The computer scientist as a human being . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

Part IV Fremdlandisches

15 Ein unwirkliches Highlander-Marchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

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Part I

Cottbuser Abschlußvorlesungen

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Der Informatiker als Mensch

Eine Persiflage frei nach Robert Musil1

Semesterabschlußvorlesung

Wintersemester 97/98

Eine der vielen Unsinnigkeiten, die aus Unkenntnis uber das Wesen der Informatik umlaufen, ist, daßman bedeutende Personen des offentlichen Lebens wie Journalisten, Politiker etc. Informationswissenschaftleroder gar Informatiker nennt. In Wahrheit darf deren Kalkul nicht uber die sicherer Einfachheit der vierGrundrechenarten hinausgehen, wenn nicht weitere Katastrophen verschuldet werden sollen. Die plotzlicheNotwendigkeit einer Aufbereitung von Problemen mit Soft- und Hardware wurde Legislaturperioden vergehenlassen.

Das spricht nicht gegen das Ingenium dieser Leute, sondern nur fur die eigenartige Natur der Informatik.Man sagt, sie sei die außerste Okonomie des Handelns, und das ist auch richtig. Aber das Handeln ist eineweitlaufige und unsichere Sache. Es ist - mag es noch so weitgehende biologische Ursachen haben - langsteine komplizierte Leidenschaft des Sparens mit Ressourcen (Hardware, Software, Arbeitszeit), der es auf Ver-schleppungen des Nutzen so wenig ankommt wie dem Geizhals auf seine bis zum Widerspruch wollustig hin-ausgezogerte Armut. Auch wir bruten uber einfacheren Losungen, um dann mit Losungen nach Microschrott(kurz MS) Ressourcen zu verschwenden.

Ein Prozeß, der nie fertig werden wurde, wie das Zeichnen von Bildfolgen, ermoglicht die Informatikunter gunstigen Umstanden in wenigen Augenblicken zu vollenden. Bis zu komplizierten Informationsverar-beitungsprozessen macht die Informatik alles nur mit der Maschine, der man glauben kann oder auch nicht.Die Arbeit des Mitarbeiters beschrankt sich auf die Einstellung einiger Parameter. Der Amtsdiener einer Kanzel

1Der Autor des ‘Mannes ohne Eigenschaften’ oder der ‘Verwirrungen des Zoglings Torleß’ ist auch durch seinescharfsinnige Prosa z.B. dem ‘mathematischen Mensch’ bekannt.

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4 1 Der Informatiker als Mensch

kann damit in Sekundenschnelle Probleme aus der Welt schaffen oder anderen solche Probleme bereiten, zuderen Losung sein Vorganger vor zweihundert Jahren hatte zu den Herren Leibniz, Euler oder Newton nachHannover, St. Petersburg oder nach London reisen mußten. Damit wird der Computer zur geistigen Idealap-paratur, mit der man alle moglichen Falle - auch die vollig unnotigen - vorherberechnen kann.

Das ist Triumpf geistiger Arbeit. Was ist schon die alte Landstraße mit Wettergefahr und Rauberunsicherheitgegen das Internet unter Microschrott mit Microschrott-Informationen und Microschrott-Lauschangriffen. Daszeigt den Fortschritt fur die Menschheit.

Man hat sich sicher oft gefragt, ob Informatik-Losungen dieser Kompliziertheit auch wirklich benotigt wer-den, ob die vielen Menschenleben, das viele Geld, die vielen Schopfungsstunden, Ehrgeize, die in die Schaffungder Informationsgesellschaft verbraucht wurden und werden, heute noch angewandt wurden oder gar notigwaren oder sind. Man hat sicher oft nach dem Nutzbrauch gefragt - und keine Antwort darauf gefunden.Aber gerade da erweist sich dieser Apparat als außerst effizient, als vergleichslos. Denn unsere derzeitige Zivil-isation ist nur noch dank seiner Hilfe aufrechtzuerhalten. Die Bedurfnisse, denen er dient, werden dadurchvollig befriedigt - unberucksichtigt bleibt die leerlaufende Abundanz von der unkritisierbaren Art einmaligerLosungen.

Nur wenn man nicht auf den Nutzen nach außen sieht, sondern in der Informatik selbst auf das Verhaltnisder unbenutzbaren Teile und der wirklich benutzbaren bemerkt man das andere Gesicht, das eigentliche Gesichtder Informatik. Es ist nicht zweckbedacht oder gar okonomisch, sondern ineffizient, unokonomisch und leiden-schaftlich. - Der gewohnliche Mensch braucht von ihr nicht viel mehr als er in der Grundschule lernt; derIngenieur nur so viel, daß er sich beim Bedienen immer verwirrender Software-Werkzeuge zurechtfindet, selbstder Wirtschaftswissenschaftler, der Bindestrichinformatiker, der Naturwissenschaftler oder der Mathematikerarbeitet mit wenig differenzierten Werkzeugen. Brauchen sie es einmal anders, dann entwickeln sie es lieberselbst. Den Informatiker interessieren solche Adaptierungsarbeiten wenig. So kommt es, daß Spezialisten furdie meisten wichtigen Anwendungen nicht einmal die Informatiker selbst sind.

Daneben liegen aber unermeßliche Dinge, die nur fur den Informatiker da sind; ein ungeheuer großes,verwirrendes Nervengeflecht, das selbst die Spezialisten nicht mehr durchschauen. Das Geflecht hat sich umeinige wenige Knochen, Prinzipien herum angesammelt. Irgendwo innen arbeitet der einzelne Informatiker.Seine Fenster gehen nicht nach außen, sondern nur auf die Nachbarraume. Die rauhe Luft der Praxis wurdesie wie Eintagsfliegen eingehen lassen. Der Informatiker ist Spezialist, denn kein Genie wurde in der Lage sein,das geschaffene Wirrwar zu uberblicken. Er glaubt, daß das, was er treibt, irgendwann einmal einen praktischerfaßbaren Nutzen abwerfen wird, aber nicht der spornt ihn an; er dient der Effzienz, das heißt seinem Schicksalund nicht dessen Zweck. Mag der intendierte Effekt tausendmal Okonomie sein, immanent ist das alles geben,die Passion.

Die Informatik ist der Tapferkeitsluxus des Handelns, einer der wenigen, die es heute noch gibt. Auchmanche Philologen, Briefmarkensammler treiben Dinge, von deren Nutzen sie nur wenige uberzeugen konnen.Aber das sind harmlose Leute, die sich fern von den ernsthaften Angelegenheiten des Lebens betatigen, wahrenddie Informatik gerade durch ihre Auswirkungen das gesamte Leben verandert, nicht mehr wiedererkennbar oderauch nachvollziehbar macht. Das scharfste Abenteuer der Informatik ist gerade die standige Veranderung derExistenz aller. Vielleicht einmal ins Detail gegangen: Man kann sagen, daß wir heute nicht mehr ohne dieder Informatik vollig gleichgultig gewordenen Losungen leben konnen. Wir backen unser Brot, kommunizierenmiteinander uber Entfernungen, bauen unsere Hauser, treiben unsere Maschinen, ja sogar Autos nur dank derErgebnisse der Informatik. Mit Ausnahme der paar von Hand gefertigten Mobel, Kleider und Kinder erhaltenwir alles auf der Grundlage von Informatik-Losungen. Dieses ganze Dasein, das um uns lauft, steht, rennt,ist nicht nur fur seine Einsehbarkeit von der Informatik abhangig, sondern auch effektiv durch sie entstanden.Denn die Pioniere der Informatik hatten sich von den Grundlagen und den Anwendungen noch ganz brauchbareVorstellungen gemacht, deren bemachtigten sich die Techniker und bauten Maschinen drumherum. Und nun- nachdem alles in schonster Ordnung ist - kommen die theoretischen Informatiker - also jene, die ganz innenherumgrubeln - darauf, daß nur einfachste Dinge uberhaupt zu berechnen sind, nicht aber die komplexenAufgaben, zu deren Losung man die Computer heranzieht. Fast alles ist unentscheidbar - wir entscheiden unsaber trotzdem. Fast alle Informationen sind unvollstandig, inkonsistent, nicht nachvollziehbar - wir bezahlenaber trotzdem unsere Rechnungen. Es gibt keine vollstandig korrekte Software, wir kaufen uns aber trotzdemneue und benutzen die alte auch weiter. Nicht einmal Orakelmaschinen konnen die Aufgaben losen, die wirtaglich mit Computern losen. Und wer hat sich schon wirklich in der Geschichte auf Orakel verlassen. Damitsteht das ganze Gebaude, unser Dasein in der Luft. Aber die Maschinen laufen doch, man kann immer nochtelefonieren, Hauser bauen, Auto fahren. Man muß deshalb annehmen, daß unser Dasein eine Fiktion, bleicherSpuk ist; wir leben es, aber nur auf Grund von Irrtumern, ohne die es nicht entstanden ware. Es gibt heutekeine zweite so wundervolle Moglichkeit so phantastischen Gefuhls wie die des Informatikers.

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1 Der Informatiker als Mensch 5

Diesen intellektuellen Skandal ertragt der Informatiker als Stoiker in vorbildlicher Weise, das heißt mitZuversicht und Stolz auf die verteufelte Gefahrlichkeit seines Verstandes und seiner Produkte. Man kannweitere Beispiele in anderen Wissenschaften anfuhren, wie z.B. die Mathematiker mit ihrem Weiterarbeitennach der Grundlagenkrise, die Physiker, die Raum und Zeit verleugnen. Es ist nicht so traumelig wie bei denPhilosophen oder den Soziologen, die keinen Schaden mit ihren Gedanken anrichten. Nein, die Informatikerwissen, daß um sie herum eigentlich nichts funktionieren konnte - richtige harte Burschen und Madchen eben.

Es gibt viele Beispiele, wie nach der Aufklarung der Mut gesunken ist - wie z.B. nach der Aufklarungszeit.Die Informatiker sind nicht von diesem Kaliber, nein, sie schaffen einfach die nachste Version. Sie geben nichtauf, sondern senden patch’es zum Einspielen. Wer es nicht kann, der ist schließlich selbst schuld.

Man wende ein, daß die Informatiker außerhalb ihres Faches banale und blode Kopfe sind, die ihr Handlungs-, Programmierungs- und Algorithmierungswahn im Stich laßt. Das ist nicht ihre Sache, sie tun auf ihrem Gebietnur das, was wir auf unseren tun sollten. Darin besteht die betrachtliche Lehre und die Vorbildlichkeit ihrerExistenz; eine Analogie sind sie fur den vollig vergeistigten Menschen, der noch kommen wird.

Wenn durch den Spaß, der uber das Wesen der Informatiker verbreitet wird, wieder der Ernst herauss-chaut, dann konnen wir die folgenden Lehren ziehen: Man greint, daß auch unserer Zeit die Kultur fehle. Dasheißt vielerlei, aber im Grunde war Kultur immer eine Einheitlichkeit entweder durch Religion oder durchKunst oder durch gesellschaftliche Form. Fur gesellschaftliche Form sind wir als Informatiker zu viele. FurReligion sind wir zwar nicht zu viele - oder vielleicht doch, wenn man sich die Religionskriege um relationaleModelle, Objekt-Orientierung, strukturierte Programmierung anschaut. Bleibt nur noch die Kunst des Pro-grammierens, Strukturierens, Modellierens. Wir sind zwar in einer ernsten Zeit, die ihre Denker nicht geradeliebt oder gar fordert. Trotzdem sind heute geistige Energien wie noch nie vorhanden, die Einheitlichkeit undGleichgestimmtheit der Informatik war noch nie so groß wie heute. Es ist toricht zu behaupten, daß es uns umdas bloße Wissen gehen, denn das Ziel ist langst schon das Denken und das Arbeiten. Mit seinen Anspruchenauf Tiefe, Kuhnheit, Neuheit beschrankt es sich vorlaufig noch auf das ausschließlich Rationale und das Wis-senschaftliche. Aber dieser Verstand frißt um sich und sobald er das Gefuhl erfaßt, wird er Geist. Diesen Schrittzu tun kann vielleicht auch Sache der Dichter sein. Sie haben fur ihn nicht irgendeine Methode oder gar Sprachezu lernen oder gar Psychologie, sondern konnen ihren Anspruchen leben. Aber sie stehen ihren Umfeld hilflosgegenuber und trosten sich durch Traktake oder Lasterungen. Wir dagegen handeln, verandern, uberschreiben,sind nicht nachvollziehbar. Darin liegt die Starke des Informatikers und seine Unbesiegbarkeit. Ihr Problem -unsere Losung. Unsere Losung - ihr neues Problem.

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Der Informatiker als Heuschrecke

Der interessantere Teil aus derSemesterabschlußvorlesung

( 8. 2. 1995 )

Man erzahlt oft, daß sich Wissenschaftler wie Insekten verhalten. Ein gewisse Analogie ist diesem Vergle-ich nicht abzusprechen. So kann man das Verhalten von Mathematikern und Ameisen durchaus vergleichen.Schmetterlingsforscher finden ebenso analoges als auch Muckenforscher. Spielen wir der Ubung halber - ehewir uns der eigenen Spezies zuwenden - die Ameisenanalogie durch. Da analoges Reasoning zum Inhalt derKunstlichen Intelligenz, die ja ein Zweig der Informatik ist, gehort, benotigen wir nur wenig Erklarungen undkonnen uns ganz dem Vergleich hingeben. Unter den Ameisen hat keiner mehr die Ubersicht uber das Ganze.Jede Ameise hat ihre Funktion, ihre Methodik, ihre Trampelpfade. Trampelpfade, die durch Geruchsnotenmarkiert sind, die man keinesfalls verlassen darf, bis ein Homo sapiens - auch Anzweifler genannt - in bosemSpiel einen zerstort. Einige Ameisen treiben Analytisches, andere tragen Material zusammen, wieder andereverbauen irgendetwas, ... Das Ganze ist genial einfach, genial effizient und generalistisch anwendbar. Nur ...die anderen Insekten interessiert das nicht allzu sehr.

Die Informatik hat einen Ableger der Mathematik, den man Theoretische Informatik nennt. Nur ... es wurdekein Ameisenbau, sondern ein Termitenbau. Man hat nun einige Gurus, auch Konigin genannt. Ohne Koniginund deren Eiproduktion stirbt der Termitenbau. Alle sehen den Dienst an der Konigin als eine zentrale Aufgabean. Besonders wichtig und allgemein anerkannt sind die direkten Schuler, die die Konigin und ihren kleinenGemahl futtern durfen. Bei den Termiten bekommt die Konigin Hervorgewurgtes. Der Konigin glaubt manalles, man bemuht sich um sie, darf sie keinesfalls einer anderen Temperatur als 30 Grad aussetzen und nichtetwa mit zugiger Luft konfrontieren. Der Termitenbau ist durchaus nicht so regelmaßig wie der Ameisenbaugebaut, zuviel hat die Praxis und Effizienzhascherei verbogen. Dafur ist der Bau aber auch besser organisiert.In die Inneren eines Baus der Komplexitatstheorie gelangt man nur, indem man Turingmaschinengebete lernt.Entluftungsschachte dienen dem Ablassen von Warme. Warme wird selbst produziert, schließlich gilt es auchdie kalten Nachte der Praxis zu uberleben. Hat man zuviel Warme, dann laßt man diese ab, eventuell muß

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8 2 Der Informatiker als Heuschrecke

etwas gekuhlt werden, wozu man Wasser - ganz wie auch ansonsten im Leben - benutzt. Die Arbeiter undSoldaten sind wohlsortiert in Kasten, Obersoldaten passen auf Entgleisungen auf. Arbeiter tragen Stuck furStuck zusammen, Satz fur Satz. Soldaten formen daraus Waffen, die sie dann Theorie nennen. Außerdem sindsie selbst bewaffnet mit ausreichend scharfen Scheren, der Widersacher gibt es viele.

Aber die Informatik hat einen Januskopf. Eben fur jeden etwas. Die eine Seite ist eher ein Medusenhaupt;hat man es jemals geschaut, dann ist man der praktischen Informatik verfallen, fur das normale Leben verloren -wohl dem, der in dieser Sekunde bereits verheiratet ist - und darf sich fortan Hacker nennen, schließlich existiertman nur mit dem Arbeitsinstrument, kann nur noch seine Sprache, kann nur noch mit ihm kommunizieren; furden Rest der Welt wurde man zu Stein.

Doch wem gleicht dieser Informatiker? Sieben Plagen sollen uber die Menschheit hereinbrechen, eine davonwird bestimmt die Informatik sein, die man damals zu dieser Prophetenzeit noch nicht furchtete. Und damithaben wir die Analogie: Heuschrecken wurden und werden gefurchtet. Kein Gift kann sie vertreiben. Manch-mal sind sie sogar Proteinlieferenaten, ernahren andere Spezies. Wo auch immer Heuschrecken einfallen, sieverandern das Leben. Die Informatiker eroberten das Buro, veranderten das Dasein alle dort Leidenden. DieSekretarin wurde zum lebenden intelligenten Interface, sie kann nicht nur faxen (hat nichts mehr mit Kinderver-halten zu tun), sondern auch buuuuten, eintippen in den Computer, wobei sie mit der Funktionalitat auchdas Normalschreiben verlernt, man kann ja korrigieren. Wie grun und laut war doch das Buro als es nochkeine Heuschrecken gab. Nicht mal schlafen kann man mehr, piept doch standig irgendeine message (oder beider Apfeltechnologie kann man auch ausgelacht, von Tarzan verhohnt oder die Frosche grinsen horen) in diebeste Schlafphase. Schließlich gewohnt man sich an die Heuschrecken und braucht programmierbare Telephone,Kopierer und ... naturlich auch programmierbare Faxgerate.

Aber sie werden erst zur Heuschrecke gemacht, deshalb sollte man noch etwas zum Kodex der Heuschreckensagen. Wichtigste Starke der Heuschrecke ist ihre Unzahl, deshalb sollte unser Fachbereich immer der starkstesein. Wenn eine Heuschrecke blindwutig beseitigt wird, dann sind noch Tausende Eier da ... und warten aufden Moment der Rache.

Die Nachkommenschaft ist auch unsere Starke. Deshalb lehren wir Abhangigkeit. Und vor allem auf Schnel-ligkeit kommt es an. Effizienz ist unser Merkmal. In rasanter Geschwindigkeit fallen wir in neue Territorien ein.Und das auch gleich in großen Verbanden. Leistet sich ein Betrieb einen Informatiker, dann werden zum Schlußviele darin arbeiten. Wichtig fur die Eroberung wird dann die Schwarmideologie und damit die Schwarmide-ologen. Immer ein kleiner Teil des Schwarmes ist mit Erkundungsflugen im Auftrag der Ideologen beschaftigt.Manche Erkunder kommen sogar zuruck und berichten den Ideologen von ihrem Erfolg, werden anschließendzum Schweigen verdonnert. Nun haben die Ideologen Gelegenheit, sich als Propheten zu erweisen, vorher aberin den neuen Territorien kraftig abzuraumen, schließlich muß man Ideologe bleiben. Und auch die Ideologieplat-tformen - Zeitschriften genannt - rechtzeitig besetzen, dann konnen namlich die anderen nur aufrucken, wennsie das Gesangbuch auswendig lernen, was auch den Geist etwas langer beschaftigt und hindert beim Aufrucken.

Der Rest des Schwarms fliegt dann hinter den Ideologen. Je nach Feldgroße und Schwarmgroße wird etwasabgefressen oder auch alles vernichtet. Welcher Manager investiert heute noch in Expertensysteme? Volligabgefressen ist das Terrain. Strukturierte Programmierung war wohl eine etwas zu ferne Insel, nur kraftigereHeuschrecken erreichten sie und fraßen nicht zuviel. Aber so ungeheuer pragmatisch wie diese Tiere - und wir

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2 Der Informatiker als Heuschrecke 9

es wohl auch - sind hinterließen sie genug Eier ... Einige davon haben sich schon entwickelt und eine Oaseentdeckt, was auch andere Schwarme mitbekamen - die objekt-orientierte Oase. Alle Schwarme haben sich dortversammelt. Nur esoterische Außenseiter haben sich nicht angeschlossen, aber die kann man leicht ausgrenzen.Da eine Oase nicht genugend Grunfutter bietet, schauen schon Spaher nach weiteren Horizonten. Vielleicht istdie neuronale Wiese bald dran.

stark gekurzt βTU CB

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Die Informatiker im Praxisschock

Semesterabschlußvorlesung SS2000Mittwoch, 12. 7. 2000

Prolog

Das Ungluck des Studenten will es, daß er einmal sein Studium beenden muß. Die Grausamkeit wird in Cottbusnoch verstarkt dadurch, daß man den Informatikstudent in ein Praxissemester treibt. Danach kann ein Studenterst schatzen, wie schon es doch an der Hochschule ist - zumindest als Student 1.

Wir werden entdeckt

Die Industrie brauchte in grenzenloser Verblendung viele Jahre um einen weiteren Bedarf an Informatikern zuentdecken. Superfirmen wie IBM, Motorola, Siemens konnten den Bedarf vor zwei Jahren nicht vorausahnen (esliegen ja auch siebenhundert Tage in einem solchen Zeitraum). Deshalb empfahlen ja auch die Industriebosse

1Leider nur als Student. Die BTU ist keine Ausnahme und demzufolge auch ein Betrieb. Als sich ein paar verruckteInformatiker aufmachten und eine Revolution in der Erstellung der Vorlesungsverzeichnisse bewirken wollten, wurdensie denoch von der grausamen Wirklichkeit wieder eingeholt. Es wurde nach einem sturmigen Brainstorming die besteLosung gefunden. Vorschlage der Lehrstuhle werden in Word erstellt, an die Fakultaten weitergegeben, dort verdichtetzu einem Wordfile, was wiederum angereichert wird um Planungsvorschlage. Damit kann dann ein Unabkommlicher ganzleicht eine Access-Datenbank erstellen, mit der man dann Planung betreibt. Daraus wird wieder ein Wordfile erstellt, analle Lehrstuhle zur Korrektur verschickt. Irgendjemand stellt dann wieder den Rucklauf der Lehrstuhlveranderungen ineinem Wordfile zusammen, das dann wieder in Access abgebildet wird. Damit kann man dann die Word-Druckvorlageerstellen und sogar eine Rohversion fur das Internet generieren, womit dann eine intelligente Informatikstudentin dieInter-Darstellung in wochenlanger Knochenarbeit herstellt.

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12 3 Die Informatiker im Praxisschock

dem niedersachsichen Ministerprasidenten, die Informatik in Hildesheim zu schließen. Vor 2 Jahren hat sichkeine Firma um eine Zusammenarbeit mit den Universitaten so leicht entschließen konnen.

Aber es gibt auch andere Entdecker. Z.B. unseren Innenminister, der mittlerweile eine Super- und Hochleis-tungsdatenbank aller Verbrecher erstellte. Das update-Problem laßt grußen. Aber die Zahl der Objekte in derRiesendatenbank beeindruckt. Mit immerhin 7.777 Eintragen. Wie ruhig ist es doch in Deutschland!

Aber wir werden bestimmt bald uberflussig. Es gibt doch die green-card, sogar die blue-card. Vielleicht auchbald die yellow- und die red-card fur die Erfinder. Schließlich ist Deutschland eine Hochburg von Anwender-Software. Und jeder Nicht-Muttersprachler kann beitragen beim Erzeugen von Software, die kein Anwenderversteht. Wir werden bald uns traurig an die Zeiten der unverstandlichen Gebrauchsanleitungen erinnern,die man noch in Taiwan erstellte und die mitunter sogar verstandlich waren2. Solch ein Kauderwelsch wirduns bald auch auf den Bildschirmen begegnen. Aber der Zweck heiligt die Mittel - schließlich kann man mitYellow-Card-Lausitzern auch bald Lohndumping betreiben.

Die neueste Entdeckung der Industriebosse sind weibliche Informatiker. Davon gibt es zuwenig. De-shalb wollte man insbesondere Madchen gewinnen fur das Informatikstudium - was eigentlich ein großartigerFortschritt ist, weil man fruher wohl doch eher die drei K empfahl (Kirche, Kinder, Kuche). Das geht auchnun nicht mehr, nachdem uns bald die Microsoft-Mikrowelle in der Kuche unabkommlich wird ... und wir dannGerichte uber das Internet bestellen mussen ... naturlich aus Taiwan. Wie mager werden wir dann sein ... oderauch nur zur Festkost ubergehen. Schließlich leben die auf dem Raumschiff Enterprise auch nicht schlecht.Außerdem wird in Zukunft unsere Kleidung sowieso intelligenter sein als wir. Und viele werden sich dann einenNetzcomputer in allen Gegenstanden der Wohnung leisten ... um die Welt aus dem Microsoft-Wurgegriff zubefreien - sagt zumindest Bill Gates. Außerdem ziehen wir die kostengunstige Losung vor ... wie eben denLada, der uns viele Autobahn-Kontakte beschert. Weiterhin sind die NC’s einfacher zu bedienen ... wie ebendie Macintosh’s.

Doch zuruck zu der Kampagne “Madchen an den Computer”. Diese Kampagne wird der Kampagne “Schulenans Netz ... ohne Inhalte” nachfolgen. Alle Schulen sind nun am Internet. Die Lehrer und die Schuler freuen sichgemeinsam am Mull. Im Internet steht namlich nur die allumfassende, letztendliche Wahrheit und Weisheit.Keiner braucht mehr lernen, nur noch surfen (wie an der Atlantikkuste ... fast wie im Urlaub). Und dieganz schnellen brauchen nur ‘browsen’ oder gar ‘zappen’. Und schon konnen sie alles, brauchen nicht mehrnachzudenken. Wenn man neues Wissen braucht - wir lernen ja in Zukunft ein Leben lang - dann braucht mannur wieder ins Internet (einfach so einmal an die Steckdose) und schon ist man kluger (war mit der Steckdoseubrigens immer so!). Also konnen nun auch die Madchen ran. Sie sind viel besser im Umgang mit dem Erlernten,sie werden also Content Manager. Und beim Programmieren systematischer sind sie auch. Deshalb brauchenwir jedes Wesen. Ich habe als Unverstandener nur das Gefuhl, daß man die Madchen nur zur Verschonerungder Entwickler-Buros haben mochte, damit man die dicken Cola-schlurfenden, in langen ProgrammierernachtenPornobilder ziehende Programmierer nicht mehr sieht. Schließlich hat mir vor kurzen ein Kollege hier an derUni gestanden, daß die Mehrheit seiner Kollegen den Computer als einen modernen Tischschmuck braucht.

Die nachste Welle wird bestimmt “Afrikaner ans Netz”3.

Wir kommen Praxis!

Jeder Informatiker sollte einmal in die Praxis. Auch jeder Professor. Ich habe es ein Semester versucht undwar gar nicht so unglucklich. Aber nur, weil ich es nicht wie sonst zum Niveau meiner vollen Inkompetenzschaffte. Wie schon ist dagegen der Hochschulalltag. Hier kann ich endlich als Nichtjurist Ordnungen erfinden,eine Grundordnung, eine Wahlordnung usw. Und mich auch noch uber die inkompetenten Gesetzesschreiberereifern, die auch als Laien solche schreiben. Endlich wieder Besprechungen, in denen man sich richtig langweilenund auch vor allem redend produzieren kann, in denen man fur nichts verantwortlich ist, meist auch netteLeidensgefahrten trifft, Papierkugelchen formen und auch verschießen kann.

Jeder Informatiker sollte auch einmal in praktischen Projekten mitarbeiten. Es kann zwar so enden wie dieArbeit fur die Internet-Prasentation fur Forst (man sieht noch unsere Spuren, leider sollte man lieber nichthinschauen was gemeine Weiterentwickler daraus machten). Aber meist wird man sogar nutzliche Arbeit leisten

2Dieser Stepper erlaubt Ihnen , leichter Ihren Zielpuls zu erreichen .. Schutzen sie ihre Knie, indem Sie den Korpergerade uber den Knien halten ... wenn Sie nach unten uaf die Fusse blicken, kann dies das Genick uberanstrengen ...Welche Position Sie auch immer verwenden, sorgen Sie immter fur einen geraden Rucken, indem Sie Ihre Bauchmuskelnzusammenziehen.

3Frei nach Vassilij Iskander’s Hirtenvergleich, in dem die Hirten ihr Geheimnis offenbarten, wie man die Schafe volligabgehungert, verdurstet trotzdem durch die Wuste treiben kann, ohne daß diese protestieren: Man hangt ab und aneinen ausgestopften Wolf auf. Dann sind sie ruhig. Damals hatte man noch nicht das Internet.

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3 Die Informatiker im Praxisschock 13

... vor allem fur einem Service-Vertrag fur die Problem mit unseren Ergebnissen. Computer lassen uns zu 100% schneller arbeiten. Und verursachen 300 % mehr Arbeit!

Ein Wunsch-Informatiker der Industrie zeichnet sich durch vier wichtige Eigenschaften aus: beeindruckendelogische Denkfahigkeiten beim Zusammenstellen von riesigen integrierten Paketen, kristallklare Beobachtungs-gabe beim requirements engineering weit jenseits der Erfordernisse, fast schon erschreckende Intuition beimSchaffen wie auch immer bedienbarer Software und absoluter Mangel an Schuldgefuhlen uber das wundervolleUn-Produkt.Er sollte sich nichts daraus machen, wenn bei der Expo’2000 das Toilettenpapier ausgeht, weil ein scharferRechner bessere Vertrage irgendwann einmal haben mochte aber der Programmierer diese Art von Firmenrev-oluzern nicht voraussehen konnte und aus fehlender Kommunikation heraus nur durch das Papier bei der altenFirma bestellt, die auch schon die Vertragskundigung hat.Es sollte sich auch nicht argern, wenn mit seinen Triggern die Kraftfahrer am Spreebogen fehlgeleitet werden,dann in einer Flutkammer nicht mehr wenden konnen. Schuld war auch dort nicht der Programmierer, sondernder Anwender, der einfach die Dateneingabe zur Richtungsveranderung der Straßenfuhrung erzwang.Oder gar wundervolle Software entwerfen, die den Kassierer so uberfordert, daß sich bei der Expo lange 10-Mann-Schlangen uber Stunden halten.Oder einfach eine Warteschlangen-Auslieferung vordenken, bei der immer der Kunde mit der weitesten Adressezuerst beliefert wird (der nahe Kunde kann doch selbst kommen!).Oder einfach ein System implementieren, mit dem immer der Vortag beim Service nachgespielt wird - damitkann man Taxis immer an falsche Stellen leiten ... es war ja gestern dort etwas los.

Ein Informatiker der Zukunft macht sich wenig Gedanken uber die Anwendbarkeit. Er kennt die logis-chen Grenzen der Anwender und die unveranderlichen Gesetze der menschlichen Natur: Dummheit, Egoismus,Geilheit. Anwender sammeln hochstens noch schrecklichere Software an, die ihnen das Ausleben noch besser ges-tattet. Mit einem Hintergrundgerauscherzeuger hat man ein wundervolles Gerat fur fremdgehende Ehemanner,bis jemand auf die Idee kommt, auch gleich Audio-Banner einzuspielen. In Zukunft wird der Informatiker nochmehr Produkte erfinden, die es noch mehr Arbeitnehmern und Selbstandigen erlauben, noch mehr Zeit zuvertrodeln und trotzdem dafur bezahlt zu werden. Mit unseren Produkten werden wir es schon schaffen auch“Otto Normalverbraucher” so abhangig zu machen, daß er in Zukunft keine seiner heutigen Tatigkeiten mehrkann und nur noch mit unserem Produkt. Jeder wird die Schwelle seiner Inkompetenz erreichen ... mit unserenProdukten aber schneller. Wie auch Programmierer. In Firmen werden meist die cleversten Programmierer zuGruppenleitern gemacht, nicht die cleversten Organisierer oder gar die Analysten. Dann konnte man ja auchein einfaches, gutes Produkt erwarten. Nein, es muß das maximal machbare erzeugt werden ... wie eben auchbeim Videorecorder, den man selbst nach einem Aufbaukurs in der Bedienung nicht benutzen kann bis auf dieeinfachen Grundfunktionen. Der großte Problem der zuknftigen Software-Industrie wird nicht der Mangel anBildung sondern das Ubermaß an Dummheit, weil immer mehr Entwickler die Inkompetenzschwelle erreichthaben. Bei manchen Firmen ist es schon heute so. Standard-Software von großen Firmen zeigt dies, auch beikleineren Firmen ist es so ... wenn man nur einmal die “legacy”-Systeme sieht, die immer noch mit Cobolweiterentwickelt werden.

Ein Informatiker in der Praxis wird auch oft fur Entscheidungen herangezogen, die er dann seinerHeeresleitung gegenuber mit verantworten muß. Deshalb kann er sich entscheiden fur den guten Ratschlag(der meist auch zu zuviel Aufrichtigkeit fuhrt und damit zur Kundigung), dem schlechten Ratschlag (der dieFirma schadigt und damit ihm auch) oder dem Chamalon-Ratschlag (der einfach zu gut ist um in irgendeinerRichtung falsch zu liegen). Die letztere Richtung lernen wir auch schon hier. Wir mussen nur wiederholen, wasandere schon wissen und sagten. Auf eine Frage, welche Technologie man zur Erstellung von websites wahlensollte, lautet die Antwort naturlich “objekt-orientiert” auf der Grundlage von Mustern.

Der Informatiker in der Praxis braucht auch eine weitere Kernkompetenz: er muß lugen konnen. Abermit den richtigen Worten: patch steht nicht mehr fur Flicken (keiner wurde sich solche Unterwasche zulegen)sondern fur Verbesserung, neue Version steht nicht mehr Erledigung der Probleme sondern fur Verbesserungdurch Integration weiterer Probleme, Auslieferung steht nicht fur Produktinstallation beim Kunden sondernfur Platzhalten fur das eigene schlechtere Produkt, Ankundigungen sollen den potentiellen Kunden vom Kaufder Konkurrenzprodukte abhalten - auch dann, wenn man selbst erst mit der Einstellung der Informatiker furdieses Produkt beginnt. Und als perfekter Lugner muß er mit allen Modewortern perfekt umgehen. Schließlichleben wir bald in der perfekten Wissensgesellschaft - so wie dies die sieben Brandenburgischen Weisen auch furdas Brandenburg fur 2025 voraussahen ... wenn auch Brandenburg als “Berliner Umland und dunn besiedeltesRestland” definiert wird. Aber der Informatiker muß noch besser lugen. Er verkauft einfach eine Datenbankals data warehouse. Eine Anfrage wird als data-mining-Produkt verscherbelt. Wer statistische Anfragen stellenkann, muß auch gleich eine Firma grunden ... naturlich im Potsdam valley. Man muß als Neugrundung nur zweiHaupteigenschaften einbringen: 1. Dummheit, 2. siehe 1. In Zukunft werden wir mit der gleichen Begeisterung

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14 3 Die Informatiker im Praxisschock

im Internet kaufen wie wir Produkte uber die Fernsehwerbung beziehen. Oder auf “ruf-doch-mal-an”-Aufrufereagieren.

Wir werden verkauft

Informatiker zu sein hat nicht immer nur ein positives Image zur Folge.

• Man behauptet z.B. von Telefonverzeichnis-CD-Firmen, daß man - weil es so schwierig war - die Tele-fonbucher der Telekom in China abschreiben ließ. In Wirklichkeit strotzen die “abgeschriebenen” CD’snur so von Scanner-Fehler. Somit sind die CD’s durch Scanning entstanden. Spricht man dann Firmenwie GData darauf an, dann liegt es an den unsoliden Produkten der der Informatiker, die diese Fehlerverursachten.

• Unsere Software-Firmen prophezeien unsere Einsparung. Bald wird man uberhaupt nicht mehr program-mieren mussen. Mit ‘drag-and-drop’-Tools werden bald alle Programme erstellt. Deshalb braucht man auchnur fur eine Ubergangszeit von vielleicht 3 Jahren - so lang ging wohl die green-card ? - noch Programmierer.Danach kann jeder einfach so mal auf der Straße in einem Programmierterminal sein Programm zusam-men‘draggen’ und -‘droppen’. Und schon funktioniert alles. Unsere Einsparung ist also vorauszusehen.Ihre Nachfolger werden nach schonen, weil anstrengendem Studium dann einfach Programmiertermi-nalerklarer. Man braucht immer mehr davon. Schließlich sind diese von Informatikern programmiert. KennenSie etwa eine perfekte Software?

Wenn man keine Informatiker mehr braucht - zumindest nicht fur nutzliche Arbeit - vielleicht nur als Wahler(und dann sollte er moglichst vergeßlich und ungebildet sein), dann brauchen wir auch außer in der Schulekeine Informatikausbildung an der Hochschule mehr. Fruher - als man dumm und unerfahren war - gab esnur die biologische Losung - man mußte warten und warten, bis die Leiche des Feindes vorbeigetragen wird.Heute dagegen haben wir die Losung des virtuellen Dorfes. Ein paar entertainende Professoren besprechenkopfstehend mit hubschen Nackedeis im Play-back ein paar Videos zu Informatikinhalten. Vorher wurde diesmit den Sponsoren wie Microsoft und Deutsche Bank (nicht etwa der Arme-Leute-Bank 24) durchgesprochen.Damit auch die richtigen falschen Behauptungen ruberkommen - schließlich ist die message wichtig. Jeder kannsich dann zu jedem Zeitpunkt in der Pay-Netz-Uni aus Hinter-Tasmanien die Lektionen herunterziehen. Undauch gleich vom Double oder Ghost-Prufling die Prufungen machen lassen (Ghost-Pruflinge werden dann dieselbstandigen Professoren sein). Und gleich steht auch schon eine Firma da ... die einen gebildeten auch nichtbraucht.Wie schon doch die virtuelle Welt wird ... als 80-20-Gesellschaft (80 % warten auf Arbeit; 20 % arbeiten,mussen sich verbarrikadieren und haben Angst vor dem Absturz).

Der Dummheit konnen wir auch nicht begegnen

Am 17.6.2000 beschlossen die Ministerprasidenten der Lander, vorerst noch keine Rundfunk- und Fernse-hgebuhren auf PC’s mit Internetzugang zu erheben. Welch gnadenlose Weisheit zu einem solchen Beschluß

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3 Die Informatiker im Praxisschock 15

(oder vielleicht hat es nur der Jounrnalist falsch verstanden?) fuhrte, ist mir nicht bekannt. Schließlich sieht soein PC auch aus wie ein Fernseher mit einem Radio. Aber vielleicht fehlte die Fernbedienung.

Wir haben gerade das Weitukah-Problem uberstanden und schon droht uns neues Ungemach. Mit Muh undNot haben wir moglichst vielen Firmen einen Internet-Auftritt verpaßt, auch wenn diese gar nicht wußten, wassie denn eigentlich im Internet sollten, weil die Kunden sowieso in der Nahe sind, weil man ein 0-8-15-Profilhat, an dem keine Surfer interessiert ist, weil man auch nicht den Computer fur die Geschafte benotigt, sonderndas kundenbezogene Gespach und weil ... Es gibt noch mehr Ausreden. Aber wir werden sie schon alle kriegen.

Nein, wir wollen endlich den Iiih-Kommerz, den Em-Kommerz und bald auch den Nie-Kommerz. Iiih-Kommerz steht nicht etwa fur eine grune Verballhornung von Phui-Teufel-Kommerz, sondern fur das wel-tumspannende Handeln, Verkaufen, Anbieten von realen und vor allem virtuellen Produkten. So wie der Ak-tienhandel eigentlich ohne dumme Newcomer ein Nullsummenspiel ware, kann der Iiih-Kommerz nur funk-tionieren, wenn man moglichst viele Schneeball spielen laßt. Dazu braucht es eine Infrastruktur - schließlichist die Post auch schon durch Schneeballer zum Erliegen gebracht worden. Wir brauchen Bandbreite - manmeint damit nicht das Strumpfband (was ich gar nicht so schlecht fande) and nicht die Armreifen oder gar dieHandschellen, sondern einen dunnen Bindfaden um die gesamte Welt und jedes Dorf.

Jeder Informatiker wird nun sein eigener Unternehmer (haben Sie schon die Hurden der Erklarungen zurScheinselbstandigkeit hinter sich ?). Man grundet eine dot-com-Firma. Einige werden davon auch bestehenbleiben. Jeder in der Welt wird bald nur noch virtuell unterwegs sein. Mit Vorteilen wie Konfliktarmut(schließlich kann ich die Skandalisten einfach ausbrowsen), Kontaktarmut (schließlich kenne ich niemandenmehr), frei von emotionaler oder gar Sozialkompetenz. .. nur wie kommt man dann eigentlich zu Nachwuchs?Ach so, wir werden bei der Programmierung, Veranderung und somit Verbesserung des Erbgutes mit dabeisein, schließlich wird dazu auch Software benotigt ... sowie ein bisserl Hardware.Gentechnisch designte Menschen sind sowieso besser: schlank, muskulos, ohne Sehhilfe, perfekte Haut, dichteHaar, strahlende Zahne. Abweichungen werden noch vor dem Entstehen beseitigt. Ich werde dann als groteskerUn-Mensch oder Fosil ausgestellt ... und mich schamen.

Informatiker wird es immer geben

Ich habe schon oft uber unsere Unabkommlichkeit geredet. Leider hat gerade der Informatiker, der sich alsPraktiker ausgibt, mit bosen Interpretationen zu kampfen.

• Kauft man sich eine Telefon-CD z.B. von gdata (www.gdata.de), dann ist sie nicht etwa vom Stand 9/99wie verkundet, sondern etwas alter. Sie laßt sich auch kaum mit moderner Software betreiben - warumauch?

• Warum braucht man soviel Juristen? Der Trick ist ganz einfach. In alten Gesellschaften oder auch in einer(judischen) Gemeinde gab es einen weisen Rechtssprecher. Dann kamen die Pionier-Juristen endlich aufden richtigen Dreh’. Sie erschufen Gesetzeswerke. Keiner hat schon nach kurzer Zeit die Chance gehabtdurchzusehen. Keiner konnte mehr ohne die Gesetze, ihre Interpretatoren, Weiterentwickler, Verdreher.Auch die Erfinder der Steuereintreiber haben sich weiterentwickelt. In Kuwait gibt es keine Steuer - alleslauft dort viel zu einfach. Kein einziger Steuerberater? Sollen wir diese Sparte etwa arbeitslos machen?Nein, wir wollen eine Steuerreform!Und dann auch gleich eine Software-Reform. Ihr Problem - unsere Losung; unsere Losung - ihr richtigesProblem!

Damit haben wir herausgefunden, daß ein Normalinformatiker nie mehr entlassen werden kann, unabkommlichist. Auch wenn er frustiert uber den Arbeitsalltag vor sich hin brutet, mit Patches eine Symbiose eingegangenist oder nach Praxisschock in Agonie verfiel, er wird gebraucht! Und in immer großerer Anzahl.

Epilog

Man kann also unsere Unabkommlichkeit, unsere Chancen, unsere Beschranktheit mit einem Kinderreim zusam-menfassen:

Ich bin ein altes Krokodilund lebt dahin ganz ruhig und still,bald in dem Wasser, bald zu Land

am Ufer hier im waremn Sand.

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16 3 Die Informatiker im Praxisschock

.Gemutlich ist mein Lebenslauf,

was mir in’ Weg kommt, freß ich auf,und mir ist es ganz einerlei,

in meinem Magen wird’s zu Brei.

Schon hundert Jahre leb ich jetzt,und wenn ich sterben muß zuletzt,leg ich mich ruhig ins Schilf hineinund sterb im Abendsonnenschein.

Franz Graf Pocci

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4

Der Informatiker als Papiertiger

Vorlesung “Informationsdienste”1

Cottbus, 16. 2. 1999

Es wird heute viel uber Umweltsunden geredet, aber nicht alle Umweltsunder sind gebrandmarkt. Auch derInformatiker gehort in diese Kategorie. Der Informatiker schreibt gern und viel, liest ungern und wenn dannmit Unglauben und beschreibt allzu gern nur im Groben. Ein Beispiel fur eine gute Dokumentation sucht mannach wie vor, nicht aber Arbeiten, die den Informatikhimmel auf Erden versprechen.

Der Informatiker muß sich aber auch uber das Papier mitteilen. Im Chaos der Systeme und Plattformen gibtes wenig Moglichkeiten, die Arbeit und den Wert der Arbeit des Informatikers nachzuvollziehen. Viel besser istes dann, sich einem Medium anzuvertrauen, dessen Erschaffung nicht dem Informatiker anzulasten ist. Deshalbist das Buch, der Sammelband auch viel sicherer als die Soft- und Hardware, an der der Informatiker feilt.

Die Veroffentlichung ist notwendig, weil auch zur Arbeit etwas Unterstutzung gehort, weil man eine Positionin der Hackordnung erringen mochte, weil man bei Antragen auch mit Papier die Kompetenz belegen kann,weil man sich auch einmal mit einem anderen Titel als nur seinen Spitznamen schmucken mochte.

Es gibt sehr unterschiedliche Herangehensweisen, um ein Paper zu schreiben. Neben den sinnvollen Formengibt es auch einige wie die folgenden, die einfach nerven:Ein Bruckenpapier teilt mit, daß man es geschafft hat, eine Bucke zu bauen. Sie steht sogar noch. Dann teiltman mit, daß bereits ein Pferd im Galopp daruber geeilt sei, es sogar schneller war als andere Pferde. Mittler-weile kann man auch Kuhe daruber laufen lassen. Bald werden es auch Menschen sein.Autotest-Papiere sind ganz anders. Man definiert ein paar Parameter, testet dann verschiedene Autos dagegen.Je nach Parameter siegt das eine oder andere Auto. Manchmal ist man neutral, meist sowieso bezahlt.Handwerker-Papiere zeugen von der Fertigkeit ihrer Meister. Man findet eine Anwendung, mischt Werkzeuge

1Entstanden ist die Idee zu dieser Vorlesung beim gemeinsamen Argern mit Klaus-Dieter Schewe auf einer zuletztgemeinsam besuchten Konferenz. KDS sei gedankt.

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18 4 Der Informatiker als Papiertiger

zusammen und fertig ist ein funfbeiniger Stuhl, den zwar keiner braucht, der aber auch schon aussieht. Mankann daraus sogar auch noch eine Methode entwickeln und auch gleich noch ein Kochbuch schreiben. KeineHausfrau wird sich danach richten, aber schon sehen die Gerichte aus.Die schonsten Arbeiten sind Werkzeugbeschreibungen. Damit man diesen auch glaubt werden viele Bilder -screen dumps - hinzugefugt.Die nettesten Arbeiten sind Marchenpapiere. Sie sind geeignet fur ein breites Auditorium mit beschrankterAufmerksamkeit, schon anzuhoren, meist mit einem Happy-End. Man kann alles, auch das, was nie gehenkonnte - zumindest wissen von der Unmoglichkeit einige, meist aber außerhalb des Auditoriums. Man schwelgtin unscharfen Definitionen und ohne jegliche Semantik oder gar Theorie, schwebt zwischen Traum und Wirk-lichkeit. Der Vorteil dieser Arbeiten ist, daß kein Beitrag zur Technologieentwicklung geleistet wird.Reports einer Menge von allmachtig Allwissenden werden geschrieben, um alle zu verwirren, um allen zu zeigen,daß der Weg nach Brasilien uber Alaska fuhrt, schon einfach deshalb, weil man einige Rasthauser am Wegemit unterhalt.Schon sind auch die Reisebeschreibungen, meist sogar in Bucherform. Man kauft oder malt sich ein System,spielt und verreist in die Untiefen, den Urwald des Systemes. Da man mitunter sogar einer Sprache machtigist, schreibt man dann das Wirrwar, das immer noch im Kopf nach so einer Weltreise herrscht, auf.Skandalreports sind immer fur die breite Masse geschrieben, die sowieso nicht versteht, worum es geht, abersich bestimmt merken werden, wie schlecht doch der eine oder andere ist.Die besten Papiere sind die fremdlandischen, die clever am Auditorium vorbei Resultate aufzeigen, die dasAuditioium aufgrund seines Wissens sowieso nicht versteht. Ihm sind andere Themen wichtig, aber keiner wagtnach des Kaisers Kleidern zu fragen.

Eine Arbeit illustriert auch den Stil, den Arbeitstil des Verfassers. Schon Goethe hat dies gewußt.

Geschrieben steht: ‘Im Anfang war das Wort!’

Hier stock ich schon! Wer hilft mir weiter fort.

Ich kann das Wort so hoch ummoglich schatzen.

Ich muß es anders ubersetzen.

Wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin.

Geschrieben steht: Im Anfang war der Sinn.

Bedenke wohl die erste Zeile,

Daß deine Feder sich nicht ubereile.

Ist es der Sinn, der alles wirkt und schafft?

Es sollte stehn: Im Anfang war die Kraft!

Doch auch indem ich dieses niederschreibe,

schon warnt mich was, daß ich dabei nicht bleibe.

Mir hilft der Geist! Auf einmal seh ich Rat

und schreibe getrost : Im Anfang war die Tat!Die Lehre des Altmeisters haben die Informatiker begriffen. Syntax, d.h. das Wort, ist ungeheuer wichtig.

Man muß schon eine Sprache entwickeln. Semantik, d.h. Sinn, erfordert auch die Anwendung und ggf. auch dieEntwicklung einer Theorie. Benutzung oder Implementation, d.h. die Kraft, sind dem Informatiker Lebensziel.Die Pragmatik, d.h. die Tat, steht dem davonflatternden Informatiker seltener an. Wozu auch noch seineProdukte sinnfaltig einsetzen.

Und so schreiben auch Informatiker ihre Arbeiten. Der Theoretiker, den die meisten nicht mogen, beschaftigtsich mit Syntax and Semantik, baut gar seine Theorie. Vielleicht wird gar noch eine Implementation vorgelegt.Viel besser ist der Implementierer dran. Und deshalb wird er auch richtig geachtet. Er implementiert zuerst,schreibt dann die Syntax und freut sich der Pragmatik in Anwendungen. Irgendwann geht es zwar schief,aber dann ist er sowieso anderswo. Ein Student der hohen Ingenieurkunst der Informatik entwickelt zuerst eineSyntax, implementiert dieses auch, benutzt dann diese Implementation fur eine ergrubelte Anwendung und stelltdann die Frage nach einer Begrundung seines Tuns. Ein Informatik-Student, der in der hohen Wissenschaftgeschult ist, wahlt dagegen den Pfad: Syntax - Implementation - Theorie. Mitunter wird es sogar benutzt. UberPragmatik mochte und will er nichts wissen.

Man kann diese Arbeitsweise auch am praktischen Beispiel illustrieren.Wie bugelt ein Informatiker ein Hemd ?

Der Software-Ingenieur analysiert diese Aufgabe mit UML. Der Datenbanker ist an Massendaten interessiert,also an Hemdenmassen. Der Theoretiker baut ein Automatenmodell auf der Grundlage der Turingmaschine.Der Programmiersprachler denkt sich eine Hemdenbugelsprache aus und den dazugehorigen Compiler. DerZuverlassigkeitstheoretiker muß erst noch sein Modell finden und validieren. Der Techniker baut ein automa-

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4 Der Informatiker als Papiertiger 19

tisches Bugelsystem - naturlich mit intel inside und Microsoft.Und bis dies alles fertig ist, benutzt man einfach ein Bugelbrett und ein Bugeleisen.

Eine Arbeit kann man charakterisieren nach ihrer Entfernung von den Anwendungen, nach ihrem Typus,nach der Belesenheit des Autors. Anwendungen sieht ein schreibender Informatiker selten. Anwendungen sindzu komplex, zu sehr auf die Benutzung orientiert, zu sehr mit Geld- und Schaffensnoten konfrontiert. DerTypus einer Arbeit kann recht unterschiedlich sein. Klar und sachlich wie eine Berichterstattung - liest sichnicht schon, aber ist dafur auch richtig. Die Darstellung kann neutral sein oder vom großen Wir berichten. DieArbeit leitet meist unter Platzbeschrankungen und muß deshalb unvollstandig gehalten werden. Manchmalweiß man auch nicht weiter und verwendet dann den Platzmangel zur Markierung. Unvollstandigkeit hat auchmeist etwas mit Sorglosigkeit um das Verstandnis zu tun. Man freut sich diebisch wenn ein anderer seine Zeitmit dem Blodsinn, den man gerade aufschreibt oder vortragt, vergeudet. Es gibt Papiere, die klar und schonsind, sowohl mit guten Graphiken unterlegt, als auch sauber und wohldurchdacht geschrieben werden. Autorensolcher Papiere sind Altruisten. Sie schreiben nicht fur sich, sondern gar fur den Leser. Was nun ganz dumm ist.Oder vielleicht auch gut. Der Anteil der altruistischen Werke in meiner Bibliothek wird immer großer. DerenWerke lese ich auch ofter. Dagegen traue ich mich nicht einmal, die Mullwerke zu verschenken. Die One-Way-Bucher mit ihren Kaufen-Durchblattern-Wegstellen-Wegwerfen-Zyklus finden schon ihren Weg. Ebenso wie dieOne-Way-Artikel.

Belesenheit ist eine Zier, doch besser kommt man ohne ihr. Ein Informatiker, der Arbeiten anderer (beiden eigenen ist das anders) zitiert, obwohl diese vor 4 oder gar 10 Jahren erschienen, ist anruchig und hatkeine eigenen Ideen. Es gibt a priori keine alten Arbeiten, außer der paar von Gurus, die man zitieren muß.Wer liest heute noch Codd’s Arbeiten? Sie sind aber die meistzitierten. Da die Mehrheit der Autoren lieberselbst schreibt als zu lesen, sinkt auch das allgemeine Niveau rasch. Man braucht dies nicht mehr. Vor einenungebildeten Publikum ist der Erstklassler ein Intellektueller. Dumme Wahler oder Konsumenten sind sowiesodie besseren.

Arbeiten sollten neue Resultate bringen. Aber was fur den einen neu ist, hat der andere schon lange einmalgehort. Und Resultate sollten auch noch aufbereitet sein, wiederverwendbar. Das ist dann wie allen die Instru-mente in die Hand zu geben, sie nicht selbst zu behalten, um schon einen Vorsprung vor dem Rest der Weltzu haben.

Wie schreibt man nun eine Arbeit, die auf jeder Konferenz angenommen wird, sogar auf den Topkonferen-zen? Man braucht erst einmal einen guten Namen und auch eine gute Adresse. Aus Stanford ist noch nieetwas unbedeutendes gekommen. Wenn das nicht geht, dann muß man sich uber Zitate, Referenzen und auchuber Danksagungen behelfen. Außerdem sollte man bei einer Konferenz nicht einreichen, ohne sich das Pro-grammkomitee anzuschauen. Es mussen unbedingt einige Zitate dieser Leute in die Arbeit. Vor allem, wennsie selbst etwas dazu schrieben, was man gerade verbreiten will - und wenn dies auch der großte Blodsinn war.Und die heiligen Worte der Gurus sollte man auch im Munde fuhren. So schreibt man eben 1999:2 “KlausDittrich ... attestiert den neuen Datenbanken mittlerweile einen Reifegrad, der einen breiten Einsatz in derPaxis erlaubt.” Diesem Wort mochte ich keinesfalls widersprechen, zumal dann auch gleich bekundet werdenkann, daß die Behauptung eigentlich konjunktiv ist, also noch kein Schaden angerichtet wurde.

Man muß auch die richtigen Schlussel verwenden, um auch die Leser und Zuhorer zu beeindrucken. ZuvieleSchlussel - buzzwords - verderben den Brei. Man braucht die richtigen wie z.Z. eben UML oder object-oriented.Man muß nicht wissen, wie groß der Schlussel ist, wofur er geschmiedet wurde, was er aufschließt, man mußihn nur kennen und richtig an allen unpassenden Stellen anwenden.

Eine Arbeit muß spannend sein, damit man sie bis zum Ende liest - wie ein Krimi eben. Nicht In-halt, sondern der Handlungsrahmen muß stimmen. Man braucht eine Vorgeschichte. Und ein Problem, einenunertraglichen Zustand. Und dann auch einen ‘Guten’, einen Detektiv, der den Fall lost. Die Widerspruche ent-deckt sowieso bloß der Meckerer. Eine Arbeit muß auch wie ein Marchen geschrieben sein, weil man Visionen,Wunschschlosser, Luftschlosser, Wunder braucht. Und auch den tapferen Krieger. Sowie auch dessen Optimis-mus. So nimmt denn auch nicht wunder, daß viele Arbeiten in der Informatik der Struktur des europaischenVolksmarchens folgen: Mangel und Notlage, Bedurfnis, Aufgabe, Losung. So lesen wir eben eine Einleitung(Mangel, Verbot, Verletzung), dann eine Schadigung (Schaden, Notlage), eine Gegenhandlung (Held, Zauber-mittel, Kampf, Sieg) mit Aufhebung des Mangels, Ruckkehr (mit oder ohne Hindernis) und Rettung derMenschheit. Und das Marchen hat auch seine Helden in Widerspiegelung der grausamen Wirklichkeit.

Aber wird denn dann die Arbeit auch angenommen? Ich hatte einmal eine Arbeit zum Referieren - siebenmalfur verschiedene Konferenzen und jedesmal eine Ablehnung geschrieben. Aber einmal war ich nicht Rezensent... und die Arbeit wurde angenommen. Der Grund fur eine Annahme liegt in der Anzahl der Konferenzen, der

2InformationWeek, 2./3.2.1999, S. 24

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20 4 Der Informatiker als Papiertiger

Lesefahigkeit des Publikums und der Rezensenten, deren Verarbeitungsgeschwindigkeiten. Bei einem Anwach-sen der Publikationsmoglichkeiten und einem nicht so starken Wachsen der Autorenzahlen wird jede Arbeitveroffentlicht. Die Qualitat der Konferenzen und Publikationsmedien sinkt kontinuierlich. Damit man als Autornoch wahrgenommen wird, muß man auch seine Rate erhohen ... mit Delta- oder Epsilonarbeiten. Eine der 16Varianten sollte man lesen, welche ist unwichtig. Oder man lasst sich einfach mit draufsetzen und setzt auchmit drauf. Dann kommt man schon durch. Außerdem sollte man immer in den Zitaten eigene Topadressen,Topveroffentlichungen fuhren. Und man sollte nie verzweifeln. Einmal wird die Arbeit mindestens angenommen.

Wie beweist man nun seine Aussagen? Um besten durch screen dumps. Oder auch mit Autoritaten. Oderauch mit Metaphern. Vielleicht auch mit Theoremen, aber dann ohne die vollstandigen Beweise aus Platzman-gel. Oder auch mit langen Satzen. Der beste Beweis ist der Verweis auf noch nicht erschienene Arbeiten oderauch auf Preprints. Noch besser ist der Verweis auf manuals. Dann ist jeder Leser abgeschreckt.

Nach dem Schreiben und Angenommenwerden kommt das Verkaufen. Man hat viele Optionen: einfach,volkstumlich, als Entertainer, als Clown, als Seriositat oder als Wirrkopf. Eine Prasentation des Letzteren bleibtunvergessen. Er findet seine Folien nicht oder verwechselt die Reihenfolge, laßt alles fallen, schreibt in seineFolien bis zur Unkenntlichkeit weitere wichtige Worte oder gar Formeln, kommt nicht uber die Einleitung hinausund schafft es auch, mindestens 25 Zeilen auf einer Folie unterzubringen. Der Volkstumler dagegen hat einePrasentation, die vor Farben und Bewegung strotzt. Man kann mit Farben alle Zuhorer vollig verwirren. Nochbesser sieht dies beim Entertainer aus. Es knallt, piept, blitzt, wandert, singt, tanzt. Eben richtig Multimedia... ohne Inhalt. Und witzig ist es auch, wenn man seine Witze versteht. Es kennt die Trickkiste, um den Zuhorerzu fesseln. Inhaltsvermittlung uber Wirkungen ... leider geht dies meist schief. Aber man genießt seine Showohne etwas vom Inhalt zu verstehen oder gar mitzubekommen. Schon sind auch Clowneinlagen. Man wirftPapier in den Papierkorb oder sonstwohin, spielt in verschiedenen Rollen und zeigt dem Publikum die Vielfaltartistischer Fahigkeit, uber die man verfugen mochte. Es gibt auch die Sparte der Einfachen. Diese prasentierenInhalt, Information. Meist auch noch in einfacher, verstandlicher Form, mitunter auch mit guten Beispielen,oft sogar ohne allzu viel Farbe. Danach wundert man sich, warum man nicht selbst oder wenigstens anderedies Idee bereits hatte.

Das Verkaufen folgt den Regeln der appelativen Kommunikation und auch denen der Verkaufspsycholo-gie. Man muß sowohl die Aufmerksamkeit erregen und auf die Erinnerung wirken als auch verstecken, mitLockangeboten arbeiten, mit Formeln und Metaphern wie pppp (picture-promise-prove-push), viel versprechen,mit Pseudovergleichen arbeiten. Message passing wie in Werbetexten eben. “Taglich Underberg - und du fuhlstdich wohl. Dein Sekt ist Deinhard.” Dann behalt man die Botschaft. Und diese braucht keinen Beweis.

Außerdem muß ein guter Verkaufer auch gut verfremden konnen. In einen deutschsprachigen Vortraggehoren keine deutschen Fachbegriffe. Jemand sagt unverstandlich wie:“Mit diesen neuen Stoberer habe ich mich zu einer witzigen Statte eines Anbietenden bewegt, dort etwas geteilteWare von einem Dienstleistungscomputer geholt, bin dann uber Verbindungen weiter zur Prasentation einesSende/Empfangsanlagenherstellers gelangt, habe mir dort einige Fahrer geholt, die auch noch Kafer hatten,

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4 Der Informatiker als Papiertiger 21

sowie einem Gestalter einen Schmahbrief geschrieben.”3

Ein guter hochdeutscher Text dazu steht in der Fußnote. Und den versteht jeder. Die Sprache entscheidet auchsehr viel.

Mittlerweile ist auch ein Diskussionsforum losgetreten worden. Warum sollte man nicht gleicht alles nurelektronisch publizieren. Warum sollte man noch einen Gutachter bemuhen? Man kann doch viel besser allesgleich in das Netz stellen. Man bekommt vielleicht sogar eine Reaktion auf seine Gedanken. Jeder, der etwassucht, findet vielleicht auch etwas, vielleicht sogar etwas gutes, richtiges. Und dann entscheidet die Anzahlder Zugriffe uber die Richtigkeit. Dann stimmt der Pobel ab. Die Informatik als Ochlokratie. Man stimmtab, ob man allen Schnaps ausschenkt oder eine Bibliothek baut. Man bewertet die Lehre oder eine Arbeitnach ihren Ohrwurmern, nach der Niedrigkeit des Niveaus. Die Spaßgesellschaft der Informatiker, die 20%-80%-Gesellschaft. 80% verstehen nichts mehr. Bald kommt Informatik uber MTV. Und dann auch richtigmultimedial. Nicht einmal denken muß man mehr.

In einer Beziehung ware allerdings das elektronische Publizieren ein Fortschritt: Gabe es nur bildschirmles-bare Arbeiten im Netz, die man keinesfalls ausdrucken kann, dann ware der Informatiker kein Papiertiger mehr,sondern nur noch ein Stromfresser, was er aber sowieso ist, weil er ohne Bildschirm nicht mehr leben, sitzen undarbeiten kann. Dann hatten wir die Welt ohne Informatiker als Papiertiger. Und jeder Generationenwechsel derTechnik wurde auch den Mull beseitespulen, man kann die alten Texte, Systeme dann nicht mehr benutzen.Hoffen wir also auch noch auf einen schnellen Generationenwechsel.

3Im Originaltext: Mit dem neuen Browser bin ich zur coolen homepage eines providers gesurft, habe dann von einemftp-server etwas shareware gesaugt und mich uber ein paar links zur Seite des Modemherstellers gehangelt, mir dortnoch ein paar driver mit bugs heruntergeholt und dem webmaster ein paar flames geschrieben.

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Die Informatik am Abgrund -der nachste Schritt wird der beste

Semesterabschlußvorlesung WS99/00Donnerstag, 10. 2. 2000

Epilog

Als Informatiker sind wir an “message passing” gewohnt, deshalb sei die Zusammenfassung gleich am Anfangaufgeschrieben:Es ist wundervoll, Informatiker zu sein und alles nur erdenklich Mogliche - insbesondere das gut und sinnvollFunktionierende - zu restrukturieren, mit unseren Losungen zu uberziehen - auch mit den kleinen “bugs” -, undsich dann in der Unabkommlichkeit zu sonnen.Schließlich gibt es noch “patches” und “bug fixing”. Und damit kann sich keiner uns entziehen.

Erfahrungen haben wir schon, aber wir lernen nicht daraus

Die Geschichte der Kunstlichen IntelligenzVor 10-15 Jahren war jeder vollkommen zugenagelt, der nicht versuchte, sich mit Methoden der Kunstlichen In-telligenz an die Losung unlosbarer Probleme heranzuwagen. Wir haben Expertensysteme entwickelt, die wedervom Otto-Normalverbraucher noch vom Experten zu bedienen waren. Dafur steckte dann in den Systemen Ex-pertenwissen. Mit Expertensystemen hatte man fast die Produktion mit produzierenden Menschen abgeschafft.Ein einmal eingespeicherter Experte kann Hunderte von Robotern steuern. Es gab wundervolle Beispiele, wieden etwas ruckelnden und damit langsam immer ungenauer werdenden Anstreicher von Autos. Die Werkhallensahen wundervoll aus. Wie armselig sind dagegen Graphiti-Sprayer.

Wir haben auch versprochen, bald den Menschen vollstandig zu ersetzen, mit unserer Sprachsoftware vielschonere Sprache zu produzieren, viel besser Fehler korrigieren zu konnen als der Mensch und auch kom-plexeste Satze in Sekundenschnelle zu analysieren und zu ubersetzen. Darauf sind auch Verlage reingefallen.

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24 5 Die Informatik am Abgrund - der nachste Schritt wird der beste

Informatikbucher wurden ubersetzt. Damit wurde endlich wieder der Leser zu gedanklichen Hochleistungen her-ausgefordert. Schließlich gehoren Speicherstellen und Bezug nicht zum Allgemeinsprachgut der Informatiker.Wohl eher Adresse und Referenz. Eine dangling reference wurde damit Speicherunsicherheit. Ein Buch soll jaauch den Leser trainieren und ihn nicht noch einsauseln. Die großen Verprechungen wurden ebenfalls nichteingelost, konnten auch nicht. Keine Software vermag es z.Z. aus dem Wort Caldsmichen das richtige her-auszuschalen. Der hungrige Gast im Pariser Restaurant erkennt aber darin den Kalbsrucken - war halt nureinmal dahingeschmiert.

Die KI hat viel versprochen, innerhalb der Informatik sogar vieles verandert, aber zum Schluß die Mil-lionenspender nicht uberzeugt. Zu wenig konnte eingelost werden von den vollmundigen Versprechungen. Zustark enttauscht wurden die Einfachglaubigen. Und wanden sich ab von den Versprechern. Aber Geld habenwir richtig viel eingeworben.

Wozu noch Grundlagenforschung? Anwendungen sind wichtig!Eigentlich sind viele Probleme bereits gelost und das eigentliche System-Know-How liegt nicht bei denAkademikern, sondern bei den Produzenten, die ihre Firmengeheimnisse lieber patentieren, aber keinsfallsbekannt geben. Wird an schwierigen Problemen noch geforscht, dann ist diese Forschung zu wenig praxis-relevant, um noch auf den Standort zu wirken. Die klugen Kopfe kann man eher zum Adaptieren schlechterSysteme gebrauchen. Deshalb kann man auch den scheinbar ineffizienten Betrieb einer GMD schnell mit demhocheffizienten einer FhG verschmelzen. Dort wird sogar so hocheffizient gearbeitet, daß man nicht einmalbemerkt, wenn der Chef Artikel zusammenklaut. Er entschuldigt sich auch nur halb, der Referent wird dannentlassen.

Die Informatik als beherrschende Infrastruktur-Komponente

Der Glaube an unsere Produkte ist die beste VermarktungWie oft ist es uns schon passiert, daß man die Existenz einer erfragten Bahn-Verbindung negiert wird, weilder Rechner von einer solchen nicht wußte, oder daß man mit einer Entschuldigung abgespeist wird, die auffehlerhafte Systeme verweist und damit keinerlei Schuldgefuhl aufkommen laßt? Wir sind damit auf Gedeihund Verderben den Fehlern von Programmierern und Konstrukteuren ausgeliefert. Damit kann man herrschen!Wie geht doch die Story vom wichtigstem Korperorgan? Das Gehirn? Damit kann das Herz nicht leben! DasHerz? Das geht doch am Magen vorbei! Der Magen? Dann ist aber der Mund noch wichtiger! Als das A...lochsich meldete, lachten alle. Aber als es sich eingeschnapt verschloß, beschlossen die anderen eben halt doch, dasLoch zum Chef zu wahlen. Wir sind in einer noch besseren Lage. Bald wird alles um uns programmgesteuert... mit Software aus dem Silicon Valley!

Bist Du in der Datenbank, dann sag dem großem Paten Dank. (Eulenspiegel 3/99)Die Informationsgesellschaft eroffnet neue Moglichkeiten ungeahnten wundervollen Ausmaßes. Einer der In-formatikstudenten, der hier am Lehrstuhl nicht ganz unbekannt ist, wird bei einem Web-Beobachtungs- undAuskunftsdienst charakterisiert als: “... left-radical, ..., anti-governmental opinion, ... extreme position”.

Unwahrheiten, die uns nutzenWir haben uns gerade vom Jahr2000-Schreck erholt und trauern ihm bestimmt nach, weil das nachste Da-tumsproblem erst in 7999 Jahren auf uns zukommt und bis dahin bestimmt die Welt am Mull erstickt ist.Das Jahr2000-Problem war ein genialer Beschaftigungstrick. Durch konzertierte Damlichkeiten beim Program-mieren und Weltblindheit (Wer konnte schon in Redmond bereits 1998 ahnen, daß das Jahr 2000 kommt?)haben wir ein Beschaftigungsprogramm installiert, das allen - auch den ansonsten wenig schlauen Politikern -die verteufelte Gefahrlichkeit unseres Tuns verdeutlicht hat. Es wurden uns zuliebe Kommissionen geschaffen.Es wurde in der Presse breit debatiert. Sogar die biblische Apokalypse mußte herhalten, weil wir ansonstenden schlimmsten Massen-Flugzeugabsturz, Zug-Zusammenstoß, ja sogar den schlimmsten Elektrocrash erlebthatten. Nicht einmal die larmenden Grunen hatten dann noch fur die Umwelt kampfen konnen. Sie warensowieso umgefallen als Ex-Pazifisten. Diese Phase war fur die Informatiker schon. Jeder furchtete sich vor denschlimmen Problemen, jeder war bereit zum Geldspenden (Nur die Marketingstrategen haben geschlafen - ichhabe z.B. keine Jahr2000-Warmedecke kaufen konnen.). Und Informatiker wurden richtig viele gebraucht. UndPhysiker und Philosophen umqualifiziert. Man hatte gar nicht so viele Mullmanner, wie man brauchen konnte.

Es gibt auch andere Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ... wie z.B. das Internet. Jede Firma muß ins Internet- unabhangig davon, ob die Kunden im Netz surfen oder auch die Firma gar nichts mit weltumspannendenVertrieb am Hut hat. Außerdem wird eine reale Firma erst dann real existieren, wenn sie auch virtuell im

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5 Die Informatik am Abgrund - der nachste Schritt wird der beste 25

Internet existiert. Erst dann ist sie real existent ... sogar uber jede Pleite hinaus, solange eben keiner die Seitenund die Verweise entfernt.

Außerdem wird das Internet die Welt retten. Es gibt im Internet nur noch vernunftige Information, jederkann sie erreichen und auch jeder das, was er fur sinnvoll halt, ins Netz stellen ohne lastige und neunmalklugeGutachter. Nun kommt erst richtig Qualitat auf. Endlich kann ich gleichzeitig α und ¬α behaupten. Damitbrechen auch fur Politiker goldene Zeiten an. Nicht das Geschwatz von gestern ist uninteressant, sondern jenach Publikum gerade die andere Seite.

Außerdem ist das Internet die ultimative Quelle allen menschlichen Wissens. Schließlich haben wir alles dortin aufbereiteter Form, viel schoner als in Lehrbuchern, viel informativer und noch dazu fast kostenlos - wennman von der Gewinnspanne der Telekom absieht. Dann kann man ja einfach alles im Internet holen. Wissenon-demand und just-in-time. Eine grandiose Vision! Man braucht nur noch intelligente Suchmaschinen. Dannkann sich jeder das Wissen, das er gerade braucht, kurz reinklicken. Und die notwendigen Fertigkeiten erlernenwir auch nur so beim Hinsehen.

Vor kurzem haben wir den Superentwicklungsvertrag fur Brandenburg gefeiert. Die TechnologiehochburgMicrosoft unterstutzt Brandenburg. Die Schulen durfen nun auch Mikro-Schrott erproben. Wie schon war esnoch, als die Schuler etwas vernunftiges lernten. Jetzt bricht die Zeit der Trivial-Enzyklopadie Encarta an.Endlich bekommt jeder Schuler einen einfachen Klick-Denkstil. Der ultimative Klick oder gar Kick! Bislanghaben wir an der Uni fur Informatikanfanger bewußt nicht die schlimmsten Programmiersprachen gelehrt,sondern mit sinnvollen Konzepten begonnen wie z.B. funktionalen Sprachen. Bald werden wir auch die Stu-denten traktieren, indem wir anti-multiple-sklerose-artig nicht mit Windows beginnen, sondern auch noch sturvernunftige Betriebssysteme und sinnvolle Oberflachen benutzen.

Mit den kleinen Unwahrheiten wird ein grandioses Informtikerbeschaftigungsprogramm begonnen. UnsereFehler von heute werden so schlecht reparabel sein, so viel mit Mull untersetzt, daß selbst der krausesteAnti-Software-Technologe noch die Programmwelt zu ordentlich findet. COM-Programme bieten außerdemdie schone Moglichkeit, daß in jedem Programm jeder - auch der unbeteiligte - wundervoll mitreden undmitverandern kann, ohne daß sich Kritikaster oder gar Besitzer von Programmen dagegen wehren konnen. Welchschone Welt eines Chaos. Und nur die Informatiker konnen partiell reparieren. Was sind dagegen schon einfachedeutsche Ingenieure, die eine Badmischbatterie aus 150 Einzelteilen in einer Art und Weise konstruieren, daß nurnoch ein richtig teurer Meisterhandwerker eine Dichtung wechseln kann? Wir machen es viel besser. Dichtungengibt es nicht, nur noch ab und zu trockene Platze. Und diese werden von den Informatikern vergeben. Deshalbwerden wir immer gebraucht. ... und richtig gehaßt.

Einschub: Die Informatik konnte aus dem Leben lernen oderDie Geschichte der Menschheit ist die Geschichte der Dummheit - die der Infor-matik auch

Von den Architekten lernen heißt Verdienen lernenArchitekten sind eine weitaus erfolgreichere Spezies. Sie entwerfen Hauser und beaufsichtigen auch den Bau.Zu ihrer Ausbildung bedarf es keiner Mathematik oder gar Physik. Auch die Bauingenieure konnen Physikschließlich anhand der Tragwerklehre lernen. Wozu braucht ein Architekt denn Mathematik? Er wohnt dochsowieso nicht in den Hausern, die er entwirft. Solche Hauser - insbesondere in der Fertighausvariante - bergenfur die Bewohner vielfaltige Bauuberraschungen, wie z.B. Rohre im Fußboden bis tief in den Boden ohnejegliche Bedeutung. Da die Architekten den Bau mitunter beaufsichtigen, ist Fachkenntnis sowieso Gift fur dieguten Beziehungen zu den Bauleuten.

Vom Feuer zu High-TechDie Entwicklung der Informatik hat vieles gemein mit anderen Entwicklungen. Nachdem man das Feuer be-herrschte und damit auch agieren konnte, benutzte man Feuerstatten. Bald verfeinerte man auch die Anwen-dung. Aus der Feuerstatte wurde zum einen ein Ofen zum Warmen und zum anderen der Herd zur Essen-sherstellung. Damit konnte man Gefahrensituationen wie Brande und Uberkochen auch besser beherrschen- die Zeit der Handwerkskunst in der Informatik der 60er Jahre. Bald brauchte man es noch effizienter. Esentstand der Stubenofen bzw. der Kuchenherd - unser derzeitiges Entwicklungsstadium in der Informatik.Der Kanonenofen und der Kuchenherd wurden Massenware, immer irgendwo auch benutzbar. Bald wurdenauch andere Paradigmen wirksam wie z.B. die Tiefkuhllagerung. Der Meister der Kuche wird vom Betriebder Fertigung verdrangt. Man braucht aber auch eine andere Infrastruktur, wie z.B. die Mikrowelle - fast sowie in der Internet-Informatik. Man liebt component ware. Man braucht auch neue Instrumente, Messer zumEntbeinen, Zerschlagen z.B. Auch wegen der Messer braucht man eine Hausapotheke. Bald wird es daher eineMikrowelle in Kombination mit einem Videorecorder und einem Fernseher geben. Auch das Internet geht eine

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Symbiose mit der Mikrowelle ein; es entsteht die PC-Mikrowelle - mit Rohrpost eben. Java mit Standleitung.Nun kommt der Lebensmittelchemiker, er liebt die Komposition. Es wird aus der Mikrowelle von heute derchemische Komponentenmischer. Bald ist es so schon wie im Raumschiff. — Nur der Mensch ißt das Zeugnicht mehr. Ich bewundere des ofteren die Vielfalt der Beutelsuppen im Supermarkt. Kaum habe ich mir eineKreation als besonders ausgeartet gemerkt, verschwindet sie auch schon wieder. Die klassischen Versionen -von Generationen ernahrungspsychologisch selbstgetestet - bleiben dagegen.

Und nun wieder am Abgrund?

Informationsgesellschaft ohne Sinn, ohne Relevanz ... und ohne InformationJeder kann heute uber die Informationsgesellschaft mitreden. Sie ist ohne Schranken. Uberall liegen Informa-tionen herum. Doch halt! Es sind nur Daten. Erst wenn wir die Daten wahrnehmen, in uns aufnehmen konnenund dies auch noch tun, weil wir sie gebrauchen konnen, werden es Informationen. Feuerholz wird auch nichtim Wald wachsen; wir machen es erst dazu. Und vorher muß es benotigt werden - sei es auch nur fur denJahr2000-Crash. Da nicht jeder gleich gut verarbeiten kann und will, wird man mit Daten unterschiedlich gutversorgt. Es entsteht die Y-Gesellschaft - die Masse richtig verdummt und ein paar, fur Wahlen irrelevanteIntellektuelle. An denen verdient man aber nicht.

Deshalb muß man den anderen suggerieren, daß man Daten braucht - und zwar in Massen. Man braucht sienicht wirklich, man kann sie nicht wirklich verarbeiten, man ist nicht wirklich interessiert. Aber man muß dabeisein - bei der Informationsgesellschaft ohne Sinn, ohne Relevanz, ohne eigentliche Information. Man vermulltdie Masse, die auch immer mehr Daten-Mull benotigt. Die Daten dienen nicht dem Zweck - z.B. nutzlicherArbeit - , sondern der Zweck wird Datengewinnung und -verbreitung.

Wichtig ist in jeder Uberflußgesellschaft, nicht existierende Beurfnisse zu wecken. Dazu haben wir Wer-bung, Marktforschung und Werbung. Jeder Sender ist mittlerweile stolz darauf, seine unsachlichsten Einwurfeunauffindbar in den eigenen Seiten zu verstecken. Jeder Seriose hat seinen Internet-Auftritt. Die Vermullungerschlagt uns nur deshalb nicht, weil wir zwar auf dem Mullberg sitzen, aber nur endlich und beschrankt inunserer Wahrnehmung sind.

Das Lernen andert sichWir wachsen in das multimediale Zeitalter. Wir beobachten im Fernsehen wie man zusammenschlagt, -schießtund -kommt. Eigenes Erleben braucht man nicht mehr. Der Effekt ist wichtig. Manchesmal erklart auch derEffekt ein Phanomen. Wir lernen in schneller Folge - wie Rezeptoren, nicht aber wie Beherrscher. Wir konnenschnell repetieren, ebenso wie konsumieren. Aber nicht mehr produzieren. Fur mich ist bei Studienanfangernimmer wieder erstaunlich, wie wenige Fertigkeiten beim Knupfen von Zusammenhangen bestehen. Man begeg-net dem, indem man Studenten streßt. Was sicher unangenehm ist - und das Studium verlangert.

Um wieviel besser ist dann schon einen Schnellbruter hinzustellen - fur das schnelle Konsumieren, fur dasBeherrschen von augenblicklich vorhandenen Werkzeugen ... eben ein Bachelor-Studium. Nachdenken kann derInformatiker, wenn er arbeitslos ist und viel Zeit hat.

Schnellbruterstudium hat auch den Vorteil, daß man sich nicht in alte Kamellen versteifen muß. Man kannalles ignorieren, was man etwa vor 5 oder gar vor 10 Jahren - oder gar in der Steinzeit, d.h. vor 15 Jahren

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- wußte. Wichtig ist der Augenblick ... wie in der multimedialen Fernseh-Genußgesellschaft. Wichtig wird derProfessor als Entertainer, der auch bei mißlungenem Entertainment gnadenlos ausgepfiffen wird. Notfalls kannman sich ja auch selbst produzieren ... als Karaoke-Sanger mit phanomenalen Gedachtnis. Lernen wird zumZappen oder bestenfalls zum Browsen.

Informatik in der KriseKrisen hat es schon immer gegeben. Streß ist gesund. Die Hardware-Krise wurde uberwunden. Die Software-Krise hatte uberwunden werden konnen mit gutausgebildeten, bedacht entwerfenden Programmierern. Dashatte aber dem Benutzer eine schlimme Unabhangigkeit gebracht. Und ist auch nicht effizient genug. Es istviel besser, ein Programm in die breite Benutzung zu bringen - vielleicht auch mit nutzlichen Funktionenausgestattet. 80 % davon funktionieren sogar. Mit Pareto’s 80/20-Prinzip schicken wir eben bug fixes. Undprogrammieren lustig unkonzentriert und nicht-systematisch weiter.

Nach der Software-Krise kommt die Brainware-Krise. Schließlich leben wir in der Informatik im Glauben,daß nur die Erkenntnisse etwas taugen, die nicht alter als 3 Jahre sind. Wir haben hohe Innovationszyklenund damit taugen alte Erkenntnisse naturlich nichts mehr. Damit schlittert man in eine Verstandniskrise, eineLiteraturkrise und auch eine Konferenzkrise.

Da wir neben den Neusystemen auch weiterhin Altsysteme - auch anderswo Altlasten genannt - betreiben,heben wir vieles auf. Man kann es vielleicht noch einmal gebrauchen. Systeme ahneln immer mehr alten Hausern,in denen viele Generationen Eigentum bewahrten, es kommt zur konstruktiven Vermullung. Wie wohltuendleer sind dagegen Hotelzimmer.

Informatik in VariantenUber die Konferenzkrise wurde schon viel geschrieben und gesprochen. Mit dem linken Januskopf - dem In-genieursprofil - wird auch ein Konferenzbeitrag stark vom Glauben an das Gesagte diktiert. Man erzahltLosungen. Nachprufbar wird es kaum. Vielleicht taugt es sogar. Immer aber flimmert ein Prototyp, der nichtschadet, weil er nicht benutzt wird.

Der rechte Januskopf - der Theoriekopf - hat unterschiedliche Auspragungen. Einmal kann man einenMafia-Clan-Betrieb sehen; nur die eigene Gruppe gilt, niemand anders taugt etwas und wird zitiert oder garzur Kenntnis genommen. In anderem Fall wird eine Glaubensgemeinschaft geboren; man singt gemeinsam dieChorale und schottet sich als Sekte von anderen Sekten ab. Im interessantesten Fall wird es ein Markplatz,laut, verwirrend, mit oder auch ohne Garantie, mit fliegenden Handlern, Scharlatanen und Perlenhandlern mitwirklichen Seltenheiten.

Echter Epilog

Man weiß nur nicht, wo man sich gerade befindet!

Oder doch? Am Rande der Glaubwurdigkeit? Nein, am Abgrund! Der nachste Schritt wird richtig interessant.Und wir werden ihn mit Freuden gehen!

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Der Informatiker als wildernder Goldgraber

Vorlesung “Informatik II” Cottbus, 6. 7. 1998

Der Informatiker ist einzigartig, aber nicht neuartig. Er ist schon ausgiebig in der Literatur beschriebenworden. Jack London schreibt in Der Lockruf des Goldes bereits ein Charakterbild des Informatikers nieder -damals allerdings noch mit anderen Metaphern, weil Computer noch nicht den Alltag bestimmten. Ein anderesBild mit bluhenden, aber ruhenden Landschaften wird oft vom Neuland in Kasachstan gezeichnet - nach derErschließung war weniger vorhanden. Die Strugutzki-Bruder zeichnen in Stalker das Endzeitszenario nach derComputerisierung.

Das Informatikergoldgrabermilieu

Informatiker kennen im wesentlichen zwei Zugange der Goldgraber. Sie konnen zum einem methodenbezo-gen, immer mit den gleichen Werkzeugen unterwegs sein, Loch fur Loch buddeln, manchmal sogar mit einerChance. Jede neue Quelle lost einen neuen ‘run’ aus. So gibt es eben Petrinetze fur kunstliche Intellektuelle,Locher der Petrinetzer in der Programmiersprachen-Pampa, Petrinetze fur Datenbanken - dort als Workflowmaskiert -, Petrinetze fur Hardware. Zum anderen gibt es die anwendungsbezogenen Goldgraber, die durchausmit unterschiedlichen Methoden Goldquellen in Alaska oder im brasilianischen Urwald erschließen - einmalmit Dynamit, das andere Mal mit richtig schonen Chemikalien. Diese Spezies der Bindestrichinformatikerhinterlaßt meist eine Wuste ‘de Atacama’ - nie mehr wird sich der Nebel senken uber Chuquicamata. DerTagebau einer riesigen Kupfermine mit seinem Nebel ist nichts gegen die Metropolen der Wirtschaftsinfor-matik. Informatiker sind notwendig, keiner wird mehr eine Entscheidung ruhigen Herzens fallen, ohne einemehrdimensionale Entscheidungsunterstutzungsdatenbank, ein data mining tool oder eine OLAP-Maschinebenutzt zu haben.

Wie im Goldgrabermilieu praktiziert, erleben wir immer wieder das gleiche Szenario nachdem eineGoldquelle plotzlich aufgeschlossen wird. Es brechen ganze Volkerscharen auf, um am reichen Segen teilzuhaben.Man scheut keine Muhen, um sich die neue Quelle zu erschließen. Dabei sind schlimme Hinternisse zu nehmen,

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30 6 Der Informatiker als wildernder Goldgraber

Bergpasse, rießende Flusse, ode Landschaften mit streunenden Wolfen - und das alles bei klirrendem Frost.Kommt man endlich in die gelobte Stadt, ist alles schon besetzt, keine Chance fur eine menschenwurdigeBehausung. Man findet Zuflucht in der Kneipe - umgeben von ebenfalls horchenden Ausgehungerten undProstuierten. Diese Schilderung beschreibt - allerdings noch im verklausulierten Milieu - das Verhalten desInformatikers. Hort dieser von der Quelle unerschopflicher Arbeit - wie z.B. dem Internet - dann brechen ganzeVolkerscharen auf, um die Goldquelle zu erobern. Es wird alles zusammengepackt, kein Fluß, keine Informa-tionsbank ist ein Hindernis - es muß ins Netz. Die Passe mussen vor dem Winter genommen werden, wermochte schon mit seiner Site zuruckbleiben. Bis zur totalen Erschopfung arbeitet der Informatiker, nur um die‘deadline’ nicht zu verpassen. Es ist kein Programm zu blod, um nicht vielleicht doch ausprobiert zu werden.Es werden Sites mit Java erstellt, die keine Chance haben, einmal beim Nutzer voll geladen zu werden. Wolfelauern schon, um dann auch noch die letzte kleine Idee wegzufressen. Kommt man endlich mit seinem Dienstin Dawson City an, dann sind die Preise irrsinnig, selbst der kleinste Workshop ist bereits besetzt, keiner hatdie Kraft zu einer neuen Idee, langes Gequassel benebelt wie der Alkohol.

Leute des Goldrauschs warten immer auf das nachste ‘buzzword’. Mit dem Druck zu veroffentlichen, wirdein Modeword zum Schlussel. Es wird schon noch jemanden geben, der das Resultat lesen wird. Nichts istfluchtiger als WWW-Seiten. So interessant die Angebote auch sein mogen, sie wurden sowieso nicht fur denNutzer erstellt. Nicht jeder braucht sie sofort. Wer erinnert sich schon noch spater an eine WWW-Seite. AnLeute des Goldrausches gibt es auch wenig Erinnerung. Die Goldgraber sind keine homogene ‘community’. Esgibt den Abenteurer, der auch wieder einmal etwas neues ausprobieren will. So gibt es eben genetische Algo-rithmen fur Datenbanken oder eben eine Mengenlehre fur UML. Der Weltenbummler, der sich ja eigentlichfurchterlich langweilt, keine eigene Idee hat als die eine, die ihn vor vielen Jahren einmal heimsuchte, schreibteben Arbeiten zu ‘Optimierung von Anfragen’, ‘Optimierung von Transaktionen’, ‘Optimierung von neuronalenNetzen’ und nun eben ‘Optimierung von Internetanfragen’. Eine gute Seite des Goldrausches ist das Neumischender Gesellschaft. Unterschiedlichste Typen kommen zusammen, verstehen sich partiell - der Rest wird gewalt-sam gelost - und arbeiten evt. sogar zusammen. In der Workflow-Mine kommen viele verschiedene Goldgraberzusammen. Es fuhlen sich hier Transaktioner, Petrinetzer, Geschaftsprozesser, Software-Ingenieure, kunstlicheIntellektuelle, ja sogar Philosophen wohl. Man versteht sich nicht unbedingt vollstandig, das mußte man auchin Babylon nicht, aber die Welt wird interessanter. Noch viel schoner ist die Internet-Mine.

Heldes des Goldrausches sind wie die Heldes des Western, Johny Wayne, Heilige des Revolvers, der schnellenHundeschlitten - mit einem Glorienschein. Bodenstandige, seriosere Leute bleiben bei ihren Leisten, bleibenaber auch arm. Sie behalten aber den Uberblick. Das wußte schon T. S. Eliot (1888-1965), der in The rock1934 fragte:

Where is the wisdom we have lost in knowledge?Where is the knowledge we have lost in information?

Heute frage ich mich dagegen schon:Where is the information we have lost in news?Where is the information we have lost in data?

Die Umgangsregeln in der schreibenden Informatik nahern sich schon denen des wilden Westens. Londonbeschreibt, wie man einen ‘claim’ erwirbt, der schon besetzt ist. Findet man einen Konkurrenten im Lochvor, dann nimmt man eine Schaufel ... und schreibt eine Deltaarbeit mit vernichtender Kritik. Sind es zuviele Grabende, aber zu wenig Zeugen, dann benutzt man die Rezensions-Winchester. Es wird sich schon einGericht, ein Programmkomittee zur Sanktionierung finden. Suchende kann man leicht verwirren, man brauchtnur das Gerucht einer neuen Mine zu außern. Dann ist man sogar Guru, man hat dann die erste Arbeit dazuveroffentlicht, auch wenn sie vollstandig wertlos ist. Als Guru ist dann die Besitzstandswahrung eine wichtigeAufgabe. Man fordert einfach eine vollstandige Zitateliste. Als Guru kann man sich zurucklehnen und dengroßen run beobachten - schließlich kommen alle ja zur Huldigung zuruck. Besser ist es noch eine Bank zugrunden, in die dann wertvolle Ideen unter der Fuhrerschaft des Gurus eingezahlt werden konnen ... eben‘readings in ...’ oder einfach nur eine Sparkasse als Anthologie.

Wie erfahrt nun der einfache Goldsucher von einer Quelle? Er kann auf Geruchte vertrauen, die stimmenmogen oder auch bewußt in die Irre leiten. Wer kann sich schon heute dem ‘e-commerce’ verschließen alsForscher? Es gibt ja nur noch Kaufende im Netz - in Deutschland haben 8 % einen Netzanschluß, der Restwird schon noch folgen. Oder man geht in die Kneipe. Dort erfahrt man als Goldsucher, woruber die Weltredet. Man liest eben ‘Call for papers’. Ein muhsamer Weg ist der des suchenden Geologen, des Insiders. Erfindet am Ende mehr, aber der Troß ist schon weiter gezogen und kennt ihn nicht mehr.

Wie kommt man nun zu einer Goldmine als Informatiker? Es gibt zwei untrugliche Kennzeichen: einmalbraucht man sich nur von weitem die Trampelpfade anschauen - man lese einfach drei ‘call for papers’; oderman schaut einfach nach Mull. Je mehr Mull vorhanden ist, umso besser ist der Weg durch eilige Suchende,

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6 Der Informatiker als wildernder Goldgraber 31

Grabende gekennzeichnet. Trifft man in einer Wuste auf viele Locher, eines heißt OMT, das andere SADT, dasdritte ORM, dann wird man bald auch auf eine Mine, z.B. auf UML stoßen.

Was bleibt am Ende nach dem Goldrausch?

Fur den Goldgraber etwas Gold, das er in der Kneipe oder im Bordell verbrauchen kann oder in der Industrienutzbringend anlegen kann.

Aber was ist Dawson City danach? Eine Stadt der Unkultur! Es sieht richtig internetig aus. FehlendeKontaktadressen zeigen, daß man unter sich bleiben mochte. Miese Lieferbedingungen zeigen, daß man dasGeld schon mochte, nicht aber die Leistung oder gar das Risiko. Richtig gute Shockwave-Animationen mit 17”-Monitor-Voraussetzungen signalisieren, daß der Pobel draußen bleiben soll. Fehlerhafte Seiten zeigen, daß dieProdukte auch nichts taugen. Ungultige Links, alte Postleitzahlen deuten auf den Verkauf von Ladenhutern. DieSeite wird auf die Mittelachse geschraubt, damit man nicht etwa alte Typographie- oder Layout-Regeln beachtenmuß. Sichtbare Tabellengitter vermitteln die Botschaft, daß die Seiten genauso beschrankt wie der Verstandsind. Ausgefranste Graphiken, verwaschene Logos, schlechte scans vervollstandigen das Bild des Verfalls. Wassind schon verrottende Wirtshausschilder von Dawson City dagegen.

Goldgraber konnen nicht an einer Entwicklung einer Kultur oder gar an einer wohldurchdachten In-frastruktur interessiert sein. Sie interessiert nur eine Basisinfrastruktur - der ‘information highway’ eben.Aber keinesfalls eine Entwicklung der Gegend. Man kann ja weiterziehen. Das nachste Loch ist bestimmtnicht weit. Goldgraber sind nicht an einer Entwicklung der Gegend interessiert. Wie die Umwelt nach einerGoldgraberinvasion aussieht, kann man an Brasiliens Goldminen studieren. Besser sogar an der schreiendenInternetkultur. Man suche nur einmal Informationen zu Museen in Berlin. Enwicklung uber die Basisinfras-truktur basiert auf durchdachter Entwicklung. Goldgrabermilieus sind Milieus, in denen der Markt gesiegthat. ‘tittytainment’ ist das Elixier des Abends. Der ‘state-of-the-art’ interessiert dabei nicht, eher schon derAugenblick.

Was blieb in Dawson City nach dem Goldrausch? Ein Monopol. Frei nach dem Chemiker M. Gomberg1 mitseinem “This work will be continued and I wish to reserve this field to myself” bleibt das Monopol wie ebendas der Firma ‘SehrKleinWeich’ (SKW). Verlegen wir einmal das Verhalten von SKW in die Autobranche.Jedesmal, wenn der Straßenmeister neue Begrenzungslinien malt, muß man neue Autos kaufen. Von Zeit zuZeit geht der Motor einfach aus. Man macht sich daruber keine Sorgen und sucht nicht etwa eine Werkstatt auf.Wendet man und bleibt dabei hangen, dann wird eben noch einmal das Auto von neuem zusammengestellt.Mehr als einen Sitz kann man durch Aufpreis erwerben. Anstelle der vielen Warnlampen wird es nur nocheine geben mit ‘Allgemeiner Autofehler’. Man kann nur noch mit SKW-Benzin ohne Probleme fahren. DasAirbag geht erst auf, wenn man die Frage ‘Sind sie sicher?’ bestatigt, was noch keiner rechtzeitig schaffte. Mansollte sich auch die Tastenkombinationen fur Bremsen merken. Startet man das Auto, dann hat man auch funfMinuten auf das Resultat zu warten. Mitunter erhalt man auch die Fehlermeldung ‘Abbruch, Wiederholung,Ignorieren’. Mitunter versucht der Motor auch etwas langer Zusatzteile zu laden. Das Ausschalten des Autosbewerkstelligt man, indem man auf Start druckt. Der Tachometer zeigt 70 unabhangig ob man 30 oder 100fahrt. Ein Firma ‘Sonne’ hat ein viel besseres Auto, das weniger verbraucht, zuverlassig ist, viel schneller ist,

1M. Gomberg, The instance of trivalent carbon: Triphenylmethyl. J. Am. Chem. Soc., 1900, 22, 757-771.

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32 6 Der Informatiker als wildernder Goldgraber

aber nur wenige benutzen es. Diese Leistungsmerkmale kommen auch bald oder nach 5 Jahren von SKW,worauf wir uns freuen. Neue Versionen reifen sowieso erst beim testenden Benutzer. Zum Trickaustausch gibtes Autozeitschriften. Das Lenkrad ware durch eine SKW-Maus besser ersetzt. Nimmt man einmal jemandenmit, dann ist die Konfiguration fur immer und von neuem zu andern. SKW-Automonopole gibt es (noch) nicht,wohl aber solche in der Informatik. Damit gilt dann die Tagesform. Von Bedeutung ist, was die Leute dankunserer Werbung wollen, nicht etwa, was man brauchen konnte.

Wer hat nun den Nutzen von einer derartigen Entwicklung? Mit dem Goldrausch kamn auch schnell dasServicepersonal. Die Kneipendichte war beeindruckend, ebenso die Bordelldichte. Pfade wurden entwickelt.Heute haben wir auch unser Begleitvolk bis hin zu Verlagen oder neuen SKW-Systemen. Wir haben auch un-sere Ventile zum Ablassen der Wut. Z.B. fast perfekte Chat-Systeme. Naturlich wuchsen auch in Dawson Citygleich Politiker nach. Blinder Aktionismus hatte ebenso wie heute Spuren hinterlassen. Man hatte auch seinVerschlusselungsgesetz, seinen Internet-Lauschangriff, seinen Nicht-Copyright-Gesetze. Mit dem Serviceper-sonal mußte auch eine Serviceinfrastruktur geschaffen werden, ein Nachschub. In Dawson City wurde zuerstder Service monopolisiert. Kleine ‘provider’ waren bald verschwunden. Die großen Hersteller regulierten denMarkt gemeinsam mit der heimischen Politik.

Goldgraber durchliefen auch eine hochsolide Ausbildung. Man kam zusammen, entwickelte ad-hoc-Zugangeund schaute auf die, die es irgendwie besser konnten. Internet-Programierung konnte nicht treffender geschildertwerden. Mancher der Goldgraber kannten die Tricks, aber nur einige wenige die Zusammenhange oder garTheorien wie Geologie. Wozu auch in die Nachbardisziplinen schauen, man kann doch viel schneller einigesselbst programmieren. Die Trickkiste offnet man selbstverstandlich dem Nachbargraber nicht. Konkurrenz wirdam besten ausgeschaukelt, wenn man sie doof laßt. Wozu auch Theorien selbst entwickeln, wenn die Goldquellesowieso bald erschopft ist? Und außerdem ist das know-how besser firmeninternes Wissen. Man braucht dannnur noch eine Trivialausbildung mit Schaufeln, Waschzubern, Leitern ... wie eben an einer tool-orientiertenFach(hoch)schule mit internationalen Bachelor-Abschluß. Entwickelt jemand einen Spaten, dann sind die altenGoldgraber sowieso altes Eisen, neue sind widerstandfahiger. Außerdem ist deren Ausbildung billiger. Sogardie Ausbilder konnten viel mehr Stunden ausbilden in der Bedienung anstatt die Zeit mit Nachdenken oder garNeuentwickeln zu vergeuden. Und verstehen sollte der Anwender die Produkte der Informatikoligarchie sowiesonicht. Sonst waren ja deren Tage gezahlt.

Erinnerungen an die Zukunft

Was kommt nun nach den Goldgrabern? Dawson City ist ein verlassenes Touristennest. Ausgebrannt, aus-geblutet. So eben wie die Neulanderschließung in Kasachstan. Man erntete dort eine Zeitlang in der Steppeaufgrund der Jahrhunderte gehorteten Fruchtbarkeit Weizen von ungekannter Menge und Große. Dazu mußtenaturlich das Land aufgebrochen werden. Der Wind blies ab und an, zuruck blieb Sand und Stein. Heute findetman nicht einmal Gras dort.

Der Troß zieht weiter. Wir finden schon bald ein weiteres Fleckchen Erde. Ist die Quelle erschopft, dannbrauchen wir eben eine neue.

Zuruck bleiben auch einige Einheimische oder eben Zuruckgebliebene. Die Beschreibungen von DawsonCity der Nachzeit sind in Stalker zusammengefaßt. Dort waren zwar nicht die Informatiker am Werk, sonderndie Atomfreaks. Dafur aber mit der gleichen Akribie. Damit man nicht den unsinnigen Zustand bemerkt,wird man eben mit einer Wahrheitsdroge vollgepumpt, Alkohol, Fernsehen, tittytainment eben. Diejenigen, diedem Drogenrausch entkommen, stehen draußen vor einer Kommunikations- und Informationsgesellschaft, deralle Natur abhanden gekommen ist. Wir haben doch alle Informationen! Warum sind wir nur so beschranktbeim Aufnehmen, Verarbeiten, Durchdenken, Fragen, Erfassen, Weitergeben? Haben doch die Informatiker alsGoldgraber uns eine perfekte Gesellschaft geschaffen ... eben wie in Stalker.

Deshalb frage ich mich nochmals:Where is the information we have lost in news?Where is the information we have lost in data?

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Das Internet - die Datenbank Iwan des Schrecklichen oder dernachste Anlauf zum Turmbau zu Babel

Datenbanken I Freitag, den 14.02.1997

Ehe wir uns an das Internet, das oft als die nachste Stufe schopferischer Intelligenz bezeichnet wird (Beispiel dafur isteine Ankundigung einer Vorlesung fur Internet: An evolving intelligence? an der Harvard Laws School), wagen, solltenwir uns vielleicht doch einmal mit dem Computer und seiner Bedeutung in der Gesellschaft in aller Kurze auseinan-dersetzen. Der Computer ist eine Maschine des Technopols, man konnte auch sagen der ”‘Merkur”’ des Technopols. Ersichert die Vorherrschaft uber Anspruche der Natur, der Biologie, uber Emotionen und Spiritualitat. Er beanspruchtein ganzes Spektrum menschlicher Erfahrungen und menschlicher Erlebnisse. Oft wird er als Problemloser wahrgenom-men, aber nicht als Verursacher von Problemen. Uns erscheint es so, als sei der Mensch bereits ersetzbar. Das hatsich bereits auch in unserer Sprache niedergeschlagen. Wir sprechen da ”‘von einem Programm zu loschen”’, ”‘Gehirnals Hardware”’ bzw. ”‘Daten abzurufen”’. Auf diese Art und Weise werden dem Computer menschliche Eigenschaftenzugeschrieben. Ein typisches Beispiel dafur sind Viren. Ein Computer kann damit auch virulent und ansteckend sein, erkann unter Quarantane gestellt werden. Wenn wir Netzwerke sterilisieren und gegen neuerliche Angriffe impfen, erscheintuns der Computer noch sicherer. Wenn der Computer krank ist, kann er auch gesund sein, und dann kann er aber auchEntscheidungen treffen, deshalb sagen wir nicht etwa: ”‘Wir benutzen den Computer, um zu rechnen”’, sondern wirsagen:”‘Der Computer rechnet.”’ Er kann auch mal falsch rechnen oder aber auch nicht rechnen, aber dafur, daß er falschrechnet, ist eigentlich niemand verantwortlich. Damit werden die ursachlich wirkenden Krafte verschoben (agentic shift).

Vorspiel

Der Computer geht eine Synergie mit der Kommando- und Kontrolltechnologie ein, die besonders fur Burokratenunerhort wichtig ist. Die Illusion fur den Burokraten ist, daß Computer ihrer Kontrolle unterliegen, damit Computerauch den Anschein von Intelligenz und Unparteilichkeit erwecken und damit die eigentliche Quelle der Autoritat sind.Oft wird entgegengehalten, daß der Computer auf irgendeine Art und Weise irgendeine Entscheidung getroffen hat,der Computer hat gesprochen, wer aber die Daten eingegeben oder aber auch den Computer programmiert hat, bleibtaußen vor. Auch bei offentlichen Entscheidungen wird dadurch die Verantwortlichkeit verschoben.

Es wird vom Computer gesagt, er sei nur ein raffiniertes Mittel zur Erfullung unwichtiger Funktionen und daß dieComputerrevolution nichts anderes sei, als die Explosion von Unsinn und die virtuelle Realitat nur einfach der nachsteVersuch ist. Oft wird die technologische Innovation mit dem menschlichen Fortschritt gleichgesetzt. Dadurch sinktnaturlich auch das Vertrauen in die menschliche Urteilskraft, in den menschlichen Subjektivismus.

Der Mensch ist in der Lage, psychologische, emotionale, ethische Dimensionen als ein Ganzes zu sehen, aber der Com-puter ist nur ein programmiertes dummes Maschinchen. Wirklich ernste Probleme erwachsen nicht etwa aus der tech-nischen Natur, nicht etwa aus unzureichender Information (wir kommen gleich noch einmal beim Information Highwaydazu), sondern aus ganz anderen Ursachen heraus. Arzte, die sich auf Apparate verlassen, das wurde schon sehr oft in derLiteratur festgestellt, werden in ganz kurzer Zeit von der Diagnosefahigkeit auch verlassen. Analog werden menschlicheFertigkeiten und Traditionen zerfallen, wenn wir uns weiterhin einlassen auf eine Computer- und insbesondere auf eineInformationskultur.

Warum der Cyberspace die Welt nicht rettet

Eine schone Legende der Industrie, der Politik und auch der Medien sind die Diskussion und die Vision zum Zeitalterder Hightechnology. Wir finden danach zu immer großerer Vollkommenheit und finden uns alsbald in einer Information-sgesellschaft wieder.

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34 7 Das Internet - die Datenbank Iwan des Schrecklichen oder der nachste Anlauf zum Turmbau zu Babel

Das Internet ist in freundlicher Anarchie entstanden. Nun mehr benutzen wir statt eines PCs das Internet, das oft alsVehikel der informationstechnischen Revolution angesehen wird.

Aber war der PC wirklich ein Fortschritt? Die Verfugbarkeit, Transparenz, Kosteneffizienz der EDV ist nach wie vorumstritten. Die Omnipotenz des Computers ist wohl als Marchen ad acta gelegt worden. In den Verwaltungen ist dieArbeitsproduktivitat nicht etwa gestiegen, sondern bestenfalls gleichgeblieben. Die Kostenproduktivitat ist aber starkgesunken.

Grundubel der Internet-Diskussion ist zur Zeit eigentlich, daß diese Diskussion als Projektionsflache fur teilweise un-vertragliche Interessen dient. Unvertraglich sind die IT-Infrastruktur zur gleichen Zeit mit 1000 Fernsehprogrammen, mitgrenzenloser Werbung, mit Maschinen ohne politische Beeinflussung, als Quelle vermehrbarem Wissens, als Triebfederder technischen Innovation, als Maschine zur Losung des Bildungsproblems bzw. zur Losung der Umwelt, Verkehrs undsonstigen Problemen, als Motor des 21. Jahrhunderts, als Medium zwischen Politik und Burger u.s.w.

Damit werden mit der Internet- Diskussion auch die Allmachtsphantasien fortgesetzt, viel Geld, alles Wissen, unbeschrankteMacht, endgultig und kostenfreie Problemlosung erscheint uns als erklartes Ziel. Die Interaktivitat erscheint uns alsProblemloser. Vor allem propagiert durch Politiker, die zu IT nichts wissen. Typisches Beispiel war das Erstaunen einesfuhrenden Siemens-Managers, als er gesehen hat, wie langsam nach wie vor auch Netze bei entsprechender Normallastreagieren und das Agieren uberhaupt uber Netze nur moglich ist. Oft werden von solchen unwissenden Politikanen dietheoretischen Moglichkeiten des Internets als gegeben angesehen.

Es wird behauptet, WWW sei interaktiv und damit besser als passiv. Richtig ist eigentlich, daß wir schon interaktiveMedien kennen. Typisches Beispiel sind Tageszeitungen, die auch Leserbriefe veroffentlichen oder einen Brief an dasFinanzamt ist gewohnlich auch interaktiv. Interaktiv klingt wie ein neuer Kontinent, den wir uns erschließen als neueBewohner mit Glasperlen. Online Business scheint besser zu sein, als langere Ladenoffnungszeiten. Ladenoffnungszeitenhaben sicherlich auch etwas mit Sozialkontakt, mit Anschauen, mit Anfassen zu tun. Hinzu kommt, daß die Versand-hauskundschaft sich kaum so schnell einen Internetanschluß leisten wird. Was ist schon eine Kneipe gegen das Inter-net, was ist ein Video-on-demand-Film gegen einen Film im Breitwandkino? Wozu sollen wir uns freiwillig Werbungreinziehen, schon im Fernsehen nervt das. Der Telearbeiter der Zukunft ist ein Arbeiter, der sein Haus verwandelt in einGefangnis. Er sitzt vor dem Bildschirm und wartet darauf, daß irgendein Signal ihm vielleicht aus seiner Misere helfenkann.

Heute beobachten wir eine Goldgraberstimmung von Firmen, die im Internet stark verdienen mochten, verdienenvor allen Dingen an Hard- und Software und weniger interessiert sind an einer langfristigen Wirkung. Vergessen wirddabei, daß die Information aus unabhangiger Hand durchaus einen Preis hat. Und wenn die Kunden nicht bezahlen,dann muß es ja wenigstens einer tun. Die Wissenschaft sollte fur die Wissenschaftler bleiben. Die Beeinflussungsgefahrbei selektierter Information ist nicht zu unterschatzen. Deshalb sollte man schon besser fur seine Bildung auch denentsprechenden Preis zahlen. Der Installationspreis wird außen vorgelassen. Keiner weiß, wer zahlt eigentlich. Uber dieQualitat und Stabilitat des Angebotes sollte man schon gar nicht reden.

Insgesamt erscheint das Internet eher Karrikatur des Privatfernsehens zu sein. Wir horen oft, wir seien unterwegs zuneuen Grenzen, Teleshopping ohne Bewegung sei moglich.

Vergessen wird, daß irgend jemand liefern muß, vergessen wird auch uber Energieverbrauch und ahnliche Dinge zu reden.Vergessen wird auch, daß die personliche Anwesenheit unersetzbar bleiben wird. Man philosophiert uber Bildung furalle und man vergißt dabei, daß die Mehrheit der Menschheit kein Telefon besitzt, vermutet alle Seiten seien gescheit.Besser ist vielleicht ”‘Reden ist Silber, Schweigen ist Gold”’.

Hier hintertreibt das Internet die Bildung und vor allen Dingen die Kreativitat. Es wird daruber geschwatzt, daß Bildungzum Nulltarif zu erhalten sei, alle an das Netz sollen, wir keine Pauker mehr brauchen, keinen Unterricht und es wirdvergessen, das Geld lieber zur Reduktion der Klassenstarken einzusetzen, zum systematischen Umgang etwas zu lernenund auch die Intensitat der Nutzung entsprechend in Rechnung zu stellen.

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7 Das Internet - die Datenbank Iwan des Schrecklichen oder der nachste Anlauf zum Turmbau zu Babel 35

Warum muß ein Skript erstellt werden? Ein Skript zur Vorlesung muß erst existieren, und erst dann kann es ins Internetgestellt werden. Insgesamt erscheint das Internet die letzte Zitadelle des weißen Mannes zu sein, ist aber labyrinthischverworren. Wie klar ist dagegen eine Kathedrale, stimuliert ein repressives Denksystem (Wer wahlt schon aus und werfiltert?).

Computer verbergen eher logische Fehler und versehen die Information mit der Aura der Wahrheit.

Man suggeriert, es sei dann moglich, freie Fahrt fur jedermann zu praktizieren. Wenn ich mir die Autobahn anschaue,dann weiß ich was freie Fahrt fur jedermann insbesondere in den rush-hours ist. Man meint, man konne eine Bil-dungsreise auf der Autobahn unternehmen. Das ist hochstens etwas fur Psychologen. Außerdem ist die Autobahn imInternet sicherlich bestenfalls eine Sandbahn und keinesfalls eine Autobahn.

Unbekannt ist außerdem, wie mich mein Netz von morgen uberhaupt verstehen soll. Fallt die Stromversorgung aus,dann wissen wir schon, daß die Netze sicherlich nicht fur ewig da sind.

Der Verkauf uber das Internet ist ein kuhler Traum. Man schaut doch einmal beim Fernseh-Heimkauf zu. Handel istnach wie vor ein Erlebnis. Wir wissen nicht einmal, ob der Handler morgen noch da ist. Keiner sagt uns etwas uberdie Qualitat und außerdem erhalten wir nur eine Information oder vielleicht auch nur Daten. Das Handwerkszeug derZukunft sind Ideen, leistungsfahige Maschinen, aufgeweckte und arbeitsame Menschen, die in der Lage sind, auch dieKorrektheit zu kontrollieren. All das ist bei einem Verkauf uber das Internet bei weitem nicht gegeben. Weiß ich, obder Vertrag, den man mir anbietet, ein Standardvertrag oder eine Sonderregelung oder ein besonders raffinierter Betrugist? Wer hinter der Ware steht, bleibt unklar. Die Sicherheit ist auch hier nicht gegeben.

Man glaubt, viel Informationen helfen viel. Wieviele Fernsehkanale kann eigentlich ein Mensch verarbeiten? Fraglichist, inwieweit Information dann auch wirklich faktische Information ist. Pro 7 - Nachrichten sind Nachrichten furBildzeitungsleser. Information suggeriert auch, daß komplizierte Sachverhalte mit einfachen Antworten zu losen seien.Einfach ein Einzeiler kann ein kompliziertes Problem losen. Ahnlich blod wie die Knoff-hoff-Show oder die junk mailwird Wissen hinter einer Menge von Daten, Effekten oder sonstigem Gelaber verborgen. Eine Losung finden ist etwasanderes, als sich Informationen zu besorgen. Mit vielen Informationen wird unsere Lernfahigkeit auch nicht erhoht.Hubsche Grafiken gaukeln auch nur eine Professionalitat vor. Oft haben wir es mit unter sehr wenig mit dem Inhalt zutun. Die Laptop - Shows sind zum Teil entsetzlich gehaltlos.

Außerdem fragt sich, inwieweit elektronische Medien wirklich archivierbar sind. Die Informatiker haben zumindest diesenBeweis bislang nicht antreten konnen. Schon die Dateiformate von vor 10 Jahren kann heute keiner mehr lesen.Die Informatik scheint besessen von Leistung zu sein. Wenn man allerdings Leistung so wie in der Physik definiert undmit nutzlicher Arbeit verknupft, dann kommt nur noch heraus, daß es eine Besessenheit von Geschwindigkeit im Stileder Besessenheit des Autofahrens der Mantafahrer ist. Solange die Software schnell ist, verdrangt schlechte Software guteSoftware. Die Hardware wird schneller, die Programme werden langsamer. Wir gewohnen uns eine Platzverschwendungin Großenordnungen an, wie die Große von Betriebssystemen, die sich mitunter serios geben wie Solaris, meistens aberso unserios sind, wie DOS -oder Windowssysteme. In Jugendzeiten der KI hat man so dreiste Ubertreibung nicht gehort,wie wir zur Zeit beim Internet horen.

Was wird aus der zwischenmenschlichen Kommunikation? Wir werden eine Vereinsamung erleben, unpersonliche Schlaf-silos wie in Berlin oder anderswo, keiner kennt den Nachbarn, Online-Suchtige, die nebeneinander sitzen, kommunizierenOnline auch noch anonym.

Das Internet wird die Tragodie des Gemeindelandes uns wieder einmal verdeutlichen. Das Gemeindeland gehort allen.Aus diesem Grunde hat jeder der Bauern sein Vieh erst auf dem Gemeindeland weiden lassen und dann auf seinemLand. So verkommt das Gemeindeland, keiner pflegt es, und es sieht zum Teil aus wie ein Sumpf. Analog wird das demInternet vielleicht auch passieren.

Wir horen oft, im Cyberspace wurden wir unsere Effizienz erhohen. In Wirklichkeit verplempern wir noch mehrZeit. Auch zum Lesen haben wir keine Zeit mehr. Welche Arbeit wirklich erledigt wird, bleibt unbetrachtet. Ob dieFahigkeiten, Fertigkeiten weiterentwickelt werden, ist noch eine große Frage. Textverarbeitungsprogramme erzeugenmehr Text. Aber wer kann heute schon einen Seitenrand sauber einstellen? Haben Malprogramme etwa mehr Kreativitatgebracht? EDV hat sicherlich etwas mit elektronischer Datenverzogerung zu tun. Wertvolles konnen wir im Firlefanzkaum noch entdecken.

In großen Versprechungen klafft nach wie vor eine große Lucke zwischen Realitat und Wirklichkeit. Oft horen wir nurein Technologiegeplapper. Multimedia hat auch etwas mit dem Medium zu tun, sicherlich auch etwas mit dem Wimmernder Festplatte oder dem Summen des Lufters. Vielleicht konnten wir es in Zukunft auch einmal mit dem intelligentenComputer, der uns in unseren beschrankten multimedialen Fahigkeiten entgegenkommt, zu tun haben. Teleworkingwird, wie bereits schon betont, nicht nur die Wohnung zum Gefangnis machen, sondern auch zu noch ineffizienteren

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36 7 Das Internet - die Datenbank Iwan des Schrecklichen oder der nachste Anlauf zum Turmbau zu Babel

Arbeitsplatzen fuhren.

Eine der schonsten Versprechungen des Internetzeitalters ist die Demokratisierung uber entsprechende Meinungsbilder.Man lese dagegen nur einmal die ”‘flames”’, um uber transparente Regierungen einmal etwas herauszubekommen. Manwird sehr schnell dabei landen, daß das Internet nichts anderes ist, als Technomaxismus. Es gibt kaum Leute, die dieRechner noch nicht frustriert haben.

Eine der schonsten Lugen der Neuzeit ist das Programm ”‘Schulen ans Netz”’. Daß Lernen langsam und schwierig ist,Disziplin erfordert, daß zur Zeit gute Lehrer mit guten Methoden und guten Inhalten benotigt, daß die Wissenschaftmehr als die Beherrschung eines Computerprogrammes ist, daß Lernen auch interaktive und zielgerechte Arbeit ist,wissen wir eigentlich.

Und außerdem erfordert Fragen auch Nachdenken. Nun wird Wissen gelehrt in einer Vollstandigkeit und Genauigkeit,die wir uns heute im Netz noch lange nicht vorstellen konnen. Demgegenuber steht Information unbekannter Provenienz,nicht alles was aus dem Computer kommt, ist auch nur im entferntesten richtig. Wir verwechseln Lernen mit der Informa-tionsgewinnung, vergessen, daß Lernen Anstrengung erfordert und bei weitem nicht so einfach ist. Das Urteilsvermogensinkt. Eine schopferischer Losung erfordert auch einen entsprechenden Kontext, Erfahrung und Wechselwirkungen. Wiesollten wir das im Internet auch nur erhalten? High - Tech - Klassenzimmer haben viel zu tun mit High - Tech -Pannen. In Balde werden dem Schuler dann Terminals statt dem Lehrer gegenubersitzen, die Schuler konnen sich rel-ativ gut hinter dem Terminal verstecken und der Lehrer fliegt wie ein kleiner Karlson durch den Unterrichtsraum, umseine Schuler auch nochmal von oben zu sehen. Unterrichtsinhalte sind bisher beim Programm ”‘Schulen ans Netz”’nicht berucksichtigt worden. Datensammeln wird im Gegenteil als Selbstzweck betrachtet. Daten werden als Fundgrubewertvollen Wissens betrachtet. Die Schuler werden vollig vergessen. Isolierte Fakten bedeuten noch lange keine Ausbil-dung, der Inhalt steht in Frage. Computer am Netz kombiniert geistig bei korperlicher Starre. Gute Bildungssoftwareexistiert nach wie vor nicht. Wir glauben an Grafiken, an fiepsende Gerausche und außen vor bleibt das Abspeichernund Lernen. Hinzu kommt, daß Software sehr oft, wie auch das Fernsehen, ohne genauere Kenntnisse der Physik erstelltwurde. Typisches Beispiel sind die schonen Hauser, die Sie bei SimCity bauen konnen. Nie wurden sie dem normalenLeben auch nur Stand halten. Die Realitat wird weiter verfalscht. Man vergißt, daß man Bildung nicht konsumierenkann, sondern Bildung erwerben muß. Das Bildungsfernsehen prasentiert uns eine sortierte Folge von Fakten, zum Teilbeeindruckend dargestellt. Aber gefilterte Fakten bedeuten noch lange keine Bildung.Internet kostet Geld, was den Schulen entzogen wird, aber auch den Bibliotheken. Wenn ich hore, daß digitale Bucherdie Bucher der Zukunft seien und mir vorstelle, welcher Schwachsinn in der Computerliteratur zusammengestellt wird,wie blodsinnig Mannuals sind, so frage ich mich oft, warum man Computer nicht wie Autos bedienen kann. Computersind stets programmiererfreundlich, aber nicht anwenderfreundlich entworfen. Außerdem werden alte Bucher schon aufGrund unserer Rechtssysteme (Copyright z.B.) nie digital werden. Wer soll denn das bezahlen? Keine Textverarbeitungschafft Bildung. Malprogramme schaffen keine Kreativitat. Wir betrachten uns außerdem noch die Schwemme standar-disierter ”‘Computerkunst”’ und freuen uns auf die Eintonigkeit von morgen. Man glaubt, daß das Runterladen etwasmit Bildung zu tun hat. Der Mensch wird sich bei der Verwirklichung seines Prinzips der Faulheit Informationen ohneInhalte pumpen.

Es wird oft behauptet, Computer fordern Spezialkenntnisse. Bald sind wir ein Volk von Geratebedienern mit seelen-loser technischer Perfektion vom Computer zur Nachlassigkeit verleitet und eingebildet auf den Besitz. Schauen wir unsnur einmal die Schreibkultur mit der Entwicklung der email an. Hauptsache ist eine schnelle Antwort, nicht etwa dasNachdenken uber eine Antwort. Es gilt das Prinzip erst schreiben und dann denken. Statt Mitglied im ADAC zu sein,landen normale Benutzer in einer Autoschlosserschule. Was wird aus unserer Internetwelt? Die reale ist viel interessan-ter. Sie bietet Menschlichkeit und verlaßt sich nicht nur auf einen Piep, einen Tastendruck und auf den Bildschirm. Imvirtuellen Ort ist die Betrugstur weit offen. Freundschaft wird nicht durch interaktive Unterhaltungen entstehen. Derelektronische Kontakt ist ein illusionarer Kontakt ohne emotionale Investition. Ob wirkliche Beziehungen daraus entste-hen konnen, ist unglaublich. Im Zugriff auf irgendwelche Programme, auf irgendwelche Daten auch soziale Problemelosen? Netze isolieren eher voneinander. Kommunikation kann auch zwischen Feinden stattfinden. Gemeinsame Losungbedarf entsprechender Unterstutzung durch Programme, die wir zur Zeit noch nicht besitzen.

Wenn wir uns die virtuelle Welt anschauen, dann sieht es so aus, als sei Kunst auf dem Monitor nichts anderes als dieZaubervorstellungen im Fernsehen. Damit werden die Benutzer von Internet zu Programmierern. Ein kleiner Nebeneffektdabei ist, daß Informatiker aufgrund des Chaos, das sie geschaffen haben, nicht arbeitslos werden. Wir werden - analogzu Computerspielern - die Tyrannei der richtigen Antwort erleben. Die schnelle Reaktion ist wichtiger als ein KastenBuntstifte. Wir werden technokratisch, professoral, punkig ab und zu einmal die Funken unseres Intellektes verstreuen.

Was ist Information wirklich?

Unser Computer und auch unsere Netze konnen uns nichts anderes zuruckgeben als Bits, meinetwegen auch Daten.Information hat einen praktischen Nutzen, vielleicht auch einen Sinn. Was ganz anderes ist Wissen. Besser als Wissenist Konnen und noch besser ist Weisheit, auch Toleranz, Bescheidenheit, Mitleid, Disziplin, Humor, Erfahrung und

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Kontextbezug. Goethe beschreibt im ”‘Faust”’ diese Situation:

”‘Geschrieben steht, im Anfang war das Wort.Hier stock ich schon, wer hilft mir weiter fort?Ich kann das Wort so hoch unmoglich schatzen,ich muß es anders ubersetzen.Wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin,geschrieben steht im Anfang war der Sinn.Bedenke wohl die erste Zeile,daß deine Feder sich nicht ubereile.Es ist der Sinn, der alles wirkt und schafft,Es sollte stehen, im Anfang war die Kraft.Doch auch indem ich dieses niederschreibe,schon warnt mich was, daß ich dabei nicht bleibe,Mir hilft der Geist, auf einmal seh ich Ratund schreibe getrost im Anfang war die Tat.”’

Netze strotzen vor Daten. Mitunter erhalten wir auch Informationen. Wissen erhalten wir in den seltensten Fallen.Konnen zu erhalten, ist fast unmoglich. Weisheit uber Netze zu erwerben, ist sicherlich eine Fiktion des 5035. Jahrhun-derts. Die E-Techniker sprechen von einem Signal-Rausch-Quotienten zur Beurteilung des Nutzens der Nachrichtenubermittlung.Analoges konnten wir auch uber unsere Internetkommunikation sagen. Das Signal-Rausch-Verhaltnis befindet sich imallerschlechtesten nur moglicher Verhaltnisse. Geplapper vertreibt den Dialog. Manchmal erscheint das Internet so, alswurden wir versuchen aus einem Feuerwehrschlauch zu trinken.

Entropie wird oft mit Unsicherheit bewertet, die sie beseitigt. Der Nutzen wird an dieser Stelle eigentlich nicht betra-chtet. Wenn ich x, y, α, β, δ, γ sage, habe ich nicht etwa viel Unsicherheit beseitigt, hochstens die Unsicherheit, was ichim nachsten Moment sagen werde, und auch sicherlich kein Wissen gebracht. So kann ich Informationen auch nicht uberdie Entropie messen.

Außerdem stellt sich die Frage, wer der Eigentumer der Information ist. Es ist viel mehr als eine Beziehung zwischenInformationseinheiten. Es ist viel mehr als an das Akquilibriumgesetz oder auch den Positivismus zu glauben, namlichzu glauben, daß man nur die Regeln und die Gesetzmaßigkeiten der Wissenschaft verstehen muß, um dann schon Wissenzu besitzen. Faktenwissen, Regelwissen, Steuerwissen kann deskriptiv oder assertiv dargestellt werden. Quellen konnendeklarativ sein, konnen prozedural sein, konnen auch Hintergrundwissen sein.

Wenn wir uns das Internet anschauen, dann entdecken wir viel Analogie zu dem, was wir uber die Geschichte derInformatik wissen. Zum einen wissen wir, daß die Single-User-Philosophie abgelost worden ist durch eine Vernetzung,abgelost worden ist durch local area networks oder durch wide area networks oder aber auch durch globale Netzwerkeoder beliebige Netzwerke.

Zum anderen wissen wir, daß die Informatik es geschafft hat, vom Einbenutzer eines Computers uber ein Sharing zueinem Kommunizieren bzw. auch Parallelverarbeiten zu kommen. Wir konnen auch die Entwicklung verstehen von derEin-Adreß-Maschine uber die Entdeckung des dynamischen relativen Adressierens (Mit der Angabe einer Startadressekonnen wir auch die Adresse eines entsprechenden Datums auffinden.) uber den Compiler, der uns die automatischeVerwaltung fur streitige Programme abnimmt, bis hin zu Datenbankmanagementsystemen, die eine automatische Ver-waltung des Adreßraumes fur die dynamische Programmierungen auch zulassen.

Analoges konnten wir uber die Entwicklung der Programmiersprachen sagen, von einfachen Programmiersprachen zu all-gemein benutzbaren Programmiersprachen, zu objektorientierten Programmiersprachen bzw. zu Konstruktionssprachen.Schauen wir uns hingegen das Internet an. Das Internet benutzt Netze beliebiger Große, auch in dynamischer Form,ist stehengeblieben beim Einbenutzer, stehengeblieben bei der Ein-Adreß-Maschine, stehengeblieben bei einer Program-mierung, die uns ebenso wie die Programmierung der 50er Jahre erscheint.

noindent Um noch einmal in die Datenbankwelt zu schauen, um das Internet und die Internetwelt, die Daten, diewir uber das Internet ziehen konnen, mit der Datenbanktechnologie zu vergleichen: Auch hier werden wir entdecken,daß eigentlich das Internet ein unglaublich dummer Ruckschritt ist. Eine Webseite erhalt links, wurde eventuell auchvon einigen links referenziert. Wir besitzen browser, die Objekte dann auch entsprechend erfassen konnen. Die rela-tionale Datenbankwelt kennt die Zeile, die irgendwelche Fremdschlussel enthalt oder durch Fremdschlussel referenziertwird (Das ist noch eine Analogie zur Beziehung zwischen Webseite und link.). Wir kennen aber auch Tabellen, d. h.eine Form der Organisation von Zeilen und Beziehungen. Wir kennen auch Spalten, wir kennen auch ein vernunftigesVariablen- und Namenskonzept. Schon war’s, wenn wir das bereits, obwohl uns das schon seit 20 Jahren bekannt ist,auch einmal im Internet in einer vernunftigen Form integrieren konnten.

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38 7 Das Internet - die Datenbank Iwan des Schrecklichen oder der nachste Anlauf zum Turmbau zu Babel

Wer einmal eine Datenbank fur eine großere praktische Anwendung gesehen hat, versteht, daß Datenbanken immer miteinem entsprechenden Kontext erstellt worden sind. Eine Kontextveranderung in der Bedeutung und der Charakteristiksehr schwer jedoch zu bewaltigen ist. Im Internet haben wir eine Kontextveranderung in geographischer, funktionellerund organisatorischer Form. Aus dem Grunde entstehen sehr schwierige, schlimme Integrationsprobleme, beginnendmit der Identifikation, mit der Formatierung, mit Attributnamen, mit der Skalierung und der Definition. Wir konnennaturlich Kontextverbinder bauen, die wie beim Trading uber einen Mediator von einer Source einen Export an einenEmpfanger initiieren. Dazu sind jedoch bislang in der Informatik entsprechende Moglichkeiten 6unbekannt. Notwendigware fur das Internet, damit wir es uberhaupt vernunftig benutzen konnen, eine vernunftige Datenmodellierungssprache,die uns neben der Erstabstraktion und der Klassifikation auch eine entsprechende Transaktionsverwaltung ermoglichenwurde.

Das Internet - ein vorlaufig mißlungenes Informationssystem

Aus all diesem geht schon hervor, daß das Internet naturlich viel beitragt zur Arbeitsicherung von Informatikern, essich aber auch durch partikulare wirtschaftliche Interessen den Inhalt diktieren laßt. Wir haben eine Rede- und Infor-mationsfreiheit. Wir sollten uns aber wehren gegen die Uberladung mit Projektion und Anspruchen. Wir beobachtenein explosionsartige Vermehrung belanglosen Inhalts und unsinniger Darlegung und verringern insgesamt die Funk-tionsfahigkeit.

Die Sicherheit im Internet ist ein schones Marchen. Die Sicherheit von Java entspricht im wesentlichen der Sicherheit vonclient and server, allerdings ist es diesmal in dynamischer Form und damit außerst unsicher. Ein plattenloser PC brauchtkeine Sicherheit, da gibt es nichts Schutzenswertes. Aber vielleicht sind meine Daten durchaus etwas schutzenswerterals das ein Hacker an der anderen Seite sieht.

Zugriff garantieren zu wollen, ist eine maßlose Ubertreibung. Schauen wir uns das Internet und die Zukunftsmechanis-men insgesamt an, dann staunen wir daruber, daß eine Indizierung bislang vollstandig vergessen worden ist. Das Internetentspricht damit einer Sammlung von CD-ROM und ist damit so sicher in seinen Identifikationsmoglichkeiten wie Bana-nen im Wackelpudding stehen. Suchmaschinen erlauben uns eine Durchsicht, aber lassen uns noch mehr im Datenmullersticken. WWW zappen hat wenig mit Logik, noch weniger mit Gliederung, noch weniger mit einem entsprechendenGedankengang zu tun und ist bestenfalls fur eine Schlagwortsuche geeignet.

Der Neuigkeitswert, die Vertrauenswurdigkeit, die Zuverlassigkeit von Daten bleibt nach wie vor sehr offen. Antwortenerhalten wir bestenfalls nach der multiple-choice-Methode oder vielleicht bestenfalls als simple direkte Daten. Damitverfugt das Internet uber eine bizarre Organisation, die uns dann aufgrund der standigen Anderung der Adressen immerhaufiger mit der message ”‘ not found - error 404”’ entgegenleuchtet. Die Informationen, die wir suchen, erhalten wir mitden Suchmaschinen keinesfalls. Wenn wir einmal nach dem Namen eines meiner Kollegen suchen, dann erhalte ich viaalta vista in der neunten Seite eine Adresse dieses Kollegen, aber auf der ersten Seite eine Adresse zu Kontaktadressen,Telefonnummern eines Pornoshops. Wie soll ich auf vernunftige Art und Weise meine Informationen, die ich wirklichsuche, dann erhalten. Datenbanker wissen schon lange, wie sie dies tun konnen. Im Internet bleibt es dem nachstenJahrtausend vorbehalten, entsprechende Suchmechanismen auch zu integrieren.

Offen immer noch ist die nicht existierende Qualitatsprufung bzw. Konsistenzprufung. So wie wir vor Veroffentlichungenin Buchern und Zeitschriften eine echte Konsistenzprufung haben, sollte auch nach funf Jahren noch nachvollziehbarsein, was an Informationen im Internet steht. Im Internet ist jeder sein eigener Selbst-Verlag, geistiges Eigentum istuber Copy and Paste auch ohne kritische Durchsicht leicht zu stehlen. Was noch wahr ist, ist ein sehr offenes Problem.Wir bewegen uns auf eine Verbraucherholle zu. Eine Katalogisierung von Botschaften oder Informationen oder eineOrdnung der Informationen konnte schon viel mehr bringen, mehr aber nicht.Wer sagt mir denn, was wirklich hinter einem Katalog steht? Ein Online-Katalog ist wie eine Speisekarte. Ich weiß nochlange nicht, ob mir das Essen schmecken wird. Die Speisekarte der Mensa klingt viel besser, als das Mensaessen unsgewohnlich auch nur im entferntesten mundet.

Eine Bewertung der Recherche uber das Netz ist eigentlich kaum moglich. Hinzu kommt, daß Forschung bei weitemnicht gleichbedeutend ist mit Datensammeln, im Gegenteil. Nach Daten kommt Information, danach erst das Wissenund danach erst das Konnen und erst danach die Weisheit. Da die Quellen chaotisch geordnet sind, wird die Suche imInternet immer eine Art von Glucks- oder Computerspiel sein.

Schaue ich mir die Oberflachen an, dann frage ich mich immer wieder, ob es wirklich so komplex, so bunt, so verwirrend,so unverstandlich sein muß, wie es uns zur Zeit entgegenleuchtet. Es wird immer wieder die Leistung des Computers inden Vordergrund geruckt, statt auf Einfachheit, Anwenderfreundlichkeit, auf einfaches Lernen zu orientieren.

Oft begegnen wir dem Argument, daß wir uns in offenen Systemen befinden. Wie aber offene Systeme miteinander har-monisiert werden konnen oder harmonieren, lehrt bislang noch keiner. Alles wird kurz als α oder bestenfalls β-Versionkurz getestet und dann ans Netz gesetzt. Es wird die Form uber den Inhalt triumphieren. Es werden immer mehr

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Wirkungen durch Effekte erzielt, die Lesbarkeit und eine Standardschonheit immer mehr in den Vordergrund geruckt.Damit wird der Computer ein wundervolles Kontrollinstrument. Ich kann damit sehr leicht Arbeitspausen oder dieSumme der getippten Worter, die Menge der Fehler erfassen, bin aber nicht in der Lage, auf vernunftige Art und Weisemeine Arbeitsproduktivitat zu erhohen.

Diese Bemerkungen klingen wie eine Lektion eines Rufers in der Wuste. Die Unzufriedenheit der Datenbanker mitdem Internet trifft nicht nur auf die Cottbuser zu, sondern auch auf sehr viele, die versuchen, eine Kategorisierung derQuellen im Internet, eine vernunftige Suche, eine benutzerfreundliche Oberflache auch fur die Suche in Kontexten zuermoglichen. Es werden immer starker Lernverfahren in das information retrieval einbezogen oder auch Methoden derkunstlichen Intelligenz wie neuronale Netze, genetische Algorithmen zur Suche benutzt. Sie unterlegen immer haufigerAgenten. Zur Zeit beherrschen wir allerdings noch nicht, einen Agenten auch wirklich einmal zuruckzuholen. Er kannnur zu uns zuruckkehren. Wir lernen eine Online-Datenbank-Indexierung, um auch eine Online-Datenbank-Suche aufder Grundlage dieser Indexe, lernen damit langsam auch Ordnung in das Chaos, das jeder neue Internetbenutzer in dasInternet bringt, zu bringen und damit Datenbanktechniken auch dem Internet aufzuerlegen und das Internet zu einembenutzbaren Form zu machen.

Nicht gelost werden kann damit allerdings das Problem. Was ist wirklich Information, was ist Wissen und was ist nurein Datum? Sieben Buchstaben: WWWWWWW (Wann wird World Wide Web wirklich wichtig?). Wichtig wird es aufjeden Fall zur Informationsubermittlung, wenn wir in der Lage sind, auch darzustellen, was die Information in unserenDaten, die wir ubermitteln, darstellt. In diesem Falle kann das Internet auch einmal zum Instrument werden, und umnoch einmal auf den Ursprung, den Anfang der Vorlesung zuruckzukommen, zum wichtigsten Instrument der modernenGesellschaft werden.

Die wichtigsten Instrumente Iwan des Schrecklichen waren seine Speere. Mit seinen Speeren konnte er seine Wut aus-lassen. Mit seinen Speeren hat er auch regiert, und mit seinen Speeren hat er sicherlich auch ebenso wie wir mit unserenlinks versucht, einiges auszurichten. Bei Iwan dem Schrecklichen ist die Benutzung dieser links im Jahzorn (Wie wohljeder weiß, hat er auf diese Art und Weise seinen Sohn getotet.) schiefgegangen.

Ich wunsche Ihnen, daß Sie mit dem Instrumentarium Internet mit den links filigraner und besser umgehen konnen.

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Hochschulkuhverordnung

Verordnung uber die Haltung von Kuhen an derBrandenburgischen Technischen Univerrsitat

(BTU-Hochschulkuhverordnung)

Cottbus, 7. Juli 1997

Vorsatz

Seit einigen Jahren beschaftigen wir uns in intensiver Kleinarbeit mit dem Schaffen von Ordnungen. Nach der Grun-dordnung, der Promotionsordnung, der Habilitationsordnung, der Immatrikulationsordnung, den diversen Studien- undPrufungsordnungen ist nun genug Freiraum vorhanden, um auch die letzte Ordnung zu erdenken: die Hochschulkuhverord-nung. Sie schließt die letzte Lucke, wir leben nun nicht mehr im rechtsfreien Raum. Da bereits entsprechende Ordnungenauf Bundes- und Landesebene existieren, haben wir nur noch die entsprechenden Bestimmungen fur die Brandenburgis-che Technische Universitat in aller gebotenen epischen Breite auszuspinnen. Bestimmungen, die ubernommen werden,werden wieder aufgefuhrt, damit diese Verordnung als alleiniges Dokument benutzt werden kann.Das Ergebnis des geistigen Hohenfluges liegt nun vor.

Allgemeines

• Diese Verordnung ist die erste Durchfuhrungsverordnung zum Bundeshochschulkuhrahmengesetz.• Hochschulkuhe im Sinne der Verordnung sind vierbeinige Saugetiere, die kuhahnliche Gerausche und Milch von sich

geben.• Hochschulen im Sinne der Verordnung sind private und offentliche Einrichtungen, die dazu dienen, ihre Jugendliche

und Erwachsene zeitweise von ihren Eltern, Freunden und Feinden fernzuhalten.• Studenten im Sinne der Verordnung sind auch Jugendliche und Erwachsene beiderlei Geschlechts, die sich in einer

universitaren Ausbildung befinden.

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42 8 Hochschulkuhverordnung

Aufgaben

• Die Hochschulkuhe dienen der Erzeugung von Hochschulmilch und als hochschuleigenes Lehrmittel fur die Lehrver-anstaltungen in den Studiengangen Umweltwissenschaft, Wirtschaftswissenschaft, Maschinenbau, Elektrotechnik,Landnutzung und Mathematik sowie in Abendkursen fur den Sexualkundeunterricht. Hochschulkuhe konnen auchzur Feststellung des Entwicklungspotentials von Bergbaufolgelanschaften eingesetzt werden.

• Die Hochschulkuhmilch wird den Studenten der jeweiligen Hochschule in aufbereiteter Form als Mensaspeise kosten-los zur Verfugung gestellt. Die Aufbereitung muß nach den Vorschriften des Lebensmittelgesetztes erfolgen.

• Die Hochschulkuhmilch wird in der vorlesungsfreien Zeit den Mitgliedsorganisationen der Stadt- bzw. Kreissozial-ringe zur Verfugung gestellt, sofern diese keine verfassungsfeindlichen Ziele verfolgen.

• Abwarme und Abfall der Hochschulkuhe sind fur das Heizungssystem der Hochschule zur Minderung des Energiebe-darfs zu nutzen.

Zustandigkeiten

• Die Hochschulkuhe werden den Studenten im Sinne der Verordnung von den Regionalordnern zugewiesen, in derRegel pro angefangene 100 Studenten eine Kuh.

• Der Verteilung der Hochschulkuhe auf die Fakultaten erfolgt durch Beschlusse des akademischen Senates, wobei derHochschulkuhgleichstellungsbeauftragte zu horen ist.

• Ausnahmen von dieser Regel bedurfen der Zustimmung des Kultusministers.• Die tiermedizinische Aufsicht uber den Hochschulkuhe liegt bei den Kreisveterinaruntersuchungsamtern, in den

kreisfreien Stadten bei den stadtischen Veterinaruntersuchungsamtern.• Die Fachaufsicht der jeweils zustandigen Veterinaramter wird von den ernennenden Hochschulkuhraten wahrgenom-

men.• Die Zustandigkeit fur die Feststellung der Eignung und das Ende der Eignung als Hochschulkuh liegt bei offentlich

bestellten unabhangigen Hochschulkuhgutachtern.• Futterung, Pflege, Melken der Hochschulkuh sowie die Aufbereitung der Milch obliegt dem Hochschulkuhwart. Die

Ausgabe der Milch erfolgt durch den Hausmeister.• Der Hochschulkuhwart ist dienstrechtlich dem Rektor der jeweiligen Hochschule und fachlich dem jeweils zustandigen

Veterinaramt unterstellt. Pro angefangene 10 Hochschulkuhe wird dem Hochschulkuhwart ein Hochschulkuhwartge-hilfe beigegeben.

Einbeziehung der Hochschulkuhe in Lehrveranstaltungen

• Hochschulkuhe dienen als lebendiges, aktives Anschauungsmaterial in den Lehrveranstaltungen. Sie konnen in allenLehrveranstaltungen unbedenklich verwendet werden.

• Hochschulkuhe durfen hochstens sechzig Lehrveranstaltungen pro Woche besuchen.• Die Versorgung der Hochschulkuhe hat außerhalb der Lehrveranstaltungen zu erfolgen.

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8 Hochschulkuhverordnung 43

• Bei einer Einbeziehung der Hochschulkuhe in Lehrveranstaltungen der Technischen Mechanik sind diese vorher einerFestigkeitsprufung zu unterziehen. Bei chemischen Versuchen sind die Hochschulkuhe vorher zu befestigen. Demon-strationen mit Hochschulkuhen in Fach Wasserbau erfordern die Vorbereitung durch einen Hochschulveterinar. ImFach Stahlbau sind nur Demonstrationsarmierungen zugelassen. Versuche zur Demonstration der Schwerkraft sindzur Bestatigung mehrmals zu wiederholen. Der Vorlesende ist bei Einbeziehung der Hochschulkuhe in Laserversuchezur besonderen Sorgfalt verpflichtet.

• Die Verwendung von allen, der Hochschule angehorenden Hochschulkuhe ist in den Lehrveranstaltungen zur Volk-swirtschaftslehre und zur Mathematik zugelassen.

• Werden Hochschulkuhe in Lehrveranstaltungen der Informatik integriert, dann ist auch der Bildschirm hinreichendgroß zu wahlen. Bildschirme unter 35 Zoll sind nicht zugelassen.

• Nach der Lehrveranstaltung sind die Hochschulkuhe sauber zu verlassen.• Die Bedienung der Hochschulkuhe erfordert das Ablegen einer universitaren Eignungsprufung.• Wird die Kuh an ihrer freien Meinungsaußerung (welcher Art auch immer) gehindert, ist der Versuch zu wiederholen.

Beamtenrechtliche Regelungen

• Die Hochschulkuh-Gutachter mussen die Befahigung zum hoheren Landesveterinardienst besitzen.• Der Hochschulkuhwart muß Beamter sein und eine staatlich anerkannte landwirtschaftliche Ausbildung erfolgreich

abgeschlossen haben.• Die Hochschulkuhrate mussen den hoheren Landesveterinardienst angehoren.

Hochschulkuhorganisation

• Die Hochschulkuh-Unterbringungsanlagen werden auf dem Hochschulgelande errichtet.• Hochschulkuh-Unterbringungsanlagen erzeugen keine Emissionen im Sinne des Emmissionsschutzgesetzes.• Die Deckung der Hochschulkuhe erfolgt durch den Landeshochschulbullen in der jeweiligen Hochschulen.• Die Unterbringungsanlagen werden durch das Hochschulkuhwerk eigenstandig verwaltet. In das Hochschulkuhwerk

ist auch die Versorgung der Hochschulkuhe mit integriert. Es werden taglich zwei Wahlessen an den Wochenta-gen ausgegeben. Das Essen kann verwirrende Bezeichnungen tragen, muß nicht ausreichend oder gar schmackhaftsein. Außerdem sind Abendessen beliebiger Haltbarkeit anbietbar. Ansonsten hat sich die Hochschulkuh bei ihrerVerpflegung als Selbstverpfleger gesittet zu verhalten.

• Ein Austausch der Hochschulkuhe auf der Grundlage von Hochschulkooperationsvertragen mit auslandischen Part-nereinrichtungen ist nur uber das akademische Auslandsamt zu initiieren. Dazu sind entsprechende Aquivalenzver-einbarungen zur Anerkennung der Ausbildungsgrade Voraussetzung.

Hochschulkuhlandesorganisation

• Die Hochschulkuhe sind Eigentum des Landes. Die Erlose aus dem Hochschulkuhverkauf bei Ausscheiden ausdem aktiven Hochschulkuhdienst fließen einem Landesfonds zu, der zur Abmilderung personeller und sachlicherHochschulkuhfolgeschaden dient. Die Verwaltung des Fonds obliegt dem Kultusminister in Abstimmung mit demHochschulkuhlandesausschuß.

• Wird eine Einstellungssperre durch den Landesfinanzminister verhangt, sind Neueinstellungen von Hochschulkuhennur bei Einsparung entsprechender Professorenstellen vorzunehmen.

• Die mittelfristige Bewirtschaftung hat nach den Geboten der vollstandigen Sparsamkeit zu erfolgen. Bei Aus-gabensperren haben sich die Hochschulkuhe selbst zu versorgen. Bis zur Verabschiedung des Landeshaushalteskann die Bewirtschaftung mit 1 Promille vom Ansatz des Vorjahres erfolgen.

• Die Landeshochschulbullen werden in einem zentralen Landeshochschulbullenpool zusammengefaßt und unterstehender unmittelbaren Aufsicht des Kultusministers.

• Die Hochschulkuhkalber werden bis spatestens drei Monate nach der Geburt den Landeshochschulkuhkalberguternunterstellt und den Hochschulen nach Erlangung der Hochschulkuhreife als Hochschulkuh wieder zugewiesen.

• Keine Hochschule hat einen Rechtsanspruch auf Zuweisung der Kalber ihrer eigenen Hochschulkuhe.• Die Hochschulbullenkalber, die nicht fur den Landeshochschulbullenpool gebraucht werden, werden verkauft. Der

Erlos fließt der Landeskasse zu.• Jahrlich findet in den Kreisen und kreisfreien Stadten eine Kreishochschulkuh- bzw. Stadthochschulkuhschau statt.• Die Landesregierung ist verpflichtet, dem Landtag alle zwei Jahre, beginnend vom dritten Jahr nach Inkraft-

treten dieser Verordnung, einen Hochschulkuhbericht vorzulegen. Dieser Bericht ist ebenfalls dem vom Kultus-minister zu berufenden Landeshochschulkuhauschuß vorzulegen, den Vertretern der Hochschulen, des Landtages,des Landeshochschulkuhausschusses, der Landesstudentenvertretung, der Veterinaramter, der Organisation derHochschulkuhwarte und ihren Gehilfen, der Landwirtschaftskammer, den gesellschaftlichen Organisation sowie denKirchen, die dem Kultusminister angehoren.

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44 8 Hochschulkuhverordnung

Ubergangs- und Schlußvorschriften

• Hochschulkuhwirtschaftsjahre sind die Studienjahre.• Diese Verordnung tritt mit dem Beginn des auf ihre Verkundigung folgenden Hochschuljahres in Kraft.

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BSE?

BSE ? Haben wir doch alle! Auch wir Informatiker!Semesterabschlußvorlesung zum Sommersemester 2001

3. Juli, 2001

Prolog

Als Frau Ministerin D.-G. hier an der BTU war, lobte sie uns fur die wundervollen Webseiten der Universitat. DieseWebseiten verfuhren selbst Studenten in Tubingen taglich auf diese Seiten zu surfen. Insbesondere Der Inhalt der Seitenverfuhrt viele Besucher dauernd nachzuschauen. Eine der besten Informationen ist die BSE-Information an der BTU.Ich habe einen Agenten programmiert und ihn uber alle verlinkten Seiten der BTU laufen lassen. Leider kam er ohneeine BSE-Information zuruck. Deshalb kann ich nicht anders als nun eine BSE-Seite ins Netz zu stellen. Aber es istnicht die erste BSE-Seite von Informatikern.

Sogar SuSE 7.0 bietet CJK mit an. Aber auch BSE gibt es als Datenformat und auch als Softwareprodukt!BSE gab es schon langer als wir uns wahrwerden wollen. Zeus verwandelte einfach seine Gespielin, die Nympe Io in

eine liebliche Kuh, damit seine Hera nicht gleich durchdreht. Europa reichte einem Stier einfach Blumen und Krauterganz ohne Tiermehl und schon drehte der Stier, der ja eigentlich Zeus war, durch und entfuhrte sie nach Kreta, wo sieihm den Minos gebar. Poseidon schickte Minos einen weißen Stier, um ihn fur sich geopfert zu sehen, was der aber danndoch sein ließ, worauf seine Gattin in heißer Liebe zum Stier entbrannte und dnach etwas raffinierter Begattung denMinotaurus gebar, der dann nach Losung des Labyrinthproblemes von Theseus umgebracht wurde. Theseus war nocheinmal beim Keulen dabei, weil Herakles, der ja von einem inkompetanten Boss (Eurystheus von Mykene) losgeschicktwurde, den vorher schon fruchtbaren kretischen Stier einzufangen, was er zwar schaffte, aber was sein Boss eben danndurch Freilassung des lieben Tiers verhinderte. Dieses Tier mußte dann umgebracht werden, weil es unter Umgehungaller veterinarrechtlichen Bedingungen einfach Landergrenzen uberschritt. Theseus mußte also los-keulen. Damit wissenwir nun auch, daß es bereits vor den christlichen Firmen in Westeuropa mit den Stieren nicht so weit her gewesen ist,obwohl die noch keine Kannibalen waren.

Unsere Forscher sind bei weitem nicht so schuldig, wie die wahrheitsliebenden Medien berichten. Stephen Deallerwurde bereits 1987 in der Forschung durch Geldentzug blockiert, weil er die liebe Agrarmafia vielleicht etwas entbloßthatte. Das Risiko ist wirklich sehr gering, so gering wie eben auch unser Ex-Landwirtschaftminister sagte. Faktischstarben nur 25% der Schafe, 33% der Ziegen, 50% der Kudrus, 100% der Mause und 100% der Nerze nach Verzehr vonsolch liebevoll zubereiteten Futter an TSE.

Was ist den eigentlich BSE?Steht es doch fur “Blod-Sinnig-Erhaben”?Kann es BSE außerhalb von Rindern geben?

Leider sind auch schon einige Menschen davon befallen. BSE kann potentiell alles uns liebenswerte befallen. Damitkann es auch die Computer und die Software heimsuchen. Und auch gute Firmen. Wie eben Mikisoft. Und die stelltdann vielleicht Win-Doof her. Und dann werden wir alle krank! Keine Horrorvision kann schlimmer sein. Weil wir dannauch angesteckt werden. Wenn wir uns von Win-Doof ernahren, dann werden wir krank. Nur noch kleine Pinguin-

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Widerstandsnester sind noch nicht befallen. Aber denen werden wir auch Visual Basis beibringen und dann ein paaremails schicken. Dann werden auch deren Gehirne durchlochert.

BSE - was ist das?

Bovine spongiforme Enzephalopathie

Kennzeichen

Angstlichkeit ,Torkeln ,Aggressivitat ,Einknicken

Lob der Dummheit: Rechtsabbiegen ist etwas kommunistisch verseuchtes und muß weg - leider haben wir in Amerikanoch keine bundesdeutschen Politiker Deutschland ist z.Z. im Deppen-Rausch. Nach Veronika (Feldbusch) kam Ste-fan (Raab), bald wird auch der private Schlussellochkanal so große Erfolge feiern wie Big Brother, im Web gibt esschon Familien, die sich rund um die Uhr von WebCams abbilden lassen. Viel schoner ist noch die Diskussion um denLausitzring. Die Doofkopfe sitzen diesmal in der Landesregierung. Est rucken sie so locker 241 Millionen heraus (so vielkostet ubrigens der Aufbau einer Universitat). Dann wird ein ungeheuer fahiger - wiel wahrscheinlich schon kranker -Geschaftsfuhrer bestellt, der dann auch den Lausitzring in Eurospeedway umbennt. Warum hat dieser Spezialist nichtgleich Rubelspeedway oder auch Dollarspeedway gesagt? So krank war er vielleicht noch nicht! Aber BSE geht schle-ichend voran. Er braucht jetzt wieder Geld und frißt Kreide, was aber BSE nicht aufhalten kann. Bald werden wird ingnadenloser Offenheit dann um den Begriff Euro-Heraus-Du-Affe-Ring sagen.

Wir haben uns bereits mit dem hohen Bildungsstandard des Fernsehens und auch der Lausitzer Rundschau abge-funden. Nunmehr haben Forscher herausgefunden, daß selbst die Affen beim Fernsehen mit fiebern. Wenn man denAffen zeigte, daß ein Arzt einem Affen auf dem Bildschirm eine Spritze verpaßt, dann nahm die Hauttemperatur derzuschauenden Affen ab. Jetzt konnen die Nachkommen der Affen bald auch 1 Million Euro gewinnen, wenn sie wichtigesWissen haben wie z.B. wer der erste Liebhaber von Brigitte Bardott war. Hoffentlich fragt niemand einmal nach derGroße von einem Kilogramm!

Dabei hat eigentlich schon Johann Christian Gunther diesen Typus vor 200 Jahren charakterisiert.

Viel versprechen, wenig halten. Sie entzunden und erkalten, ofter, eh ein Tag verfließt, Dies ist

alter Jungfern Hinterlist!

Krankheitsverlauf

Inkubationszeit: 3- 5 JahreNach Ausbruch der Krankheit: 6 Monate mit garantiert todlichem VerlaufIm Gehirn der erkrankten Tiere kleine Locher (Schwammartige Veranderungen) Prionen (Eiweiß in der Oberflache

von Nervenzellen, dessen Funktion nicht endgultig geklart ist)

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Die Bovine Spongiforme Enzephalopathie ist eine zentralnervose Degeneration des Rindes. Damit konnen Menschen,die durch Fernsehen und Medien ruhig gestellt wurden gar nicht befallen werden. Als letzer Ausweg bleibt ja dann nochdas Internet. Den Rindviechern hat man auch schon Musikberieselung verordnet. Leider sind die keyboards nicht soausgereift, daß schon Rinder diese bedienen konnen! BSE ist eine form der transmissiblen spongiformen Enzephalopathien(TSE). Zu TSE zahlen auch die CJK, Scrapie (Traberkrankheit) der Schafe, eine Nerz-Enzephalitis, die Chronic-WastingDisease (CWD) von nordamerikanischen Rotwild und Elchen.. TSE wird z.Z. sicher oral ubertragen, vielleicht gibt esauch weitere Wege. Es soll das infektiose Agens als fehlgefaltete Form eines korpereigenen Proteins (Prion-Protein)schuld sein, so wie eben die liebgewordenen Fehlfunktionen unserer Software wie Falsch-Word, Halb-Power-Point, War-Mal-Excel, Haste-vielleicht-gehofft-Access. Mause, denen dieses Protein fehlt, sind dagegen nicht infizierbar. Ebenso wieder Pinguin. TSE-Erreger sind außergewohnlich resistent. Nicht so wie andere Bakterien oder Viren. Weder Hitze nochionisierende Stahlung, noch UV, Detergens, RNAsen ode DNAsen konnen sie stoppen. Unter naturlichen Bedingungenerkennt unser Immunsystem weder naturlich noch pathogene Prione. Nicht einmal ein USA-Gericht kann BSE-Konzernein die Schranken weisen.

BSE oder jCFK treten bei relativ jungen auf. Bei Rindern dauert es 4 Jahre, bei Menschen weiß man dies noch nicht.Dort ist das Durchschnittsalter 27 Jahre. Man meint, daß im Sauberreich United Kingdom nur eine Million BSE Rinderin der Nahrungskette auftauchten. Als hatte Asterix doch recht - die spinnen die Briten. Aber wir haben mit Mikisoft einegute Waffe gefunden: Versionen, die immer schneller durch andere ersetzt werden. Keinesfalls ausreifen lassen, dann wirddie Krankheit nicht sichtbar. Die Inkubationszeit bei Software wird schon nicht unter ein Jahr sinken. Dumm ist bloß,daß der Mensch langer lebt. Doch halt, das laßt sich auch beheben: mit der PID, der Praimplementationsdiagnostik. Dievollstandig gemeinnutzige Gen-Industrie konnte doch Menschen Herstellen, die bereits nach einem Jahr im Arbeitsprozeßstehen, nachdem sie einen Monat noch das Gehirn aufgeladen bekamen, naturlich mit dem Wissen von Enkarta oder wieauch immer das halbrichtige Weltlexikon heißen wird. Dann haben wir das Arbeitslosenproblem gelost. Und was noch vielwichtiger ist, auch das Wahlerproblem, weil es einfach keine Wahler geben wird, die sich noch an die Wahlversprechenvon vor 4 Jahren erinnern konnen.

Creuzfeld-Jakob-Demenz

KuruBei der neuen Variante von CFK werden zu Beginn der Erkrankung starkere psychatrische Symptome beobachtet, die

bei der klassischen Erkrankung nicht auftreten. CJK zeigt primar neurologische Auffalligkeiten, die im EEG festzustellenund bei der nCJK nicht zu beoavhten sind.

Dennoch ist eine sichere diagnostische Unterscheidung zwischen CJK und nvCJK derzeit erst durch eine Unter-suchung des Gehirns nach dem Tode moglich. Die wesentlichen Symptome bei beiden Varianten der CJK sind imKankheitsverlauf weitgehend identisch: Gedachtnisverlust, Unfahigkeit zum Sprechen oder Lesen, Lahmungen, zitternin Armen, Beinen oder des Kopfes, ausladende Bewegungen des korpers, die erst im Schlaf nachlassen, unkoordinierteBewegungsablaufe, blitzartige Muskelzuckungen und epileptische Anfalle.

Regelmaßig fuhrt die fortschreitende Zerstorung des Gehirns in wenigen Monaten bis zwei Jahren zur volligenKontaktunfahigkeit mit der Umwelt und schließlich zum Tode. Eine Therapie ist nicht bekannt.

Ursachen

• Verfutterung von Tiermehl, das mit dem Erreger der Schafskrankheit Skrapie infiziert war• Ubertragung durch infektioses Material (Gehirn, Ruckenmark, Innereien)• Ubertragung auch vom infizierten Muttertier auf das ungeborene Kalb

Tiermehl von “lieben” Konzernen hergestellt (wenn das Kapital 5 % Profit riecht, dann wird es munter; wenn es 50% Profit riecht, dann ist es lebendig; wenn es 100 % Profit riecht, dann gibt es kein Verbrechen, zu dem es nicht fahig

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ist) Tiermehl und -fett hat einen sehr hohen Energiewert (15.000 - 20.000 Kilojoule pro Kilogramm), d.h. mehr als 150% des Energiewertes von Hausmull. Tierfette sogar das Doppelte und entspricht damit dem Brennwert von Mineralol.

Nachhaltigkeit

auch bei BSE

BSE erwischt zuerst die weniger Trainierten - ein Organ, das man nicht trainiert, verkummertBeispiel Gehirn

Beispiel Vieldenker wie die PolitikerBSE-Erreger konnen im Boden langere Zeit uberleben und infektios bleiben konnen. Scrapie und BSE gehoren zur

Gruppe der Transmissiblen Spongiforme Enzophalopathies (TSE). Jedes kontaminiertes Futter fressende Rind scheidetPrionen aus, die im Boden langere Zeit ubeleben konnen. Wird die Tierfutterung mit TSE eingestellt, dann scheidetdas Rind auch keine Prionen merh aus.

Der Praxisschock

Der Praxisschock als Peterprinzip

Das geplante Menschenexperiment Hochschulreform

Ein Gespenst geht um in Deutschland - das Gespenst der Hochschulreform. Das Anliegen ist edel.

• endlich geht es der Mehrheit der deutschen Profs an den Kragen - die sind namlich alle stinkendfaul und das obwohlsie von workoholics aus der Politik standig erzogen werden sollen

• sie verkriechen sich einfach in den Elfenbeiturm und horen nicht zu, wenn das Herrchen ruft kein Hund kann sichso etwas leisten

• endlich werden wir wieder wettbewerbsfahig• endlich kann der Politiker zeigen, daß er etwas leistet gegen den Reformstau und auch gemeinsam mit den besten

z.B. von der DFG die durchaus schon mafioses Verhalten an den Tag legt• Endlich wird etwas getan!• Leistungsorientiertes Besoldungssystem• das es nirgendwo in der Wirtschaft richtig gibt wer sollte sich schon dagegen aussprechen? schon gar nicht nach dem

Sieg der Okonomie uber die Gesellschaft• Ein Konzept liegt vor - exklusiv an den okonomisierten Bedurfnissen der Wissenschaft ausgerichtet• Neuordnung der Nachwuchsforderung• Alter derer die habilitieren der Nachwuchs soll schneller produzieren außerdem reicht eine Dissertation• zeigt ja auch das Beispiel BTU so z.B. Toilettenspulungsdissertation

welche Neigung brauchen die Rohre ausgetestet mit Papierkugelchen, die naturlich die Eigenschaften der sonstigenDinge nicht haben, die durch die Toiletten gehen - soll man doch in Zukunft sein Zeug in kleine Papierkugelchenverpacken!

• oder mit Hochleistungen wie 4000mg Schwefel pro Gramm Kiefernadel

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• eine Habilitation erzieht sowieso nur Druckeberger und Koffernachtrager ohne eine Chance der okonomischen Un-terstutzung

• Schnelleres Studium aber wodurch ist es denn langsam weil die faulen Profs die fleissigen Studenten anstecken undzur Faulheit anhalten oder war es vileleicht doch anders

• Außerdem: Von Amerika lernen heißt siegen lernendort sind die Profs fleißig und durch die Bank WeltspitzeTenures arbeiten viel fleißigeralle halten herausragende Vorlesungenleider merkt man international immer weniger davon und machen trotz Vorlesungen noch gute Forschungleider hat man vergessen, daß das Lehrdeputat in Amerika bei 3 Std. pro Semester liegt

• Deshalb her mit dem Tenure Track und auch mit den Zwischenevaluierungen (blode Frage, wer soll die eigentlichmachen - ach so die Politik, die alles besser versteht) damit kann man dann Fehlentwicklungen vermeiden.

• Verstarkung der Internationalisierung bei Einschrankung der Reisemittel• Forderung fachubergreifender Kompetenzen wo denn?• Verstarkung der Praxisorientierung• jedes Programm, jede Implementation eine Dissertation• woher kommen nur die vielen Professorenstellen bei den Einschrankungen?• Damit gibt es dann Arbeitsmarktchancen!• All das zeigt, daß der Verlust der Wahrnehmung der mit BSE einhergeht, schon um sich gegriffen hat!• Juniorprofessor mit 26 Jahren 4-8 Stunden Lehre Teilnahme an der akademischen Selbstverwaltung die nichts anderes

ist als die Abwalzung der Verwaltung auf die weniger Widerstandsbereiten• Prufungen jederzeit• Aufsatze produzierend bis ihm das Blut aus den Fingern spritzt (siehe meine Einlasse zum Papiertiger)• nebenbei noch Forderung weiterer Juniorprofessoren all das ohne Verengung der Breite er kann doch schneller lesen

(wie eben auch die BSE-Kuhe)• Konsequenzen, die die Gesellschaft nicht braucht• Absenkung des Ausbildungsniveaus• Fertignahrung aus den Fachhochschulen, z.B. hergestellt von Mikisoft - je dummer der Anwender um so besser bleibt

er bei der Stange• Hochmasten mit Tiermehl• Verengung der Breite• wie so oft stimmt das Etikett nicht mit dem Inhalt uberein ist wie beim Tiermehl in Wahrheit ist dies ein gewaltiges

Gehaltssenkungsprogramm Honorierung der willigen wie z.B. Amtstrager Besserstellung der effizienteren Ausbilder... an den Fachhochschulen

• siehe auch Reiche’s gewaltige Erkenntnis uber die faulen Profs an der BTU verglichen mit den halbfaulen Profs ander FHL damit auch die Attraktivitat der Hochschullaufbahn richtig verloren geht, wird der Beamtenstatus auchmit eingestampft, schließlich brauchen wir dies nicht!

Aber wir sind sowieso nicht an einem Gewinn im welttweiten Wettbewerb interessiert. Ein Informatiker, der wirklich gutist und hinreichend jung ist und auch noch nicht im Fruhstadium von BSE ist, der wird schon aus monetaren Grundeneher in die Industrie gehen. An den Hochschulen wird dann sowieso nur noch gelehrt, was die Masse der Anwenderbraucht (aufstehen, muhen, Milch geben, Tiermehl fressen fur mehr Milch oder Fleisch). Die Grunderkenntnisse von vor10 Jahren stehen offen, die neuesten aber sind Industrie-Know-How. Wer mehr uber Systeme wissen mochte, der gehedoch auf Turboweiden, auf denen auch der Turbobulle noch richtig grunes Futter erhalt. Aprobos Turbobulle: das Viehsoll schon 30% der deutschen Rinder in der Tiermehlfutterung gehabt haben.

Aber bald sind wir vollstandig out! Wozu auch noch Wissen uber Betriebssysteme, DBS, Kommunikationssystemeaus dem inneren Zirkel. Die Reinhaltung von BSE ist teuer. Und nur auf Turboweiden moglich. Deshalb ist auchdas Menschenexperiment Hochschulreform wundervoll. Und sogar ungefahrlich. Es betrifft namlich nicht die berufenenProfs, sondern nur die neu zu berufenden.

flagrant unvernunftig!endlich sind wir wettbewerbsfahigweil doch in der Wissenschaft kein Wettbewerb stattfindet

damit wollen doch nur die 68er ehe sie in die Rente gehen oder bevor die Krankheit offen ausbricht noch eine weitereHurde oder Widerstandsbastion nehmen: die Hochschulen

BSE und Software

Angstlichkeit

Torkeln

Unsere Software ist super. Die Zeitumstellung verlief bei der Telekom eben durch gute Software anders. Man ließ denWeckdienst einfach mit der alten statt der Sommerzeit 2001 arbeiten. Wozu auch - schließlich ist die Telekom eine

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50 9 BSE?

deutsche Institution, nach der sich die Sommerzeit gefalligst richten sollte. Der Pressesprecher der Telekom bestatigtezumindest, daß an den Problemen mit der Zeitumstellung die Computwer der Telekom schuld seien. Bestimmt habendie Computer und auch damit deren Hirne bereits BSE. Ich werde nun meinen Telefonrechnung genauer anschauen.Bestimmt werden die gleichen kranken Computer verwendet.

Aggressivitat

Ein typischen Kennzeichen von guter Software sind doch ActiveX Controls. Das Paradigma dieser Module ist ja: allesdurfen, so wie eben bei ”normaler” Software von Microsoft. Man muß nur an die Quellen der Power Software glauben ... sowie an das gut gekennzeichnete Tiermehl. Schließlich reicht eine Signatur! Und dann ist eben der kranke Informatiker,der anglich ist. Das geht doch nicht, nur der Mutige kann richtig arbeiten. Also schaltet doch einmal schnell dieSicherheitsabfrage ab. Schließlich stammt doch ActiveX aus der besten Tiermehlfabrik der Welt! Außerdem kann manauch mit zertifizierten ActiveX Controls Unfug machen. Außerdem werden wir ja auch bei Cookies geschutzt ... vor dereigenen Vorsicht!

Einknicken

BSE-erkrankte Informatiker

Kennzeichen

• Kontaktarmut, -unfahigkeit• Gedachtnisverlust• Unfahigkeit zum Sprechen oder Lesen• Zittern in den Armen, Beinen oder des Kopfes• ausladende Bewegungen des Korpers, die erst im Schlaf nachlassen• unkoordinierte Bewegungsablaufe, blitzartige Muskelzuckungen und epileptische Anfalle

Wir sind nicht allein

An BSE erkranken auch Politiker: Gedachtnisverlust, Unfahigkeit zum Sprechen oder Lesen, Lahmungen, zittern inArmen, Beinen oder des Kopfes, ausladende Bewegungen des korpers, die erst im Schlaf nachlassen, unkoordinierteBewegungsablaufe, blitzartige Muskelzuckungen und epileptische Anfalle.

Internet-Freunde

Vor einige Zeit sind die Politiker auf das Internet aufmerksam geworden und haben festgestellt, dass sie wieder zwis-chen allen Stuhlen sitzen. die Wirtschaft fordert Sicherheit vorm Ausspahen, Grune ebenso, Datenschutzer sind nochverrruckter. Aber Geheimdienstler und Ermittler sehen ihre Felle davonschwimmen, weil doch die Kriminellen sich stattim Wald zu treffen und dann dort vertrauliche Gesprache zu fuhren, nunmehr einfach per email verstandigen. DieseBoslinge sind naturlich auszuspahen. Wir werden dies tun! Die neue Kryptoregulierung verstoßt zwar gleich gegen dreiGrundrechte ((wirtschaftliche) Entfaltungsfreiheit, Vertraulichkiet der Kommunikation und informationeele Selbstbes-timmung), aber das stort doch praktische Typen wie eben einen Geheimdienstler nicht. Wir wollen auch unser Echelonhaben ... und zwar fur jeden Burger, einige sollten vielleicht ausgenommen werden: die schon erkrankten aus Politik,Wirtschaft etc.

Die Key-Recovery-Initiative der US-Regierung stellt doch sowieso alles unter Kontrolle von Firmen wie von Mikihart.Wenn man eigene, kreative Verfahren einsetzen konnte, dann wurde die europaische Industrie doch gewinnen ... unddas sogar noch trotz BSE.

Websites zeigen schon, wie weit wir bei den Krankheitsymtomen sind! Es gibt einige sichere Kennzeichen fur BSE-gefahrdete Seiten, die darauf verweisen daß blodsinnig erhabene an ihrer Erstellung gewirkt haben:

• Webdesign ist gleich Grafikdesign. Hochglanzbroschuren ohne Inhalt braucht man sich nicht mehr auf Messen er-stehlen, nein man kann sie sich aus dem Web saugen.

• Website mussen Pfadpfinder in ihrer Phantasie bereichern. Eine undurchschaubare Navigation ist dringend erforder-lich, damitder Benutzer nicht etwa in seine Gewohnheiten verfallt oder sofgar nach seinen Bedurfnissen die Sitebenutzt!

• Eine Website muß balaststoffreich und ubergewichtig sein. Nur dann ist sie wie unser taglich Brot verdaulich!Schwerfalliges Webdesign kommt nur mit einem Ubermaß an modischen Techniken, Grafiken, Features und Linksdaher. Man braucht Dinge, die niemanden wirklich interessieren, die es uberall gibt, die nichts zur Sache tun,ablenken und verwirren!

• Salami-Sites prasentieren ihre Information in winzige Scheibchen zerteilt.• Vortauscher-sites versprechen viel und halten gar nichts, sie sind nur gerade bei der Reorganisation.

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9 BSE? 51

• . Schwatzer-sites erklaren alles seitenlang ohne auch nur auf den Punkt zu kommen.• Las-Vegas-sites animieren ihre Besucher zu Tode, Blendwerk und Zauberei ersetzen Inhalte. Technik als Ersatz fur

fehlende Ideen.• Die Sites der Verspielten und Selbstverliebten praktizieren Design um des Designs willen. Schon anzuschaun ohne

praktischen Wert.• . Die Bastler und die Heimwerker starten aller 14 Tage einen neuen Relaunch. Uberall wird gearbeitet, nichts wird

jemals halb fertig.• Die sites der Ostenhasen lassen sie ausgiebig buddeln und Schaufeln. die wichtigsten Informationen stecken in den

metatags. Die Firmenadresse ist irgendwo auf der Kontaktseite. Preise kann man per email oder am Telefon erfragen.

Außerdem soll nun bald jeder Schuler ans Netz! Damit sie auch besser verbloden!

Die Forscher

Einige von Ihnen werden vielleicht sogar in die forschung gehen dort ist BSE noch viel weiter entwickelt!Forschungsbewertung ist etws wundervolles. Nun hat auch der saufende Politikerclan erkannt, daß es wichtig ist,

die forscher zu messen. Es wird sich bald um den Verstand gemessen. Es wird gezahlt, wie haufig jemand zitiert wird,es werden Punkte vergeben fur formale Kriterien, dies fuhrte in Amerika dazu, daß Informatikzeitschriften unleserlichwerden: Einleitung, Methodik, Ergebnisse, Diskussion in einer Sprache, die etwa so mitreißend ist wie Striptease imHorfunk, es werdne der Impact einer Zeitschrift gemessen und der eines Kandidaten ermittelt, was viele dazu veranlaßt,in englischsprachigen Zeitschriften zu veroffentlichen, obwohl sie gar nicht Englisch konnen. Dadurch wird das Englischeimmer weiter bereichert. Wir ubernehmen dann ins Deutsche die falschen Vokalbeln und sind endlich noch doofer.Englisch zu veroffentlichen fuhrt aber bei gleicher aussage zu hoherer anerkennung. Anpassung wird pramiert, auchwenn die Sprache, in der gelebt und gedacht wird, eine treffendere Wiedergabe erlaubt hatte. Damit hat wieder einmaldas Format uber den Inhalt gesiegt. Wieder einmal eingeknickt (war ja wohl ein BSE-Kennzeichen?).

Ein Beispiel hierfur bildet der Wissenschaftsrat, der uns ja kurzlich beehrte und vor dem wir uns verbeugen. An-erkannt - in Verbeugung vor der amerikanishcen tradition - wird die Beschaffung von Drittmitteln. nicht das Ergebnisder bisherigen Forschung oder die Forschungsvorhaben werden beurteilt, sondern die Summe des eingeworbenen Geldes,die einer “exakt” erfaßbaren Zahl entspricht. dies ist die Delegation der eigenen Urteilsfahigkeit an Dritte unter Wahrungdes Scheins der Objektivitat, wie dies auch beim Impactfaktor geschieht. Dabei ist die DFG bekannt durch ihre Vettern-wirtschaft. Wenn man an seinen Feind gerat, dann erhalt man bei Beantragung eines Habilitationsstipendiums seitensder DFG auch einmal flugs die Beurteilung “als Frau kann sie vielleicht etwas taugen, aber als Wissenschaftlerin kannich keine Eingung erkennen”. Kein Stasigutachten kann so vernichten wie ein anonymes DFG-Gutachten.

Man kann dem nur entkommen, wenn man zum einem der Herde folgt und zum anderen von der Herde, die geradezu einem neuen Weideplatz torkelt, auch verstanden wird, weil man deren Sprache und vor allem deren Denke hat.Sagt jemand vielleicht etwas neues oder zweifelt gar am Gang der Herde, dann muß erschon erkrankt sein. Nur Kuhedie gleichermaßen mit torkeln sind erwunscht. Außerdem ist ein Gutachter in großer Gefahr seine Gutachteposition zuverlieren. Deshalb wird er sich scheuen etwas neues oder gar interessantes als solches zu bewerten. Damit kann manauch hier Krankheitsanzeichen erkenne.

In der Informatik

Abgesang

Um die Kuhe brauchen wir uns nicht weiter sorgen. Die schottisch-amerikanische Firma PPL hat nun mit dem Projekt“Immunocow‘” den richtigen Weg beschritten. Nach Vorstellungen und Planen der Firma erhalten diese Kuhe ein Immun-system, das mit dem menschlichen identisch ist. Das amerikanische Militar is beim Projekt dabei. Man will Ebolaviren,Anthraxsporen und andere Technisch-naturliche Nettigkeiten an den Kuhen testen, sie zur Antikorperproduktion an-regen, die sich dann extrahieren lassen und zur Behandlung amerikanischer Soldaten einsetzen lassen. Wohl dem, dernicht Friedensmissionen vermutet.

Dem stehen wir doch nur staunend gegenuber. Was ist denn dann eine firma Microsoft, Siemens, Philipps oder IBM?Sie ist ethisch viel besser!

CSE steht fur Computer Spongiforme Enzephalopathie.Ich wunsche Ihnen eine CSE-freie Beruftstatigkeit wie uns allen! Viel Spaß noch beim Studieren. Und noch mehr in

der Praxis!

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10

Uberleben: Lernregeln

Wege zur MachtWas der Software-Entwickler oder Wissenschaftler

von meinen Lieblingsfirmen lernen sollte

Teil 1: Semesterabschluß SS 2002, 8. Juli 2002Teil 2: Semesterabschluß WS 2002/2003, Februar 2003

Bernhard [email protected]

Robert Green: Power, Die 48 Gesetze der Macht. Carl Hanser Verlag, 19991,2.

1. Meister: Stelle nie den Meister in den Schatten.Ihre Vorgesetzten mussen sich immer uberlegen fuhlen. Man sollte seine Talente nie zu sehr zur Schau stellen.Solange der Markt von einer Software eines Partners beherrschbar ist, sollte man nie dagegen reden oder garagieren. Power point ist DAS Produkt zur Prasentation. Und Microsoft der Meister. Sonst folgt nur die Rache ...der Firma oder der community. Landed man in einer “Schule”, dann sollte man die Melodien der Schule immersingen. Hochstens eine eigene Zusatzstrophe ist gestattet.

2. Mißtraue Freunden: Vertraue deinen Freunden nie zu sehr - Bediene dich deiner Feinde.Hute dich vor Verrat deiner neidbehafteten Freunde. Werbe lieber einen fruheren Feind an.Wenn man schon ein gemeinsames Forschungsprojekt beginnt mit Freunden, die man erst ein paar Monate kenntund die man nicht erprobt hat, dann soll man sich auch nicht uber deren resultatstehlende Mitarbeiter wundern.Diese “Schnellfreunde” bzw. “Hutfreunde” (Geßler’s Hut sollte gegrußt werden, nicht nur Geßler!) schwarzendich bei nachster Gelegenheit bei der DFG an und schreiben Gutachten, die einen Herzinfarkt nahelegen! Ineinem solchen Gutachten habe ich lesen mussen: “Als Frau mag sie vielleicht fur dies-und-das geeignet sein,nicht aber als Wissenschaftlerin.” Die DFG hat sich nicht einmal der Verbreitung geschamt. Solche Vernichtungdurch geheimgehaltene Anschwarzer und durch entsprechende Akten hat also nicht mit der Wende aufgehort.

3. Verberge Absichten: Halte deine Absichten stets geheim.Verunsichere die Leute und lasse sie nicht durchblicken. Sie konnen dann auch keine Verteidigungsstrategie anwen-den.

Dein bester Freund ist Dein Computer-Programm.Dieser Slogan stammt von dem Chef der Entwicklertruppe, die fur die Musikindustrie die vollstandige Erfassungaller Musiktitel, die sich auf dem Windows-PC befinden, durch entsprechende, tief in Windows integrierte Soft-ware bewerkstelligt. Leider entgehen dem aufmerksamen Benutzer nicht die emails, die mit seinen Titeln an dieVerlage verschickt werden. Aber ein Musikhorer sollte doch nicht aufmerksam sein, sondern sich entspannen.

4. Schweige: Sage immer weniger als notig.Reden ist meist Silber, Schweigen und Wenig-Sagen dagegen Gold.Ein gutes Manual oder gar eine gute Dokumentation macht zwar die Benutzung einfach, erleichtert aber auch

1Eines der besten Bucher der Neuzeit regt auch an, die Dummheiten im Beruf etwas zu verarbeiten. Dazu mußman sicher uberspitzen, aber liegt meist richtig!. Machiavellis gab es immer wieder. Sie haben mehr zur Aufklarungbeigetragen als die Utopisten.

2Im italic-Stil werden die Ideen von Robert Green angezeigt. Unser Kommentar beschrankt sich auf die Kate-gorisierung, z.T. auf die Reformulierung der Uberschriften bzw. die Adaption und Reformulierung der Ideen undvor allem die Beipielerlauterung und die Ubertragung in die Welt der Informatik.

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dem Gegner, sein Produkt gegen deines zu plazieren. Deshalb soll eine Dokumentation fehlerhaft, unvollstandigund hochgradig widerspruchlich sein. Andernfalls, konnte man sie ja gegen dich verwenden. Nur ein von derFirma geschulter Benutzer kann uberhaupt mit dem Programm zurecht kommen. Das Schulungssystem vonFirmen wie SAP wurde zusammenbrechen, wenn es eine gute Dokumentation zu SAP R/3 gabe. Schulung sollauch nicht schulen, sondern durch verirren in die Tiefe der SAP-Hohle weitere Abhangigkeiten entwickeln. Eingut geschulter Entwickler oder Anwender der eigenen Software sollte stets in die Lage versetzt werden, sichtiefere Tropfsteinhhlen selbst zu erschließen und neue Hohlen zu gestalten. Dummheit macht nicht etwa frei,sondern abhangig. Deshalb muß man durch Schulung dummschulen.Eine wichtige Form des Schweigens ist das Verschweigen. Man sollte trotz besseren Wissens keinesfalls andere,vielleicht sogar bessere Zugange bekanntgeben. Negative (vielleicht sogar mathematisch-bewiesene) Resultatezur eigenen Religion kennt man nicht und sollte sich auch huten, solche zu zitieren. Nur so uberlebt die eigeneReligion!

5. Ruf: Ohne einen guten Ruf geht nichts - Schutze ihn mit allen Mitteln.Reputation ist der Eckpfeiler der Sicherheit. Deshalb sollte seine Pflege im Vordergrund stehen. Zerstore die Repu-tation der Gegner und lasse die Offentlichkeit richten.

6. Aufmerksamkeit: Mache um jeden Preis auf dich aufmerksam.Alles wird nach dem Außeren beurteilt. Deshalb sollte man nie in der Menge untertauchen, sondern sich großer undinteressanter machen.Bei jeder Gelegenheit muß man eine (wenn auch unsinnige) Frage stellen. Erst wenn alle seufzen “Oh’, schonwieder M.S.3” und sich freuen, wenn man nicht fragt, ist das Ziel erreicht. Und wenn man schon reden darf,dann sollte man brillieren und nicht etwa durch Qualitat oder gar Tiefgrundigkeit uberzeugen oder gar zumDenken anregen. Deshalb muß eine Folienprasentation durch Schnickschnack so brillieren, daß sich keiner mehran den Inhalt erinnert.

7. “Boss”: Laß andere fur dich arbeiten, doch streiche die Anerkennung dafur ein.Bediene dich der Intelligenz, des Know-hows und der Beinarbeit von anderen, um mit hoherer Effizienz und TempoZiele zu erreichen.Es sollte keine Arbeit geben, die im Dunstkreis entstanden ist, auf der man nicht seinen Namen (moglichstan erster Stelle) findet. Man muß die Arbeiten nicht unbedingt lesen. Wenn die Einreichung schief geht, dannhat man noch Gelegenheit zum Prugeln. Ein guter Chef ist man erst ab 20 Arbeiten jahrlich ... als Koauthor.Richtig gut ist man ab 50 Arbeiten mit einem Gesamtumfang von 1000 Seiten jahrlich. Dann braucht man sichdes Nichtlesens auch nicht zu schamen, weil keiner mehr erwartet, daß man soviel liest. Man sollte seine Elevenauch dazu erziehen gegen alle anderen auszuteilen und zwar kraftig (insbesondere in Survey-Arbeiten, in derman richtig niedermacht, ohne noch eine Widerrede befurchten zu mussen.Ein besondere Form der Machterzwingung ist die Prokrustus-Methode von Sehr-Klein-Weich.Prokrustus hat bekanntlich seine Gaste durchstandardisiert. Wer zu lang fur das Gastebett war, dem wurden dieFuße abgeschnitten. Heute ist man hier sogar konsequenter, weil der Kopf nicht ausgespart wird. Wer zu kurzist, dem wurde ein Streckverfahren verordnet.Diese Methode bedingt, daß letztendlich alles durch-geexcelt, ver-wordet oder umge-powerpointed wurde. Nie mehrkann man sich von den MS-Formaten losen, ohne nicht doch das Gastebett ertragen zu mussen.

8. “Oberhirte”: Laß die anderen zu dir kommen - Kodere sie, wenn es notig ist.Behalte die Kontrolle uber das Handeln der Gegner. Sie sollten besser zu dir kommen. Man kann auch mit fabel-haften Versprechungen locken und das Heft in der Hand halten.

9. Am Anfang war die Tat: Taten zahlen, nicht Argumente.Triumphe, die mit Argumenten erreicht wurden, verfliegen oder werden unwirksam wie Pyrrhussiege. Man zieht nurnoch mehr Zorn auf sich. Besser sind Fakten.

10. Meide Kranke: Ansteckungsgefahr: Meide Ungluckliche und Glucklose.Seelenzustande sind ansteckend. Ungluck zieht Ungluck an. Suche die Gesellschaft der Glucklichen.Liebe UML solange es die anderen tun. Laß deine Nichtfreunde UML umbringen. Wenn das passiert, dann warstdu nie UML-Freund!

11. Abhangige: Mache Menschen von dir abhangig.Um unabhangig bleiben zu konnen, mußt du gefragt sein. Je mehr andere sich auf dich verlassen, umso mehr Freiheitgenießt du. Man darf den anderen nicht soviel beibringen, daß sie ohne dich zurechtkommen.Die deutsche Ingenieurskunst - nicht nur die Softwarekunst - ist gepragt durch den Zwang zum Abhangigmachen.Es darf kein Produkt das Haus verlassen, das eine lange Lebensdauer hat. Ein gut am Markt plazierbares Produktmuß storanfallig, wartungsintensiv und nicht allzu lange haltbar sein. Je nach Lange der Garantiezeit (Wie hatdoch die deutsche Industrie gegen die Verlangerung von 6 Monaten auf zwei Jahre gewettert!) darf ein Produktden Benutzer erfreuen und muß abhangig machen. Wie Drogenhandler schont die Industrie durch garantiert-x-tage-funktionierende Produkte erst einmal den Benutzer, um nach der Garantiezeit dann mit teuren Drogenden entgangenen Profit nachzuholen. Damit ein Benutzer die nachste Version kauft, kann man ja auch uber

3Oft auch Akronym von Multipler Sklerose.

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10 Uberleben: Lernregeln 55

Fernwartung jegliche Zwangsmaßnahmen einrichten.Veroffentliche nur einen Teil Deiner Resultate und zwar soweit wie man vollstandigen Glauben aufbauen kann.Eine gute Vermarktung der eigenen Fahigkeiten erfordert, daß der Leser nie mehr davon loskommt. Deshalb sindvollstandige Beweise oder einfach zu lesende Publikationen Gift. Eher sollte man Arbeiten schreiben nach demDelta-Prinzip. Man gebe nur soviel vom Wissen preis, daß die Arbeit veroffentlicht wird, keinesfalls aber soviel,daß die Opfer oder Leser selbstandig und fluge werden.

12. Trojaner: Entwaffne deine Opfer mit gezielter Ehrlichkeit und Großzugigkeit.Ein einziger ‘aufrichtiger’ Schachzug kann Dutzende von Tauschungstricks verbergen. Offenherzige Gesten derGroßzugigkeit und Ehrlichkeit lullen den mißtrauischsten Menschen ein.Man kann mitunter auch bekanntgeben, was die Software nicht kann. Solange die Konkurrenz nicht das bessereProdukt haben kann, sollte man dies auch tun. Die Firma Oracle hat z.B. vor einigen Jahren mit middle-ware soweit abgeschlossen, daß verkundet wurde, daß nur die eigene Anbindung uberhaupt die Integrationgewahrleistet. Man wußte zu diesem Zeitpunkt schon, daß der vorgeschlagene Weg eine Sackgasse ist, undhoffte zugleich, daß die Konkurrenz auch diesen Weg geht ... was diese auch partiell tat.Auch der Wissenschaftler kann in der Conclusion viele Forschungsthemen nennen, die er nie bearbeiten wurde, vondenen er mit Sicherheit weiß, daß sie in die Irre fuhren, oder zu denen er gar beweisen kann, daß sie nicht losbarsind.Dieser Trick ist sogar in der Vogelwelt bekannt, die vom Nest die Jager ablenken, indem sie die leichte Beutespielen. Man sollte nie mit schwierigen Themen geizen. Schließlich haben die anderen auch nur endlich viel Zeitund sind nicht in der Lage, beliebig in den falschen Spuren herumzuwuhlen.

13. Hilfe uber Fremdnutzen: Brauchst du Hilfe, appelliere an den Eigennutz.Verbundete oder Hilfe gewinnt man nicht durch Einfordern alter Gefalligkeiten. Profitiert aber der Partner, ist ergern dabei.

14. Sphinx: Gib dich wie ein Freund, aber handle wie ein Spion.Den Gegner genau zu kenn ist uberaus wichtig. Sammle mit Agenten die wichtigsten Informationen und sei einenSchritt voraus. Auch mit indirekten Fragen kann man Absichten und Schwachen erfahren.

15. Clausewitz: Vernichte deine Feinde vollstandig.Ein geschwachter Feind kann bald wieder stark sein. Vernichte den Feind auch geistig.

16. Abwesenheit: Glanze durch Abwesenheit, um Respekt und Ansehen zu erhohen.Jedes Uberangebot senkt den Preis, man wird alltaglich. Lerne, wann du gehen mußt und wiederkehren. Wert steigtdurch Seltenheit.

17. Unberechenbar: Versetze ander in standige Angst: Kultiviere die Aura der Unberechenbarkeit.Menschen sind Gewohnheitstiere und wollen im Verhalten anderer Vertrautes erkennen. Vorhersehbar handeln heißtkontrollierbar zu sein. Agiere unberechenbar. Verhaltensweisen, hinter denen man keinen Sinn und Zweck erkennenkann, verunsichern den Gegner. Er setzt seine ganze Kraft daran, sich einen Reim auf deine Schachzuge zu machen.

18. Publicity: Baue zu deinem Schutz keine Festung - Isolation ist gefahrlich.Isolation schottet von wichtigen Informationen ab, exponiert dich und macht dich zum Ziel. Das Rudel der Bun-desgenossen schutzt vor Feinden.

19. Vorsicht mit Irrturmern: Mache dir klar, mit wem du es zu tun hast: Kranke nicht die falschen.Wahle deine Opfer mit Bedacht - kranke nicht die falsche Person, sonst wird der Rest von Rachgelusten gepragt.

20. Frei: Scheue Bindungen, wo immer es geht.Ergreife selten Partei und lege dich nicht auf einer Seite oder Sache fest. Vertraue auf dich selbst und bleibe un-abhangig.

21. Bauernschlaue: Spiele den Deppen, um andere Deppen zu uberlisten: Gib dich dummer als deine Opfer.Niemand fuhlt sich wohl, wenn sein Gegenuber intelligenter ist. Deine Opfer sollten das Gefuhl haben, kluger als duzu sein. Dann haben sie weniger Verdacht auf deine Absichten.

22. Scheinaufgabe: Ergebe dich zum Schein: Verwandle Schwache in Starke.Kampfe nie um der Ehre willen, wenn du der Schwachere bist. Ergib dich lieber und sammle Krafte, habe Zeit zumPiesacken und Qualen. Warte bis er Schwache zeigt. Gib ihm nicht die Befriedigung, dich im Kampf besiegt zuhaben - kapituliere vorher.

23. Konzentration: Konzentriere deine Krafte.Schone deine Energie und bundele sie intensiv statt extensiv auf den entscheidenden Punkt. Suche dir zum Erreichender Ziele einen Patron.

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24. Die Welt ist ein Hof: Spiele den perfekten Hofling.Beherrsche die Kunst des indirekten Vorgehens. Beanspruche Macht nur auf beifallige und elegante Weise. VermeideProtzerei. Praktiziere Nonchalance. Knausere mit Komplementen. Sorge dafur, daß man dich bemerkt. Wechsle Stilund Sprache mit dem Gesprachspartner. Uberbringe nie schlechte Nachrichten. Diene dich deinem Herrn nicht alsIntimus an. Kritisiere die uber dir nie direkt. Bitte die uber dir nur selten um einen Gefallen. Mache keine Witzeuber Aussehen und Geschmack. Sei nicht der Zyniker des Hofes. Beobachte dich selbst. Meistere deine Gefuhle. Paßdich dem Zeitgeist an. Sei ein Quell der Freude.

25. Sei du selbst: Erschaffe dich neu.Eine eigene Identitat erzeugt Aufmerksamkeit, die das Publikum nicht langweilt. Bestimme dein Image nur selbst.Sorge fur wirksames oder dramatisches offentliches Auftreten.

26. Saubermann: Mache dir die Finger nicht schmutzig.Gib dich so zivilisiert und effizient wie moglich. Die weiße Weste darf nicht befleckt werden. Andere sollen dasBauernopfer sein.

27. Sektenhauptling: Befriedige das menschliche Bedurfnis, an etwas zu glauben, und fordere den Kultum deine eigene Person.Menschen suchen als Herdentiere auch Geborgenheit, haben das Verlangen, an eine Sache zu glauben. Mit wagen,schlecht interpretierbaren Worthulsen, mit Begeisterung stat Rationalitat oder gar Logik, mit Ritualen, mit der Bitteum Opfer ist man in einer ansonsten religionsfreien Zeit in der Lage, die Fans zu halten.User groups geben dem verschuchterten, entnervten ode sogar erbosten Benutzer, die Chance einer Heimat.

28. Macher: Packe Aufgaben mutig an - wenn du dir sicher bist.Wenn man sich sicher ist, sollte man die Chance nutzen. Wenn man sich unsicher ist, dann sollte man die Fingerdavon lassen. Wagemut ist nicht durch Wagemut kompensierbar, sondern nur durch die eigene Pleite. Den Tapferenbewundern alle, den Feigling keinen.“New Economy” - wie schon das doch klingt. Leider gab es nur Propheten und Nachschwatzer ... bis der Marktzusammenbrach. Obwohl die Idee gut war, besser sogar als vieles zuvor, wurde doch die Rechnung ohne denWirt, den Kunden gemacht. Dabei hatte es auch gut gehen konnen, wenn man doch nur vorher etwas Strategiegelernt hatte ... was man aber nicht in der Schule oder gar Hochschule beigebracht bekommt.

29. Grundlichkeit bis zum sußen oder bitteren Ende: Plane alles bis zum Ende.Das Ziel ist das Entscheidende. Der ganze Weg muß geplant werden, nicht nur ein Teil. Alle Folgen, Hindernisse,Zufalle und Schicksalsschlage sollte man berucksichtigen, nicht nur die Erfolge. Strategiedenken ist hyper-selten undein Garant.!

30. Spiele, aber zeige nicht die Schwere: Alles muß ganz leicht aussehen.Was man leistet, muß einfach und selbstverstandlich aussehen. Was nach Plackerei riecht, schreckt ab. Man solltenie zeigen, wieviel Arbeit dahinter steckt, sonst hat man nur Fragen am Hals. Tricks sollte man nie offenbaren.

31. Bleibe Herr im Spiel um die Macht: Laß andere mit den Karten spielen, die du austeilst.Das beste Opfer ist das, das glaubt, es hielte Dich in der Hand, das aber in Wirklichkeit eine Marionette ist. DerGegner sollte nie eine fur ihn gunstige Wahl haben. Zwickmuhlen dienen dazu, um den anderen in die Falle zulocken, die aquivalent zur anderen ist.

32. Herrschaft uber die Hoffnungen: Spiele mit den Traumen der Menschen.Die Wahrheit ist haßlich und unangenehm. Man sei nie Realist, weil dies nur Arger und Desillusion bringt. DasLeben ist auch so schon hart. Traume und romantische Gefuhle lassen auf Oasen in der Wuste hoffen. Jeder schartsich gern um sie. Damit lassen sich sogar Massen mobilisieren ... und auch Macht.Jeder neue Version soll als die bessere, schonere verkauft werden.User interfaces sind da, um den Benutzer zu verwirren.Kunstliche Intelligenz erlaubt jedem Benutzer in der Zukunft, ohne Nachdenken beliebig schwere Aufgaben zulosen.

33. Erpresse bis zum Ende: Fur jeden gibt es die passende Daumenschraube.Jeder hat eine Schwache, eine Lucke im Festungswall. Meist sind Unsicherheiten, nicht beherrschbare Gefuhle, kleineLaster oder unstillbare Bedurfnisse gute Daumenschrauben.

34. Verpackung ist alles: Handle wie ein Konig, um wie ein Konig behandelt zu werden.Wer sich vulgar gibt, wird so behandelt. Ein Konig respektiert sich selbst und wird respektiert. Wer furstlich und imVertrauen auf seine Macht handelt, ist dazu bestimmt, die Krone zu tragen.Verpackung ist eine wichtige Waffe. Eine gebundene Arbeit ist immer wertvoller als eine geniale, aber ungebun-dene.

35. Carpe diem: Meistere die Kunst des timings.Man sollte nie in Eile erscheinen. das Genie hat alles zur rechten Zeit. Hast verrat, daß man weder Zeit noch sich

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selbst unter Kontrolle hat. Wenn man Geduld zeigt, dann geht letzten Endes doch alles zu den eigenen Gunsten aus.Zeitgeist und Trends spuren bringt Macht. Zuruckhaltung und Losschlagen zum richtigen Zeitpunkt auch.

36. Bleibe auf Deinem Niveau: Vergiß, was Du nicht haben kannst. Verachtung und Ignoranz ist diebeste Rache.Das schlimmste ist, wenn man sein Niveau der Inkompetenz erreicht hat, und es andere auch merken. Wenn manein kleines Problem hat, muß es erst wichtig und groß erscheinen. Kleine Fehler werden oft erst richtig groß, wennman sie repariert und andere dies bemerken. Je weniger Interesse man zeigt, umso uberlegener wirkt man.Warum sollte man eine Theorie der Objektorientierung haben? Besser ist es, eine solche gar nicht zur Kenntniszu nehmen. Dummheit schafft auch Ruhe. sonst konnte man ja gar nicht mehr schlafen.

37. Die Welt ist ein Zirkus: Inszeniere packende Schauspiele.Eindrucksvolle Szenen verschaffen ein Gefuhl der Macht. Eindrucksvolle, flimmernde Vorfuhrungen, optische Spiel-ereien und strahlende Symbole starkt die Prasenz. Geblendet von Schein, nimmt niemand die Wirklichkeit wahr.Jeder Halbpapst der Wissenschaft weiß, wie genugtuend es ist, einen Vortragenden, der ansonsten brilliant war,mit einem kleinen Fehler nieder zu machen.Power point ist eine Waffe der Blender.

38. Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten: Die Sprache ist dem Menschen gegeben, um seineGedanken zu verbergen.Denke, was Du willst, aber verhalte Dich wie die anderen. “Die Gedanken sind frei ...” war einer der Anti-Werbespotsder Schlapphute wie z.B. Horch-und-Guck. ... vielleicht nun auch wieder. Wer sich fruher gegen den Strom oder denTon der Zeit stellte, der wollte doch bloß angeben und durch unorthodoxe Verhaltensweisen protzen. Man will damitnur um Aufmerksamkeit buhlen. Damit kann jeder auf solche Kreaturen herabblicken. Es ist viel sicherer, ‘normal’zu sein. Originalitat sollte man nur den engsten Freunden offenbaren.Wenn die Katze selbst schon objektorientiert ist und alles UML liebt, dann kann man nicht anders, als derKatze zu ahneln und UML-Liebesgedichte zu schreiben. Mainstream ist in. Ein gutes paper in den 90ern hatte‘objekt-orientiert’, ’Multimedia’, ’intelligent’, ’Internet’ im Titel. Die Modeworter muß man kennen, um sein Tunzu verbergen! Und erst recht seine Gedanken. Und wenn man schon an der Zukunft forscht, dann sollte man diesinsgeheim tun. Und mit Resultaten erst herauskommen, wenn dies die Welt und insbesondere die Stanford-Guruswollen und brauchen. Man kann nicht den Papst kritisieren, wenn man auf seiner Aufmerksamkeitsliste oder garseiner Lohnliste steht.

39. Erzeuge den Sturm, aber bleibe der Herr: Schlage Wellen, um Fische zu fangen.In der Ruhe und Objektivitat liegt die Kraft. Die Gegner mussen nervos, unruhig sein, um Energie zu vergeuden.Jeder hat seine Achillesferse, mit der man aus dem Gleichgewicht kommen kann.Man muß vor jeder Messe oder jeder Prasentation richtig angeben, das Blaue vom Himmel versprechen. Wennman etwas davon halt, dann wird man auch der Herr der Ringe bleiben.

40. Geschenkte Gaule haben faule Zahne: Verschmahe das Gratisangebot.Was es umsonst gibt ist trickreich, dient nur schlechten Absichten oder will Verpflichtungen erzeugen. Was von Wertist, hat seinen Preis. Wenn man selbst bezahlt, ist Schuld, Dankbarkeit oder auch Betrug kein Thema. Exzellentesmuß nicht rabatierbar sein. Wer das Geld hat, um voll zu bezahlen, besitzt meist auch Macht.Wie schon ist es doch Java herunterzuladen. Sie haben es und konnen beliebig schone Programme schreiben.

41. Sei einzigartig: Trete nicht in die Fußstapfen eines großen Mannes.Was einmal groß ist, bleibt nicht ewig so. Wer beruhmten abstammt, muß dreimal besser sein, um anerkannt zuwerden.Eine gute Software darf keinen Vorganger habenAm besten fur den Halbwissenschaftler ist es, man stammt uberhaupt nicht ab.Der wichtigste Publikationsgrundsatz ist NROPP: Never read other people’s paper. Und wenn man es dochtun, dann sollte man dies nie zugeben. Und wenn man gar zum Vergleich gezwungen wird, dann sollte man dieSpuren von Haaren in der Suppe suchen und diese gewaltig aufbauschen.

42. Der Fisch stinkt vom Kopf: Erschlage den Hirten, um die Schafe zu zerstreuen!.Probleme werden oft durch einzelne verursacht. Erschlß2agt man den Hauptling, sagte Pontius Pilatius, dann zer-streut sich die Herde ... zumindest fur einige Zeit. Propheten und Gegner mit Aura sind auszumachen und kalt zustellen. Wenn man die Ursache der Probleme beseitigt, dann ist man auch die storenden Schafe los.

43. : Arbeite mit Herz und Geist der anderen.Loyalitat ist auch scheinbare Bundnispartnerschaft. Zwang erzeugt Reaktion, die schadet. Loyale Schachfigurenkonnen uber deren Schwachen und Wunsche gefuhrt werden ... und vor allem auch bei den Ideen abgeschopft.Man sollte mit allem spielen, was den anderen lieb und teuer ist oder auch was sie furchten.

44. Spiele mit aber wisse darum: Lasse die anderen sich im Spiegel erkennen.Spiegel dienen nicht nur der Selbsterkenntnis, sondern konnen auch nachhaltig verunsichern. Schachspieler, die dieZuge anderer einfach nachmachen, konnen mehr verunsichern. Wenn man mitheult im Rudel, ist man sicherer.Man ist auch glaubwurdiger in der Kritik spater nach dem Ausscheiden aus dem Rudel.

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58 10 Uberleben: Lernregeln

45. Evolution statt Revolution: Predige notwendigen Wandel, aber andere nie zuviel auf einmal.Jeder Softwareversion sollte der vorhergehenden maximal gleichen. Benutzer sind trage und sollten nie uberfordertwerden. Es widerspricht ihrem evolutionaren Vorgehen, wenn sie nun auch noch Revolution in den eigenen Dateienspielen sollten.

46. Zeige unwesentliche Schwachen: Sei nie zu perfekt.Wer besser ist als andere und noch dazu fast perfekt, wird bald erlegt durch seine Neider.Anmerkung und Erganzung: Die Politik der großten unwesentlichen Fehler wurde schon oft propagiert: Ein Fehlersollte so groß sein, daß man dadurch auch seine Schwache zeigt, aber auch so klein, daß man dadurch nicht her-ausgeworfen wird.

Jeder, der sich gegen Amter wehren muß, weiß, wie schwer es mitunter ist, ‘nein’ zu sagen und auch abwehrenzu konnen. Von Parkinson gibt es die kleine Story um seine Abwehr des Gewahltwerdens zum Dekan seinerFakultat: Er stellte sein Auto auf dem Platz des Rektors ab. ... Er wurde nicht zum Dekan gewahlt.Analoges kann man auch in der Arbeit praktizieren ... aber mit hochster Vorsicht! Mochte man nicht mehrSenatsvorsitzender sein, dann muß der Fehler schon hinreichend groß sein, was dann aber zu sehr schwerenVerwerfungen in der Bekanntschaftstruktur fuhrt.

47. Siege mit Bedacht: Schiesse nie uber das Ziel hinaus. Der Sieg ist der Zeitpunkt zum Aufhoren.Der Moment des Sieges ist oft der Moment hochster Gefahr. Fehler in Siegeslaune wiegen doppelt so schwer undbringen oft mehr Feinde, als man sich spater wunscht. Sorgfaltige Planung und kluge Strategie sind durch nichtsersetzbar. Man sollte sich ein Ziel setzen und dann dort auch aufhoren.

48. Ein Opportunist ist schwer zu ermorden: Strebe nach Formlosigkeit.Wer genaue Konturen hat, ist leichter zu packen und somit zu erledigen. Es sollte keine vollstandige Gewißheitgeben und kein Gesetz auf ewig gelten. Geschmeidig und formlos wie Wasser holt jeden Stein. Alles verandert sich.Stabilitat und ewige Ordnung sind ‘out’.

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Deutschland - einzig Jammertal!

Semesterabschlußvorlesung WS2002/2003

Johannes R. BecherEin Text, der seit 1971 nicht mehrgesungen werden sollte bzw. durfte.

Bulat OkudschawaFrancois Villon

Auferstanden aus Ruinen Solange die Erde sich noch dreht, solange noch das Licht hell ist,Und der Zukunft zugewandt gib jedem, Herr, was er nicht hat:Laß uns Dir zum Guten dienen Dem Weisen gib einen Kopf, dem Feigen gib ein Pferd,Deutschland einig Vaterland dem Gluecklichen gib Geld ... Und vergiss auch mich nicht dabei.

Alte Not gilt es zu zwingen Solange die Erde sich noch dreht - es steht in deiner Macht, Herr! -,und wir zwingen sie vereint lass den, der nach Macht giert, seinen Machthunger ganz und gar stillen,Denn es muß uns doch gelingen dem Freigiebigen goenne eine Verschnaufpause, wenigstens bis zum Tagesende,Daß die Sonne schon wie nie lass Kain bereuen ... Und vergiss auch mich nicht dabei.uber Deutschland scheint.

Ich weiss: Du vermagst alles, ich glaube an Deine Weisheit,so wie der sterbende Soldat glaubt, dass er im Paradies weiterleben wird,

so wie jedes Ohr Deinen leisen Reden glaubt,so wie wir selber glauben, ohne zu wissen, was wir tun!

Herr, Du mein Gott, Du ein Gruenaeugiger!solange die Erde sich noch dreht - worueber sie selber staunt -,

solange sie noch Zeit vor sich hat und ihr Licht brennt,gib allen ein wenig ... Und vergiss auch mich nicht dabei.

Diese Lektion ist eigentlich eine Lektion zur Geschichte der Dummheit, die man allethalben weiterschreiben kann. Siebegegnet einem uberall. So sind z.B. die Energie-Spieler in Dubai. Die Lausitzer Rundschau berichtet am vergangenemFreitag, daß die Energie-Spieler nun auch im Roten Meer baden. Sogar mit Bild dazu! Ich dachte, Dubai liegt amPersischen Golf.

Aber kommen wir lieber zum Jammern! Ich bin erstaunt, wer alles jammert! Voriges Wochenende war ich zurPremiere von Boris Godunow. Ich traf dort zu miner Uberraschung auch Kollegen (sonst trifft man am Wochenendekeine Kollegen - fast alle wohnen doch an ganz anderen Orten), dem ich auch noch etwas zum neuen Jahr wunschenwollte. Seine erste Frage war, ob es uns in der Informatik auch so schlecht geht. Ich fuhlte mich wieder auf dem Bodender Tatsachen: Deutschland - einzig Jammerland!

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60 11 Deutschland - einzig Jammertal!

Deutschland im Jammertal

Wie hieß es doch fruher einmal?

Auferstanden aus Ruinen

...

Deutschland einig Vaterland!

NEIN

Deutschland - einzig Jammerland!

Kommt es Ihnen auch manchmal uber, wenn man hort, was alles kurz vor dem Zusammenbruch ist?Jeden Tag kommt eine neue Meldung! Man kommt gar nicht mehr hinterher, man kann gar nicht mehr sortieren.

Jeden Tag eine neue Horrormeldung. Ich stumpfe langsam ab. Ich brauche jeden Tag neuen Horror. Ich schaue dochgern Hollywood-Filme! Und dabei muß es auch immer heißer hergehen. Ich brauche meine nachste Horrormeldung!

Jeden Tag treibt ein Politiker eine neue Kuh durchs Dorf. Schauble hatte eine neue Idee am 18. 1. 2003: AlleRentner sollen in die Rentenkasse einzahlen. Finde ich hervorragend! Endlich einmal Kreativitat. Und was wird nachdem Kuhtreiben? Die neue Jammerwelle fangt an. Es ist der Katzenjammer. Schon wieder nicht geklappt.

Jammern auf hochstem Niveau

Auch mir geht es schon am Morgen schlecht. Man schaut in den Spiegel, sieht, daß man alter wird, weiß gar nicht mehr,was man noch alles tun wollte. Richtig jammervoll.

Dann schaltet man das Radio ein. Und man hort die letzten schlechten Meldungen. Der Industrie geht es schlecht.Den Bauern geht es schlecht. Dem Staat geht es schlecht. Eigentlich geht es mir auch schlecht. Ich muß auch noch etwasjammern. Dann kommt ein Interview. Allen geht es noch schlechter als mir.

Einfach furchterlich!Wissen Sie in welchem Marchen am meisten gejammert wird? Die Ziege Schmeck-Schmeck-Schmeck und die Insassen

des Schlaraffenlandes sind die Spitzenreiter! Ist das nicht komisch?Ich empfehle den Oberjammerern einfach einmal eine Reise von Wien nach Bratislava mit dem Vorortzug zu un-

ternehmen. Dabei lernt man, daß die Welt doch viel weniger allen ein solch hohes Niveau bietet.

Wessis haben von den Ossis eines in Perfektion gelernt: Jammern

Jammern im Osten hatte eine andere Funktion: abreagieren und Trost suchen. Nach dem Jammern hatte man sichverstandigt und konnte nun getrost und munter an das Tageswerk gehen. Jetzt ist dies ganz anders. Man jammert inhochsten Tonen und aus vollen Rohren. Außerdem sollte beim Jammern aufgezeigt werden, daß es gerade dieser Gruppeam allerschlechtesten geht.

Jeder versucht seinen Beitrag. Der Arbeitgeberprasident jammert uber die hohen Steuern fur die Betriebe. Da hater Recht. Siemens hat schon lange keine Steuern mehr gezahlt. Daimler oder fruher Mercedes auch nicht. Und die vielenmittelstandigen Unternehmen ... auch nicht. Na ja, man fuhlt sich fur blod verkauft. Wieso denn hohe Steuern, wenn ersie nicht zahlt. Oder? Jammern hat hier eine wesentliche Funktion: Prophylaxe! Man muß vorsichthalber jammern, umnicht vielleicht noch etwas abgezogen zu bekommen.

Herr Hundt hatte auch einen anderen Grund zu Jammern: Er mochte auch noch einmal wahrgenommen werden. Esdient also zum Zweiten dem Ego!

Jammern hat noch eine psychologische Wirkung: Man schießt den Horer reif. Entweder erweckt man sein Mitleidoder man erschreckt ihn so, daß er auch bereit ist schlimmeres zu akzeptieren. Man ist bereit, abgezapft zu werden!

Was man eigentlich von den Bauern lernen sollte

Bauern sind Meister im Jammern. Mal ist die Ernste schlecht, mal hat eine Kuh zu spat gekalbt usw. usf. Aber dasJammern hat eine andere Funktion: “Von mir kannst Du nichts erhalten”! Es gibt einen guten Spruch der Bauern mitden großten Kartoffeln: Bauern haben nie Geld ... bis auf den Moment, an dem die Tochter verheiratet werden.

Aber vielleicht sollte man doch von den Bauern lernen. Ich erinnere mich noch recht gut an unser Einzelbauerdasein.Jedes Jahr zum Jahresende die gleiche Prozedur:

• Man setzt sich zusammen,• rechnet nach, was man fur das nachste Jahr hat,• uberlegt, was man als wichtig, weniger wichtig, als nebensachlich unter den Zielen klassifiziert, und• leitet ab, was man dann mit den nur 50 Zentner Saatkartoffeln und 200 Zentnern Saatgetreide zur Erhaltung der

strategischen Herdbuchherde tun kann, was man nicht braucht und was Luxus wird.

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11 Deutschland - einzig Jammertal! 61

Ach haben es die Bauern doch einfach!Die schonste Horrormeldung ist z.Z.: Brandenburg ist pleite! Es fehlt eine ganze Milliarde Euros! Eigentlich bedeutet

dies nicht, daß man pleite ist, man hat namlich nur zu wenig Euros! Oder einfach zu viele Wunsche! Man hat nun nachdem “Sparen” (das eigentlich eine andere Bedeutung in der deutschen Sprache hat... namlich zurucklegen fur schlechtereZeiten; gemeint ist hier streichen oder “einsparen”) auch noch die Pleite an der Wand. Eine Firma ist Pleite, wenn siegroßere Wunsche hat, als sie verwirklichen kann. Irgendwie verstehe ich das nicht mehr.

Die Bauern hatten es doch einfacher!

Nicht vor Saddam Hussein sollte man Angst haben, sondern vor Bush und Echelon

Aber Jammern ist vielleicht nur eine Schutzreaktion. Man hat Angst vor einem Krieg, der weder rational noch begrundbarist. Die Kriegshysterie erinnert die Rentnergeneration an die vor Beginn des 2. Weltkrieges. Ein bleibender Eindruckmeiner Kindheit waren die langen Ruinenstraßen in Dresden.

Man muß sich einfach abjammern! Und vor allem, man kann unseren amerikanischen Freunden nicht trauen. Diegleiche Begundung wie fur den Krieg mit dem Irak kann man auch auf Deutschland anwenden. Die gleichen Grundegelten fur ein volles Flachenbombardement von Brandenburg, Berlin, Munchen. Solche kleinen Kollateralschaden gab esja schon in Dresden, Hamburg, Berlin ... ubrigens auch durch amerikanisch-britische Bomber. Die Argumentationslogik isauch die gleiche wie die zu Afghanistan. Die Achse des Bosen liegt aber weiter weg. Die Arsenale sind voll, Waffenmessenbringen keinen Absatz mehr, also muß ein Praventivkrieg her. Das Wort Praventivkrieg hatte es eignetlich verdient zumWelt-Unwort des Jahres zu werden. Aber Bush ist zu allem fahig. Schließlich ist Bush auch nur durch Wahlbetrug andie Macht gekommen. Stellt ihn auf eine Stufe mit Berghofer. Dann sind wir vielleicht danach dran? Oder noch davor?Gut, daß wir kein Ol haben! Sondern nur den Mollemann!

Also, dann doch lieber Jammern zur Abwehr!

Strategen gibt es wenige, aber man kann auch dazulernen

Es gibt Strategieseminare. Dort werden die Teilnehmner nach Timbuktu versetzt. Dort leben die Stamme in Ruhe,konnen sich vernunftig ernahren, haben aber auch ihre Probleme, z.B. die sehr hohe Kindersterblichkeit.

Nun durfen die Seminarpolitiker ran. Sie verbessern die medizinische Versorgung. Damit wird mehr Nahrung ge-braucht, also die Viehhaltung intensiviert. Nun endlich muß mehr Wasser herbei. Man bohrt also. Damit versauern dieBoden. Endlich gibt es genug, aber das Land verodet.

Das ist nicht real? Doch die Sowjetunion hat mit der Neulandgewinnung in Kasachstan diesen Landstrich zur Steppegemacht.

Strategisch denken kann man lernen. Leider konnen dies die wenigsten. Und leider ist dies auch schwer, weil manmehr als nur das einfache Adam-Ries-Denken braucht. Man muß auf mehreren Abstraktionsstufen denken konnen, manmuß auch zwischen den Niveaus hin und her springen konnen, man muß auch das Ganze uberblicken und auch mitAbstrakta gut umgehen konnen. Das ist also nicht so schwer.

Politiker in die “Produktion”? Nein! Besser an SimCity, um strategisch denken zu lernen

Auch Brandenburg ist ein armes Land. Was man auch an Großprojekten anfaßt, es wird in den Markischen Sand gesetzt.CargoLifter, Großflughafen, Lausitzring, Chipfabrik ... Ist doch schrecklich! Zumal man sich Wirtschaftsminister mitungeheurer Vorbildung leistet. Da kommt ein falscher Professor, der einmal Burgermeister von Wiesloch war. Wieslochist ubrigens kleiner als Forst. Schrecklich auszudenken, wenn jeder Burgermeister jetzt einfach einmal ein paar Jahreals Wirtschaftsminister arbeiten kann! Dann kann doch jeder einfach ein paar Dubai-Kredite erhalten ... im Gegenzugfur ein paar Landesvertrage?

Politiker sollten auch in anderen Kategorien denken lernen als nur an Diaten und ihre Altersversorgung. Dabeihaben sie sich schon die Taschen ausreichend vollgestopft!

Politiker sind beratungsresistent. Ich habe vor etwas mehr als einem Jahr ein richtig gutes Konzept zur Bekampfungder Arbeitslosigkeit Herrn Schroder vorgeschlagen. Die Antwort aus dem Schroder-Korps war: Ich soll aufhoren zudenken, man denkt bereits schon fur mich. Ich soll abwarten, was aus den guten bisherigen Konzepten wird. Ich solleinfach etwas mehr mich mit der Drehturausbildung der Arbeitsamter anfreunden: Arbeitslosigkeit - Ausbildung -Arbeitslosigkeit - Ausbildung - ... usw.

Aber denken ist eine weitlaufige Sache und sehr schwerEiner meiner akademischen Lehrer hatte auch Lebensweisheiten parat wie “ein Organ, das man nicht benutzt,

verkummert.” Er meinte andere Organe, aber leider gilt dies auch fur das Gehirn. Wer es nicht benutzt, kann oder will,bei dem tritt eben der Altersstarrsinn viel eher auf. Und dann auch noch in scharferen Formen.

Ebenso wie Muskeln, ist Gehirnjogging nur mit langsamen Effekten versehen. Wenn man auf einem 10% Niveauhangengeblieben ist, dann ist ein taglicher Aufbau von 0,1 % eben mit einem sehr langsamen Ruckgewinn des verlorenenverbunden. Außerdem ist ein Muskel oder ein Organ nur behutsam wieder aufbaubar.

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62 11 Deutschland - einzig Jammertal!

Hochschulpolitik bedarf auch einer Strategie - aber welcher?

Wir wissen alle um Pisa! Schon Margot Honecker hatte als Ziel, die Schulen zugrunde zu richten, damit ein dummesWahlvolk nicht zu viel Ubung im Denken hat. Irgendwie hat man es verstanden, jede positive Idee zur Schule durchvieles zu entwerten. Nun schlagt auch noch Pisa auf die Unis durch! Was soll man da bloß machen?

Die beste Idee ist eine Evaluierung! Nur wer evaluiert die Evaluatoren? Diese sehen auch alles nur durch ihre Brilleund die ist nicht gerade berauschend.

Man hat eine Idee. Diese Idee wird nach deutschem Ansatz mit einer Umsetzungsrichtlinie versehen. In Amerikawachst man hier bereits ... leider auch nur chaotisch und deshalb mit hochster Blindleistung. Also, wir haben nun eineRichtlinie und nun muß nur noch das dumme Volk dazu gewonnen werden, diese Richtlinie, die auch noch mit demPeter-Prinzip enstanden ist (Jeder wachst bis zum Niveau seiner Inkompetenz!), umzusetzen.

Oder man fuhrt Kennziffern ein! Die sind wundervoll, weil in der Mathematik dann die geballte Weisheit steckt,weil man an Zahlen alles festmachen kann. Leider steckt in den verwendeten Gewichten auch eine Strategie. Ich wurdenur zu gern wissen welche!

Auch an dieser Universitat haben wir viel zu wenig Geld! Es war bereits vor sechs Jahren klar, daß die Versprechen(Berufungszusagen genannt) bei weitem alle Zuwendungen ubersteigen! Man wollte dies nur nicht zur Kenntnis nehmen!Aber Versprechen muß man doch halten! Und zwar unbedingt. Hier fuhrt dann das Einhalten zum “maximalem Wind-hundprinzip” oder der Prinzipien der Experimentalphysik. Bekommt man Geld, dann muß es sofort ausgegeben werden... schnell ... nicht etwa sinnvoll. Danach kann man schreien ... und jammern, jammern, jammern. Und wer am lautestenjammert, wird erhort. Deshalb muß man eben auch das Jammern uben.

Und wir haben auch hier kein Geld! Was soll man nun tun? Ich wunsche mir, daß sich auch hier eine MengeLeute findet, die statt zu jammern an Konzepte denkt, an Strategien. Und dazu gehort auch eine Strategie derGesamthochschule! Leider kampft jeder fur sich, leider gibt es keine Konzeption. Auch nicht im Kleinen. Ich wartenoch immer auf die Gesamtkonzeption des IKMZ. Eigentlich konnte dieser Punkt bereits zum Aufschwung genutztwerden!

Ich habe mir als Senatsvorsitzender oft gewunscht, einmal uber Strategien mit nachdenken zu konnen. Stattdessenwaren Ordnungen, Richtlinien, Berichte dran. Außerdem Verteidigungswettkampfe um das liebgewonnene. Strategischmuß aber auch hier einiges entstehen, damit man mit den Landesbeschrankungen zurecht kommt. Aber was macht man,nachdem erkannt wurde, daß die Studentenzahlen in der Regelstudienzeit zu gering sind. Man veranstaltet Umfragensowohl bei den Studenten als auch den Verursachern. Da hatte man doch glatt Emnid befragen konnen.

Zur Strategie gehort auch die Analyse. Aber das geht mir heute zu weit!

Mein Wunsch

Ich wunsche mir eine optimistische Umgebung,sonst gehe ich in meine innere Emmigration,

d.h. in die Wissenschaft, in der laßt es sich gut leben und traumen!

Ich wunsche mir mehr Strategiediskussion,damit ich mir uberlegen kann, wie ich mich einbringen kann!

Ich wunsche mir auch Durchsetzungsvermogen,damit ich nicht allein mit meinem Wunsch stehe!

Kurzum, ich wunsche mir die Aufbruchstimmung der Nachkriegszeit!Oh! Scheibenkleister, da war doch etwas vorher?

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Part II

Kieler Abschlußvorlesungen

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SemesterabschlussSS2005

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Jeder neue Tag - ein neues Kapitel im Buch der Dummheit

SemesterabschlussSS2005Donnerstag, 14.7., 9.20

Kieler Pisa-Forscher bereiten Studie 2006 vorBis eine Pisa-Studie auf dem Tisch liegt, gibt es viele Aufgaben zu bewaltigen. Die Fragen werden zentral in Aus-

tralien ausgearbeitet, die deutschen Mitarbeiter in Kiel mussen sie dann aus dem Englischen ubersetzen und sortieren,die Antworten schließlich auswerten. Momentan laufen die Vorbereitung fur die Studie 2006 auf Hochtouren. Viel zutun fur die sieben Mitarbeiter am Leibniz-Institut fur die Padagogik der Naturwissenschaften.

Zur Definition

Als Dummheit (auch Torheit) bezeichnet man im Allgemeinen die Abwesenheit - respektive das nur geringe Vorhan-densein - von Intelligenz bei einer Person. Der Grad an Intelligenz - oder auch an Dummheit - wird dabei versuchtuber den Intelligenzquotienten auszudrucken. Außerdem kann als eine Dummheit auch eine im Nachhinein betrachtetnicht besonders uberlegte Tat bezeichnet werden. Die Torheit der Menschen ist eines der Hauptthemen in der Bibel.Schon die ersten Menschen - Adam und Eva - (nach der Schopfungsgeschichte), begannen ihr fruhes Dasein mit einerDummheit. Beide aßen von der Frucht der Erkenntnis und wurden aus dem Garten Eden (Paradies) vertrieben.

Zitate

Die Dummheit erster Ordnung - ist die Dummheit - die vorhandene Zusammenhange nicht sieht!Die Dummheit zweiter Ordnung - ist die Dummheit - die Zusammenhange sieht - wo keine sind!Dumm ist, wer Dummes tut (Forrest Gump)Zwei Dinge sind unendlich: die menschliche Dummheit und das Universum. Beim Universum bin ich mir noch nicht

sicher. (wird Albert Einstein zugeschrieben)Selig sind die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich (Bibel, Bergpredigt, ist allerdings anders gemeint)

bzw. dumme Menschen leben glucklicher.Warum sind die Klugen so voller Zweifel, und die Dummen sich ihrer Sache so sicher? (oder so ahnlich)

Das Buch der Dummheit

Gute Literaturquellen:Die beste Quelle ist das Buch von Istvan Rath-Vegh (Aus der Geschichte der Dummheit), in dem historische Falle

aufgelistet sind: Peruckengelahrtheit, Hexenverfolgung, hofisches Leben, alter und neuer Aberglaube. Ein Kapitelchenbehandelt zum Beispiel ”Der zum Doktor promovierte Esel”, ein anderes ”Sturm auf den Parienten”. Spencer - einerder großen Erziehungswissenschaftler des 19. Jahrhunderts - hat einmal festgestellt, daß man eigentlich als Herrscherein moglichst dummes und vergeßliches Volk braucht. Dann hat man alle Chancen, auch ein guter und anerkannterHerrscher zu werden. Wir brauchen keine Herrscher, sondern nur RTL und Springer. Unser Informationsbedarf ist danngestillt.

Andere gute Quellen sind:Musil, Uber die Dummheit”, ein Traktat aus dem Jahre 1935Erasmus von Rotterdam: Lob der Torheit. Ubersetzung des Encomium moriae von 1508Uber die Dummheit. Geyer, HorstDiskursive Dummheit. Abduktion und Komik als Grenzphanomene des Verstehens. Wirth, UweUniversalenzyklopadie der menschlichen Dummheit Ein Sottisier von Gustave FlaubertIntelligenz und Dummheit. Rosing, Ina

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68 12 Jeder neue Tag - ein neues Kapitel im Buch der Dummheit

Gerhard Schmidtchen Die Dummheit der InformationsgesellschaftIntelligenz ist die Fahigkeit, ein Problem zu losen oder ein Produkt herzustellen, das in einem oder mehreren

kulturellen Kontexten geschatzt wird. Dummheit wird dagegen angesehen als Unfahigkeit, Schwache, Energielosigkeit,Nichterkennen oder auch Urteilsarmut.

Intelligenz versus Dummheit

Intelligenz dient als Zuschreibung, Steuerungsinstrument, Werkzeug, Objekt, Wert. Intelligent zu sein heißt: aktiv;tatkraftig, energiegeladen, energetisch; einfallsreich, phantasievoll, erfinderisch; unabhangig; verlaßlich, verantwortungs-bewußt; schlau; bewußt, bedachtig, uberlegt; unternehmungslustig; gewissenhaft; ehrlich. Daraus werden abgeleitet: dieChancen, die man im Leben hat, und eine Bewertung. Dummheit ist eingetlich eine Erfindung, dient zur Ausgrenzung,ist Un-Wert, manchmal auch Ausdruck von Leid und Vergessenwollen. Dumm ist, wer trage; devot, gehorsam, un-terwurfig; phantasielos, einfallslos; unehrlich; unverantwortlich, unzuverlassig; apathisch; abhangig; verantwortungslos;leistungsschwach ist.

Woher kommt Intelligenz?vom Schreibtischvon der Straßein anderen Kulturen

Intelligenz-/Dummheitsmessung

Eine der schonsten Stellen, an denen man Dummheit beobachten kann, ist die Intelligenzmessung. Nachdem wir nichteinmal wissen, was Intelligenz ist, versuchen wir zu messen. Dieses Spiel macht auch der Informatiker mit, indem erSoftwaremetirken erfindet und diese auch anwendet, den Kunden dann mit Urteilen uberzieht und sich dann wundert,warum wohl das Ganz wenig Sinn macht.

Intelligenzmessung hat eine Kanalisierungs- und Steuerungsfunktion von Urteilen, Messungen, Noten. IQ-Messungist eine Art von Verdummung: Messung des Lernerfolges in bestimmten kulturellen Umgebungen - warum sind wohl dieAmerikaner bei amerikanischen Intelligenztests wesentlich besser im Durchschnitt? Es macht wenig Sinn, sich in eineranderen kulturellen Umgebung messen zu wollen. Die Assoziativresonanz von Fremdurteilen zu Intelligenz ist nach wievor noch dominierend. Dann waren die Europaer bei bestimmten Stammen in Afrika ausgesprochene Doofies. In derIQ-manischen Gesellschaftssicht ist ein typisches Beispiel Einsteins Verhaltenskodex fur seine Frau - der Mann war dochbekloppt und eigentlich reif fur die Klappsmuhle oder zumindest fur das Sofa!

Ein bißchen Hintergrund

Intelligenz setzt sich zusammen bei Thurstone (1937) aus den Faktoren:Verbalverstandnis,Wortflussigkeit,rechnerische Fahigkeiten,Gedachtnis,Schnelligkeit der Wahrnehmungserfassung,induktives Denken,

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12 Jeder neue Tag - ein neues Kapitel im Buch der Dummheit 69

raumliche Wahrnehmung.

Heute modernerweise Inteligenz verstanden als:Fahigkeit, komplexe Ideen zu verstehen,sich in wirksamer Weise an die Umgebung anzupassen,aus Erfahrung zu lernen,auf verschiedenen Ebenen zu denken,Hindernisse durch Denken zu uberwinden.

Bestimmungsstucke der Erfolgsintelligenz (Sternberg 1999) sind :(A) Fahigkeiten im Lebenerfolgreich zu sein,entsprechend seiner personlichen Maßstabe sich zu verwirklichen undinnerhalb einer sozio-kulturellen Umgebung wirksam zu werden.Dazu sind unterschiedliche Verarbeitungsformen zu entwickeln:analytischekreativepraktische

Wichtig dabei ist Anwendungsfahigkeit durchUmweltanpassung,Umweltgestaltung undUmweltauswahl.Deshalb muß ein intelligentes Wesen uber Techniken verfugen zur Nutzbarmachung der Verarbeitungsfahigkeitenindem sich die Starken gemacht werden,die eingenen Schwachen uberwunden werden bzw.Schwachen ausgeglichen werden.

Unterschiedliche Arten von Intelligenz

Multiple Intelligenzen:kreative oder Erfolgsintelligenzlinguistische, narrative oder verbale Intelligenzmetaphorische Intelligenzmusikalische Intelligenzabstrakte Intelligenzanalytische Intelligenzlogisch-mathematische Intelligenznumerische Intelligenzintuitive Intelligenzkristallisierte Intelligenzpraktische IntelligenzAnwendungsintelligenzpraktische Lebensweisheitimaginative Intelligenzkorperlich-kinasthetische Intelligenzraumliche Intelligenzvisuelle Intelligenzemotionale oder soziale Intelligenz:Wahrnehmung von EmotionenNutzung und Verstehen von Emotionen (zur Erleichterung des Denkens)intra-und interpersonelle Intelligenzmachiavellische IntelligenzFahigkeit zur ManipulationFahigkeit zur TauschungFahigkeit Einschatzungen vorzunehmenVermogen mentaler Reprasentation zweiter Ordnungpadagogische IntelligenzRegulierung von Emotionenspirituelle oder existentielle Intelligenz:moralische und ethische Intelligenz einschließlich WertschatzungFahigkeit zu außergewohnlichen Bewußtseinszustanden, sprituelle Fahigkeiten zur Losungsfindung (kognitive Fahigkeit

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Fahigkeiten, Fragen zu stellen, mit ihnen umzugehen; Neigungen nachzugehen

Daraus ableitet die Fahgkeit in verschiedenen Wissenschaften, Handwerken, im Leben erfolgreich zu wirken:Kunstlerische Fahigkeiten (Auffassungsgabe, Produktion (Darstellungsgeschick, Kunstfertigkeit, Ausprobieren)Technisches Verstandnis (visuelle-raumliche Fertigkeiten, Problemlosung bei mechanischen Objekten, Verstehen

kausaler und funktionaler Zusammenhange, feinmotorische Fahigkeiten)Bewegung (Korperkontrolle, Rhytmusgefuhl, Ausdruck, Entwicklung von Bewegungsideen, Reaktion auf Musik)Musik (Wahrnehmung, Wiedergabe, Komposition)Soziales Verstandnis (sich selbst, andere, Ubernahme sozialer Rollen (Anfuhrer, ¡moderator, Helfer/Freund))Mathematik und exakte Wissenschaften (Denken (numerisches, analytisches, raumliches, logisches), Anwenden

(Problemlosen, Hypothesenbildung, Experimentieren), Erkennen (Verstandnis, Theorienbildung, Beobachtungsgabe,Ahnlichkeiten))

Sprache (erzahlen (eigene Geschichten, Wiedergabe, Weiterentwicklung), beschreiben, poetischer Umgang, verste-hen)

Der Bologna-Prozeß

Abschied vom deutschen Diplom

Wechsel ohne Voraussetzungen

Punkte machen alles vergleichbar

Bachelor - ein Abschluß, den keiner braucht

Der Bachelorabschluß soll der fuhrende Abschluß in deutschland werden, weil insbesondere damit die deutschen Studen-ten oder auch die europaischen endlich in amerika studieren konnen. Wie wundervoll doch! Diese Amerikaner machenaber nicht mit. Sie erkennen eine dreijahrige Ausbildung nicht als aquivalent der eigenen vierjahrigen Ausbildung an.Aber hier haben in Deutschland einige Fachhochschulen kluger gehandelt. Es wird ein Bachelor mit 8 Semestern ange-boten. Damit lohnt es sich nicht mehr an eienr Universitat zu studieren, wenn man noch einmal in das Ausland mochte.Die Industrie wollte eigentlich den Bachelareus. Sie hat auch 50.000 Inder schon eingefordert. Vielleicht erst

Reformen, Evolution, Revolution

Agenda 2010

Arbeit, Lohn und Zeit Ihre physikalische Definition ist simpel, ihre soziale Beschreibung bereits viel schwieriger. Ob eineTatigkeit Arbeit ist oder noch naturlicher Lebensvollzug oder gar schon ein Vergnugen, wechselt situativ. Okonomischdefiniert man Arbeit deshalb als jenen Zeitvertreib, fur den man Geld erhalt, selbst wenn die Zeit (physikalisch gesehen)mit Nullarbeit verbracht wird, was taglich millionenfach auf Meetings und Besprechungen der Fall ist.

Reformen fur wen

Das Volk stortDas Volk versteht uns nichtWir wahlen uns ein anderes VolkDie Hollander und die Franzosen - man hat sie gefragt, sollte man besser nicht tunWozu die ganze Aufregung und Ubertreibung nach der uberraschend klaren Ablehnung der europaischen Verfassung

durch Frankreichs und Hollands Wahler?Dabei ist doch alles halb so wild. Die EU ist stabil und funktioniert so weiter wie bisher. Was war denn uberhaupt

die so genannte Verfassung? Doch nicht viel mehr als die Summierung der bisherigen Vertrage, mit einem neuen Außen-minister hier, ein paar neuen Abstimmungsregeln da. Mal ehrlich, haben Sie das 474-seitige Dokument gelesen? Voneiner inspirierenden Grundungsakte, mit der brillianten Feder etwa eines James Madison oder Baron de Montesquieugeschrieben, kann keine Rede sein.

Das ist das Paradoxe am franzosisch-hollandischen Doppel-Nein - und ubrigens auch am Nein der Deutschen, wennman sie denn wahlen ließ. Eine Revolution, bei der alles bleibt, wie es ist. Denn es ist eine Revolution, weil es aufraumtmit vielen Europa-Lebenslugen.Verfassung wurde sie einerseits vor Veranderung zuhause schutzen, sie aber gleichzeitiggegenuber dem Rest der Welt stark und machtig machen Die EU kann irgendwelche Probleme losen, die zuhause nichtgelost werden. Die dritte Lebensluge ist die der immer engeren Vereinigung Europas als Selbstzweck und Allheilmittel.

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Gewaltige Privatisierung

Schulden oder etwa doch Nachdenken?

Deutschland einzig Jammerland

Von Amerika lernen heißt siegen lernen

Die Gretchenfrage

Ratschlage

Nehmt durch die Turkei auf - wie wir eben auch Mexiko aufnehmen.Unter den vielen Kontrasten zwischen der deutschen und der amerikanischen Gesellschaft ist einer besonders

auffallig: In der Bundesrepublik zerbricht man sich in aller Offentlichkeit fortwahrend uber die eigenen sozialen undwirtschaftlichen Probleme den Kopf. Auch bemuht man sich, mehr oder weniger redlich, langfristige Losungen furdiese Probleme zu finden. In den USA ist ein ahnliches Bewusstsein in weiten Bevolkerungskreisen allenfalls punktuellvorhanden. Ein Drittel der Amerikaner lebt in Armut. Selbst viele der Working Pour sind auf Foodstamps und Sup-penkuchen angewiesen. Nach Pisa-Kriterien liegen die staatlichen Schulen Amerikas hinter den meisten europaischenLandern. Zahllose Schulgebaude erfordern dringende Reparaturen in Millionenhohe. Es fehlt an Buchern und anderenGrundlehrmitteln.

Arbeitslose und Statistik

Wieviele Einwohner hat die USA?Wieviele Leute im erwerbsfahigen Alter?

Schauplatz USA

Das politisch-ideologische Worterbuch muss redigiert werden. ”Fortschrittlich” war und ist es noch immer in vielenSchulen, Kinder durch Spiel, und weitgehend frei und unstrukturiert zu unterrichten. Heute verlangt man in Amerikamehr Struktur, mehr Prufungen und dadurch die Moglichkeit, Resultate konkreter zu bewerten.

Schon langere Zeit wird gefragt, wie weit die ”affirmative action” - die positive Diskriminierung fur benachteiligteoder unterreprasentierte Minderheiten - ihren Zweck erfullt, und ob zu viele fahige Kandidaten der Mehrheitsbevolkerungfur Arbeitsplatze, das Universitatsstudium oder die Beforderung dem wohlgemeinten System zum Opfer fallen.

Das Problem kam prominent zur Sprache, als der Prasident der Elite- Universitat Harvard, Lawrence Summers, dieFrage aufwarf, ob die weit großere Anzahl von Mannern in den Naturwissenschaften moglicherweise unterschiedlicherBegabung von Frauen auf diesem Gebiet zuzuschreiben sei. Er behauptete dies nicht, er sprach nur von der Moglichkeit,das Problem auf diese Art zu erklaren. Und doch brach sogleich ein Sturm der Entrustung bei den Professoren los,gefolgt von einem Misstrauensvotum, welches der Aufsichtsrat der Universitat zuruckwies. Redefreiheit schien nur furdie vorherrschende Meinung zu gelten.

Aber es geht um weit mehr als Summers. Wie Rachel Donadio in der New York Times Book Review schreibt:”Der Konflikt in Harvard und anderen Universitaten ruft die Unruhen in den Hochschulen in den sechziger Jahren inErinnerung. Aber diesmal sind es nicht die Studenten, sondern die Professoren, die in den Gebetsmuhlen der sechzigerJahre stecken geblieben sind. Sie geraten mit einem Prasidenten in Konflikt, der versucht, Harvard neu zu gestalten,damit die Universitat den heutigen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen gerecht werden kann...Es gehtum weittragende soziale und politische Wandlungen, denen sich Academia - eine grundsatzlich konservative Institution- hart widersetzt.”

Es wird immer klarer: Fortschritt heute bedeutet, die freien Institutionen der westlichen Welt gegen einen neuenFeind - den islamischen Terrorismus - zu schutzen, und nicht zu versuchen, die Motivierung der Tater zu ”erklaren” -was im Lexikon der sechziger Jahre, dem heute noch immer viele Intellektuelle fronen, darauf hinauslauft, Gewalt zurechtfertigen. Was sonst ist die Verherrlichung des ”Che” Guevara?

Demokratie ist nicht, die von den Intellektuellen definierte ”soziale Gerechtigkeit” walten zu lassen, sondern es demVolk an den Urnen zu uberlassen, wie die Gesellschaft gestaltet, verwaltet und ihr Platz in der Welt bestimmt werdensoll. Globalisierung ist eine Entwicklung, der die freie Markwirtschaft gerecht werden muss. Auch hier widersetzensich die sich fortschrittlich Dunkenden und bleiben damit hinter dem Fortschritt zuruck. Das Internet, die modernenMedien insgesamt, machen es allen wie nie zuvor moglich, sich zu informieren. Damit verlieren die ”Meinungsbildner”an Einfluss. Fur sie wird es immer lebenswichtiger, ihre ideologische und politische Tradition zu uberprufen und dieWandlungen unserer schnellbeweglichen Zeit zu verarbeiten. Oder sie verlieren Anhang und Auflage.

Wenn ein Professor an einer großen Universitat im Osten Amerikas die Bush-Wahler fur dumm erklart und ihmerwidert wird, dass er sich in einer undemokratischen Arroganz ergehe, antwortet er, er lebe lieber mit seiner Arroganz,als seinen Hass auf George W. Bush aufzugeben.

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Hier offenbart sich die reaktionare Einstellung der sich fortschrittlich wahnenden Erben der sechziger und siebzigerJahre. Sie verschließen sich der Erkenntnis, dass sich die harte Linke mit dem Fall der Sowjetunion ebenso irrelevantgemacht hat wie die extrem Rechte es schon lange ist. Es mag fur die alten sozialistischen Kampfer schwer sein,anzuerkennen, dass sie zum Gestern gehoren, auch weil sie so entscheidend zum Fall des Nazismus beigetragen haben.Aber politische Wandlungen sind unbarmherzig.

Morris Berman weiß, wie er einen Sieg von George W. Bush bei der US- Prasidentenwahl feiern wurde: mit einemSpurt zur Toilette wegen großer Ubelkeit. Der republikanische Kandidat sei ”dumm wie Stroh”, sagt der Dozent derJohns Hopkins Universitat. Das seien zwar starke Worte, doch mit Bush wurde auch ”der dummste Mensch aller Zeiten”das hochste Amt im Staate bekleiden. Daran gebe es keinen Zweifel. Der Sohn von Ex-Prasident George Bush sei derperfekte Vertreter jenes Amerikaa in dem Intellektuelle verpont seien.

Berman, nach eigenen Worten ein marxistischer Idealist, zeichnet ein dusteres Bild der zukunftigen VereinigtenStaaten: Die meisten Amerikaner konnten weder lesen noch schreiben. Microsoft- Mitgrunder Bill Gates und seineKumpel schienen das ganze Geld zu besitzen, wahrend das Land von Freiheit und Gluck sich Geist totende Seifenopernim Fernsehen anschaue und Fast Food verschlinge. Berman Hat die US- amerikanische Kultur in seinem Buch ”TheTwilight of American Culture” (”Das Zwielicht der amerikanischen Kultur”) totgesagt. Zumindest aber sei sie einKandidat fur die Intensivstation ohne Arzt in Sicht. Die Amerikaner seien orientierungslos, ihre Familien zerfielen, undselbst das Oval Office, das Buro des Prasidenten, sei schon fur fragwurdige Abenteuer mit Praktikantinnen missbrauchtworden.

Amerika werde untergehen wie einst das Romische Reich, sagt Berman. ”Ich glaube George W. Bush hat in seinemganzen Leben noch kein ernsthaftes Buch gelesen. Was bedeutet es wohl, wenn wir einen ernsthaften Kandidaten furden Prasidentenposten haben, der dumm ist wie Stroh?” Bush konne keine grammatikalisch korrekte Rede halten, wennkein Teleprompter (Bildschirm mit Vorlage des Textes zum Ablesen) da sei, behauptet Berman. Und doch wurden ihndie Amerikaner wohl wahlen.

In seinem Buch nennt Berman gleich eine ganze Reihe von Zahlen, die seine Theorie untermauern sollen:* Seit 1965 habe sich die Zahl der Tageszeitung lesenden Amerikaner halbiert.* Eine Umfrage aus dem Jahr 1995 habe ergeben, dass 40 Prozent der Amerikaner nicht in der Lage seien, die

Gegner der USA im Zweiten Weltkrieg zu nennen.* Rund 120 Millionen erwachsene Amerikaner hatten im Lesen und Schreiben der englischen Sprache das Niveau

eines Elfjahrigen.Nicht immer sei da” geistige Leben in den USA so trostlos gewesen, sagt Berman und blickt sehnsuchtig auf die

sechziger Jahre zuruck. Damals hatten sich die USA noch als die Kraft fur das Gute in der Welt verstanden. Das Landhabe sich fur wahre Werte der Demokratie und der Wirtschaft eingesetzt. ”Aber jetzt herrscht geistige Apathie und einGefuhl, das jede Regierung sowieso korrupt ist”, sagt Berman.

Schuld am intellektuellen Niedergang sei auch Hollywood; In beliebten TV- Serien wie ”Cheers” seien die Dumpf-backen die Helden und die Intelligenten die Bosen.

Rettung sei nicht in Sicht, und deshalb wurden die USA fruher oder spater einen wirtschaftlichen Niedergang erlebenund in ein dunkles Zeitalter abrutschen. Die Geschichte lehre, dass jede Zivilisation zu einem Ende komme. Trotz ihresOptimismus wurden auch die USA dem nicht entgehen konnen.

Alles was den Amerikanern bleibe, sei die Hoffnung, dass es in einigen hundert Jahren zu einer amerikanischenRenaissance komme, sagt Berman. Wenngleich die amerikanischen Filmhelden von heute noch nicht einmal wussten,wie man ein Wort wie ”Renaissance” richtig buchstabiert.

In Werte- und Glaubensfragen obendrein tief gespalten, betreibt man dort zurzeit in Wirtschafts- und Sozialfrageneine Vogelstraußpolitik.

Kinderloses Deutschland

Die Entdeckung der Demographie

Als Bundeskanzler Schroder in einer Grundsatzrede zur Familienpolitik Initiativen und Gesetzesentwurfe ankundigte,die Deutschland bis zum Ende des Jahrzehnts zum familienfreundlichsten Land Europas machen sollen, erregte dasnur kurzzeitig Interesse. Allein am Zweifel, dass Familienfreundlichkeit durch Verordnungen herzustellen ist und dieseRegierung dazu noch Gelegenheit finden wird, kann das nicht liegen.

So oft das Thema der Uberalterung unserer Gesellschaft angesprochen wurde, so schnell wurde es immer wiederverdrangt, denn es beruhrt das wohl wichtigste unserer zahlreichen Tabus, das Sterben. Oder wie anders soll man denZustand eines Landes bezeichnen, in dem jede Kindergeneration um ein Drittel kleiner ist als die vorausgegangene unddie Bevolkerungszahl demzufolge bis zur Mitte des Jahrhunderts von 80 auf voraussichtlich 50 Millionen sinken wird?

Dass in diesem Zusammenhang vor allem die finanziellen Folgen, etwa die Sicherheit der Renten, diskutiert werden,sagt einiges uber die Ursachen dieser Entwicklung aus - unsere Fixierung auf materielle Interessen. Sie ist alter als derGeburtenruckgang, aber wahrend fruher der Reichtum eines Landes vor allem an der Zahl der Produktivkrafte, alsoseiner Einwohner, gemessen wurde, ist das durch die jungsten industriellen und technologischen Revolutionen andersgeworden. Seitdem sie immer mehr menschliche Arbeit uberflussig machen, ist die Zeugung von Kindern scheinbar keineokonomische Notwendigkeit mehr und indem sie die Mittel zu Geburtenkontrolle und kunstlicher Befruchtung geliefert

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haben, legen sie die Entscheidung dafur oder dagegen in unsere Hand. Das Ergebnis ist, dass wir die Gesellschaft vonApparaten und Maschinen der von Menschen vorziehen. Sie sind im Umgang unproblematischer, leichter zu bedienenund, falls man ihrer uberdrussig ist, schnell durch neue Modelle zu ersetzen. Wo soll der Nachwuchs herkommen, wenndie Jugend lieber mit Computern als miteinander spielt?

Den Wandel unserer Einstellung zur Familie illustriert am deutlichsten unser gewandeltes Vaterbild. Innerhalbweniger Jahrzehnte ist aus dem allmachtigen Ernahrer und Beschutzer der Familie eine rundum zweifelhafte Figurgeworden, verdachtig einer dunklen Vergangenheit, des Kindesmissbrauchs und der Unfahigkeit, sich im Konkurren-zkampf der Zukunft durchzusetzen.

Brauchen wir ihn uberhaupt noch, brauchen wir die Familie, ja brauchen wir uberhaupt eigene Kinder, wo es auf derWelt doch mehr als genug fremde gibt, die man adoptieren oder mitsamt ihren Eltern per Touristenvisa ins Land holenkann? Die Frage wird nur mit Ja beantworten, wem am Fortbestand eines Gebildes namens Deutschland (oder Hollandoder Frankreich oder Italien) nicht nur als eines europaischen Verwaltungsbezirkes, sondern einer kulturellen Einheitliegt. Wem daran liegt, dass dieses sich neu konstituierende Europa weiterhin aus Nationen besteht, die nach einerbekannten Definition nur existieren, so lange sie ”werden”. Unser Desinteresse an Kindern ist auch ein Desinteressean der Nation als der historisch gewachsenen Form des Zusammenlebens, die neben der Religion am ehesten einenuberindividuellen Sinn stiften kann. Bei aller berechtigter Skepsis ihr gegenuber vergessen wir allzu leicht, wozu dieletzten, auf Klassen- oder Rassenzugehorigkeit basierenden Versuche, multinationale Imperien zu bilden, fuhrten, dassdie von uns immer wieder beschworenen Werte der Demokratie, der burgerlichen Rechte und Freiheiten sich im nationalenKontext entwickelt haben und dass Deutschlands Dilemma in seiner verspateten und unvollstandigen Nationwerdungbesteht, die, wie wir an unseren Wiedervereinigungsschwierigkeiten sehen, durchaus noch nicht abgeschlossen ist.

Deutschland und Europa haben schon verschiedene Perioden durchlebt, in denen ihre Bevolkerung geschrumpftist, durch Seuchen, Kriege oder Auswanderung in die Neue Welt. Der gegenwartige Geburtenruckgang, der sich inner-halb eines noch nie da gewesenen außeren Wohlstands vollzieht, erscheint wie das psychische Nachspiel der physischenZerstorungen des letzten Jahrhunderts. Er ist das grundlegende Problem unserer Epoche, das allein durch Kinder-gartenplatze und Familiengeld nicht zu losen sein wird, sondern eines tiefer gehenden Wandels der Gesellschaft bedarf.

Biologie laßt sich nicht austricksen

Das gebahrfahige Alter wechselt nicht fruher waren Frauen zu 50% der Lebenszeit im gebahrfaahigen Alter, heute sindsie es zu 20% deshalb brauchen wir Drogen

Politiker sitzen aus

war ja alles schon bekannt, seit 1970, seit 1980

Kinder - der sichere Gang in die Armut

Ratschlage fur die anderen

Akademikerinnen vor zur Geburt

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HCI - unser Beitrag zum Buch der Dummheit

Erst Nachdenken, dann ... !

Unsere Beobachtungen lassen sich in den drei Kategorien der Intelligenz zusammenfassen:die Erfolgsintelligenz bzw. kreative Intelligenz beginnt zu dominierendie emotionale Intelligenz wird verdrangtdie sprituelle Intelligenz spielt hierzulande keine Rolle mehr

Wir verbloden also durch Eindimensionalisierung.Intellektuelle GrundfunktionenKategorisierungErinnerungKonzeptbildungGeneralisierungAbstraktionlogisches DenkenSymbolisierung

... reden

... kritisieren

Oppositionshauptaufgabe: zerreden

.... handeln

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Sicherheit - unsere beste Arbeitsbeschaffungsmaßnahme

Semesterabschlußvorlesung SS2004

Ein Wort zuvor: In Platons Phaidros wird die Geschichte des Thamos (eines großen Konigs in Oberagypten) erzahlt,der dem Gott Theuth zu Gast hat (der viele nutzliche Erfindungen zuganglich gemacht hat) und mit ihm disputiert,was die Bereitstellung der Schrift im allgemeinen bringt: Segen und Burde zugleich. Jede Kritik und auch jede Technikhat beide Seiten: sie hat Gutes und hat Schlechtes. Ich will heute uber eine Technik oder auch Technologie reden, diebeides in schonem (d.h. illustrativem) oder schlimmen (d.h. erschreckendem) Maße vereint: Die Sicherheitstechnik.

Hermann Maurer ist einer der Visionare unserer Zunft. Seine Vision vom Computer der Zukunft basiert auf einemBlatt, das eine Menge von integrierten Schaltkreisen tragt. Damit kann man dann den Computer zusammenknullen,in die Tasche stecken und auch an jedem Ort - auch in der Badewanne - entfalten, an das Netz anschließen undsogar zum Arbeiten benutzen. Man kann sogar den Computer in die Brille integrieren, anreichern mit intelligenterGesichtserkennung und automatischer Einspielung von Erklarungen. Damit kann man dann im Wald schnell mal einPilz mit dem Pilzlexikon vergleichen und auch gleich die Zubereitung durchspielen. Damit kann man auch von Personen,denen man begegnet auf der Straße usw., die bekannten und abgreifbaren Daten abfragen. Jeder kann gleich wissen,wer durch die Straße lauft, wann auch immer der andere bereits ”informationsdienstlich” erfaßt wurde. Das wirdeine wundervolle Zeit ... die Promis werden Spießruten laufen. Keiner kann mehr unerkannt gegen die Verkehrsregelnverstoßen. Dann kann auch ich teilhaben am Reichtum der Promis. Ich werde die Ubertater naturlich verklagen undanzeigen. Seit dem Hexenhammer wird es nicht wieder so gute Moglichkeiten geben, Spaß am Nachbarn - wie auchimmer der gerade definiert ist - zu haben. Hinzu kommt, daß jeder Verbrecher dann in allen Details gefilmt werden kann.Jeder tragt eine Beobachtungsbrille (oder gleich einen Chip). Die Beobachtungsdaten werden an einen Zentralcomputeruberspielt. Kommt etwas vor, dann braucht man nur die Daten wieder abzuspielen. Wir werden endlich sicher vor jedemTerroristen und jedem Vergewaltiger sein. ... Zuvor mussen wir allerdings auch schnell noch das Vermummungsverbotzum Verbot elektronischer und visueller Maskierung erweitern.

Doch halt, dann bin ich auch dran! Dann kann jeder mich auch beobachten. Wenn man sich einmal unsachlichaußert, dann kann man dies auch gleich uberall lesen. Wenn ich meine Wut uber irgendwelche Zustande an anderenDingen oder gar Personen auslasse, dann habe ich gar keine Moglichkeit, nicht an den Pranger gestellt zu werden. Orwell1984 laßt grußen!!

Aber nein, dann greife ich eben auf die Geheimsprache der Ostdeutschen zuruck, dann wird man mehr als kunstlicheIntelligenz und intelligente Informationssysteme brauchen, um mir beizukommen! Die Stasi hat viel erschnuffelt, konntewenig davon auswerten und hat noch mehr einfach nicht erfahren und nicht erfahren konnen. Sonst ware die ganzeKamarilla 1989 nicht gesturzt, sondern hatte sich vorbereitet.

Jedem seine Wanze

Kunftig sollen alle abgehort werden (auch die mit Zeugnisverweigerungsrecht wie z.B. Rechtsanwalte, Arzte Psycholo-gen, Journalisten, Drogenberater, Pfarrer im Beichtstuhl, Strafverteidiger) und die Abhordaten sollen sogar verwendetwerden.

Aber keine Angst: Sie werden am Datenstrom ersticken. Nach dem 11.9. 2001 sind uber 100 Gesetze novelliertworden zur Verbesserung der Rechte der Sicherheitsbehorden, eine Reihe weiterer Sondermaßnahmen erlassen wordenusw. Aber wesentliches wurde wieder nicht angefasst

Die propagierte Alternative ist: Fur jeden kleinen Delikt die Wanze. Vergewaltigungsverdacht - Wanzen rund umdie Uhr in der ganzen Wohnung und Videouberwachung des Schlafzimmers. Schulschwanzer erhalten eine Fußfessel,die sie nicht ablegen konnen (wird Exportschlager fur Deutschland; z.B. fur Zoll und Grenzwachter; frei programmier-bare Fußfesseln sind eh’ das Beste, man braucht keine Paß mehr). Eigentumsdelikte werden mit Chips aufklarbar.Gehirnwasche a’la Fresenius oder Scientologe wird uberflussig. Da der letztere Verein bereits dabei ist, in DeutschlandHochschulen zu kaufen, haben wir vielleicht auch bald richtig durchgewaschene Studenten.

Autouberwachung mit flachendeckender Maut - nur noch die paar radelnden Studenten storen!

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76 13 Sicherheit - unsere beste Arbeitsbeschaffungsmaßnahme

Eine verruckte Idee eines Uni-Dezernenten war, eine Stichkarte fur jeden Studenten auszugeben. Dann kann beiPrufung der Prof sehen, wie gut der Student mitgearbeitet hat, wie oft er gefehlt hat, ob er vielleicht sogar bestimmteThemengebiete ganz ausgelassen hat oder gar beim Konkurrenten Vorlesungen belegte.

Das neue Sicherheitspaket beinhaltet vieles:Biometrische Daten im AusweisErweiterung der Befugnisse der Geheimdienste und des BKA, sowie Bundesgrenzschutz (Sky marshals)Sicherheitsuberprufungen fur alle Angestellte in sicherheitsrelevanten Einrichtungen: Krankenhauser, Rundfunkanstal-

ten, EnergieerzeugerVerscharfung des Auslanderrechtes auch bei bloßem Verdacht kann man tatig werden

Unsere SW-Wanzen

Viele Softwaresysteme sind mit Beobachtern ausgerustet. MS Windows 95 erlaubt, daß bei Anmeldung das FATubermittelt wird. Es gibt Email-Programme, die erstaunliches Verhalten zeigen, z.B. bei jeder Benuzung wird eineE-Mail an die Ersteller des Programms gesendet. Es werden Fehlermeldungen an MS gesandt, sobald ein Programmabstutzt. Die Information ist naturlich vollig neutral und ungefahrlich. Es wird mindestens der Pfad an MS gemeldet.Ein Schelm, der Boses vermutet. Man kann ja seine Pfade neutral benennen. Cookies sind die moderne Seuche desInternets.

Wanzen helfen

Wir verfugen uber viele schone Werkzeuge, z.B. Wanzen, die alles aufnehmen sollen. Gut, sagt der Datenbanker. Manerstickt eh’ an der Datenmenge. Wer wertet alles aus? Gibt es so gute und intelligente Software? Zumindest fur dieBreitbandauswertung ist dies nicht moglich.

Aber die Einzelauswertung ist moglich. Ich erinnere mich gut an das Erschrecken des Cottbuser Kanzlers vorChance der glasernen Verwaltung als wir ein Campusinformationssystem erstellen wollten, bei dem der Ersteller einesDokumentes den Bearbeitungsstand des Dokumentes einsehen sollte. Eine Einzelauswertung erlaubt vieles. Damit wardamals das Systemprojekt gestorben.

Alle horen mit

Wirtschaftsspionage ist ein wundervolles Betatigungsfeld nach Mitarbeit beim CCC und nach Hacker-Erfolgen. Unddiese Art von Unsicherheit trifft deutsche Firmen in aller Harte.

Die Identifikation von Personen wird oft leichtfertig ermoglicht. Die Identifikation sollte durch im Krebsregisterverhindert werden. So hat z.B. Sweeney (2001) die Identifizierbarkeit von Personen anhand von Krankenkassenchipsuntersucht und fand heraus, daß bereits 12

Geburtsdatum identifizierbar waren, 29sowie 69

Wem gehort das Wissen?

Was ist schon Wissen? Manchmal verdammt wenig. Eine ungeheuer schwierige Wissensquizfrage wurde am 11.7.2004Abiturienten, die kurz vor dem Abitur standen, gestellt: Wie viel Quadratmeter umfassen 20.000 Quadratzentimeter (2,20, 200)? Nach Publikumsjoker, bei dem alle drei Moglichkeiten etwa gleichauf lagen (40mich fast vom Stuhl geworfen.

Die Gesellschaft zeichnet sich schon immer durch maximale Verblodung aus (fruher (”Konigin Victoria hat sich ... inBath eine Brosche gekauft”); heute (”Das Wunder von Bern unserer deutschen Helden”)). Deshalb ist vielleicht Wissenauch nicht so wichtig! Oder?

Restriktive Weitergabe von Edelwissen

Mull kann sich jeder holen. Das Internet ist die beste Mullhalde. Manchmal gibt es auch wertvolle Information. Abereinen Trost kann man leicht spenden. Die Speicher sind auch fluchtig. Deshalb ist das Mullproblem nur ein Zeitproblemder Suchenden.

Schlimmer ist der Kampf um Wissen. Dieser wird immer harter. Wissen ist als strategische Waffe bereits unterClinton genutzt worden. Der Zugriff auf Wissen wird immer schwerer. Es wird auch an dieser Stelle das harte Geschaftsiegen. Der juristische Schutz des geistigen Eigentums wird durch Copyright-Jager und Cyber-Rechtsverdreher, die zumSchutz der Rechteinhaber agieren, mindestens spannend werden. Vielleicht dammt dies auch die zu haufige Wiederver-wendung ohne Quellenangabe ein. Aber ich glaube nicht daran. Unsere Gesetze werden von Laien gemacht und vonProfis interpretiert und verdreht. Damit wird nur noch weiteres Chaos entstehen.

Bereits jetzt spurt man, wohin Wissenskonzentration fuhrt. Der Aufkauf von Autorenrechten durch wenige Verlagebringt eine Konzentration des Wissens in wenigen Handen. Es findet auch eine Anderung der klassischen Textkultur

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statt. In der Textkultur ist die Weiterverbreitung von Wissen durch Zitate ist erwunscht. Durch die Broadcast-Kulturwird mit strikteren Patent- und Urheberrechtsregeln dies untersagt. Wer kann zum Schluß noch zahlen? Nicht diekriminellen Kleinen, die sogar zitieren. Es wird an dieser Stelle bestimmt noch weiter eingeschrankt.

Microsoft meldet taglich in Europa mindestens ein Patent an. IBM nur 1/2. Bald ist alles abgesichert. Bald kannman kein System außerhalb der Giganten erstellen.

Damit gehoren bald das Wissen und die Technologie den Großen. Man kann nur mitmischen, wenn man bei denGroßen angestellt ist. Der Mittelstand wird an dieser Stelle nicht mehr der Innovationsmotor sein. Schade eigentlich.Kritik (offentliche) kann jederzeit untersagt werden unter Hinweis auf Copyright (ist nicht witzig genug)

Kriminalisierung der Kleinen

Ein anderes nicht ganz nachvollziehbares Phanomen ist die Kriminalisierung der file-sharer durch Verbande der Musikin-dustrie. Man eroffnet einen Krieg gegen 12jahrige (dazu mussen wir allerdings bald das Strafrecht andern). Die ist eineVariante des Antiterrorkrieges der Phongraphischen Industrie (IFPI)] - wer soll dann den Staat noch lieben, bestimmtnicht die 12jahrigen.

Wir konnen auch aus anderen Spharen lernen: Die Pharmaindustrie hat durch gnadenlose Durchsetzung der Paten-trechte viele Menschenleben auf dem Gewissen - so zumindest die UNO. Aber es gibt ja seit kurzem Gesprache zwis-chen dem Kanzler und der Industrie. Daneben gibt es auch ein Verbot der Preisvergleiche von Verkaufspreisen vonPharmaprodukten gestaffelt nach Landern. Dies wird unterlaufen durch Internet-Sites, die einfach von anderen Landernaus agieren.

Mit dem neuen Digital Millennium Copyright Act (DMCA) wird gegen das Zuganglichmachen von verschlusseltenInhalten vorgegangen. Die Geheimdienste, die im Falle vom Irak glanzend gearbeitet haben, mussen ihre Fahigkeitenja noch weiter entwickeln. Bald ist Schluß mit lustig und dem freien Internet - laden Sie sich aus dem Netz, was mannoch erhalten kann. Die CD-Technik ist sowieso verganglich und Open Source kann nur eine kurze Atempause bieten.

DNA - unsere gesellschaftliche Chance

Nachdem wir nun wissen, daß unsere menschliche DNA nicht viel komplexer als die der Schnecke oder die der Mauseist, konnen wir evt. in Selbstschande versinken oder auch versuchen, aus diesem Wissen das Beste zu machen. Vorlaufigwurde ja erst einmal den allzu neugierigen Vatern das Handwerk gelegt. Ob sich jeder Personalchef an dieses Gesetzhalten wird, werden wir noch sehen. Aber Versicherungsgesellschaften waren schon daran interessiert, moglichst vielRisikovorsorge zu tragen, die naturlich auch vom Kunden - und zwar von allen - bezahlt werden muß.

Erst einmal fur Straftater

Man liest und hort inzwischen, daß hunderte von unentdeckten Mordern und Vergewaltigern in Deutschland davor zitterndoch noch erwischt zu werden. Die Molekularbiologie hat es moglich gemacht. Das ist eine wundervolle Nachricht. Damitwerden von moglichst vielen Personen die DNA-Proben gesammelt. Solch eine Sammlung hat zu Fingerabdrucken niestattgefunden ... dort waren die Datenschutzer noch aktiv.

Zuallererst werden die DNA-Proben fur Straftater eingefuhrt, zuerst die schweren, dann alle neuen, dann ....Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Man wird an Kapazitatsgrenzen stoßen, die das Ganze ad absurdum fuhren.

Dann kann man Ladendiebe nicht erfassen ...Hinzu kommt, daß Daten grundsatzlich nicht 100durchschlupfen und viele falsch erfaßt. Ich denke nur an den

Fall des vorwitzigen Roland Muller, der mit einem Paß auf diesen Dutzendnamen die US-Einreise wollte, naturlichfestgehalten wurde und leider auch im Gefangnis die falschen, weil schlagenden Nachbarn bekam. Er wurde wenigstensnach Deutschland wieder zuruck geflogen. Man hatte ihn ja auch woanders hinfliegen konnen.

Sicherheit sollte auch hergestellt werden fur den Verkauf, fur offentliche Raume. Wer sollte dann die Daten bekommenund verwalten? Privatleute; zur Sicherung dann Sicherheitsfirmen ...Der Cottbuser Finanzdezernent mußte leider gehen,weil er Obdachlose aus den Stadten vertreiben wollte wie die Tauben, die man abknallen sollte (er mußte danach abergehen - ist aber inzwischen wieder woanders tatig).

RFID-Chips (Radio frequency identification) machen endlich das Verhalten transparent; z.Z. kann man die Daten miteinfachem Perl-Programm auslesen; administrativer Block: Seriennummer des Herstellers, User-Block fur Benutzerdaten.

Bald werden wir auch die allgemeine Autobahnmaut haben. Dann kann man sich uberlegen, ob man nicht auf dieBundesstraßen ausweicht .... haha! Das Ganze wird sowieso GPS-gestutzt laufen. Dann sind wir sicher vor allem Krim-inellen, weil diese sich nicht beamen konnen. Eine neue Form ist die Gesundheitskarte oder auch nur die Krankenkartemit Speicherung aller Arzte, die man einmal aufgesucht hat. hat jemand einmal einen Hautarzt aufgesucht, dann wird ervielleicht erst nach einem Vorweisen eines AIDS-Tests wieder von einem Zahnarzt behandelt. Flutwellenartig erleben wirz.Z. eine steigende Kriminalitat -Angstmache!! Besonders schlimm ist die Auslanderkriminalitat (kann man auch andersbetrachten: Deutsche sind fast uberall Auslander): hier ist aber Erfassung und haufige Kontrolle auch verfuhrerisch.Wir sind bald bei Orwell.

Aber halt: Sie wissen nach der Datenbankvorlesung, daß diese Angstmache nicht gilt. Die Datenflut wird nichtbeherrschbar. Man wird auch keine vernunftige Auswertung finden.

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78 13 Sicherheit - unsere beste Arbeitsbeschaffungsmaßnahme

Die Chance fur die Versicherungen

DNA-Daten zur Auswertung des Versicherungsrisikos haben wir schon angesprochen. Punktuelle Auswertungen sindjederzeit moglich. Damit sind wir nicht annahernd geschutzt. als Datenbankversessene wissen wir, daß mit der Bekannt-gabe des Identifikators eine relativ einfache Berechnung des Verbundes erfolgen kann. Damit ist auch mit hoher Effizienzjedes zu einer Person gehorige Datum errechenbar. Identifikation ist nicht ohne weiteres moglich, in diesem Fall aberdoch.

Versicherungen sind nicht altruistisch oder gar isoliert. Krankenkassen und andere Versicherungen tauschen Datenuber die Versicherten aus, um dann den Kandidaten einiges um die Ohren zu schlagen ... oder nach Jahren eineVersicherungsleistung zu verweigern ... schließlich hat der Versicherte gelogen. Die DNA-Analyse wird naturlich uberdie Krankenversicherung abgerechnet, womit die Existenz bekannt ist. Es wird sicher nicht lange dauern bis mit einemBonussystem die Freiwilligkeit der Bereitstellung der Daten gefordert wird. Damit sind dann sowohl die Krankenakteals auch die DNA-Daten in einer Hand konzentriert. ... wenn dies nicht Begehrlichkeiten weckt .... jeder Personalchefwußte dann auch gern etwas mehr.

Wer sichert die Sicherheit

Es gab in der DDR Bucher, die durch Abschreiben verbreitet wurden. Eines davon war ”Der Rat der Gotter” von Heber.In diesem Buch wurden Politiker des Rates der Gotter charakterisiert als solche Politiker, die alle drei Bildungsstufendurchlaufen haben: Sie sind ungebildet, eingebildet und ungenugend ausgebildet. Dies trifft bestimmt in der Bundesre-publik nicht zu. Aber vielleicht sollte man einfach fur diese Gefahr sensibilisiert sein. Vielleicht sollte man wenigstensmit entsprechenden Gegenmaßnahmen arbeiten.

Extranets der Sicherer

Wir haben einmal vor langer Zeit um moglichst gute Netze gekampft. Dabei wurde in Brandenburg festgestellt, daßdrei Netz miteinander konkurrieren: das Netz des DFN (Deutsches Forschungsnetz), das Netz der Energiekonzerneund das Netz der Offentlichen Hand, d.h. eigentlich des Innenministeriums. Als wir eine Internetverbindung fur OttoNormalverbraucher in letzterem realisieren wollten, wurde entschieden, daß keine gemeinsame Leitung zwischen Polizeiund Otto Normalverbraucher existieren darf. Man wollte damit das Eindringen krimineller Elemente in das Polizeinetzverhindern. Sicher eine weise Entscheidung. Wenn dies aber so ist, wer schutzt uns dann?

Sicherheit fur Inhalte

Wer sichert gegen Diebstahl, sind Inhalte uberhaupt versicherbar? Wer sichert uns gegen Verfalschung? Wer sichertuns gegen den Mißbrauch unserer Daten. Deja.news lauert uberall. Es werden damit auch Sicherheitsmechanismennotwendig, die weit uber den Anforderungen des DoD liegen. Die Inhalte brauchen auch Qualitatsmanagement, dasweit uber die bisherigen Anforderungen geht.

Wer sichert gegen Fehler

Software ist und bleibt fehlerhaft. Man rechnet einem guten Programmierer mittlerweile eine Fehlerdichte von einemFehler auf 100 Codezeilen zu. Schlechten Programmierern wird es noch schlechter gehen. Ein großeres Softwaresystem hatselten weniger als 1 Million Zeilen. Dann hat dieses System auch etwa 10.000 Fehler. Wer soll diese Fehler beherrschen.Selbst eine Diplomarbeit in der praktischen Informatik geht selten unter 10.000 Zeilen Code ab. Damit waren wir bei100 Fehlern, was auch schon nicht mehr richtig tolerabel ist.

Aber es kommt noch schlimmer. MS hat erst seit kurzem fur einige Teile des BS-Codes eigene Debugger. die anderenTeile sind den meisten der MS-Programmierer unbekannt. Wer sichert uns dann denn gegen alle findigen Buben ab?

Oder nehmen wir Windows Server 2003: Verzeichnisdienste nutzen eine riesige monolithische Code-Basis; verteilteAuthentifizierung fuhrt zu komplexen Abhangigkeiten zwischen den Modulen im Fernzugriff; Gruppenpolicies un-terstutzen weiterhin ActiveX und andere Schwachstellen und machen IIS-Webserver-Schutz unmoglich; Dotnet-Frameworkmit managed code ist verwundbar durch Wurmer und Viren, die Windows-Clients angreifen. Vielleicht hilft hier Security-Management. Gut dagegen sind Smartcard-Unterstutzung und rollenbasiertes Autorisierungsmodell. Aber was lehrtuns dies: Wir brauchen eine Verwaltung unserer Fehler. Damit sind auch die nachsten Generationen von Informatikerngefragt. Ich freue mich auf den Moment, in dem eine automatische Fehlererkennung und -absicherung moglich wird.Leider reden mir die Komplexitatstheoretiker seit Jahren diese Hoffnung aus.

Noch schlimmer ist die DOS-Kompatibilitat oder auch jede andere Art von Abwartskompatibilitat. Was soll nurwerden, wenn wir alle Fehler der Vergangenheit auch noch mitschleppen mussen. Diese Fehler sind auch benutzt wordenzum Tunneln, zum Umgehen von Problemen. Wer hilft mir dagegen?

Außerdem gibt es bislang kaum Software-Strategen, die das Ganze uberschauen. Doch dies ist ein Extra-Themaeiner Semesterabschlußvorlesung, zu der ich bereits jetzt einlade.

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13 Sicherheit - unsere beste Arbeitsbeschaffungsmaßnahme 79

Kriminelle Kryptographie

Kryptographie hat viele gute Seiten. Sie ist ein hervorragendes Instrument des Datenschutzes. Wirksame Verschlusselungsverfahrensind auch wichtig fur den Standort Deutschland. ich erinnere mich gut an eine Besichtigung einer Windradfabrik inOstfriesland, bei der uns erzahlt, wurde, daß nach einem Einbruch in die Fabrik an einem langen Wochenende einigeComputer, Konstruktionszeichnungen usw. verschwunden waren, kurz danach ein Weltpatent in Kalifornien angemeldetwurde just auf die Technologie dieser Firma, was zwar fur Deutschland aufgrund alterer Patente ausgehebelt werden kon-nte, was aber auch dazu fuhrt, daß diese Firma kein einziges Windrad außerhalb von Deutschland installieren darf. Wohldem, der gute Freunde hat. Eine Verschlusselung hatte sicher geholfen. Man soll seine Daten auch nicht herumliegenlassen. Gegen organisierte Kriminalitat und gegen fremde Geheimdienste hilft am besten Verschlusselung.

Nun kommen aber andere auf die Idee, daß Verschlusselung nur dann erlaubt sein soll, wenn bei bestimmtenEinrichtungen ein Universalschlussel abgelegt wird, den diese Einrichtungen mit einigen Genehmigungshurden auchzur Entschlusselung benutzen konnen. Als DDR-Gebrannter kommt mir dies bekannt vor. Man diskutiert auch uberein Kryptoverbot. Aber ein Kryptoverbot ist praktisch kaum durchsetzbar. Steganographie, Wasserzeichen und andereMechanismen konnen dies hinreichend gut umgehen. Die Menschheit hat hier bereits in der Geschichte Verfahren uberVerfahren angehauft.

Einschrankungen des Rechts zur Verschlusselung konnen keine Losung sein. Verfassungsrechtlich durfte ein Verbotnicht haltbar sein.

Pravention ist immer besser als Verfolgung: Die beste Autofahndung hat nicht so viel gebracht wie die Wegfahrsper-ren (sind ubrigens eine Erfindung der Ossis: Zundkabel oder ahnliches hat man mitgenommen bei langerem Parken).Deshalb kann man die Daten auch gleich mehrfach verschlusseln, und dies auch noch mit unterschiedlichen Algorithmen.Wer soll dann schon alle diese Mechanismen kennen?

Der Supergau fur die Datenbanker

Nie mehr wird es soviel Daten geben.

Und keiner kann es auswerten

Kann man noch diese Daten bewaltigen? Eine kleine Zwischenrechnung: etwa 100 Institutionen konnten unsere Datensammeln in vielleicht nur 10 Relationen jeweils. Außerdem nehmen wir einen Redundanzfaktor von 10 an. Nehmenwir einmal an, daß nicht alle Amter zu allen Burgern Daten fuhren, sondern nur eine Selektivitat von 20 bereits160 Milliarden Datensatzen. Eine Integration zwischen diesen Datenbanken erfordert allerdings auch eine Menge vonVerbundoperationen. Damit sind wir bereits bei vielleicht nur bei einer Verbundtiefe von 5 oder vielleicht auch 10 oderim schlimmen Fall von 20, wobei wir vielleicht auch partielle Verbunde ausschließen konnen. Dann sind wir bei 1.6 mal10 (hoch 11 mal 5). Eine wundervolle Zahl, die nicht einmal mit Rechnern, die seit dem Urknall arbeiten, uberhaupterreicht werden kann. Damit ist doch nur der einfache zugriff drin, es sei denn es wird eine zentrale Datenbank mitallen personenrelevanten Daten eingerichtet. Dies wird allerdings keinem Wahler zu vermitteln sein. Wir sind also nichtannahernd in der Lage, diese Daten auch nur halbwegs zu verwalten, zu speichern, zu verknupfen.

Die Technologie vergroßert den Vorrat an Daten. Durch die Vergroßerung werden die Kontrollmechanismen, dieVerarbeitungsmechanismen immer starker gefordert. Damit wird aber der Datenvorrat weiter vergroßert, weil wir esuns nicht leisten konnen standig Rechnungen aufs Neue durchzufuhren. Damit wird die Datenmenge nicht mehr kontrol-lierbar. Ist sie nicht mehr kontrollierbar, dann kommt es zum Zusammenbruch des Systems und zur Unglaubwurdigkeitder Auswertung. De letztere beruht immer auf partiellen Informationen, nicht mehr auf allen. Closed- world reicht nichtaus und wir haben alle Nullwertprobleme in der großten Scharfe. Damit kann jeder alles schließen und verneinen, jenachdem wie es gerade gebraucht wird ... das wird also Terror der Daten! Damit wird noch mehr Frust aufgebaut, damitsind wir bald am Ende mit unseren Umgangsformen, mit unserer Ethik, mit unseren Verhaltensnormen. Damit kannnur eine Neuschaffung von Vertrauen die Demokratie retten.

Die Datenwelt fuhrt zum Zusammenbruch der Abwehrmechanismen, lahmt die Gesellschaft. Man mußte sonst diePharamindustrie kopieren: Heilen von Nebenwirkungen von Nebenwirkungen von Nebenwirkungen ... von Wirkungender Lebensmittelindustrie. Ansonsten beobachten wir mit Daten das, was Mediziner bei unkontrolliertem Zellwachstumbeobachten. Es braucht dann ein Immunsystem gegen Datenflut. Und eine Bereinigung von Altlasten.

Die Auswertung und die Auswahl war bislang ein guter Evolutionsmechanismus. Ihr Vorlesungsverzeichnis ist einausgewahltes Verzeichnis. Das, was Sie nicht horen, ist entweder irrelevant oder kann derzeit nicht gelesen werden.Damit wird ausgewahlt und ausgeschlossen. Und auch reguliert. Damit wird auch Vergessen implementiert. Was mandann noch brauchte, ware ein Wirken eines Gerichtshofes: Das, was zum Zeitpunkt der Auswertung unbekannt war,bleibt unberucksichtigt, es sei denn, daß das Urteil ins Gegenteil verkehrt wird. Das, was nicht sauber validiert ist, bleibtunberucksichtigt (dann wurden aber die Geheimdienste verboten werden mussen).

Wir brauchen damit Kontrollinstanzen fur Datenfluten, die wir noch nicht besitzen, die man aber in menschlichenEntwicklungsgeschichte wiederfindet: Gericht zur Validierung, Schule zur Ausbildung und Normierung, Familie als lokaleInsel und Helfer. Dies sind drei Kontrollinstitutionen - ein Teil des Immunsystems der Gesellschaft. Auch Parteien,Vereinigungen gehoren dazu. Es wird erwartet, daß wir uns zusammentun und gemeinsam Interessen vertreten konnen.

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80 13 Sicherheit - unsere beste Arbeitsbeschaffungsmaßnahme

Damit wird allerdings dann auch Validierung durch Glaube an die Gemeinschaft abgelost. Man kann auch allgemeineKontrolle durch Religion und Staat in Systemen simulieren. ... nur es weiß keiner wie. Dann brauchen wir einen anderenUmgang mit den Daten als wir ihn heute pflegen ... weg vom Fundamentalismus!

Eine Validierung und Pflege der Daten hat nichts mit Burokratie zu tun. Burokratie ist eine Art von Fundamen-talismus. Sie kann ordnen helfen, normalerweise ist sie allerdings richtig fundmentalistisch. Und uneinsichtig. Und mußmeist ab und an reformiert werden. Das deutsche Verwaltungshandbuch ist nicht etwa ein Buchlein, das man in dieTasche stecken und im Bus lesen kann, nein es ist eine Werk, daß ein ganzes Bucherregal fullt und aufgrund seinerEntstehung hochgradig widerspruchlich ist.

Sollen unsere Sicherheitsdatenbanken auch so werden?Wer kann dann das Ganze noch integrieren?

Daten kann man nicht loschen

Es wird oft vorgeschlagen, die Einrichtung von Gefahrdetendaten vorzunehmen, sobald Hinweise vorliegen. Diese Datensollen zur Benutzung jeder nur beliebigen Polizeistation erlaubt werden. Damit sind wir bald umfassend erfaßt undtausendfach kopiert. Jedem Informatiker muß es freuen, wie diese Daten bereinigt werden konnen. Man konnte sicherjedes Datum mit einem Verfallsdatum versehen. Dies wird aber kaum - so wie dies auch mit Lebensmitteln passiert -realisiert werden konnen.

Daten lassen sich beliebig verknupfen

Daten kann man beliebig zusammenstellen. Unsere Vorlesungsteile zum Data Warehousing haben bereits gezeigt, daßeine intelligente Verknupfung von Daten eine hohe Kunst sein kann, insbesondere, wenn Nullwerte vorhanden sind. ZurVerknupfung braucht es Experten. Zur Verwaltung auch. Zur Integration ebenfalls, es braucht Werkzeugkulturen, esbraucht auch glaubwurdige Spezialisierung, die auf Austausch beruht. Damit bin ich bei der richtig guten Message:Datenbanker, die ihr Handwerk konnen, werden immer gebraucht. Und zwar in noch schlimmerem Maße, als wir diesvorstellen konnen. Ich freue mich auf die nachsten Generationen von Studenten, die dann noch besser ausgebildetwerden mussen, weil einfach der Normaldatenbanker nicht ausreichend ausgebildet ist, um mit diesem Datenumfangumzugehen, diese Datenmengen abzulegen, aus diesen Daten auch konsistente Schlußfolgerungen abzuleiten, damit auchweitere Daten so abzulegen, daß auch eine Veranderung der Grunddaten eine Veranderung der abgeleiteten Daten nachsich zieht, daß nur wirklich berechtigte Benutzer mit diesen Daten arbeiten konnen. Es wird ein wundervoller Momentsein, weil damit hunderte von CAU-Datenbankabsolventen nicht ausreichend sind.

Studieren Sie also besser Informatik mit einer Spezialisierung Datenbanken!!

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Part III

English Lectures

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14

The computer scientist as a human being

After Dinner Speech, NLDB’99, Klagenfurt, 18.6.1999A free pastiche or persiflage written in the style of Robert Musil (1880-1942)

One of the many absurdities that occurs from the ignorance about the nature of Information Technology is thatone calls important people from public life such as journalists, politicians etc merely a computing brain or informationtechnologist. In reality, their calculation and their information does not deserve to go beyond the secure simplicity of thefour basic arithmetical operations and of very simple facts, only if one is not responsible for further catastrophes. Thesudden necessity for processing problems by using software and hardware and developing it would pass the legislatureperiods. That does not go against the Ingenium of these people, rather the idiosyncratic nature of information technology.One believes that it is the extreme economy of doing and that is also true. However, doing is a long drawn out andinsecure subject. It has been for a long time - should it still have such extensive biological causes - a complicated passionof saving resources (hardware, software, production time), which has little to do with the delay of usefulness thanthe miser with his protests of lasciviously delayed poverty. We also ponder about simple solutions and then squanderresources with ”Microschrott” solutions” (in short MS, what is also the acronym of multiple sclerosis).

A process that will never finish, such as drawing picture sequences, enables information technology to completedin the less amount of time and in favourable circumstances. Information technology does everything with a machine-up to and including the complicated information processing processes that one can choose to believe or not. The workof the employees is limited to the adaptation of a few parameters. With this, the clerk can, in a matter of seconds,create problems in the world or cause other problems, the solutions for which required his predecessor 200 years ago tofind Leibniz, Euler or Newton and to travel to Hanover, St. Petersburg or London. The computer has thus become anintellectual, ideal piece of machinery with which one can pre-calculate all possible scenarios - as well as the completelyunnecessary ones. That is the triumph of intellectual work. What is the old country road with danger from the weatherand risks of highwaymen compared with the Internet suffering with ”Microschrott” information and bugging operations.That shows the advance of humanity.

One has certainly often asked whether the information technology solutions are at all necessary for this complexity,whether all of the many lives, all of the money, all of the many exhausting hours and ambitions that were and areneeded for creating the ”computer society” would actually be applied today or are worth it all.

One has certainly questioned the need for this use - and found no answer. However, it is exactly this situation whenthis apparatus proves its utmost efficiency, its lack of comparison - then our current civilisation is only maintainedthanks to this apparatus. All of the needs that it serves are met completely - only the empty abundance has not beenconsidered from the uncritical form of unique solutions.

One notices the other face, the actual face of information technology only when one sees the relationship of theunuseable parts and the parts that can actually be used and does not merely look at its uses. Information technology isnot related to a specific theme or efficient at all; it is inefficient, uneconomical and passionate. The normal person doesnot need to know anything more about it than what they learnt at school; the engineer only needs to know enough sothat he can find his way around the ever confusing software tools. Even the economist, the interface computer scientist,the scientist or the mathematician works with few sophisticated tools. If they need something different, then they preferto develop it themselves. Such adaptation jobs are of little interest to the computer scientist; therefore it is often thecase that the specialists who are responsible for the majority of the important applications are very rarely the computerscientists themselves.

In addition, there are immense things that are only there for the computer scientist: a tremendously large, confusingnerve network that even that specialists cannot comprehend. The network has gathered principles around a few bonesand the individual computer scientist works somewhere on the inside. Its windows do not face the outside, but rather theneighbouring rooms. The raw air of experience would enter them only after a nine-day wonder. The computer scientistis a specialist, as no genius would be in the position to grasp the created confusion. He believes that that what he doeswill one day produce a practical, ascertainable usage, but that is not what encourages him; no, he serves efficiency andthat is its fate and its purpose. If the intended effect is a thousand times efficiency, then it is intrinsic to give everything,to give passion.

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84 14 The computer scientist as a human being

Information technology is the bold luxury of doing, one of the few that still exists today. Also, many philologists,stamp collectors do things whose use can only convince a few. But they are the harmless people, those who keepthemselves far from life’s serious matters, whilst information technology changes life entirely merely through its effects,making it no longer recognisable or comprehensible. The greatest feat of information technology is the constant changeof existence. Perhaps I should go into detail: One can say that it is practically possible nowadays to live withoutthe indifferent solutions of information technology. We bake our bread, communicate with one another long distance,build our homes, operate our machines, even drive our cars , all thanks to the results of computers. Apart fromthe exception of a few hand made furniture, clothing and children, everything that we have derives from computersolutions. This entire existence that walks, stands, runs around us is not only dependent upon information technologyfor its comprehensibility, but is also effective through its being. The information technology pioneers formed the entirefeasible ideas from principles and applications which seized the engineers and then built machines around them.

And now, after everything is in blissful harmony - the theoretical computer scientist appear, that is the ones whobrood around alot, and state that only the simplest of things can be calculated and not the complex tasks that one enliststhe help of a computer to solve the solution. Almost everything is irresolute, but we make decisions anyway. Almostall information is incomplete, inconsistent and incomprehensible, but nevertheless, we still pay our bills. There is notany completely correct software, yet we continue to buy the latest and carry on using the old one. The oracle machinescould never have solved that tasks that we solve daily with computers. And who in history really relied upon the oracleanyway? And with that, the entire building, our existence hangs in the balance. But the machines are still working, onecan still use the telephone, build houses, drive a car. One just has to the accept that our entire existence is fiction, apale ghost. We live, but only on the basis of mistakes, without which it would never have come into being. Nowadays,there isn’t such another wonderful possibility with such a fantastic feeling than that of the computer scientists.

The computer scientist endures this intellectual scandal in an exemplary way as stoic, that is, with confidence andpride of the damned dangerousness of his reason and products. And we sell our products more aggressive. We do notneed simple systems. Better we live with PowerPoint. One can name other examples of this in other scenarios. Forexample, mathematicians with their further work after the crisis of the fundamental principle, the physicists who denytime and space. It is not so wistful as with philosophers or sociologists who cannot cause any damage with their thought.No, computer scientists know that without them, nothing could really work - really tough boys and girls. There aremany examples - like after the courage sank after the Enlightenment - such as the Age of Enlightenment. Computerscientists are made from such caliber, no, they merely create the next version. They don’t give up, rather they send a”patch” to work it out. It is one’s own fault if they can’t do it.

One believes that the computer scientists are trite and stupid outside of their own specialist field, who leave theirdoing, programming and algorithm delusion in the lurch. That is not their thing, they only do what they do in their field,what we should do in ours. The considerable lesson and exemplariness of their existence stems from this: an analogyfor the completely spiritual people that are still to come. If one can see the seriousness in the fun that is disseminatedabout the nature of the computer scientist, then we can derive from it, the following lessons: One complains that thereis no culture in our society. That means all sorts of things, but basically, culture was always a standardisation fromreligion, art or a societal form. We, as computer scientists, are too much for society, we are not too much for religion- or perhaps we are. One just has to look at the wars of religion as relational models, object-orientation or structuredprogramming. What remains is merely the art of programming, structuring, modelling. In fact, we are in a serious erawhich does not exactly love or support its thinkers. Nevertheless, the spiritual energies are alive today as never before,the uniformity and harmony of information technology has never been so big as it is today. It is foolish to maintain thatknowledge is all that matters; the aim has for a long time been thinking and working. It is provisionally limited to theexclusively rational and scientific with its demands of depth, boldness and innovation. However, this reason eats awayat itself and as soon as the feeling has been registered, it turns to intellect. This step can perhaps be the job of a poet.For him, he does not have to learn some method, language or even psychology; the demands can exist. However, theyare helpless in their surroundings and they comfort themselves with vices.

In response, we work, change, overwrite, use patches, sometimes read other people papers and are not understood.There lies the strengths of the computer scientist and his invincibility. Your problem - our solution. Our solution - yournew problem.

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Part IV

Fremdlandisches

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15

Ein unwirkliches Highlander-Marchen

von Karl Bernhard

Der Autor ist ein Pseudonym, das ich nicht preisgeben mochte.

Dieses Marchen hat keinen Anklang gefunden, weil man - wie in jedes Marchen - viel hineinlesen kann.

Es ist politisch inkorrekt.

Wer politisch korrekte Texte mag, sollte hier uberblattern.

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88 15 Ein unwirkliches Highlander-Marchen

Ein Schafer fand vor kurzem in einem vollig verlassenen, verodeten, strahlend verseuchten Gelande des SchottischenHochlandes einige Schriftrollen mit einem alten Marchen. Das Gelande gehorte einmal fruher zum McGito Clan. Seitherist es aber verodet. Nur noch Sagen erinnern an alte Legenden ...

Es waren einmal im Highland vor langer, langer Zeit auch Clans beheimatet, von denen heute keiner mehr spricht.Einer dieser Clans war der McGito Clan. Der McGito Clan wurde von der letzten McGito, Suadi McGito angef”uhrt. Siehatte sieben Sohne geboren, jeder schoner als der andere, leider auch von verschiedenen Vatern aus anderen Highland-oder Lowland-Clans. Als sie starb, waren sieben Waisen ubrig. Es sollte ein Verwalter eingesetzt werden, der die McGito’sbis zur Volljahrigkeit begleitet. Aber die Nachbarn, denen der Clan aus vielerlei Grunden nicht gefiel, mochten dies nicht.Also wurden die McGito’s sich selbst eine Weile uberlassen, was aber bei so unreifen Buben schnell zu Rangeleien fuhrte,die immer aggressiver und auch bosartiger wurden. Der Krach der McGito’s wurde zu einem Argernis fur die ganzeGegend. Jeder war ein kleiner Bosling geworden, obwohl viele vorher die McGito-Buben fur ihre Freundlichkeit, ihreGastfreundschaft, ihre Hilfsbereitsschaft lobten sowohl im Highland als auch im Lowland. Glucklicherweise tobten dieMcGito’s gegeneinander, nicht gegen andere. Besonders schlimm trieb es Berbo, der alteste. Ihm stand aber Stuart, derzweitalteste nicht nach. Beide wollten die Anfuhrer sein. Das Gebiet der McGito war aber auch mit Gesinde besiedelt,die nun in den Streit der unreifen Buben hineingezogen wurden.

Da entschied sich einer der verflossenen Vater, aus einem Lowlander-Clan, ein McMichel nun doch aktiv zu werden.Die McGito’s sollen doch ihren Clan aufteilen, was fast allen nicht gefiel, weil doch die Lowlander gerade versuchten,die Clan-Grenzen im Lowland zu uberwinden und gemeinsam zu leben, ja sogar die Clan-Grenzen entzaunten. DieMcMichels entsannen sich ihres Sohnes, Stuart McGito. Sie sicherten ihm zu, daß sein Anteil am McGito-Vermogen ihmnun doch gehoren solle, schließlich seien schon sein Vater, Usti McMichel und Suadi McGito eng befreundet gewesen, wasaber die McGito’s in Erinnerung an die Toten, die Usti McMichel hinterlassen hatte, nicht so empfanden. Den Vorschlagwollte aber Stuart nicht verpassen. Er forderte seinen Anteil am Clan-Vermogen und bekam ihn auch mit Unterstutzungder Lowlander. Die Lowlander befurworteten auch Slobi McGito’s Selbstandigkeit. Slobi, der drittkleinste, war rechtfroh und richtete sich auf seinem Gebiet ein. Er wurde wieder ein alter McGito, nett, freundlich, gastfreundlich. Umden Streit der Bruder kummerte er sich nicht mehr weiter.

Eine solche Aufteilung fanden auch Nado und Kosek gut. Beide haben jedoch keine so dominierende Unterstutzungsgruppe.Bei Nado war aber der Vorteil der Randlage im Clan gegeben. Nado hatte auch Siedler von den McAlbo’s und denMcSlawo’s im Gebiet und damit auch Berbo’s und Otoko’s Leute, aber auch viele von den McKeko’s. Der McKeko Clanmochte zwar die Nado-Leute nicht leiden, weil vielleicht dann auch die McKeko’s in den Streit der Bruder hineingezogenwerden konnten oder gar Nado Schulden der McKecko erfinden und dann einfordern konnte. Aber dafur war eigentlichNado zu schwach. Man konnte also mit seiner Separation gut leben.

Anders bei Kosek. Kosek hatte ein inneres Gebiet zugesprochen bekommen. Eigentlich waren darauf auch die beidenaltesten scharf gewesen, zumal Kosek sowieso nur einen kleinen Teil eigener Leute hatte. Ansonsten war Stuart und auchBerbo im Geschaft. Und beide wollten auch dabei bleiben. Also zettelte Berbo, der Bose einen Streit an, den naturlichStuart auf der Seite der Guten mittrug. Stuart konnte sich auf diese Art auch gleich von Berbo’s Gefolgsleuten undauch derer von Kosek entledigen. Die konnte er gleich mit vertreiben. Damit wurde der Kampf um Kosek’s Gebiet erstrichtig scharf. Da Kosek als einziger keinen Clan von der vaterlichen Seite zugeordnet werden konnte, mußte er nachFursprechern selbst Ausschau halten. Die Lowlander waren gern bereit, sein Fursprecher zu sein. Nach vielem Gemetzel,viel Bosartigkeiten und auch Greueltaten von Berbo und Stuart fanden die Lowlander und auch der Rest der Insel eineRegelung. Man teilte Kosek’s Gebiete in unterschiedliche Interessensgebiete. Berbo stand am Pranger und auch etwasStuart. Aber die Lowlander glaubten, daß sie nicht ohne die Boslinge Berbo und Stuart auskommen konnten. Undadelten sie mit ihrer Anerkennung als Hauptpartner.

Damit wirtschafteten von nun an nur noch Berbo, Otoko und Monte gemeinsam. Monte war der klugste der drei.Monte kampfte nicht um die Vorherschaft in der Dreiergruppe, sondern verschaffte sich intern bei seinen Leuten Respekt,konnte damit auch eigenstandig agieren und damit auch eine Halbautonomie vom dominierenden Berbo schaffen. Berboagierte gegenuber Monte vorsichtig, nicht aber gegen Otoko.

Die Lowlander wollten nun aber auch einmal den Clans im Highland das Furchten lehren, schließlich gab es aucheiniges im Highland zu holen, insbesondere der Highlandwald hatte es den frierenden Lowlandern angetan. Und dieHighlander wollten mitunter nicht so wie die Lowlander. Dabei hatten die Lowlander alles, was man sich wunschenkonnte, ihr Land war gut entwickelt, sie verstanden sich. Sie hatten aber auch Betriebe, die am Export verdienenmußten. Und die Highlander wollten nicht einfach alles kaufen, sie hatten sowieso zuviel Schulden. Und manches stelltensie auch selber her. Deshalb sagten sich die Lowlander nun auch, daß es Zeit sei, sich in den Konflikt zwischen Otokound Berbo McGito einzubringen. Es war klar, daß Berbo der Boseste war. Trotzdem lud man die beiden Streithahnenach Rumba-Rumba ein, damit man endlich Ruhe hinein bekommt. Sie sagten auch eine Streitstillstand zu, den aberder Kleine sofort zu Hause aufhob. In Rumba-Rumba war auch ein Vertrag entstanden, der den Lowlandern zusicherte,daß sie ihre Kampfer nun auch bei Berbo stationieren konnten. Berbo wollte das aber auf keinen Fall, weil dann auchherauskommen wurde, was seine Leute so angestellt hatten. Und Lowlander sollten sein Gebiet nicht besetzen.

Langsam wurde aber Streit zwischen Otoko und Berbo auch zu einem Gemetzel in Otokos Land, Berbo ließ guteWeiden verwusten, Otoko war nicht minder grausam und bosartig. Er bekampfte dafur die Berbo-Leute auf derenWeiden. Nun mußten die Lowlander aber eingreifen. Man postierte rings um das Rest-McGito-Land die Wurfmaschinender Lowlander. Tag fur Tag wurde nun Berbo das Furchten gelehrt - eigentlich nicht Berbo, sondern seinen Leuten.

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15 Ein unwirkliches Highlander-Marchen 89

Dacher brannten ab, zuerst von Versammlungs- und Trainingsraumen von Berbo’s Kampfern, danach auch die Holzlagervon Berbo, spater auch von Gasteraumen. Leider waren ein paar Gaste aus dem Highlander-Clan McTschi anwesend.Darauf schlugen die McTschi auch noch Krach bei den Lowlandern und dem Rest der Insel. Manchmal wurden auchOtoko’s Leute getroffen, die nun auch richtig Angst vor allen und auch vor dem aus der Luft bekamen.

Die Lowlander mußten nun einfach einiges klarstellen. Deshalb wurde auch das Buch der psychologischen Erklarunghervorgeholt. Allen Lowlandern und dem Rest der Insel wurde bekanntgegeben, was Berbo McGito fur eine Bestie sei.Und damit waren die Lowlander die Guten fur alle oder zumindest die, die es nicht besser wußten. Es wurden aus allennur bekannten Geschichten von Boslingen Teile herausgefiltert und fur die Sanger der Lowlander als Geschichten uberBerbo aufbereitet. Da alle Informationen nur noch uber diese Sanger liefen, konnte man sich auf die gute Weiterver-breitung verlassen. Wagte einer gar, eine andere Geschichte zu verbreiten, dann war er eben von Berbo gekauft oderselbst gar ein Fast-Berbo. Berbo hatte zwar auch Sanger, aber deren Sammelplatze wurden einfach auch plattgemacht.Damit man auch den Lowlander Sangern glaubte, mußten sie tagein, tagaus unterwegs sein. Mit den vielen neuenNachrichten uber den Bosling war man auch im Lowland bald bereit, dem Berbo McGito eigenhandig den Hals umzu-drehen. Naturlich unterliefen den Sangern auch im Eifer des Gefechtes bald dumme Fehler. Totgesungene tauchtenwieder auf und Geschichten wurden wiedererkannt. Aber das waren Kleinigkeiten. Berbo war bald bekannt als derschlimmste Mann, den die Geschichte der Insel jemals kannte. Der Steinschleuderminister der McMichels wurde hochdekoriert mit einer Tochter aus dem McHellBlau Clan. Seine Erfindungen waren die besten.

Berbo hoffte eigentlich auf Hilfe aus dem Clan seines Vaters, dem McSlawo Clan. Dieser hatte aber andere Sorgen.Die Wogen gingen hoch bei den McSlawo’s, aber keiner wollte sich auch noch mit Berbo beschaftigen. Schickte maneinmal ein Mitglied des McSlawo Clans bei Berbo vorbei und kam dieser auch noch mit einer guten Botschaft zuruck,dann wurde dies von den Lowlandern sowieso einfach zuruckgewiesen. Ein Ende des Beschusses konnte einfach nicht seinfur Lowland, insbesondere nicht fur den McSilli Clan, den starksten Clan im Lowland mit den besten Wurfmaschinen.Außerdem sollte Berbo erst einmal den Rumbo-Rumbo-Vertrag einhalten. Besonders der Lowlander Silli McSipperkonnte zeigen, daß er die Lowlander anfuhren kann. Es traute sich kein Lowlander mehr, eine Fleischlieferung vomMcSilli Clan nicht zu kaufen.

Auch Berbo hatte einen direkten Nutzen. Unter Berbo’s Gesinde gab es auch Berbo-Kritiker, die sogar gegen Berboauf den Feldwegen auftraten. Diese Kritiker wurden mit dem Beschuß richtig kleinlaut. Keiner wollte ihnen mehrzuhoren, viele verurteilten sie. Sie werden sich in Zukunft bestimmt grundlich uberlegen, ob sie noch einmal etwas gegenBerbo sagen.

Berbo McGito nutzte auch den Beschuß, um richtig mit Otoko abzurechnen. Seine Leute vertrieben nun richtiggewaltig Otoko’s Leute. Wer nicht freiwillig wich, wurde mit Gewalt vertrieben. Berbo’s Philosophie war ganz einfach:jeder seiner Leute wurde nun unter dem Beschuß verstehen, wie schlecht eigentlich Otoko ist, und damit auch alles bosar-tige, hinterhaltige, gemeine der Berbo-Eingreiftruppe billigen oder einfach nicht nachfragen. Und Berbo’s Eingreiftruppewustete, schlug, hauste gewaltig. Aber auch Otoko’s Kampfer standen ihnen nicht nach. Und Otoko’s Leute flohen zuMonte McGito, zu Nado McGito und auch zu den Verwandten von Otoko’s Vater, den McAlba Clan. Alle waren dortarm und wurden nun noch belastet. Bald wurde aus der Gastfreundschaft auch versteckter Haß. Insbesondere Nadohatte schon genug aus dem McAlba Clan bei sich, ebenso wie aus dem McSlawo Clan. Damit furchtete nun auch NadoMcGito um seine Ruhe.

Die gesamte Insel war schockiert. Es mußte nun richtig gehandelt werden. Keiner wußte aber wie. Aber die Wurf-maschinen und die Langdistanzkatapulte der Lowlander verkauften sich neuerdings besser auf der Insel.

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Und damit endet die alte Schrift. Vielleicht finden wir bald eine neue Rolle.

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