Sicherung der Welternährung - BVE Online

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Sicherung der Welternährung - Energie, Märkte, Investitionen - Joachim von Braun Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF), Universität Bonn Unternehmertag Lebensmittel – Energie und Rohstoffe im globalen Wettbewerb Köln, 19.3.2013

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Sicherung der Welternährung - Energie, Märkte, Investitionen -

Joachim von Braun Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF), Universität Bonn

Unternehmertag Lebensmittel – Energie und Rohstoffe im globalen Wettbewerb Köln, 19.3.2013

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J. von Braun, ZEF 2013

Ernährungsunsicherheit und Preisvolatilität zählen zu den größten und kompliziertesten globalen Risiken -

…finden Politik- und Wirtschaftsführer 2013

Quelle: Global Risks Report 2013, WEF.

Verknüfungen eines globalen Risikos mit anderen Risiken:

(Skala von 0 bis 50) 1. Global governance failure 44 2. Severe income disparity 41 3. Critical fragile states 40 4. Food shortage crises 33 5. Mismanaged urbanization 33 6. Pervasive entrenched corruption 32 7. Extreme volatility in energy and agricultural prices 30 8. Failure of climate change adaptation 30 9. Unsustainable population growth 30 10. Chronic fiscal imbalances 29

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Vielfalt der Welternährungsprobleme

Problemlagen Zahl der Betroffenen

Unter-Ernährung (Hunger) ca. 0,9 Mrd.

Mangel an Mikro-Nährstoffen (A, Eisen, Zink, Jod, etc.) ca. 2 Mrd.

Untergewicht bei Geburt , Wachstums - & Gewichtsverfall (die ersten 1000 Tage)

ca. 146 Mio. Kinder

Übergewicht und resultierende chronische Krankheiten ca. 1 Mrd.

J. von Braun, ZEF 2013

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Fortschritt in der Hungerbekämpfung

1990/92: 1000 Millionen (19% der Bevölkerung) 2010/12: 868 Millionen (13%)

Aber: kaum Fortschritt seit 2007

J. von Braun, ZEF 2013

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Nachfrage nach

Nahrungsmitteln

Preise und Märkte

Angebot an

Nahrungsmitteln

Die Welternährungsgleichung zu niedriges Niveau, zu hohe Instabilität

=

J. von Braun, ZEF 2013

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Nachfrage nach Nahrungsmittel

- Bevölkerung(-swachstum) - Einkommen. Urbanisierung - Armut und Ungleichheit - Konsumentenverhalten - Bioenergie

Preise und Märkte

Angebot an Nahrungsmittel

Die Welternährungsgleichung

=

J. von Braun, ZEF 2013

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J. von Braun, ZEF 2013

Weltbevölkerung 2050 (von 7 auf ca. 9 Milliarden)

Source: Worldmapper 2009.

und konsumieren in 2050 Nahrung und Wasser für 12 Milliarden

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Steigerung der Weltnachfrage 2010 - 2021 ca. + 20% pro Jahrzehnt

J. von Braun, ZEF 2013 Quelle: OECD – FAO Agriculture Outlook 2012-2020, 2012.

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Biosprit-Nachfrage belastet die Ernährungsgleichung z.B. US-Mais für Äthanol

J. von Braun, ZEF 2013 Quelle: J. Glauber, UDSA 2013

Prozent Mio. Tonnen

Verwendeter Mais Anteil von Äthanol am verwendeten Mais (in %)

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Konkurrenz um Nahrung: Bioenergie

Subventionierte steigende Nachfrage erhöht den Wettbewerb zwischen Rohstoffen für Bioenergie und Nahrungsmitteln:

Beitrag zu Getreidepreissteigerung ab 2008 ca. 30%

Einführung flexibler Mandate sollte vom Nahrungsmittelpreis abhängen

J. von Braun, ZEF 2013

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Preise und Märkte

Die Welternährungsgleichung im globalen Wandel

=

J. von Braun, ZEF 2013

Angebot an Nahrungsmittel

- Land, Wasser, Klima - Investitionen - Arbeit & Farmstrukturen - Bioökonomie

Nachfrage nach Nahrungsmittel

- Bevölkerung(-swachstum) - Einkommen, Urbanisierung - Armut und Ungleichheit - Konsumentenverhalten - Bioenergie

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- Globale Angebotsentwicklung – landw. Produktion 2002-11 und 2012-21

J. von Braun, ZEF 2013

jährl. Wachstumsrate

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2002-2011 2012-2021

%

Quelle: OECD – FAO Agriculture Outlook 2012, 2012.

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J. von Braun, ZEF 2013

Innovation ernährt die Welt

Quelle: IFPRI, 2012 Global Policy Report, 2013.

Innovationen sorgen für 75% des ldw. Produktionswachstums

Beitrag von TFP Inputintensivierung Bewässerung Anbauflächen-erweiterung

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Landknappheit und Bodendegradation begrenzen Produktionssteigerung

42% der Armen leben auf / von degradiertem Land Quelle: Bai et al., 2008.

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J. von Braun, ZEF 2013

Wassernutzung und Angebot

Beim Wasserfußabdruck ist Deutschland auf Platz 7 der Nationen, die knappes Wasser über den Import verbrauchen

Quelle: 2030 Water Resources Group, 2009.

Frischwasserentnahme übersteigt nachhaltig nutzbares Wasserangebot um 60% in 2030

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Wachsende transnationale Landnahme (Käufe und langfrist. Pachtung)

Quelle: Land Matrix Homepage (accessed May 6, 2012) Daten: Land Matrix Project, April 2012

J. von Braun, ZEF 2013

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Quelle: WIR 2009: 112. J. von Braun, ZEF 2013

Ausländische Direkt-Investitionen (FDI) in Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Nahrung und Getränke 1990-2007

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Zur Zeit die optimistischste Branche

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Globale Wertschöpfungskette für Nahrungsmittel

J. von Braun, ZEF 2013

Input Industrie

• Syngenta • Monsanto • Bayer • BASF AG • Dow Agro

Bauern

Landwirtsch. value added:

$1800 Mrd. 450 Mill.

Farms > 100 ha: 0.5% < 2 ha: 85%

Verarbeitende Industrie

• Nestlé • Cargill • ADM • Unilever • Kraft Foods

Einzelhandel

• Wal-Mart • Carrefour • Metro G • Tesco • Seven & I

Konsumenten $4500 M

rd.

Innovationen für Produktivitätssteigerung und weniger Verluste

Quelle: J. von Braun, 2013.

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Erweitert Wertschöpfungskette: Bioökonomie

Quelle: BECOTEPS, 2011. J. von Braun, ZEF 2013

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Europäische Bioökonomie

Quelle: EC 2012 J. von Braun, ZEF 2013

Sektor Quelle Beschäftigte (tsd.)

Jährl. Umsätze (Mrd €)

Nahrung

Landwirtschaft

Papier/Pappe Forstw./Holzind. Fischerei und Aquakultur

Bio-basierte Ind.

Bio-chemie und Plastik

Enzyme

Biosprit

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Die Welternährungsgleichung im globalen Wandel

J. von Braun, ZEF 2013

=

Preise und Märkte - Supermärkte - Preise - Finanzmärkte

Angebot an Nahrungsmitteln

- Land, Wasser, Klima - Investitionen - Arbeit & Farmstrukturen - Bioökonomie

Nachfrage Nahrungsmittel

- Bevölkerung(-swachstum) - Einkommen, Urbanisierung - Armut und Ungleichheit - Konsumentenverhalten - Bioenergie

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Ungleichgewichte im Welthandel (Getreide, Reis, Mehl, Öl, Mastfutter zur Fleischherstellung)

Quelle: Cargill.

Handelsüberschüsse /–defizite Nahrungsmittel, in Mio. t

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J. von Braun, ZEF 2013

Nahrungsmittel-Preiskrisen 2008 und 2011: Neues Preisniveau, Volatilität, Extreme

Quelle: FAO, FAO Giews.

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2004

4/20

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2006

1/20

078/

2007

3/20

0810

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2009

12/2

009

7/20

102/

2011

9/20

114/

2012

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Reispreis $/tWeizenpreis $/tGlobaler Getreidepreisindex

Index

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Treiber von Preisspitzen bei Nahrungsmitteln

Ursachen Produkte

Mais Weizen Soja Reis

Angebotsschocks *

Exzessive Spekulation *** ** *** N/A

Ölpreis ** ** *** *

Beobachtungszeitraum: Jan. 2000 – Dez. 2009; *,**,*** signifikant zu 10%, 5%, 1%

Preisspitzen hauptsächlich von exzessiver Spekulation und Nachfrageschocks (Ölpreis) verursacht, weniger durch Angebotsschocks.

Quelle: von Braun und Tadesse 2012 J. von Braun, ZEF 2013

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J. von Braun, ZEF 2013

Gesunde Ernährung immer teurer Gefahr der Zunahme von “verstecktem Hunger” (Protein, Vit., Mikronährstoffe)

Preisstrukturveränderung: z.B. Indien Änderungen der Preise 1970 – 2010

Quelle: H. Bouis, 2013 forthcoming.

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Hülsenfrüchte

Getreide

Eier, Fleisch, Fisch

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Nachfrage nach

Nahrungsmitteln

Preise und Märkte

Angebot an

Nahrungsmitteln

Welche Rollen für die Ernährungsindustrie?

=

J. von Braun, ZEF 2013

Page 28: Sicherung der Welternährung - BVE Online

Ranking der Ernährungsindustrie: ATNI Index, März 2013

March 2013 28 http://www.accesstonutrition.org/

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Bewertung der Ernährungsindustrie mit “Access to Nutrition Index”: Bill&Melinda Gates Stiftung; Wellcome Trust, GAIN;

Unterstützung durch Investoren (s. unten)

March 2013 29

39 firms collectively managing over $2.6 trillion in assets have signed the ATNI Investor Statement

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Ranking der Ernährungsindustrie zu Reduzierung der Unterernährung (ATNI Index 2013)

J. von Braun, ZEF 2013

ATNI-Index: Selbst die am besten gerankten erreichen nur 6 von 10 Punkten

http://www.accesstonutrition.org/

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Wichtigste Ergebnisse des Rankings: ATNI Index

March 2013 31

1. Across the board, the world’s largest food and beverage manufacturers can do substantially more to improve consumers’ access to nutrition

2. Many companies are now taking at least some action to improve access to nutrition

3. Danone, Unilever and Nestlé are the highest-ranking companies

4. Companies’ practices often do not measure up to their commitments

5. Companies could do more to address undernutrition and at a broader scale

6. Many companies are not very transparent about their nutrition practices

http://www.accesstonutrition.org/

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Umdenken bei Corporate Konzepten zur Ernährungssicherung erforderlich

Corporate Social Responsibility

„Bottom of the Pyramid“ - Markt

Inclusive Business

Shared Value

Social Entrepreneurship & Social Business

Arme auf der Nachfrageseite als Kunden und Konsumenten und auf der Angebotsseite als Beschäftigte, Produzenten und Geschäftsinhaber einbeziehen.

Förderung von sozialen Werten aus strategischen, profitorientierten oder sozialen Gründen

Anwendung von betriebswirtschaftlichen

Prinzipien zur Lösung eines sozialen Problems

4 Mrd. einkommensschwache Konsumenten

Unternehmen integrieren auf freiwilliger Basis soziale und umweltrelevante Aspekte in ihren Geschäftsbetrieb

J. von Braun, ZEF 2013 Quelle: Baumüller, Ladenburger, von Braun, ZEF 2011.

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Ansatzpunkte der Ernährungsindustrie für sichere Welternährung

1. Wertschöpfungsketten verbessern - Verluste und Verschwendung reduzieren, ‘mehr Bioökonomie weniger Bioenergie’

2. Landwirtschaftliches Wachstum fördern – Technologie, F&E, Finanzierung, Infrastruktur, Kleinbauern fördern (PPP)

3. Märkte stärken – regel-basierter offener Handel, Verhinderung exzessiver Spekulation (Politik)

4. Ernährungsprogramme ausbauen - für Kinder gezielt und effizient (PPP)

5. Ernährungsindustrie umorientieren - vermehrtes Engagement zur Reduzierung der Unterernährung; Produkte, Sourcing, Business Konzepte

J. von Braun, ZEF 2013