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Sichere Mobilität Sichere Mobilität Sichere Mobilität Sichere Mobilität Sturzprävention im Altenheim und Krankenhaus Sturzprävention im Altenheim und Krankenhaus Sturzprävention im Altenheim und Krankenhaus Sturzprävention im Altenheim und Krankenhaus a D Inhalt: Sichere Mobilität - Sturzprävention im Altenheim und Krankenhaus 3 Prof. Dr. Gerhard Mehrtens Der Sturz – Eine haftungsrechtliche Herausforderung in der Pflege 5 Prof. Dr. Volker Großkopf Sicherheit durch alter(n)sgerechtes Bauen 7 Dipl.-Ing. Insa Lüdtke Sturzunfall aus der Perspektive einer Krankenkasse 9 Manfred Adryan Sturzunfall aus der Perspektive der Unfallversicherungsträger 11 Dr. Manfred Müller Sturzprävention aus pflegewissenschaftlicher Perspektive 13 Prof. Dr. Gabriele Meyer Forum 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement 15 Jörg Kramarczyk Forum2 Gelebter Standard 17 Hartmut Genz Forum 3 Sicherheit vs. Stimulation – Universal Design als Strategie 19 Dipl.-Ing. Insa Lüdtke Bauberatung durch den Präventionsdienst der BGW 21 Dirk Römer Forum 4 Expertenstandard –Praxis Krankenhaus Werner Wiebrecht und Andrea Rottstegge 23 Sturzprävention im Krankenhaus und das neue Präventions- angebot der BGW-qu.int.as 24 Dr. Britta Schmitt Forum 5 Expertenstandard Praxis Altenheim 25 Barbara-Beate Beck Forum 6 Sturzprävention – Ein Projekt der AOK Bremen / Bremerhaven 27 Sigrid Hartman Referenten 29

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Sturzprävention im Altenheim und KrankenhausSturzprävention im Altenheim und KrankenhausSturzprävention im Altenheim und KrankenhausSturzprävention im Altenheim und Krankenhaus

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Inhalt:

Sichere Mobilität - Sturzprävention im Altenheim und Krankenhaus 3 Prof. Dr. Gerhard Mehrtens

Der Sturz – Eine haftungsrechtliche Herausforderung in der Pflege 5 Prof. Dr. Volker Großkopf

Sicherheit durch alter(n)sgerechtes Bauen 7 Dipl.-Ing. Insa Lüdtke

Sturzunfall aus der Perspektive einer Krankenkasse 9 Manfred Adryan

Sturzunfall aus der Perspektive der Unfallversicherungsträger 11 Dr. Manfred Müller

Sturzprävention aus pflegewissenschaftlicher Perspektive 13 Prof. Dr. Gabriele Meyer

Forum 1 Betriebliches Eingliederungsmanagement 15 Jörg Kramarczyk

Forum2 Gelebter Standard 17 Hartmut Genz

Forum 3 Sicherheit vs. Stimulation – Universal Design als Strategie 19 Dipl.-Ing. Insa Lüdtke Bauberatung durch den Präventionsdienst der BGW 21 Dirk Römer

Forum 4 Expertenstandard –Praxis Krankenhaus Werner Wiebrecht und Andrea Rottstegge 23 Sturzprävention im Krankenhaus und das neue Präventions- angebot der BGW-qu.int.as 24 Dr. Britta Schmitt

Forum 5 Expertenstandard Praxis Altenheim 25 Barbara-Beate Beck

Forum 6 Sturzprävention – Ein Projekt der AOK Bremen / Bremerhaven 27 Sigrid Hartman

Referenten 29

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Sichere Mobilität – Sturzprävention im Altenheim und Krankenhaus Prof. Dr. Gerhard Mehrtens Jeder Mensch hat ein Risiko zu stürzen. Beim Sturz gelingt es dem Betroffenen nicht, seinen Körper in Balance zu halten oder ihn bei Verlust des Gleichgewichts wieder in Balance zu bringen bzw. die Sturzfolgen durch eine Abwehrreaktion zu minimieren. Ein Sturz ist in der Regel die Folge einer Ver-kettung von Risikofaktoren aus dem personenbezogenen und dem umgebungsbezogenen Bereich. In Deutschland liegen keine gesicherten epidemiologischen Daten über Sturzunfälle vor, eine systema-tische Erfassung derartiger Ereignisse findet nicht statt. Es steht dennoch außer Zweifel, dass Bewoh-ner in den Alten- und Pflegeheimen sowie die Patienten im Klinikbereich ein besonderes Sturzrisiko haben. Schätzungen zufolge ist davon auszugehen, dass es im Heim- und Klinikbereich jährlich zu ca. 150.000 Stürzen mit behandlungspflichtigen Verletzungen kommt. Durch den „Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege“ ist die Intensität gewachsen, in der sich Heime und Kliniken mit dem Sturzrisiko von Patienten oder Bewohnern auseinandersetzen. Untersuchungen der Bezirksverwaltungen Hamburg und Delmenhorst der BGW zeigen, dass hinge-gen die Sturzunfälle von Beschäftigten in Kliniken und Heimen durch die Pflegedienstleitungen weiter-hin in der Mehrzahl als schicksalhaft oder als Folge mangelnder Aufmerksamkeit wahrgenommen werden. Nur wenige Kliniken und Heimen ziehen die Beschäftigten schlüssig in die Maßnahmen der Sturzprävention ein. Dabei manifestieren sich bei Mitarbeitern die umgebungsbezogene Risikofakto-ren in Form von „Prellungen“ und „Verrenkungen“, die bei einem Patienten oder einem Bewohner mit zusätzlichen personenbezogenen Risikofaktoren in einer ähnlich gelagerten Situation zu einer Fraktur geführt haben könnte. Ca. 20 Prozent der Sturzunfälle von Beschäftigten ereignen sich in den Patien-ten- oder Bewohnerzimmern; sie verursachen gut 30 Prozent der Arbeitsunfähigkeitstage und fast 40 Prozent der Rehabilitations-Kosten. Bei einem Drittel aller Sturzunfälle von Mitarbeitern im Patienten- oder Bewohnerzimmer sind auch Patienten oder Bewohner beteiligt. Diese Zahlen sind ein Grund, ein politisches Signal zu setzen und im Rahmen der BGW Initiative „Aufbruch Pflege“ das Thema Sturzprävention von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Wirksame „Sturzprophylaxe in der Pflege“ erschöpft sich nicht in einer barrierearmen Gestaltung der Lebenswelt, in bodenebenen Duschen und schwellenlosen Zutritten zum Balkon oder Treppenhaus. Wirksame Sturzprophylaxe stellt sicher, dass der Pflegeprozess Risikofaktoren zuverlässig identifiziert und individualisierte Antworten findet. Wirksame Sturzprävention versteht die Beschäftigten als Exper-ten und qualifiziert sie als Berater, die gemeinsam mit den Bewohnern oder Patienten Sturzrisiken bewerten. Wirksame Sturzprävention unterstützt die Beschäftigten, wenn sie als Verantwortliche über Interventionsmaßnahmen aktuell entscheiden müssen und wenn sie nach einem Sturz mit haftungs-rechtlichen Konsequenzen konfrontiert sind. Wirksame Sturzprävention macht auch die sichere Mobi-lität der Beschäftigten, die bei ihrer Tätigkeit in der Pflege selbst einem besonderen Sturzrisiko ausge-setzt sind, zum Gegenstand seiner Bemühungen.

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Der Sturz – Eine haftungsrechtliche Herausforderung für die Pflege Prof. Dr. Volker Großkopf In den zentralen Risikoprozessen der Pflege gewinnt das Thema Sturz deutlich an Raum. Allein durch die Existenz des „Expertenstandards Sturz“ sind vielfältige Aktivitäten in den Einrichtungen zu beobachten. Die fachgerechte Umsetzung des Expertenstandards wird hierbei aber vor allem vor dem Hintergrund der zunehmenden haftungsrechtlichen Problematik für die betroffenen Ein-richtungen immer eindringlicher. Die Problematik einer erfolgreichen Haftungsabwehr und der gleichzeitigen Gewährleistung einer sach- und fachgerechten Pflege ist als eine der wesentlichen Herausforderungen aller Beteiligten anzusehen. Pflegebedürftige Menschen sind umfangreichen Risiken ausgesetzt, deshalb ist u.a. die Pflegequalität untrennbar mit der Vermeidung von Gefahren wie einem Sturz oder Dekubitus bei einem Patienten / Bewohner verbunden. Diese Gefahren sollten frühzeitig erkannt, vorhergesagt, professionell geplant und begegnet werden. „Leitlinien und Expertenstandards zeigen auf, was unter rationalen Gesichtspunkten für die einzelne Pflegekraft zurzeit in der Pflege sinnvoll wäre. Die Verhaltensregelungen haben damit allerdings noch keinen formalen Verpflichtungscharakter. In diesem Zusammenhang ist die deutliche Klagebereitschaft der Betroffenen, der Angehörigen und der Kostenträger hervorzuheben. Das Ziel jeder Einrichtung muss sein, sich mit dem Risiko inhaltlich auseinander zusetzen und ein verstärktes haftungsrechtliches Problembewusstsein zu entwickeln um dieser Klageflut adäquat begegnen zu können. Nun ist es trotz nachhaltig umgesetztem Expertenstandard möglich, dass Bewohner einen Sturz er-leiden. In diesem Fall stellt sich die Frage nach der haftungsrechtlichen Inanspruchnahme der Einrich-tung bzw. der handelnden Person. Bei der Beantwortung dieser Fragestellung helfen häufig die Ge-setze nicht weiter, sondern ausschließlich die Subsumtion einschlägiger Gerichtsentscheidungen. Die-sen Urteilen ist häufig noch keine direkte Auswirkung des „Expertenstandards Sturz“ zu entnehmen, jedoch ist aus juristischer Sicht die Bindungswirkung im Haftungsprozess unübersehbar – ist doch der Sorgfaltsmaßstab einer Pflegefachkraft unweigerlich mit dem Stand der pflegerischen Wissenschaft und Forschung verknüpft. Darüber hinaus spielt die Beweisverteilung im Zivilprozess eine ganz erheb-liche Rolle bei der Frage des Obsiegens oder Unterliegens. Grundsätzlich ist es so, dass der Kläger die anspruchsbegründeten Voraussetzungen zu beweisen hat. Diese für die beklagte Einrichtung äu-ßerst günstige Beweislastverteilung kann sich aufgrund widriger Umstände zu Lasten des Beklagten verändern. Eine Beweiserleichterung zu Gunsten des Klägers kann sich insoweit aufgrund mangelhaf-ter Dokumentation, dem Einsatz nicht hinreichend qualifizierten Personals oder eines groben Fehlver-halten ergeben. Im Falle einer Beweiserleichterung oder gar einer Beweislastumkehr zu Gunsten des Klägers wird häufig der Prozess zu Lasten der beklagten Einrichtung entschieden. Aus diesem Grund ist es eine wichtige Aufgabe des Pflegemanagement, genau diese Umstände durch passgenaue Regelungen entgegenzuwirken. Den Pflegekräften und dem Pflegemanagement fallen in der Gesamtbetrachtung der Thematik jedoch die schwereren Rollen zu: Ihnen obliegt mit der Aufnahme der pflegerischen Versorgung die Antizipation möglicher Risiken und Haftungsfallen, wäh-rend die Juristen im Haftungsprozess retrospektiv den Sachverhalt aus einer komfortableren Situation beurteilen dürfen. Das Haftungsdelta, dem die Pflegekräfte bei der Vornahmen ihrer Entscheidungen ausgesetzt sind, kann auch von den Juristen nicht eindeutig aufgelöst werden.

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Der Entscheidungskorridor zwischen dem Schutz des Bewohners vor körperlicher Unversehrtheit und dem Schutz des Freiheitsrechtes ist zunächst unter anderem von der Vorhersehbarkeit eines Sturzes abhängig. Problematisch ist jedoch in diesem Zusammenhang, dass der Expertenstandard laut heuti-ger Wissenslage kein Instrument zur Einschätzung des Risikos und der Vorhersehbarkeit empfehlen kann. In einem Punkt ist sich die Rechtsprechung derzeitig zumindest einig: Ein Sturz impliziert nicht die Fehlerhaftigkeit des Handelns. © Prof. Dr. Volker Großkopf, Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt Medizin– und Arzthaftungsrecht. Als Dekan an der Katholischen Fachhochschule Köln des Fachbereichs Gesundheitswesen verantwortet er das Lehrgebiet Rechtswissenschaft in div. Studiengängen. Er ist Leiter des Fortbildungsinstitutes “PWG-Seminare“ www.pwg-seminare.de und mehrfacher Buchautor sowie Herausgeber der Fachzeitschrift „Rechtsdepesche für das Gesundheitswesen“ www.rechtsdepesche.de.

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Sicherheit durch alter(n)gerechtes Bauen Dipl.-Ing. Insa Lüdtke Wohnen ein Leben lang Wohnen ist ein lebenslanger Prozess. Das Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit ist ihm in jeder Lebensphase immanent. Ein Leben lang prägen alltägliche Gewohnheiten und Rituale unseren Tagesablauf, sie geben uns ein Gefühl von Vertrautheit und damit Sicherheit. Unsere Gewohnheiten und damit unser Wohnverhalten prägen etwa Tätigkeiten wie schlafen, baden, essen. Je nach Le-bensstil und -phase verschieben sich lediglich die Prioritäten. Eine Familie braucht mehrere Zimmer, ein Single bevorzugt einen großen Wohnraum mit Schlafnische. Gerade bei älteren Menschen je-doch steigt die Bedeutung der Wohnung (ob ambulant oder stationär – Heim oder Krankenhaus) und die des näheren Umfeldes, ein Senior verbringt hier mehr als 80 Prozent seiner Zeit. Parallel zur Tatsache der alternden Gesellschaft steigt derzeit auch das Bewusstsein für eine das Le-ben erleichternde Gestaltung und so auch das allgemeine Komfortniveau. In Zukunft werden nicht nur ältere Menschen, sondern auch Familien, etwa bei Mitnahme eines Kinderwagens, von einer barrie-rearmen Gestaltung etwa von Bussen und Bahnen und im allgemeinen der Umwelt profitieren. Die bodenebene Dusche, der schwellenlose Zutritt ins Treppenhaus und auf den Balkon werden zum Standard – nicht nur im Neubau stationären Einrichtungen, auch im Wohnungsbau und als Anpas-sungsmaßnahme im Bestand. Universal Design als Strategie Entstanden in den 1970er Jahren in den USA, ist „Universal Design“ eine ganzheitliche Strategie, an Gestaltungskonzepte heranzugehen. Der Begriff „Design“ lässt zwar sowohl eine spezielle und wo-möglich sogar formale Vorgabe der Formgebung vermuten, als auch eine „universale“ Gestaltung bzw. Vereinheitlichung. Weder das eine noch das andere ist gemeint. „Universal Design“ hat viele Gesichter und zeitigt vielmehr eine sublime Herangehensweise an einen Entwurf, vergleichbar mit der Grammatik einer Sprache: Durch die Übereinkunft der Regeln können selbst völlig fremde Menschen miteinander kommunizieren. Der Inhalt und die Wortwahl ihrer Konversation jedoch bleiben ihnen überlassen. Es geht dabei also nicht um standardisierte Lösungen. Im Konzept des „Universal Designs“ wird das Leben als Kontinuum aufgefasst, bei dem alle Lebensphasen fließend ineinander übergehen. Die fle-xible und vielseitige Nutzung des Wohnumfeldes (z. B. terrassierte Platzgestaltung zum Sitzen für Ältere und zum Spielen für Kinder) und von Alltagsgegenständen (z.B. Handtuchhalter im Bad, der gleichzeitig Haltegriff für ältere Menschen ist) ist eines der wesentlichen Grundprinzipien. Bewusst wird bei der Gesamtkonzeption eines Wohnquartiers auf besondere Anpassungen für „spezielle“ Gruppen (z. B. Menschen mit Behinderungen oder Kinder) verzichtet, um eine Ausgrenzung und Stigmatisierung zu verhindern und vielfältige Wahlmöglichkeiten und Individualitäten zuzulassen. Die selbstbestimmte Lebensführung eines Menschen steht beim „Universal Design“ im Vordergrund, unabhängig von Alter, Bildungs- und Wohlstand. Es propagiert eine Formgebung von Alltagsgegens-tänden und der Umwelt, die für jedermann nutzbar ist, und zwar im Kleinen (wie bei der griffigen Türklinke) bis hin zum Großen, etwa öffentlichen Gebäuden, Verkehrsbauten und dem Stadtraum.

Auch wenn im Kleinkindalter oder später bei Menschen mit Demenz die intellektuellen Fähigkeiten noch nicht so gut bzw. nicht mehr ausgeprägt sind, sollten die Grundbedürfnisse wie Sicherheit und Orientierung, Intimität und Gemeinschaft sinnlich erfahrbar sein: zum Beispiel über einen einprägsamen und stets wiederkehrenden Materialkanon, über den Einsatz von differenzierten Lichtstimmungen und die Betonung von Eingangssituationen.

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Diese Herangehensweise etabliert einen hohen Qualitätsanspruch an Materialien, Design und Kom-fort und integriert die Gegenstände (wie etwa Haltegriffe) von vornherein in die Umgebung. Gut gestaltet, vereinen solche Gebäude, Produkte und Umgebungen Funktion, Sicherheit, Komfort und Ästhetik. „Universal Design“ meint auch eine geschickte Anordnung, zum Beispiel im Sinne des „Arbeitsdrei-ecks“ in der Küche (s. u. im Abschnitt Sicherheit und Komfort in der Küche) oder im Bad bei den Sani-tärobjekten. Auch die Unterfahrbarkeit des Arbeitsplatzes in der Küche oder des Waschtisches im Bad durch einen Rollstuhl, ein heruntergezogener Spiegel oder die von drei Seiten erreichbare Ba-dewanne (Platz für Betreuer) gehören dazu. Ein multifunktionales Objekt wie beispielsweise der „Va-rio Grip“ dient als Handtuchhalter und Ablagemöglichkeit für Accessoires, in zweiter Linie funktioniert er als unterstützendes Produkt, als Haltegriff. Insa Lüdtke Die Autorin (Jg. 1972), Dipl.-Ing. (Architektur) und freie Journalistin im Bereich ‚Architektur und Ge-sundheit‘ lebt und arbeitet in Berlin. Seit 2002 Öffentlichkeitsarbeit feddersenarchitekten; 2002 Initiatorin und Mitglied eines Netzwerks von Akteuren im Bereich Architektur + Öffentlichkeit; Mitglied im Beirat des Deutschen Architekturmu-seums (DAM) für die Ausstellung „Wohnen in Zukunft“ (2008). Derzeit – gemeinsam mit Eckhard Feddersen - Aufbau der Beratungsgesellschaft feddersenconcept mit dem Schwerpunkt ‚Wohnen im Wandel‘.

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Sturzunfall aus der Perspektive einer Krankenkasse Manfred Adryan Der Fokus wird hier besonders auf die Heimbewohner gerichtet, da es sich hierbei um einen über-schaubaren Personenkreis handelt. Des Weiteren geht es um die „teueren“ Stürze, nämlich um die, die mit einem Oberschenkelhals-bruch enden. 5 von 100 Heimbewohnern sind davon jährlich betroffen. Für eine Krankenkasse können dadurch pro Fall Kosten von ca. 8.000,00 EUR bis zu 15.000,00 EUR entstehen. Die Kosten teilen sich wie folgt auf:

- Krankenhauskosten abhängig von der DRG zwischen 6.378,00 EUR bis 10.822,00 EUR, - ambulante bzw. stationäre Reha-Maßnahmen in Höhe von 2.000,00 EUR

bis zu 4.000,00 EUR, - Fahrkosten, je nach benutztem Transportmittel, in unterschiedlicher Höhe

(Rettungswagen, NAW, KTW oder Taxi), - Hilfsmittel und Heilmittel.

Pflegekasse und Sozialhilfe können ebenfalls tangiert sein, wenn z. B. durch die Fraktur die Pflege-bedürftigkeit zunimmt und dadurch eine Erhöhung der Pflegestufe notwendig wird. Natürlich ist auch das Heim betroffen. Durch einen vermehrten Arbeitsaufwand für die Mitarbeiter aufgrund eines höheren Betreuungsaufwandes und mehr Bürokratie (Unfallfragebogen, Haftungsfra-gen). Und nicht zuletzt der Heimbewohner, der durch das Unfallereignis nicht nur an Lebensqualität verliert, er muss auch in vielen Fällen finanzielle Belastungen verkraften. Es wird dargestellt werden, warum Beteiligte/Betroffene so ungern in die Verhinderung eines Scha-denfalles investieren und Krankenkassen bei Verhinderung eines Oberschenkelhalsbruches nicht au-tomatisch die oben aufgeführten Kosten einsparen. Des Weiteren wird von den Ergebnissen eines Modellversuches „Vermeidung von Oberschenkelhals-frakturen in Pflegeheimen“ berichtet. Hier wurden in verschiedenen Pflegeheimen, die auch zur Sturz-prävention beitragen, gezielt Hüftprotektoren eingesetzt. Aufsetzend auf diesen Modellversuch wird nun die AOK Bremen/Bremerhaven ab 2008 das Projekt „Sturzprävention – aktiv bleiben im Pflegeheim“ mit Pflegeheimen im Lande Bremen starten. Das neue Projekt beinhaltet u. a. folgende Module:

- Qualifizierung des Pflegepersonals, - Kraft- und Balancetraining (inkl. Therapeutenschulung), - Sturzdokumentation, Auswertung und Beratung

Weitere Inhalte und Details sind dem entsprechenden Forum zu entnehmen.

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Sturzunfall aus der Perspektive eines Unfallversicherungsträgers Dr. Manfred Müller Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) ist ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Zum Kreis der versicherten Personen kraft Gesetzes gehören auch die, die auf Kosten einer Kranken-kasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer landwirtschaftlichen Alters-kasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leis-tungen zur Rehabilitation erhalten (§2 Abs. 1 Nr. 15a SGB VII).

2006 bis 15.10.2007 anerkannte und entschädigte

Versicherungsfälle 295127 234503

davon Rehabilitanden 39017 (= 13,2 %) 30088 (= 12,8 %) Fraktur des Femurs 1050 (= 2,7 %) 818 (= 2,7 %)

durchschnittliche Kosten pro Femurfraktur

5800 €

Interventionsprogramme zur Sturz- und Frakturprophylaxe tragen dem Umstand Rechnung, dass ein Sturz ein multifaktorelles Geschehen ist. In der Regel handelt es sich bei den Programmen um Kombi-nationen individualisierter Einzelinterventionen, deren Wirksamkeit für sich allein teils gut belegt ist (z. B. der Einsatz von Hüftprotektoren). Nach dem derzeitigen Stand der Forschung scheint der Beweis für die Wirksamkeit von Hüftprotekto-ren bei Alten- und Pflegeheimbewohnern erbracht. Weniger gut untersucht sind Sturzfrequenz und -folgen sowie Präventionsmöglichkeiten bei Alterspatienten, die aufgrund von akuten Erkrankungen einer akut geriatrischen Behandlung bedürfen. Die VBG unterstützt eine Studie zur Wirksamkeit von Hüftprotektoren auf die Inzidenz hüftnaher Frak-turen bei sturzgefährdeten Patienten in der Akutgeriatrie. Die Studie wird durchgeführt im Prosper-Hospital Recklinghausen und im Knappschafts-Krankenhaus Essen und beinhaltet die Entwicklung und Evaluation von Maßnahmen zur Verbesserung des Trageverhaltens von Hüftprotektoren. Die Ergebnis-se der Studie sollen im I. Quartal 2009 veröffentlicht werden. Während des stationären Aufenthaltes stürzten (Stand 10/2007) insgesamt 251 Patienten. Als Sturz-folge konnten 9 Schenkelhalsfrakturen dokumentiert werden. Die Schenkelhalsfrakturen traten aus-schließlich in der Kontrollgruppe, also bei den Patienten die keine Hüftprotektoren trugen, auf. Beiden Patienten, die einen Hüftprotektor während ihres Sturzes trugen, war aufgrund des Sturzmechanismus anzunehmen, dass in weiteren 6 Fällen eine potentielle Schenkelhalsfraktur durch das Tragen des Protektors verhindert werden konnte. Von den sturzgefährdeten Patienten, denen eine Versorgung mit einem Hüftprotektor angeboten wur-de, akzeptierten ca. 80 % eine Versorgung während des gesamten stationären Aufenthaltes tags und nachts, davon 60 % wollen den Hüftprotektor auch nach der Entlassung aus der stationären Behand-lung tragen. Zusammenfassend lässt sich z. Z. feststellen, dass akut erkrankte Alterspatienten während eines stati-onären Aufenthaltes in einem Akutkrankenhaus mit hoher Wahrscheinlichkeit stürzen und dass in etwa 3 % aller Stürze mit einer Schenkelhalsfraktur zu rechnen ist. Die Akzeptanz der zur Verfügung gestell-ten Hüftprotektoren war mit etwa 80 % hoch und führt allem Anschein nach zu einerdeutlichen Redu-zierung der Frakturinzidenz.

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Zum sicheren Nachweis der Wirksamkeit von Hüftprotektoren auf die Inzidenz von Schenkelhalsfrak-turen bei akut erkrankten Alterspatienten in der Akutgeriatrie reicht das z. Z. erfasste Patientenkollektiv (verum und Kontrollgruppe) noch nicht aus.

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Sturzprävention aus pflegewissenschaftlicher Perspektive Prof. Dr. Gabriele Meyer Sturzprävention im höheren Lebensalter ist in den letzten Jahren international zu einem viel beforschten und breit diskutierten Thema geworden. Eine kaum zu überschauende Fülle von experimentellen Stu-dien liegt vor. Zwar gibt es in Deutschland im Unterschied zu anderen Ländern bisher kein nationales Sturzpräventionsprogramm, doch werden vielerorts durch diverse Träger Programme umgesetzt. Ne-ben den Modellprojekten wird die Implementierung des Expertenstandards Sturzprophylaxe in der Pflege des Deutschen Netzwerkes für Qualitätsentwicklung vorangetrieben.

Bei allem Enthusiasmus für die Sturzprävention drängt sich die Frage auf nach der Verhältnismäßigkeit und der wissenschaftlichen Fundierung der z. T. umfangreichen und kostenintensiven Programme. In welchem Pflegesetting kann mit Aussicht auf Erfolg ein sturzpräventives Programm implementiert wer-den? Welche Programme sind wirksam und sicher? Derzeit dominiert die Praxis, sturzpräventive Pro-gramme oder den Expertenstandard ohne Bereitstellung zusätzlicher Mittel in die bestehenden Pflege-strukturen einzuführen und eine Verbesserung der Patienten-/Bewohner-relevanten Ergebnisse als selbstverständlich anzunehmen. Mehrere internationale Studien legen jedoch nahe, dass dieses ein Trugschluss ist. Bewohner oder Patienten können sogar Schaden erleiden, da sie mehr stürzen und sich mehr verletzen, wenn Programme niederschwellig eingeführt werden.

Die präventive Medizin und Gesundheitsversorgung vereine alle drei Elemente der Arroganz, so re-sümiert David Sackett, die Galionsfigur der Evidenz-basierten Medizin. Aggressiv bestimmend sei sie, anmaßend und vereinnahmend. Der Wert der Prävention würde kaum in Frage gestellt. Genau hier muss jedoch eine kritisch verstandene Pflegewissenschaft ansetzen. Zur Entlastung der Pflegepraxis gilt es, proklamierte Konzepte kritisch zu würdigen und die Programme auf Wirksamkeit, Sicherheit, Nutzen und fehlendem Nutzen zu prüfen. Ziel muss es sein, den Kolleginnen und Kollegen aus der Pflegepraxis Argumente zu liefen, um sich von wenig Erfolg versprechenden Ansätzen getrost verab-schieden und sich für aussichtsreiche entscheiden zu können.

Der Beitrag zur Tagung versucht die kritische Würdigung sturzpräventiver Konzepte aus klinisch-pflegewissenschaftlicher Perspektive zu skizzieren

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(Betriebliches) Eingliederungsmanagement (BEM) Jörg Kramarczyk BEM ist Pflicht für alle Arbeitgeber § 84 Abs. 2 SGB IX verpflichtet Arbeitgeber, ein betriebliches Eingliederungsmanagement zu betrei-ben. Die Vorschrift bezieht sich nicht nur auf schwerbehinderte Menschen, sondern auf jeden Be-schäftigten, der innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen arbeitsunfähig erkrankt. Die Vorschrift hat individualpräventiven Charakter und soll eine aktive Auseinandersetzung aller beteiligten Kräfte im Unternehmen mit bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen zur Überwindung und Vermeidung erneuter Arbeitsunfähigkeit sicherstellen. Auswirkungen auf die Beiträge in der Sozialversicherung Nach § 84 Abs. 4 SGB VII können Prämien/Bonieus für BEM-Einführung bewilligt werden. Spezial-vorschrift für die gesetzliche Unfallversicherung ist § 162 Abs. 2 SGB VII. Die BGW ist kompetent in der Rehabilitationssteuerung Durch den in der deutschen Sozialversicherung einzigartigen Auftrag zur medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation ihrer Versicherten haben die Beschäftigten der gesetzlichen Unfallversi-cherung ein spezielles Know-how entwickelt. Dem „Reha-Management“ der gesetzlichen UV liegt ein umfassendes Verständnis zugrunde, welches sich nicht auf Teilbereiche beschränkt. Optimale Rehabi-litation orientiert sich auch an nahtlosen Rehabilitationsverläufen mit dem Blickwinkel einer umfassen-den, deckungsgleichen medizinisch/beruflich/sozialen Rehabilitation. Erfahrungen im BEM liegen bei der BGW vor In einem durch die Initiative „job – Jobs ohne Barrieren“ geförderten Projekt zum betrieblichen Ein-gliederungsmanagement hat sich die BGW insbesondere mit der Gestaltung der Aufgaben und Rol-len betrieblicher und überbetrieblicher Akteure auseinandergesetzt und Erfahrungen gesammelt. Die BGW kann BEM nicht „flächendeckend“ leisten Wir bieten jedoch Unterstützung bei der Implementierung des BEM an. (Kontakt: [email protected]).

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Gelebter Standard Hartmut Genz Standards als Anlass zur Organisationsentwicklung - al.i.d.a ® Einen Expertenstandard in die eigene Einrichtung zu übernehmen bedeutet, einen Prozess der Orga-nisationsentwicklung anzustoßen. Denn es handelt sich um eine geplante und zielgerichtete Verände-rung, die notwendig die Beteiligung der Mitarbeitenden braucht. al.i.d.a ist ein Programm der BGW, Einrichtungen der stationären Pflege bei ihrer Organisationsent-wicklung zu unterstützen. Es zielt auf die Schaffung menschengerechter Arbeit, auch und indem der Bezug der Beschäftigten zu den betreuten alten Menschen gestärkt wird. Der Beitrag skizziert das umfangreiche Programm al.i.d.a und gibt Einblicke in praktische Verände-rungen. Eine detaillierte Beschreibung liefert die Broschüre „Aufbruch Pflege – moderne Prävention für Altenpflegekräfte“ (TS-AP-11). "Arbeitslogistik in der Altenpflege" (al.i.d.a) heißt, die Arbeitsabläufe in der Pflege gezielt zu untersu-chen und Potenziale aufzuzeigen, diese zu verbessern. Erreicht wird dies durch eine Optimierung von Einsatzzeiten des Personals. al.i.d.a ist ein Beratungskonzept, das die auftretenden Belastungen (Arbeitsspitzen) im Pflegealltag aufzeigt und angeht. Ziel ist, die anfallende Arbeit gleichmäßig über den Arbeitsalltag zu verteilen, und so Über- und Unterforderungssituationen vorzubeugen. Das bedeu-tet eine Abkehr vom traditionellen Schichtmodell mit starren Vorgaben der Pflegeabläufe, die weder Bewohner- noch Mitarbeiterinteressen ausreichend berücksichtigt. Die Arbeitssituation der Beschäftigten wird spürbar verbessert, körperliche Belastungen können eben-so verringert werden wie Stress, Hektik und Zeitdruck. In bisherigen Projekten konnte al.i.d.a nach-weisen, dass durch die eingeleiteten Maßnahmen erhebliche (Zeit-) Ressourcen gewonnen werden. Diese kamen den Beschäftigten zugute und haben die Arbeitszufriedenheit deutlich gesteigert. Auch haben sich Information und Kommunikation in den Einrichtungen deutlich verbessert. Den Beschäftig-ten bleibt spürbar mehr Zeit für die Betreuung der Bewohner. Das Konzept Jeweils fünf Einrichtungen aus einer Region werden gemeinsam in Form einer "gepoolten" Beratung von einem externen Unternehmensberater begleitet. Über 18 Monate verteilt finden sechs zweitägi-ge Workshops statt. Gezielte Beratungen vor Ort unterstützen die beteiligten Einrichtungen, die jewei-ligen Projektziele auf ihre Bedingungen anzupassen und die notwendigen Schritte durchzuführen. Nachfolgend eine Auswahl an Modulen und Beratungsthemen des Konzepts:

• Qualifizierung der Projektverantwortlichen: Moderationstraining plus Projektmanagementschu-lung

• Ist-Analyse: Mitarbeiterbefragung, Zeitleistungsanalyse, Interview zur Strukturqualität • Workshopthemen wie zum Beispiel Personalreorganisation und Dienstplangestaltung, Opti-

mierung der Schnittstellen, Reorganisation in der Einrichtung Das Beratungskonzept richtet sich an Einrichtungen der stationären Altenpflege mit mindestens 50 Beschäftigten. Neben spezifischen Eignungskriterien, die über einen Fragebogen erfasst werden, muss in der Einrichtung die Bereitschaft für die zeitanteilige Freistellung der Projektleitung gewährleis-tet sein.

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Sicherheit vs. Stimulation – Universal Design als Strategie Dipl.-Ing. Insa Lüdtke Lebensentwurf statt Lebensalter Lebensläufe lassen sich schon heute nicht mehr wie noch vor vierzig Jahren schematisch und linear erfassen. In Zukunft werden viele Menschen dank eines längeren und vitaleren (Berufs-) Lebens ihre Biographie immer individueller gestalten können und müssen. Diese Entwicklung erfordert passende Wohnangebote. Die Küche und das Bad werden dabei immer mehr die Bedeutung von Identitätsstif-tern und Imageträgern des eigenen Zuhauses bekommen. Hier verbinden sich die eigenen Ansprüche an Sicherheit, Komfort und Qualität mit dem Prestigegedanken, den eine Wohnung als Visitenkarte der eigenen Persönlichkeit erfüllen. muss. Ähnlich wie Hotels, orientieren sich auch Krankenhaus-betreiber immer mehr an einer Corporate Identity und einem dazu korrespondierenden Ausstattungs- und Sicherheits-) Standard. Die Wohnküche als Lebensraum für Menschen mit Demenz Gerade Menschen mit Demenz können von einer Wohnküche als Aufenthaltsraum profitieren, hier werden gemeinschaftsfördernde Aufgaben verrichtet, aber auch der wohnliche Aspekt zählt. Im Zuge der Alterung der Gesellschaft entstehen für die wachsenden Zahl von Menschen mit Demenz (derzeit 1,2 Millionen, 2030 geschätzt 2,5 Millionen) neben stationären zunehmend ambulante Wohnge-meinschaften. Beide Wohnformen legen das Konzept der „Hausgemeinschaft“ zu Grunde: Acht bis zwölf Bewohner verbringen den Tag, betreut von einer Pflegekraft, in einer offenen Wohnküche.

Wenn das Gedächtnis nachlässt, können gerade vertraute Gewohnheiten wie Kartoffelschä-len oder Bügeln dem Menschen Halt geben. Biographische Erfahrungen und persönliche Rituale be-dürfen eines architektonischen Ausdrucks. Wie in der privaten Küche gelten auch hier alle Anforde-rungen an Sicherheit und Komfort. Eine offene Theke kann multifunktional genutzt werden: als Ar-beitsplatte, Herd, Esstresen, Bar und Treffpunkt sowie als Pflegestützpunkt. Um den Funktionsraum Küche herum sollte eine Bandbreite von unterschiedlichen Angeboten die Be-wohner zum Verweilen animieren: Geborgenheit in der Gruppe wie auch Rückzug in Nischen. Ide-alerweise gruppieren sich um die offene Küche angrenzende Wohnzonen – wie der Essbereich, eine Clubecke und Bibliothek – um einen festen Kern, in dem sich etwa das Bad befindet. Schiebewände können bei Bedarf die Raumzonen in einzelne „Zimmer“ abschirmen.

Basierend auf der Hausgemeinschaft, bietet das Kompetenzzentrum Demenz in Nürnberg zielgruppenspezifische Wohnbereiche mit darauf abgestimmten, markant gestalteten Wohnküchen, die die Orientierung erleichtern sollen. Im Typ „Patio“ lässt ein verglaster Innenhof viel Tageslicht ins Innere, helle Farbtöne unterstützen den offenen Charakter. Dagegen bietet ein eingestellter fester Kern im benachbarten Haus „Janus“ Geborgenheit, die Küchenzeile passt sich in ihrer dunklen Farbigkeit ein. Die Eckbank im dritten Haus „Bauernstube“ soll an den ländlichen Raum erinnern. Tagsüber kann der Bewohner durch die verbundenen Häuser wandeln und je nach Belieben verweilen. Sinnlichkeit und Körperlichkeit im (Patienten-) Bad Wie die Küche ist auch das Bad Sinnbild für Selbstbestimmung und Autonomie. Es ist der Raum für die täglichen Rituale der Morgentoilette, des Waschens oder Badens. Im Bad vollzieht sich – innen wie außen – ein Prozess vom Unreinen zur Reinheit und steigert damit auch den Selbstwert des Men-schen. Dies ist besonders wichtig bei älteren Menschen, da sie mit dem Verfall ihres Körpers konfron-tiert werden. Inzwischen haben die Badezimmerausstatter den allgemeinen (Medical-) Wellness-Trend erkannt und bieten Produkte für das heimische Bad an, die weit über „Hygiene- und Hilfsmittel“ hi-nausgehen und stattdessen das Bad als Wohlfühl-Oase und heimischen SPA anpreisen.

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Trotz Alter und/oder Behinderung bleibt das Bad ein wichtiger Bestandteil der eigenen Wohnung. Bis auf (wenn möglich) breitere Türen, einen barrierefreien Duschplatz und (wenn erforderlich, nach-träglich montierbare) Haltegriffe an den Wänden sollte das Bad so viel wie möglich „Normalität“ ausstrahlen. Eine bodenebene Dusche mit einer Aufbauhöhe zwischen 9 und 12 Zentimetern bei einem Prozent Gefälle verbindet den erhöhten Komfort für alle Nutzer mit dem DIN-Anspruch an die Rollstuhleignung und wird vermutlich schon bald zur Standardausstattung von Neubau- und auch Bestandswohnungen zählen. Bedenkenswert bei der Installation sind die Bauwerksverträglichkeit, die Bauwerksabdichtung etwa durch Flüssigfolien direkt unter den Fliesen- oder Plattenbelägen, der Schallschutz und die Mini-mierung von Unfällen durch rutschfeste Materialien und Spezialarmaturen, die beispielsweise Verbrü-hungen mit zu heißem Wasser verhindern können. Für alle Eventualitäten offen zeigt sich das „Vorbau-Konzept“ im KWA Stift im Hohenzollernpark in Berlin. Hier kann der Bewohner die Eckbadewanne, wenn er sie nicht mehr nutzen kann, im Keller einlagern lassen: der Hausmeister muss dazu nur den Acrylstreifen entfernen. Innerhalb von wenigen Minuten entsteht so ein barrierefreier Duschplatz. Der Fußboden ist von vornherein durchgefliest, die Armaturen sind bereits in der erforderlichen Höhe angebracht. Neben dem klassischen Badausbau können auch vorgefertigte Badzellen verwendet werden. Sie haben für den Bauherrn den Vorteil, dass er sich das Musterbad mit allen Details im Voraus anschau-en und sich so einen genauen „Vor-Ort-Eindruck“ verschaffen kann. Mit dem Einbau der Zellen kann man durch die Verkürzung der Bauzeit zudem Kosten sparen. Bei Bestandswohnungen kann eventuell auch eine Badvergrößerung oder sogar die komplette Verle-gung des Bades in Erwägung gezogen werden. Solch eine Maßnahme ist abhängig von der Lage der Installationsstränge und der Grundrissstruktur eines Gebäudes. Kleinere und sogar reversible Maßnahmen können kurzfristig und unabhängig von der Gesamtheit der Wohnanlage in Absprache mit dem Mieter vorgenommen werden. Allerdings bedarf es etwa beim Einbau eines Haltegriffs der statischen Prüfung. Atmosphäre – Licht und Farbe Neben der Funktionalität ist bei der Badgestaltung das Ambiente zunehmend wichtig – gerade bez. der Sicherheit. Der Einsatz von Licht und Farbe kann diese Stimmung weiter unterstützen. Helle Leuchtmittel sind ein Muss. Durch die gezielte Anordnung von Leuchten etwa über oder seitlich neben dem Spiegel entsteht eine warme Anmutung, und diese Lichtstimmung kann die Deckenbeleuchtung ergänzen. Auch über der Duschkabine gibt eine Leuchte dem Bewohner ein sichereres Gefühl. Über der Badewanne sollten indirekte Leuchten vor Blendung schützen. Lichtvouten in einer abgehängten Decke etwa bieten einen schönen Effekt und sind eine preiswerte Lösung. Wohlfühloase Badehaus Nicht nur das private Bad wird wohnlicher, auch für die Nachbarschaft innerhalb eines Quartiers kann ein gemeinsames „Badehaus“ mit einer Sauna, Kneipp-Becken sowie einer „Pflegebadewanne“ für pflegebedürftige Bewohner zur generationsübergreifenden Attraktion werden. Neben dem Wohl-befinden und dem positiven Erleben der eigenen Körperlichkeit steht hier besonders das Gemein-schaftserlebnis im Mittelpunkt.

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Bau-Beratung durch den Präventionsdienst der BGW Dirk Römer Das Beratungsangebot In Fragen der Planung, der Errichtung und des Betreibens einer baulichen Einrichtung können die Präventionsmitarbeiter der BGW ihren Rat beisteuern. Dies geschieht grundsätzlich zunächst nur auf Anforderung aus dem Unternehmen, da Automatismen, z. B. bei der Bauantragsstellung, weitgehend eingestellt wurden. Die Beratungszielrichtung ist weitgehend auf den Auftrag, den Arbeits- und Gesundheitsschutz gerich-tet. Die Aufsichtspersonen sind dabei in der Lage, die typischen Anforderungen an Arbeitsstätten zu erklären und in den vorhandenen Kontext mit Beispielen zur guten Praxis einzubetten. Bei speziellen Fragestellungen können wir auf einen Pool von Mitarbeitern zurückgreifen, die je nach Fachgebiet, die anstehenden Fragen auch abschließend klären können. Dies dient auch der Pla-nungssicherheit. Das Gebäude Die Art der Böden und Treppen ist ebenso wichtig, wie die Frage der Unterhaltung sowie der Rand-bedingungen, wie Licht oder Nutzung. Stolperstellen, die Ebenheit des Bodens sowie die Wahl der Rutschhemmung sind den Anforderungen an den Menschen anzupassen. Schwierig wird dies, wenn Gestaltungsaspekte den eigentlichen Funktionsanforderungen übergeordnet werden. Hier wird die Unterhaltung der Flächen wesentliches Element der notwendigen Sicherheitsüberlegungen. Beispiel-haft ist die mittels Laser gerauhte Natursteinoberfläche gepflegt mit dem falschen Reinigungsmittel ebenso glatt, wie die polierte Oberfläche. Aspekte, die bei der Planung zu berücksichtigen sind. Gestaltungsprinzipien sind den Leistungsmöglichkeiten der Bewohner anzupassen. Dies betrifft neben den Eigenschaften der Böden ebenfalls Höhenaspekte, verstärkte Anforderungen an die Ebenheit, Abmessungen von Treppen sowie die Fragen der Beleuchtung. Die Unterordnung der Gestaltung unter die Funktionsprinzipien ist nicht notwendig, wenn es geschafft wird, Gestaltung und Funktion miteinander zu verbinden. Dies kann nicht immer gelingen, der Gestaltungsprozess darf aber nicht mit der kompletten Unterordnung des einen oder des anderen Zieles enden. Die Zielvorstellungen des Gesetzgebers und Ihrer Berufsgenossenschaft sind in unterschiedlicher Wei-se aufbereitet und in verschiedenen Ebenen verankert. Neben der ArbStättV gibt es im untergesetzli-chen Regelungswerk Hilfen, die Bandbreite möglicher Lösungen auszuloten. Durch die fortschreitende Linearisierung des Arbeitsschutzrechtes gibt es einige Neuerungen, die bei Um- oder Neubau zu beachten sind.

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Expertenstandard – Praxis Altenheim Werner Wiebrecht und Andrea Rottstegge 1. Die Christophorus Kliniken stellen sich vor 2. Praktische Vorgehensweise bei der Einführung des Expertenstandards „Sturz“. 3. Vorstellung von Formblättern 4. Inzidenzrate von Stürzen aus dem Jahre 2005 – 2007 5. Probleme bei der Umsetzung 6. Zukunft 7. Mitarbeiterstürze Auswertung des Fragebogens in Zusammenarbeit mit der BGW. 8. Vorstellung des Qu.int.as Systems = Qualitätsmanagement mit integriertem Arbeitsschutz.

Sturzprävention im Krankenhaus und das neue Präventionsangebot der BGW Qu.int.as

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Sturzprävention im Krankenhaus und das neue Präventionsangebot BGW - qu.int.as Dr. Britta Schmitt Die Management-Anforderungen der BGW zum Arbeitsschutz (kurz: MAAS-BGW) formulieren in unterschiedlichen Versionen die Essentials für das Arbeitsschutz-Management im Rahmen von einrich-tungsinternen Qualitätsmanagement-Systemen – etwa nach DIN ISO 9001, KTQ, Diakoniesiegel-Pflege oder EFQM. Wer auf die MAAS-BGW aufbaut, etabliert in seiner Einrichtung nicht nur ein QM-System, sondern ein sogenanntes qu.int.as-System. Die Abkürzung qu.int.as steht für Qualitätsmanagement mit integ-riertem Arbeitsschutz. Mit diesem von der BGW angebotenen Modell werden unterschiedliche An-forderungen – und zwar originäre QM-Anforderungen ebenso wie Anforderungen des Arbeitsschutz-Managements – in ein und dasselbe einrichtungsinterne Management-System integriert. Gerade Krankenhäuser mit Schwerpunkt Geriartrie stehen seit jüngster Zeit zusätzlich vor der Aufga-be, mit dem Expertenstandard Sturzprophylaxe einen neuen „Baustein für Qualität und Nachhaltig-keit“ (Käte Harms) in ihr Qualitätsmanagement zu integrieren. Da die Sturzprophylaxe bei alten Men-schen, die als Patienten ins Krankenhaus kommen, eine nicht unerhebliche Schnittmenge mit der Sturz- und Stolperprävention bei Mitarbeitern des Krankenhauses aufweist, werden die Formblätter und In-strumente, die die Christophorus-Kliniken zur Umsetzung der sechs Ebenen des Expertenstandards entwickelt haben, an korrespondierenden qu.int.as-Routinen gespiegelt. Diese Routinen können für ein systematisches Sturzmanagement sowohl für Patienten, als auch für Mitarbeiter nutzbar gemacht wer-den. Mit qu.int.as lässt sich so eine größere Nachhaltigkeit bei der Umsetzung des Expertenstan-dards Sturzprophylaxe erzielen.

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Expertenstandard – Praxis Altenheim Barbara-Beate Beck Stolpern – Rutschen - Stürzen? Wenn man den Boden unter den Füßen verliert! Über 11.000 Arbeitsunfälle, die der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspfle-ge (BGW) im Jahr 2004 gemeldet wurden, sind auf Stolpern, Rutschen und Stürzen zurückzuführen. Fast immer sind es mehrere Auslöser, die sich zur Stolperfalle verdichten: Zusammen mit Unachtsam-keit können herumliegende Kabel, schlecht verlegte oder defekte Fußbodenbeläge genauso wie nas-se oder glatte Böden zur Unfallgefahr werden. Auch eine mangelhafte Beleuchtung auf Stufen oder an anderen unfallträchtigen Punkten ist ein typischer Verursacher. Unfälle geschehen zudem häufig in Verbindung mit ungeeignetem Schuhwerk. In der Pflege und Betreuung sind von möglichen Sturz und Stolperunfällen Bewohner/innen ebenso betroffen wie Pflegekräfte. Die Analyse von Gefahrstellen und von Verhalten im Betrieb zeigt Unfallursachen auf. Regelungen und Voraussetzungen für die Ver-hütung von Stolper-, Rutsch- und Sturzunfällen lassen sich den entsprechenden Gesetzen und dem BG-Regelwerk entnehmen. Unfallursachen: Wie kommt es zu Stolper- und Sturzunfällen? Die Unfallursachen sind mannigfaltig. Es wird unterschieden zwischen vier Typen von Unfallursachen: - Persönliches Verhalten (Pflegekraft) - Technische Faktoren - Organisatorische Faktoren - Umweltein-flüsse Persönliches Verhalten Das eigene Verhalten ist die Unfallursache Nummer eins. Stress, Hektik, Müdigkeit, Ablenkung, Verantwortungslosigkeit, Unachtsamkeit, Gewohnheit und Bequemlichkeit (z.B. das Liegenlassen von Gegenständen, Arbeitsmitteln, Kabeln), falsche Risikoeinschätzung, das Tragen von ungeeignetem Schuhwerk wider besseres Wissen, Alkohol, Medikamente, Drogen. Die Beseitigung dieser Ursachen liegt in der Hand des einzelnen Mitarbeiters. Technische Faktoren Hier sind als mögliche Unfallursachen zu nennen: mangelhafte Oberflächen, unzureichende Beleuchtung, ungeeignetes Schuhwerk (z.B. nicht rutschhemmend, nicht haltgebend), schlechter Zustand der Ver-kehrswege (z.B. defekter Bodenbelag, zu glatter/zu stumpfer, nasser Boden). Die Fachkraft für Ar-beitssicherheit und der Sicherheitsbeauftragte, aber auch jeder Mitarbeiter, dem etwas auffällt, sind hier gefragt. Für die Beseitigung dieser Unfallursachen ist jedoch der Betrieb bzw. der Unternehmer verantwortlich. Das schließt je nach Arbeitsbereich die Zurverfügungstellung entsprechender persönli-cher Schutzausrüstung mit ein (z.B. Küche, Haustechnik). Die Arbeitsschuhe der Pflegekräfte gelten jedoch nicht als persönliche Schutzausrüstung. Dennoch müssen sie bestimmten Anforderungen ent-sprechen, um Sturz- und Stolperunfällen vorzubeugen und ein sicheres und rückengerechtes Arbeiten zu ermöglichen. Organisatorische Faktoren Mögliche Unfallursachen auf der organisatorischen Ebe-ne sind: Planungsfehler, mangelnde Absprachen, blockierte Verkehrswege, nicht beseitigte Gefah-renquellen, fehlende Ordnung und Sauberkeit. Einiges kann selbst geregelt werden, anderes bedarf gewisser Absprachen oder muss sofort den Vorgesetzten gemeldet werden. Umwelteinflüsse Mögli-che Unfallursachen sind: Regen, Schnee, Glatteis, Wind, Dunkelheit. Umwelteinflüsse lassen sich nicht beseitigen, jedoch sind entsprechende Vorsichtsmaßnahmen auf technischer, organisatorischer und personenbezogener Ebene möglich. Geeignetes Schuhwerk Eine sehr häufige Unfallursache ist das Tragen von ungeeignetem Schuhwerk, welches zu Stolperun-fällen, Umknicken oder Ausrutschen auf nassen Böden führt. Auch beim Bewegen von Bewohnern können durch eine unzureichende Stand- bzw. Trittsicherheit Verletzungen der Pflegekraft wie Bän-derdehnungen, -zerrungen oder Hebetraumata entstehen. In der Folge der eigenen Standunsicherheit der Pflegekraft kann dann auch der Bewohner betroffen sein. Schuhe mit einem zu hohen Absatz

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oder schlechtem seitlichen Halt, können darüber hinaus zu Knie-, Hüftgelenks- und Rückenbeschwer-den führen, da sie Körperhaltung und Körperstatik negativ beeinflussen. Kriterien für einen geeigneten Arbeitsschuh:

- Ein Schuh, der vorne und hinten geschlossen und mit einer festen Fersenkappe versehen ist, garantiert eine hohe Standsicherheit; Drehbewegungen werden dennoch ermöglicht. Die Fer-senkappe schützt sowohl die Ferse, als auch Sehnen, Bänder und Gelenke. Sie gibt dem Fuß durch eine feste Fersenführung seitlichen Halt. Eine Polsterung an der Kappe vermeidet Verlet-zungen an allen gefährdeten und beanspruchten Fußteilen, z. B. an der Achillessehne.

- Die Schuhsohle muss gut profiliert und auch auf nassen Böden und Treppen rutschhemmend sein. Die Auftrittfläche muss möglichst groß sein.

- Die Spannweite des Schuhes muss regulierbar sein, um den Schuh in der Weite an den Fuß anpassen zu können. Der Schuh muss dennoch fest am Fuß sitzen, um ein ,Schwimmen' des Fußes zu vermeiden

- Ein anatomisch geformtes Fußbett stützt das Fußgewölbe und dämpft so Stöße ab. - Ein Dämpfungssystem reduziert die Wirkung von Stößen; so kommt es zu einer Entlastung von

Gelenken und Wirbelsäule. - Ein Absatz von max. zwei Zentimeter Höhe wirkt sich positiv auf die Körperstatik aus. - Das Schuhmaterial sollte wasserabweisend, strapazierfähig und pflegeleicht sein. Atmungsak-

tives Material wie zum Beispiel Leder oder Goretex nimmt die Feuchtigkeit des Fußes auf und transportiert sie nach außen. Unterstützend wirkt hierbei die Verwendung von Socken aus at-mungsaktivem Gewebe (z. B. Microfaser oder Wolle).

Der Unternehmer Der Unternehmer und vom Unternehmer beauftragte Vorgesetzte haben für die sichere Erstellung und Erhaltung der Arbeitsplätze und der Verkehrswege zu sorgen. Sie haben darüber hinaus die Mitarbei-ter/innen bezüglich der Unfallgefahren und der sicheren Verhaltensweise regelmäßig zu unterweisen. Die sichere Verhaltensweise ist jedoch nicht nur zu unterweisen sondern vom jeweiligen Vorgesetzten auch durchzusetzen. Nach dem Arbeitsschutzgesetz hat der Unternehmer oder ein vom Unternehmer Beauftragter eine entsprechende Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen und Maßnahmen zur Beseiti-gung bzw. Minderung der Gefahren umzusetzen und deren Wirksamkeit zu überprüfen. Rechtliche Grundlagen Regelungen und Voraussetzungen für die Verhütung von Stolper-, Rutsch- und Sturzunfällen sind enthal-ten:

- im Arbeitsschutzgesetz - in der BGV A1

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Sturzprävention – Ein Projekt der AOK Bremen / Bremerhaven Sigrid Hartmann Bis ins hohe Alter hinein möglichst fit und von schweren Verletzungen verschont zu bleiben – das ist beileibe keine Frage des Zufalls. Viel Bewegung, gut trainierte Muskeln und eine gesunde Ernährung gehören dazu. Wer seine Kraft und Ausdauer hingegen nie trainiert, der wird schnell schlapp – man fühlt sich schwach. Irgendwann kommt es dann zu einem Sturz – oft mit schlimmen Folgen. Aber auch wenn alles glimpflich ausgeht, setzt sich rasch ein Teufelskreis in Gang: Aus Angst, erneut zu fallen, bewegt man sich immer weniger. So werden die Muskeln schlaff. Auch das Gleichgewichtsgefühl sowie die Reaktionsfähigkeit lassen nach. Doch bedenken Sie: Nur ausreichend Kraft und ein gutes körperliches Balancegefühl können helfen, Stürze zu vermeiden. Da auch im hohen Alter ein Muskelaufbau noch möglich ist, möchten wir im Workshop nicht nur un-ser Projekt „Sturzprävention im Pflegeheim“ vorstellen, sondern auch einige Übungen zeigen / trainie-ren. Außerdem werden wir:

- den Expertenstandard , der in allen Pflegeheimen bekannt sein sollte, besprechen - das Projekt vorstellen - die Mentorenschulung für die Bremer Pflegeheime vorstellen - Vorstellung der Fußmanschetten - Erläuterung des Balance- und Krafttrainings - Finanzierung des Projektes

Sich selbstsicher und mit Vergnügen bewegen zu können, trägt entscheidend zur Lebensqualität im Alter bei. Wir, Ihre AOK Bremen / Bremerhaven, wünschen dabei viel Erfolg.

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Referenten

Prof. Dr. Gerhard Mehrtens BGW Hamburg Hauptverwaltung Pappelallee 35-37 22089 Hamburg Tel.: 040 / 20207 – 0 [email protected] www.bgw-online.de Prof. Dr. jur. Volker Großkopf Katholische Fachhochschule Nordrhein-Westfalen Abteilung Köln Wörthstraße 10 50668 Köln Tel: 0221 / 77 57 – 0 [email protected] www.kfhnw.de Dipl.-Ing. Insa Lüdtke feddersenarchitekten -Öffentlichkeitsarbeit- Reuchlinstraße 10-11 10553 Berlin Tel.: 030 / 34 99 08 51 [email protected] www.feddersen-architekten.de Manfred Adryan Direktor Privatkunden AOK Bremen / Bremerhaven Bürgermeister-Smidt-Straße 95 28195 Bremen Tel.: 0421 / 17 61 – 0 [email protected] www.aok.de Dr. Manfred Müller VBG Duisburg Präventionsdienst Wintgensstraße 27 47058 Duisburg Tel.: 0203 / 3487 – 150 [email protected] www.vbg.de

Prof. Dr. phil. Gabriele Meyer Universität Bremen Institut für Public Health und Pflegeforschung Fachbereich 11 Grazer Straße 4 / Raum 2040 28359 Bremen Tel.: 0421 / 218 - 7031 [email protected] www.uni-bremen.de

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Jörg Kramarczyk BGW Delmenhorst Fischstraße 31 27749 Delmenhorst Tel.: 04221 / 913 -358 [email protected] www.bgw-online.de Hartmut Genz Hospitalstraße 67 22767 Hamburg Tel.: 040 / 380 23 830 [email protected] www.hartmut-genz.de Dirk Römer BGW Hamburg Präventionsdienst Schäferkampsallee 24 20357 Hamburg Tel.: 040 / 4125 – 643 [email protected] www.bgw-online.de Andrea Rottstegge Christophorus-Kliniken GmbH Betriebsstätte St.-Vincenz-Hospital Südring 41 48653 Coesfeld Tel.: 02541 / 89 – 0 www.krankenhaus-coesfeld.de Werner Wiebrecht St. Gerburgis Hospital Hagenstraße 35 48301 Nottuln Tel.: 02502 / 220 – 0 www.krankenhaus-nottuln.de Dr. Britta Schmitt BGW Hamburg Hauptverwaltung / Abt. qu.int.as Hammer Steindamm 44 22089 Hamburg Tel.: 040 / 20207 - 35 43 [email protected] www.bgw-online.de

Heike Schwabe Haus Wümmetal Wümmetal 1 27389 Lauenbrück Tel.: 04267 / 9815 – 0 www.haus-wuemmetal.de Barbara-Beate Beck Forum fBB Moränenweg 7 22143 Hamburg Tel.: 040 / 6794 1088 [email protected] www.forumfbb.de Sigrid Hartmann AOK Bremen / Bremerhaven Bürgermeister-Smidt-Straße 95 28195 Bremen Tel.: 0421 / 17 61 – 0 [email protected] www.aok.de

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