Skript - Maschinendynamik - Kapitel 2

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Weitergabe sowie Vervielfältigung dieser Unterlage, Verwertung und Mitteilung ihres Inhaltes nicht gestattet soweit nicht ausdrücklich zugestanden. 12 2. Grundlagen der Kinematik Das folgende Kapitel dient im wesentlichen der Wiederholung und kurzen Zusammenfassung des in den Grundvorlesungen „Technische Mechanik“ behandelten Stoffes und darüber hinaus enthält es vertiefende Elemente, die zur Lösung von technischen Problemen notwendig sind. Die Kinematik ist die Lehre von der Bewegung einzelner Körper und von Körperverbänden ohne Berücksichtigung ihrer Massen und ohne Berücksichtigung der Kräfte und Momente, die diese Bewegung verursachen. Vielmehr werden in der Kinematik die Bewegungen der Körper, beschrieben durch Ortsvektoren, als rein geometrische Zusammenhänge sowie die zeitliche Ableitungen der Ortsvektoren, die Geschwindigkeiten und Beschleunigungen untersucht. Im allgemeinen Fall sind diese Bewegungsgrößen Vektoren. 2.1 Kinematik des Punktes Bei der Bewegung eines Punktes P durchläuft dieser die sog. Bahnkurve. Die momentane Position von P im Raum oder in der Ebene wird eindeutig durch den Ortsvektor r(t) in einem raumfesten Koordinatensystem (Inertialsystem) beschrieben. Bild 2.1: Ortsvektor und Bahnkurve Leitet man den Ortsvektor r nach der Zeit ab, erhält man den Geschwindigkeitsvektor ) ( ) ( ) ( t r dt t r d t v ! = = (2.1) Durch nochmalige Ableitung ergibt sich der Beschleunigungsvektor ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( 2 2 t r dt t r d t v dt t v d t a ! ! ! = = = = (2.2) x y z P r(t) Bahn

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2. Grundlagen der Kinematik

Das folgende Kapitel dient im wesentlichen der Wiederholung und kurzen Zusammenfassungdes in den Grundvorlesungen „Technische Mechanik“ behandelten Stoffes und darüber hinausenthält es vertiefende Elemente, die zur Lösung von technischen Problemen notwendig sind.

Die Kinematik ist die Lehre von der Bewegung einzelner Körper und von Körperverbändenohne Berücksichtigung ihrer Massen und ohne Berücksichtigung der Kräfte und Momente,die diese Bewegung verursachen. Vielmehr werden in der Kinematik die Bewegungen derKörper, beschrieben durch Ortsvektoren, als rein geometrische Zusammenhänge sowie diezeitliche Ableitungen der Ortsvektoren, die Geschwindigkeiten und Beschleunigungenuntersucht. Im allgemeinen Fall sind diese Bewegungsgrößen Vektoren.

2.1 Kinematik des Punktes

Bei der Bewegung eines Punktes P durchläuft dieser die sog. Bahnkurve. Die momentanePosition von P im Raum oder in der Ebene wird eindeutig durch den Ortsvektor r(t) in einemraumfesten Koordinatensystem (Inertialsystem) beschrieben.

Bild 2.1: Ortsvektor und Bahnkurve

Leitet man den Ortsvektor r nach der Zeit ab, erhält man den Geschwindigkeitsvektor

)()()( trdt

trdtv !== (2.1)

Durch nochmalige Ableitung ergibt sich der Beschleunigungsvektor

)()()()()( 2

2tr

dttrdtv

dttvdta !!! ==== (2.2)

x

y

zP

r(t)

Bahn

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2.1.1 Bewegung auf geradliniger Bahn

Der einfachste Fall ist die geradlinige Bewegung. s = s(t) sei die Wegkoordinate längs dergeraden Bahn. Man benötigt für die Berechnung der kinematischen Größen keine vektorielleDarstellung. Für die Geschwindigkeit v und die Beschleunigung a ergibt sich dann sofort

)()( tstv != (2.3))()()( tstvta !!! == (2.4)

Bei vorgegebener Abhängigkeit des Wegs von der Zeit lassen sich also Geschwindigkeit undBeschleunigung durch Differenzieren der Funktion s(t) berechnen.

Umgekehrt erhält man bei vorgegebener Beschleunigung a(t) die Geschwindigkeit und denzurückgelegten Weg durch Integrieren:

∫+=t

tdttavtv

0

**)()( 0 (2.5)

∫+=t

tdttvsts

0

**)()( 0 (2.6)

mit den Anfangsbedingungen s0 (Anfangslage) und v0 (Anfangsgeschwindigkeit).

Vielfach sind auch anderer Zusammenhänge vorgegeben z.B. v = v(x) oder a = a(v); a = a(s)oder es sind diese Zusammenhänge gesucht. Zur Lösung solcher Probleme sei auf dieLiteratur verwiesen1.

2.1.2 Allgemeine räumliche Bewegung in kartesischen Koordinaten

Bild 2.2: Kartesische Koordinaten 1 H.G. Hahn: Technische Mechanik

x

y

z

P

r

e

e

e

z

x y xy

z

Bahn

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Die Darstellung des Ortsvektors in kartesischen Koordinaten lautet mit den zeitunabhängigenEinheitsvektoren xe , ye und ze

zyx etzetyetxtr )()()()( ++= (2.7)

Die Koordinaten x(t), y(t) und z(t) sind skalare Funktionen der Zeit. Da die Einheitsvektorenim raumfesten kartesischen Koordinatensystem zeitlich konstant sind, ergibt sich für denGeschwindigkeits- bzw. den Beschleunigungsvektor sofort:

zyx etzetyetxtrtv )()()()()( !!!! ++== (2.8)

zyx etzetyetxtrtvta )()()()()()( !!!!!!!!! ++=== (2.9)

mit den Komponenten xvx != , yvy != und zvz != sowie xax !!= , ya y !!= und zaz !!= . DerGeschwindigkeitsvektor besitzt immer die Richtung der Bahntangente. Im Allgemeinen giltdies nicht für den Beschleunigungsvektor.

Die Beträge der Vektoren lauten

)()()( 222 tztytxrr ++== (2.10a)

)()()( 222 tztytxvv !!! ++== (2.10b)

)()()( 222 tztytxaa !!!!!! ++== (2.10c)

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2.1.3 Räumliche Bewegung in Zylinderkoordinaten

Bild. 2.3: Zylinderkoordinaten

Bei Bewegung auf gekrümmten Bahnen bietet die Darstellung in Zylinderkoordinaten häufigVorteile gegenüber kartesischen Koordinaten.

Der Ortsvektor lautet in Zylinderkoordinaten

zr etzetrtr )()()( += (2.11)

wobei der Einheitsvektor re vom Winkel ϕ abhängt und dieser seinerseits wieder von derZeit, also ))(( tee rr ϕ= . Durch diese Zeitabhängigkeit des Einheitsvektors ergeben sich beimAbleiten nach der Zeit für die Geschwindigkeit und die Beschleunigung nicht mehr soeinfache Ausdrücke wie in kartesischen Koordinaten. Vielmehr erhält man (ohne Herleitung)

zr etzettretrtrtv )()()()()()( !!!! ++== ϕϕ (2.12)

mit den Geschwindigkeitskomponenten

rvr != Radialgeschwindigkeitϕϕ !rv = Zirkulargeschwindigkeit

zvz != Axialgeschwindigkeit

und für die Beschleunigung gilt

[ ] [ ] zr etzettrttrettrtrtrta )()()()()(2)()()()()( 2 !!!!!!!!!!! +++−== ϕϕϕϕ (2.13)

Bahn

y

x

z

eϕez

erϕ

r

r

z

P

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mit den Komponenten

2ϕ!!! rrar −= Radialbeschleunigungϕϕϕ !!!! rra += 2 Zirkularbeschleunigung

zaz !!= Axialbeschleunigung

Dabei stellt der Anteil 22 ωϕ rr −=− ! die Zentripetalbeschleunigung dar, wobei ω dieWinkelgeschwindigkeit ist. Der Anteil ωϕ rvr 22 =!! ist die Coriolis-Beschleunigung.

Bild 2.4: Veranschaulichung der einzelnen Geschwindigkeits- und Beschleunigungs-komponenten

Die Beträge für Geschwindigkeit und Beschleunigung lassen sich gemäß denRegeln der Vektorrechnung bilden:

222zr vvvv ++= ϕ (2.14)

222zr aaaa ++= ϕ (2.15)

Der Betrag des Ortsvektors ist in diesem Falle nicht zu verwechseln mit der Radialkoordinater, es gilt:

22 zrr += (2.16)

eϕer

ez

r

zeϕ

erez

rzrϕ2

2rϕ

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2.1.4 Natürliche Koordinaten

Bild 2.5: Natürliche Koordinaten

Ist die Bahnkurve vorgegeben und die Geschwindigkeit, mit der sich der Punkt P auf dieserBahn bewegt, so bietet sich das Arbeiten in Bahnkoordinaten (sog. „natürlichen“Koordinaten) an. Der auf der Bahn zurückgelegte Weg wird mit s = s(t) bezeichnet und dieBahngeschwindigkeit ist )()( tstv != . Das „begleitendende Dreibein“ der Einheitsvektorenbewegt sich mit dem Punkt P auf der Bahn mit. Der zeitabhängige Tangenteneinheitsvektor

te zeigt stets in Richtung der momentanen Bewegung und liegt tangential an der Bahnkurve.Da der Geschwindigkeitsvektor ebenfalls immer tangential zur Bahn liegt, läßt sich derGeschwindigkeitsvektor allein mit Hilfe des Tangenteneinheitsvektors darstellen:

tt esetvtv !== )()( (2.17)

Approximiert man im Punkt P die Bahnkurve durch einen Kreis mit dem i.A. ständigveränderlichen Krümmungsradius ρ so zeigt der Normaleneinheitsvektor ne auf denMittelpunkt dieses Kreises. Der Binormaleneinheitsvektor be steht senkrecht auf den beidenanderen Einheitsvektoren. Man erhält ihn aus

ntb eee ×= . (2.18)

Die Beschleunigung ergibt sich durch Differentiation von v(t) . Zu beachten ist, daß sich derTangenteneinheitsvektor zeitlich ändert und deshalb beim Differenzieren berücksichtigtwerden muss. Unter Zuhilfenahme der Frenetschen Formeln der Kurventheorie2 ergibt sichfür die Beschleunigung

2 Bronstein/Semendjajew: Taschenbuch der Mathematik

yx

z

eteb

r

P

Bahn

s

M

en

0

ρ

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nt evevtaρ

2)( += ! (2.19)

mit den Komponenten

svat !!! == Tangentialbeschleunigung, Bahnbeschleunigung

ρρ

22 svan!

== Normalbeschleunigung (zum Krümmungsmittelpunkt)

Man erkennt sofort, dass sich für die geradlinige Bewegung mit einem unendlich großenKrümmungsradius unmittelbar die früher behandelten Gleichungen ergeben.

2.1.5 Zusammenhang der Bewegungsgrößen mit verallgemeinerten Koordinaten

Vielfach sind bei einem Problem Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung eines Punktes Pin Abhängigkeit von anderen verallgemeinerten Koordinaten q(t) mit

[ ]Tqqqq 321= (2.20)

gesucht.

Ein einfaches Beispiel hierfür ist die Bewegung eines Punktes auf einer Kreisbahn. Gesuchtsind die Komponenten des Orts-, Geschwindigkeits- und Beschleunigungsvektors inkartesischen Koordinaten in Abhängigkeit des Winkels α== 1qq .

Die Lösung läßt sich formalisieren und kann dann z.B. mit modernen Methoden derComputeralgebra3 gelöst werden.

Mit den gegebenen verallgemeinerten Koordinaten q (wobei mq ℜ∈ ; 31 ≤≤ m ) wirdzunächst der Zusammenhang

))(( tqrr = (2.21)

ausgedrückt . Gesucht sind also zunächst die Geschwindigkeit und die Beschleunigungausgedrückt durch die generalisierten Koordinaten qi.

Sinn und Zweck dieser Vorgehensweise ist es, die mitunter sehr komplizierte Bewegung einesMechanismus (z.B. einer Nähmaschine) zurückzuführen auf eine Koordinate z.B. dieDrehbewegung des Antriebsmotors, repräsentiert durch den Drehwinkel α.

3 Programmsysteme für PC: Mathematica, Maple

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2.1.5.1 Geschwindigkeiten

Zur Berechnung der Geschwindigkeit v wird auf ))(( tqrr = die Kettenregel angewendet. Esergibt sich (mit m = 3)

∑= ∂

∂=

∂∂+

∂∂+

∂∂=

∂∂

∂∂+

∂∂

∂∂+

∂∂

∂∂==

m

ii

iq

qr

qqrq

qrq

qr

tq

qr

tq

qr

tq

qrrv

1

33

22

11

3

3

2

2

1

1

!

!!!

!

(2.22)

oder

)())(()()( tqtqJtrtv rq !! == (2.23)

wobei Jrq die Jacobi-Matrix darstellt mit

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

=

3

3

2

3

1

33

2

2

2

1

23

1

2

1

1

1

qr

qr

qr

qr

qr

qr

qr

qr

qr

J rq (2.24)

so dass

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

=

3

2

1

3

3

2

3

1

33

2

2

2

1

23

1

2

1

1

1

3

2

1

qqq

qr

qr

qr

qr

qr

qr

qr

qr

qr

vvv

!

!

!

(2.25)

Anmerkung:Bei einer weiter verschachtelten Abhängigkeit )))((()( tqprtr = ist genauso zu verfahren.Man muß noch einmal mehr die Kettenregel anwenden und es ergibt sich dann für dieGeschwindigkeit )()( tqJJtv pqrp !=

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2.1.5.2 Beschleunigungen

Mit den Beschleunigungen verfährt man genauso. Es muß die Gleichung

)())(()()( tqtqJtrtv rq !! == (2.26)

nochmals nach der Zeit abgeleitet werden und man erhält eine allgemeine Abhängigkeit derForm ))(),(),(( tqtqtqaa !!!= . Unter Anwendung der Kettenregel und Zusammenfassen derAusdrücke ergibt sich

Qrqrq qKtqJtrta !!!!! +== )()()( (2.27)

Dabei tritt wieder die Jacobi-Matrix auf, die diesmal mit den 2. Ableitungen derverallgemeinerten Koordinaten zusammenhängen. Zusätzlich treten quadratische Terme der 1.Ableitungen der qi auf .Die Matrix rqK enthält die 2. Ableitungen des Ortsvektors nach den verallgemeinerten

Koordinaten und besitzt folgendes Aussehen

∂∂∂

∂∂∂

∂∂∂

∂=23

2

32

2

22

2

31

2

21

2

21

2,,,,,

qr

qqr

qr

qqr

qqr

qrK rq (2.28)

Der Reihenfolge entsprechend enthält der Vektor Qq! die Geschwindigkeitsquadrate (Index

“Q”)

[ ]TQ qqqqqqqqqq 2332

223121

21 222 !!!!!!!!!! = (2.29)

Der Faktor 2 bei den gemischten Ableitungen rührt vom Zusammenfassen identischer Termeher. Zur Berechnung der Beschleunigungen müssen also nur noch zusätzlich die 2.Ableitungen des Ortsvektors nach den verallgemeinerten Koordinaten berechnet werden.

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2.2 Kinematik des starren Körpers

Bild 2.6: Darstellung der einzelnen Ortsvektoren beim starren Körper

Beim Massenpunkt spielten nur die translatorischen Freiheitsgrade eine Rolle. Beim starrenKörper tritt die Rotation um die möglichen Achsen hinzu.

Es soll die Bewegung eines beliebigen Punktes P auf dem starren Körper untersucht werden.Von Interesse ist seine Lage (Ortsvektor), seine Geschwindigkeit und Beschleunigung. ImPrinzip sind damit auch die Bewegungsgrößen für den ganzen Körper bekannt.

Das Koordinatensystem sei raumfest. Der Ortsvektor

APAP rrr += (2.30)

setzt sich zusammen aus der Position eines Referenzpunktes A und einem Anteil der die Lagedes Punktes P von A aus kennzeichnet. Die Wahl von A ist prinzipiell beliebig. Sinnvoll kannder Schwerpunkt des Körpers sein, aber auch ein Gelenkpunkt zum Nachbarkörper (fallsvorhanden).

0

A

P

rr

rA

PAP

ω

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Die bekannte Eulersche Formel liefert die Geschwindigkeit des starren Körpers. Sie lautet

APAP rvv ×+= ω (2.31)

wobei ω der Winkelgeschwindigkeitsvektor ist. Dabei kennzeichnet Av mit seinen 3Komponenten die 3 translatorischen Freiheitsgrade und das Kreuzprodukt beschreibt mit 3Komponenten die Rotation. Dies ergibt die erwähnten 6 Freiheitsgrade des starren Körpers imRaum. Eine weitere Differentiation nach der Zeit liefert uns die Beschleunigung:

( )APAPAP rraa ××+×+= ωωω! (2.32)

In der Ebene (Bewegungsebene sei die x-y-Ebene) vereinfachen sich die Gleichungen zu:

)( APzAP revv ×+= ω (2.33)

APAPzAP rreaa 2)( ωω −×+= ! (2.34)

Führt man auf dem Körper ein körperfestes Polarkoordinatensystem ein, wobei derEinheitsvektor er stets in Richtung rAP zeigt, so ergibt sich eine besonders anschaulicheDarstellung:

rAP errr += mit rr AP = (2.35)

ϕω ervv AP += (2.36)

rAP ereraa 2ωω ϕ −+= ! (2.37)

Bild 2.7: Ebene Bewegung des starren Körpers

ω

0

A

P

rr

rA

PAP

eeϕr

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2.2.1 Kinematik des starren Körpers in Matrixschreibweise

dm

r

xy

z y’x’

z’

r0

(I)

(K) rP

Bild 2.8: Darstellung der Koordinatensysteme am starren Körper

Als Nächstes wollen wir die Kinematik des starren Körpers folgendermaßen betrachten:Die Bewegung eines Punktes P soll zunächst wieder mit Hilfe des Referenzpunktes A imInertialsystem (I) beschrieben werden. Es gilt wie bereits früher:

APIAII rrr += (2.38)

Der vorgestellte Index kennzeichnet, dass es sich um das Inertialsystem handelt. Es erweistsich als äußerst zweckmäßig, die Bewegung von Punkt A im (I)-System und die Bewegungdes Punktes P gegenüber A in einem körperfesten Koordinatensystem (K) zu beschreiben. DerGrund ist, dass bei einem starren Körper alle Abstände und Orientierungen zwischenReferenzpunkt A und einem beliebigen anderen Punkt P stets konstant bleiben.

Daher drücken wir jetzt den Verbindungsvektor API r im körperfesten System (K) mit 'PK r

aus, wobei zu beachten ist, dass das (K)-System seinen Ursprung im Punkt A hat. Weiterhinmuss berücksichtigt werden, dass die momentane Orientierung des (K)-Systems i.A. nicht mitder Orientierung des raumfesten (I)-Systems übereinstimmt, sondern durch die räumlicheBewegung des Körpers wird das (K)-System gegenüber dem (I)-System verdreht sein.

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Diese Drehung wird durch die 3 x 3-Matrix AIK beschrieben, oder anders ausgedrückt: AIKbeschreibt die Abbildung von der (K)- in die (I)-Basis:

)( 'pKIKAIPI rArr += (2.39)

Die Matrix AIK kann durch drei Drehparameter, z.B. drei Winkel, charakterisiert werden.

2.2.1.1 Kardan-Winkel

Eine häufig verwendete Möglichkeit der Beschreibung mit drei Winkel stellen die sog.Kardan-Winkel dar. Dabei wird die räumliche Drehung dargestellt durch drei hintereinanderausgeführte ebene Drehungen um die Koordinatenachsen. Es ist unbedingt auf dieReihenfolge der Einzeldrehungen zu achten, da die Vertauschung der Reihenfolge i.A. zuverschiedenen Endlagen führt4! Bei Kardan-Winkeln ist die Drehung in der Reihenfolge x-y-z festgelegt. D.h. zunächst wird um die x-Achse um einen Winkel α gedreht. Damit stellt sichein gedrehtes Koordinatensystem x‘-y‘-z‘ ein, wobei x‘-Achse und x-Achse noch identischsind. Danach wird um die y‘-Achse um den Winkel β gedreht. Es ergibt sich eine Lage x‘‘-y‘‘-z‘‘ (mit y‘=y‘‘ ) und schließlich die letzte Drehung um die z‘‘-Achse um den Winkel γ.Damit wird die Endlage x‘‘‘-y‘‘‘-z‘‘‘ eingenommen. Eine Alternative bieten die sog. Euler-Winkel. Hier erfolgt die räumliche Drehung ebenfalls durch drei Teildrehung, jedoch um dieAchsen z-x-z.

Die Drehmatrix Aα bildet zunächst einen Vektor Ir im Ausgangssystem auf den Vektor Kr indas um den Winkel α um die x-Achse gedrehte Koordinatensystem ab

−=

ααααα

cossin0sincos0

001A (2.40)

Genauso verhält es sich für die Drehungen um die y- und die z-Achse. Diese werden durchdie Transformationsmatrizen Aβ und Aγ beschrieben:

−=

ββ

ββ

βcos0sin

010sin0cos

A

−=

1000cossin0sincos

γγγγ

γA

4 Endliche Drehwinkel besitzen keinen Vektorcharakter, da die Vertauschbarkeit (Kommutativgesetz) nichterfüllt ist. Die Reihenfolge bei der Ausführung räumlicher Drehungen ist entscheidend. Demgegenüber besitzeninfinitesimale Drehungen und die Winkelgeschwindigkeit sowie die Winkelbeschleunigung Vektoreigenschaften

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Führt man nun die drei Drehungen hintereinander aus, so ergibt sich zunächst

rAr IK α=)1( (2.41)

danach wird die Drehung um die y-Achse ausgeführt

rAArAr IKK αββ == )1()2( (2.42)

und schließlich erhält man die Endlage:

rAAAr IK αβγ=)3( (2.43)

Läßt man den hochgestellten Index weg, so ergibt sich

rAAAr IK αβγ= (2.44)

Man erkennt, daß die Transformationsmatrix sich aus dem Produkt der Einzeldrehungenergibt. Außerdem erkennt man, dass die Reihenfolge eingehalten werden muß.

αβγ AAAAKI = (2.45)

Für unsere Anwendung brauchen wir aber noch die inverse Abbildung AIK. Es gilt

( ) 11111 −−−−− === γβααβγ AAAAAAAA KIIK (2.46)

Da die Transformationsmatrizen orthogonale Matrizen sind5, gilt weiterhin

( )TTTTKIIK AAAAAAAA αβγγβα === −1 (2.47)

so dass

rAr KIKI = (2.48)

explizit berechnet werden kann.

+−−−+

−=

βαγβαγαγβαγαβαγβαγαγβαγα

βγβγβ

coscossinsincoscossincossincossinsincossinsinsinsincoscoscossinsinsincos

sinsincoscoscos

IKA (2.49)

5 Für eine orthogonale Matrix A gilt A-1 =AT

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2.2.1.2 Geschwindigkeit im ruhenden System (Absolutsystem)

Die Geschwindigkeit im Absolutsystem des Punktes P erhält man durch zeitlicheDifferentiation von

)( 'pKIKAIPI rArr += (2.50)

so dass sich

)( 'pKIKAIPI rArr !!! += (2.51)

ergibt. Die zeitliche Ableitung von 'pK r entfällt bei Ausführung der Produktregel, da dieser

Vektor im mitbewegten Koordinatensystem konstant ist.

Wegen

rAr IKIK = (2.52)

wird

)( 'pIKIIKAIPI rAArr !!! += (2.53)

Damit kann die Geschwindigkeit im Absolutsystem berechnet werden. Das Produkt( )KIIK AA! stellt sich nach Ausrechnung als eine schiefsymmetrische Matrix heraus, die dieKomponenten des Winkelgeschwindigkeitsvektors enthält (s. auch nächstes Unterkapitel).Die Schiefsymmetrie folgt aus der Überlegung, dass, wenn man die Beziehung IAA KIIK =differenziert

( ) KIIKKIIKKIIK AAAAAAdtd !! +== 0 (2.54)

und die Orthogonalität der Transformationsmatrizen TIKIKKI AAA == −1 ausnutzt

( )TKIIKTIK

TKIKIIKKIIK AAAAAAAA !!!! −=−=−= (2.55)

Ergibt und damit

KIIKKII AA!=ω~ (2.56)

Formales Einsetzen liefert zunächst

'~pIKIIAIPI rrr ω+= !! (2.57)

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oder

'~pIKIIAIPI rvv ω+= (2.58)

2.2.1.3 Zusammenhang von Matrix- und Vektorschreibweise

Vergleicht man die Beziehung

'~pIKIIAIPI rvv ω+= (2.59)

mit der in Kapitel 2.1 vorgestellten Euler-Gleichung

APAP rvv ×+= ω (2.60)

so erkennt man sofort die Ähnlichkeit der Darstellung zwischen Vektor- undMatrixschreibweise. Die Matrixschreibweise wird häufig bevorzugt, wenn es darum geht, dieGleichungen auf dem Computer darzustellen.

Ein Vektorprodukt ba × kann nämlich auch als eine Matrix-Vektor-Multiplikation dargestelltwerden:

baba ~=× mit

=

z

y

x

aaa

a und

=

z

y

x

bbb

b (2.61)

Man kann durch Nachrechnen leicht überprüfen, dass die Komponenten des Vektors a dannwie folgt angeordnet sein müssen:

−−

−=

00

0~

xy

xz

yz

aaaa

aaa (2.62)

Diese Matrix ist offensichtlich schiefsymmetrisch. Für eine schiefsymmetrische Matrix A gilt:TAA −= . Das Symbol ~ steht dabei immer für die Einordnung der Vektorkomponenten nach

dem vorgenannten Schema. Also wird

−−−

=

−−

−==×

xyyx

zxxz

yzzy

z

y

x

xy

xz

yz

babababababa

bbb

aaaa

aababa

00

0~ (2.63)

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Wegen ( )abba ×−=× gilt außerdem auch

( ) abbaabba ~~ −==×−=× (2.64)

Die Matrix mit den Winkelgeschwindigkeitskomponenten lautet entsprechend:

−−

−=

00

0~

xy

xz

yz

ωωωω

ωωω (2.65)

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2.2.1.4 Geschwindigkeit im körperfesten System

Im Absolutsystem galt:

'~pIKIIAIPI rvv ω+= (2.66)

Außerdem läßt sich ein Vektor vom I ins K-System mit Hilfe der Drehmatrix AKI überführenund umgekehrt. Dies gilt natürlich auch für den Geschwindigkeitsvektor:

PIKIPK vAv = (2.67)

)~( 'pIKIIAIKIPK rvAv ω+= (2.68)

)'pIKIIKKIAIKIPK rAAAvAv !+= (2.69)

'pKIKKIAKPK rAAvv !+= (2.70)

In Analogie zu den vorhergehenden Überlegungen kann man sich ausrechnen, dass

IKKIIKK AA !=ω~ (2.71)

Durch elementare Manipulationen erhält man auch das bekannte Tensortransformationsgesetz

IKKIIT

IKIKKIIKI

IKKIIKKIIKKIIKKIIKKIIKK

AAAA

AAAAAAAAAA

)~()~(

)()(~

ωω

ω

==

=== !!!

(2.72)

Damit lautet die Absolutgeschwindigkeit durch die Koordinaten des körperfesten, bewegtenKoordinatensystems ausgedrückt:

'~pKIKKAKPK rvv ω+= (2.73)

Es sei noch angemerkt, dass die Absolutgeschwindigkeit des Referenzpunktes A nichtgleichzusetzen ist mit der zeitlichen Ableitung von AK r : AKAK rv !≠ .

Vielmehr gilt:

AIKIAIKIAK rAvAv !== (2.74)

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Die Absolutgeschwindigkeit ausgedrückt im bewegten, körperfesten Koordinatensystemerhält man nur durch Differentiation eines Vektors, der im (raumfesten) Inertialsystem (I)dargestellt ist. Nur die zeitliche Änderung gegenüber dem I-System gibt wieder eineAbsolutgröße. Die Vorgehensweise zur Bestimmung von Absolutgrößen (hier:Absolutgeschwindigkeit) läuft also wie folgt ab: Zuerst wird die Geschwindigkeit im I-System formuliert und anschließend mit Hilfe der Transformationsmatrizen ins K-Systemüberführt.

2.2.1.5 Beschleunigung im Absolutsystem

Um die Beschleunigung zu erhalten muss nochmals differenziert werden:

)( 'pKIKAIPI rArr !!!!!! += (2.75)

Die Ableitung von PKr′ wird wieder Null, da diese Größe beim Starrkörper im K-Systemkonstant bleibt. Mit

'pIKIPK rAr = (2.76)

wird zunächst

)( 'pIKIIKAIPI rAArr !!!!!! += (2.77)

Mit dieser Beziehung können die Beschleunigungen bereits berechnet werden. Um dasProdukt der Transformationsmatrizen näher zu untersuchen betrachten wir

KII

IKKIIKKIIK

KIIKKIIKKIIK

AAAAAA

AAAAAAdtd

!"#"$%

!!!

!!!!!

)(

)(

+=

+=(2.78)

Das Produkt KIIK AA! ist aber nichts anderes als die Matrix der Winkelgeschwindigkeiten

KIIω~ , so dass daraus folgt

KIIKIIKIIKIIK AA ωωω ~~~ += !!! (2.79)

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Damit ergeben sich die Absolutbeschleunigungen zu

')~~~( pIKIIKIIKIIAIPI rrr ωωω ++= !!!!! (2.80)

oder kürzer

')~~~( pIKIIAIPI rrr ωωω ++= !!!!! (2.81)bzw.

')~~~( pIKIIAIPI raa ωωω ++= ! (2.82)

Zum Vergleich hier nochmals die früher angegebene Darstellung in Vektorschreibweise:

( )APAPAP rraa ××+×+= ωωω! (2.83)

2.2.1.6 Beschleunigung im körperfesten System

Der Übergang ins K-System läuft wie bei den Geschwindigkeiten ab; es wird mit derTransformationsmatrix KIA von links multipliziert und man erhält:

')~~~( pIKIIKIAIKIPIKI rAaAaA ωωω++= !

')~~~( pKIKKIIKIAIKIPIKI rAAaAaA ωωω++= !

')~~~( pKIKKAKPK raa ωωω++= ! (2.84)

Die Beschleunigung des Referenzpunktes ist

AIKIAIKIAK aArAa == !! (2.85)

2.2.1.7 Winkelbeschleunigung

Für den Vektor der Winkelbeschleunigung gilt:

( )ωω II dtd=! (2.86)

Die Transformation ergibt

( ) ( ) ( )ωωωωω

ωωωωω

!!!

!!!

KKIKKKKIKKI

KIKKIKKIKIKKIIKIIKI

AA

AAAAdtdA

dtdAA

+=+=

+===

~(2.87)

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32

Wegen

0~ =×= ωωωω KKKIKK (2.88)

ergibt sich letztlich

ωω !! IKIK A= (2.89)

für den Zusammenhang der Winkelbeschleunigung dargestellt im K- und I-System.

2.2.1.8 Kleine Drehwinkel

Falls die Kardanwinkel α, β und γ klein sind, können die Winkelfunktionen derTransformationsmatrizen näherungsweise durch eine Taylor-Reihe dargestellt werden.Mit den Termen 1. Ordnung wird

1cos ≈α und αα ≈sin (2.90)

Beispielsweise wird dann

−=

1010

001

αααA

−=

10010

01

β

β

βA

−=

1001001

γ

γ

γA (2.91)

Die Transformationsmatrizen sind:

−−

−==

11

1

αβαγβγ

αβγ AAAAKI

−−

−===

11

1)(

αβαγβγ

αβγTT

KIIK AAAAA (2.92)

wobei zu beachten ist, dass Produkte kleiner Winkel 0≈αβ usw. bei der Näherung 1.Ordnung vernachlässigt wurden.

Anzumerken ist, dass die Reihenfolge der Ausführung bei kleinen Winkeln (bei Abbruchnach 1.Ordnung), wie man erkennt, keine Rolle mehr spielt.

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2.2.1.9 Euler-Winkel

Es sei hier nochmals darauf hingewiesen, dass die bisher besprochenen Transformationen aufder Verwendung von Kardan-Winkeln beruht, die an die Reihenfolge der Drehung x-y-zgebunden sind:

KardanIKIK AA = (2.93)

Grundsätzlich sind auch beliebige andere Drehreihenfolgen möglich. Die Euler-Winkel mitder Reihenfolge z-x-z wurden bereits erwähnt.

ψϑϕ AAAAA EulerKIKI == (2.94)

wobei gilt

1. Drehung um die z-Achse:

−=

1000cossin0sincos

ψψψψ

ψA (2.95)

2. Drehung um die x-Achse:

−=

ϑϑϑϑϑ

cossin0sincos0

001A (2.96)

3. Nochmalige Drehung um die z-Achse (die jetzt eine veränderte Lage besitzt):

−=

1000cossin0sincos

ϕϕϕϕ

ϕA (2.97)

Im Allgemeinen ist die Reihenfolge frei, muss jedoch, wenn sie einmal festgelegt wurde, stetsbeibehalten werden. Der hier angegebene Formalismus funktioniert im Prinzip für beliebigeTransformationsmatrizen AIK. Er kann damit an die Bedürfnisse der jeweiligenProblemstellung angepasst werden.

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2.2.2 Zwangsbedingungen und Bindungen

Bereits früher wurde kurz die Reduktion der Freiheitsgrade durch Bindungen erwähnt(Kap.1.2.2).Die Anzahl der Freiheitsgrade bei räumlicher Bewegung von n Starrkörpern war durch

bnf −= 6

gegeben, wobei b die Anzahl der Bindungen darstellt.

Bindungen (Lager, Gelenke, Abstandshalter,...) stellen für das bewegte SystemZwangsbedingungen dar. Sie schränken seine Bewegungsfreiheit ein. Damit ist es möglich,eine bestimmte erwünschte Gesamtbewegung zu erzwingen (z.B. Schubkurbeltrieb:Umwandlung einer Dreh- in eine translatorische Bewegung). Zwangsbedingungen treten inallen bewegten Systemen – insbesondere Maschinen – auf und kennzeichnen deren Strukturund seine erzwungenen Kraftflüsse.

Die Zwangsbedingungen können i.A. von den Lagekoordinaten, den Geschwindigkeitensowie explizit von der Zeit abhängen. Häufig hängen sie nur von einem Teil dieser Größenab.

Deshalb unterscheidet man:

• Holonome Bindungen:Sie schränken nur die Lagekoordinaten ein

• Nicht-holonome Bindungen:Sie schränken außer den Lagekoordinaten noch die Geschwindigkeiten ein

• Rheonome Bindungen:Sie sind explizit von der Zeit abhängig

• Skleronome Bindungen:Sie hängen nicht explizit von der Zeit ab

2.2.2.1 Holonome Bindungen

Die Bindungen werden mathematisch durch Zwangsbedingungen, z.B. für eine holonom-skleronome Bindung in der allgemeinen Form

0)( =Φ y (2.98)

beschrieben, wobei y die Lagekoordinaten darstellen sollen. Der Vektor Φ besitzt so vieleKomponenten, wie Bindungen und demzufolge mathematische Zwangsbedingungenvorhanden sind.

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Beispiele:Soll sich eine Perle nur auf einem Draht bewegen, so schränkt der Draht dieBewegungsmöglichkeiten der Perle bis auf einen Freiheitsgrad ein. Ist die gebogene Kurvedes Drahtes eben und parabelförmig, so erhält die allgemeine Gleichung für die (einzige)Zwangsbedingung

Parabel: 2xy = oder 0),( 2 =−=Φ xyyx

Anstatt mit 2 Größen (2 Freiheitsgrade) lässt sich die Bewegung nur durch eine Größe x (odery) beschreiben:

=

= 2x

xyx

r

Die Bindung ist also holonom-skleronom, da zusätzlich die Zeit nicht explizit auftritt.

Eine Masse, die an einem Faden mit konstanter Länge L hängt, kann sich ebenfalls nicht freiim Raum bewegen, die Masse wird durch die Bindung auf eine sphärische Fläche gezwungen:

Kugel: 2222 Lzyx =++ oder 0),,( 2222 =−++=Φ Lzyxzyx

Die Masse besitzt 2 Freiheitsgrade. Diese Bindung ist ebenfalls holonom-skleronom. Manerkennt, dass eine Beschreibung der Bewegung durch die drei Koordinaten x,y,z sozusagenüberdimensioniert wäre, es werden nur noch z.B. die beiden Winkel der Kugelkoordinaten(als verallg. Koordinaten 21 , qq ) benötigt.

Ist die Fadenlänge dagegen veränderlich, d.h. L = L(t), bezeichnet man die Bindung alsholonom-rheonom, die Zwangsbedingung nimmt die Form

0)(),,,( 2222 =−++=Φ tLzyxtzyx mit z.B. )cos()( 0 tLLtL ω∆+=

an. In Kugelkoordinaten lässt sich die Bewegung besonders einfach darstellen, da nur dieRadialkoordinate r von der Zwangsbedingung betroffen ist. Die implizite Formulierunglautet:

0)( =−=Φ tLr

und damit erhält man die explizite Darstellung

),,(cos)(

sinsin)(sincos)(

21 tqqrtL

tLtL

r =

=

ϑϑψϑψ

Wenn man die Geschwindigkeit und die Beschleunigung berechnen möchte, geht man wie inKap. 2.1 dargelegt vor.

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Bei holonom-skleronomen Bindungen ist

qJqqrr rqi

f

i i!!! =

∂∂= ∑

=1(2.99)

bei holonom-rheonomen Bindungen tritt allerdings noch die Zeit explizit auf und bei derDifferentiation tritt zusätzlich die direkte Ableitung nach der Zeit auf.

qJtrq

qr

trr rqi

f

i i!!! +

∂∂=

∂∂+

∂∂= ∑

=1 (2.100)

Analog ist bei der Berechnung der Beschleunigung zu verfahren. Zu beachten ist, dass auch inder Jacobi-Matrix wieder Terme stehen können, die explizit von der Zeit abhängen.

Der Zustand eines mechanischen Systems ist bestimmt durch die q Lagekoordinaten undderen Geschwindigkeiten. Die Beschleunigungen lassen sich aus den Lagekoordinaten undden Geschwindigkeiten über die Bewegungsgleichungen berechnen. Man denke an dieSchwingungen eines Einmassenschwingers. Zur Berechnung der freien Schwingungenmussten hier immer Angfangsauslenkung und –geschwindigkeit vorgegeben werden.

2.2.2.2 Nicht-holonome Bindungen

Während die holonomen Bindungen nur die Lagefreiheitsgrade einschränken, treten bei nicht-holonomen Bindungen Kopplungen in den Geschwindigkeiten auf. Die minimale Zahl derLagekoordinaten ist beim holonomen System (mit bhol Bindungen) gegeben durch denFreiheitsgrad:

holbnf −= 6 (2.101)

Die Zahl der Geschwindigkeitsfreiheitsgrade

holnv bff −= (2.102)

reduziert sich nochmals um die Anzahl der nicht-holonomen Zwangsbedingungen. Es mussalso zwischen Lage- und Geschwindigkeitsfreiheitsgraden unterschieden werden. Die nicht-holonomen Bindungsgleichungen sind i.A. nicht integrierbar. Das heißt, dass man diePosition des Körpers nicht durch komponentenweise Integration der Zwangsbedingungerhalten kann. Anschaulich bedeutet dies, dass man eine bestimmte Lage auf verschiedenenWegen erhalten kann. Der Vorgang ist nicht wegunabhängig.

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Ein Beispiel für eine nicht-holonome Bindung ist durch eine Münze gegeben, die auf einergekrümmten Bahn auf der Ebene (hier x-y) abrollt (ohne zu gleiten). Bei einer reinenRollbewegung ist die translatorische Geschwindigkeit des Radmittelpunktes durch dieRollbedingung mit der Drehgeschwindigkeit der Münze gekoppelt.

x

y

z

Bahn

Münze

Bild 2.9: Abrollende Münze als Beipiel für ein System mit nicht-holonomer Bindung

Die implizite mathematische Beschreibung einer nicht-holonomen Bindung besitzt dieallgemeine Form:

0),,( =Ψ=Ψ tqq ! (2.103)

oder explizit:

)*,,( tqqqq !! = (2.104)

wobei q wieder der Vektor der verallgemeinerten Koordinaten ist (Minimalkoordinaten) undder Vektor q* die fv verallgemeinerten Geschwindigkeitskoordinaten enthält. Der Vektor Ψbesitzt bn hol Komponenten.

Das Rad als ein freier Starrkörper besitzt 6 Freiheitsgrade.

( )Tßzyxy γα=

Dar Radmittelpunkt bleibt auf konstanter Höhe, was durch die holonome Zwangsbedingung z= R (mit R als Radius des Rades) dargestellt wird

01 =−=Φ Rz ,

und nehmen wir außerdem an, das Rad stehe stets senkrecht, so kommt eine 2. holonomeBedingung hinzu:

002 =−=Φ αα z.B. 00 =α

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Dann lässt sich sein Zustand durch die vier Minimalkoordinaten (f = 4)

( )Tyxq γβ ,,,=

darstellen, wobei der Winkel γ die Bahntangente (damit die momentane Rollrichtung durchDrehung um die vertikale Achse) und β die Raddrehung längs der Bahn beschreibt.

zy

β Bahn

Bild 2.10: Rollendes Rad

Die Zusammenhänge zwischen den Drehwinkeln und der Verschiebung des Radmittelpunkteslassen sich über die geometrische Beziehung veranschaulichen:

γβγ coscos dRdsdx −== (2.105a)γβγ sinsin dRdsdy −== (2.105b)

y

xγBahn

ds ds sin γ

ds cos γ

Bild 2.11: Geometrische Größen beim Abrollen in der x-y-Ebene

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Beziehen des differentiell kleinen Wegelementes dx bzw. dy auf ein Zeitelement dt liefert

γβγβ coscos !! RdtdR

dtdxx −=−== (2.106a)

γβγβ sinRsindtdR

dtdyy !! −=−== (2.106b)

Man erkennt die Kopplung zwischen den Geschwindigkeiten. Bildet man nun die zeitlicheAbleitung von q :

( )Tyxq γβ !!!!! ,,,=

so sieht man, dass zur Darstellung der Geschwindigkeiten neben der Lagekoordinate γ ebennur noch die beiden verallgemeinerten. Geschwindigkeiten (fv = 2)

( )Tq γβ !!=*

nötig sind. Alternativ hätte man auch x! und y! oder andere Kombinationen wählen können.

Im Falle, dass der Winkel .0 const== γγ ist, d.h. die Bahn geradlinig ist, kann dieZwangsbedingung integriert werden. Aus Gl (2.2.9a,b) ergibt sich

( )000 cos ββγ −−=− Rxx (2.107a)( )000 sin ββγ −−=− Ryy (2.107b)

und man erhält aus der Geschwindigkeitsbeziehung eine Beziehung für die Lagekoordinaten.Damit ist die Bindungsgleichung in eine holonome umgewandelt worden. Es besteht jetzt eineindeutiger Zusammenhang zwischen dem Winkel ß und den Koordinaten x, y.

Insgesamt sind holonome Bindungen wesentlich häufiger in technischen Systemenanzutreffen als nicht-holonome.

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2.3 Relativbewegung eines Massenpunktes

Das Newtonsche Grundgesetz gilt bekanntlich nur im Inertialsystem, einem ruhendenKoordinatensystem. Häufig ist es aber vorteilhafter, die Bewegung eines Punktes in einembewegten System zu beschreiben. Bei vielen technischen Vorgängen bei denen Reibungzwischen 2 bewegten Teilen entsteht, ist z.B. die Relativgeschwindigkeit zwischen denPartnern wichtig.

Bild 2.13: Koordinatensysteme zur Beschreibung der Relativkinematik

Ein Beispiel hierfür ist die Bewegung z.B. von Objekten (Auto, Zug), von Wasser- undWindmassen auf der rotierenden Erde, Das Rollen einer Kugel auf einer rotierenden Scheibeoder die Bewegung von Insassen in einem bremsenden Fahrzeug.

Zur Untersuchung der Relativbewegung betrachten wir zwei Koordinatensysteme: das erstesei raumfest (Inertialsystem), das zweite ist ein bewegtes Koordinatensystem (R), in dem wireine Relativbewegung eines Punktes feststellen. Das bewegte System wird auch alsFührungssystem bezeichnet und kann sich z.B. auf einem bewegten Körper befinden.

Der Ursprung des Führungssystems führe eine Translationsbewegung aus. Außerdem kann esnoch rotieren (Beispiel ‚Erde‘).

Relativbahnvon P

Pbewegtes System r0P

ruhendes System

0

(I)

(R)

r0

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2.3.1 Zusammenhang von Absolut- und Relativgeschwindigkeit

Vom ruhenden Koordinatensystem (I) aus gesehen wird der Punkt P durch den Ortsvektor

PIII rrr 00+= (2.108)

beschrieben. Ersetzen wir PI r0 durch den entsprechenden Ausdruck im bewegten Referenz-System (R) :

PRIRII rArr 00 += (2.109)

Allerdings muss man jetzt beachten, dass (im Gegensatz zur Betrachtungsweise beim starrenKörper) PR r0 sich im Relativsystem ändern kann und daher seine zeitliche Änderungmitberücksichtigt wird. Dieser Term macht schließlich durch die veränderliche Lage desPunktes P im Relativsystem die Relativbewegung aus.

Die Absolutgeschwindigkeit ergibt sich durch Ableiten:

)r(ArArrrrv P0RIRP0RIR0IP0I0III!!!!!! ++=+== (2.110)

Die Absolutgeschwindigkeit ausgedrückt durch Komponenten im bewegten (R)-System erhältman nun in gewohnter Weise durch Transformation mit ARI

)r(AArAArAvAv P0RIRRIP0RIRRI0IRIIRIR!!! ++== (2.111)

)r(rAAvv P0RP0RIRRI0RR!! ++= (2.112)

Der Ausdruck IRRI AA ! ist uns aus den früheren Kapiteln noch als Matrix derWinkelgeschwindigkeiten bekannt:

IRRIIRR AA~ !=ω (2.113)

so dass nun die Geschwindigkeit

)r(r~vv P0RP0RIRR0RR!++= ω (2.114)

wird. Die Absolutgeschwindigkeit des Punktes P setzt sich also aus drei Termen zusammen,wenn man sie mit den Basisvektoren des (R)-Systems darstellt: Der letzte Term ist dieRelativgeschwindigkeit im bewegten Koordinatensystem;

)r(v P0RrelR!= (2.115)

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die beiden ersten Terme stellen zusammen die sog. Führungsgeschwindigkeit dar:

P0RIRR0RFüR r~vv ω+= (2.116)

Bild 2.14: Geschwindigkeitskomponenten

Sie setzt sich zusammen aus der Geschwindigkeit des bewegten Koordinatennullpunkts des(R)-Systems und einem Anteil aufgrund der Rotation des bewegten Referenz-Systemszusammen. Die Geschwindigkeit lässt sich dann schreiben als

relRFüRR vvv += (2.117)

Die Relativgeschwindigkeit sieht der im bewegten System sitzende Beobachter ohne dabei zuwissen, wie sich dabei das Referenzsystem bewegt.

Bei rein translatorischer Bewegung des Referenzsystems reduziert sich der Ausdruck für dieGeschwindigkeit auf:

relRRR vvv += 0 (2.118)

ω

Relativbahnvon P

Pbewegtes System

ωxr0P

vfü v0

v0

vP

vrel

r0P

ruhendes System

0

(I)

(R)

r0

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In der klassischen Schreibweise der Relativkinematik mit Kreuzprodukt hat dieGeschwindigkeit die Form

relFürelP vvvrvv +=+×+= 00 ω (2.119)

Die Relativgeschwindigkeit wird dabei zum Unterschied zur Ableitung im Absolutsystem mit

dtrd

v prel

0′= (2.120)

bezeichnet, wobei die Ableitung dt

d (..)′ kennzeichnet, dass es sich um die zeitliche Ableitung

im bewegten System handelt.

Die hier verwendete Schreibweise macht aber stets durch das tief vorangestellte R klar, dassalle Geschwindigkeitsanteile in Komponenten des R-Systems ausgedrückt werden.

2.3.2 Zusammenhang von Absolut- und Relativbeschleunigung

Die Beschleunigung ergibt sich durch weitere Differentiation:

PIIII rrra 00 !!!!!! +== (2.121)

oder

))(( 000!!!

PRIRPRIRII rArAaa ++= (2.122)

Die Ausführung der Differentiation ergibt:

)()(2( 0000!!!!!!

PRIRPRIRPRIRII rArArAaa +++= (2.123)

Transformation wie bei der Geschwindigkeit liefert dann:

)()(2 0000!!!!!!

PRIRRIPRIRRIPRIRRIIRIIRIR rAArAArAAaAaAa +++==

)()(2 0000!!!!!!

PRPRIRRIPRIRRIRR rrAArAAaa +++= (2.124)

Die Produkte IRRI AA !! und IRRI AA ! können wieder mit Hilfe der Winkelgeschwindigkeits-matrix dargestellt werden.

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Aus Gl. (2.124) wird dann

mit IRRIIRR AA !=ω~ und ( )IRRIRRIRRIRRI AA ωωω ~~~ += !!!

( ) )()(~2~~~00000

!!!!PRPRIRRPRIRRIRRPRIRRRR rrrraa ++++= ωωωω (2.125)

Damit besteht die Absolutbeschleunigung, ausgedrückt im R-System aus insgesamt fünfAnteilen:

Der letzte Anteil stellt wieder die Relativbeschleunigung des Punktes P im bewegtenKoordinatensystem dar

)( 0!!

PRrelR ra = (2.126)

Die Relativbeschleunigung erhält der im bewegten System sitzende Beobachter durch 2-maliges Ableiten – ohne Kenntnis, wie sich das Referenzsystem selbst bewegt. Die Ableitungberücksichtigt auch nicht das Drehen des R-Systems, diese Effekte stecken in den anderenTermen.

Der vorletzte Term ist die Coriolis-Beschleunigung

relRIRRPRIRRCorR vra ωω ~2)(~2 0 == ! (2.127)

Die Coriolis-Beschleunigung tritt immer dann auf, wenn sich der Punkt P mit einerRelativgeschwindigkeit im rotierenden Referenzsystem bewegt. Er koppelt also dieRelativbewegung mit der Rotation des Führungssystems (Referenzsystem).

Die ersten drei Terme zusammen bilden die Führungsbeschleunigung:

( ) PRIRRIRRPRIRRRFüR rraa 000~~~ ωωω ++= ! (2.128)

Die Führungsbeschleunigung wiederum besteht aus einem Term, der die translatorischeBeschleunigung des Nullpunkts des bewegten Referenzsystems beschreibt. Hinzu kommenzwei rotatorische Terme, die zum Einen abhängen von der Winkelbeschleunigung(Rotationsbeschleunigung), zum Anderen von Quadraten der Winkelgeschwindigkeiten(Zentripetalbeschleunigung) abhängen. Die Führungsbeschleunigung beinhaltet keine Termeaus der Relativbewegung, sondern beschreibt nur die Bewegung des Führungsystems R.

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Abgekürzt kann man dann daher schreiben:

relRCorRFüRR aaaa ++= (2.129)

In der klassischen Vektorschreibweise besitzt die Beschleunigung folgendes Aussehen:

( )PPFü rraa 000 ××+×+= ωωω! (2.130)

relCor v2a ×= ω (2.131)

Prel rdtda 02

2'= (2.132)

Man erkennt auch hier die sich entsprechenden Terme.

2.3.3 Zusammenfassung Relativbewegung

1. Geschwindigkeit

)r(r~vv P0RP0RIRR0RR!++= ω oder relRFüRR vvv +=

Relativgeschwindigkeit im bewegten Koordinatensystem: )( 0!

PRrelR rv =

Führungsgeschwindigkeit : P0RIRR0RFüR r~vv ω+=

Die Relativgeschwindigkeit sieht der im bewegten System sitzende Beobachter, ohne dabei zuwissen, wie sich dabei das Referenzsystem bewegt.

Klassische Schreibweise mit Kreuzprodukt:

relFürelP vvvrvv +=+×+= 00 ω

Relativgeschwindigkeit :dtrd

v prel

0′=

Ableitung dt

d (..)′ kennzeichnet die zeitliche Ableitung im bewegten System

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2. Beschleunigung

Absolutbeschleunigung, ausgedrückt im R-System:

( ) )()(~2~~~00000

!!!!PRPRIRRPRIRRIRRPRIRRRR rrrraa ++++= ωωωω

Relativbeschleunigung: )( 0!!

PRrelR ra =

Coriolis-Beschleunigung: relRIRRPRIRRCorR vra ωω ~2)(~2 0 == !

Führungsbeschleunigung: ( ) PRIRRIRRPRIRRRFüR rraa 000~~~ ωωω ++= !

also relRCorRFüRR aaaa ++=

Klassische Vektorschreibweise : relCorFü aaaa ++=

( )PPFü rraa 000 ××+×+= ωωω!

relCor va ×= ω2

Prel rdtda 02

2'=