Sensorik - DBU - Deutsche Bundesstiftung Umwelt · dehydrogenase (ADH) zu Acetaldehyd oxi-diert,...

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31 S O N D E R A U S G A B E D E R D B U Eine andere Methode verwendet voll- ständig vergorenes Bier (Vollbier) mit einem Alkoholgehalt von 5 bis 6 % (v/v), welchem mittels thermischer Verfahren (Vakuumde- stillation), Membrantrennverfahren (z. B. Dialyse) oder kombinierten Verfahren nach- träglich der Alkohol entzogen wird. Zur Er- zielung eines ausgewogenen Aromas werden häufig kombinierte Verfahren verwendet [Narziß]. Beschreibung des Verfahrens Grundprinzip der Fließinjektionsanalyse Bei der Fließinjektionsanalyse (FIA, Abb. 1) handelt es sich um eine Durch- flussmethode, bei der eine Probe in repro- duzierbarer Weise in einen kontinuierlich fließenden, nicht segmentierten Träger- strom injiziert wird. Dieser enthält ein mit der Probe in Reaktion tretendes Reagenz und wird über eine Vermischungs- und Re- aktionsstrecke einem Detektor zugeführt [Ruzicka, Steiner, Möller]. Das typische Aus- gangssignal des Detektors ist ein Peak, des- sen Höhe, Breite und Fläche mit der Kon- zentration der Probe in Zusammenhang ste- hen [Ruzicka]. Das peakförmige Signal ent- steht durch die Verbreiterung der Probenzo- ne durch Dispersion. Damit diese Konvekti- ons- und Diffusionsprozesse für jede Messung kontrolliert ablaufen, müssen die geometri- schen und hydrodynamischen Verhältnisse für jede Messung exakt gleich sein (kontrollierte Dispersion) [Bilitewski, Ruzicka]. Ethanolbestimmung Die zu Grunde liegende Bestimmungs- reaktion (Abb. 2) stellt sich folgendermaßen dar: Ethanol wird in Anwesenheit von Ni- kotinadenindinukleotid (NAD + ) an Alkohol- dehydrogenase (ADH) zu Acetaldehyd oxi- diert, wobei das NAD + zu NADH/H + redu- ziert wird. Das entstandene NADH/H + stellt ein direktes Maß für den Ethanolgehalt dar und kann bei 340nm photometrisch detek- tiert werden. Als Problem stellt sich hierbei dar, dass das Gleichgewicht der Reaktion stark auf der Seite der Edukte liegt und so- mit eine geringe Ausbeute an NADH/H + vorliegt. Das Enzym wird an glutardialde- hydaktiviertem, silanisiertem CPG immobi- lisiert und in hausintern konstruierten En- zymsäulen gepackt. Praktische Realisierung – Aufbau der Messsystems Das Messsystem setzt sich zusammen aus einer Kombination einer Spritzenpum- pe mit mehreren Drehventilen, einer En- zymsäule und einem selbst konstruierten UV-Vis-Detektor mit Durchflussmesszelle. Ursprünglich war zur Förderung der Medi- en eine Rollenpumpe in Kombination mit Schlauchquetschventilen vorgesehen, die geforderte Genauigkeit konnte auf diese Weise jedoch nicht erzielt werden. Die Kernkomponente des UV-Vis-De- tektors besteht aus einer selbst konstruierten Durchflussmesszelle (Abb. 3), die vielfälti- ge Justiermöglichkeiten bietet. Es wurde eine Messzelle mit einem optischen Kanal durch Spreulicht. Der Detektor wird vervoll- ständigt durch eine UV-Vis-Lichtquelle (Fa. Mikropack) und ein UV-Vis-CCD-Spektro- meter (Zeiss/Tec5). Die Elektronik, wie auch die Vorratsge- fäße für die Reagenzien und die Standard- lösungen zur Kalibrierung des Messsystems befinden sich im Inneren des Gerätes. Um bei Lecks Kurzschlüsse zu vermeiden und Abb. 1: Prinzipieller Aufbau des FIA-Systems Abb. 2: Bestimmungsreaktion von 8 mm Länge und einem Durchmesser von 1,5 mm realisiert. Bei den Abmessun- gen musste ein Kompromiss zwischen dem Ansprechverhalten (möglichst kleines Volu- men) und der Signalintensität gefunden werden. Die Verbindung zur Lichtquelle und zum Detektor wird über Lichtwellen- leiter realisiert und beinhaltet Linsen zur Fokussierung sowie Justiermöglichkeiten, die insbesondere zur Einkopplung in die Lichtwellenleiter benötigt werden. Die op- tischen Fenster der Zelle bestehen aus Spe- zialglas, das für den Wellenlängenbereich von 340 nm geeignet ist (Absorptionsbereich des NADH). Da der Körper der Messzelle aus Plexiglas besteht, lässt sich während des Betriebs das Geschehen in der Messzelle verfolgen. Durchgeführte Testmessungen zeigten keine Beeinflussungen des Signals die Arbeitssicherheit insbesondere den Be- dienern gegenüber zu gewährleisten, wur- de großer Wert auf eine Trennung der Elek- tronik von der nassen Seite des Fließsystems gelegt. Die Messelektronik und die Strom- versorgung sind deshalb größtenteils im obe- ren Teil des Gehäuses angeordnet. Ein Foto des vollständig aufgebauten Prototypgerätes für den industriellen Einsatz ist in Abbil- dung 4 gezeigt. Bei der Entwicklung der Ablauf- und Zeitsteuerung der FIA-Software wurde auf eine hardware- und plattformunabhängige Lösung des zentralen Steuermoduls Wert gelegt. Das Steuermodul umfasst eine ex- portierbare Funktionenbibliothek, den FIA- Kern, mit dem Schrittketten realisiert und FIA-Signale ausgewertet werden können. Formal gruppieren sich um diese zentrale Komponente die I/O-Einheiten zur Hard- ware des Fließsystems als eigenes Modul, zum Taktgeber der Hardware sowie zur Be- nutzerschnittstelle. Dieser Kern ist völlig unabhängig von der spezifischen Hardware des Fließinjektionsventils wie Pumpe, Schnittstellenkarten, Detektor oder Venti- le. Er ist in C/C++ kodiert und plattformun- abhängig unter WINNT, WIN95, DOS usw. lauffähig. Selbstverständlich müssen die I/ O-Module und der Zeitgeber der jeweils verwendeten Hardware bzw. dem Betriebs- system angepasst werden, die Schnittstellen zum zentralen Steuermodul sind jedoch stets identisch. Diese Anpassung ist ein einmali- Abb. 3: Durchflussmesszelle Sensorik Ethanol + NAD + ADH Acetaldehyd + NADH/H +

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Eine andere Methode verwendet voll-ständig vergorenes Bier (Vollbier) mit einemAlkoholgehalt von 5 bis 6 % (v/v), welchemmittels thermischer Verfahren (Vakuumde-stillation), Membrantrennverfahren (z. B.Dialyse) oder kombinierten Verfahren nach-träglich der Alkohol entzogen wird. Zur Er-zielung eines ausgewogenen Aromas werdenhäufig kombinierte Verfahren verwendet[Narziß].

Beschreibung des Verfahrens

Grundprinzip der Fließinjektionsanalyse

Bei der Fließinjektionsanalyse (FIA,Abb. 1) handelt es sich um eine Durch-flussmethode, bei der eine Probe in repro-duzierbarer Weise in einen kontinuierlichfließenden, nicht segmentierten Träger-strom injiziert wird. Dieser enthält ein mitder Probe in Reaktion tretendes Reagenzund wird über eine Vermischungs- und Re-aktionsstrecke einem Detektor zugeführt[Ruzicka, Steiner, Möller]. Das typische Aus-gangssignal des Detektors ist ein Peak, des-sen Höhe, Breite und Fläche mit der Kon-zentration der Probe in Zusammenhang ste-hen [Ruzicka]. Das peakförmige Signal ent-steht durch die Verbreiterung der Probenzo-ne durch Dispersion. Damit diese Konvekti-ons- und Diffusionsprozesse für jede Messungkontrolliert ablaufen, müssen die geometri-schen und hydrodynamischen Verhältnisse fürjede Messung exakt gleich sein (kontrollierteDispersion) [Bilitewski, Ruzicka].

Ethanolbestimmung

Die zu Grunde liegende Bestimmungs-reaktion (Abb. 2) stellt sich folgendermaßendar: Ethanol wird in Anwesenheit von Ni-kotinadenindinukleotid (NAD+) an Alkohol-dehydrogenase (ADH) zu Acetaldehyd oxi-diert, wobei das NAD+ zu NADH/H+ redu-ziert wird. Das entstandene NADH/H+ stelltein direktes Maß für den Ethanolgehalt darund kann bei 340nm photometrisch detek-tiert werden. Als Problem stellt sich hierbeidar, dass das Gleichgewicht der Reaktionstark auf der Seite der Edukte liegt und so-mit eine geringe Ausbeute an NADH/H+

vorliegt. Das Enzym wird an glutardialde-hydaktiviertem, silanisiertem CPG immobi-lisiert und in hausintern konstruierten En-zymsäulen gepackt.

Praktische Realisierung –Aufbau der Messsystems

Das Messsystem setzt sich zusammenaus einer Kombination einer Spritzenpum-pe mit mehreren Drehventilen, einer En-zymsäule und einem selbst konstruiertenUV-Vis-Detektor mit Durchflussmesszelle.Ursprünglich war zur Förderung der Medi-

en eine Rollenpumpe in Kombination mitSchlauchquetschventilen vorgesehen, diegeforderte Genauigkeit konnte auf dieseWeise jedoch nicht erzielt werden.

Die Kernkomponente des UV-Vis-De-tektors besteht aus einer selbst konstruiertenDurchflussmesszelle (Abb. 3), die vielfälti-ge Justiermöglichkeiten bietet. Es wurdeeine Messzelle mit einem optischen Kanal

durch Spreulicht. Der Detektor wird vervoll-ständigt durch eine UV-Vis-Lichtquelle (Fa.Mikropack) und ein UV-Vis-CCD-Spektro-meter (Zeiss/Tec5).

Die Elektronik, wie auch die Vorratsge-fäße für die Reagenzien und die Standard-lösungen zur Kalibrierung des Messsystemsbefinden sich im Inneren des Gerätes. Umbei Lecks Kurzschlüsse zu vermeiden und

Abb. 1: Prinzipieller Aufbau des FIA-Systems

Abb. 2: Bestimmungsreaktion

von 8 mm Länge und einem Durchmesservon 1,5 mm realisiert. Bei den Abmessun-gen musste ein Kompromiss zwischen demAnsprechverhalten (möglichst kleines Volu-men) und der Signalintensität gefundenwerden. Die Verbindung zur Lichtquelleund zum Detektor wird über Lichtwellen-leiter realisiert und beinhaltet Linsen zurFokussierung sowie Justiermöglichkeiten,die insbesondere zur Einkopplung in dieLichtwellenleiter benötigt werden. Die op-tischen Fenster der Zelle bestehen aus Spe-zialglas, das für den Wellenlängenbereichvon 340 nm geeignet ist (Absorptionsbereichdes NADH). Da der Körper der Messzelleaus Plexiglas besteht, lässt sich während desBetriebs das Geschehen in der Messzelleverfolgen. Durchgeführte Testmessungenzeigten keine Beeinflussungen des Signals

die Arbeitssicherheit insbesondere den Be-dienern gegenüber zu gewährleisten, wur-de großer Wert auf eine Trennung der Elek-tronik von der nassen Seite des Fließsystemsgelegt. Die Messelektronik und die Strom-versorgung sind deshalb größtenteils im obe-ren Teil des Gehäuses angeordnet. Ein Fotodes vollständig aufgebauten Prototypgerätesfür den industriellen Einsatz ist in Abbil-dung 4 gezeigt.

Bei der Entwicklung der Ablauf- undZeitsteuerung der FIA-Software wurde aufeine hardware- und plattformunabhängigeLösung des zentralen Steuermoduls Wertgelegt. Das Steuermodul umfasst eine ex-portierbare Funktionenbibliothek, den FIA-Kern, mit dem Schrittketten realisiert undFIA-Signale ausgewertet werden können.Formal gruppieren sich um diese zentraleKomponente die I/O-Einheiten zur Hard-ware des Fließsystems als eigenes Modul,zum Taktgeber der Hardware sowie zur Be-nutzerschnittstelle. Dieser Kern ist völligunabhängig von der spezifischen Hardwaredes Fließinjektionsventils wie Pumpe,Schnittstellenkarten, Detektor oder Venti-le. Er ist in C/C++ kodiert und plattformun-abhängig unter WINNT, WIN95, DOS usw.lauffähig. Selbstverständlich müssen die I/O-Module und der Zeitgeber der jeweilsverwendeten Hardware bzw. dem Betriebs-system angepasst werden, die Schnittstellenzum zentralen Steuermodul sind jedoch stetsidentisch. Diese Anpassung ist ein einmali-Abb. 3: Durchflussmesszelle

Sensorik

Ethanol + NAD+ ADHAcetaldehyd + NADH/H+

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ger Vorgang, welcher auf einen klar definier-ten, zusammenhängenden Abschnitt desCodes begrenzt ist, der in einem eigenenModul zusammengefasst ist. Der Erfolg die-ses modularen Konzepts konnte auch in derPraxis bereits demonstriert werden. So wirdbeim Prototypen und beim LaboraufbauWindows NT als Betriebssystem eingesetzt.Ein weiteres FIA-System zur Essigsäurebe-stimmung arbeitet mit Windows 95 als Be-triebssystem.

oder Querempfindlichkeiten) der zu Grun-de liegenden Probenmatrix und der Detek-torantwort, welche aus dem enzymatischenUmsatz resultiert. Darüber hinaus treten beienzymintegrierenden Fließinjektionssyste-me immer Variationen in der Peakform auf,die zwangsläufig in einer größeren Variationder Messergebnisse münden. Ohne jedeKorrektur oder Probenaufbereitung wurdefür die Ethanolbestimmung, speziell in al-koholfreiem Bier ein Messfehler von bis zu40% beobachtet.

So wurde im Rahmen dieses Projekt ver-sucht, die Peakform mathematisch in einerForm zu beschreiben, um eine Korrektur desoben angesprochenen Messfehlers zu ermög-lichen. Die Grundidee lag dabei in der Ex-traktion von typischen Mustern des Signalsaus dem gesamten Peakverlauf und der Ver-arbeitung in einem entsprechenden Daten-modell, um auf diesem Weg den Messfehlerzu minimieren.

Es wurden zwei Modelle zur Unterdrük-kung der beobachteten Signalschwankungenentwickelt. Ersteres basiert auf einem Fuz-zy-Logik-gestützten Expertensystem, beidem zweiten handelt es sich um ein reinesDatenmodell auf der Basis künstlicher Neu-ronaler Netze (KNN).

Diese Verfahren wurden nun auf die Be-stimmung von Prozessproben angewendet.Wie zu erwarten zeigten unverdünnte Pro-ben ohne Datenfilter einen ausgeprägtenMatrixeffekt, der auf Bierinhaltsstoffe zurück-zuführen ist, welche die Indikatorenzymehemmen (Fehler bis zu 40%). Mit zunehmen-der Verdünnung verliert der Matrixeffekt all-mählich an Bedeutung. Durch Verwendungder beiden Filter konnte der Matrixeffektsogar bei unverdünnten Proben fast vollstän-dig eliminiert werden. Dabei lieferten KNN-und Fuzzy-Filter ähnlich gute Ergebnisse.

Stabilität des Messsystems

Eine grundlegende Forderung ist diehohe Verfügbarkeit des Systems. Die Tole-ranzgrenze liegt bei einer Stunde in der Wo-che für Wartungsaufgaben. Daraus folgernhohe Anforderungen an die Stabilität undZuverlässigkeit des Messsystems; Aspekte,die bisher bei biosensorischen Systemen fürdie Prozessanwendung nur in Ausnahmefäl-len eingehalten werden konnten. Schwach-punkt des Systems bezüglich der Zuverläs-sigkeit ist maßgeblich die enzymatischeKomponente (Coimmobilisat aus Alkhohol-und Aldehyddehydrogenase).

Von den Fließkanälen mit ihrem Durch-messer von 0,8mm gingen im Normalbetriebauch bei längeren Laufzeiten (bis zu 3 Wo-chen) bis zum jetzigen Zeitpunkt keinerleiStörungen aus.

Lediglich nach dem unbeabsichtigtenLeerlaufen von Vorratsgefäßen traten Funk-

tionsstörungen auf. Diese waren auf das Aus-kristallisieren von Puffersubstanzen zurück-zuführen; eine mechanische Reinigung wardanach meist unumgänglich.

Die nachfolgenden Stabilitätsuntersu-chungen, welche die Änderungen der Enzy-minaktität aufzeigen sollten, wurden durch-geführt:1. Kurzzeitvariationen der Enzymumsätze2. pH-Sensitivität und Stabilität3. LangzeitstabiltätZu 1) Das analytische Prinzip basiert auf demreproduzierbaren Umsatz des in der Probeenthaltenen Ethanols durch das verwendeteEnzymsystem. Die Aktivitäten der Enzymereagieren äußerst sensibel auf Änderungender Umgebungsbedingungen. Die Enzymewerden in diesem Vorhaben nicht direkt zurAnalyse eingesetzt. Vielmehr erfolgt eineImmobilisierung an porösen Trägerkugeln,welche in einem Fließbett gepackt sind. ImGegensatz zu löslichen Enzymen wirkenÄnderungen des Fließverhaltens sowie Än-derung der Packungseigenschaften direkt aufdie Umsatzraten.

In diesem Vorhaben nehmen zweiAspekte diesbezüglich eine zentrale Rolleein. Alle weiteren Einflussfaktoren (z.B. Kon-zentrationen oder Fließgeschwindigkeiten)können als konstant betrachtet werden. DieEnzymsäulen werden nicht temperiert, wasdazu führte, dass Temperaturschwankungenin der Umgebung direkt Einfluss auf dieEnzymreaktionen nehmen können. Es konn-te nachgewiesen werden, dass eine Änderungder Temperatur um 5K beim eingesetztenEnzymsystem eine Änderung der Aktivitätvon 15% bewirkte. Dies kann als maßgebli-cher Einflussparameter für kurzeitige Varia-tionen gesehen werden. Variationsänderun-gen aufgrund von veränderten Fließeigen-schaften traten im bisherigen Verlauf spora-disch in einem Zeitintervall von einigenStunden auf. Die Änderungen im Analysen-ergebnis betrugen maximal 10 % (bezogenauf 0.5 Vol% Ethanol). Die Fluktuationen tra-ten vorrangig nach längeren Analysenpausenauf. Diese kurzzeitige Variation kann syste-matisch nicht eliminiert werden. Lediglichdurch die Festsetzung des Rekalibrierungs-intervalles kann ihr Einfluss minimiert wer-den. Für die laufenden Versuche wurde die-ses auf 6 Stunden eingestellt. Dadurch ließsich der Fehler bisher auf die geforderten0.05 Vol% Ethanol verringern. Eine endgül-tige Abschätzung kann jedoch erst durch dieAnbindung im Prozess bei Laufzeiten übermehrere Tage hinweg getroffen werden.

Zu 2) Die enzymatische Aktivität undauch die Stabilität der Immobilisate ist maß-geblich vom eingestellten pH-Wert be-stimmt.

Es ist für die Systemtauglichkeit desGerätes wichtig, dass veränderte pH-Werteder Probe keinen Einfluss auf die Analyse

Abb. 4: Prototypgerät

Aufbauten mit unterschiedlichen Pum-pen, Schnittstellenkarten, Detektoren undVentilen wurden bereits mit der Softwarebetrieben. Die Struktur der Software wurdemit Methoden objektorientierter Analysebzw. Design entwickelt. Der modulare Auf-bau ermöglicht eine hohe Wiederverwend-barkeit einzelner Codeabschnitte und er-leichtert entscheidend die Pflege und Wei-terentwicklung des Codes.

Bisherige Ergebnisse

Referenzanalytik

Messwerte neuer Analysensysteme müs-sen gegen entsprechende Referenzmethodenvalidiert werden. So wurde für diese Anwen-dung eine Referenzanalytik auf der Basis ei-nes kommerziell erhältlichen Enzymkits eta-bliert (Fa. Boehringer, Mannheim). Als Mess-gerät wird ein Zweistrahlspektralphotometer(Unicam, Modell Helios Alpha) verwendet.Die Proben werden entsprechend der Anlei-tung vorbereitet und anschließend analysiert.Aufgrund vorhandener Fehlerquellen, insbe-sondere mit der hohen notwendigen Verdün-nung, muss selbst beim Referenzverfahrenmit einer Abweichung von 0.02 bis 0.03 Vol%Ethanol gerechnet werden.

Matrixeliminierung

Die Injektion von nicht aufbereiteten,unverdünnten Proben führt zu einer Über-lappung der Grundreaktion (Matrixeffekte

Sensorik

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nehmen. Dies erfordert, dass das verwende-te Puffersystem den Protoneneintrag durchdie injizierte Probe vollständig abpuffert. Eswerden lediglich 10 bis 20µl Probe injiziert.Diese wird in zwei Puffersegmente eingebet-tet, welche den pH-Wert der Probe vollstän-dig puffern sollen. Zur Einhaltung dieser For-derung wurden verschiedene Pufferkonzen-trationen (0.05, 0.1 und 0.2 M GlycinpufferpH 9.5) bei unterschiedlichen pH-Wertender Proben (2.0 bis 9.5 in 0.5 pH-Wertstu-fen) eingestellt und danach analysiert. ZumVergleich: Das zu analysierende Bier hat pH-Werte von 4,0 bis 4,5. Die Verwendung ei-nes 0.1 M Glycinpuffers war ausreichend, umden pH-Werte sämtlicher Lösungen bei derinjizierten Menge von 10-20µl auf den Sy-stemwert einzustellen. Hier war kein Ein-fluss auf das Messergebnis festzustellen.

Neben der Aktivität der Immobilisateist ihre Stabilität insbesondere bei einer spä-teren Prozessanwendung von zentraler Be-deutung. Dazu wurden für beide EnzymeStabilitätsuntersuchungen durchgeführt. Eszeigte sich eine sehr hohe Stabilität der ver-wendeten Alkhoholdehydrogenase. Übereinen Zeitraum von 4 Wochen nahm das Im-mobilisat in seiner Aktivität bei einem pH-Wert von 9.5 lediglich um 10% ab. Ob dieseAbnahme auf die tatsächliche Haltbarkeitdes Enzyms zurückzuführen ist oder auf dieExistenz einer latenten Enyzmaktivität,wurde im Laufe des Vorhabens nicht wei-ter untersucht und ist für die gefordertenZielsetzungen von untergeordneter Bedeu-tung. Die eingesetzte Formaldehydrogen-ase verlor hingegen bei einem pH-Wert von9.5 ihre Aktivität innerhalb von 10 Stundennahezu vollständig (6mM NAD+, 20 mMAcetaldehyd, 0.1 M Glycinpuffer). Bei pH8 (0.1 M TRIS-Puffer) zeigt sich nach 24Stunden lediglich ein Aktivitätsrest von13%. Erst bei pH 7 (0.1 M Phosphatpuffer)konnte die katalytische Wirkung der Form-aldehyddehydrogenase mit 40% nach einerWoche Inkubation bei pH 7 konserviert wer-den. Versuche mit Aldehyd- statt Formal-dehydrogenase ergaben nahezu identischeErgebnisse. Die Empfindlichkeit des Ge-samtsystems betrug bei einem pH 7 ledig-lich 15% des entsprechenden Wertes bei pH9.5. Eine Abwägung dieser gegenläufigenEffekte führte zur Entscheidung, von derCoimmobilisierung eines Acetaldehyd redu-zierenden Enzyms abzusehen, den System-pH-Wert hingegen auf 9.5 einzustellen.

Zu 3) Die Einführung des Analysensy-stems in den Routinebetrieb einer Brauereistellt hohe Anforderungen an die Zuverläs-sigkeit des Gesamtsystems bei gleichzeitiggeringem Wartungsbedarf. Es ist nur eineStunde Wartungsaufwand pro Woche zu to-lerieren. Daraus resultiert die Forderungnach einer sehr hohen Langzeitstabilität desAnalysensystems.

Aus diesem Grunde wurden umfangrei-che Messreihen durchgeführt, die teilweiseüber mehrere Wochen liefen. Die nachfol-gende Abbildung zeigt exemplarisch die Sta-bilität des Messsignals über einen Zeitraumvon 17 Tagen (400h) (Abb. 5).

Die verwendete Enzymsäule, ein Immo-bilisat aus Alkoholdehydrogenase, zeigtekeinen nennenswerten Aktivitätsverlustwährend des dreiwöchigen Versuchszeitrau-mes. Lediglich kurzzeitige Schwankungenim Zeitbereich von Stunden mussten kom-pensiert werden (s.o.). Dieser Einfluss auf dieMessgenauigkeit des Systems konnte durchdie Einstellung entsprechender Rekalibrie-rungszyklen minimiert werden. Es warenkeine Unterschiede in den Stabilitätseigen-schaften festzustellen, wenn statt Standard-lösungen alkoholfreie Bierproben verwendetwurden.

Einen weiteren Aspekt der Langzeitsta-bilität stellt der Druckabfall über die Enzym-säule dar. Er betrug bei 9cm Säulenlänge und100 ml/h Volumenstrom in einer frisch ange-setzten Enyzmkartusche ca. 0.9 bar. Mit zu-nehmender Messdauer stieg er bis auf 3.0 bar.Gründe dafür liegen in Ablagerungen, diedurch die Bierproben eingetragen werdenund in der Formierung einer dichteren Pak-kung des Fließbettes. Ab einem Gegendruckvon ca. 3.0 bar ergaben sich Probleme mit derDichtigkeit des Gesamtsystems, speziell derEnzymkartusche. Darüber hinaus verlänger-ten sich die Analysenzeiten bei einem Ge-gendruck von 3bar um ca. 20 Sekunden, wasauf veränderte Strömungseigenschaften inFolge der geänderten Packungsdichte zu-rückzuführen war. Der maximale tolerierba-re Druck wurde deshalb auf 2.5 bar gesetzt,bei dessen Überschreiten die Enzymsäuleauszutauschen ist. Dieses trat in den bisheri-gen Versuchen frühestens nach 450 StundenBetriebszeit ein, wobei die Aktivität der Säu-le nur minimal (<25%) abnahm. Ein Entpak-ken und erneutes Füllen der Säule mit demselben Enzymmaterial stellt dann den ur-sprünglichen Zustand wieder her. Es wirddaher empfohlen im Abstand von 6 Wochen(oder entsprechend bei einem Gegendruckvon 2,5 bar, welcher im online-Betrieb jedoch

nicht erkannt werden kann) die Säule gegenein frisch gepacktes Exemplar auszutauschen.

Prozessanbindung

Die physische Prozessanbindung desMesssystems an die Produktionsanlage mussden Kohlendioxidgehalt in der Probe als ei-nen maßgeblichen Aspekt berücksichtigen.

Handelsübliches alkoholfreies Bier hateinen Kohlendioxidgehalt bis zu 6g/l, wo-durch bei einem pH-Wert von 4,5 die physi-kalisch-chemische Löslichkeit überschrittenwird und eine Übersättigung eintritt. So stehtalkoholfreies Bier mit diesem Kohlendioxid-gehalt stets unter Überdruck und schäumtbei schlagartigem Entspannen.

Wird Bier, das mit Kohlendioxid gesät-tigt ist, dem Fließinjektionssystem zuge-führt, so fördert man ein Zweistoffgemischvon flüssigem Bier durchsetzt mit Gasblasen.Dabei ist lediglich der Ethanolgehalt in derflüssigen Bierphase analytisch von Bedeu-tung. Bei einem Injektionsvolumen von 10-20µl nehmen bereits einzelne Gasblasen ei-nen beträchtlichen Anteil am Gesamtvolu-men ein. Der Anteil der injizierten Gasbla-sen vermindert nun das Volumen der injizier-ten Trägerflüssigkeit und verfälscht damitden ermittelten Konzentrationswert. DerFehler betrug bei der direkten Injektion vonalkoholfreiem Bier bis zu 30%.

Ein vermehrtes Ansammeln der Gasbla-sen an der Enzymsäule konnte, selbst beieinem mehrtägigen Betrieb mit alkoholfrei-em Bier, nicht beobachtet werden. EinDurchtritt einzelner Blasen durch die En-zymsäule und ein Weitertransport bis zumDetektor, welcher maßgeblich von Gasbla-sen gestört wird, war ebenfalls nicht zu be-obachten. Vermutlich werden durch den ein-gestellten System-pH-Wert von pH 9.5 dieKohlendioxidblasen schnell wieder von derTrägerflüssigkeit aufgenommen. Eine detail-lierte Analyse dieses Problemfeldes wurdejedoch leider nicht unternommen.

Bei sämtlichen Herstellungsverfahrenvon alkoholfreiem Bier ist das zu entalkoho-lisierende Bier jedoch nicht mit Kohlendi-oxid übergesättigt. Während der Herstellung

Abb. 5: Langzeitfluktuation derenzymatischen Alkoholbestim-mung mittels eines FIA-Systems.30U Alkoholdehydrogenase auf150 mg CPG, abwechselnd 0.4%vol% Ethanol-Standardlösungund 0.42vol.% alkoholfreies Bier.

Sensorik

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wird nahezu sämtliches überschüssiges Koh-lendioxid mit entfernt und beeinflusst somitdas Analysenverfahren nicht. Erst vor derendgültigen Abfüllung in die Handelsgebin-de findet eine Aufcarbonisierung auf denEndgehalt statt. Falls das zu entwickelndeAnalysensystem für fertiges Endbier verwen-det werden soll, sind zusätzliche Maßnahmenzu treffen, die ein Entbinden von Kohlendi-oxidblasen verhindern. Für die derzeitigeProjektzielsetzung ist dieses Problemfeldaber von untergeordneter Bedeutung.

Vermessung von Prozessproben

Ende Mai (2001) wurden Prozessprobender Staatbrauerei Weihenstephan aus zweiLäufen der Entalkoholisierungsanlage ver-messen. Beim ersten Lauf am 21.5.2001 wur-de das Helle der Brauerei Nordbräu, Ingol-stadt, bearbeitet, welches von der Staats-brauerei im Auftrage entalkoholisiert wur-de. Die Probennahme erfolgte manuell ander Entalkoholisierungsanlage während derersten 2 Stunden des Laufes im zeitlichenAbstand von 15 Minuten. Das Probenvolu-men lag zwischen 100 und 200ml. Einen Tagspäter wurde ein Hefeweizen aus eigener(Weihenstephaner) Produktion entalkoholi-

eine hohe Genauigkeit auf (Abweichungvom Mittelwert ≤ 0,05 % (v/v)).

Ausblick

Die prinzipielle Entwicklung des Mess-systems kann als abgeschlossen betrachtetwerden. Das Prototypengerät ist hardware-und softwareseitig komplett aufgebaut undpraktisch betriebsfertig. Zur Zeit wird derOnline-Einsatz bei den Projektpartnern vor-bereitet und durchgeführt. Nach endgülti-ger Evaluierung des Analysengerätes soll esabschließend als Leitsensor zur Optimierungdes Entalkoholisierungsprozesses bei deneinzelnen Kooperationspartnern eingesetztwerden. Dadurch ist die aktive Führung desProzesses unter Minimierung der Energie-und Betriebskosten und optimaler Ausnut-zung der Ressourcen möglich.

Das Analysensystem soll darüber hinauseine Vorreiterrolle für die Bestimmung an-derer (bio-)chemischer Analyte zur Verfah-rensoptimierung (z.B. enzymatische Stärke-hydrolyse) bzw. Qualitätskontrolle (z.B. Vit-amin C in Fruchtsäften) in der Lebensmit-telwirtschaft einnehmen.

Quellen

Narziß, L.: Abriss der Bierbrauerei, Enke Stuttgart,

1995, S 337 ff.Bilitewski, U.; Ding, T.; Schmidt, R. D.: DieFließinjektionsanalyse (FIA). Angewandte Chemie,103 (4), 1991, S. 107-112

Ruzicka, J.; Hansen, E. H.: Flow Injection Analysis,John Wiley & Sons, 1988, S.15-21

Steiner, E.: Aufbau eines online-Titrators zurBestimmung von Essigsäure, Diplomarbeit an der

TU-München, 1998, S. 13-15Möller, J.: Flow Injection Analysis. Band 7, Springer

Verlag, Högenäs (1995)

Kontakt

Dr. Ing. Thomas BeckerLehrstuhl für Fluidmechanik und ProzessautomationWeihenstephaner Steig 2385354 FreisingTel.: 08161-713670Fax.: 08161-714510eMail: [email protected]://www.lfp.blm.tu-muenchen.de/LFPTeam/thomas/default.htm

Probe 1 2 3 4 5 6 7 8

Probennahme 13:10 13:25 13:40 13:55 14:10 14:25 14:40 14:55

Referenzwert/Vol. % 0,083 0,683 0,784 0,530 0,603 0,595 0,487 0,908

Mittelwert 0,096 0,604 0,733 0,548 0,595 0,584 0,506 0,781

Standardabweichung 0,006 0,091 0,051 0,022 0,022 0,022 0,028 0,053

max Abweichung nach 0,012 0,056 0,110 0,046 0,050 0,033 0,060 0,069Oben

max Abweichung nach -0,012 -0,254 -0,058 -0,030 -0,027 -0,028 -0,032 -0,077Unten

Referenzlösung:

Cgemessen [g Ethanol / l] 0,060

Csoll [g Ethanol / l] 0,062

Lauf 1: 21.05.2001: Helles der Brauerei Nordbräu, Ingolstadt das in Kooperation hergestellt wurde

Lauf 2: 21.05.2001: Weihenstephan der Staatsbrauerei. Bei den Messungen 8 bis 10 wurde auf dieReferenzanalyse verzichtet, da der Ethanolgehalt unter derNachweisegrenze lag.

Probe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Probennahme 13:50 14:05 14:20 14:35 14:50 15:05 15:20 15:35 15:50 16:05

Referenzwert/Vol.% 0,051 0,009 0,002 0,019 0,001 1,605 0,051 entfällt entfällt entfällt

Mittelwert 0,031 n.N. n.N. n.N. n.N. 1,328 0,029 n.N. n.N. n.N.

Standardabweichg. 0,002 - - - - 0,153 0,013 - - -

max Abweichung 0,004 - - - - 0,213 0,034 - - -nach Oben

max Abweichung -0,003 - - - - -0,241 -0,007 - - -nach Unten

Referenzlösung:

Cgemessen [g Ethanol / l] 0,055

Csoll [g Ethanol / l] 0,056

siert. Die Prozedur der Probennahme unter-schied sich nicht vom vorangegangenenLauf.

Die Proben wurden nach Ende der Pro-bennahme kalt gestellt (1 – 2°C) und nochin der selben Woche mit dem FIA-Systemvermessen, wobei pro Probe 10 Messungen(n = 10) durchgeführt wurden. Zum Ver-gleich wurden alle Proben auch einer Refe-renzanalyse unterzogen. (n = 2). Die Ergeb-nisse der Analysen sind im Nachfolgendendargestellt (Tab. 1)

Der erste Lauf zeigte vergleichsweisehohe Ethanolgehalte, die jedoch durch dieReferenzanalysen auch bestätigt werdenkonnten.

Beim zweiten Lauf lag bei sieben derzehn Messreihen der Ethanolgehalt im Be-reich der Nachweisgrenze bzw. darunter.Eine weitere Probe zeigte in der Referenz-analyse einen Ethanolgehalt von 1,6 %(v/v).Das führte zu einem Übersteuern des FIA-Systems, welches in Folge nicht verwend-bare Werte lieferte. Lediglich zwei der 10Proben lagen mit ihrem Ethanolgehalt imMessbereich des FIA-Systems.

Bis auf eine Ausnahme wiesen alle Pro-ben, die mit ihrer Ethanolkonzentration inden Messbereich des FIA-Systems fielen,

Tab. 1: Prozessproben Weihenstephan, 21. und 22. Mai 2001

Sensorik

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Bei der Weinbereitung ist zur optimalenAusnutzung der Ressourcen eine schnelleund zuverlässige Vor-Ort-Qualitätsüberwa-chung des Gärprozesses erforderlich.Rechtzeitiges Abstoppen der Gärungermöglicht eine gezielte Einstellung derRestsüße, einem wichtigen Qualitätspara-meter der Weine, und somit die kontrollier-te Produktion der gewünschten Weinquali-tät. Zu diesem Zweck wurde ein Analysen-system, bestehend aus einem Handgerätund Multianalytsensorkarten zur gleichzei-tigen Bestimmung der Zucker Glucose,Fructose und Saccharose entwickelt.

Sensorik

Multianalytsensoren zur

Vor-Ort-Qualitätsüberwachung von

Gärprozessen

Stefanie Meier1, Gabriele-Christine Chemniti-us2,3, Oleksandr Shulga2, Karl Cammann1,2,

Torsten Börchers2,1Lehrstuhl für Analytische Chemie, Westfäli-sche Wilhelms-Universität Münster und2Institut für Chemo- und Biosensorik,Münster, 3neue Adresse: EKF-diagnosticGmbH, Barleben

Einleitung und Fragestellung

� Bei der Weinbereitung ist für den Win-zer eine Überwachung und Steuerung desGärverlaufes durch eine schnelle und zuver-lässige Vor-Ort-Analytik wünschenswert.Die wichtigsten zu überprüfenden Parame-ter sind die Konzentrationen der vergärba-ren Zucker Glucose und Fructose und in ge-ringerem Maße auch von Saccharose. Bei deralkoholischen Gärung werden die Zuckerdes Mostes in Alkohol und Kohlensäureumgewandelt. Dabei hat die Ausgangskon-zentration der Zucker einen Einfluss auf dasGärverhalten. Bei der Weinbereitung wirdals Gärverfahren meistens die Reingärungdurch Zugabe von Reinzuchthefen, seltenerdie durch mosteigene Mikroorganismen her-vorgerufene Spontangärung eingesetzt. Dadie meisten Stämme der Saccharomyces cere-visiae-Zuchthefen glucophil sind, überwiegtnach der Reingärung die Fructose. Es be-steht eine Abhängigkeit des Glucose/Fruc-tose-Verhältnisses vom Vergärungsgrad [1].Die Bestimmung der Abnahme der Zuckerwährend der Gärung ermöglicht es, den Gär-verlauf zu verfolgen, was vor allem bei derGärkontrolle von Auslesen, Beeren- undTrockenbeerenauslesen und bei der Rot-weinbereitung von Bedeutung ist. Rechtzei-tiges Abstoppen der Gärung ermöglicht einegezielte und effiziente Einstellung der Rest-süße, die einen wichtigen Qualitätsparame-ter der Weine darstellt, und somit die kon-trollierte Produktion der gewünschten Wein-qualität. Bisher werden zur Bestimmung derZuckerkonzentrationen in Mosten und Wei-nen überwiegend nasschemische Analysen-methoden eingesetzt, die allesamt auf derVerwendung schwermetallhaltiger Reagen-zien beruhen.

Ziel dieses Forschungsvorhabens ist dieEntwicklung eines einfach und zuverlässig

einsetzbaren Analysengerätes für die Vor-Ort-Qualitätsüberwachung von Gärprozes-sen, das diese nasschemischen Untersu-chungsmethoden ersetzen kann und eineoptimale Ausnutzung der Ressourcen er-laubt. Das im Rahmen des Projektes entwik-kelte portable Messgerät (Abb. 1) und dieeinfach einzusetzenden, mehrfach verwend-baren Multianalytsensorkarten sind für denWinzer auch ohne analytische Vorkenntnis-se einfach zu handhaben. Auf den Sensor-karten sind mehrere Enzymelektroden in-tegriert, die eine gleichzeitige Bestimmungder Glucose-, Fructose- und Saccharosekon-zentration erlauben. Der Gesamtzuckerge-halt ergibt sich dann direkt als Summe die-ser Werte. Es ist geplant, später weitere, fürden Winzer relevante Module, die durchoxidierende Enzyme (Oxidasen/Dehydroge-nasen) realisierbar sind, hinzuzufügen. Er-ste Daten liegen für einen Alkoholsensor vor,weitere Analyte können Lactat, Malat undSulfit sein.

Zuckeranalytik in Wein – Stand derTechnik

In der Weinanalytik werden zur Zucker-bestimmung in Laboratorien chromatogra-phische Methoden (in erster Linie HPLC),

Abb. 1: Prototyp des Analysengerätes „Vino-quant“. Das Gerät wurde in Zusammenarbeit mitdem Kooperationspartner Leo Kübler GmbH,Karlsruhe, entwickelt.

Polarimetrie, Refraktometrie und insbeson-dere nasschemische Analysenmethoden ver-wendet [2-4]. Diese nasschemischen Analy-senverfahren basieren allesamt auf der Oxi-dation der Aldehyd- bzw. Ketogruppe derZucker unter Verwendung schwermetallhal-tiger Reagenzien. Reduzierende Zucker wieGlucose und Fructose können direkt be-stimmt werden, während Saccharose vor derBestimmung hydrolytisch durch das EnzymInvertase in die Bestandteile Glucose undFructose gespalten werden muss. Mit die-sen Methoden ist keine getrennte Bestim-mung der einzelnen Zucker, sondern nureine Unterscheidung zwischen direkt redu-zierenden und nach Inversion reduzieren-

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den Zuckern möglich. Es sind verschiede-ne Methoden beschrieben worden, die dieEigenschaft der Zucker nutzen, Kupfer-(II)-Verbindungen in der Hitze im alkalischenMedium zu reduzieren. Die jeweiligen Ver-suchsbedingungen müssen stets sehr genaueingehalten werden. Vor der eigentlichenAnalyse ist immer eine Klärung der Probemit Bleiacetat oder Zinkhexacyanoferratnotwendig. Bei der häufig verwendeten

sung, 2.000 l Schwefelsäure und 2.000 l Ka-lium/Natriumtartrat, die bei Einführung mo-derner Testverfahren eingespart werdenkönnten. Es ist davon auszugehen, dass dergrößte Anteil dieser Reagenzien derzeit insAbwasser gelangt.

Photometrische Tests auf der Basis en-zymatischer Bestimmungsmethoden (z. B.UV-spektrometrische Tests zur Bestimmungvon Saccharose, D-Glucose und D-Fructo-se von Roche) sind zwar spezifisch, konn-ten sich jedoch aufgrund ihrer Handhabungbisher nur in speziell ausgewiesenen Labo-ratorien, nicht jedoch bei der Vor-Ort-Ana-lytik durchsetzen. Bei diesen Tests wird diePhosphorylierung von D-Glucose mit ATPdurch das Enzym Hexokinase katalysiert.Das entstehende D-Glucose-6-phosphatwird von dem Coenzym NADP+ in Gegen-wart des Enzyms Glucose-6-phosphat-De-hydrogenase oxidiert, wobei die Menge desgleichzeitig gebildeten NADPH der ur-sprünglich vorhandenen Glucose-Mengeäquivalent ist. Da NADPH im UV-Spektrumgegenüber NADP+ eine zusätzliche Absorp-tionsbande mit einem Maximum bei 340 nmzeigt, kann aus deren Zunahme der Gluco-segehalt berechnet werden. Der Saccharo-segehalt ergibt sich aus der Differenz vonGlucosemessungen vor und nach enzymati-scher Behandlung mit dem Enzym Inverta-se. Fructose wird im Anschluss an die Glu-cosebestimmung gemessen. D-Fructosewird dazu ebenfalls durch ATP in Gegen-wart von Hexokinase phosphoryliert. Dasentstehende D-Fructose-6-phosphat wirdenzymatisch in D-Glucose-6-phosphat über-führt, und die Bestimmung verläuft analogder Glucosebestimmung.

Enzymsensoren

Enzymsensoren beruhen auf der direk-ten räumlichen Kopplung eines immobili-sierten Enzyms bzw. einer immobilisiertenEnzymsequenz mit einem Signalumwand-ler, dem sogenannten Transducer. Kommer-ziell erhältliche Enzymsensorsysteme sindbisher überwiegend zur Bestimmung vonGlucose in Blut und Serum für medizinischeAnwendungen entwickelt worden. Aberauch bei vielen analytischen Fragestellun-gen zur Qualitätsüberwachung von Lebens-mitteln haben sich Enzymsensoren bereitsals geeignet erwiesen [5-9]. Sie erfüllen dieAnforderungen der kostengünstigen undreproduzierbaren Massenproduktion für denEinsatz in der Vor-Ort-Analytik [10]. Manunterscheidet zwischen Fließinjektionsana-lysensystemen zur kontinuierlichen Analy-se und Messungen in einer gerührten Mess-zelle in verdünnten Proben. Diese Batch-Messungen bieten sich insbesondere bei ei-ner überschaubaren Zahl von Analysen an,die außerhalb eines Labors anfallen, da die

Nutzung durch das Personal vor Ort ähnlicherfolgt wie die allgemein bekannte pH-Mes-sung.

Während bei den typischen Enzymsen-soren eine mit Enzym beschichtete Mem-bran mit Hilfe eines O-Ringes vor eine,meistens stabförmige, Elektrode gespanntwerden muss, werden in diesem Projekt alsamperometrische Transducer planare Dick-schichtsensoren benutzt (Abb. 2). Dazu wer-den in Siebdrucktechnik unterschiedlicheStrukturen unter Einsatz leitender und nichtleitender polymerer Pasten auf ein Poly-estersubstrat gedruckt. Bei dem Siebdruck-prozess wird die Paste mit Hilfe eines Ra-kels durch das strukturierte Sieb gedrückt,wodurch die gewünschte Struktur entsteht.Im ersten Arbeitsschritt werden die Gegen-elektrode und die Elektrodenableitungenmit einer Graphitpaste gedruckt. Im zwei-ten Arbeitsschritt erfolgt der Druck der Re-ferenzelektrode mit einer Ag/AgCl-Paste. Imdritten Schritt werden die vier Arbeitselek-troden mit einer Platinpaste gedruckt. Ab-schließend erfolgt der Druck der Isolierung.Abbildung 2 zeigt einen Ausschnitt von achtgedruckten Sensorkarten. Auf einem Poly-esterbogen wurden gleichzeitig 44 Sensorengedruckt. Da im Zuge des Projektes mehre-re Analyten simultan gemessen werden sol-len, werden auf den verschiedenen Arbeits-elektroden unterschiedliche Enzyme bzw.Enzymsysteme immobilisiert.

Zuckeranalytik in Wein mit dem neuenVinoquant-Analysensystem

Mit dem im Rahmen des Projektes ent-wickelten Vinoquant-Analysensystem kannder Winzer die Analysen zur Überwachungdes Gärprozesses schnell und einfach selbstdurchführen. Dadurch entfallen Transportezu einem zentralen Labor, die mit einembeträchtlichen Zeitverlust verbunden sind,bis das Analysenergebnis vorliegt. Der Win-zer hat dadurch die Möglichkeit, schnellerin den Gärprozess einzugreifen, wodurch dieEinstellung der Restsüße des Weines we-sentlich vereinfacht wird. Dadurch wird diegezielte Produktion von bestimmten Weinenhoher Qualität, wie den lieblichen Auslesen,erleichtert, und es wird vermieden, dassdurch zu spätes Abstoppen der Gärung Wei-ne geringerer Qualität hergestellt werden.Auch Gärstörungen können durch eine Vor-Ort-Analytik rechtzeitig erkannt und beho-ben werden, z. B. durch Erhöhung der Tem-peratur, Zugabe von Nährsalzen oder zusätz-lichen Hefen. Bei Gärstörungen besteht dasRisiko, dass sich Schimmelpilze und Milch-säurebakterien anstelle der Hefen übermä-ßig vermehren und so zum Verderb des ge-samten Gäransatzes führen.

Mit Hilfe des portablen Handgeräteswird an jeder der vier Elektroden der Mul-

Sensorik

Methode nach Dr. Rebelein wird ein Aliquotder geklärten Probe mit Kupfersulfat undKalium/Natriumthiosulfat versetzt und zumSieden erhitzt. Nach schnellem Abkühlen,Versetzen mit Kaliumjodid und Stärke undAnsäuern mit Schwefelsäure werden dieverbleibenden Kupfer-(II)-Ionen jodome-trisch mit Natriumthiosulfat titriert. DieseMethode hat gegenüber anderen Methodenden Vorteil, dass die Umsetzung stöchiome-trisch verläuft, d. h., der Zuckergehalt kanndirekt an der Bürette abgelesen werden undmuss nur noch mit dem Verdünnungsfaktormultipliziert werden, während die Umset-zung bei anderen Methoden nicht stöchio-metrisch verläuft und die Auswertung an-hand von Tabellen durchgeführt werdenmuss. Für die jährliche Produktion von12.000.000 Hektolitern Wein wurden 1998in Deutschland mindestens 200.000 nassche-mische Analysenmethoden vorwiegend nachder Rebelein-Methode durchgeführt. Dasbedeutet einen Verbrauch von mindestens2.000 l Kaliumjodidlösung, 3.000 l Natri-umthiosulfatlösung, 2.000 l Kupfersulfatlö-

Abb. 2: Ausschnitt eines Bogens mit achtgedruckten Sensorkarten. Die Sensorkartenwurden schichtweise in Siebdrucktechnikhergestellt. Am oberen Rand der Sensorkartensind die sechs Kontakte der Elektroden zuerkennen. Links unten auf der Sensorkarte(silbergrau) befindet sich die Ag/AgCl-Referenz-elektrode, daneben sind die vier rundenPlatinarbeitselektroden zu erkennen, rechts aufder Sensorkarte befindet sich die Graphitgegen-elektrode (schwarz).

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tianalytsensorkarten das Potential einge-stellt, das für die entsprechende Elektroden-reaktion optimal geeignet ist. So unterschei-det sich das Potential bei Verwendung vonMediatoren deutlich von demjenigen Poten-tial, das für die Oxidation des bei der En-zymreaktion entstehenden Wasserstoffper-oxids benötigt wird. Das Handgerät verfügtüber ein Display, auf dem nach Kalibrierungmit einer Standard-Lösung die Zuckerkon-zentrationen angezeigt werden, über eineserielle Schnittstelle, die eine Datenübertra-gung an einen PC erlaubt, sowie über eineFunktion zur Messwertarchivierung. Für dieEntwicklungsarbeiten wurden kompletteStrom-Zeit-Kurven mit dem Messgerät auf-genommen und auf dem PC dargestellt. ZurKontaktierung der Sensorkarten wurde einAdapter entwickelt, der nach dem Prinzipeines Nullkraftsteckers arbeitet und spritz-wassergeschützt ist.

Die in Siebdrucktechnik hergestelltenMultianalytsensorkarten verfügen über vierEnzymelektroden zur gleichzeitigen Be-stimmung der Glucose-, Saccharose- undFructosekonzentration (vgl. Abb. 2). Dievierte Elektrode dient zur Zeit als Blindsen-sor zur Anzeige eventueller Störstoffe. Durchdie Immobilisierung der Enzyme in Biosen-soren ist eine vereinfachte Handhabung ge-genüber photometrischen Methoden, diemit gelösten Enzymen arbeiten, zu erwar-ten. Ein weiterer Vorteil ist die geringereStörung durch gefärbte Probenbestandteile,Trübung oder Gasbläschen.

Die Bestimmung von Glucose erfolgtüber die amperometrische Detektion desWasserstoffperoxids, das bei der durch dasEnzym Glucoseoxidase (GOD) katalysiertenUmsetzung von β-D-Glucose zu D-Gluco-no-δ-lacton entsteht. Dieses H2O2 kann dannan der Platinelektrode anodisch oxidiertwerden (Abb. 3). Bei der Amperometrie wirddazu zwischen der Arbeits- und der Refe-renzelektrode ein konstantes Potential an-gelegt, im Falle der H2O2-Oxidation +600mV. Nach Einschalten des Potentials kommtes durch die Umsetzung der elektroaktivenSubstanz an der Arbeitselektrode zur Aus-bildung der sogenannten Nernstschen Dif-fusionsschicht, deren Ausdehnung strö-mungsabhängig ist. Wird die Lösung mitkonstanter Geschwindigkeit gerührt, bildetsich eine Diffusionsschicht nahezu konstan-ter Dicke aus, an deren Grenze durch Kon-vektion genügend elektroaktive Teilchennachgeliefert werden. Der größte Stofftrans-port liegt vor, wenn der Konzentrationsgra-dient maximal ist. Dies ist der Fall, wenndie Konzentration des elektroaktiven Stof-fes an der Elektrodenoberfläche gleich Nullist, d. h. jedes Teilchen, das die Elektrodeerreicht, sofort elektrochemisch umgesetztwird. Der unter diesen Bedingungen beiamperometrischen Sensoren gemessene,

maximale Strom wird als Diffusionsgrenz-strom bezeichnet. Dieser Diffusionsgrenz-strom ist gemäß dem 1. Fickschen Gesetzproportional zur Analytkonzentration.

Zur Bestimmung des Disaccharids Sac-charose wird eine Enzymsequenz aus dreiEnzymen auf der Arbeitselektrode coimmo-bilisiert. Zunächst erfolgt die Spaltung derSaccharose durch Invertase in Glucose undFructose. Mutarotase beschleunigt die an-sonsten langsame Einstellung des Mutaro-tationsgleichgewichtes zwischen der bei die-ser Reaktion entstehenden α-D-Glucoseund dem von der Glucoseoxidase ausschließ-lich verwertbaren Anomer β-D-Glucose underhöht somit die Konzentration des Enzym-substrates. Anschließend erfolgt die Detek-tion des Reaktionsproduktes H2O2 wie fürden Glucosesensor beschrieben. Aufgrundder Reaktionssequenz reagiert der Saccha-

rosesensor auch auf Glucose. Sind in derAnalytlösung Glucose und Saccharosegleichzeitig vorhanden, muss das Signal amSaccharosesensor um die am Glucosesensorgemessene Konzentration korrigiert werden.

Für die Entwicklungsarbeiten wurdenzunächst Sensorkarten mit jeweils vier Glu-cose- bzw. Saccharosesensoren hergestellt.Sowohl für die Glucose- als auch die Sac-charosesensoren lag das pH-Optimum, beidem maximale Sensorsignale erhalten wur-den, bei pH 7,0. Der lineare Messbereichder Glucose- wie auch der Saccharosesenso-ren reichte im Messpuffer mit pH 7,0 von0,01 mM bis 1,2 mM. Abbildung 4 zeigt dieMesskurve (links) und die daraus abgeleite-te Kalibrationskurve (rechts) eines Glucose-sensors. Aus der Steigung der Kalibrations-geraden im linearen Messbereich wurde einemittlere Sensitivität der Glucosesensoren

Sensorik

Abb. 3: Reaktionsschema der enzymatischen Glucose- und Fructosebestimmung. Die beteiligtenEnzyme Glucoseoxidase (GOD) und Fructosedehydrogenase (FDH) sowie Coenzyme sind gezeigt. DieOxidation der Zucker erfolgt letztendlich über die als Anode geschaltete Platinelektrode.

Abb. 4: Messkurve (links) und davon abgeleitete Kalibrationskurve (rechts) eines Glucosesensors. DieMesskurve zeigt die einzelnen Stromzunahmen, die sich aus sequentiellen Zugaben einer Glucoselö-sung ergeben. Angegeben ist die Gesamtkonzentration an Glucose in der Messlösung. Aus derSteigung der Kalibrationskurve im linearen Bereich ergibt sich die Sensitivität des Sensors.

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von 0,64 nA/µM ± 12,5 % (n = 28) bestimmt.Die mittlere Sensitivität der Saccharosesen-soren betrug für Glucose 0,90 nA/µM ± 5,5% (n = 12) und für Saccharose 0,82 nA/µM ±4,9 % (n = 12).

Untersuchungen zur Lagerstabilität er-gaben die besten Ergebnisse bei gekühlter,trockener Lagerung. Die Sensitivität derGlucosesensoren hatte nach sechs Monatenum lediglich 20 % abgenommen und nacheinem Jahr um 50 % (Abb. 5). Bei den Sac-charosesensoren kam es interessanterweisenach einer Woche zu einer Zunahme derSensitivitäten um ca. 50 % sowohl für Glu-cose als auch für Saccharose. Danach blie-ben die Sensitivitäten der Sensoren übereinen Zeitraum von sechs Monaten annä-hernd konstant und sanken nach einem Jahrauf den Anfangswert. Aufgrund der nach La-

gerung nicht mehr genau definierten Sensi-tivität der Enzymsensoren wird vor der ei-gentlichen Messung einer Probe eine Stan-dard-Lösung mit einer definierten Zucker-konzentration (z.B. 0,1 mM) analysiert. ZurKompensation von Matrixeffekten wird derStandard nach der Probe in die Messzellepipettiert.

Für die Bestimmung von Fructose stehtkeine geeignete Oxidase zur Verfügung, mitder analog zu den anderen Enzymen die di-rekte Oxidation des Zuckers unter H2O2-Generierung gemessen werden könnte.Deshalb wurde das Enzym Fructosedehy-drogenase (FDH) verwendet, an das derCofaktor Pyrrolochinolin-Chinon (PQQ)gebunden ist. Dieses Enzym katalysiert dieOxidation von Fructose zu 5-Keto-D-Fruc-tose. Zum Elektronentransfer zwischen En-zym und Elektrode ist ein Mediator notwen-dig, der zunächst den Cofaktor PQQ rege-neriert und anschließend selbst an der Elek-trode regeneriert wird (Abb. 3). Als löslicherMediator wurde hier Kaliumhexacyanofer-rat dem Messpuffer zugesetzt, das zur Fruc-tosebestimmung in Verbindung mit FDHgut geeignet ist [11-14]. Zukünftig sollenauch andere Mediatoren wie z. B. Tetrathia-fulvalen, Methylenblau und Meldolablaugetestet werden.

Da das pH-Optimum der Fructosede-hydrogenase bei einem niedrigeren pH-Wert liegt als das der Enzyme der Glucose-und Saccharosesensoren, musste der Mess-puffer für die Messungen mit den Multi-analytsensoren angepasst werden. EinMesspuffer mit pH 5,0 stellt einen akzep-tablen Kompromiss zwischen den optima-len Messbedingungen aller drei Enzymsy-steme dar. Die Signale der Glucose- undSaccharosesensoren werden dadurch zwarverringert, sind aber immer noch hoch ge-nug, um problemlos ausgewertet zu werden,während umgekehrt das Fructosesignal beipH 7,0 viel stärker beeinträchtigt wird. DieFructosesensoren zeigten unter diesen Be-

dingungen eine durchschnittliche Sensiti-vität von 0,057 nA/µM ± 5,3 % (n = 4) imlinearen Messbereich von 0,05 bis 2,2 mMFructose. Die gemessenen Ströme sind alsoum eine Größenordnung geringer als beiden auf Glucoseoxidase basierenden Sen-soren, sie sind aber immer noch groß ge-nug, um Fructose im relevanten Bereichsicher messen zu können. Bei den Multi-analytsensoren mit allen drei immobilisier-ten Enzymsystemen zur gleichzeitigen Be-stimmung von Glucose, Fructose und Sac-charose kam es nicht zu einer gegenseiti-gen Beeinflussung der Sensoren unterein-ander, jeder Sensor sprach nur auf den Ana-lyten an, für den das Enzym spezifisch ist(Abb. 6).

Die beschriebenen Sensoren wurden zurBestimmung der Glucose- und Saccharose-konzentration in verschiedenen Fruchtsäf-ten [15] sowie zur Bestimmung der Gluco-se- und Fructosekonzentration in Rot- undWeißweinen (Tab. 1) eingesetzt. Als Proben-vorbehandlung erfolgte ausschließlich eineVerdünnung (1:100 bis 1:2.000) durch Zuga-be der Probe zum Messpuffer und bei denFruchtsäften zusätzlich eine Filtration derProben. Die Referenzwerte wurden photo-metrisch nach der enzymatischen Methodeermittelt. Die mit den Enzymsensoren be-stimmten Werte stimmen in den meistenFällen gut mit den Referenzwerten überein.So ließen sich sowohl kleine Saccharosege-halte, wie in Apfelschorle (5,4 g/l) als auchhohe Glucosegehalte wie in Trockenpflau-menextrakt (65,1 g/l) gut nachweisen. Auchdie große Spanne zwischen sehr trockenenund sehr lieblichen Weinen (vgl. Rotweine2 und 5 in Tab. 1) bereitete keine Schwie-rigkeiten. Momentan werden Versuche zurBestimmung der verschiedenen Zucker ingärendem Most vorbereitet. Hier ist mitAnfangskonzentrationen von 250 g/l Zuckerzu rechnen, der sich zu etwa gleichen Tei-len auf Glucose und Fructose verteilt.

Zur vollständigen Überwachung desGärprozesses wäre es wünschenswert, wennneben der Abnahme der Zuckerkonzentra-tion zusätzlich die Zunahme der Alkohol-konzentration bestimmt werden könnte.Hier wurden ebenfalls bereits erste Ergeb-nisse mit einem Enzymsensor erhalten [16].Es wurden Alkoholoxidasen aus den dreiunterschiedlichen Hefestämmen Hansenulasp., Candida boidinii und Pichia pastoris ver-wendet. Die Alkoholbestimmung beruhtebenfalls auf der Detektion des entstehen-den Wasserstoffperoxids. Das pH-Optimumder Alkoholsensoren lag für alle drei verwen-deten Alkoholoxidasen bei pH 7,5. Die be-sten Ergebnisse wurden mit der Alkohol-oxidase aus Hansenula sp. erhalten. Die Sen-sitivität der Alkoholsensoren mit Alkohol-oxidase aus Hansenula sp. betrug 30,5 nA/mM± 0,6 % (n = 3) im linearen Messbereich von

Abb. 5: Lagerstabilität der Glucosesensoren beiunterschiedlichen äußeren Bedingungen. Zuunterschiedlichen Zeitpunkten wurden mit denunter diversen Bedingungen gelagertenSensoren jeweils Kalibrationskurven aufgenom-men und die Sensitivitäten bestimmt. Für jedenZeitpunkt wurde ein neuer, unter den angegebe-nen Bedingungen gelagerter, Sensor verwendet.In der Praxis können die Sensoren für mehrereMessungen über einen Zeitraum von mindestens1 Tag verwendet werden (Arbeitsstabilität). Diebeste Lagerstabilität wurde bei gekühlter,trockener Lagerung erhalten.

Abb. 6: Querempfindlichkeit derGlucose-, Saccharose- undFructosesensoren einerSensorkarte. Es kam zu keinergegenseitigen Beeinflussungder einzelnen Sensoren.

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Tab. 1: Bestimmung des Glucose- und Fructosegehaltes in Rot- und Weißweinen.Jede Probe wurde mit zwei unterschiedlichen Sensoren vermessen.1 Die Referenzwerte wurden freundlicherweise vom Staatlichen Veterinär- und Chemischen Landesuntersu-chungsamt in Münster bestimmt.

0,01 bis 3 mM Ethanol. Untersuchungen zurSubstratspezifität zeigten, dass das Haupt-substrat der Alkoholoxidasen Methanol ist(Abb. 7), während Ethanol geringfügigschlechter umgesetzt wird. Für die Anwen-dung zur Qualitätsüberwachung von Gärpro-zessen kann jedoch davon ausgegangen wer-den, dass die Hefen, welche die alkoholischeGärung bewirken, spezifisch Ethanol bilden.Deshalb kann mit den Alkoholsensoren dasFortschreiten der Gärung anhand des An-stiegs der Ethanolkonzentration verfolgtwerden.

Zur Untersuchung eventueller Quer-empfindlichkeiten wurden äquimolare Men-gen Ethanol und der im Wein relevantenStörstoffe Ascorbinsäure und Sulfit analysiert(Abb. 7). Während Ascorbinsäure nicht si-gnifikant an der Elektrode umgesetzt wur-de, wird bei Zusatz von Sulfit ein geringerReduktionsstrom aufgrund der Reduktiondes Sulfits beobachtet. Bei der Weinherstel-lung wird schweflige Säure zugesetzt, um dieEntwicklung von Mikroorganismen, wie z.B. Schimmelpilzen, Bakterien und Hefen,wirkungsvoll und anhaltend zu unterbinden.Die erlaubte Sulfitkonzentration ist aller-dings deutlich geringer als die der im Weinvorliegenden Zucker, so dass dieser Effektbei Messung von Realproben keine Rollespielt.

Für eine Massenproduktion der Enzym-sensoren sollte deren Herstellung automa-tisiert werden können. Die Herstellung derTransducer erfolgt bereits mit einer halbau-tomatischen Siebdruckmaschine. Wenn dieImmobilisierung der Enzyme ebenfalls inSiebdrucktechnik durchgeführt werdenkönnte, wäre es möglich, den komplettenSensor in einer einzigen Technik herzustel-len. Die Immobilisierung der Glucoseoxid-ase wurde bereits erfolgreich in Siebdruck-technik durchgeführt [17]. Es muss jedochnoch untersucht werden, ob diese Immobili-sierungstechnik auch auf die anderen, emp-findlicheren Enzyme zu übertragen ist. Ei-nen anderen Ansatz zur Automatisierung der

Sensorherstellung stellt die Immobilisierungder Enzyme mit einem automatischen Dis-penser dar.

Danksagung

Diese Arbeiten wurden im Rahmen desProjektes 13028/13 von der Deutschen Bun-destiftung Umwelt gefördert

Literatur

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Abb. 7: Substratspezifi-tät und Querempfind-lichkeit der Alkoholsen-soren mit Alkoholoxid-ase aus Hansenula sp.Äquimolare Mengen (5mM) unterschiedlicherprimärer Alkohole oderStörsubstanzen wurdenmit dem Alkoholsensorvermessen.

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Korrespondenzadresse

Dr. Torsten BörchersInstitut für Chemo- und BiosensorikMendelstr. 748149 MünsterTel.: 0251-9802880Fax: 0251-9802890eMail: [email protected]://www.icb-online.de

Glucosegehalt [g/l] Fructosegehalt [g/l]

Probe Referenzwert1 Enzymsensor Referenzwert1 Enzymsensor

Rotwein 1 3,04 3,0 ± 0,3 3,10 3,4 ± 0,3

Rotwein 2 2,99 2,8 ± 0,0 3,32 3,4 ± 0,2

Rotwein 3 3,06 2,9 ± 0,2 3,01 n. b.

Rotwein 4 15,72 14,6 ± 0,3 15,47 16,8 ± 0,1

Rotwein 5 84,30 82,9 ± 2,0 80,60 79,0 ± 5,8

Rotwein 6 15,70 15,0 ± 0,0 15,70 15,3 ± 0,1

Rotwein 7 15,50 15,1 ± 0,3 15,10 16,3 ± 0,2

Weißwein 1 4,90 5,0 ± 0,1 5,10 4,7 ± 0,0

Weißwein 2 9,70 9,8 ± 0,6 9,90 9,3 ± 0,8

Sensorik

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Da ein Problem beim Bierbrauen diemikrobiologische Belastung des Ein-gangsmaterials Gerste durch bestimmtePilze ist, werden verschiedene Möglichkei-ten der Kontrolle auf dem Markt angebo-ten. Diese Arbeit konzentriert sich auf denTest auf extrazelluläre Polysaccharide imKorn oder im Malz. Dabei wird versucht,ein automatisierbares Versuchsprotokollauf der Grundlage einer Antigen-Antikör-per-Agglutinationsreaktion zu entwickeln.Auf dessen Basis soll eine automatischeErfassung des biologischen Eingangsma-terials bei Brauereien oder Mälzereienermöglicht werden, um Zeitengpässe imProduktionsprozess zu vermeiden undeine Sicherung der Produktqualität zuerreichen. Durch diese Absicherung derQualität werden dementsprechend schonim Vorfeld Ressourcen und Energieeingespart durch Verringerung derFehlgärungen.

Entwicklung eines Messsystems zum

Nachweis von Fusarium

Klaus Stadtlander, Märkische FH IserlohnJörg Becker, Dr.Wessling Laboratorien GmbH,AltenbergeStefan Hesse, Jüke Systemtechnik GmbH,Altenberge

Einleitung

� Schimmelpilze der Gattung Fusariumsind bekannt als Verderbniserreger undProduzenten der von ihnen gebildeten To-xine (Mykotoxine) in Lebens- und Futter-mitteln. Die typischen Feldpilze besiedelndie wachsende Getreidepflanze und schä-digen diese schon vor der Ernte. Aber auchwährend einer unsachgemäßen Lagerungvon kontaminiertem Getreide können Fu-sarien weiter wachsen. Mykotoxine werdenvon den Fusarien während ihres Wachstumsin das Getreidekorn gegeben und gelangenso in die Nahrungsmittelkette, wo sie zuschweren Schädigungen von Mensch (Le-bensmittel) und Nutztier (Futtermittel)führen können [1].

Den verschiedenen Fusarium-Gattun-gen kommt bei der stoffwechselbedingtenBildung von Mykotoxinen und als möglicherVerursacher des primären Gushing (Wildwer-den) von Bier, das der Brauer als die„schlimmste Krankheit“ des Bieres bezeich-net [2], die größte Bedeutung in der Brau-malz- und Bierherstellung zu. Zwar sindauch andere Schimmelpilze als Produzentenvon Mykotoxinen und im Zusammenhangmit dem Gushing-Phänomen bekannt, je-doch sind es bei der Betrachtung beiderProblembereiche insbesondere Vertreter derGattung Fusarium, denen hier besondereWichtigkeit zukommt.

Genaue Daten seitens der Brauindustrieüber Ressourcenverschwendungen und fi-nanzielle Verluste durch Gushing oder My-kotoxin-Kontaminationen liegen nicht vor.Diese Daten werden äußerst sensibel ge-handhabt und nicht veröffentlicht, daschwerer noch als die finanziellen Einbu-ßen durch die Unverkäuflichkeit des Bie-res der Verlust an Prestige wiegt, den dieBrauereien in der Öffentlichkeit erleiden.

Durch das Auftreten von Gushing oderMykotoxinen verlorene Marktanteile sindoftmals auf lange Zeit nicht ersetzbar. Je-doch haben große Brauereien die Möglich-keit, verschiedene Lagertanks zu mischen,um die Gushing-Gefahr zu vermeiden.

Die Brisanz dieser Thematik bekommtjedoch Gewicht angesichts eines langfristi-gen Forschungsvorhabens, das nach dem„Gushing-Jahr“ 1987 – dieses Jahr wird ana-log als „Mykotoxin-Jahr“ bezeichnet [3] –seitens der Brauindustrie zur Erforschungdes Problemkontextes Gushing ins Lebengerufen wurde [4]. Und auch in den Jahren1996 und 1998 wurden im Getreide aufgrundhoher Niederschläge und später Ernten hö-here Fusarientoxingehalte festgestellt [3].

Um einen Eindruck über die finanziel-len und ökologischen Folgen einer solchen„Gushing- und Mykotoxinkatastrophe“ zuerhalten, sind nachfolgend einige typischeProzessdaten aus dem Brauereibereich auf-geführt:

Ressourceneinsatz Brauerei 1:Malz/a: ............................................ 5.000 tHopfen/a: ............................................ 55 tWasser/a: .................................... 15.260 LElektrische Energie/a: ........... 225 MWhDampf/a: ...................................... 13.000 tBierausstoß/a: ..................... 29,26 Mio. L

Ressourceneinsatz Brauerei 2:Malz pro Sud: ............................... ca. 80 tBierausbeute pro Sud: ............ ca. 840 m3

Kosten pro L Bier: ..................... 17,82 Pf

Unter der Annahme, dass das Malz füreinen Sud aus einer mit Fusarien kontami-nierten Malzcharge mit Gushing-Potentialstammt, ergäbe sich hier theoretisch ein Ver-lust von bis zu ca. 150.000 DM (unberück-sichtigt sind langfristige Verluste wie z.B.Rückrufaktionen und Absatzprobleme).

Bisher ist es im Rahmen der Warenein-gangs- und Qualitätskontrolle von Mäl-zereien bzw. Brauereien weitgehend üblich,den Rohstoff Getreide bzw. Malz zur mi-krobiologischen Untersuchung im eigenemLabor oder in einem externen Lebensmit-tellabor einer Fusarienkontrolle zuzufüh-ren. Diese Untersuchungen sind mit einerAnalysendauer von bis zu einer Woche je-doch sehr zeitraubend und zudem unzuver-lässig im Hinblick auf die ProblemfaktorenGushing und Mykotoxine. Letzeres betrifftebenso die noch weit verbreitete Handbo-nitierung, eine Sichtkontrolle des eingehen-den Korns auf rote Punkte oder Kulturenan den Körnern hin, die stichprobenartigdurchgeführt wird und von der Erfahrungdes Braumeisters entscheidend abhängt.

Daher scheint es einfacher, Untersu-chungen anzustellen, ob typische Stoff-wechselprodukte von Schimmelpilzen vor-

Sensorik

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Sensorik

liegen. Zu Letzterem gehören zum einendie Toxine und zum anderen die EPS, ex-trazelluläre Polysaccharide, einem typi-schen Fusarien-Stoffwechselprodukt, dasausgeschieden wird. Zur Messung des To-xins wurde ein ELISA auf Desoxynivale-nol (DON) entwickelt. Da jedoch das DONnicht von allen Fusarien gebildet wird, stelltder EPS-Test eine zuverlässigere Methodedar [5]. Eine direkte Korrelation zwischenEPS und DON existiert jedoch nicht.Schimmelpilze bilden in jedem Fall EPS,aber nicht zwangsläufig DON. Ein auf demMarkt befindlicher Latex-Agglutinations-test auf EPS (er wird im folgenden EPS-Test genannt) ist leicht und mit geringemtechnischem Aufwand durchführbar (Abb.1). Er stellt eine sinnvolle Methode zurDetektion von Fusarien dar und ist spezi-fisch bei einer kurzen Analysedauer wieauch einfach handhabbar. Aufgrund derspezifischen Reaktion und der zuverlässi-gen Bildung extrazellulärer Polysaccharidedurch Fusarien bietet dieser Agglutinations-test eine sehr gute Möglichkeit Fusarien-befall zu detektieren.

Die zur Zeit wohl am häufigsten ange-wandten Untersuchungen werden beim be-reits fertigen Bier gemacht, am Ende des ge-samten Brauprozesses. Dabei wird die Ent-wicklung der Schaumkrone nach einer be-stimmten Prozedur betrachtet und vermes-sen.

Um von Fusarien befallenes Getreide inder Wareneingangs- und Qualitätskon-trolle von Mälzereien bzw. Brauereienrasch zu erkennen und auszuschleusen, istes erforderlich, ein zuverlässiges Messver-fahren zur Bestimmung von Fusarium be-reitzustellen.

Es soll daher ein Messgerät auf Basis derTurbidometrischen Fließinjektions-Immun-oanalyse (TIA) zur Bestimmung von Fusa-rium entwickelt werden. Die Verfahrens-grundlagen für das System bilden die Fließ-injektionsanalyse (FIA) sowie ein Latex-Agglutinationstest zur Bestimmung extrazel-lulärer Polysaccharide (EPS) von Fusarien.Das Messgerät soll im Feldversuch einesMälzerei- bzw. Brauerei-Laboratoriums er-probt und bisher angewandten Methodenalternativ gegenüber gestellt werden. Dabeisoll gezeigt werden, dass das Messverfahreneinen erheblichen Zeitvorteil besitzt undsich als „Präindikator“ für Mykotoxine undGushing eignet.

Ziel ist es, eine Messgerätelösung zurVerfügung zu stellen, welche das Einbrin-gen belasteten Rohmaterials in die Produk-tion von Mälzereien bzw. Brauereien verhin-dert und somit zu Verbraucherschutz undRessourcenschonung beiträgt. DiesesMessverfahren soll zudem Modellcharakterfür weitere Anwendungen z.B. in der Le-bensmittelindustrie aufweisen.

Material und Methoden

Es wurde bezogen: EPS-Test von derFirma BioGenes GmbH,Berlin, Fusariumvon der DSMZ in Göttingen; die übrigen ge-nutzten Chemikalien p.a. von der FirmaMerck. Die Getreideproben wurden selbstauf dem Feld eingesammelt.

Probenvorbereitung: Gersten- bzw. Malzpro-be wurden in einer Labormühle zu grobenSchrot zerkleinert, mit Verdünnungspuffer(Tris-Puffer) auf einem Magnetrührer ge-rührt und anschließend durch einen Einmal-filter filtriert. Das Filtrat bzw. Probenextraktwird für die weitere Analyse mit Verdün-nungspuffer verdünnt.

Latex-Agglutinationstest: Für den Erhaltvon reproduzierbaren Testergebnissen isteine homogene Verteilung des Latex-Agglu-tinationsreagenz (auf Latex-Beads immobi-lisierte Antikörper, spezifisch für die Bin-dung von Fusarium-EPS), Voraussetzung.

Abb.1: Zwei Glasplatten mit Ver-tiefungen und dem fertigenEPS-Test sind dargestellt. In deroberen Glasplatte sind folgendeKonzentrationen pipettiert wor-den, von links nach rechts: 0 µl,5,10,15,20 und 25 µl EPS Stan-dard, während auf der unterenGlasplatte die Konzentration 0und 10 µl EPS mit von 10 bis 30µl Puffer aufgefüllt zu sehensind. Es ergibt sich kein Unter-schied in der Reaktion bei Ver-änderung der Puffervolumina.

Abb. 2 zeigt die Wellenlängenabhängigkeit von verschiedenen EPS -Standardkonzentrationen. Dabeigilt, dass je mehr agglutiniert wird, desto höher wird die Trübung, aber desto geringer wird auch dieFärbung des Überstandes relativ zum Leerwert.

Diese Homogenisierung wird durch häufi-ges Schütteln vor und während der Analyseerreicht. Vor Beginn der Analyse werden alleKomponenten auf Umgebungstemperaturerwärmt.

Weiteres Vorgehen wie im Beipackzet-tel der Vertreiberfirma beschrieben. Das Er-gebnis dieses semiquanitativen Tests wur-de optisch in „positiv“ und „negativ“ im di-rekten Vergleich mit der Positiv- und Nega-tivkontrolle eingeteilt. Positiv getestete Ex-trakte der Realproben wurden in einer Ver-dünnungsreihe weiter mit Verdünnungspuf-fer verdünnt und erneut analysiert. Die Ein-stufung des EPS-Befundes und damit derFusarium-Belastung erfolgt nach folgenderTabelle:

Positiv bei Verdünnung1:15 geringe Fusarium-Belastung ++1:45 mittlere Fusarium-Belastung+++1:135 hohe Fusarium-Belastung ++++1:404 sehr hohe Fusarium-Bel. +++++

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Sensorik

Das bedeutet, dass je höher die EPS-Konzentration im Ausgangsextrakt (und da-mit die vorangegangene Fusarienkontami-nation) ist, um so mehr EPS ist auch in ei-nem stark verdünnten Extrakt enthaltenund um so weiter muss verdünnt werden,um den Test noch positiv werden zu las-sen.

Für die fotometrische Vermessung deragglutinierten Proben mussten die im Bei-packzettel beschriebenen Volumina etwasangepasst werden und ein Zentrifugations-schritt zwischengeschaltet werden: 40 µl desFiltrates (oder 50 bis 150 µl Standard = 25-75 ng EPS) wurden eingesetzt, dann 20 µlAgglutinationsreagenz zugefügt und unterintermittierender Mischung für 7 Minutenruhen gelassen. Anschließend wurde derAnsatz für 2 Minuten bei 2000 U/min zen-trifugiert, der Überstand nach vorsichtigemAbsaugen fotometriert.

DNA-Extraktion: 10 g Getreide wurde ineiner Labormühle für 2 Minuten bei Raum-temperatur gemahlen. Das gemahlene Ge-treide wurde 1:1 (w/v) mit Wasser gemischtund für 2 Stunden quellen gelassen. Geno-mische DNA wurde aus 300 mg des gemah-lenen Getreides mit dem Wizard® Plasmid-DNA-Extraktionskit isoliert. Dabei wurdedas Verfahren des Schweizer Lebensmittel-buchs Kap. 52 angewendet.

Für die PCR wurden 2 µl der isoliertenDNA (50-100 ng) eingesetzt. FolgendesPCR-Programm wurde verwendet: 95°C, 15min; 62°C, 30 s; 72°C, 45 s; 40 Zyklen. DiePCR-Reaktionen wurden mit einem Ma-stercycler Gradient der Fm. Eppendorfdurchgeführt. Die DNA-Sequenzen derOligonukleotide TOX5-1 und TOX5-2wurden freundlicherweise von Herrn Dr.

Niessen [6] zur Verfügung gestellt. DiePCR-Reaktionen wurden auf 2,5-%igenAgarosegelen analysiert. Jede Reaktionsrei-he enthielt ausreichend positive und nega-tive Kontrollen um falsch negative oderfalsch positive Resultate auszuschließen.

Entwicklung des PCR-Nachweisverfahrensfür Fusarien:Das Primerpaar TOX5-1/TOX5-2 weistgruppenspezifisch Fusarien-Arten nach, diedas Mykotoxin Trichothecen synthetisierenkönnen [6]. Die Primer erkennen konser-vierte Teile des Trichodien-Cyclase-Gens(tri5). Zuerst wurden die PCR-Bedingun-gen optimiert und nachgewiesen, dass eineFusarienbestimmung möglich ist. Dazuwurde DNA aus Fusarienmyzel und ausstark (sichtbar) mit Fusarien infiziertemGetreide isoliert und mit der PCR analy-siert. In beiden Fällen konnte die für dastri5-Gen typische DNA-Bande von 658 bpdargestellt werden.

Ergebnisse

Der Latex-Agglutinationstest, wie erauf dem Markt bezogen wird, wurde – wiein Material und Methoden beschrieben –verändert, so dass nach Reaktion und Ab-zentrifugation der Überstand fotometrischgemessen werden konnte. Eine typischeKurve wurde erhalten, bei der die Konzen-trationsabhängigkeit der Extinktion gera-de umgekehrt wie sonst üblich verläuft.Das liegt daran, dass die Trübung der Pro-be nach Zentrifugation abnimmt, je mehragglutiniert wird, d.h. je höher die Konzen-tration am Antigen EPS im Ansatz ist. Zu-sätzlich sind die Latex-Partikel, an die dieAntikörper gebunden wurden, blau gefärbt,so dass diese Blaufärbung nach der Zentri-fugation sichtbar abnimmt und im leichtenNiederschlag zunimmt.

Deutlich zu sehen sind die Minima imBereich 610 und 660 nm (Abb. 2). Daherwurde eine Kalibrierungskurve mit Stan-dardwerten bei 660 nm aufgenommen(Abb. 3).

Das deutlich sichtbare Abflachen imoberen Bereich der Kurve (ab 100 µg ) istein normales Ergebnis bei Antigen-Antikör-perreaktionen und stellt die Sättigung derAntikörper mit dem Antigen dar. Das be-deutet, will man in höheren Konzentrati-onsbereichen noch weiter messen, dassman die Konzentration an Antikörpern er-höhen und also das Volumen des Testrea-genzes vergrößern sollte. Hier sollte eherder untere Konzentrationbereich herausge-funden werden.

Nach Feststellung der Korrelation zwi-schen den Standardkonzentrationen undder gemessenen Absorptionsdifferenz wur-de ein Vergleich hergestellt zwischen demEPS-Test und einem DNS-Nachweis mit-tels PCR. Es sollte gewährleistet werden,dass auch mit einer anderen Testmethodeähnliche Werte erhalten werden könnenund die Ergebnisse nicht mit Stressprotei-nen oder anderen von der Gerste sezernier-ten Produkten erreicht werden, die mitdem Fusariumbefall nur wenig zu tun ha-ben. Dafür mussten Proben erst in Spani-en direkt bei der Ernte gesammelt werden,da hier zu Lande kein Fusarien-freies Ge-treide aufzufinden war. Eine dann durch-geführte Kontrolle erbrachte kein Signalbei nicht kontaminiertem Getreide ( Abb.4 ). In vergleichenden Versuchen mit Ein-satz der PCR und dem EPS-Test konnteeine deutliche Korrelation gezeigt werdenzwischen der Zunahme an EPS nachBeimpfung der Probe mit einer Fusarium-Kultur und dem erhaltenen Signal in derPCR ( Abb. 5 und 6 ). Das heißt, dass, wenneine Gerstenprobe mit Fusarium beimpftwird, mit der PCR-Methode sofort ein

Abb. 3: Die Korrelation zwischen Konzentration an EPS und Extinktion ist gut. Das Abflachen im oberenBereich ab 100 µg ist ein normales Ergebnis bei Antigen-Antikörperreaktionen und stellt die Sättigung dar.

Abb.4: Nachweis destri5 Gens durch PCR.Spur 1 = Negativ-Kontrolle, Spur 2 =nicht belasteteGerste, Spur 3 = DNSaus Fusarium-Mycel,Spur 4 = DNS ausGetreide mitsichtbaremFusariumbefall

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Sensorik

Nachweis von Fusarium-DNS gelingt undauch offensichtlich sehr schnell eine Pro-duktion von EPS stattfindet, weshalb mitdem EPS-Test ebenso positive Ergebnisseerhalten werden. Der Rückschluss, dass –auch wenn kein Fusariumbefall vorliegt –,dennoch eine EPS-Produktion im Gersten-korn stattfindet, ist bereits in der Literaturals negativ beschrieben [5].

Die Frage war noch zu klären, obKreuzreaktivitäten des Latex-Agglutinati-onsreagenzes zu anderen Polysaccharidenvorliegen. Das Vorkommen von Kreuzreak-tivitäten zu anderen, relevanten Pilzenwurde in der Literatur bereits eingehenduntersucht, es konnte ein Vorkommen vonkritischen Kreuzreaktivitäten nicht nachge-wiesen werden [7]. Zum anderen wurdenseitens des Lieferanten der Antikörper (Fa.BioGenes, Berlin) Ergebnisse zu Kreuzre-aktivitäts-Untersuchungen zur Verfügunggestellt. Demnach liegen zwar scheinbarKreuzreaktivitäten bei Asp. flavus und Pen.cyclopium vor, jedoch handelt es sich lautBioGenes bei den hier gemessenen umnicht signifikante Signale, die im Bereichdes Messfehlers liegen. Des weiteren könn-ten die nachgewiesenen ExtrazellulärenPolysaccharide Stressreaktionsprodukte derPflanzen in Reaktion auf den Pilzbefallsein. Doch das ist auszuschließen. Es konn-te gezeigt werden [8], dass Polysaccharidein einer auf Agar gezüchteten Fusarienkul-tur nachgewiesen werden konnten, ohnedass eine Getreidepflanze bzw. Getreide-körner kontaminiert wurden. D.h. der Pilzproduziert dieses Stoffwechselprodukt EPSauch in anderen Substraten wie z.B. Agar.Es handelt sich daher nicht um ein Produktder Pflanze.

Fazit

Es konnte gezeigt werden, dass mit Hil-fe des EPS-Tests unterschiedlich stark kon-taminierte Getreideproben detektiert wer-den können. Die Vorteile des EPS-Tests

sind folgende: eine geringe ( 20 min )Durchführungszeit mit reproduzierbarenund zuverlässigen Werten und gekoppeltmit einer vertretbaren Sensitivität ( 50 ng/ml ) bei geringen Kosten ( 6,39 ¤ ) pro An-satz. Auch ein Einsatz dieses Tests in eineFIA erscheint im Labormaßstab möglich,für eine vollautomatisierte Version mussjedoch unbedingt der Zentrifugations-schritt umgangen werden. Die hier be-schriebene und entwickelte PCR-Metho-de zum Nachweis von Fusarium bestätigtedie Versuchsergebnisse aus den EPS-Test-versuchen. Sie ist aber sehr zeitaufwändigund daher für einen Schnelltest nicht ge-eignet.

Nachfolgende Versuche werden bild-verarbeitungstechnische Lösungen ange-hen, mit deren Hilfe eine Automatisierungdes EPS-Tests auch anderweitig ermöglichtwerden kann.

Die hier vorgestellten Arbeiten werdendurch die Deutsche Bundesstiftung Um-welt im Rahmen des Projektes: „VerbundSensorik in der Biotechnologie“ gefördert.( FörderNr. 13028/14 )

Abb.5: Nachweis von F. graminearum mittelsPCR. Gerste wurde mit F.g. beimpft und zuverschiedenen Zeiten wurden Proben entnom-men, aufbereitet und auf F.g. hin untersucht. Vonlinks nach rechts: Spur 1 = Marker, Spur 2 = nichtbeimpfte Gerste, Spur 3 = 12h nach Beimpfungmit F.g. , Spur 4 = 2 d nach Beimpfung, Spur 5 = 4d nach B., Spur 6 = 15 d nach B., Spur 7 =Positivkontrolle mit 10 ng DNS aus reinem F.g.Mycel

Abb.6: Dargestellt ist das bewertete Ergebnis aus dem wie in Abbildung 1 durchgeführten EPS-Test mitden gleichen Proben wie aus Abbildung 5. - keine Reaktion; + gerade erkennbare Ringbildung, alsoleicht positiv; ++ deutlich werdende Ringbildung; +++ gut posotive Reaktion, wie mit 10µl EPS-Standard; ++++ kräftige Reaktion, deutlicher Agglutinationsring

Literatur

1. Reiß,J. (1998): Schimmelpilze: Lebensweise,Nutzen, Schaden, Bekämpfung, 2e Auflage, SpringerVerlag2. Niessen,L. (1993): Entwicklung und Anwendungimmunchemischer Verfahren zum Nachweiswichtiger Fusarium-Toxine bei der Bierbereitungsowie mykologische Untersuchungen im Zusam-menhang mit dem Wildwerden (Gushing) vonBieren, Dissertation Technische Universität München3. Dänicke,S., Valenta,H. (1999): Mykotoxine inFutter – Gefahr für landwirtschaftliche Nutztiere,Forschungsreport Ernährung – Landwirtschaft –Forsten 2/1999 (Heft 20), Senat der Bundesfor-schungsanstalten im Geschäftsbereich desBundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaftund Forsten4. Bellmer,H.-G. (1995): Forschungsprojekt„Gushing“–Vorhaben der Wissenschaftsförderungder deutschen Brauwirtschaft. Brauwelt (24/25):1167–11705. Niessen,L., Donhauser,S., Vogel,H. (1991): ZurProblematik von Mykotoxinen in der Brauerei ;Brauwelt (36 ):1510-15196. Niessen,L., Vogel,R.F. (1998 ): Group SpecificPCR Detection of Potential Trichothecene-producingFusarium-species in Pure Cultures and CerealSamples, Systematic and Applied Microbiology 21:618-6317. Schwabe,M., Fenz,R., Engels,R., Krämer,J., Rath,F.(1994): Nachweis von Fusarium auf Braugerste mitdem EPS-Latex-Agglutinationstest, Monatszeitschriftfür Brauwissenschaft 5: 160-1648. Vielhaber, N. ( 1999 ): Entwicklung einesSchnelltests zur quantitativen Detektion vonFusarium in Braugerste, Diplomarbeit MärkischeFachhochschule Iserlohn

Korrespondenzadresse

Dr. rer.nat. Klaus StadtlanderMärkische Fachhochschule IserlohnFrauenstuhlweg 3158644 IserlohnTel.: 02371-566272Fax: 02371-566274eMail: [email protected]

Probenalter nach Animpfen Effekt im BioGenes-Assay

in h in d 1 zu 15- 1 zu 45- 1 zu 135- 1 zu 405-Verdünnung

0 --- -

nach Animpfen + +

12 + +

24 1 ++ +

48 2 +++ ++

72 3 +++ ++

96 4 ++++ ++++

144 6 ++++ ++++ ++

360 15 ++++ +++ ++

456 19 ++++ +++ ++++ ++++

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Im Zuge dieses Projektes wird ein stabiles,vollautomatisiertes Prozessüberwachungs-und Regelungssystem für eine zweistufigeAbwasserreinigungsanlage entwickelt.Dazu wurden die beiden Reaktoreinheitenmit den peripheren Zusatzgeräten, dieAnalysensysteme sowie die Prozessleit-technik mit der Simulationsumgebung zueinem Gesamtkomplex zusammengefügt.Laufende Arbeiten zur Prozessführungs-strategie sollen die Stabilität der Anlagesicherstellen und kritische Zuständeerkennen und vermeiden helfen. Einweiteres Ziel besteht darin, die Kosten fürderartige biologische Verfahren durch dieVerwendung des industriellen Methanolab-wassers zu reduzieren.

Sensorik

Simultane Reinigung hochstickstoff-

und methanolbelasteter Abwässer

in einer hochinstrumentierten

Teilstrombehandlungsanlage

Einleitung

� Seit mehreren Jahren wird am For-schungsschwerpunkt Bioprozess- und Ana-lysentechnik auf dem Gebiet der Umwelt-bioverfahrenstechnik die Thematik der Rei-nigung hochbelasteter Abwässer bearbeitet.Die „Entwicklung und praktische Erpro-bung einer innovativen Mess-, Steuer- undRegelungstechnik zur automatischen Zudo-sierung externer C-Quellen zur Optimierungder Dentrifikationsprozesse im Rahmen derReinigung hochgradig N-belasteter Abwäs-ser“ ist ein von der Deutschen Bundesstif-tung Umwelt (DBU) gefördertes Vorhaben,in dem es um die Integration einer vollstän-digen Prozessautomatisierung bei derartigenVerfahren geht.

Hintergrund

Während der biologischen Behandlungvon Abwässern in kommunalen Kläranlagenentsteht bei der Schlammbehandlung durch

Thorsten Peuker, Kai Lenz, Ulrich Scheffler,Ralf Stüven, Olaf Elsholz, Reiner LuttmannFachhochschule Hamburg

die Voreindickung bzw. Entwässerung hoch-gradig mit Stickstoffverbindungen (vor allemAmmonium) belastetes Zentratwasser (Ab-b. 1) . Dieses wurde bisher am Ende derAnlage wieder dem Hauptstrom zugeführt,was zu z.T. erheblichen Belastungen führte(Otte-Witte et al., 1992). Eine solche Vorge-hensweise ist auf Grund verschärfter Richt-linien auf Bundes- und europäischer Ebene(Richtlinie 91/271/EWG) nicht mehr zuläs-sig, da hierdurch die Grenzwerte für Stick-stoffverbindungen (Total Inorganic Nitro-gen) überschritten werden. Um nun diesesZentratwasser von den Stickstoffverbindun-gen zu befreien, können verschiedene Ver-fahren eingesetzt werden. Dabei konkurrie-ren physikalisch-chemische mit biologischenVerfahren. Die biologische Nitrifikation/Denitrifikation hat den großen Vorteil, prak-tisch keine Abfallstoffe wie Ammoniumsul-

Abb. 1: Herkunft des ammoniumbelasteten Abwassers aus kommunalen Kläranlagen

Abb. 2: Prinzipielle Umsetzung des Ammonium-Stickstoffs zu elementarem Stickstoff

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fat o.ä. zu produzieren. Allerdings ist es fürden zweiten Schritt der Stickstoffeliminati-on erforderlich, eine externe organische Koh-lenstoffquelle für die Mikroorganismen be-reit zu stellen. Das führt zu hohen Betriebs-kosten, die als Nachteil zu werten sind. Umhier Abhilfe zu schaffen, soll in diesem Pro-jekt eine alternative C-Quelle verwendetwerden. Bei der Herstellung von Polyester-harzen für die Automobilindustrie fällt starkmethanolbeladenes Abwasser an. DiesesAbfallprodukt, das ansonsten teuer entsorgtwerden muss, soll die kostenintensive Es-sigsäure als Kohlenstoffquelle ersetzen. Wassich zunächst außerordentlich vorteilhaftanhört, birgt allerdings Gefahren für den bio-logischen Gesamtprozess. Denn in demMethanolabwasser sind weitere, auf die Mi-kroorganismen z.T. toxisch wirkende Sub-stanzen enthalten. Daher ist es erforderlich,das Methanol gezielt zu dosieren.

Prinzip

Wie in Abbildung 2 gezeigt, ist der Or-ganismus Nitrosomonas europaea (X1) in derLage, die im Abwasser vorliegende Stick-stoffverbindung Ammonium (S1) unter ae-roben Bedingungen zu Nitrit (P3) umzuset-zen (Nitritation). Da dieser Stoff direkt vondem Denitrifikanten Paracoccus denitrificans(X2) als Substrat S3 verwertet werden kann,ist es aus biochemischer Sicht energetischunsinnig, die vollständige Nitrifikation bishin zum Nitrat durchzuführen (Abeling undSeyfried, 1992). Daher wird diese schon nachder Nitritation beendet. Wie schon erwähnt,benötigt Paracoccus denitrificans eine Kohlen-stoffquelle, um Nitrit unter Sauerstoffab-schluss zu reduzieren. Deshalb muss z.B.Methanol (S4) zugefüttert werden.

Konzept einer simultanenAbwasserreinigung

Wie Abbildung 3 zeigt, ist der Prozessauf zwei Reaktoren aufgeteilt. Beide Stufensind hydraulisch über ein Reservoir R3 mit-einander verbunden, um die Stickstofffrachtweiter zu geben. Das Reservoir wurde ein-geführt, um in der Prozessentwicklungspha-se dynamische Untersuchungen (RepeatedBatch) im Hinblick auf eine mathematischeModellbildung vornehmen zu können. Derlangsam wachsende Mikroorganismus X1

(Biokatalysator) soll in der ersten Stufe zu-rück gehalten werden, daher wurde einCross-Flow-Mikrofiltrationsmodul dazwi-schen geschaltet. Abbildung 4 zeigt ein Fotoder Gesamtanlage. Die Bioreaktoren sindkommerziell erhältliche Systeme der BIO-STAT-Reihe (B. Braun Biotech Internatio-nal, Melsungen). Der Nitritationsreaktor istein 15 l BIOSTAT C-Reaktor mit einemArbeitsvolumen von 10 l. Der Denitrifikati-

onsreaktor ist ein 4 l Chemap Mini-Fermen-ter (Arbeitsvolumen 3 l) mit einem BIO-STAT B-Grundgerät. Alle Einzelkomponen-ten, wie die Grundgeräte, Waagen, Pumpenund Analysensysteme sind über ein CAN-Feldbus-Netz über programmierbare Front-endgeräte (UBICN) bzw. Klemmen (CAN-bloc-Mini) der Firma esd - electronic systemdesign GmbH, Hannover, miteinander ver-knüpft und an das Prozessleitsystem UBI-CON (esd) angeschlossen. Dadurch konnteeine dezentrale Automatisierungsstrukturgeschaffen werden.

Eingesetzte Online-Analysentechnik

Um die Grenzwerte der Schadstoffe ein-halten zu können, ist es vorteilhaft, Rege-lungen zu etablieren. Die dafür erforderli-chen Konzentrationsmessungen werdenüber unterschiedliche Systeme realisiert(Abb. 5). Ammonium-N und Nitrit-N wer-den über Fließinjektionsverfahren mit Hil-

fe einer TAS 2000 detektiert. Um die Me-thanolkonzentration zu erfassen, wird dasFließdiffusionsanalysensystem ProcessTra-ce (beide Systeme TRACE Biotech AG,Braunschweig) verwendet. Hierbei fließtkontinuierlich ein Pufferstrom vom Analy-sengerät zu einer im Bioreaktor eingebau-ten Sonde. Im Messgerät wird das Metha-nol/Puffer-Gemisch enzymatisch durch eineAlkoholoxidase zu Wasserstoffperoxid um-gesetzt (Bilitewski und Künnecke, 1995).Des Weiteren befindet sich an der Anlageeine Abgasanalyse für O2 und CO2 (MaihakAG, Hamburg) und für NO, NO2 und NOx

(ecoPhysics GmbH, München).

Prozessprädiktion

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dermathematischen Beschreibung solcher bio-technologischer Prozesse. Hintergrund indiesem konkreten Fall ist es, schwankendeSchadstoffkonzentrationen in den Abwäs-sern zu erkennen und geeignete Maßnah-men, wie Änderung der Verweilzeiten, zuergreifen. Der Einsatz dieses Verfahrens er-möglicht eine vollständige Prozessbeobach-tung, da auch nicht messbare Größen durchBerechnung ermittelt werden können. Diemathematische Beschreibung des biologi-schen und verfahrenstechnischen Prozesseserlaubt auch den Einsatz einer modellge-stützten Mess-, Steuer- und Regelungstech-nik (Luttmann et al., 2000). Die Entwick-lung derartiger Prozessführungsstrategienerfolgte bisher meist empirisch. Für einegenauere Betrachtung müssen Modelle ent-wickelt werden, die den Prozess hinreichendbeschreiben. Massenbilanzen bilden zusam-men mit a-priori-Annahmen und eigenenZielvorgaben das Rückgrat solcher mathe-

Abb. 3: Fließbild der zweistufigen Abwasserteilstrombehandlungsanlage

Abb. 4: Foto der zweistufigen Anlage zurBehandlung von ammonium- und methanolbela-steten Abwässern

Sensorik

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Sensorik

matischer Modelle (Luttmann und Gollmer,2000). In der Regel zeigt sich jedoch, dassParameter aus Literaturangaben für den ei-genen Prozess anzupassen sind. In diesemFall kann eine Parameteridentifikation wei-terhelfen. Dazu werden Daten eines laufen-den Prozesses über das Intranet des Laborsvon einem PC, auf dem das wissenschaftli-che Anwenderprogramm MATLAB läuft,aus dem Prozessleitsystem angefordert. Un-ter MATLAB ist es nun möglich, mit Hilfe

einer speziellen Toolbox für dynamischeSimulationen, die eigenen Modelle mit denrealen Daten abzugleichen und mit Hilfevon Gütekriterien die gewünschten Parame-ter quasi online zu identifizieren. In Abbil-dung 6 ist ein Beispiel gezeigt, bei dem einesolche Prozessprädiktion angewandt wurde.Dargestellt ist eine klassische Nitrifikation(NH4

+ (S1) � NO3– (P4)) durch den Ammo-

niumoxidierer Nitrosomonas europaea undden Nitritoxidierer Nitrobacter vulgaris.

Der erste Organismus scheidet einenTeil des Zwischenproduktes Hydroxylamin(CS2L) aus der Zelle aus. Dieser Stoff inhi-biert die Aufnahme von Nitrit (CS3L) durchden zweiten Mikroorganismus. Bis zum ak-tuellen Prozesszeitpunkt (t = 102 h) wurdenDaten der Fermentation dem Offline-Simu-lator von der Prozessleittechnik übergebenund können nun zur Parameteridentifikati-on verwendet werden. Anschließend erfolgteine Vorhersage des Prozesses. Es ist deut-lich zu erkennen, dass kein Nitrat (CP4L)gebildet wird, solange eine bestimmte Kon-zentration (KI32) an Hydroxylamin in derFlüssigkeit vorhanden ist. Diese wird aller-dings erst nach dem gesamten Abbau desbevorzugten Substrates Ammonium (CS1L)durch Nitrosomonas europaea unterschritten.An dem obigen Prozessverlauf lässt sich dieunnötige Umsetzung vom Nitrit zum Nitrat,wie bereits erwähnt, ebenfalls erkennen(Peuker et al., 2001).

Literatur

Otte-Witte, R., Jakob, J., Siekmann, K. (1991):Kläranlagenrückbelastungen aus der Schlammbe-handlung. Korrespondenz Abwasser 38: 754-762.Abeling, S. and Seyfried, C.F. (1992): Anaerobic-aerobic treatment of high strength ammoniumwastewater – nitrogen removal via nitrite. Wat. Sci.Tech. 26: 1007-1015.Bilitewski, U. and Künnecke, W. (1995): A noveltechnique for total analysis system. Micro TotalAnalysis Systems, Kluyver Academic Publishers.Luttmann, R., Meyer, F., Lenz, K., Berens, M.,Scheffler, U. (2000): Control and On-lineOptimization of Bioreaction Processes by Use ofFlow Diffusion Analysis Systems. Vortrag auf derBiotechnology 2000 – The World Congress onBiotechnology, Berlin.Luttmann, R. and Gollmer, K. (2000): On-lineSimulation Techniques for Bioreactor ControlDevelopment. In: Schügerl, K. and Bellgardt, K.-H.(Hrsg.): Bioreaction Engineering – Modeling andControl. Springer, Heidelberg, Tokyo, New York,2000Peuker, T., Stüven, R., Beifort, P., Berens, M.,Scheffler, U., Luttmann, R. (2001): ComputerControl Applications in Combined Waste WaterTreatment Plants. Vortrag auf der CAB 8 –Computer Applications in Biotechnology, (2001),Quebec, Canada.

Danksagung

Die Autoren danken der DeutschenBundesstiftung Umwelt (DBU) für die fi-nanzielle Unterstützung des Projektes13028/16.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr.-Ing. Reiner LuttmannFachhochschule HamburgFachbereich Naturwissenschaftliche TechnikForschungsschwerpunkt Bioprozess- & AnalysentechnikLohbrügger Kirchstr. 65D-21033 HamburgTel.: 040-42891-2776Fax: 040-42891-3211eMail: [email protected]://www.rzbd.fh-hamburg.de/~fsbpa

Abb. 5: Fließanalysentechniken an der zweistufigen Teilstrombehandlungsanlage

Abb. 6: Beispiel einer Prozessprädiktion am Beispiel einer klassischen Nitrifikation

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Mit einer Jahresproduktion von 112,8 Mio.hl Bier allein in Deutschland (Stand 1999,[1]) gehört der Brauprozess zu den wirt-schaftlich bedeutendsten biotechnologi-schen Prozessen. Der Einsatz von online-Echtzeit-Analyseverfahren kann zurOptimierung dieses Prozesses beitragen.Die Konzeption von leistungsfähigenoptischen Sensoren für verschiedeneProzessgrößen erfordert die grundlegendespektroskopische Charakterisierung derProben und die Auswahl und Entwicklunggeeigneter Methoden. Gezeigt wird dieEntwicklung von Verfahren zur Bestimmungdes Ethanolgehalts in Bier, der Konzentrati-on von molekularem Sauerstoff in denabgefüllten Flaschen und der Hefezellzahlwährend der Gärung.

Optische Messtechnik für

in situ-Brauprozessmonitoring

Sonja Engelhard, Katja Gehmlich, FrankSchael, Hans-Gerd LöhmannsröbenInstitut für Physikalische Chemie undTheoretische Chemie, Universität Potsdam

Einleitung und Fragestellung

� Um biotechnologische Prozesse optimie-ren, Ressourcen schonen und nachhaltig wirt-schaften zu können, ist eine Prozessüberwa-chung in Echtzeit erforderlich. Hierfür benö-tigt man Analysesysteme, die online und insitu die entscheidenden Prozesskenngrößenermitteln. In der Biotechnologie ist dazu dieEntwicklung von sterilisierbaren und mög-lichst nicht-invasiv arbeitenden Sensoren er-forderlich, da eine Kontamination mit pro-zessfremden Mikroorganismen ausgeschlos-sen werden muss. Weitere Anforderungen anProzessanalysesysteme sind hohe Robustheitgegen die rauhen Bedingungen in den tech-nischen Anlagen und die schnelle Verfügbar-keit der Analysenergebnisse.

Das im Rahmen dieser Arbeit entwickel-te faseroptische Analysesystem erfasst wich-tige Kenngrößen der verschiedenen Schrittedes Brauprozesses (Ethanolgehalt, Zellzahl,Biomasse), indem an den entsprechendenStellen in der Brauerei geeignete, optischeSensoren installiert werden. Die einzelnenMessstellen können mit einer faseroptischenKopplung versehen werden, so dass die Auf-nahme und Auswertung der Daten an einer

zentralen Einheit erfolgen kann (s. Schema1). Optische Analysesysteme weisen in derRegel sehr kurze Ansprechzeiten auf undkönnen durch optische Fenster an den brau-technischen Anlagen nicht-invasiv betriebenwerden. Die faseroptische Kopplung elimi-niert störende Einflüsse der technischen An-lagen auf den Sensorbetrieb, wie beispielswei-se elektromagnetische Strahlung oder Vibra-tionen der Anlagen.

Prinzipiell unterscheidet man bei faserop-tischen Sensoren zwischen intrinsischen undextrinsischen Sensoren. Bei intrinsischen Sen-soren dient die optische Faser selbst als Sen-sor, während bei extrinsischen Sensoren diemesstechnisch erfassbare Wechselwirkung

mit der Probe außerhalb der optischen Faserstattfindet [2]. Verschiedene geometrischeKonstellationen sind zur Konstruktion vonoptischen Sensoren geeignet. In Schema 2sind die Messgeometrien der von uns einge-setzten Methoden dargestellt. Für die Quan-tifizierung des Ethanolgehaltes wurde eineabsorptionsspektroskopische Methode ent-wickelt (s. Schema 2a). AbstandsabhängigeRemissionsmessungen dienen zur Bestim-mung von Streu- und Absorptionseigenschaf-ten der Fermenterbrühen und werden zurBestimmung der Zellzahl im Gärtank einge-setzt (s. Schema 2b). Zur Bestimmung desSauerstoffgehalts in den abgefüllten Flaschenwerden neuartige Lumineszenzoptoden ver-wendet (s. Schema 2c).

Quantifizierung des Ethanolgehaltes mitAbsorptionsmessungen

Da Ethanol wertgebender Bestandteil desBieres ist, der nach § 7b Abs. 2 Lebensmittel-kennzeichnungsverordnung [3] auf den Fla-schen deklariert werden muss, ist eine konti-nuierliche Überwachung des Ethanolgehal-tes während der Gärung und im Endproduktsinnvoll. Diese kann vorteilhaft mit Absorp-tionsmessungen im Nahinfrarot (NIR)-Spek-tralbereich erfolgen.

Schema 1: Schematische Darstellung einerBrauerei mit faseroptischem Messsystem(� Messstelle, fette Linien: optische Fasern)

Schema 2: Skizze der Sensorgeometrien fürMessungen der Absorption (links), abstandsab-hängige Remissionsmessungen (Mitte) undMessungen mit Lumineszenzoptoden (rechts).fette Linie: optische Faser, gestreifter Kasten:Lumineszenzoptode , LQ: Lichtquelle, D:Detektion

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Absorption von Licht geeigneter Wel-lenlänge kann zur Anregung von Molekü-len führen. Im ultravioletten (UV) undsichtbaren (VIS) Spektralbereich von circa200 nm bis 750 nm spielen elektronischeÜbergänge vor allem in π-Elektronensyste-men die größte Rolle. Im Infrarot (IR)-Spektralbereich oberhalb von 2500 nm wer-den Molekülschwingungen und –rotationenangeregt. Im dazwischen liegenden NIR-Spektralbereich von circa 750 nm bis 2500nm sind Absorptionsbanden aufgrund derAnregung von Obertönen und Kombinati-onsschwingungen der Fundamentalschwin-

erforderlich. Von uns wurde dagegen eineNIR-absorptionsspektroskopische Metho-de zur Bestimmung des Ethanolgehaltes inBier entwickelt, die auf Absorptionsmes-sungen bei nur zwei Wellenlängen beruhtund als Auswertungsgrundlage lediglich dasLambert-Beersche-Gesetz nutzt.

Im Einschub von Abbildung 1 ist dasNIR-Absorptionsspektrum von Wasser dar-gestellt. Die dominierenden Banden bei1440 nm und 1960 nm können dem erstenOberton bzw. der Kombinationsbande derOH-Streckschwingung zugeordnet werden.Die Differenzspektren von Bier, Ethanol inWasser (10 Vol.-%) und Maltose in Wasser(10g/100ml) (s. Abb. 1) zu Wasser weisen imBereich der Absorptionsbanden von Wassernegative Extinktionsdifferenzen auf. Beob-achtbar sind CH-Absorptionsbanden bei1600-1800 nm (erster Oberton der CH-Streckschwingung) und 2000-2400 nm(Kombinationsbande der CH-Streckschwin-gung) [7].

Die starke Strukturierung des Ethanol-spektrums erlaubt eine Bestimmung desEthanolgehaltes im Bereich der CH-Ab-sorptionsbanden bei ausgewählten Wellen-längen [8]. Die Kalibration mit Ethanol-Wasser-Mischungen ist im Vergleich zu Ka-librationen mit Probensätzen, wie sie beimEinsatz multivariater Verfahren üblich sind,weniger anfällig für Veränderungen in derProbe. Die Nachweisgrenze wurde für Etha-nol-Wasser-Mischungen mit der Blindwert-methode auf 0,06 Vol.-% bestimmt. DieRobustheit der Bestimmung gegen denKohlenhydratgehalt der Proben wurdedurch Messungen von Ethanol-Maltose-Wasser-Mischungen (s. Abbildung 2, oben)nachgewiesen. Die Ergebnisse der Bestim-mung des Ethanolgehalts verschiedenerhandelsüblicher Biere, mit einem Alkohol-gehalt zwischen 0,5 Vol.-% und 7,1 Vol.-%weisen sehr kleine statistische Fehler auf.Die Ergebnisse korrelieren ferner sehr gutmit Referenzmessungen mit einem kom-merziellen Enzymtestkit (Roche Diagno-stics GmbH) (Abb. 2 unten). Die Methodebietet damit die Möglichkeit einer sehrschnellen Bestimmung des Alkoholgehaltesvon Bierproben ohne jede Probenvorberei-tung. Für die Überwachung des Ethanolge-haltes an einer Durchflussleitung nach demBierfilter bietet sich aufgrund der Messungbei nur zwei Wellenlängen die Perspekti-ve, einen kostengünstigen extrinsischen fa-seroptischen Sensor auf der Basis eines La-serdiodenspektrometers zu konstruieren.Verfahren zur Bestimmung des Ethanolge-haltes direkt im Gärtank müssen neben derAbsorption von Licht auch die Streuung desLichtes an den Hefezellen berücksichtigen.Eine erfolgversprechende Strategie liegthier in der Anwendung von Ansätzen ausder Strahlungstransporttheorie.

Bestimmung der Hefezellzahlwährend der Gärung

In der Vergärung der Würze zu Bier wer-den verschiedene Stämme von S. cerevisiaeeingesetzt. Für die Steuerung der Gärung isteine kontinuierliche Überwachung der He-fezellzahl nötig. In der Literatur sind bereitsverschiedene optische Messsysteme beschrie-ben, die unter anderem auf Zweidimensio-naler (2D)-Fluoreszenzspektroskopie, Streu-lichtmessungen und Messungen der opti-schen Dichte beruhen. Die 2D-Fluoreszenz-spektroskopie registriert die Veränderung derKonzentration bestimmter Biofluorophore,wie z.B. NADH, durch den Stoffwechsel derMikroorganismen während der Gärung [9]. Inder Literatur wird allerdings auch darauf hin-gewiesen, dass der Einsatz dieser Methodebei Veränderungen des physiologischen Zu-standes der Hefen oder bei Veränderungenin der Zusammensetzung des Kulturmediumschwierig ist [10]. Als einfache optische Me-thode zur Zellzahlbestimmung werden Mes-sungen der optischen Dichte eingesetzt. Hier-bei wird die Abschwächung von Licht bei ei-ner bestimmten Wellenlänge in Transmissi-onsgeometrie bestimmt. Da bei diesen Mes-sungen sowohl Streu- als auch Absorptionsei-genschaften der Probe den Messwert beein-flussen, ist eine Kalibration des Verfahrensnotwendig. Weiterhin ist aufgrund der hohenoptischen Dichte von Gärproben in der Re-gel ein Verdünnungsschritt oder eine geringeSchichtdicke erforderlich. Sehr weit verbrei-tet sind sogenannte Streulichtsonden. Mitihnen wird das an den Hefezellen gestreuteLicht in der Regel unter verschiedenen Win-keln gemessen. Über die in der Theorie vonMie beschriebene Abhängigkeit der Intensi-

Abb. 1: Differenzspektren zu Wasser von10 Vol.-% Ethanol in Wasser (schwarz), 10 g / 100ml Maltose in Wasser (blau) und handelsübli-chem Bier (rot) (Schichtdicke: 1mm, Temperatur:20 °C). Einschub: Absorptionsspektrum vonWasser (Schichtdicke: 1 mm, Temperatur: 20 °C).

gungen hauptsächlich von CH-, NH- undOH-Gruppen zu beobachten. Die Intensi-tät dieser Absorptionsbanden ist in der Re-gel circa 10-100 mal schwächer als die In-tensität der zugehörigen Fundamentalen.Da deshalb entweder unverdünnte Probenvermessen oder größere Schichtdicken alsim IR-Spektralbereich eingesetzt werdenkönnen [4], sind NIR-Absorptionsmessun-gen für die Konstruktion von Prozesssen-soren besonders vorteilhaft.

In der Literatur finden sich zahlreicheBeispiele für die Anwendung der NIR-Spektroskopie zur Überwachung von indu-striellen Prozessen oder deren Produkten[5]. So beschreiben z. B. Hall et al. [4] dieNIR-spektroskopische Bestimmung wich-tiger Parameter von Escherichia coli-Fermen-tationen und Maudoux et al. [6] eine NIR-spektroskopische Methode für die Quanti-fizierung wichtiger Bierinhaltsstoffe. In derRegel findet eine Auswertung mit chemo-metrischen Methoden statt. Diese benöti-gen einen großen Satz von Kalibrierproben,die alle Eigenschaften der später zu mes-senden Proben abdecken müssen, was inder Praxis nicht immer ohne Weiteres si-chergestellt werden kann. Zusätzlich ist inden meisten Fällen die Messung der Ab-sorption bei relativ vielen Wellenlängen

Abb. 2: Oben: Auftragung der aus den NIR-Absorptionsspektren ermittelten Ethanolgehaltevon Wasser-Ethanol-Maltose-Mischungen gegenden tatsächlichen Ethanolgehalt (1 g Maltose /100 ml (blau), 4 g Maltose / 100 ml (rot)) und1:1-Gerade.Unten: Auftragung der aus den NIR-Spektren fürverschiedene Biere ermittelten Ethanolgehaltesgegen das Ergebnis von Referenzmessungen mitder enzymatischen Testkombination Ethanol(Roche Diagnostics, GmbH) mit 1:1-Gerade.

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tätsverteilung des Streulichtes in Abhängig-keit von Richtung und Wellenlänge des Lich-tes sowie der Teilchengröße [11] kann dannauf die Zellzahl geschlossen werden. Alle bis-lang entwickelten Verfahren sind jedoch in dertechnologischen Praxis nur bedingt einsetz-bar, da sie Querempfindlichkeiten gegenübereventuellen Veränderungen anderer optischerParameter, wie beispielsweise dem Absorpti-onskoeffizienten, zeigen.

Im Rahmen unserer Arbeit werden diffu-se Reflexionsmessungen zur Überwachung derHefezellzahl während der Gärung im Braupro-zess eingesetzt. Die Absorptions- und Streuei-genschaften stark lichtstreuender Medien, wiesie während der Gärung im Fermenter vorlie-gen, können z. B. durch abstandsabhängigeRemissionsmessungen bestimmt werden.Dazu wird das Messlicht, das von einem am-plitudenmodulierten Diodenlaser emittiertwird, über einen Lichtleiter in die Probe ein-gebracht. In variablem Abstand r wird mit ei-nem zweiten Lichtleiter das Streulicht (Messsi-gnal IAC) auf den Detektor geführt (s. Schema2b). Der Zusammenhang zwischen der Streu-lichtintensität, dem Abstand, Absorptions- undeffektivem Streukoeffizient für verschiedeneRandbedingungen ist Gegenstand der Strah-lungstransporttheorie [12]. Gleichung (1) ergibtsich für den einfachen Fall, dass beide Licht-leiter hinreichend in die Lösung eintauchenund die Streuung sehr viel stärker ist als dieAbsorption [13].

(1)

(k - Proportionalitätskonstante; D - optischer Diffusions-koeffizient; µa- Absorptionskoeffizient; µ‘S- effektiverStreukoeffizient)

Die Abstandsabhängigkeit der Intensitätdes Streulichtes ist damit eine Funktion vonAbsorptions- und Streueigenschaften. Werdenalle Nebenbedingungen erfüllt, so erhält manbei der logarithmischen Auftragung von IAC

rgegen r eine Gerade, deren Steigungsquadrat– im Folgenden m2 genannt –3 µa µ‘S ist. Bei-spielhaft sind im Einschub von Abbildung 3die Ergebnisse für Proben, die im Abstand voneiner Stunde während einer Kultivierung vonS. cerevisiae in Vollmedium (hier: Yeast extractpeptone dextrose, YPD) genommen wurden,dargestellt. Es konnte gezeigt werden, dassbei den gewählten Messbedingungen der Ab-sorptionskoeffizient von Proben von S. cerevi-siae in Vollmedium von der Zellzahl der Pro-ben unabhängig ist, während der effektiveStreukoeffizient linear mit der Zellzahl zu-nimmt [14]. Der Linearitätsfaktor hängt da-bei sowohl vom eingesetzten Hefestamm alsauch von den Kultivierungsbedingungen ab.Prinzipiell können durch die Verfolgung deseffektiven Streukoeffizienten also (i) die Ver-änderung der Zellzahl bei konstanten Kulti-vierungsbedingungen, (ii) durch Veränderung

der Kultivierungsbedingungen verursachteÄnderungen in Form oder Größe der Hefe-zellen detektiert werden.

Während einer Kultivierung von S. cerevi-siae auf Vollmedium wurden simultan abstands-abhängige Remissionsmessungen und Zell-zahlbestimmungen nach Neubauer durchge-führt. Da der Absorptionskoeffizient währendder Kultivierung im Rahmen der Messgenau-igkeit konstant bleibt, sollte auch der Parame-ter m2 die Veränderung der Streueigenschaf-ten widerspiegeln und damit eine Verfolgungder Zellzahl erlauben. Die Ergebnisse sind inAbbildung 3 dargestellt. Es zeigt sich, dass dertypische Verlauf einer Wachstumskurve sehrgut wiedergegeben wird. Die Kultivierungbefindet sich bis circa 28 Stunden in der expo-nentiellen Phase und geht dann in die statio-näre Phase über. Abstandsabhängige Remissi-onsmessungen stellen damit also eine lei-stungsfähige Möglichkeit dar, die Zellzahl wäh-rend der Kultivierung von Mikroorganismenzu verfolgen. Zusätzlich können Absorptions-und Streuparameter der Fermenterbrühe ge-trennt voneinander bestimmt werden, so dasseine wesentliche Steigerung der Informationim Vergleich zu herkömmlichen Trübungsmes-sungen gegeben ist. Eine in situ-Überwachungim Fermenter ist mittels des Einbaus sterili-sierbarer Lichtwellenleiter möglich. Der Über-gang zu einer nicht-invasiven Verfahrenswei-se, bei der die optischen Fasern auf ein opti-sches Fenster am Fermenter aufgesetzt undnicht mehr in die Probe eingetaucht würden,erfordert die Lösung der Strahlungstransport-gleichung unter Einbeziehung veränderteRandbedingungen [12].

Bestimmung des Sauerstoffgehaltesin den abgefüllten Flaschen

Der Sauerstoffgehalt in den abgefülltenBierflaschen beeinflusst die Haltbarkeit desBieres entscheidend. Ein zu hoher Gehaltführt zur Bildung eines Fehlgeschmacks, derdurch oxidierte Bierinhaltsstoffe verursachtwird. In Deutschland ist aufgrund des Rein-heitsgebots ein Zusatz von Antioxidantiennicht zulässig, so dass dem Sauerstoffaus-schluss beim Abfüllprozess für die Haltbar-keit des Bieres sehr große Bedeutung zu-kommt. In modernen Abfüllanlagen wird der-zeit ein Sauerstoffgehalt in den abgefülltenFlaschen von circa 0,1 mg/l erzielt. Als Analy-severfahren werden bislang vor allem elek-trochemische Verfahren eingesetzt (Vgl. [15]).Hierbei handelt es sich in der Regel um La-borverfahren, bei denen das Bier aus der Fla-sche in eine Messzelle überführt werdenmuss. Für eine kontinuierliche Kontrolle derAbfüllanlage wäre hingegen eine online-Be-stimmung in der verschlossenen Flasche wün-schenswert. Ein innovatives Verfahren zur Be-stimmung von molekularem Sauerstoff (O2)stellen Messungen mit sogenannten Lumi-

neszenzoptoden dar. Die Anwendung vonLumineszenzoptoden zur O2-Quantifizierungist z.B. zur Bestimmung des Biologischen Sau-erstoffbedarfs [16] oder zur Visualisierung desaerodynamischen Drucks auf ein Objekt imWindkanal [17] in der Literatur in den letz-ten Jahren beschrieben worden.

Lumineszenzoptoden zur Bestimmungdes O2 Gehaltes in einer Probe bestehen ausin einer Kunststoffmatrix eingebetteten Lu-mineszenzfarbstoffen, deren Lumineszenzdurch O2 gelöscht wird. Als Lumineszenzfarb-stoffe werden zur O2-Analytik vor allem Rut-heniumkomplexe oder Platin- bzw. Palladi-umporphyrine eingesetzt [15]. In Abbildung4 sind die grundlegenden Prozesse der Lu-mineszenz und Lumineszenzlöschung an-schaulich dargestellt. Nach Aufnahme vonEnergie durch Lichtabsorption kann das an-geregte Teilchen in den Grundzustand re-laxieren. Wird dabei Licht abgestrahlt, sospricht man von Lumineszenz. Charakteristi-sche Größen für die Lumineszenz eines Mo-leküls sind die Lumineszenzlebensdauer, dieLumineszenzquantenausbeute und die spek-trale Verteilung. Die Lumineszenzintensitätbzw. die Lumineszenzlebensdauer kann inAnwesenheit eines sogenannten Löschers, aufden beispielsweise die Energie des angereg-ten Teilchens übertragen wird, spezifisch ver-ringert bzw. verkürzt werden. Die quantitati-ve Beschreibung der Lumineszenzlöschungist im Falle einer bimolekularen Wechselwir-kung zwischen dem angeregten Farbstoffmo-lekül und dem Löscher durch die Stern-Volmer-Gleichung (2) gegeben.

(2)

(I, I0 - Lumineszenzintensität in An- bzw. Abwesenheitdes Löschers; τ, τ0 - Lumineszenzlebensdauer in An- bzw.Abwesenheit des Löschers; KSV - Stern-Volmer-Konstante;[L] - Löscherkonzentration)

Abb. 3: Verfolgung einer Kultivierung von S. cere-visiae in YPD: Auftragung der Steigungsquadratem2 (rot) und der Zellzahl nach Neubauer(schwarz) gegen die Kultivierungszeit. Einschub:logarithmische Auftragung von I r gegen r (s. Text)von Remissionsmessungen während der Kultivie-rung von S. cerevisiae in YPD, nach einer Kultivie-rungszeit von 27 Stunden (schwarz) und nach ei-ner Kultivierungszeit von 30,2 Stunden (rot).

Sensorik

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Messtechnisch sind sowohl die Lumi-neszenzintensität als auch die Lumineszenz-lebensdauer erfassbar. Die Lumineszenzin-tensität wird stärker von äußeren Effekten,wie z.B. Instabilitäten in der Anregungslicht-quelle, Ausbleichen des Farbstoffes oder derBelegung von optischen Fenstern (Fouling),beeinflusst. Die einfache Messung der Lu-mineszenzlebensdauer ist nur im Falle ei-ner monoexponentiellen Abklingkinetik desangeregten Farbstoffes direkt möglich, an-dernfalls ist eine Kalibrierung des Systemserforderlich. Für die Messung der Lumines-zenzlebensdauer wird die Lichtquelle am-plitudenmoduliert. Mit einem phasenemp-findlichen Verstärker wird die Phasenver-schiebung zwischen dem Lumineszenzsi-gnal und dem Anregungslicht gemessen. DieLumineszenzlebensdauer wird nach Glei-chung (3) erhalten.

(3)

(θ - Phasenverschiebung; ƒmod - Modulationsfrequenz)

Für die O2-Messungen in den abgefüll-ten Bierflaschen wurden Lumineszenzopt-oden auf den geforderten Messbereich von0.05 mg/l bis 2 mg/l optimiert (PreSens Preci-sion Sensing GmbH, Neuburg/Donau). Dieim Einschub von Abbildung 4 dargestellteStern-Volmer-Auftragung zeigt, dass die Lö-schung durch O2 mit der Stern-Volmer-Glei-chung beschrieben werden kann. Daher kannaus dem Phasenverschiebung direkt auf dieLumineszenzlebensdauer τ und damit auf dieO2-Konzentration geschlossen werden. InSchema 2c ist die Messanordnung schema-tisch dargestellt. Die Lumineszenzoptodenkönnen in modifizierte Bierflaschen einge-bracht werden (s. Einschub Abbildung 5).Besondere Anforderungen hierbei sind (i)eine ausreichende mechanische Fixierung derLumineszenzoptoden, da in der Abfüllanla-ge das Produkt unter hohem Druck einge-bracht wird, (ii) eine geringe Beeinflussungder Sauerstoffpermeabilität der Kunststoffma-trix durch Bierinhaltsstoffe, da andernfalls eindeutlich verlangsamtes Ansprechverhaltender Lumineszenzoptoden bei Bierkontaktgegeben ist. Durch die Entwicklung einesspeziellen Befestigungsverfahrens und ent-sprechender Selektion der Matrix wurden dieLumineszenzoptoden hinsichtlich ihrer An-sprechzeit in Bier optimiert. Abbildung 5 zeigtexemplarisch das zeitliche Verhalten einer Lu-mineszenzoptode in Bier, dessen Sauerstoff-gehalt durch Begasen mit einem Stickstoff-Luft-Gemisch bzw. mit reinem Stickstoff ein-gestellt wurde. Die Ansprechzeit ist mit circa10 Minuten im Vergleich zur Ansprechzeit inWasser, die deutlich unter einer Minute liegt,verlängert. Im Vergleich zu elektrochemi-schen Methoden kann diese Bestimmung

aber direkt an der Abfüllanlage von dem dorttätigen Personal durchgeführt werden, so dasseine zeitnahere Kontrolle des Abfüllprozes-ses gewährleistet wird.

Schlussfolgerung

Die dargelegten Untersuchungen de-monstrieren die Leistungsfähigkeit opti-scher Sensorik für die Bioprozessüberwa-chung am Beispiel der Brauprozessanalytikund zeigen, wie durch kombinierten Einsatzmehrerer Sensorprinzipien eine ganze Rei-he von Prozessparametern gewonnen wer-den kann. So wurden optische Verfahrenvorgestellt, mit denen die Zellzahl währendder Gärung sowie der Sauerstoff- und derEthanolgehalt von Bier bestimmt werdenkönnen. Nach der umfassenden Etablierungder Verfahren im Labor können diese direktin den brautechnischen Anlagen eingesetztwerden. Die faseroptische Kopplung ermög-licht die Zusammenführung der in einzel-nen Prozessphasen gewonnenen Messdatenin einer zentralen Erfassungs- und Auswer-teeinheit.

Abb. 4: Darstellung von Lumineszenz und Lumi-neszenzlöschung, F: Lumineszenzfarbstoff, L: Lö-scher. Einschub: Stern-Volmer-Auftragung der Ab-hängigkeit der Lumineszenzlebensdauer der ein-gesetzten Lumineszenzoptoden von der Sauer-stoffkonzentration aufgenommen in 5 Vol.-%Ethanol in Wasser (s. Gl. (2)) (Temperatur: 10 °C).

Abb. 5: Zeitlicher Verlauf des Phasenwinkels,gemessen an einer im Labor mit Bier befülltenTestflasche (gestrichelte Linie: Wechsel desGasgemisches bei Raumtemperatur).Einschub: Fotografie einer mit Lumineszenzopt-ode versehenen modifizierten Bierflasche

Danksagung

Wir danken der Deutschen Bundesstif-tung Umwelt für die finanzielle Unterstüt-zung im Rahmen des Verbundes „Sensorikin der Biotechnologie“ (Projekt DBU-AZ13028/17). Dieses Projekt wird in Kooperati-on mit der Kitzmann Bräu KG, Erlangen, derPreSens Precision Sensing GmbH, Neuburg/ Donau, und der Bernt GmbH, Düsseldorf,durchgeführt.

Literatur

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Korrespondenzadresse

Dr. Frank SchaelInst. für Physikalische Chemie und Theoretische ChemieUniversität PotsdamKarl-Liebknecht-Str. 24/25D-14471 GolmTel.: 0331-9775207Fax: 0331-9775058eMail: [email protected]

Sensorik

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Es wurde ein sensorischer Bioassay entwickelt, mit dessen Hilfe die Aktivität des EnzymsTelomerase direkt und online gemessen werden kann. Die Aktivität von Telomerase wirdals Tumormarker angesehen. Der sensorischer Ansatz bietet die Möglichkeit, direkt ausZellextrakt ohne Aufreinigungsschritte die Aktivität des Enzyms Telomerase on-line zubestimmen. Aufbauend auf den Ergebnissen des Genosensors, werden auf der Oberflächeeines optischen Biosensors Oligonukleotide kovalent immobilisiert. Dieser „Rezeptor“ fürPolymerasen soll gleichzeitig auch als Startpunkt für die Polymeraseaktivität dienen.Aufgrund dieses Aufbaus soll der Einsatz ungelabelter Enyzme und Subtrate möglichgemacht werden. Da die Telomerase als Polymerase selbst eine Verstärkung des Signalsbewirkt, wird der Einsatz einer enzymatischen Verstärkung durch die Polymerasekettenre-aktion (PCR) überflüssig.Im Zellextrakt von HL60-Zellen wurde die Telomeraseaktivität mit Hilfe des etabliertenVerfahrens (TRAP-ezeTM) bestimmt und eingestellt. Phosphothioat-modifzierte Oligonu-kleotide zur Verstärkung der Bindung und damit der Effizienz der Synthese konnten auchauf der Oberfläche gezeigt werden. Die Online-Detektion der Aktivität der Telomerasewurde erfolgreich durchgeführt, sowohl mit labelfreien Messungen als auch mit fluores-zenzmarkierten Sonden. Dabei gelang es auch, Sekundärstrukturen der synthetisiertenTelomere durch Erhöhung der Reaktionstemperatur aufzuschmelzen und über Kontrollhy-bridisierung nachzuweisen.Es wurde belegt, dass die in einem Zellextrakt beobachete Polymerase-Aktivität derTelomerase eindeutig zuzuordnen ist. Durch fluoreszenzmarkierte Sonden wird dieEmpfindlichkeit des Nachweises deutlich erhöht. Damit wurde die Telomeraseaktivitäterstmals auf Oberflächen-gekoppelten DNA-Oligomer-Templates beobachtet.

Sensorik

Nachweis der Telomeraseaktivität

in Zellkulturen mittels

eines faseroptischen Sensors

Peter M. Schmidt; Eckart Matthes1; FriederW. Scheller2; Frank F. BierFraunhofer-Institut für BiomedizinischeTechnik, Potsdam-Rehbrücke, 2UniversitätPotsdam, Institut für Biochemie und Biologie;1Max-Delbrück-Centrum für MolekulareMedizin, Berlin-Buch

Einleitung

� Die Telomerase ist eine DNA-Polymer-ase, die lineare DNA am 3‘-Ende der Chro-mosomen verlängert (Abb. 1). Im Unter-schied zu allen anderen bekannten DNA-Polymerasen arbeitet sie ohne externe Ma-trix. Sie benutzt einen kleinen Abschnitt dermit ihr fest verbundenen RNA als Templa-te für die Synthese einer immer wiederkeh-renden Sequenz. Damit gehört die Telome-rase zu der Gruppe der Reversen Trans-criptasen. Diese sogenannte Telomer-DNA hat beim Menschen die Sequenz(TTAGGG)n. Koeppel et al. (2001) beschrie-ben neuartige Strukturen der Telomer-DNA, die zeigten, dass Telomere durch dieVielzahl von Guaninen zu sogenanntenG-Quartetten kondensieren.

Die Funktion der Telomere besteht zumeinen im Schutz der Chromosomenendenvor Abbau oder Fusion, zum anderen in derKontrolle der abgelaufenenen Zellteilung(„programmierter Zelltod“). Die Telo-meraseaktivität ist in permanenten Fibrobla-stenkulturen im Gegensatz zu Primärkultu-ren erhöht (Harley et al., 1990; Counter etal., 1994), daher gilt die Telomeraseaktivi-tät als Kandidat für einen Tumormarker, derggf. auch das Proliferationsstadium des je-weiligen Tumors anzuzeigen vermag ( Kimet al., 1994). Die erhöhte Aktivität von Te-lomerasen in einer Zellpopulation gilt somitals ein Marker für das Maß ihrer Entartung.In verschiedenen Ansätzen wurde bereitsversucht (z.B. in Urinproben), erhöhte Te-lomerase-Level nachzuweisen und so einenNachweis für die Früherkennung von trans-formierten Zellen zu etablieren (Matthes etal., 1999).

Telomere und Telomerase sind wegenihrer Bedeutung für die Krebsentstehungweiterhin Gegenstand intensiver Forschung,so wurde z.B. jüngst die Rolle der Telomer-biologie bei der Krebsentstehung in ver-schiedenen Spezies (Maus und Mensch)(Wright et al. 2000) bzw. in unterschiedlichenGeweben untersucht (Müller et al., 1996).Die Telomerase selbst gerät in das Blickfeldals möglicher Ansatz für Antikrebs-Thera-peutika (Autexier, 1999).

Es wurde festgestellt, dass Peptidnukle-insäuren (PNA) starke Inhibitoren der Te-lomerase sind (Villa et al., 2000) sowie ver-feinerte Methoden zur Detektion von telo-merischen Sequenzen erarbeitet (Uhlmannet al., 2000).

Echtzeitmessung von Telomeraseaktivität

Der Nachweis von Polymeraseaktivitätmit Biosensoren wurde am Beispiel von derReversen Transcriptase von Buc und Buck-le (1996) und dem Klenow-Fragment vonUhlen und Mitarbeitern (1995) geführt. Auf-

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bauend auf dem Genosensor (Bier et al.,1997) werden auf der Oberfläche eines op-tischen Biosensors DNA/DNA- und DNA/RNA-Hybride erzeugt. Dieser „Rezeptor“für Polymerasen ist gleichzeitig auch ihr Pri-

mer zum Start der Synthese. Der Einsatz vonBiosensoren ermöglicht die Messung mitungelabelten Enzymen und Substraten, umdie Aktivität der Enzyme ohne Modifizie-rung zu ermitteln.

Es ist aber unser Ziel, mit Hilfe einesSensors mit hoher Sensitivität den Einsatzeiner enzymatischen Verstärkung durch diePolymerasekettenreaktion (PCR) überflüs-sig zu machen. Wir werden uns daher zuNutze machen, dass die Telomerase als Po-lymerase selbst eine Verstärkung des Signalsbewirkt. Zur weiteren Steigerung der Mes-sempfindlichkeit wurden daher auch Mög-lichkeiten der Fluoreszenzmarkierung un-tersucht. Mit Hilfe des etablierten Verfah-rens (TRAP-ezeTM) wurde die Telomerase-aktivität bestimmt und eingestellt (Abb. 2).Der Vorteil eines Biosensor-basierten Assaysgegenüber heute erhältlichen Kits wie demTrap-Assay ist eine drastisch reduzierte Ana-lysenzeit und eine Minimierung der einzu-setzenden Reagenzien. Darüber hinaus ent-fielen der Einsatz und die Entsorgung vonradioaktiv gelabelten Chemikalien.

Ein weiterer Vorteil des neuen Sensorsbesteht darin, dass keine Aufreinigung des

Enzyms nötig ist, sondern die Messungenam Zellextrakt durchgeführt werden kön-nen. Hierzu ist es notwendig, die Bedingun-gen auf der Oberfläche der Sensoren so spe-zifisch zu präparieren, dass ausschließlich dieTelomerase gebunden wird.

Labelfreie Messung derTelomeraseaktivität

Labelfreie Messungen wurden am inte-griert optischen Gitterkoppler durchgeführt,dessen Messprinzip dem Biacore-Gerät ent-spricht: Die Brechungsindexänderung un-mittelbar an der Oberfläche eines Lichtwel-lenleiters entspricht der Beladungsdichte,die durch eine Bindungsreaktion an derOberfläche hervorgerufen wird. Kopplungeines Binders („Rezeptor“, molekulares Er-kennungselement) an die Oberfläche er-möglicht es, die Bindungsreaktion in Echt-zeit zu verfolgen. Ebenso kann die Disso-ziation bei Abwesenheit des Liganden be-obachtet werden und die Bindungskonstan-ten daraus berechnet werden. WesentlicherBestandteil solcher Experimente ist die ef-fiziente Unterscheidung unspezifischer Bin-dung. Es wurden Phosphothioat-modifizier-te Oligonukleotide (Abb. 3) über Hybridi-sierung an kovalent gebundene Oligonu-kleotide auf die Oberfläche von silanisier-ten Wellenleitern gekoppelt. Phosphothioat-modifizierte Oligomere binden die Telome-rase mit einer um Faktor 10 bis 100 höhereAffinität im Vergleich zu nicht modifiziertenDNA-Oligomeren. Damit verbunden wareine Aktivitätssteigerung des Enzyms umden Faktor 100. Dieser Umstand war sehrwertvoll für die nachfolgenden Untersu-chungen an oberflächensensitiven Sensoren.

Sensorik

Abb. 1: Schematische Darstellung der Funktions-weise des Enzyms TelomeraseRNA-Template für Verlängerung der Telomere imNukleotid-Protein-Komplex enthalten

Abb. 2: Vergleich der Telomeraseaktivität inAbhängigkeit von unterschiedlichen Primern(TRAP-ezeTM, Oncor), elektrophoretischeAuftrennung von Telomerase-Produkten nachAmplifikation durch PCRBahn 1: Interner Standard, (TRAPezeR Kit)Bahn 2+3: 1000 HL60 Zellen, 2nM PS-Primer(phosphothioat-mod.-Primer-)Bahn 4: 1000 HL60 Zellen, 2nM Primer (nicht-mod. Primer)Bahn 5: 500 HL60 Zellen, 2nM Primer (nicht-mod. Primer)

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Die Modifizierung der Wellenleiter er-wies sich als ein wesentlicher Bestandteil derUntersuchungen und ist in Abbildung 4schematisch dargestellt. Der „Rezeptor“ fürdie Telomerase besteht aus drei miteinan-der hybridisierten Oligomeren, die ein sog.„Cassettensystem“ (Buc et al, 1996) bilden.Der Vorteil eines solchen Systems ist dieMöglichkeit, nach Ablauf des Versuches undder entsprechenden Reinigung der Oberflä-che, den Sensor mit der immobilisiertenDNA wieder zu verwenden. Darüber hin-aus ist der gesamte Reaktionsverlauf für dieMessung der Telomeraseaktivität am Gitter-koppler dargestellt.

der Nukelotide, so dissoziiert das Enzymteilweise. Durch zusätzliche Reinigung derOberfläche mit Proteinase K wird alle ver-bliebene Telomerase entfernt; die Differenzzur Basislinie zeigt den Einbau der Nukleo-tide in den verlängerten Strang.

Als Kontrolle zu dem in Abbildung 5 be-schriebenen Versuch wurde auf der Sensor-oberfläche ein unspezifisches Oligomer, des-sen Sequenz nicht komplementär zu derRNA-Komponente der Telomerase ist, im-mobilisiert und als Primer der Telomerase(aus dem Zellextrakt HL60) angeboten.Darüber hinaus ist dieses Oligomer nicht mitPhosphothioatrückgrat modifiziert (Abb. 6).

Weitere Kontrollen der spezifischen Ak-tivität werden mit dem Entzug der passen-den Basen (Zugabe dCTP) und durch Inhi-bitor Peptidnukleinsäure (PNA) durchge-führt. (Abb. 6).

Fluoreszenz-Messungen mitfaseroptischen Sensoren

Im zweiten Ansatz wurden Fluoreszenz-Messungen durchgeführt, um die Telome-rase-Aktivität auf der Oberfläche zu mes-sen. Dazu wurde eine bei uns im Haus ent-wickelte faseroptische Sensorkonfigurationverwendet, in der mittels eines evaneszen-

Sensorik

Abb.3: Darstellung von DNA, Phosphothioat-modifiziertem Primer (PS) und Peptidnukleinsäure (PNA)

Abb. 4: Aufbau der Oberfläche für labelfreieTelomerase-Messungen. Kovalente Kopplung vonOligomer auf silanisierter Oberfläche. ImAnschluss wird über Hybridiserung einer Linker-DNA und dem Phosphothioat-modifiziertenOligonukleotid, ein Konstrukt zur erfolgreichenBindung der Telomerase und für dessen Aktivitätaufgebaut (A, B). Durch Zugabe von telomerase-haltigem Zellextrakt werden alle Bindungsstellenbesetzt (C). Durch Zugabe der Nukleotide (dNTP)wird die Synthese gestartet (D). Nach eingeleite-ter Beendigung der Synthese wird die Dissoziati-on des Enzyms vom fertiggestellten Strang undder Oberfläche beobachtet (E).

Abb. 5: Aktivtätsmessung der Telomerase an Phosphothioat-modifiziertem immobilisiertem Primer.Zugabe von telomerasehaltigem Zellextrakt( 105 Zellen); Zugabe von telomerasehaltigem Zellextrakt(105 Zellen)+dNTP (8µM), Wechsel auf Puffer; Zugabe von Proteinase K (0,1mg/ml); Wechsel auf Puffer;Puffer entspricht TRAP-Reaktionspuffer (20 mM Tris-HCl, pH 8,3; 1,5 mM MgCl2; 63 mM KCl;0,05%Tween 20; 1mM EGTA, Raumtemperatur).

In Abbildung 5 wird exemplarisch eineAktivitätsmessung der Telomerase auf derSensoroberfläche des Gitterkopplers darge-stellt. Während der Zugabe des Zellextrak-tes bindet die Telomerase an dem immobi-lisierten Phosphothioat-modifizierten Pri-mer, die Sättigung der Bindungstellen wirdnach ca. 30 min erreicht. Ergänzt man nunden Zellextrakt mit Nukleotidtriphospha-ten, so verlängert die Telomerase den im-mobilisierten Primer um die typische Telo-mersequenz. Diese Verlängerung bewirkteinen weiteren Anstieg des Signals, da eineweitere Belegungszunahme damit einher-geht. Der lineare Anstieg ist in der Abbil-dung 5 unterlegt. Beendet man die Synthe-se durch Entfernen des Zellextraktes und

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Sensorik

In der Version A (Abb. 7A) sollte überden Einbau von fluoreszenzmarkierten Nu-kleotiden (dUTP-FITC) ein Anstieg derFluoreszenz beobachtet werden. In der Ver-sion B (Abb. 7B.) wurde mit einer fluores-zenzmarkierten Sonde der neu-synthetisier-te Strang sichtbar gemacht. Die nachfolgen-den Messung wurden alle bei einer Reakti-onstemperatur von 30oC durchgeführt.

Ein Einbau der gelabelten Nukleotidekonnte nicht beobachtet werden (Abb. 8).Daher wurde das in Abbildung 7 vorgestell-te Verfahren B) angewandt. Jedoch weisendie Telomere eine Sekundärstruktur auf.Denn aufgrund des hohen G-Anteils in denTelomeren bilden sich G-Quartett-Struktu-ren, die eine Hybridisierung mit einem Kon-trolloligomer verhindern. Die Sekundär-strukturen können aber durch Aufschmel-zen bei 48 oC aufgelöst werden, so dass ober-halb dieser Temperatur Hybridisierung mög-lich ist (Koeppel et al., 2001). Die Durch-führung dieser Versuche ist in Abbildung 9dargestellt; alle Schritte dieses Experimen-tes werden ohne Fluoreszenzmarkierungdurchgeführt und bleiben daher unsichtbar.Erst die Hybridisierung der Sonde bei er-höhter Temperatur zeigt die Menge synthe-tisierter Telomersequenzen auf der Sensor-oberfläche.

Kurz zusammengefasst fanden wir fol-gende Ergebnisse: Die Aktivität der Telo-merase an immobilisierten Primern wurdeohne weitere Amplifizierungsschritte, wiez.B. PCR, beobachtet und gemessen. Dabeiwaren sowohl labelfreie wie auch Ansätzemit Fluoreszenz-Label erfolgreich.

Darüber hinaus konnte zum Einen dieinhibitorische Eigenschaft von PNA auf derOberfläche bewiesen werden. Zum Ande-

Abb. 7: Darstellung der verschiedenen Ansätze zuFluoreszenz-Messung der Telomeraseaktivitätauf der Sensoroberfläche.A. Einbau von gelabelten Nukleotiden(dUTP-FITC)neben den ungelabelten Nukleotiden (dATP,dGTP, dCTP, dTTP)B. Telomeraseaktivität nur mit ungelabeltenNukleotiden, Nachweis des synthetisiertenTelomers durch Kontrollhybridiserung mitgelabelten Oligomer (AATCCC)6-FITC

Abb. 8: Messung der Telomeraseaktivität auf derfaseroptischen Sensoroberfläche. Zugabe vondNTP(8µM)+dUTP-FITC (0,5µM); Zugabe vondNTP(8µM) + dUTP-FITC (0,5µM)+ telomerasehal-tigem Zellextrakt; Puffer entspricht TRAP-Reaktionspuffer (20 mM Tris-HCl, pH 8,3; 1,5 mMMgCl2; 63 mM KCl; 0,05%Tween 20; 1mM EGTA)

Abb. 6: Vergleich der Messsignale der Telomeraseaktivitäten und der Kontrollversuche schwarze Kurve:Telomeraseaktivität an PS-mod.Primer +dNTProte Kurve: Telomeraseaktivität bei Zugabe PNA+dNTPgrüne Kurve: Telomeraseaktivität bei Zugabe dCTPblaue Kurve: Telomeraseaktivität an unspezifischemPrimer+dNTP Puffer entspricht TRAP-Reaktionspuffer (20 mM Tris-HCl, pH 8,3; 1,5 mM MgCl2; 63 mMKCl; 0,05%Tween 20; 1mM EGTA)

ren wurden die Sekundärstrukturen der Te-lomersequenzen auf der Oberfläche erkanntund aufgeschmolzen. Dies ermöglichte denNachweis der neu synthetisierten Telome-re und somit auch den Nachweis der Telo-meraseaktivität.

Aussicht

Die ersten Schritte zur Entwicklung ei-nes Cancerogenitätssensors basierend auf derMessung der Telomerasetätigkeit sind nun-mehr durchgeführt worden. Die Telomera-seaktivität auf der Oberfläche wurde an im-mobilisierten spezifischen Primern nachge-wiesen. Zielgerecht konnte dabei auf einenAmplifizierungsschritt wie z. B. PCR verzich-tet werden.

ten Feldes die an einem Faserkern gebun-dene Fluoreszenz erfasst wird. Mit dieserSensorkonfiguration wurden spezifische ge-bundene Liganden eindeutig erfasst.

Es wurden zwei verschiedene Wege zumFluoreszenznachweis der Telomeraseaktivi-tät nachgegangen, die in Abbildung 7 sche-matisch dargestellt sind.

Abb. 9: Messung der Telomeraseaktivität auf derfaseroptischen Sensoroberfläche. Zugabe vondNTP(8µM)+telomerasehaltigem Zellextrakt;Beendigung der Synthese; Erhöhung derReaktionstemperatur auf 48 oC; Zugabe desKontolloligomers, Oligo-FITC (500nM); Pufferentspricht TRAP-Reaktionspuffer (20 mM Tris-HCl,pH 8,3; 1,5 mM MgCl2; 63 mM KCl; 0,05%Tween20; 1mM EGTA)

Sterische Faktoren, die durch die Immo-bilisierung von Primer-Sequenzen auf derSensoroberfläche auftreten könnten, wurdennicht festgestellt. Ein quantitativer Vergleichmit der Reaktion im TRAP-Assay ist abersolange nicht möglich, wie es keine aufge-reinigten aktiven Telomerasepräparationen

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Eine schwere Organschädigung macht häu-fig eine Transplantation zwingend notwen-dig, wenn alle pharmakologischen und in-terventionellen Therapien ausgeschöpftsind. Die großen Erfolge der Transplantati-onsmedizin in den letzten zwei Jahrzehntensind nicht zuletzt der Existenz immunsup-pressiver Medikamente zu verdanken. DieImmunantwort des Patienten muss mit die-sen Substanzen gehemmt werden, da dasImmunsystem des menschlichen Organis-mus ein Transplantat, das von einem ande-ren Individuum gespendet wurde, als kör-perfremd erkennt. Es droht eine akute oderchronische Abstoßungsreaktion, die dieFunktionsfähigkeit des Transplantats zu-nichte macht. Das Medikament CyclosporinA (CsA, Sandimmun®, Optoral®) ist das amhäufigsten verwendete Immunsuppressiv-um. Die Bestimmung der Blut-Konzentrationdieser Substanz ist angezeigt, da die Phar-makokinetik (Resorption, Verteilung und Eli-minierung) von CsA erhebliche intra- undinterindividuelle Unterschiede aufweist undder Blutspiegel in einem sehr engen Bereicheingestellt werden muss. Dieser Bereichwird nach oben begrenzt durch das Auftre-ten lebensbedrohlicher Nebenwirkungen(Infektionsrisiko, Tumorinduktion, Nephro-,Neuro- und Hepatotoxizität) und nach un-ten durch den Verlust der immunsuppressi-ven Wirkung und der damit verbundenenAbstoßung des Transplantats. Insbesonderefür die Vielzahl von CsA-Metaboliten, die instark variierender und in größerer Konzen-tration als die Muttersubstanz im Blut vor-kommen können, ist die immunsuppressiveAktivität und Toxizität schwer abzuschätzen.Mit Hilfe eines umweltfreundlichen opti-schen Biosensors (BIACORE®2000) aufGrundlage der Oberflächen-Plasmonen-Re-sonanz-Technik (SPR) wurde ein automati-

Überwachung der Immunsuppressions-

Therapie nach Organtransplantation

mit einem Biosensor

Manfred Fobker2, Beate Vollenbröker1,3,Bernfried Specht1, Michael Erren2, HelgeHohage3, Hermann Büttner4, Friedrich Spener 5

und Norbert Bartetzko1*1Inventus BioTec, Münster; 2Institut für KlinischeChemie und Laboratoriumsmedizin, UniversitätMünster, 3Medizinische Poliklinik, UniversitätMünster; 4Fachhochschule Münster, Steinfurt; 5

Institut für Biochemie,Universität Münster

sierbarer Rezeptorassay entwickelt, der dieimmunsuppressive Aktivität von CyclosporinA und seiner Metabolite bestimmt. Der in-itiale Schritt der immunsuppressiven Wir-kung von CsA wird in vivo durch die Kom-plexbildung mit den ubiquitär vorkommen-den Proteinen Cyclophilin A (Cyp) und Calci-neurin vermittelt. Die Nachbildung diesesnatürlichen ternären Wirkkomplexes auf ei-nem Sensorchip des optischen Biosensorsermöglicht die Bestimmung der CsA-Aktivi-tät einer Probe anstelle der Konzentration.Der Variationskoeffizient (CV) für den kli-nisch relevanten Bereich (50-300 nM CsA)beträgt für den Rezeptorassay 7,2% (inner-halb der Serie) und 10,1% (von Tag zu Tag).Der Messbereich des Testes umfasst 10-500nM mit einer analytischen Nachweisgrenzevon 5 nM. Patientenproben wurden mit demRezeptorassay und zwei etablierten Routi-nemethoden vermessen und statistisch aus-gewertet. Die Korrelation zwischen Rezepto-rassay, Fluoreszenz-Polarisations-Immun-oassay (FPIA; r = 0,599, n = 193) und Hoch-leistungs-Flüssigchromatographie (HPLC; r = 0,615, n = 150) wurde berechnet. DerRezeptorassay zeigte im Vergleich zu denbisherigen Methoden eine bessere Überein-stimmung mit hämatologischen und kli-nisch-chemischen Parametern. Neben CsAbilden verschiedene CsA-Metabolite, diedurch Metabolisierung des Medikamentesim Körper entstehen, unterschiedlich starkaus. Es konnte gezeigt werden, dass dieKomplexbildungsaktivität der vermessenenCsA-Analoga mit deren in Zellkulturexperi-menten festgestellten immunsuppressivenAktivität korreliert. Der entwickelte Rezep-torassay ermöglicht folglich die Bestim-mung der immunsuppressiven Aktivität vonCsA unter Berücksichtigung der Einflüssevon Metaboliten.

Sensorik

gibt. Eine erste Abschätzung der beobach-teten Aktivitäten ergibt aber die Vermutung,dass die Aktivität am Oberflächen-fixiertenPrimer generell reduziert ist. Der Einsatz vonPhosphothioat-modifizierten Templatesführt durch eine verstärkte Bindung der Te-lomerase zu einem niedrigeren Detektions-limit. Dies konnte durch Vergleich mit einemherkömmlichen Kit (TRAP-Assay) nachge-wiesen werden. Die Nutzung dieser Effek-te für die Übertragung des Aktivitätsnach-weises auf den optischen Sensor wurde ge-zeigt. Ein wesentliches Ergebnis für die wei-tere Entwicklung stellt die Hybridisierungder neu synthetisierten Telomere mit einemFITC-gelabelten Oligomer dar. Es wurdeeine Methode gefunden, mit der die stören-den Einflüsse der Sekundärstrukturen derTelomere beseitigt worden sind.

Unser Ziel ist es nun, den faseroptischeSensor mit einem geeigneten Zellkultursy-stem zu koppeln, um den Einfluss von No-xen auf die Telomeraseaktivität zu erfassen.

Literatur

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Einleitung

� Die erste erfolgreiche tierexperimentel-le Nierentransplantation wurde bereits 1902durch P. Ullmann in Wien beschrieben (Ull-mann, 1902). Erst 1954 wurde dann eine er-folgreiche Nierentransplantation durch Jo-seph E. Murray am Peter Bent BringhamHospital in Boston zwischen eineiigen Zwil-lingen durchgeführt (Murray et al.,1958,Merril et al.,1956). Seit der ersten Nieren-transplantation im Jahre 1963 sind inDeutschland bis Ende 1999 insgesamt 53.491Organe übertragen worden. Heute ist dieTransplantation ein etabliertes Behandlungs-

Nach einer Herztransplantation überleben80% der Patienten das erste Jahr, 45 % über-leben mehr als 10 Jahre. Geringere Thera-piekosten, weniger und kürzere Kranken-hausaufenthalte und weniger erneute Trans-plantationen nach Verlust eines Organs re-sultieren nicht zuletzt aus einer verbesser-ten Überwachung der Immunsuppressions-Therapie.

Trotz dieser Erfolge bleibt das neue Or-gan ein Fremdorgan und wird bisher durchkeine denkbare Therapie voll akzeptiert. Dieimmunsuppressive Therapie muss deshalbwährend der gesamten Überlebenszeit desTransplantates fortgesetzt werden.

in in vitro-Modellen und klinischen Studienausreichend erforscht wurden, wird der Ein-fluss von CsA-Metaboliten auf die Toxizitätnoch kontrovers diskutiert (Christians undSewing, 1995; Fahr, 1993). Eindeutig ist je-doch, dass die oft erheblichen Nebenwirkun-gen durch eine Verringerung der Medika-menten-Dosis eingeschränkt werden kön-nen. Dabei ist jedoch ein Verlassen des the-rapeutischen Fensters nach unten mit einemVerlust der immunsuppressiven Wirkung zuvermeiden.

Die immunsuppressive Wirkung vonCyclosporin A beruht auf der Tatsache, dasses im Komplex mit Cyclophilin A (Cyp A) andie Ca2+- und Calmodulin-abhängige Prote-in-Phosphatase Calcineurin bindet und da-mit dessen Phosphatase-Aktivität hemmt. InFolge der Hemmung der Phosphatase-Akti-vität von Calcineurin durch Anbindung vonCyclosporin A im Komplex mit CyclophilinA wird die cytoplasmatische Untereinheit desTranskriptionsfaktors NF-AT nicht dephos-phoryliert und kann damit nicht in den Zell-kern eindringen. Dieses führt u.a. zu einerInhibierung der Interleukin-2 Bildung undsomit zu einem Ausbleiben der T-Zell-Im-munantwort.

Der für die immunsuppressive Aktivitätvon CsA verantwortliche Komplex ist, wiezuvor beschrieben, der ternäre Komplex zwi-schen Calcineurin, Cyp und CsA. Die Bil-dung des ternären Komplexes lässt sich mitHilfe des BIACORE®2000-Gerätes, einemoptischen Biosensor der Firma Biacore AB,nachweisen (Abb. 3). Durch den Einsatz die-ses Gerätes ist es möglich, Wechselwirkun-gen zwischen unmarkierten Biomolekülenwährend der Analyse in Echtzeit zu detek-tieren (Biomolecular Interaction Analysis,BIA). Im Gegensatz zu einer Konzentrations-bestimmung, wie sie bei allen bisher genann-ten Methoden erfolgt, wird mit diesem As-say die Bildung des in-vivo-Wirkkomplexesbestimmt. Das heißt, anstelle einer Konzen-tration wird die Aktivität einer Probe, näm-lich die „Komplexbildungsaktivität“ vonCsA unter Einbeziehung der im Blut vorhan-denen CsA-Metabolite, ermittelt. Somit soll-te eine direkte Relation zwischen Messwertund tatsächlicher immunsuppressiver Wir-kung gegeben sein.

Ergebnisse

Ausbildung des ternären WirkkomplexesCyclophilin/CsA/Calcineurin

Mit Hilfe des BIACORE-Gerätes wur-de die Komplexbildung zwischen Cyclophi-lin A, Calcineurin und Cyclosporin A bei ei-ner konstanten Cyp-Konzentration von2 µM und CsA-Konzentrationen zwischen0 nM und 1000 nM vermessen. Dabei ergabsich ein in Abhängigkeit von der CsA-Kon-

verfahren, das an 40 Kliniken der Bundesre-publik durchgeführt wird. Allein 1999 wur-den insgesamt 3.458 Transplantationen vor-genommen. Davon waren 55,1 % Nieren-,20,7 % Leber-, 14,6 % Herz-, 3,6 % Lungen-und 6 % Pankreas-Übertragungen. Die drin-gend notwendigen Transplantationseingrif-fe von ca. 9.500 Nieren- und jeweils 1.000Herz- und Leberübertragungen pro Jahrwerden jedoch deutlich unterschritten (Sta-tistik Eurotransplant 2000). Die Zahl dervorgenommen Transplantationen an derUniversitätsklinik Münster und die Indika-tionen für diesen Eingriff sind in Abbildung1 dargestellt.

Während der letzten zwei Jahrzehnte hatsich die Organtransplantation von einem ri-sikoreichen zu einem Standardverfahren ent-wickelt, dass zur Therapie eines Organver-sagens von Herz, Lunge, Leber, Niere undPankreas eingesetzt wird. Dieser Fortschrittliegt insbesondere in der Einführung neuerpotenter immunsuppressiver Medikamentebegründet, die zu einer Unterdrückung oderVerminderung der Reaktivität des Immun-systems führen. Die Optimierung der Im-munsuppressions-Therapie hat deshalb zueinem wesentlichen Anstieg der 1-Jahres-Überlebensrate nach Transplantation ge-führt. Etwa 80 % der transplantierten Nie-ren sind ein Jahr nach Transplantation nochfunktionsfähig, nach 5 Jahren sind es 70%.

Cyclosporin A (CsA, Sandimmun®) ist dasam häufigsten verwendete Medikament zurtherapeutisch induzierten Immunsuppressi-on in der Transplantationsmedizin. Cyclospo-rin A ist ein cyclisches Undecapeptid mit ei-ner Molekularmasse von 1202,6 Da, das ne-ben einer Reihe strukturverwandter Cy-closporine von dem Pilz Tolypocladium infla-tum gams als Hauptprodukt produziert wird(von Wartburg und Traber, 1986) (Abb. 2).

Aufgrund der komplizierten Pharmako-kinetik, der Toxizität und des engen thera-peutischen Bereiches ist die Ermittlung derCsA-Konzentration im Blut im Rahmen des„Therapeutischen Drug Monitoring“ not-wendig. Bei oraler Verabreichung ist die Bio-verfügbarkeit dieser Substanz relativ gering(ca. 28%) und sehr variabel (<5% bis 89%)(Lindholm, 1991). Das Erreichen der maxi-malen Konzentration im Blut variiert be-trächtlich (1-8 Stunden nach oraler Verabrei-chung). Auch die CsA-Ausscheidung weisteine erhebliche Variabilität auf. Das thera-peutische Fenster der Dosierung von CsA istnach oben durch das Auftreten ernsthafterNebenwirkungen begrenzt. Bekannte Ne-benwirkungen sind Nephrotoxizität (Myers,1986), Neurotoxizität (Thompson et al.,1984), Hepatotoxizität (Lorber et al., 1987),Verdickung des Zahnfleischs (Wysocki et al.,1983) und Hypertonie (Schachter, 1988).Während toxische Effekte von Cyclosporin A

Abb. 1: Indikationenund Zahl der Trans-plantationen an derUniversitätsklinikMünster (Jahr 2000)

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zentration steigendes Resonanzsignal. DieKurvenform zeigt mit ka = (1,08 ± 0,06) x105 M-1 x s-1 die sehr schnelle Ausbildung desKomplexes, das baldige Erreichen desGleichgewichtszustandes und die ebensoschnelle Dissoziation des Komplexes (kd =0,0191 ± 0,0001 s-1), nachdem die Bindungs-partner Cyp und CsA durch Pufferinjektionaus dem Gleichgewicht gezogen werden.Die Berechnung der Gleichgewichtsdisso-ziationskonstante über das Verhältnis derGeschwindigkeitskonstanten (kd/ka) ergabKD = (177 ± 11) nM, wobei die Dissoziati-onskonstante für den dimeren Komplex zwi-schen Cyp und CsA nicht berücksichtigt ist.Eine Bestimmung der Konzentration vonCsA kann aufgrund der schnellen Dissozia-tion des Komplexes nur über die Signalhö-hen im Bindungsgleichgewicht erfolgen.Durch Auftragung der relativen Signale imGleichgewichtszustand gegen die eingesetz-te CsA-Konzentration lässt sich eine Kali-brierkurve für CsA erstellen. Es ergibt sichein Messbereich von 10 bis 500 nM mit ei-ner Nachweisgrenze von 5 nM. Im klinischrelevanten Bereich von 50 bis 300 nM CsAbeträgt der Variationskoeffizient (CV) in derSerie (intra-day) 7,2% und der von Tag zuTag (inter-day) 10,1%. Für die HPLC-Me-thode ergibt sich ein Wert von 5,1% (intra-day) und 6,9% (inter-day) für einen Konzen-trationsbereich von 104 – 280 nM; für denFluoreszenz-Polarisations-Immunoassay(FPIA) einen Variationskoeffizient für die„inter-day“-Bestimmung von 5,5% bei67 nM CsA, 5,1% bei 166 nM CsA und 4,9%bei 332 nM CsA.

Komplexbildung verschiedenerCyclosporin A-Derivate mit Calcineurin undCyclophilin A im Vergleich zu Cyclosporin A

Die Untersuchung der Komplexbildungvon verschiedenen CsA-Derivaten – Meta-boliten, natürlichen Cyclosporinen undkünstlichen Derivaten – mit dem BIACO-RE-System ergab sehr unterschiedliche Fä-higkeiten der verschiedenen Substanzen,den ternären Komplex auszubilden (Tab. 1).Es zeigte sich, dass die mit dem BIACORE-System ermittelten Komplexbildungsaktivi-täten im Großen und Ganzen mit den Er-gebnissen der Zellkulturen korrelieren. Dasheißt, geringe Komplexbildungsaktivitätentspricht geringer immunsuppressiver Wir-kung, hohe Komplexbildungsaktivität ent-spricht starker immunsuppressiver Wirkung.Interessant sind die Ergebnisse der häufiguntersuchten primären Metabolite von CsA,AM1, AM9 und AM4N (Tab. 1). Da dieseMetabolite als erste Abbauprodukte von CsAhäufig in Patientenproben vorkommen, istdie Bestimmung ihrer Wirkung zur Bestim-mung der Gesamtwirkung wichtig. Die Me-tabolite AM1 und AM4N weisen eine recht

hohe Aktivität von 81,4% bzw. von 52,3% imVergleich zur Muttersubstanz auf. Die Akti-vität von AM9 ist mit 18,0% dagegen ver-gleichbar mit der schwachen Aktivität vonCsD und CsF. Werden diese Ergebnisse je-doch mit denen aus Zellkulturexperimen-ten verglichen, so zeigen sich deutliche Un-terschiede. Während die für den Metaboli-ten AM9 in der Literatur angegebenen im-munsuppressiven Aktivität von 9,2% bis14,0% verglichen mit CsA annähernd mitdem Wert der Komplexbildungsaktivitätübereinstimmt, weisen die Ergebnisse derverschiedenen Methoden im Falle der Me-tabolite AM1 und AM4N jedoch deutlicheUnterschiede auf. Copeland et al. (1990)sowie Murthy et al. (1998) finden eine deut-

lich schwächere immunsuppressive Wirkung(bezogen auf CsA), während der BIACORE-Test eine deutlich größere Komplexbil-dungsaktivität zeigt. Eine eindeutige Erklä-rung für dieses Resultat fehlt bisher. Es istjedoch gut denkbar, dass die MetaboliteAM1 und AM4N durch die Zellen schlech-ter aufgenommen werden als andere Cy-closporin-Analoga und deshalb nur mäßigimmunsuppressiv wirken. Bei der BIACO-RE-Messung steht dagegen jeweils die gan-ze Menge zur Komplexbildung zur Verfü-gung. Da Zellkulturexperimente einen ho-hen Personalaufwand erfordern und sehr ma-terialaufwändig sind, ist der neue automati-sierbare Rezeptorassay eine gute Alternati-ve.

Abb. 2: Struktur des Immunsuppressivas Cyclosporin A, isoliert aus Tolypocladium inflatum gams

Abb. 3: Ausbildung desternären Komplexes ausCalcineurin,Cyclosporin A undCyclophilin A auf derSensoroberfläche unddas daraus resultieren-de Resonanzsignal

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Probenvorbereitung: Extraktion vonCyclosporin A aus Blut

Die Methode der Extraktion von CsAdurch Festphasenextraktion ist ausgehend vonder von Christians et al. (1991) veröffentlich-ten Methode entwickelt und für die Bestim-mung mit dem BIACORE-System optimiertworden. Für CsA, das in verschiedenen Kon-zentrationen zu Kontrollblut zugesetzt wordenwar, wurde eine ausreichend gute Wiederfin-dungsrate von 74 ± 4 % nachgewiesen. DieAbweichung von 4 % bei der Wiederfindungs-rate ist, wie sich in nachfolgenden Untersu-chungen ergab, fast ausschließlich durch dienicht vollständig reproduzierbare Extraktionbegründet. Der Variationskoeffizient des Mess-gerätes selbst ist bei Vermessung eines Stan-dards und eines Extraktes kleiner als ein Pro-zent. Wird jedoch Kontrollblut mit 100 nM CsAversetzt, zehnmal über verschiedene Festpha-senextraktionssäulen extrahiert und anschlie-ßend mit dem BIACORE-System vermessen,erhöht sich der Variationskoeffizient der Be-stimmung auf 3,8 %. Dieser Fehler entsprichtdem bei der Wiederfindung verschiedenerCsA-Konzentrationen bestimmten Fehler.

Bewertung des Messverfahrens

Die Möglichkeit der Bestimmung derimmunsuppressiven Aktivität in einer Probe

im Gegensatz zur Konzentrationsbestimmungvon CsA soll die Aussagekraft des entwickel-ten Rezeptorassays im Vergleich zu der eta-blierter CsA-Analysenmethoden erheblichverbessern. Die Ergebnisse der mit dem Re-zeptorassay analysierten Blutproben vonTransplantationspatienten wurden mit demStatistikprogramm EVAPAK nach einer Me-thode von Passing-Bablock statistisch ausge-wertet und mit den Ergebnissen der beidenanderen beschriebenen Analysensysteme(HPLC und FPIA) verglichen. Dabei korre-lieren die Ergebnisse von BIACORE undFPIA mit einem Korrelationskoeffizient vonr = 0,599 (n = 193) und von BIACORE undHPLC mit einem Korrelationskoeffizient vonr = 0,615 (n = 150). Die mit Hilfe des BIA-CORE-Assays ermittelten Werte sind imDurchschnitt um 20% größer als die Werte,die mit dem FPIA erhalten wurden, und imDurchschnitt um 40% größer als die HPLC-Werte. Da mit der Methode der HPLC diereine CsA-Konzentration bestimmt wird, hatdie Anwesenheit von Metaboliten offensicht-lich einen recht großen Einfluss auf die BIA-CORE-Bestimmung. Die bei der FPIA-Me-thode zum Einsatz kommenden Antikörpererkennen neben CsA die primären, nur aneiner Aminosäure modifizierten MetaboliteAM1 und AM9 (Schütz et al., 1998). AM1zeigt eine recht hohe Komplexbildungsakti-vität (81,4 %, Tab. 1), AM9 hingegen nur eine

Komplexbildungsaktivität von 18 % (Tab. 1).Aufgrund der Tatsache, dass AM1 und AM9mit den Analysensystemen FPIA und BIA-CORE erfasst werden, kann die im Vergleichzur HPLC geringere Abweichung der FPIA-Werte von den BIACORE-Werten gut erklärtwerden. Der Metabolit AM4N zeigt keineKreuzreaktivität mit den monoklonalen An-tikörpern (Schütz et al., 1998), weist jedocheine recht hohe Komplexbildungsaktivitätvon 52,3 % (Tab. 1) auf. Die Miterfassungsolcher Metabolite wie AM4N mit dem BIA-CORE-Assay erklärt die Tatsache, dass mitdiesem Assay im Vergleich zum FPIA größe-re CsA-Äquivalenzwerte gefunden wurden.

Die Ergebnisse der CsA-Bestimmung mitden verschiedenen Analysensystemen von 58Transplantationspatienten wurden weiterhinmit dem Statistikprogramm SPSS nach einerMethode von Spearman auf vorhandene Kor-relationen mit klinischen Daten hin unter-sucht, die im Rahmen der routinemäßigenBlutanalytik für Transplantierte in der Uni-versitätsklinik Münster aufgenommen wur-den (Tab. 2).

Bei der BIACORE-Methode weisen inallen Fällen die Korrelationen mindestens einSignifikanzniveau von kleiner 0,05 auf, auchzeigt die BIACORE-Methode im Durch-schnitt wesentlich bessere Korrelationen alsdie beiden anderen Methoden FPIA undHPLC. Die Korrelation der Ergebnisse derverschiedenen Analysensysteme mit klini-schen relevanten Daten der Patienten ergabeine gute negative Korrelation mit einem Si-gnifikanzniveau kleiner 0,05 der mit dem BIA-CORE gemessenen CsA-Äquivalent-Werteund der absoluten Zahl an Leukozyten, B-Lymphozyten und cytotoxischen T-Zellensowie eine gute Korrelation der mit dem BIA-CORE gemessenen CsA-Äquivalent-Werteund dem prozentualen Wert der Monozyten-zahl (Signifikanzniveau <0,05), der Basophi-lenzahl (Signifikanzniveau <0,01) und der T-Lymphozytenzahl (Signifikanzniveau <0,01)im Blut. Monozyten gehören zur Klasse derLeukozyten und sind Vorläuferzellen derMakrophagen. Monozyten wie Makrophagensind wichtige Zellen des Immunsystems, dasie im Blut befindliche Substanzen durch Pha-gozytose aufnehmen, prozessieren und Bruch-stücke davon auf ihrer Zelloberfläche präsen-tieren. Werden die präsentierten Antigene vonden Rezeptoren der Lymphozyten (T-Zellenbzw. B-Zellen) erkannt, wird eine Immunant-wort induziert. Eine signifikante Korrelationzwischen den Ergebnissen der mit dem BIA-CORE gemessenen CsA-Äquivalent-Werteund der Konzentration der Zellen des Immun-systems beweist folglich einen direkten Zu-sammenhang zwischen dem Messwert für dieAktivität von CsA und seinen Metaboliten undder Immunsuppression des Patienten.

Die HPLC-Ergebnisse korrelieren gutnegativ mit der absoluten Zahl der Leukozy-

Cyclosporin-Analoga Komplexbildung in vitro Immunsuppressive Aktivität in Zellkultur im Vergleichim Vergleich zu CsA zu CsA (0 - 400 nM) (Literatur: Copeland et al., 1990,(0 - 400 nM) (Biacore) Murthy et al., 1998, von Wartburg und Traber, 1986)

Cyclosporin A 100 % 100 %

Metabolit AM9 (18,0 ± 4,5) % (9,2 - 14,0) %

Metabolit AM4N (52,3 ± 7,3) % (3,5 - 8,2) %

Metabolit AM1 (81,4 ± 11,3)% (2,5 – 16)%

Metabolit AM1c (9,2 ± 1,9)% 3%

MeAla-6-CsA (2,1 ± 0,1) % schwache immunsuppressive Wirkung

Cyclosporin G (Nva-2-CsA) (85,6 ± 11,0) % starke immunsuppressive Wirkung

Cyclosporin D (15,7 ± 2,7) % schwache immunsuppressive Aktivität

Cyclosporin F (18,4 ± 2,0) % keine signifikante immunsuppressive Aktivität

Tab. 1: Fähigkeit verschiedener CsA-Derivate zur Komplexbildung im Vergleich zu CsA

Biacore FPIA HPLC

Leukozyten -0,242* -0,171 -0,309

Monozyten % 0,265* 0,040 0,041

Basophile % 0,372** 0,261 0,137

T-Lymphozyten % 0,464** 0,305* 0,253

B-Lymphozyten -0,305* -0,132 -0,301

cytotox. T-Zellen -0,260* -0,233 0,121

Cholesterin -0,290* -0,113 -0,346

Bilirubin 0,343** 0,176 0,593*

alkalische Phosphatase 0,304** 0,088 0,178

Amylase -0,384** -0,118 -0,112

Tab. 2: Korrelationen zwischen CsA-Analysensystemen und Zellen des Immunsystems sowie verschiede-nen Markern. Die Anzahl der Sternchen zeigt eine Unterscheidung zwischen zwei unterschiedlichenSignifikanzniveaus; Korrelationskoeffizienten (Spearman): **Signifikanzniveau: p < 0.01, * Signifikanzni-veau: p < 0.05

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ten, deutlich besser als die Ergebnisse deranderen Methoden. Allerdings ist das Signifi-kanzniveau dieser Korrelation oberhalb 0,05,so dass nicht von einer signifikanten Korrela-tion gesprochen werden kann. Ansonsten zei-gen die HPLC-Ergebnisse schlechtere Kor-relationen im Vergleich zu den BIACORE-Ergebnissen; keine der Korrelationen mit Zel-len des Immunsystems weist eine Korrelati-on mit einem Signifikanzniveau kleiner 0,05auf. Ebenso zeigen die Ergebnisse der FPIA-Analysenmethode eine im Vergleich zur BIA-CORE-Methode schlechtere Korrelation auf.

Die Werte der Klinischen Chemie zeigeneine Korrelation mit einem Signifikanzniveaukleiner 0,01 zwischen den Parametern Biliru-bin und Alkalischer Phosphatase (AP) mitdem Analysensystem BIACORE. Die Korre-lation zwischen den BIACORE-Ergebnissenund den Leberwerten sind deutlich besser alsdie Korrelation zwischen den FPIA-Ergebnis-sen und den Leberwerten. Im Falle des Bili-rubins weist die HPLC-Methode im Vergleichzur BIACORE-Methode eine stärkere Kor-relation (0,593 vs. 0,343) auf, jedoch liegt hierdas Signifikanzniveau nur bei kleiner 0,05.Die Blutwerte von Bilirubin und von AP wer-den zur Kontrolle der Leberfunktion des Pa-tienten herangezogen, so dass eine positiveKorrelation mit den gemessenen CsA-Äqui-valent-Werten auf einen Zusammenhang zwi-schen erhöhten CsA- bzw. CsA-Metabolit-Werten und verschlechterter Leberfunktiondes Patienten hinweist. Es ist bekannt, dassbesonders CsA-Metabolite für die toxischeWirkung des Medikamentes verantwortlichsind (Christians und Sewing, 1995).

Die negative Korrelation mit dem Para-meter Cholesterin kann wie folgt erklärt wer-den: Hohe Konzentrationen an CsA und sei-ner Metabolite können zur Schädigung derLeber und somit zu einer Einschränkung derde novo-Cholesterinsynthese führen. Diesefindet vorwiegend in der Leber am endoplas-matischen Retikulum und zu einem geringenTeil in den Peroxisomen statt und ist für etwa75% des Gesamtcholesterins im Körper ver-antwortlich. Der restliche Teil wird über dieNahrung aufgenommen. Eine Korrelation mitCholesterin ist von besonderem Interesse, daeinige Studien diesen Parameter als Progno-sefaktor bei schwer erkrankten Patienten er-mittelt haben. So fällt der Cholesterinspiegelim Endstadium einiger Erkrankungen (HIV;Leberzirrhose, Tumorerkrankungen) unterdie Hälfte seines Ausgangswertes (< 100 mg/dl). Weiterhin zeigen Untersuchungen, dassniedrige Konzentrationen von Cholesterin inVerbindung mit erhöhten CsA-Metabolitenhäufig zu neurologischen Symptomen (Tre-mor, Bewusstseinsstörung bis hin zum Koma,Paresen, Ataxien) führen. Diese Nebenwir-kungen sind für eine deutliche Verschlechte-rung bei der Pflege und der Dauer des Kran-kenaufenthaltes verantwortlich, die Ernied-

rigung des Cholesterins bzw. der Blutfetteführt zu einer Herunterregulierung der Pan-kreasfunktion mit einer verminderten Sekre-tion von Amylase. Weiterhin wird die Amyla-se physiologischerweise fast vollständig in denGastrointestinaltrakt abgesondert. Eine häu-fige Nebenwirkung von CsA sind gastrointe-stinale Beschwerden (Gastritis, Durchfälle,Erbrechen), wodurch eine verstärkte Elimi-nation der Amylase aus dem Körper resultiert.

Aussicht

Die Überwachung der Immunsuppres-sion und die Erstellung von Therapieberei-chen wird in den kommenden Jahren durchdie Kombination verschiedener Immunsup-pressiva aufgrund zahlreicher Arzneimittel-interaktionen zunehmend schwieriger. Ins-besondere für die Vielzahl von Metaboliten,die in stark variierender und in größererKonzentration als die Muttersubstanz imBlut vorkommen können, ist die immunsup-pressive Aktivität und Toxizität schwer ab-zuschätzen.

Die Möglichkeit der Bestimmung derimmunsuppressiven Aktivität von CsA ineiner Patienten-Probe (im Gegensatz zurKonzentrationsbestimmung) verbessert dieAussagekraft des entwickelten Rezeptoras-says im Vergleich zu den etablierten Analy-senmethoden erheblich und optimiert dieSteuerung der medikamentösen Therapienach Transplantation. Geringere Therapie-kosten, weniger und kürzere Krankenhaus-aufenthalte, weniger Retransplantationenwären ein Beitrag zur ökonomischen, öko-logischen und sozialen Verbesserung der Si-tuation im Gesundheitssystem. Weiterfüh-rende Studien sind notwendig, um zu be-weisen, dass die Verbesserung der Analytikdurch Einführung dieses Rezeptorassaysauch klinisch zu einem Anstieg der Überle-bensrate des Transplantats führt.

Danksagung

Dieses Projekt (AZ 13028/20) wurde mitMitteln der Deutschen BundesstiftungUmwelt gefördert.

Literatur

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Korrespondenzadresse

Dr. Norbert BartetzkoInventus BioTecGesellschaft für innovative Bioanalytik, Biosensoren undDiagnostika mbH & Co. KGNottulner Landweg 90D-48161 MünsterTel.: 02534-800126Fax: 02534-800124eMail: [email protected]

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In dem Projekt „der virtuelle Essigmeister“wurde am Beispiel der Essigsäurefermen-tation untersucht, auf welchem Wege dieAdaptionsfähigkeit von Mikroorganismendirekt in einem biotechnischen Prozess fürderen Optimierung genutzt werden kann.Das in einem Fuzzy-Logic-Regelsystemintegrierte Wissen erfahrener Anlagenfüh-rer ermöglichte die automatisierte Umset-zung des Vorhabens.Dieses Fuzzy-System schätzt in einemersten Schritt anhand von Messdatenrobuster und kostengünstiger Sensorenden Säure-Adaptionsgrad, die Vermeh-rungsfähigkeit und das Umsatzpotenzialder Essigbakterien ein. Aus dieser Informa-tion leitet sich ein geeigneter Stellwert fürden Inhibitionsfaktor „Endsäurekonzentra-tion“ ab (Konzentration des ProduktsEssigsäure bei Chargenende).Nach mehreren Fermentationszyklen zeigtesich in den durchgeführten Versuchen einAdaptionseffekt, hier gelang eine Anhe-bung der Produktkonzentration auf über20g/100ml bei gleichzeitiger Steigerungder Produktivität um etwa 10%. Diezentralen Bemühungen richten sich hierbeiauf eine intensive Nutzung der Adaptiondurch die kognitive Regelung einesinstationären, im Batch-Verfahren geführ-ten Prozesses. Hierdurch sollen die hohenProduktkonzentrationen bei einer verbes-serten Produktivität weiter gesteigertwerden. Somit resultieren kürzere Char-gendauern, ein geringeres Transport- undLagervolumen. Dies bedeutet neben einereffektiveren Nutzung von Energie- undRohstoffressourcen eine weitereichendereErfüllung ökologischer und ökonomischerAnforderungen.

Der virtuelle Essigmeister

Stefan Arnold, Dr. Thomas Becker, Univ.-Prof. Antonio DelgadoLehrstuhl für Fluidmechanik und Prozessauto-mation, TU MünchenDr. Frank Emde, Dr. Heinrich FollmannHeinrich Frings GmbH

Einleitung und Zielsetzung

� Mit einem Jahresausstoß von etwa 1,6 Miot (bezogen auf 10% Säurekonzentration)nimmt die industrielle Produktion von Essigeinen sehr großen Anteil des Marktes biotech-nisch gewonnener Erzeugnisse ein [Bänsch].

Der Stand der Technik ist hierbei durcheinen aeroben, submersen Batch-Prozess miteiner Teilerneuerung des Fermenterinhaltsbei Chargenende repräsentiert [Ebner]. AlsMikroorganismen werden Acetobacter spp. ge-nutzt [Kittelmann]: Diese setzen Ethanol zuEssigsäure um. Adaptierte Stämme zeichnensich hierbei in instationären Prozessen durchdie Toleranz sehr hoher Säurekonzentratio-nen aus und gewährleisten auch unter diesenextremen Bedingungen eine hohe Produkti-vität. Andererseits reagieren die Organismensehr sensibel auf äußere Einflüsse wie Belüf-tung, Substrat- oder Produktinhibition undzeigen eine hohe Variabilität in ihren Eigen-schaften [Kruppa, Hekmat]. Genau diese Va-riablität bildet jedoch auch die Basis für einhohes Adaptionspotential. Hinsichtlich einerSteigerung der Produktivität und Säuretole-ranz eignet sich die Essigsäurefermentationsomit sehr gut als Modell für die Untersu-chung von Prozessen, in denen extremotole-rante Organismen genutzt werden.

Der gängige Weg für eine Optimierungindustrieller Batch-Fermentationen liegt inder Eruierung bestmöglicher Prozessparame-ter (wie optimierte Konzentrations- oder Tem-peratur-Trajektorien) für eine Charge [Krup-pa]. Darüber hinaus können die beteiligtenOrganismen durch einen situativ geregeltenSelektionsdruck an höhere Anforderungenadaptiert werden [Saeki]. Dies erfordert je-doch eine Betrachtung mehrerer aufeinanderfolgender Chargen, da diese biologisch gekop-pelt sind. Im betrachteten Fall erfolgt dieKopplung durch das Inokulum, welches bei

Chargenende für den nachfolgenden Fermen-tationszyklus im Fermenter verbleibt.

Eine direkte Reaktion der Organismengegenüber inhibierenden Umgebungsbedin-gungen äußert sich in der Synthese von Stress-Substanzen. Bei extremotoleranten, Gram–negativen Bakterien schreibt man eine derar-tige Eigenschaft den Hopanoiden zu. Es wirdangenommen, dass diese Substanzen den dif-fusiven Transport der Essigsäure durch dieZellmembran erschweren [Kannenberg]. Da-mit würden die Mechanismen für die Regu-lierung des zellinternen pH-Wertes begün-stigt. Daten hochprozentiger Essigfermenta-tionen belegen, dass unter den Bedingungeneines hohen Selektionsdrucks Organismenmit zunehmender Resistenz gegenüber ex-tremen Säurekonzentrationen dominieren. Sowerden mit prinzipiell identischen Anlagenim Vergleich zu 16g/100 mL Essigsäurekon-zentration vor 20 Jahren [Ebner] heute etwa19g/100mL erreicht.

Diese Steigerungen resultieren im We-

sentlichen durch eine auf Expertenerfahrun-gen basierende Wahl der Stellgrößen (wiebeispielsweise eine geeignete Wahl der Volu-mina, Zudosierungsverfahren von Substratund Nährstoffen, Temperaturführung). Dievariablen Prozessbedingungen erfordern je-doch einen sehr hohen Prozessführungsstan-dard, um eine sichere Produktion, und dar-über hinaus, eine weitere Steigerung der Pro-duktkonzentration und Produktivität gewähr-leisten zu können. Die Nutzung der Möglich-keiten kognitiver Methoden, insbesonderedie Bereitstellung von Fuzzy-integriertemExpertenwissen, gestattet die Erfüllung zen-traler ökonomischer und ökologischer Anfor-derungen: Mit der Steigerung der Essigsäu-rekonzentration über ein Niveau von 20g/100mL resultiert eine Verringerung des Pro-duktvolumens. Dies ermöglicht in Kombina-tion mit einer sicheren, situativen Prozessfüh-rung eine intensive Nutzung von Transport-und Lagerkapazitäten, einhergehend mit ei-ner Einsparung an Energie- , Wasser- undRohstoffressourcen.

Abb. 1: Versuchsanlage im Technikumsmaßstab;im Vordergrund der V50 Acetator, im Hintergrundder V75 Acetator.

Sensorik

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In dem beschriebenen Projekt liegt diegrundlegende Vorgehensweise für die Ge-währleistung dieser Ansprüche in der Abbil-dung der Fähigkeiten eines erfahrenen Anla-genführers in einem Regelsystem. Somit istes möglich, über leicht erfassbare Prozessin-formationen (auch aus vorangehenden Char-gen) insbesondere den biologische Prozesszu-stand zu bewerten. Die Inhibition der Bakte-rien durch die Essigsäure lässt sich direktdurch eine adaptive Stellgrößenwahl regeln,so dass keine Produktivitätseinbrüche hinge-nommen werden müssen: Ein „situativer Se-lektionsdruck“ lässt sich so quantifizieren.Letztendlich kann durch den Einsatz des „vir-tuellen Essigmeisters“ in einem laufendenProzess die Produktivität und die Produkt-konzentration über eine kontrollierte Adap-tion der Bakterien gesteigert werden.

Material und Methoden

Aufbau der Versuchsanlage

Die Fermentationsversuche wurden inden Labors der Heinrich Frings GmbH,Bonn, durchgeführt. Hier kamen zwei Fer-menter im größeren Maßstab zum Einsatz(„Acetator“ V50 und V75, mit 1,7 m3 Arbeits-volumen, siehe Abbildung 1), um möglichstpraxisnahe Prozessbedingungen betrachtenzu können. Das Herzstück eines Acetatorsbildet eine selbstansaugende Belüftungstur-bine, welche den intensiven Sauerstoffbe-darf der submersen Essigfermentation deckt[Ebner]. Ausgestattet mit identischen tech-nischen Komponenten, Substraten und bio-logischem Material, boten die beiden Ace-tatoren eine Vergleichsmöglichkeit der situa-tiven Adaptionsregelung gegenüber einerkonventionellen Prozessführung. Die wahl-weise Nachschaltung eines dritten Acteta-tors („F8 Pilotacetator“, 8 L Arbeitsvolu-men) zu den beiden größeren Fermenterngestattete die Einrichtung einer zweiten Stu-fe als „Biosensor“, um direkte Aussagen zuden Adaptionseffekten gewinnen zu kön-nen. Ebenfalls eröffnete dieses Vorgehen dieMöglichkeit, Strategien für die zweistufigeProzessführung (Erläuterung im nachfolgen-den Abschnitt) abzuleiten.

Prozessbeschreibung

Der industrielle, hochprozentigen Essigproduzierende Repeated Fed Batch-Prozesskann grundlegend folgendermaßen be-schrieben werden: Bei Chargenende erfolgtein Ausstoß des Fermenterinhalts bis aufetwa ein Drittel des Volumens. Dieses Vo-lumen wird als Inokulum für die folgendeCharge zurückbehalten. Im Anschluss wer-den nach festen Rezepturvorgaben das Sub-strat Ethanol, Prozesswasser und Nährstof-fe dosiert. Dabei gilt es, sowohl Substratin-

hibition als auch Limitation zu verhindern.Optional kann eine zweite Fermentations-stufe nachgeschaltet werden, in der die Bak-terien nicht als Inokulum im Fermenter ver-bleiben. Somit kann auf ein höheres Kon-zentrationsniveau bis zur letalen Produktin-hibition fermentiert werden. Wie bereits er-wähnt, bildet die Inhibition der Organismendurch das Produkt Essigsäure einen ent-scheidenden Faktor bei der Prozessführung.Insbesondere die „angestrebte Gesamtkon-zentration“ (AGK, siehe Kastentext) ist aus-schlaggebend hinsichtlich einer Konditio-nierung des Inokulums für die Folgechar-ge. Da der Essig mit einer konstanten Etha-nol-Endkonzentration von 0,3 Vol% produ-ziert wird, ist die AGK mit der Produktkon-zentration vergleichbar. Die situative Wahldieser Prozessgröße ermöglicht somit einer-seits, eine zu weitgehende Inhibierung zuverhindern, andererseits können hohe Pro-duktkonzentration und Selektionsdruck auf-recht erhalten werden.

Systeme für die Erfassung undVerarbeitung der Prozessdaten

Für die Erfassung der Ethanolkonzen-tration, des Volumens und der Temperaturkonnte die bei der Fa. Frings vorhandeneInstrumentierung genutzt werden. Zusätz-liche Messsonden wurden in einem Bypass

integriert. Für jede Messgröße diente einUmformer für die Generierung eines 4 –20mA-Analogsignals. Als Messgrößen wur-den die Trübung, der pH-Wert, das Redox-potential, die Leitfähigkeit und die Konzen-tration an gelöstem Sauerstoff betrachtet.

Die Strategie für die Verarbeitung derDaten zielte auf die Entwicklung eines Zu-satz-Sofwarepaketes ab, das über die gängi-ge Schnittstellen (DDE, OLE bzw. ActiveX) an vorhandene bzw. zu installierende Pro-zessleitsysteme angebunden werden kann.Mit dieser Intention erfolgte die Kopplungdiverser Software-Komponenten: Das zen-trale Modul bildet hierbei das „Datencen-ter“, in dem die Kommunikation der einzel-nen Komponenten (Prozessleitsystem, Fuz-zy-System, direkte PC-Ansteuerung vonErweiterungen der Anlagenkomponenten,Fernwartungsmodul) sowie die Aufzeich-nung und Aufarbeitung der Messdaten or-ganisiert wird. Als Entwicklungsumgebunghierfür wurde HP VEE, Version 5.0 genutzt.Im Falle der Versuchsanlagen erfolgte eineAnbindung an das Acetocontrol-Prozessleit-system der Fa. Frings. Das Fuzzy-Modulwurde von den Autoren in C++ projektiert.Hiermit erfolgt zunächst eine Übersetzungkonkreter, numerischer Eingangswerte in„unscharfe“ Werte (Beispiel für eine derar-tige „Fuzzyfizierung“ [Kiendl]: Eine Fer-mentationstemperatur von 31°C wird mit

Abb. 2: Zusammenhangzwischen optischer Dichteund Trockenmasse; diedargestellten Messdatenstammen aus verschiede-nen Chargen undunterschiedlicherFermentern, somit könnendie Werte als representa-tiv für hochprozentigeEssigfermentationenbetrachtet werden(Messdaten wurden aufden Maximalwertskaliert).

Abb. 3: Korrelation vongelöstem Sauerstoff undoptischer Dichte in derersten Stufe eines zwei-stufigen Fermentations-prozesses; bei einer kon-stanten Belüftungsratehängt die Sauerstoffkon-zentration linear von derdurch die optischenDichte gekennzeichnetenBiomassekonzentrationab. (Messdaten wurdenauf den Maximalwertskaliert).

Sensorik

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einem Erfüllungsgrad µ = 0,9 der linguisti-schen Variablen „mittel“, mit µ = 0,1 derVariablen „warm“ zugeordnet). In Fuzzy-Regelbanken implementiertes Experten-wissen liefert für die verschiedenen Kom-binationen von Eingangswerten ein un-scharfes Verknüpfungsergebnis. Hierauswerden wiederum konkrete Werte für dieAusgangsvariablen abgeleitet („Defuzzyfi-zierung“). Eine detailliertere Beschreibungder Fuzzy-Software ist unter [URL-LFP]gegeben.

Diskussion der Ergebnisse

Die Struktur des „virtuellen Essigmei-sters“ basiert im Wesentlichen neben derInformation aus Literaturangaben auf Ex-pertenbefragungen, Daten aus industriellenFermentationen und Fermentationsversu-chen, welche sowohl als Orientierungs-grundlage als auch für die konkretere Aus-formulierung herangezogen wurden. Somitkonnte bei der Entwicklung des Systemsund dessen Komponenten praxisrelevanteAnforderungen vorab berücksichtigt wer-den. Diese Aspekte flossen ebenfalls bei derAuswahl der Messgrößen ein. Da die Beob-achtung der Adaptionseffekte eine Erfas-sung mehrerer, aufeinanderfolgender Char-gen mit vergleichbaren Bedingungen be-darf, mussten sehr zeitintensive Versuchs-reihen für Vorversuche und die Validierungder Fuzzy-Regelung durchgeführt werden.

Selektion der Online-Messgrößen

Nach einer Prüfung diverser Messgrö-ßen und Sonden (pH, Gelöstsauerstoff, Re-doxpotential, Trübung, Leitfähigkeit) hin-sichtlich Ihrer Robustheit und Aussagekraftbewährte sich die Erfassung der Trübungals eine unproblematische Methode für den

zusätzlichen Informationsgewinn zum Pro-zessverlauf. Hinsichtlich einer Beobachtungdes Biologischen Prozesszustands lieferthier die Trübung ausreichende Daten als zu-sätzliche Eingangsinformation für das Fuz-zy-System. Insbesondere im Verlauf derLog-Phase können nahezu alle Zellen alsviabel betrachtet werden [Wolf], es zeigtesich hier auch ein gute Korrelation von Trok-kenmasse und Trübung, wie in Abbildung2 dargestellt.

Aus der Konzentration des gelösten Sau-erstoffs lassen sich ebenfalls unmittelbareRückschlüsse zum Zustand bzw. zur Akti-vität der Biologie ziehen. Es konnte jedochermittelt werden, dass bei den vorherr-schenden Prozessbedingungen die Sauer-stoffzehrung unmittelbar mit der Trübunglinear gekoppelt und daher als redundanteMessinformation nicht obligat ist (siehe Ab-b. 3). Aufgrund des geringen Dissoziations-grades der Essigsäure ändert sich der pH-Wert im Prozess nur in einem sehr engenBereich zwischen 1,9 und 2,3. Somit erwiessich mit der gegebenen Messgenauigkeit(0,05pH Einheiten) und Stabilität der Son-de eine Berücksichtigung dieser Größe alsnicht effizient. Die in den Versuchen ein-gesetzte Leitfähigkeitssonde erwies sich alsnicht robust genug für den dauerhaften Ein-satz in hohen Essigsäurekonzentrationen,

dies erforderte einen Ersatz nach wenigenWochen.

Hinsichtlich des Redoxpotentials wur-den Anstrengungen unternommen, eineKorrelation zwischen Viabilität und derMessgröße zu ermitteln. Hier konnten je-doch keine reproduzierbaren Ergebnisse er-zielt werden, wobei, wie bereits oben er-wähnt, die über die Trübung gewonnene In-formation hier als Eingangsgrößen für dasFuzzy-System genügt.

Fuzzy-Logic Prozessführungsstrategien fürden „virtuellen Essigmeister“

Die aufbereiteten Prozessdaten lieferndie Eingangswerte für das auf Expertenwis-sen basierende Fuzzy-Regelsystem, dem„virtuellen Essigmeister“. Dieser gestattetdie Berücksichtigung vorhandenen Know-Hows im Hinblick auf eine adaptive Wahlder Stellgrößen. Die Anpassung des Fuzzy-Moduls an die Essigsäurefermentation er-folgte über eine spezifische Definition vonEingangsvariablen, Regelbasen und Aus-gangsvariablen. Diese Struktur (siehe Abb.4) basiert auf dem in Interviews gesammel-ten Expertenwissen in Verbindung mit ex-perimentellen Daten:

Zunächst zeigte sich die Betrachtungder AGK als eminent für detailliertere Un-tersuchungen. Im Vergleich zu anderendenkbaren Stellgrößen handelt es sich beider AGK um eine sehr dynamische Pro-zessvariable hinsichtlich der Auswirkungenvon Stelleingriffen. Beispielsweise gestat-tet eine Variation der Substratkonzentratio-nen wie Nährstoffen, Ethanol oder der Sau-erstoffkonzentration weitere Toleranzberei-che, und die Bedingungen nahe dem Opti-mum sind wesentlich unschärfer. Die Aus-legung des Versuchsplans sowie des Fuzzy-Systems selbst erfolgte dementsprechendinsbesondere im Hinblick auf eine Variati-on bzw. eine situative Sollwertvorgabe derGröße AGK.

Für die Bereitstellung der erforderli-chen Eingangsinformationen wurden Mess-werte der laufenden und zweier vorange-gangener Chargen aufgezeichnet und ver-arbeitet (AGK der Vorcharge, Laufzeiten,Abbauraten, Trübungsverläufe). Die weite-re Verarbeitung dieser Eingangsdaten er-folgt in einer kaskadierten Fuzzy-Regel-bank, hier werden zunächst verschiedeneZwischengrößen berechnet. Über die Quan-tifizierung der Umsatzpotentials, der Ver-mehrungsfähigkeit und der Säuretoleranzwird eine „unscharfe“ Bewertung der Bio-logie in den betrachteten Chargen abgelei-tet. Letztendlich resultiert aus den Wertendieser Zwischenvariablen der Entschluss,ob sich eher „Selektiv-“ oder „Regenerati-onsbedingungen“ für die laufende Chargeeignen. Wie bereits erläutert, erfolgt die

Abb. 4: Übersicht zur Fuzzy-Struktur des virtuellen Essigmeisters; mit den beispielhaft dargestelltenEingangs-Fuzzysets (hier Dreiecke) erfolgt eine „Fuzzifizierung“ der konkreten Eingangswerte. Über dieZwischengrößen wird adaptiv eine konkrete Absenkung bzw. Erhöhung der AGK ermittelt.

Angestrebte Gesamtkonzentration (AGK)

Bei der Bezeichnung „AGK“ handelt es sich um einenFachterminus in der Essigtechnologie. Diese Größefasst die an sich physikalisch inkonsummerablen Wer-te der Essigsäurekonzentration (in g/100mL) sowieEthanolkonzentration (in Vol%) am Ende einer Char-ge zusammen und wird in % angegeben.

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Konditionierung konkret durch die Wahl derStellgröße „AGK“, deren Sollwert als Aus-gangsgröße des Fuzzy-Systems ermitteltwird (siehe hierzu Abb. 4).

Resultate der Fermentationsversuche

Erste Untersuchungen der Regelstrek-ke „Essigfermentation“ dienten der Ermitt-lung der biologischen Grenzen, wofür zu-nächst im einstufigen Prozess (in dem V75-Acetator) die Stellgröße AGK variiert wur-de. Auf diese Weise ergaben sich eindeuti-ge Reaktionen in der Regelstrecke, diese lie-ferten damit grundlegende Daten zur Dy-namik des Systems. Um einen direkten Ver-gleich zu den in der Praxis gängigen Fermen-tationsbedingungen zu schaffen, wurde dieAGK in dem parallel geführten V50-Aceta-tor auf einem konstanten Niveau gehalten.Der in der AGK variierte V75-Acetator pro-duzierte in 18 Testchargen eine durch-schnittlich 0,2g/100mL höhere Essigsäure-konzentration im Vergleich zu dem Refe-renz-Acetator V50. Die Produktivität, vergli-chen anhand der Menge des in 24 Stundenproduzierten Essigs mit 10% Säure, oszillier-te dabei mit ausgeprägten Amplituden umeinen im Mittel etwa 10% niedrigeren Be-reich. Nach Chargen bei höherer AGK ginghier die Produktivitätsleistung deutlich zu-rück, andererseits konnte sich die Biomassein „Regenerationschargen“ mit niedrigererAGK auch wiederum deutlich erholen, alsResultat stieg die Produktivität in der Fol-gecharge unmittelbar wieder an. Um einetotale Inhibition zu vermeiden, erfolgte dieManipulation der Stellgröße AGK innerhalbder Grenzen von 17% und 18%. Insgesamtwurde in diesen Versuchen deutlich, dass einzu hoher Säurestress, insbesondere übermehrere Chargen, ohne deutliche Einbußenhinsichtlich der Produktivität nicht toleriertwird. Diese deutlichen Auswirkungen trotzeines engen Bereichs der Stellgrößenvaria-tion unterstreicht die Sensibilität der Kul-turen und damit die Notwendigkeit einer si-tuativen und exakten Quantifizierung desPotentials der beteiligten Acetobakterkultur.

Nach der Konkretisierung der experten-basierten Parametrierung des Fuzzy-Sy-stems mit den Daten dieser Versuchsreihenkonnte beide entscheidenden Faktoren,eine verbesserte Umsetzungsrate und einehöhere Säurekonzentration, erreicht wer-den:

Im rezepturgesteuerten Industrieprozesswurden zu Beginn des Projekts in einemzweistufigen Verfahren etwa 18,5g/100mLProduktkonzentration erreicht. Diese End-säure wurde bei annähernd vergleichbarenBedingungen (Temperaturführung, Sub-stratdosage) auch zu Beginn in der Versuchs-anlage erreicht. Wie in Abbildung 5 darge-stellt, gelang bereits nach einer ersten Ad-

aptionscharge über die Anhebung der AGKin der ersten Stufe um 0,4% eine Steigerungder Endkonzentration in der zweiten Stufeauf 19,2g/100mL.

In dem in Abbildung 6 gegebenen Bei-spiel einer adaptiv geregelten Fermentati-onsreihe wurden durch den „virtuellen Es-sigmeister“ zwei Adaptionschargen mit ei-ner höheren AGK vorgeschlagen. In diesemFall wurde die Fermentationstemperaturnicht auf einem konstanten Level eingere-gelt, sondern es erfolgte eine Abkühlung mitder zunehmenden Inhibierung der Organis-men bzw. der daraus resultierenden Abnah-me der Abbauleistung. Nach drei Chargenzeigte ein Anstieg der erreichten Säurekon-zentration von 19,6g/100ml auf 19,9g/100mLeinen ersten Adaptionseffekt. In der sieb-ten Charge gelang eine weitere Anhebungder Endkonzentration auf über 20,3g/100mLbei einer gleichzeitigen Verkürzung derChargendauer um 10%. Diese Konzentrati-onssteigerungen erfolgten reproduzierbar inallen Chargen nach einer situativen Erhö-hung der AGK in der ersten Fermentations-stufe.

Gemäß praktischer Erfahrungen kanneine abrupte Erhöhung der AGK von ledig-lich 0,2% bei einem ungeeignetem Zustandder Biologie zu einem deutlichen Einbruchder Fermentationsleistung führen, insbe-sondere bei einem Verweilen auf diesemAGK-Niveau über mehrere Chargen. Vordiesem Hintergrund ist eine Steigerung der

Produktkonzentration um 2g/100mL sehrdeutlich.

Fazit und Ausblick

Eine weiterführende Zielsetzung desvorgestellten Projekts liegt in der Entwick-lung eines prozessumfassenden, software-gestützten „Biosensors“, welcher, ausge-hend von gängigen physiko-chemischen Pa-rametern, die Prozesszustände analysiertund über KNN-gestützte Modellierungsan-sätze die „Parametrierung des virtuellen Es-sigmeisters“ optimiert. Das Monitoring derFermentation in einem Modell erlaubt wei-ter die Optimierung fest vorgegebener Gü-tekriterien (wie eine definierte Produkt-konzentration und volumetrische Produk-tivität). Ein reduziertes Produktvolumenund eine sichere, situative Prozessführungerlauben im Sinne eines produkt- und pro-duktionsintegrierten Umweltschutzes eineintensive Nutzung von Transport- und La-gerkapazitäten bei gleichzeitiger Einspa-rung von Energie-, Wasser- und Rohstoff-ressourcen.

Die derzeit weltweit installierten Anla-gen sind auf sehr unterschiedlichen tech-nischem Stand ausgerüstet, im globalenDurchschnitt wird lediglich mit 13g/100mLEssig produziert. Allein von den 700 instal-lierten Acetatoren wären unmittelbar umdie 50 Anlagen für eine Aufrüstung mit ei-ner adaptiven Prozessführung geeignet.

Abb. 5: Effekt der Fuzzy-geregelten Adaption ineiner ersten Stufe auf dieerreichte Endkonzentrationin einer zweiten Stufe; mitder situativen Anhebungder AGK in der ersten Stuferesultiert eine signifikanteSteigerung der Säuretole-ranz in der zweiten Stufe

Abb. 6: Steigerung dererreichten Säurekonzen-tration auf über 20g/100mL in der zweiten Stufenach 5 Chargen beisituativer Wahl derKonditionierungsbedin-gungen in der erstenCharge (In der zweitenStufe erfolgte eineAbsenkung der Temperaturmit der abnehmendenAktivität der Biomasse)

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Die Expression der von einigen E. coli-Stämmen produzierten Phytase, dievielfach effektiver ist als die derzeitgenutzten pilzlichen Phytasen, ist natürli-cherweise extrem niedrig. Um das Expres-sionsniveau der Phytase in E. coli drastischzu erhöhen, wurde ein Expressionsvektorkonstruiert, mit dem geeignete Stämme diePhytase überexprimieren und in dasKulturmedium ausschleusen können. EinVergleich verschiedener Fermentationsme-thoden zeigte die Überlegenheit vongeregelten Zulaufverfahren, zu derenEntwicklung der Einsatz der Biosensorikerforderlich ist.

Biotechnologische Produktion

der E. coli-Phytase

Dr. Gerhard Miksch, Sophia Kleist, Dr. KarlFriehs, Prof. Dr. Erwin FlaschelLehrstuhl für Fermentationstechnik, UniversitätBielefeldDr. Arno CordesASA Spezialenzyme GmbH, Salzgitter

Einleitung und Zielstellung

� Der für die Tierernährung lebensnotwen-dige Phosphor liegt in Futtermitteln in kom-plexen Verbindungen, den sogenannten Phy-taten, vor und ist in dieser Form für monoga-strische Tiere wie Schweine und Geflügelnicht verfügbar. Dies macht eine kostspieli-ge Zugabe von anorganischen Phosphatenerforderlich. Da der in Phytaten vorliegendePhosphor von den Tieren nicht verwertetwird, steigt der Phosphorgehalt in Stalldungund Gülle und führt, insbesondere auf land-wirtschaftlich intensiv genutzten Flächen, zugroßen Umweltproblemen.

Durch Zugabe mikrobiell produzierterPhytasen wird der in Phytaten enthaltenePhosphor und mit ihm viele durch Phytategebundene Mengen- und Spurenelementeabgespalten und für die Tiere verfügbar. Phy-tasen werden derzeit industriell durch Fer-mentation von Pilzkulturen gewonnen. Voreinigen Jahren wurde entdeckt, dass einigeStämme des bekannten Darmbakteriums E.coli eine Phytase bilden, die vielfach aktiverist als pilzliche Phytasen. Natürlicherweisewird das Enzym von E. coli in sehr geringenMengen und nur unter bestimmten Bedin-gungen, d.h. unter anaeroben Verhältnissen,gebildet [1]. Das Ziel unserer Forschungsar-beiten besteht darin, ein Verfahren zu ent-wickeln, mit dem diese Phytase kostengün-stig produziert werden kann.

Erhöhung des Expressionsniveaus

Um das Niveau der Phytaseexpressionentscheidend zu erhöhen bzw. die Grundla-ge für ein praktikables Produktionsverfahrenzu schaffen, war es notwendig, einen Promo-tor zu verwenden, der bei aerobem Wachs-tum aktiv ist. Die Expression des Phytasegenswurde unter verschiedenen Promotoren ge-

Ein weiterer Ansatzpunkt ergibt sich mitder sehr unterschiedlichen Qualifikation derAnlagenführer. Der Schulungsaufwand fürdie internationale Klientel ist hier beträcht-lich, es erfordert viel Erfahrung, einen sen-siblen Prozess wie die Essigsäurefermenta-tion auf einem hohen Niveau zu fahren. Hierstehen die einfache Handhabung der Pro-zessteuerung gegenüber einer maximal mög-lichen Performance im Vordergrund. Der„virtuelle Essigmeister“ bietet jedoch dendirekten Support mit gesammeltem Exper-tenwissen, somit müssen eine weitere Stei-gerung der Anlagenleistung und die Bedien-barkeit nicht im Gegensatz zueinander ste-hen.

Der virtuelle Essigmeister wurde kon-zipiert, um die Möglichkeiten instationärerFermentationen auszuschöpfen. Letztend-lich können die erworbenen Kenntnisse aufdiverse Fermentationsprozesse mit Inhibi-tions-Problematik übertragen werden, bei-spielsweise auf die Produktion von Carbon-säuren wie Milchsäure, Zitronensäure oderGluconsäure.

Literatur

Bänsch, J.: Entwicklung einer kontinuierlichenaeroben Essigsäurefermentation mit integrierterProduktaufbereitung, Dissertation, TU München,1992Bar, R. G., Kirwan, J. L. und Donald, J. (1987): AnUnusual Pattern of Product Inhibition: Batch AceticAcid Fermentation. Biotechnology and Bioenginee-ring 29: 796-798Ebner, H. (1983): Vinegar. Prescott and Dunn’sIndustrial Microbiology 4: 389-407Hekmat, D.: Reaktionstechnische Untersuchungendes instationären Wachstums- und Produktbildungs-verhaltens von Mikroorganismen, Dissertation, TUMünchen, 1990Kiendl, H.: Fuzzy Control methodenorientiert.Oldenbourg Verlag, 1997.Wolf, K.-H.: Berechnungsbeispiele zur Bioverfahrens-technik. Behrs Verlag, Hamburg, 1991Kittelmann, M., Stamm, W.-W., Follmann, H. undTrüper, H.-G. (1989): Isolation and classification ofacetic acid bacteria from high percentage vinegarfermentations. Appl. Microbiol. Biotechnol. 30:47–52Kruppa, R. K.: Instationäre Wachstums- undProduktbildungskinetik von Essigsäurebakterien.Dissertation, TU München, 1997Saeki, A., Theeragool, G., Matsushita, K., Toyama,H. und Lotong, N.; Adachi, O. (1997): Developmentof thermotolerant acetic acid bacteria useful forvinegar fermentation at higher temperatures. Biosci.Biotech. Biochem. 61: 138-145

Korrespondenzadresse

Dipl.-Ing (Univ.) Stefan ArnoldLehrstuhl für Fluidmechanik und ProzessautomationWeihenstephaner Steig 2385354 FreisingTel.: 08161-713247Fax: 08161-714510eMail: [email protected]

http://www.lfp.blm.tu-muenchen.de/pa/Software/fuzzylog.htm

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testet: Lac, Tac, T7, Promotor des Tetracyc-lingens (TcA), Promotor der β-Glucanase vonBacillus amyloliquefaciens (BglA, [2]). Das mitverschiedenen Promotoren erreichbare Ex-pressionsniveau war sehr unterschiedlich.Eine ausgesprochen geringe Expression wur-de mit dem T7-Promotor erreicht, die höch-ste mit dem Tac-Promotor. Obwohl der BglA-Promotor eine etwas niedrigere Expression alsder Tac-Promotor zeigte, wurde in weiterenVersuchen der BglA-Promotor verwendet, derein konstitutiver Promotor ist und somit kei-ner besonderen Induktion bedarf, was bei denanderen getesteten Promotoren zu höherenKosten des Produktionsverfahrens führenwürde. Das Phytasegen mit diesem Promo-tor wurde auf einem Vektor mit hoher Kopi-enzahl (pUC19) kloniert (Abb. 1). Auf demgleichen Vektor wurde eine von uns entwik-kelte Sekretionskassette [3] integriert, die denExport sekretorischer Proteine in das Kultur-medium bewirkt und somit eine extrazellu-läre Produktion der Phytase ermöglicht. DieAusbeute an extrazellulärer Phytase wird au-ßerdem beeinflusst vom verwendeten Wirts-stamm, dem Kulturmedium sowie den Kulti-

Fermentative Produktion

Da mit Zulaufverfahren höhere Zell-dichten als mit Satzverfahren erzielbar sind,konzentrierten wir uns auf die Entwicklungeines geregelten Zulaufverfahrens. Als Me-dium wurde ein synthetisches Glucose-Mi-neralsalz-Medium verwendet, welches fürHochzelldichtefermentationen geeignet ist[4]. Die Fermentationen wurden in einem 7l-Fermenter mit einem Arbeitsvolumen von5 l durchgeführt.

Die Regelung der Zufütterung erfolgtezunächst mit Hilfe der Sauerstoffsättigung(pO2). Die separate Zuführung einer kon-zentrierten Glucose-, Ammoniumsulfat-,und Mineralsalzlösung erfolgte bei Errei-chen eines pO2-Wertes von 60 % und wurdebei Erreichen eines Wertes von 30 % unter-brochen. Bei diesem Verfahren wurde einerelativ geringe Zelldichte und eine geringePhytaseaktivität im Medium gemessen.

Wesentlich bessere Ergebnisse wurdenmit einer Intervall-Zufütterung erzielt. Da-bei folgte nach Erreichen der ersten statio-nären Phase für einen Zeitraum von drei

Stunden die erste Zufütterungsphase, nachErreichen der zweiten stationären Phasefolgte die zweite Zufütterungsphase. Die Er-gebnisse der Zelldichte zeigen, dass das Bak-terienwachstum aus der stationären Phaseohne weiteres möglich ist und zu einer si-gnifikanten Erhöhung der Zelldichte undgleichzeitig zu einem steilen Anstieg der ex-trazellulären Phytaseaktivität führt (Abb. 2).Der Nachteil bei dieser Art der Regelung be-steht darin, dass mit steigender Zufütte-rungsdauer relativ viel Acetat gebildet wird,wodurch Zellwachstum und Stoffwechselnegativ beeinflusst werden. Deshalb wurdenach Wegen gesucht, die Zufütterung in Ab-hängigkeit vom Bedarf zu regeln.

Einsatz von Biosensoren

Um die Zufütterung von Glucose beiFermentationsprozessen mit hoher Dynamik(z.B. Kultivierungen von E. coli) über dieaktuelle Glucosekonzentration im Mediumregeln zu können, ist eine schnellere Analy-tik erforderlich, als dies mit den derzeit ver-fügbaren Fließinjektionssystemen (FIA)

Sensorik

Abb. 1: Genetische Organisation des Expressions-vektors zur extrazellulären Phytaseproduktion inE. coli.

vierungsbedingungen. Als Wirtsstämme fürdie Phytaseproduktion wurden vier E. coliK12-Derivate (N4830, JM109, TG1, EL538)und ein E. coli B-Stamm (BL21) getestet.Dazu wurde der Expressionsvektor in dieseStämme transformiert und die extrazellulärePhytaseproduktion in Schüttelkolbenversu-chen verglichen. Dabei zeigte sich, dass derStamm BL21 im Vergleich zu den anderenStämmen die 1,6- bis 2,7-fache Menge an ex-trazellulärer Phytase produzierte. Deshalbwurde als Produktionsstamm E. coli BL21gewählt, um Fermentationsversuche durch-zuführen. Als Kulturmedium können komple-xe Medien oder synthetische Medien verwen-det werden, wobei synthetische Medien nurin Verbindung mit speziellen Fermentations-verfahren geeignet sind, um eine hohe Aus-beute an Phytase zu erzielen.

Abb. 2: Fermentation von E. coli BL21(pPhyt109) mit Intervall-Zufütterung, die durch Sauerstoffsätti-gung geregelt wurde.

Abb. 3: Schema des FIA-Systems zur Glucosemessung und Steuerung der Glucosezufütterung (freundli-cherweise von Dr. Hitzmann, Institut für Technische Chemie der Universität Hannover zur Verfügunggestellt).

Abb fehlt noch bitte Originaldatei CDR/EPSschicken

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möglich ist. Am Institut für Technische Che-mie der Universität Hannover (Gruppe vonDr. Hitzmann) wurde deshalb eine schnelleGlucose-FIA (FAST-FIA) entwickelt, diebei der Produktion der E. coli-Phytase an derUniversität Bielefeld eingesetzt wurde (Abb.3). Dabei wurde der Fermenter mit der FIA-Anlage und dem Detektionssystem kombi-niert. Die Auswertung der Daten erfolgtemit der in Hannover entwickelten Software.Der Vorteil der FAST-FIA besteht darin, dassdie sonst zeitaufwendige Probenvorberei-tung nicht notwendig ist. Ein mit einem PI-Regler gekoppelter Kalman-Filter wird zurKompensation des Messrauschens benutzt.Die Messfrequenz beträgt ein Wert pro Mi-nute. Es konnte gezeigt werden, dass sichdie Kombination aus FAST-FIA und Kal-man-Filter/PI-Regler sehr gut zur Regelungvon Zulauffermentationen eignet. Da dieGlucosekonzentration auf sehr niedrigemNiveau gehalten werden kann, wird die Bil-dung störender Metabolite verhindert.

Zunächst wurde eine Glucosekonzentra-tion von 0,3 g/l konstant gehalten. Unter die-sen Bedingungen wurde eine sehr hohe Zell-dichte (etwa OD600 = 100) erreicht. Im Ge-gensatz dazu blieb die extrazelluläre Phyta-seaktivität bis zum Ende der Zufütterungs-phase relativ niedrig (15 U/ml). Erst nachBeendigung der Zufütterung war ein weite-rer deutlicher Anstieg der Phytaseaktivitätauf etwa 27 U/ml zu beobachten. Wir ver-muten, dass das schnelle Wachstum währendder Zufütterung, die außerdem sehr früh be-gann, einen negativen Einfluss auf die Pro-duktbildung und die Sekretion der Phytasehatte. Da möglicherweise die Glucosekon-zentration für eine effektive Sekretion derPhytase zu hoch war, wurde die Konzentra-tion im Folgenden bei 0,1 g/l konstant ge-halten. In einem ersten Versuch mit dieserProzessstrategie zeigte sich, dass bei einerGlucosezufütterung auf derart niedrigemNiveau eine wesentlich höhere extrazellu-läre Phytaseaktivität (etwa 50 U/ml) mitweiter steigender Tendenz erreicht werdenkann (Abb. 4). Weitere Versuche lassen des-halb Erfolg versprechende Ergebnisse erwar-ten.

Eigenschaften der E. coli-Phytasefür einen Einsatz in der Tierzucht

Durch die Anwendung des beschriebe-nen Fermentationsverfahrens konnte die E.coli-Phytase in solchen Mengen produziertwerden, dass Eigenschaften untersucht wer-den konnten, die für die Verarbeitung inMischfutterbetrieben und für die Tierernäh-rung von großer Wichtigkeit sind. Dabei hatsich eine erfolgreiche Kooperation mit demInstitut für Tierernährung der Freien Uni-versität Berlin entwickelt.

Überblick

rungstemperatur von 70 °C besaß die E. coli-Phytase noch 78 % Aktivität, pilzliche Phy-tasen dagegen weitaus geringere Aktivitäten.

Weiterhin wurde in in vitro-Versuchendie Resistenz der E. coli-Phytase gegenüberProteasen des Verdauungstraktes unter-sucht. Während alle getesteten pilzlichenPhytasen durch proteolytische Aktivitäteninaktiviert wurden, zeigte die E. coli-Phyta-se überraschenderweise Resistenz gegen-über den im Tiermagen vorhandenen En-zymen Pepsin und Pankreatin (Abb. 5). Inähnlicher Weise war die E. coli-Phytase auchresistent gegenüber dem Verdauungsüber-stand aus dem Tiermagen. Im Gegensatzdazu verloren pilzliche Phytasen – bedingtdurch proteolytische Enzyme und den nied-rigen pH-Wert – einen beträchtlichen Teilihrer Aktivität im Magen.

Literatur

[1] Greiner, R., Konietzny, U. und Jany, Kl.-D.(1993) Purification and characterization of twophytases from Escherichia coli. Arch. Biochem.Biophys. 303: 107-113[2] Borriss, R., Olsen, O., Thomsen, K.K. und VonWettstein, D. (1989) Hybrid Bacillus endo-(1-3, 1-4)-ß-glucanases: construction of recombinant genesand molecular properties of the gene product.Carlsberg Res. Commun. 54: 41-54[3] Miksch, G., Fiedler, E., Dobrowolski, P. undFriehs, K. (1997) The kil gene of the ColE1 plasmidof Escherichia coli controlled by a growth-phase-dependent promoter mediates the secretion of aheterologous periplasmic protein during thestationary phase. Arch. Microbiol. 167: 143-150[4] Horn, U., Strittmatter, W., Krebber, A, Knüpfer,U., Kujau, M., Wenderoth, R., Müller, K., Matzku,S., Plückthun, A. und Riesenberg, D. (1996) Highvolumetric yields of functional dimeric miniantibo-dies in Escherichia coli, using an optimizedexpression vector and high-cell-density fermentationunder non-limited growth conditions. Appl.Microbiol. Biotechnol. 46: 524-532[5] Igbasan, F.A., Männer, K., Miksch, G., Borriss,R., Farouk, A. und Simon, O. (2000) Comparativestudies on the in vitro properties of phytases fromvarious microbial origins. Arch. Anim. Nutr. 53: 353-373

Korrespondenzadressen

Prof. Dr. Erwin FlaschelDr. Gerhard MikschTechnische Fakultät der Universität BielefeldPostfach 10 01 3133501 BielefeldTel.: 0521/1065301Fax: 0521/1066475eMail: [email protected]: www.TechFak.Uni-Bielefeld.DE/techfak/ags/ferm-tech

Dr. Arno CordesASA Spezialenzyme GmbHRottenkamp 1538239 SalzgitterTel.: 05300/6605Fax: 05300/6615E-Mail: [email protected]

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aktiv

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Phytaseaktivit t im berstand Gesamtphytaseaktivit t Phytaseaktivit t im Periplasma Phytaseaktivit t im Cytoplasma

Wenn die Phytase in Mischfutterwerkenden Futtermischungen zugegeben wird, istdie Pelletierfähigkeit bzw. die Temperatur-stabilität während des Pelletiervorgangs vonentscheidender Bedeutung. Die E. coli-Phy-tase besitzt im Gegensatz zu pilzlichen Phy-tasen die optimale Aktivität bei höherenTemperaturen. Während pilzliche Phytasennach einer Inkubation von 20 Minuten bei60 °C nur noch 50 % Aktivität besaßen, lagdiese bei der E. coli-Phytase über 70 % [5].Entscheidend für die praktische Verarbei-tung von Phytasen ist das Verhalten im Kon-ditionierer beim Pelletierungsprozess. Beieiner Konditionierungstemperatur von 60 °Czeigte die E. coli-Phytase noch 99 % Aktivi-tät, während pilzliche Phytasen in Abhän-gigkeit von der Herkunft nur 84 bis 93 %Aktivität besaßen. Bei einer Konditionie-

Abb. 5: Restaktivität derPhytase nach Inkubationbei 40 °C für 60 Minuten ineiner Lösung mit Protea-sen aus dem Schweinema-gen (A, produziert mitAspergillus; T, produziertmit Trichoderma)

Abb. 4: Fermentation von BL21(pPhyt109) mitglucosegeregelter Zufütterung.

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DBU-Nachrichten

Zukunftsorientierte Umweltforschung

und -lehre: Stiftungsprofessuren der

Deutschen Bundesstiftung Umwelt

� Neben ihren originären Förderbereichenunterstützt die DBU im Rahmen von Son-derprogrammen die Integration innovativerund zukunftsträchtiger Fachgebiete des in-tegrierten Umweltschutzes in die Hochschu-len durch die Förderung von Stiftungslehr-stühlen. Diese Programme werden jeweilsin geeigneter Weise bekannt gegeben. Hier-mit sollen einerseits die Hochschulen darinunterstützt werden, in ihrer fachlichen Ori-entierung von Lehre und Forschung dieUmweltrelevanz bestimmter Fachgebietebesonders hervorzuheben; andererseits sol-len aktuelle und zukunftsweisende Umwelt-themen problemlösungsorientiert und überdie Fachdisziplinen hinweg in die For-schungs- und Lehrgebiete der Hochschulenintegriert werden. Dem interdisziplinärenAnsatz eines Stiftungslehrstuhls misst dieStiftung in Anbetracht der komplexen, fä-cherübergreifenden Umweltfragen und -pro-bleme besondere Bedeutung bei.

Langfristiges Ziel dieses Förderansatzesist die Etablierung einer interdisziplinärenund zukunftsorientierten Umweltforschungund die breite Entwicklung von Umwelt-kompetenz bei Hochschulabgängern.

Voraussetzung für eine Förderung durchdie Umweltstiftung ist die Bereitstellung derGrundausstattung des Lehrstuhls durch dieHochschulen sowie die Garantie der An-schlussfinanzierung. Die DBU finanziertnicht nur die Professuren, sondern stellt denLehrstühlen über die fünfjährige Förderungauch Geld für weitere Stellen und Sachmit-tel zur Verfügung. Zurzeit werden elf Stif-tungslehrstühle gefördert:

� Technische Universität BergakademieFreiberg; Umweltmikrobiologie; Prof. Dr.Michael Schlömann

� Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifs-wald; Landschaftsökonomie;Prof. Dr. Ulrich Hampicke

� Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; Betriebliches Umweltmana-gement; Prof. Dr. Hans-Ulrich Zabel

� Bauhaus-Universität Weimar; Grundla-gen des ökologischen Bauens;Prof. Dr.-Ing. Detlef Glücklich

� Private Universität Witten/HerdeckeGmbH; Kompetenzzentrum Nachhalti-ges Wirtschaften einschließlich Stiftungs-lehrstuhl;Prof. Dr. Werner Schulz (kommisarisch)

� Georg-August-Universität Göttingen;Molekulare Holzbiotechnologie;Prof. Dr. Ursula Kües

� Technische Universität Ilmenau;Mikroreaktionstechnik;Prof. Dr. Michael Köhler

� Universität Leipzig; Umwelttechnik inder Wasserwirtschaft/Umweltmanage-ment in kleinen und mittleren Unterneh-men; Prof. Dr.-Ing. Robert Holländer

� Fachhochschule Nürtingen;Umweltinformation und Umweltethik;Prof. Dr. Albrecht Müller

� Universität Osnabrück; Stoffstrommana-gement; Prof. Dr. Claudia Pahl-Wostl

� Chirurgische Univ.-Klinik und PoliklinikWürzburg; Molekulare Onkoimmunolo-gie (noch nicht besetzt)

Ansprechpartnerin:

Dr. Hedda Schlegel-Starmann(0541) 9633 -301

Das Stipendienprogramm der DBUstellt sich vor

� Umweltprobleme zeichnen sich durchhohe Komplexität aus, so dass ihre Lösungein interdisziplinäres Zusammenarbeitender verschiedenen Wissenschaftsbereicheerfordert. Das Stipendienprogramm derDeutschen Bundesstiftung Umwelt richtetsich daher ausdrücklich an qualifizierte Be-werber aller Fachrichtungen und unter-stützt insbesondere interdisziplinär ange-legte Forschungsthemen.

Die Unterstützung und der Aufbaueiner in Umweltfragen kompetenten Wis-senschaftlergeneration ist das Ziel des Sti-pendienprogramms der DBU. Zu diesemZweck vergibt die Umweltstiftung Promo-tions- und Habilitationsstipendien. Geför-dert werden Forschungsarbeiten, die einen

Visionen brauchen Chancen –

Stipendienprogramme der DBU

klaren Bezug zu aktuellen Umweltproble-men haben und die einen Beitrag zur Lö-sung dieser Probleme leisten. Zurzeit för-dert die DBU etwa 150 Stipendiatinnen undStipendiaten. Jährlich können 50 Stipendi-en neu vergeben werden.

Neben der finanziellen Unterstützungwerden die Stipendiatinnen und Stipendia-ten intensiv begleitet und betreut. Dieseideelle Förderung ist ein wichtiger Bestand-teil des Stipendienprogramms.

Das Bewerbungsverfahren

Bewerbungen um ein Promotionssti-pendium bei der Deutschen Bundesstif-tung Umwelt können zweimal im Jahr ein-gereicht werden. Bewerbungstermine sindder 15. Februar und der 15. August einesjeden Jahres. Neben einer Kurz- und Lang-

fassung des Forschungsvorhabens sind wei-tere Bewerbungsunterlagen einzureichen.Die erforderlichen Formulare sind in derGeschäftsstelle der DBU oder im Internetunter http://www.dbu.de erhältlich.

Die eingegangenen Anträge werden ex-ternen Gutachtern zur fachlichen Stellung-nahme vorgelegt. Nach dieser Begutachtungbekommen die aussichtsreichsten Kandida-ten die Möglichkeit, ihr Forschungsthemaeinem Auswahlgremium vorzustellen. Die-ses Gremium setzt sich aus etwa 20 unab-hängigen Wissenschaftlern sowie Vertreternder DBU zusammen. Der Ausschuss tagtzweimal im Jahr und trifft seine Entschei-dungen mit einfacher Stimmenmehrheit.Schon am nächsten Tag kann die Entschei-dung telefonisch erfragt werden.

Wissenschaftler, die sich für ein Habili-tationsstipendium interessieren, sollten zu-nächst eine kurze, aussagekräftige Skizzeihres Forschungsvorhabens und ihren Le-benslauf mit Angaben zum wissenschaftli-chen Werdegang und Veröffentlichungenbei der Geschäftsstelle einreichen. Im Kon-takt mit der Umweltstiftung erhalten dieBewerber weitere Hinweise für eine even-tuell aussichtsreiche Antragstellung.

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DBU-Nachrichten

Das Stipendienprogramm in Zahlen

Im Stipendienprogramm sind bis zum15.02.2001 insgesamt 1025 Anträge ein-gegangen, von denen 419 gefördert werdenkonnten. 132 Forschungsvorhaben befindensich zur Zeit in der laufenden Förderung.246 Vorhaben wurden erfolgreich mit derVorlage eines Endberichts zum Abschlussgebracht.

Das Stipendienprogramm steht allenFachrichtungen offen. Die Naturwissen-schaften stellen mit 45 % den größten An-teil dar. Darüber hinaus zeigt sich jedocheine sehr gute Durchmischung des Stipen-dienprogramms mit Bewerbern aus den ver-schiedensten Fachrichtungen: Das Stipen-dienprogramm bietet auch für die Fachrich-tungen Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwis-senschaften (14 %), Agrar-, Forst- und Er-nährungswissenschaften (14 %) und Inge-nieurwissenschaften (15 %) eine interessan-te Plattform.

erfahrenen Betreuern, steht den Stipendia-ten ständig als Ansprechpartner zur Verfü-gung. Neben der finanziellen ist diese ide-elle Förderung ein wichtiger Bestandteildes Stipendienprogramms. Die Doktoran-den werden in ihren Bestrebungen unter-stützt, die Promotion zügig zum Ende zubringen. Selbst bei experimentellen Arbei-ten soll nach drei Jahren die Promotion ab-geschlossen sein.

Die Stiftung bietet interdisziplinäreSeminare an, auf denen über aktuelleUmweltthemen von führenden Fachleutenreferiert wird. Auf diesen Veranstaltungenstellen die Stipendiaten ihre eigenen For-schungsarbeiten und Ergebnisse vor.

Darüber hinaus will die DBU den früh-zeitigen Kontakt zwischen jungen Wissen-schaftlern unterschiedlicher Nationenfördern. Dazu werden Gemeinschafts-seminare mit Stipendiaten der polnischenNowicki-Stiftung sowie der schwedischenMISTRA-Stiftung angeboten. Jährlich fin-

Abb. 1: Stipendien nach Fachrichtungen.

Betreuung der Stipendiaten –“YOU ARE NOT ALONE!”

Während der Laufzeit des Stipendiumswerden die Stipendiaten durch die DBUbegleitet und betreut. Die Stiftung ist dar-über hinaus daran interessiert ein enges Ver-hältnis zu ihren Stipendiaten aufzubauen,welches auch nach der Promotion bestehenbleibt.

Ein Team sowohl aus jungen Wissen-schaftlern, die sich an die Probleme wäh-rend der Promotion noch gut erinnern kön-nen, als auch aus in der Forschungsszene

det in St. Marienthal in Ostritz die Interna-tionale Sommerakademie statt. Hier habendie Stipendiaten Gelegenheit zu einem in-tensiven Gedankenaustausch mit interna-tional renommierten Experten im Bereichdes Umweltschutzes.

Gegen Ende der Promotion gilt es anden Berufseinstieg zu denken. Auch hierbietet die DBU ihre Hilfe an. Seminare zurBerufsfindung, Trainingsveranstaltungenfür Schlüsselqualifikationen oder auch derdirekte Kontakt zu Firmen und For-schungseinrichtungen – das Angebot an dieStipendiaten wird ständig erweitert.

InternationaleStipendienprogramme

Umweltschutz und Umweltforschungstellen zunehmend internationale Aufgabendar, welche die Zusammenarbeit jungerNachwuchswissenschaftler aus verschiede-nen Ländern erfordern.

Die Initiative zu einem gemeinsamenDeutsch-Polnischen Stipendienprogrammmit einer polnischen Partnerstiftung stammtvom ersten ausländischen Träger des jähr-lich durch die DBU verliehenen, mit einerMillion DM dotierten Deutschen Umwelt-preises, dem polnischen Ökologen Prof.Maciej Nowicki.

Ziel dieses Programms ist es, jährlichetwa 15 jungen hochqualifizierten polni-schen Nachwuchswissenschaftlern die Mög-lichkeit zu bieten, einen sechs- bis zwölf-monatigen Forschungsaufenthalt inDeutschland durchzuführen. An Universitä-ten und Forschungseinrichtungen, aber auchin Industrieunternehmen und Umweltbe-hörden sammeln sie Erfahrungen im ange-wandten Umweltschutz. Auf diese Weisesollen die polnischen Wissenschaftlerinnenund Wissenschaftler nicht nur ihre eigenefachliche Qualifikation verbessern, sondernauch intensive Kontakte zu deutschen Ex-perten im Umweltbereich aufbauen.

Weitere Stipendienprogramme, die ge-meinsam mit den drei Baltischen Staatendurchgeführt werden, befinden sich im Auf-bau. Die ersten Stipendiaten treffen Anfang2002 in Deutschland ein. Auch eine Auswei-tung auf die Tschechische Republik und dasrussische Gebiet Kaliningrad sind vorgese-hen.

Während ihres Aufenthalts nehmen dieStipendiaten an den Seminaren des deut-schen Stipendienprogramms der Stiftungund an weiteren Veranstaltungen, wie derInternationalen Sommerakademie in St.Marienthal und der Verleihung des Deut-schen Umweltpreises, teil. Hierdurch wirdder Wissenstransfer sowie der Auf- und Aus-bau von Kontakten zu den deutschen Sti-pendiaten gefördert. Diese Kontakte kön-nen einen Beitrag zur Lösung der vor unsliegenden grenzüberschreitenden Aufgabenim Bereich des Umweltschutzes leisten.

Ansprechpartner:

Dr. Matthias KleinkeDr. Jan-Peter LayDr. Hedda Schlegel-Starmann

Kontakt:

Sekretariat

Frau Kluin0541 / [email protected]

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DBU-Nachrichten

„Graslöwen TV“

Die Initiative der Deutschen

Bundesstiftung Umwelt in Kooperation

mit dem Kinderkanal von ARD und ZDF

„Graslöwen TV” – Neue Impulse für dasKinder-Umwelt-Fernsehen

� Dem Medium Fernsehen kommt als In-formationsträger und Meinungsbildner inUmweltfragen eine besondere Schlüsselrol-le zu. Gerade auch für Kinder ist das Fern-sehen zu einem wichtigen Mittel geworden,ihre Lebenswelt zu erkunden und ihren Er-fahrungshorizont zu erweitern. Die Deut-sche Bundesstiftung Umwelt hat darauf rea-giert und im Rahmen ihres aktuellen För-derschwerpunktes „Umweltkommunikati-on in Massenmedien für Kinder und Ju-gendliche“ 1999 das Projekt „GraslöwenTV“ initiiert, das die stiftungseigene Toch-tergesellschaft, das Zentrum für Umwelt-kommunikation der Deutschen Bundesstif-tung Umwelt gGmbH (ZUK), federführendrealisiert. Kooperationspartner der DBU istbei diesem Projekt der öffentlich-rechtlicheKinderkanal von ARD und ZDF mit Sitzin Erfurt.

Die Initiative „Graslöwen TV“, die biszum Ende des Jahres 2003 läuft, will dasUmweltfernsehen für Kinder im Grund-schulalter um neue Facetten bereichern:Mit Ideen für Sendungen, die ökologischeThemen im Sinn der Agenda 21 spannendund unterhaltsam vermitteln, sollen Kindervon der bloßen Rezeption über den Ver-gleich mit ihren eigenen Erfahrungen zumaktiven Umwelthandeln motiviert werden.Der „Graslöwe“ steht also für mutige Öko-Helden und fesselnde Umweltabenteuer,nicht für langweilige Lehrfilme.

Der Wettbewerb und seine Preisträger

Im Rahmen eines Ideenwettbewerbs,den das ZUK im Sommer 2000 bundesweitausgeschrieben hat, waren Drehbuchauto-ren, Regisseure, Produzenten, Filmhoch-schüler und Umweltpädagogen aufgerufen,neue und ungewöhnliche Sendekonzeptein Form von Exposés zu entwickeln. DieResonanz war enorm: Rund 170 Einsendernutzten die Chance, einen „Goldenen Gras-löwen” sowie 10.000 DM zu gewinnen, undreichten ihre Konzeptideen beim ZUK ein.

Abb.1: Der „Graslöwe“ mit der grünen wuscheli-gen Mähne ist das Maskottchen der Initiative

Eine interdisziplinär besetzte Expertenju-ry wählte aus dem Ideenpool drei Favori-ten aus, die anschließend der Programm-kommission des Kinderkanals und dem Ku-ratorium der Deutschen BundesstiftungUmwelt zur Bestätigung vorgeschlagenwurden.

Im Mai 2001 war es soweit: Die dreiPreisträger von „Graslöwen TV“ – eine Mu-siktheaterregisseurin aus Bonn, eine Auto-rin und Regisseurin aus Berlin sowie eineHamburger Produktionsfirma und ihr finni-scher Partner – wurden im Rahmen einesFestakts der Öffentlichkeit bekannt ge-macht. Auf Grundlage der prämierten Sen-dekonzepte werden derzeit Drehbücher undanschließend Fernsehproduktionen herge-stellt, die der Kinderkanal voraussichtlich abWinter 2002/2003 in seinem ProgrammKI.KA ausstrahlen wird.

Kommunikation und Bildung

Die Initiative umfasst neben den Kin-derumweltsendungen ein eigens konzipier-tes Kommunikations- und Bildungspro-gramm. Es werden Workshops und Semina-re als Qualifizierungsangebote für Medien-praktiker und Pädagogen zu den Inhaltender Agenda 21 angeboten. Im Rahmen ei-ner Fortbildung werden zum Beispiel Print-und Online-Journalisten aus dem Umwelt-bereich gemeinsam mit Profis Strategien fürdie Vermittlung von ökologischen Themender Agenda 21 mittels Printmedien erarbei-ten.

Ferner sehen die DBU und der Kinder-kanal vor, dass aus den Fernsehsendungenzusammen mit speziell entwickelten Unter-richtsmaterialien Medienpakete für den Ein-satz in Schulen erarbeitet und herausgege-ben werden. Den Auftakt bildet die vomZUK herausgegebene Broschüre „Umweltverstehen - nachhaltig leben“, in der dieunterschiedlichsten Materialien zur Vermitt-lung von Umweltinhalten der Agenda 21 imGrundschulunterricht zusammengestelltsind.

Abb. 2: Stolze Preisträger mit ihren „Goldenen Graslöwen“

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DBU-Nachrichten

Die “Graslöwen-Paten”

Die Initiatoren legen besonderen Wertdarauf, dass die Interessen, Vorlieben undBedürfnisse der Kinder von Projektbeginnan berücksichtigt werden. Aus diesemGrund kooperiert das ZUK seit 1999 mitrund 60 Patenkindern an drei lokalen Grund-schulen. Ziele der Kooperation sind die Er-arbeitung des Interessen- und Wahrneh-mungsstands der Grundschüler zu ökologi-schen Fragen, die Intensivierung umwelt-

bezogener Wissensvermittlung durch kon-krete inhaltliche und gestalterische Aufga-ben sowie die Stärkung der kindlichen Mo-tivation durch eine öffentlichkeitswirksamePräsentation der Arbeitsergebnisse. Von den„Patenschaften“ profitieren deshalb beideSeiten: Die Initiatoren können sich an au-thentischen Kindermeinungen orientieren,für die Schüler und Lehrer hingegen bietetsich die Möglichkeit, ökologische Themenintensiver als sonst im Unterricht zu behan-deln und auch praktisch zu erfahren.

Abb. 3: Der „Graslöwe“ und zwei seiner „Paten“

Das “Graslöwen-Projektteam”der DBU und des ZUK

ProjektleiterThomas Pyhel

Wiss. MitarbeiterClaudia CoersEva-Maria RüdigerMartin Schulte

WettbewerbsbüroKirsten Luther-ModdemannMareike Slomp

Nähere Informationen zur Initiative“Graslöwen TV” sind erhältlich beim:

Zentrum fürUmweltkommunikationder Deutschen BundesstiftungUmwelt gGmbHPostfach 170549007 OsnabrückTel. 0541 / 9633-932Fax 0541 / 9633-990sowie im Internet unterwww.grasloewe.de

Abb. 4: Die Serie „Anima Baltica“ gehört zuprämierten Fernsehideen ���

Impressum

Herausgeber:Dr. Rainer ErbZentrum für Umweltkommunikation der DeutschenBundesstiftung Umwelt gGmbHWachsbleiche 2749090 OsnabrückTel.: (0541) 9633 950Fax: (0541) 9633 990eMail: [email protected]

Dr. Stefanie HeidenDeutsche Bundesstiftung UmweltAn der Bornau 249090 OsnabrückTel.: (0541) 9633 321Fax: (0541) 9633 193eMail: [email protected]

Redaktion:Dr. Christine SchreiberRedaktion BIOspektrumSpektrum Akademischer VerlagSlevogtstraße 3 - 569126 HeidelbergTel.: (06221) 9126 318Fax: (06221) 9126 370eMail: [email protected]:Spektrum Akademischer Verlag GmbHSlevogtstraße 3 - 569126 HeidelbergTel.: (06221) 9126-300Geschäftsführer:Detlef Büttner, Andreas Deutsch

Titelgestaltung und Layoutkonzept:Eta FriedrichPrint- und MedienDesign, Berlin

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Bestelladresse:Antoinette BismarkZentrum für Umweltkommunikation der DeutschenBundesstiftung Umwelt gGmbHWachsbleiche 2749090 Osnabrück

Internet:www.dbu.de