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Topologie Skriptum SS 2017 15. Januar 2019

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TopologieSkriptum SS 2017

15. Januar 2019

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InhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnis 2

1 Vorbereitung 3Übungsaufgaben (Wiederholung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2 Filter 6Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

3 Zusammenhang und Trennungsaxiome 14Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

4 vollständig reguläre Räume und Kompaktifizierungen 34Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

5 Uniforme Strukturen 49Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

6 Metrisierungssatz von Bing-Nagata-Smirnow 63

7 Parakompaktheit 71

8 Metrisierungssatz von Bing 79

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1 VorbereitungDieses Skriptum baut auf dem Kapitel Topologische Grundlagen aus [ana] auf. Das Auswahl-axiom wird in einigen Beweisen benutzt, ohne explizit darauf hinzuweisen. Falls nicht andersangemerkt, sind Mengen grundsätzlich als nichtleer anzunehmen.Im Folgenden werden ] und

⊎als Symbole für die Vereinigung disjunkter Mengen verwendet.

Weiters definiere für zwei Mengensysteme B, C

B ∨ C := {B ∩ C : B ∈ B, C ∈ C}.

Übungsaufgaben (Wiederholung)

1.1 Sei X eine unendliche Menge und sei T die Menge aller Komplemente endlicher Mengen,angereichert um die leere Menge (kofinite Topologie).Zeigen Sie, dass (X, T ) ein topologischer Raum ist. Zeigen Sie weiters, dass jede Umge-bung eines Punktes von X schon offen ist. Ist (X, T ) kompakt, ist es Hausdorffsch? Sindeinpunktige Mengen offen?

1.2 Sei M eine mit ≤ total geordnete Menge. Die Ordnungstopologie Tord(M) auf M ist dievon der Subbasis {(a,+∞) : a ∈M} ∪ {(−∞, a) : a ∈M} auf M erzeugte Topologie.Unter welcher Bedingung ist {(a, b) : a < b} eine Basis von Tord?Zeigen Sie, dass die Topologie, welche von {(a,+∞) : a ∈M}∪{(−∞, a] : a ∈M} erzeugtwird, feiner als Tord ist!

1.3 Geben Sie eine Teilmenge M von R an, sodass Tord(M) 6= Tord(R)|M .

1.4 Sei X eine Menge und bezeichne T(X) die Menge aller Topologien auf X.Zeigen Sie, dass T(X) ein vollständiger Verband ist, d.h., dass T(X) eine Halbordnung(bzgl. ⊆) ist und jede Teilmenge von T(X) eine kleinste obere Schranke (Supremum) undein größte untere Schranke (Infimum) besitzt.Was ist das Supremum bzw. Infimum einer Menge von Topologien und was ist die kleinstebzw. größte Topologie in diesem Verband?

1.5 Sei X eine Menge. Eine Abbildung h : P(X)→ P(X) heißt Kuratowski-Mengenfunktion,wenn sie folgende Eigenschaften hat:

(a) h(∅) = ∅.(b) A ⊆ h(A) für alle A ∈ P(X).(c) h(A ∪B) = h(A) ∪ h(B).(d) h ◦ h = h.

Zeigen Sie: Ist (X, T ) ein topologischer Raum, so ist h, definiert durch h(A) := A fürA ⊆ X, eine Kuratowski-Mengenfunktion.Zeigen Sie auch: Ist h eine Kuratowski-Mengenfunktion auf einer Menge X, so gibt es eineeindeutige Topologie, sodass h(A) := A für alle A ⊆ X.

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1.6 Sei R ein kommutativer Ring und bezeichne S := Spec(R) die Menge aller echten Prim-ideale. Dabei heißt ein Ideal I von R prim, wenn aus xy ∈ I immer x ∈ I oder y ∈ I folgt.Sei h : P(S)→ P(S) die Abbildung

h(B) :={P ∈ S : P ⊇

⋂I∈B

I

}.

Zeigen Sie, dass h eine Kuratowskische Mengenfunktion gemäß Aufgabe 1.5 ist. Die er-zeugte Topologie Z heißt Zariski-Topologie.Hinweis: Die Tatsache, dass die P Primideale sind, braucht man für die Eigenschaft h(A∪B) ⊆ h(A) ∪ h(B) oder äquivalent für P 6∈ h(A) ∪ h(B)⇒ P 6∈ h(A ∪B).

1.7 Mit der Notation aus Aufgabe 1.6 sei M ⊆ Spec(R). Zeigen Sie, dass für A ⊆ M derAbschluss von A bzgl. Z|M durch{

P ∈M : P ⊇⋂I∈A

I

}gegeben ist.Sei nun R ein nirgends identisch verschwindender Unterring von dem Ring C(X,R) allerreellwertigen Funktion auf einem topologischen Raum (X, T ). Zeigen Sie, dass die Abbil-dung ϕ : (X, T ) → (Spec(R),Z); x 7→ kermx, wobei mx(f) := f(x), tatsächlich nachSpec(R) hinein abbildet und stetig ist.Hinweis: Stetigkeit bedeutet auch ϕ(C) ⊆ ϕ(C).

1.8 Sei (I,�) eine gerichtete Menge und ∞ ein nicht in I enthaltenes Element.Versehen Sie I ] {∞} derart mit einer Topologie, sodass für jeden topologischen RaumX und jedes Netz (xi)i∈I in X mit I als Indexmenge und jedes x ∈ X folgende beidenAussagen äquivalent sind:

• limi∈I xi = x.• f : I ] {∞} → X ist stetig, wobei f(i) := xi und f(∞) := x.

1.9 Sei [−∞,+∞) versehen mit T := {[−∞, a) : a ∈ [−∞,+∞]}. Zeigen Sie, dass T eineTopologie ist, welche nicht Hausdorffsch ist und bestimmen Sie U(x) für x ∈ [−∞,+∞)!Zeigen Sie, dass für eine gerichtete Menge (I,�) und ein Netz (xi)i∈I aus [−∞,+∞),limi∈I xi = x bzgl. T genau dann, wenn x ∈ [lim supi∈I xi,+∞), wobei man allgemein fürein Netz aus [−∞,+∞) definiert

lim supi∈I

xi := infk∈I

supI3i�k

xi (∈ [−∞,+∞]).

Zeigen Sie, dass eine Teilmenge von [−∞,+∞) genau dann kompakt ist, wenn sie nachoben beschränkt ist und ihr Supremum enthält!Gibt es in [−∞,+∞) kompakte, nicht abgeschlossene Teilmengen?

1.10 Seien X eine nichtleere Menge und di, i ∈ I, eine Familie von Pseudometriken.Zeigen Sie, dass für die initiale Topologie T auf X bzgl. der Abbildungen id : X →(X, T (di)), i ∈ I gilt:

O ∈ T ⇔ ∀x ∈ O∃ε > 0∀n ∈ N∀i1, . . . , in ∈ I : x ∈ Udi1ε (x) ∩ · · · ∩ Udinε (x) ⊆ O.

Hier ist Udiε (x) die offene Kugel um x mit dem Radius ε bzgl. der Pseudometrik di.

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1.11 Zeigen Sie, dass f : {0, 1}N → R, (ak)k∈N 7→∑∞k=1

23k ak stetig und injektiv ist, wo-

bei {0, 1}N mit der Produkttopologie versehen sei. Zeigen Sie auch, dass f({0, 1}N) mit⋂n∈N([0, 1] \ Un) übereinstimmt, wobei U1 := (1

3 ,23) und (n ≥ 2)

Un := Un−1 ∪3n−1

2⋃j=1

(2j − 13n ,

2j3n).

Somit ist f({0, 1}N) die Kantorsche Menge C und f : {0, 1}N → C ist ein Homöomorphis-mus. Warum ist f ein Homöomorphismus?

1.12 Konstruieren Sie eine surjektive, stetige Abbildung von der kantorschen Menge C ⊆ R aufdas Intervall [0, 1] ⊆ R.Hinweis: Die Abbildung ist ähnlich aufgebaut wie die in Aufgabe 1.11.

1.13 Geben Sie einen Homöomorphismus an, der die kantorschen Menge C ⊆ R auf C × Cabbildet, wobei die rechte Seite mit der Produkttopologie versehen ist.Bauen Sie mit Hilfe dieses Homöomorphismus und der Abbildung aus der Aufgabe 1.13eine surjektive und stetige Abbildung von [0, 1]×[0, 1] (versehen mit der Produkttopologie)auf [0, 1]. Kann eine derartige Abbildung injektiv sein?

1.14 Zeigen Sie: [0, 1]/R ist homöomorph zu T = {z ∈ C : |z| = 1}, wobei R := {(t, t) : t ∈[0, 1]} ] {(0, 1), (1, 0)} eine Äquivalenzrelation auf [0, 1] ist und [0, 1] mit der euklidischenTopologie versehen sei.Zeigen Sie weiters: [0, 1]/[ 1

3 ,23 ] ist homöomorph zu [0, 1], wobei [1

3 ,23 ] hier für jene Äquiva-

lenzrelation auf [0, 1] stehe, für welche [13 ,

23 ] und {t}, t ∈ [0, 1] \ [1

3 ,23 ] genau die Äquiva-

lenzklassen sind.

1.15 Zeigen Sie, dass Kd(0)/Sd−1 homöomorph zu Sd ist. Dabei seien Kd(0) := {x ∈ Rd :‖x‖2 ≤ 1}, Sd−1 := {x ∈ Rd : ‖x‖2 = 1} und Sd := {x ∈ Rd+1 : ‖x‖2 = 1}. Sd−1 stehe hieraußerdem für jene Äquivalenzrelation auf Kd(0), für welche Sd−1 und {t}, t ∈ Kd(0)\Sd−1

genau die Äquivalenzklassen sind.

1.16 Seien (X, d) ein metrischer Raum und Y ⊆ X. Zeigen Sie, dass T (d)|Y = T (d|Y×Y ).

1.17 Seien (Xn, dn) für n ∈ N metrische Räume. Zeigen Sie, dass für X :=∏∞n=1Xn

d : X ×X → R; ((xn)n∈N, (yn)n∈N) 7→ d((xn)n∈N, (yn)n∈N) :=∞∑n=1

2−n dn(xn, yn)1 + dn(xn, yn)

eine Metrik auf X induziert, für welche T (d) =∏∞n=1 T (dn) gilt.

1.18 Sei X = N und sei T die Menge aller Komplemente endlicher Teilmengen von X angerei-chert um die leere Menge (Kofinite Topologie).Sei A := {1, 2} und f : A → [−1, 1] mit f(1) = −1, f(2) = 1. Zeigen Sie, dass Aabgeschlossen, f darauf stetig und derart ist, dass es keine stetige Fortsetzung von f zueiner Funktion auf X nach [−1, 1] gibt.Hinweis: Gäbe es eine Fortsetzung, so schreibe man [−1, 1] geeignet als Vereinigung dreierunterschiedlicher Mengen und betrachte deren Urbilder! Können alle 3 dieser Urbilderabgeschlossen sein?

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2 FilterErinnerung 2.1. Ein Filter auf einer Menge X ist ein Mengensystem F ⊆ P(X) mit

• F 6= ∅,

• ∅ /∈ F ,

• A,B ∈ F ⇒ A ∩B ∈ F und

• für A ∈ F und A ⊆ B ∈ P(X) gilt B ∈ F .

Für zwei Filter F ,G auf X sagt man F ist gröber als G respektive G ist feiner als F , wennF ⊆ G zutrifft.Eine Filterbasis eines Filters F auf X ist ein Mengensystem B ⊆ P(X), sodass es zu jedemF ∈ F ein B ∈ B mit B ⊆ F gibt.Ein Mengensystem B ⊆ P(X) ist genau dann Filterbasis eines Filters F auf X wenn:

• B 6= ∅,

• ∅ /∈ B und

• zu B1, B2 ∈ B gibt es ein B3 ∈ B mit B3 ⊆ B1 ∩B2.

Dieser Filter F ist eindeutig definiert durch {F ∈ P(X)|∃B ∈ B : B ⊆ F} und sei mit [B]bezeichnet. �

Lemma 2.2. Seien f : X → Y eine Abbildung und B eine Filterbasis auf X, dann ist f(B)eine Filterbasis auf Y und es gilt

[f(B)] = [f([B])] = {E ⊆ Y : f−1(E) ∈ [B]}.

Beweis. f(B) ist nicht leer, da B nicht leer ist und ∅ /∈ B ⇒ ∅ /∈ f(B). Für f(B1), f(B2) ∈ f(B)existiert ein B 3 B3 ⊆ B1 ∩ B2, welches f(B) 3 f(B3) ⊆ f(B1 ∩ B2) ⊆ f(B1) ∩ f(B2) erfüllt.Damit ist f(B) eine Filterbasis. [f(B)] ⊆ [f([B])] folgt unmittelbar aus der Monotonie von [.].[f([B])] ⊆ {E ⊆ Y : f−1(E) ∈ [B]} gilt wegen:

E ∈ [f([B])]⇔ ∃C ∈ f([B]) : C ⊆ E⇒ ∃D ∈ [B] : C = f(D)⇒ ∃B ∈ B : B ⊆ D⇒ f(B) ⊆ E⇒ B ⊆ f−1(E)⇒ f−1(E) ∈ [B]

{E ⊆ Y : f−1(E) ∈ [B]} ⊆ [f(B)] folgt, weil für E ⊆ Y mit f−1(E) ∈ [B] ein B ∈ B existiert,welches B ⊆ f−1(E) erfüllt. Damit ist E ⊇ f(B) ∈ f(B), also E ∈ [f(B)]. �

Lemma 2.3. Sei f : X → Y eine Funktion und B eine Filterbasis auf Y . f−1(B) ist genaudann eine Filterbasis auf X, wenn ∅ /∈ f−1(B).

Beweis. Folgt sofort aus der Operationstreue des Urbildes. �

Erinnerung 2.4. Ein Mengensystem C auf einer Menge X erfüllt die endliche Durchschnittsei-genschaft, wenn für C1, . . . , Cn ∈ C zu n ∈ N folgt, dass C1 ∩ · · · ∩ Cn 6= ∅. �

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Lemma 2.5. Seien X eine Menge und ∅ 6= C ⊆ P(X). Es gibt genau dann einen Filter F aufX mit C ⊆ F , wenn C die endliche Durchschnittseigenschaft hat. Dies ist äquivalent dazu, dassB := {C1 ∩ · · · ∩ Cn : n ∈ N, C1, . . . , Cn ∈ C} eine Filterbasis ist. In diesem Falle ist [B] dergröbste Filter, welcher C enthält.

Beweis. Aufgabe 2.2 �

Korollar 2.6. Seien Bi, i ∈ I Filterbasen auf der Menge X. Es existiert genau dann ein FilterF auf X mit F ⊇ Bi, i ∈ I, wenn

∀n ∈ N∀i1, . . . , in ∈ I∀Bik ∈ Bik , k = 1, . . . , n : Bi1 ∩ · · · ∩Bin 6= ∅,

also wenn⋃i∈I Bi die endliche Durchschnittseigenschaft hat. Dies ist gleichbedeutend dazu, dass

B := {Bi1 ∩ · · · ∩ Bin : n ∈ N, i1, . . . , in ∈ I,Bik ∈ Bik für k = 1, . . . , n} eine Filterbasis ist. Indiesem Falle ist [B] der gröbste Filter, welcher alle Bi enthält.

Beweis. Folgt unmittelbar aus Lemma 2.5. �

Definition 2.7. Sei F ein Filter auf X. Gibt es keinen echt feineren Filter, so nennt man Feinen Ultrafilter auf X.

Satz 2.8. Jeder Filter F auf X kann zu einem Ultrafilter verfeinert werden.

Beweis. Man betrachte die Menge M := {G : G ist Filter auf X mit F ⊆ G}. Diese Mengeenthält F , ist also nicht leer, und ist bezüglich ⊆ halbgeordnet. Für eine Kette auf M, also einebezüglich ⊆ totalgeordnete Teilmenge von M, überzeugt man sich leicht, dass die Vereinigungder Elementen der Kette wieder ein Filter ist und infolge in M liegt. Nach dem Lemma vonZorn hat M dann ein maximales Element. �

Lemma 2.9. Ist f : X → Y eine Abbildung und B eine Filterbasis auf X derart, dass [B] einUltrafilter ist, dann ist [f(B)] ein Ultrafilter auf Y .

Beweis. Sei G ⊇ [f(B)] ein Filter auf Y . Für G ∈ G gilt f(B)∩G 6= ∅ und weiter B∩f−1(G) 6= ∅für alle B ∈ B. Damit ist {B ∩ f−1(G) : B ∈ B} eine Filterbasis auf X, wobei klarerweise[{B ∩ f−1(G) : B ∈ B}] ⊇ [B]. Da [B] ein Ultrafilter ist, muss Gleichheit gelten. Insbesonderegilt für alle B ∈ B : B ∩ f−1(G) ∈ [B], womit es ein B′ ∈ B gibt, sodass B′ ⊆ B ∩ f−1(G). Ergofolgt f(B′) ⊆ G und G ∈ [f(B)]. �

Beispiel 2.10. Für die Menge M und m ∈ M ist F := {N ∈ P(M) : m ∈ N} ein Ultrafilter.Die Filtereigenschaften sind klarerweise erfüllt. Wäre G ) F , so gäbe es ein G ∈ G mit G /∈ F .Das ist äquivalent zu m /∈ G, womit aber G ∩ {m} = ∅ erfüllt wäre. Wegen {m} ∈ F ( G wäreG kein Filter. �Beispiel 2.11. Auf N ist B := {{n, n + 1, . . . } : n ∈ N} eine Filterbasis. Somit kann [B] nachSatz 2.8 zu einem Ultrafilter verfeinert werden. Dieser ist aber nicht von der Form des Ultrafiltersaus Beispiel 2.10, da für alle m ∈ N folgt, dass {m}∩{m+1,m+2, . . . } = ∅, wobei {m+1,m+2, . . . } ∈ B. �

Definition 2.12. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Seien F ein Filter, B eine Filterbasis aufX und x ∈ X. Man definiert:

F → x :⇔ F ⊇ U(x)B → x :⇔ [B]→ x.

Man sagt, F respektive B konvergiert gegen x.

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Bemerkung 2.13. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Seien F ,F1,F2 Filter auf X und B eineFilterbasis. Dann gelten folgende Aussagen:

• F1 ⊇ F2 ⇒ (F2 → x ⇒ F1 → x),

• F → x ⇔ ∀U ∈ U(x)∃F ∈ F : F ⊆ U ,

• B → x ⇔ ∀U ∈ U(x)∃B ∈ B : B ⊆ U .

Bemerkung 2.14. Seien (X, T ) und (Y,O) topologische Räume, f : X → Y eine Abbildung undx ∈ X. Dann gelten folgenden Aussagen:

• f ist stetig in x ⇔ ∀U ∈ U(f(x))∃V ∈ U(x) : f(V ) ⊆ U ⇔ f(U(x))→ f(x).

• Wenn f(U(x)) → f(x), dann gilt für eine beliebige Filterbasis B auf X mit B → x, dass[B] ⊇ U(x), womit auch [f([B])] ⊇ [f(U(x))] ⊇ U(f(x)). Also folgt mit Lemma 2.2, dassf(B)→ f(x).

• f ist also genau dann stetig in x, wenn für alle Filterbasen B auf X gilt:

B → x ⇒ f(B)→ f(x).

Bemerkung 2.15. Sei (I,�) eine gerichtete Menge. B(I,�) := {{j ∈ I : j � i} : i ∈ I} bildeteine Filterbasis auf I. Für jedes Netz (xi)i∈I auf einem topologischen Raum (X, T ) ist nachLemma 2.2 somit x

(B(I,�)

)eine Filterbasis auf X. �

Definition 2.16. Unter Berücksichtigung der Notation aus Bemerkung 2.15 nennt man[x(B(I,�)

)]Abschnittsfilter von (xi)i∈I .

Korollar 2.17. Unter Berücksichtigung der Notation aus Bemerkung 2.15 gilt limi∈I xi = xgenau dann, wenn der Abschnittsfilter von (xi)i∈I gegen x konvergiert.

Beweis. Nach Bemerkung 2.13 und aufgrund der Beschaffenheit von x(B(I,�)

)gilt

x(B(I,�)

)→ x ⇔ ∀U ∈ U(x)∃i0 ∈ I : {xi : i � i0} ⊆ U︸ ︷︷ ︸

⇔ limi∈I

xi=x

.

Lemma 2.18. Sei B eine Filterbasis auf X. Setzt man

I := {(y,B) ∈ X × B : y ∈ B} und (y1, B1) � (y2, B2) :⇔ B1 ⊇ B2,

so ist I 6= ∅ und (I,�) eine gerichtete Menge. Sei (xi)i∈I jenes Netz, welches durch xi :=y für i = (y,B) gegeben ist. Unter Berücksichtigung der Notation aus Bemerkung 2.15 giltx(B(I,�)

)= B.

Beweis. Aufgabe 2.4 �

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Lemma 2.19. Seien (X, T ) und (Y,O) topologische Räume, f : X → Y eine Abbildung undx ∈ X. f ist genau dann stetig in x, wenn für alle Netze (xi)i∈I auf X gilt, dass limi∈I xi =x ⇒ limi∈I f(xi) = f(x).

Beweis. Aufgabe 2.5 �

Bemerkung 2.20. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und D ⊆ X. Weil x ∈ D äquivalent ist zu∀U ∈ U(x) : D ∩ U 6= ∅, folgt, dass B := {D ∩ U : U ∈ U(x)} eine Filterbasis ist und B → x.Sei umgekehrt B eine Filterbasis aus Teilmengen von D, welche B → x erfüllt. Da C :={D}∪U(x) eine Teilmenge von [B] ist, folgt aus Lemma 2.5, dass C die endliche Durchschnitts-eigenschaft hat und insbesondere x ∈ D erfüllt.In Summe gilt x ∈ D genau dann, wenn es eine Filterbasis B aus Teilmengen von D mit B → xgibt. �

Beispiel 2.21. Seien I eine Menge, (Xi, Ti), i ∈ I topologische Räume und fi : X → Xi

Abbildungen. Weiters sei X versehen mit Tinit({fi : i ∈ I}) und sei x ∈ X. Für i ∈ I istf−1i (U(fi(x))) nach Lemma 2.3 eine Filterbasis, da x ∈ f−1

i (U) für alle U ∈ U(fi(x)). Seien zun ∈ N einerseits i1, . . . , in ∈ I und andererseits Uik ∈ f

−1ik

(U (fik(x))) für k ∈ {1, . . . , n}. WegenUi1∩· · ·∩Uin ⊇ {x} gibt es nach Korollar 2.6 einen Filter F mit F ⊇ f−1

i (U(fi(x))) für alle i ∈ I.Der gröbste solche Filter ist der Umgebungsfilter U(x) bezüglich Tinit({fi : i ∈ I}), denn für i ∈ Iund V ∈ U(fi(x)) ist f−1

i (V ) ⊇ f−1i (O) 3 x für ein O ∈ Ti. Wegen f−1

i (O) ∈ Tinit({fi : i ∈ I})gilt f−1

i (V ) ∈ U(x). Damit gilt U(x) ⊇ f−1i (U(fi(x))) für alle i ∈ I.

Sei F nun ein weiterer Filter mit F ⊇ f−1i (U(fi(x))) für alle i ∈ I. Für U ∈ U(x) gibt es ein

O ∈ Tinit({fi : i ∈ I}) mit x ∈ O ⊆ U . Da⋃i∈I f

−1(Ti) eine Subbasis von Tinit({fi : i ∈ I})bildet, gibt es eine bezüglich dieser Topologie offene Menge O′ mit x ∈ O′ ⊆ O ⊆ U undO′ = f−1

i1(Oi1) ∩ · · · ∩ f−1

in(Oin) , fik(x) ∈ Oik ∈ Tik ∩ U(fik(x)), k ∈ {1, . . . , n}. Da damit

O′ ∈ F , gilt auch U ∈ F und schließlich U(x) ⊆ F . �

Bemerkung 2.22. Damit schließt man nun:

• Sei B eine Filterbasis auf X und f : X → Y . Nach Lemma 2.2 ist f(B) eine Filterbasisauf Y , welche, wie man leicht nachrechnet, f−1([f(B)]) ⊆ [B] erfüllt.

• Seien I eine Menge, (Xi, Ti), i ∈ I topologische Räume und fi : X → Xi AbbildungenWeiters sei X versehen mit Tinit({fi : i ∈ I}) und sei x ∈ X. Außerdem gelte B → x.Wegen Bemerkung 2.14 gilt fi(B)→ fi(x), i ∈ I.Gelte nun umgekehrt fi(B) → fi(x), i ∈ I. Wegen [B] ⊇ f−1

i ([fi(B)]) ⊇ f−1i (U(fi(x)))

liefert Beispiel 2.21, dass B → x.Somit gilt unter den gegebenen Voraussetzungen, dass

B → x⇔ ∀i ∈ I : fi(B)→ fi(x).

Definition 2.23. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und B eine Filterbasis auf X. Die Menge

HP(B) :=⋂B∈B

B

nennt man die Häufungspunkte von B.

Bemerkung 2.24. Seien B,B1,B2 Filterbasen auf X und x ∈ X. Wie man sich leicht überzeugt,gelten dann folgenden Aussagen:

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• HP(B) = HP([B]),

• B1 ⊆ B2 ⇒ HP(B1) ⊇ HP(B2),

• [B1] ⊆ [B2] ⇒ HP(B1) ⊇ HP(B2),

• x ∈ HP(B) ⇔ ∀B ∈ B ∀U ∈ U(x) : U ∩B 6= ∅,

• B → x ⇒ x ∈ HP(B),

• wenn x ∈ HP(B), dann ist B ∨ U(x) eine Filterbasis auf X mit B ∨ U(x) → x und[B ∨ U(x)] ⊇ B und

• x ∈ HP(B) genau dann, wenn es auf X einen feineren Filter F als [B] mit F → x gibt.

Lemma 2.25. Seien B eine Filterbasis auf X und x ∈ X.

B → x ⇔ x ∈ HP(C) für alle Filterbasen C auf X mit [C] ⊇ [B].

Beweis. „⇒“: [C] ⊇ [B] ⊇ U(x) ⇒ C → x ⇒ x ∈ HP(C).„⇐“: Angenommen B 6→ x. Das heißt, es existiert ein U ∈ U(x) mit U /∈ [B]. Damit muss aberU{ ∩ B 6= ∅ für alle B ∈ B gelten, da sonst B ⊆ U für ein B ∈ B und infolge U ∈ [B]. Damitist C := {U{} ∨ B eine Filterbasis auf X mit [C] ⊇ [B]. Wegen U{ ∈ C und U ∩ U{ = ∅ giltx /∈ HP(C). �

Erinnerung 2.26. Ein topologischer Raum (X, T ) heißt kompakt, wenn jede offene Überdeckungvon X eine endliche Teilüberdeckung beinhaltet. Dies ist genau dann der Fall, wenn für jedeFamilie abgeschlossener Mengen mit endlicher Durchschnittseigenschaft gilt, dass der Schnittüber die Familie nicht leer ist. �

Lemma 2.27. Ein topologischer Raum (X, T ) ist genau dann kompakt, wenn jede Filterbasisauf X einen Häufungspunkt hat.

Beweis. „⇒“: Sei B eine Filterbasis auf X. Die Menge {B : B ∈ B} hat dann die endlicheDurchschnittseigenschaft. Damit ist HP(B) 6= ∅.„⇐“: Sei C eine Familie abgeschlossener Mengen mit endlicher Durchschnittseigenschaft. Dannist nach Lemma 2.5 B := {C1 ∩ · · · ∩Cn : n ∈ N, C1, . . . , Cn ∈ C} eine Filterbasis auf X und hatnach Voraussetzung einen Häufungspunkt. Also gilt⋂

C∈CC =

⋂C∈C

C ⊇⋂B∈B

B 6= ∅.

Korollar 2.28. Ein topologischer Raum (X, T ) ist genau dann kompakt, wenn jeder Ultrafilterauf X konvergiert.

Beweis. „⇒“: Sei F ein Ultrafilter auf X. Nach Lemma 2.27 gibt es ein x ∈ HP(F). Damit gibtes nach Bemerkung 2.24 einen Filter G auf X mit G ⊇ F und G → x. Da F ein Ultrafilter ist,muss F = G gelten.„⇐“: Sei F ein Filter auf X. Dieser lässt sich nach Satz 2.8 zu einem Ultrafilter G verfeinern.Nach Voraussetzung gilt G → x für ein x ∈ X. Damit ist nach Bemerkung 2.24 x ∈ HP(F) undnach Lemma 2.27 ist (X, T ) kompakt. �

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Satz von Tychonoff 2.29. Seien I 6= ∅, (Xi, Ti) topologische Räume für i ∈ I und sei X :=∏i∈I Xi versehen mit der Produkttopologie T :=

∏i∈I Ti.

(X, T ) ist kompakt ⇔ ∀i ∈ I : (Xi, Ti) ist kompakt.

Beweis. „⇒“: Da πi(X) = Xi und πi stetig ist, folgt die Kompaktheit von Xi für alle i ∈ I.„⇐“: Sei F ein Ultrafilter auf X. Nach Lemma 2.9 ist [πi(F)] ein Ultrafilter auf Xi für allei ∈ I. Damit gilt nach Korollar 2.28, dass πi(F) → xi für alle i ∈ I und je ein xi ∈ Xi. NachBemerkung 2.22 gilt nun F → (xi)i∈I und nach Korollar 2.28 ist X kompakt.1 �

Satz 2.30. Sei F ein Filter auf X. F ist genau dann ein Ultrafilter, wenn

∀A ∈ P(X) : A ∈ F ∨A{ ∈ F .

Beweis. „⇒“: Sei A ∈ P(X) und A{ /∈ F . Es muss für alle F ∈ F gelten, dass A ∩ F 6= ∅,da es sonst ein F ∈ F mit F ⊆ A{ gäbe. Damit ist aber {A} ∨ F eine Filterbasis auf X mit[{A} ∨ F ] ⊇ F . Also muss [{A} ∨ F ] = F und A ∈ F sein.„⇐“: Sei G ein Ultrafilter nach Satz 2.8 mit G ⊇ F und G ∈ G. Nach Voraussetzung gilt entwederG ∈ F oder G{ ∈ F . Im Falle G{ ∈ F wäre G ∩ G{ = ∅ ∈ G. Damit folgt G ⊆ F und weiterF = G. �

1Im Beweis wird nicht weiter auf die Konstruktion von (xi)i∈I eingegangen. Eigentlich liefert Korollar 2.28nur, dass für i ∈ I die Räume der Grenzwerte der πi(F) nicht leer sind. Erst das Auswahlaxiom garantiert dieExistenz eines entsprechenden (xi)i∈I als Element des Mengenproduktes all dieser Räume der Grenzwerte. Alsofolgt erst aus der Gültigkeit des Auswahlaxioms die Gültigkeit des Satzes von Tychonoff 2.29. Man kann auchdie Gegenrichtung zeigen, also in Summe die Äquivalenz der Gültigkeiten des Auswahlaxioms und des Satzes vonTychonoff 2.29.

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Übungsaufgaben

2.1 Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Zeigen Sie, dass die Umgebungsfilter U(x) um diePunkte x ∈ X folgende drei Eigenschaften haben:

(a) Für jedes x ∈ X ist U(x) ein Filter.(b) Für jedes x ∈ X und jedes U ∈ U(x) gilt x ∈ U .(c) Für jedes x ∈ X und jedes U ∈ U(x) gibt es ein W ∈ U(x) mit W ⊆ U , sodass für

alle y ∈W gilt, dass U ∈ U(y).

Zeigen Sie auch umgekehrt, dass wenn für alle x ∈ X ein Mengensystem U(x) mit obigenEigenschaften gegeben ist, es eine eindeutige Topologie T auf X gibt, sodass die U(x)genau die Umgebungsfilter sind.Hinweis für die Umkehrung: Definieren Sie T als die Menge aller Mengen O mit O ∈ U(x)für alle x ∈ O. Zeigen Sie auch, dass für U ∈ U(x) die Menge {z ∈ U : U ∈ U(z)} offenist.

2.2 Beweisen Sie Lemma 2.5!

2.3 Seien (X, T ) ein Hausdorffraum und F ein Filter auf X.Zeigen Sie, dass im Falle F → x für ein x ∈ X, dann {x} = HP(F) gilt und dass Ultrafilterauf X immer entweder gegen ein x ∈ X konvergieren oder gar keinen Häufungspunkthaben.

2.4 Beweisen Sie Lemma 2.18!

2.5 Beweisen Sie Lemma 2.19!

2.6 Sei (xi)i∈I ein Netz in einem topologischen Raum (X, T ).Zeigen Sie, dass x ∈ X genau dann ein Häufungspunkt von (xi)i∈I ist, dh. x ∈

⋂i∈I {xi : j � i},

wenn x Häufungspunkt des Abschnittsfilters[x(B(I,�)

)]ist.

Zeigen Sie weiters, dass (xi(j))j∈J genau dann ein Teilnetz von (xi)i∈I ist, dh. für jedesi0 ∈ I gibt es ein j0 ∈ J mit {i(j) : j � j0} ⊆ {i : i � i0}, wenn

[x(B(I,�)

)]⊆[

i(B(J,�)

)]=[i([B(J,�)

])]. Insbesondere ist die Eigenschaft Teilnetz zu sein, nicht von

den Netzen, sondern nur von den betrachteten gerichteten Mengen und der Abbildungi : J → I abhängig.Zeigen Sie damit, dass aus limi∈I xi = x auch limj∈J xi(j) = x folgt.

2.7 Sei (xi)i∈I ein Netz in einem topologischen Raum (X, T ).

Sei C eine Filterbasis auf X mit [C] ⊇[x(B(I,�)

)]. Setze

J := {(k,C) : k ∈ I, C ∈ C, xk ∈ C},

und definiere

(k1, C1) � (k2, C2) :⇔ k1 � k2 ∧ C1 ⊇ C2.

Zeigen Sie, dass J eine gerichtete Menge ist!Setzt man i((k,C)) := k, so zeigen Sie weiters, dass (xi(j))j∈J ein Teilnetz ist, wobei[C] =

[x ◦ i

(B(J,�)

)].

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Zeigen Sie schließlich, dass x genau dann Häufungspunkt von (xi)i∈I ist, wenn es ein gegenx konvergentes Teilnetz gibt!

2.8 Sei M eine nichtleere Menge und F ein Filter darauf. Zeigen Sie, dass folgende Aussagenäquivalent sind:

• F ist ein Ultrafilter.• A ∪B ∈ F bedingt A ∈ F oder B ∈ F .• Ist die Vereinigung endlich vieler Teilmengen von M in F , so ist zumindest einer

dieser Teilmengen schon in F .

2.9 Sei (X, T ) ein topologischer Raum und A ⊆ X. Mit A0 sei die Menge aller Kondensa-tionspunkte bezeichnet, d.h. alle x ∈ X, sodass jede Umgebung einen überabzählbarenSchnitt mit A hat. Zeigen Sie, dass Kondensationspunkte Häufungspunkte sind, dass A0

abgeschlossen ist, dass (A ∪B)0 = A0 ∪B0. Zeigen Sie weiters, dass in Räumen mit demzweiten Abzählbarkeitsaxiom die Menge A\A0 immer abzählbar ist und dass (A0)0 = A0.Zeigen Sie schließlich, dass sich jeder topologischer Raum mit dem zweiten Abzählbar-keitsaxiom in der Form A∪B = X mit disjunkten A und B schreiben lässt, wobei A = Akeine isolierten Punkte hat und wobei B abzählbar ist.Hinweis: Für eine abzählbare Basis B betrachte C := {B ∈ B : B ∩A ist abzählbar }.

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3 Zusammenhang und Trennungsaxiome

Definition 3.1. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und seien A,B ⊆ X. A und B heißen

• schwach getrennt, wenn A ∩B = ∅ ∨ A ∩B = ∅.

• getrennt, wenn A ∩B = ∅ = A ∩B.

• getrennt durch offene Mengen, wenn OA, OB ∈ T existieren, sodass OA ⊇ A, OB ⊇ Bund OA ∩OB = ∅.

Bemerkung 3.2. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und seien A,B ⊆ X. Dann gelten folgendeAussagen:(i) Es gilt:

A ∩B = ∅ ⇔ B ⊆ A{ ⇔ ∃OB ∈ T : B ⊆ OB, OB ∩A = ∅.Damit sind A,B genau dann schwach getrennt, wenn

∃OB ∈ T : B ⊆ OB, OB ∩A = ∅ ∨ ∃OA ∈ T : A ⊆ OA, OA ∩B = ∅und genau dann getrennt, wenn

∃OA, OB ∈ T : A ⊆ OA, B ⊆ OB, OA ∩B = ∅ = OB ∩A.

(ii) Sind A und B getrennt durch offene Mengen, so sind sie getrennt. Sind sie getrennt, sosind sie schwach getrennt. Sind sie schwach getrennt, so sind sie disjunkt.

(iii) Sei A ∩ B = ∅ und C := A ] B. Betrachte den topologischen Raum (C, T |C). Bekann-termaßen gilt AC = A ∩ C = (A ∩ A) ] (A ∩ B). Also ist A genau dann abgeschlossen inC, wenn A ∩B = ∅. Damit sind A und B genau dann schwach getrennt, wenn A oder Babgeschlossen in C ist, was äquivalent dazu ist, dass A oder B offen in C ist. Weiters sindA und B genau dann getrennt, wenn A und B abgeschlossen in C sind, was äquivalentdazu ist, dass A und B offen in C sind.

(iv) Sei Y ⊆ X und Y ⊇ A,B. Man schließt aus Punkt (iii), dass A und B genau dannauf (X, T ) (schwach) getrennt sind, wenn sie es auf (Y, T |Y ) sind. Diese Aussage gilt imAllgemeinen nicht für durch offene Mengen getrennte A,B.

Definition 3.3. Ein topologischer Raum (X, T ) erfüllt das Trennungsaxiom

(T0), falls je zwei Punkte x 6= y aus X schwach getrennt sind.

(T1), falls je zwei Punkte x 6= y aus X getrennt sind.

(T2), falls je zwei Punkte x 6= y aus X getrennt durch offene Mengen sind. Man nennt (X, T )auch Hausdorff-Raum.

(T3), falls für A mit A{ ∈ T und x /∈ A gilt, dass x und A getrennt durch offene Mengensind.

(T4), falls je zwei disjunkte, abgeschlossene Teilmengen von X auch getrennt durch offeneMengen sind.

(T5), falls je zwei getrennte Teilmengen von X getrennt durch offene Mengen sind. Mannennt (X, T ) wegen Satz 3.47 auch erblich (T4).

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Bemerkung 3.4. Es gelten folgende Aussagen:

• Ein topologischer Raum (X, T ) erfüllt wegen Bemerkung 3.2 Punkt (i) das Axiom (T0)genau dann, wenn

∀x, y ∈ X,x 6= y : ∃Ox ∈ T : x ∈ Ox, y /∈ Ox oder ∃Oy ∈ T : y ∈ Oy, x /∈ Oy

und (T1) genau dann, wenn

∀x, y ∈ X,x 6= y : ∃Ox ∈ T : x ∈ Ox, y /∈ Ox und ∃Oy ∈ T : y ∈ Oy, x /∈ Oy.

• (T1) ist nach Satz 3.30 äquivalent dazu, dass Punkte abgeschlossen sind.

• Wegen Bemerkung 3.2 Punkt (ii) folgt aus (T2) das Axiom (T1) und daraus (T0).

• Aus (T5) folgt (T4), weil disjunkte, abgeschlossene Mengen getrennt sind.

• Aus (T4) und (T1) folgt (T3), weil wegen (T1) Punkte abgeschlossen sind.

• Nach Korollar 3.36 folgt aus (T3) und (T0) das Axiom (T2).

Definition 3.5. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Eine Menge Z ⊆ X heißt zusammen-hängend, wenn

@A,B ⊆ X, A,B 6= ∅ getrennt mit A ]B = Z.

Korollar 3.6. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und ∅ 6= Z ⊆ Y ⊆ X. Z ist genau dannzusammenhängend in X, wenn es in (Y, T |Y ) zusammenhängend ist. Weiters ist Z genau dannzusammenhängend in X, wenn es nicht als Vereinigung zweier disjunkter, nichtleerer offenerund damit abgeschlossener Mengen aus (Z, T |Z) dargestellt werden kann.

Beweis. Bemerkung 3.2 Punkt (iv) und Punkt (iii) �

Satz 3.7. Sei f : (X, T ) → (Y,O) stetig und Z ∈ P(X) zusammenhängend, dann ist f(Z)ebenfalls zusammenhängend.

Beweis. Man betrachte die Funktion f |Z : (Z, T |Z) → (f(Z),O|f(Z)). Wie man leicht einsiehtist diese Funktion stetig. Angenommen man könnte f(Z) darstellen als f(Z) = A ] B mit ge-trennten ∅ 6= A,B. Nach Bemerkung 3.2 Punkt (iii) wären A und B dann in f(Z) abgeschlossen.Nun gälte, dass (f |Z)−1(A), (f |Z)−1(B) 6= ∅ abgeschlossen in Z wären. Außerdem wären dieseMengen disjunkt, also in Summe getrennt und erfüllten (f |Z)−1(A) ] (f |Z)−1(B) = Z, womitZ in Z also nach Korollar 3.6 auch in X nicht zusammenhängend wäre. �

Korollar 3.8. Seien (X, T ) ein topologischer Raum, Z ∈ P(X) zusammenhängend und A,B ∈P(X) getrennt. Es gilt

Z ⊆ A ]B ⇒ Z ⊆ A ∨ Z ⊆ B.

Beweis. Z = (Z ∩ A) ] (Z ∩ B) bedingt Z ∩ A = ∅ oder Z ∩ B = ∅, da Z ∩ A und Z ∩ Boffensichtlich getrennt sind. �

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Beispiel 3.9. Als Anwendung von Korollar 3.8 kann man zeigen, dass der stetige Weg γ : [0, 1]→C mit γ(0) = 0 und γ(1) = 2 einen Wert auf dem Einheitskreisrand ∂U1(0) annimmt. NachSatz 3.7 ist γ([0, 1]) ⊆ C zusammenhängend. Da ∂U1(0){ = U1(0) ] K1(0){ eine Vereinigunggetrennter Mengen ist, folgte aus γ([0, 1]) ⊆ ∂U1(0){ nach Korollar 3.8, dass entweder γ([0, 1]) ⊆U1(0) oder γ([0, 1]) ⊆ K1(0){. �

Korollar 3.10. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und seien Ei ⊆ X, i ∈ I zusammenhängend.Gibt es ein j ∈ I, sodass Ej nichtleeren Schnitt mit allen Ei, i ∈ I hat, dann ist E :=

⋃i∈I Ei

zusammenhängend.

Beweis. Seien A,B ⊆ X getrennt und E = A]B. Nach Korollar 3.8 gilt o.B.d.A. , dass Ej ⊆ A.Es gilt mit dem gleichen Argument, dass Ei ⊆ A oder Ei ⊆ B für alle i ∈ I. Existierte nun eini ∈ I \ {j} mit Ei ⊆ B, so folgte Ei ∩ Ej = ∅. Also erhält man Ei ⊆ A für alle i ∈ I, womitE ⊆ A gilt und B = ∅ folgt. �

Korollar 3.11. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und sei Z ⊆ X zusammenhängend. Weiterssei Z ⊆ C ⊆ Z. Unter diesen Voraussetzungen ist C ebenfalls zusammenhängend.

Beweis. Seien A,B ⊆ X getrennt und C = A]B. Mit Korollar 3.8 gilt o.B.d.A. Z ⊆ A. Damitist B = C ∩B ⊆ Z ∩B ⊆ A ∩B = ∅. �

Definition 3.12. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Eine offene und abgeschlossene MengeC, also C ∈ T und C{ ∈ T , heißt clopen.

Definition 3.13. Auf einem topologischen Raum (X, T ) definiert man die beiden Relationen

x ∼ y :⇔ ∃Z ⊆ X zusammenhängend mit x, y ∈ Z

und

x ≈ y :⇔ ∀C ⊆ X clopen : x, y ∈ C ∨ x, y ∈ C{.

Bemerkung 3.14. Für einen topologischen Raum (X, T ) und x, y, z ∈ X gelten folgende Aussa-gen:

• Da in jedem topologischen Raum für beliebiges x ∈ X die Menge {x} zusammenhängendist, ist ∼ reflexiv. Symmetrie von ∼ ist nach Definition erfüllt. Für x ∼ y und y ∼ zgibt es zusammenhängende Mengen Z1,2 ⊆ X mit x, y ∈ Z1 und y, z ∈ Z2. Damit giltZ1 ∩ Z2 ⊇ {y} und mit Korollar 3.10 folgt, dass Z1 ∪ Z2 3 x, y, z zusammenhängend ist,also x ∼ z. Damit liegt auch Transitivität vor und ∼ ist eine Äquivalenzrelation.

• Sei x ∈ X. Nun gilt für jede Menge A ⊆ X, insbesondere für clopen Mengen, dassx ∈ A ∨ x ∈ A{, womit ≈ reflexiv ist. Die Symmetrie von ≈ folgt wiederum aus derDefinition. Die Transitivität gilt, da für alle clopen C ⊆ X aus x ≈ y und y ≈ z folgt,dass x, y, z alle entweder in C oder in C{ liegen, insbesondere also x ≈ z. Somit ist auch≈ eine Äquivalenzrelation.

• Für x ∼ y gilt, dass es eine zusammenhängende Menge Z ⊆ X gibt, sodass x, y ∈ Z. FürC ⊆ X clopen ist X = C ] C{. Da C und sein Komplement als clopen Mengen getrenntsind, liefert Korollar 3.8, dass x, y ∈ Z ⊆ C ∨ x, y ∈ Z ⊆ C{. Demnach gilt x ≈ y. Dasheißt also ∼⊆≈ bzw. äquivalent [x]∼ ⊆ [x]≈ für alle x ∈ X.

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• Offenbar gilt [x]≈ =⋂

x∈C⊆XC clopen

C.

Lemma 3.15. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Für x ∈ X ist [x]∼ abgeschlossen und diegrößte x enthaltende, zusammenhängende Menge.

Beweis. Sei Z ∈ P(X) zusammenhängend. Man sieht sofort, dass aus x ∈ Z immer Z ⊆ [x]∼folgt. Nun gilt nach Definition für y ∈ X, dass y ∼ x genau dann, wenn es ein zusammenhän-gendes Zy ⊆ X gibt, sodass x, y ∈ Zy. Damit erhält man

[x]∼ =⋃y∼x{y} ⊆

⋃y∼x

Zy.

Da in all diesen Zy zumindest x liegt, ist nach Korollar 3.10⋃y∼x Zy zusammenhängend. Mit

den bisherigen Überlegungen schließt man, dass⋃y∼x Zy = [x]∼. Also ist [x]∼ die größte x

enthaltende, zusammenhängende Menge. Korollar 3.11 liefert die Abgeschlossenheit von [x]∼.�

Definition 3.16. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Für x ∈ X nennt man die Restklassen[x]∼ Zusammenhangskomponenten von T , die Restklassen [x]≈ Quasikomponenten vonT .

Beispiel 3.17. Zusammenhangskomponenten und Quasikomponenten eines topologischen Raum-es stimmen im Allgemeinen nicht überein. Man betrachte dazu R2 ⊇ X := {(0, 0), (1, 0)} ]⊎n∈N

([0, 1]×

{1n

})versehen mit der euklidischen Spurtopologie. Die Mengen [0, 1]×

{1n

}, n ∈

N sind nach Korollar 3.6 zusammenhängend in X, da sie es in R2 sind. Somit gilt[(

0, 1n

)]∼⊇

[0, 1]×{

1n

}, n ∈ N. Wegen

[0, 1]×{ 1n

}=(

(−1, 2)×( 1n− ε, 1

n+ ε

))∩X

=(

[−1, 2]×[ 1n− ε, 1

n+ ε

])∩X

für hinreichend kleines ε ∈ R+ sind die Mengen [0, 1] ×{

1n

}für n ∈ N clopen in X, womit[(

0, 1n

)]≈⊆ [0, 1] ×

{1n

}für n ∈ N gilt. Weil immer

[(0, 1

n

)]≈⊇[(

0, 1n

)]∼

für n ∈ N gilt, ist

X \ {(0, 0), (1, 0)} in die Restklassen [0, 1]×{

1n

}, n ∈ N zerlegt, wobei diese sowohl Quasi- als

auch Zusammenhangskomponenten sind. Da {(0, 0), (1, 0)} nicht zusammenhängend in R2 ist,ist es die Menge nach Korollar 3.6 auch nicht in X. Folglich ergeben sich die beiden Zusam-menhangskomponenten [(0, 0)]∼ = {(0, 0)} und [(1, 0)]∼ = {(1, 0)}. Sei jetzt C ∈ P(X) clopenmit (0, 0) ∈ C. Da C offen ist, gibt es ein ε ∈ R+, sodass Uε((0, 0)) ∩ X ⊆ C. Wählt mannun ein hinreichend großes n ∈ N mit 1

n < ε, so bekommt man(0, 1

n

)∈ C ∩

([0, 1]×

{1n

}).

Da C und C{ in X clopen und deswegen insbesondere getrennt sind und [0, 1] ×{

1n

}zusam-

menhängend ist, liefert Korollar 3.8, dass [0, 1] ×{

1n

}⊆ C. Allen voran ist

(1, 1

n

)∈ C. Da

C abgeschlossen ist, folgt limn→∞(1, 1

n

)= (1, 0) ∈ C. Weil aber [(0, 0)]≈ gerade der Schnitt

über alle C ∈ P(X), welche (0, 0) enthalten und clopen sind, ist, gilt [(0, 0)]≈ = {(0, 0), (1, 0)}.Damit ist X vollständig zerlegt und man erkennt die Ungleichheit von Zusammenhangs- undQuasikomponenten. �

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Lemma 3.18. Sei (X, T ) ein kompakter topologischer Raum, der (T2) erfüllt. Dann gelten auch(T3) und (T4).

Beweis. Sei A ⊆ X abgeschlossen und sei x ∈ A{. Da X kompakt ist, ist dies auch A. Da (T2)gilt, folgert man

∀y ∈ A∃Oy, Uy ∈ T : Oy ∩ Uy = ∅ und Oy 3 y, Uy 3 x.

Bei {Oy : y ∈ A} handelt es sich um eine offene Überdeckung von A, womit man wegen derKompaktheit von A gewisse y1, . . . , yn ∈ A findet, sodass O := Oy1 ∪ · · · ∪Oyn ⊇ A. Setzt mannun U := Uy1 ∩ · · · ∩Uyn , so gelten O,U ∈ T , x ∈ U,A ⊆ O und O ∩U = ∅. Also erfüllt (X, T )das Axiom (T3).Seien nun A,B ⊆ X abgeschlossen und disjunkt, womit sie auch kompakt sind. Da (T3) gilt,folgert man

∀y ∈ A∃Oy, Uy ∈ T : Oy ∩ Uy = ∅ und Oy 3 y, Uy ⊇ B.

Bei {Oy : y ∈ A} handelt es sich um eine offene Überdeckung von A, womit man wegen derKompaktheit von A gewisse y1, . . . , yn ∈ A findet, sodass O := Oy1 ∪ · · · ∪Oyn ⊇ A. Setzt mannun U := Uy1 ∩ · · · ∩Uyn , so gelten O,U ∈ T , B ⊆ U,A ⊆ O und O∩U = ∅. Also erfüllt (X, T )das Axiom (T4). �

Satz 3.19. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Falls #{[x]≈ : x ∈ X} < ∞ oder, falls Xkompakt ist und (X, T ) das Axiom (T2) erfüllt, dann gilt ∼=≈.

Beweis. Da für x ∈ X immer [x]∼ ⊆ [x]≈ erfüllt ist und nach Lemma 3.15 [x]∼ die größtezusammmenhängende, x enthaltende Teilmenge von X ist, genügt es zu zeigen, dass [x]≈ fürbeliebiges x ∈ X zusammenhängend ist.Sei zunächst #{[x]≈ : x ∈ X} < ∞, also {[x]≈ : x ∈ X} = {Q1, . . . , Qn} für ein n ∈ N. Fürj ∈ {1, . . . , n} ist Qj per definitionem abgeschlossen und wegen Qj = X \

(⋃i 6=j Qi

)auch offen,

also clopen. Für beliebige, getrennte A,B ⊆ X mit Qj = A]B sind nach Bemerkung 3.2 dieseclopen bezüglich Qj . Da Qj selbst clopen ist, müssen diese auch bezüglich X clopen sein. Damitmuss jetzt etweder A = ∅ oder B = ∅ zutreffen, weil sonst wäre Qj keine Quasikomponente.Also ist Qj zusammenhängend und die Behauptung bewiesen.Sei nun (X, T ) kompakt und (T2). Sei x ∈ X und Q := [x]≈. Seien F1,2 ⊆ X beliebige getrennteMengen mit Q = F1 ] F2 mit o.B.d.A. x ∈ F1. Da Q der Schnitt von Mengen, welche clopensind, ist, ist Q abgeschlossen, womit es wegen Bemerkung 3.2 auch F1,2 sind. Da (X, T ) nachLemma 3.18 das Trennungsaxiom (T4) erfüllt, existieren disjunkteG1,2 ∈ T mitGi ⊇ Fi, i = 1, 2.Man betrachte jetzt

Q{ =⋃

x∈A⊆XA clopen

A{ und X = Q{ ∪ (G1 ]G2).

Die Kompaktheit liefert die Existenz eines n ∈ N und gewisser A{1, . . . , A{n aus der Vereinigung,welche Q{ ergibt mit

X = (G1 ]G2) ∪A{1 ∪ · · · ∪A{n.

Damit erhält man B :=⋂nj=1Aj ⊆ G1]G2. Natürlich gilt auch F1]F2 = Q ⊆ B. Nun ist B∩G1

als Schnitt offener Mengen offen und wegen B∩G1 = B\G2 = B∩G{2 als Schnitt abgeschlossenerMengen abgeschlossen, sprich clopen. Wegen B ∩ G1 ⊇ F1 3 x muss Q ⊆ B ∩ G1 ⊆ G1. AusF2 = Q ∩ F2 ⊆ Q ∩ G2 ⊆ G1 ∩ G2 = ∅ folgt F2 = ∅, wodurch sich Q als zusammenhängendherausstellt. �

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Definition 3.20. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Man nennt diesen

(i) zusammenhangslos, falls [x]∼ = {x} für alle x ∈ X.

(ii) totalzusammenhangslos, falls [x]≈ = {x} für alle x ∈ X.

(iii) 0-dimensional, falls

∀x ∈ X∀U ∈ U(x)∃C ∈ U(x) mit x ∈ C ⊆ U und C clopen.

(iv) diskret, falls T = P(X).

Bemerkung 3.21. Für einen topologischen Raum (X, T ), x, y ∈ X und die Notation aus Defini-tion 3.20 gilt:

• (iv) ⇒ (iii)

• Aus (iii) und (T0) folgt (ii), weil x 6= y impliziert wegen (T0) die Existenz eines O ∈ T mito.B.d.A. x ∈ O 63 y. Wegen (iii) gibt es ein C ⊆ X, C clopen mit x ∈ C ⊆ O. Da y /∈ C,gilt x 6≈ y.

• (ii) ⇒ (i)

• Aus (i) folgt (T1), da nach Lemma 3.15 [x]∼ = {x} abgeschlossen ist und nach Satz 3.30Abgeschlossenheit von Punkten (T1) impliziert.

• Aus (ii) folgt (T2), denn aus x 6= y folgt x 6≈ y, was bedeutet, dass es ein A ⊆ X, A clopen,mit x ∈ A, y ∈ A{ gibt.

• Aus (iii) folgt (T3), denn für x /∈ A ⊆ X, A abgeschlossen folgt x ∈ A{, A{ offen. Somitgibt es wegen (iii) ein x ∈ C ⊆ A{, C clopen. Damit gilt aber A ⊆ C{, wobei C und C{sicherlich disjunkt sind.

�Erinnerung 3.22. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und sei R eine Äquivalenzrelation auf X.Eine Menge B ⊆ X nennt man gesättigt, wenn x ∈ B impliziert, dass [x]R ⊆ B. Dies istäquivalent zu π−1(π(B)) = B, wobei π : X → X/R die kanonische Einbettung bezeichne. Istnämlich B gesättigt, so hat man

B ⊆⋃x∈B{x} ⊆

⋃x∈B

[x]R︸ ︷︷ ︸=π−1(π(B))

⊆ B.

Gelte umgekehrt π−1(π(B)) = B. Für x ∈ B und y ∈ [x]R folgt, dass π(y) = π(x) ∈ π(B) undsomit y ∈ π−1(π(B)) = B, also ist B gesättigt.Jede Menge M ⊆ X/R liefert offensichtlich mit π−1(M) eine gesättigte Menge. Da π surjektivist, gilt auch π(π−1(M)) = M . Damit bildet in Summe π die gesättigten Mengen von X bijektivauf P(X/R) ab.X/R ist mit der Finaltopologie bezüglich π versehen, welche als Quotiententopologie T /R be-zeichnet wird. Siehe dazu [ana]. Wie bei allen finalen Topologien erhält man O ∈ T /R genaudann, wenn π−1(O) ∈ T . π−1(O) ist also offen und, wie oben gezeigt, gesättigt. Außerdemgilt π(π−1(O)) = O, da π surjektiv ist. Umgekehrt ist für jede gesättigte Menge U ∈ T dieGleichung π−1(π(U)) = U erfüllt, womit π(U) ∈ T /R gilt. Wegen Damit ist π eine Bijektionzwischen den offenen, gesättigten Mengen von X und T /R. Analoges gilt für abgeschlosseneMengen. �

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Lemma 3.23. Ist (X, T ) ein topologischer Raum, dann ist (X/∼, T /∼) zusammenhangslos.

Beweis. Sei C ⊆ X/∼ mindestens zweielementig und abgeschlossen in X/∼. Damit ist nachErinnerung 3.22 π−1(C) ⊆ X gesättigt und abgeschlossen in X und es gibt x, y ∈ X mitx 6∼ y und x, y ∈ π−1(C). Wegen Lemma 3.15 kann π−1(C) nicht zusammenhängend sein.Damit existieren A,B ⊆ X, A,B getrennt und nicht leer mit π−1(C) = A ] B. Da π−1(C)abgeschlossen ist, müssen A und B, da sie getrennt sind, ebenfalls abgeschlossen in X sein. Seix ∈ A. Wiederum wegen Lemma 3.15 ist [x]∼ zusammenhängend und, weil π−1(C) gesättigtist [x]∼ ⊆ π−1(C). Nach Korollar 3.8 muss [x]∼ ⊆ A gelten, sprich A ist gesättigt. Analogverhält es sich mit B. Wegen Erinnerung 3.22 sind π(A) und π(B) abgeschlossen in X/∼.Aufgrund der Surjektivität von π erhält man C = π(π−1(C)) = π(A) ] π(B). Somit kann Cnicht zusammenhängend sein und (X/∼, T /∼) ist nach Lemma 3.15 zusammenhangslos. �

Lemma 3.24. Sei (X, T ) ein topologischer Raum, dann ist (X/≈, T /≈) totalzusammenhangs-los.

Beweis. Zu x, y ∈ X mit [x]≈ 6= [y]≈ gibt es eine clopen Menge C ⊆ X mit x ∈ C, y /∈ C. C istgesättigt, da für z ∈ C gilt, dass

C ⊇⋂

z∈Z⊆XZ clopen

Z = [z]≈.

Gemäß Erinnerung 3.22 ist π(C) clopen in X/≈ mit [x]≈ ∈ π(C), [y]≈ /∈ π(C). Das heißt[x]≈ 6≈ [y]≈, womit (X/≈, T /≈) totalzusammenhangslos ist. �

Satz 3.25. Ist (X, T ) ein kompakter topologischer Raum und gilt (T2), dann sind folgendeAussagen äquivalent:

• (X, T ) ist zusammenhangslos.

• (X, T ) ist totalzusammenhangslos.

• (X, T ) ist 0-dimensional.

Beweis. Da aus (T2) immer (T0) folgt, ist die Implikationskette von unten nach oben wegenBemerkung 3.21 bereits bekannt. Somit ist nur noch zu zeigen, dass aus der Zusammenhangs-losigkeit die 0-Dimensionalität folgt. Sei dazu x ∈ X. Nach Satz 3.19 gilt

{x} = [x]∼ = [x]≈ =⋂

x∈C⊆XC clopen

C.

Für O ∈ T mit x ∈ O erhält man

X = O ∪⋃

x∈C⊆XC clopen

C{.

Die Kompaktheit liefert ein n ∈ N und C1, . . . , Cn aus obiger Vereinigung, sodass X = O ∪(C1 ∩ · · · ∩ Cn){. Daraus folgt C1 ∩ · · · ∩ Cn ⊆ O. Nun gilt x ∈ C1 ∩ · · · ∩ Cn und C1 ∩ · · · ∩ Cnist clopen. Ergo ist (X, T ) 0-dimensional. �

Lemma 3.26. Seien (Xi, Ti) topologische Räume für i ∈ I und fi : X → Xi Abbildungen füri ∈ I. Weiters sei X versehen mit der Topologie Tinit({fi : i ∈ I}). Falls für alle i ∈ I (Xi, Ti)das Axiom (T0) ((T1)) ((T2)) erfüllt und falls {fi : i ∈ I} punktetrennend ist, so erfüllt auch(X, Tinit({fi : i ∈ I})) das Axiom (T0) ((T1)) ((T2)).

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Beweis. Exemplarisch sei hier der Beweis für (T2) angeführt. Seien x, y ∈ X mit x 6= y. Da dieFamilie von Funktionen punktetrennend ist, findet man ein i ∈ I, sodass fi(x) 6= fi(y). Weil(Xi, Ti) das Axiom (T2) erfüllt, gibt es disjunkte O1,2 ∈ Ti mit fi(x) ∈ O1 und fi(y) ∈ O2. Darausschließt man, dass x ∈ f−1

i (O1) ∈ Tinit({fi : i ∈ I}) und y ∈ f−1i (O2) ∈ Tinit({fi : i ∈ I}).

Urbilder disjunkter Mengen sind wiederum disjunkt, also erfüllt (X, Tinit({fi : i ∈ I})) dasAxiom (T2). �

Bemerkung 3.27. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. (T0) gilt genau dann, wenn

∀x, y ∈ X : x 6= y ⇒ U(x) 6= U(y).

Also gilt (T0) genau dann nicht, wenn es x, y ∈ X mit x 6= y und U(x) = U(y) gibt. Auf Basisdieser Überlegung definiert man die folgende Äquivalenzrelation. �

Definition 3.28. Auf einem topologischen Raum (X, T ) definiert man die Äquivalenzrelation

x ' y :⇔ U(x) = U(y).

Lemma 3.29. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Alle in X offenen oder abgeschlossenenMengen sind bezüglich ' gesättigt. Die mit der Quotiententopologie versehenen Restklassen(X/', T /') erfüllen (T0). (X, T ) erfüllt (T0) genau dann, wenn die kanonische Einbettungπ : X → X/' ein Homöomorphismus ist.

Beweis. Sei x ∈ O ∈ T . x ' y für y ∈ X bedeutet, dass U(x) = U(y). Aus O ∈ U(x) = U(y)folgt y ∈ O, also ist O gesättigt. Wenn A ⊆ X abgeschlossen ist, heißt dies A{ ∈ T . Somitist A{ gesättigt. Wie man leicht einsieht müssen Komplemente gesättigter Mengen, und damitinsbesondere A, ebenfalls gesättigt sein.Seien [x]', [y]' ∈ X/' mit [x]' 6= [y]'. Dies bedeutet U(x) 6= U(y). Man findet also o.B.d.A.ein T 3 O ∈ U(x), welches O /∈ U(y) erfüllt. Weil in X offene Mengen gesättigt sind, ist nachErinnerung 3.22 π(O) offen in X/'. Außerdem folgt [x]' ∈ π(O), [y]' /∈ π(O), also (T0).π ist stets surjektiv und nach Konstruktion von T /' stetig. Da offene Mengen gesättigt sind, istπ nach Erinnerung 3.22 auch offen. Nun erfüllt (X, T ) das Trennungsaxiom (T0) genau dann,wenn

∀x, y ∈ X : x 6= y ⇒ U(x) 6= U(y)⇒ x 6' y ⇒ [x]' 6= [y]',

sprich wenn π injektiv ist. �

Satz 3.30. Für einen topologischen Raum (X, T ) sind äquivalent:

• Es gilt (T1).

• ∀x ∈ X : {x} = {x}

• Alle endlichen Teilmengen von X sind abgeschlossen.

Beweis. Wenn endliche Teilmengen von X abgeschlossen sind, dann sind es insbesondere Punk-te. Umgekehrt ist die endliche Vereinigung abgeschlossener Punkte wieder abgeschlossen. Geltenun (T1). Sei x ∈ X und y ∈ X, y 6= x. Dann gibt es wegen Bemerkung 3.2 Punkt (i) Ox, Oy ∈ T ,sodass x ∈ Ox, y /∈ Ox und y ∈ Oy, x /∈ Oy. Wegen Oy ⊆ {x}{ gilt

{x}{ =⋃

X3y 6=x{y} ⊆

⋃X3y 6=x

Oy ⊆ {x}{,

21

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womit {x}{ offen und {x} abgeschlossen ist. Umgekehrt setzt man für x, y ∈ X mit x 6= yeinfach y ∈ {x}{ := Oy und x ∈ {y}{ := Ox und hat wegen Bemerkung 3.2 Punkt (i) das Axiom(T1). �

Satz 3.31. Ein topologischer Raum (X, T ) erfüllt genau dann (T2), wenn alle konvergentenFilterbasen einen eindeutigen Grenzwert haben.

Beweis. „⇒“: Wäre B eine Filterbasis auf X mit B → x und B → y für x, y ∈ X und x 6= y,so wäre Ox ∩ Oy aus [B], wobei T 3 Ox ∈ U(x) und T 3 Oy ∈ U(y) jene disjunkte, offenenUmgebungen seien, welche x und y trennen. Damit wäre ∅ ∈ [B] .„⇐“: Wären x, y ∈ X mit x 6= y nicht durch offene Mengen getrennt, so hätte U(x) ∪ U(y)die endliche Durchschnittseigenschaft. Nach Korollar 2.6 gäbe es einen Filter F auf X, welcherF → x und F → y erfüllte. �

Lemma 3.32. Seien (X, T ) und (Y,O) topologische Räume. Erfülle (Y,O) das Axiom (T2) undsei f : (X, T )→ (Y,O) stetig. Unter diesen Voraussetzungen ist der Graph Gf ⊆ X × Y von fbezüglich T × O abgeschlossen.

Beweis. Gf = {(x, f(x)) : x ∈ X}. Sei nun (a, b) ∈ Gf . Nach Bemerkung 2.20 gibt es eineFilterbasis B aus Teilmengen von Gf mit B → (a, b) bezüglich T × O. Nun ist die Produktto-pologie T ×O gerade jene Initialtopologie, bezüglich welcher die kanonischen Projektionen πXund πY stetig sind. Damit gilt wegen Bemerkung 2.14, dass πX(B) → a und πY (B) → b. Kla-rerweise gilt πY (B) = f(πX(B)). Aus der Stetigkeit von f folgt wiederum mit Bemerkung 2.14,dass πY (B) = f(πX(B)) → f(a). Da gemäß Satz 3.31 die Filterbasis πY (B) einen eindeutigenGrenzwert hat, erhält man b = f(a), also Gf = Gf . �

Bemerkung 3.33. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Es gilt für A,B ∈ P(X):

A ∩B = ∅ ⇔ A ⊆ B{ ⇔ B ⊆ A{.

Weiters gilt, dass A und B genau dann getrennt durch offene Mengen sind, wenn

∃O ∈ T : A ⊆ O ⊆ O ⊆ B{.

Nämlich: Gilt die Teilmengenkette, so sind O und O{ zwei disjunkte, offene Mengen mit A ⊆ Ound B ⊆ O

{. Umgekehrt gebe es nun disjunkte OA, OB ∈ T mit A ⊆ OA und B ⊆ OB. Aufjeden Fall gelten A ⊆ OA ⊆ OA, O{B ⊆ B{ und OA ⊆ O{B. Da O{B abgeschlossen ist gilt auchOA ⊆ O{B. �

Satz 3.34. Für einen topologischen Raum (X, T ) sind folgende Aussagen äquivalent:

• Es gilt (T3).

• ∀x ∈ X ∀O ∈ T : x ∈ O ⇒ ∃P ∈ T : x ∈ P ⊆ P ⊆ O

• Für x ∈ X hat U(x) eine Filterbasis, bestehend aus abgeschlossenen Mengen.

Beweis. Die Äquivalenz der ersten beiden Punkte folgt unmittelbar aus Bemerkung 3.33, ange-wandt auf {x} und O{.Gelte nun der zweite Punkt. Für x ∈ X ist die Menge {V ∈ U(x) : V { ∈ T } eine Filterbasisvon U(x), denn für U ∈ U(x) gibt es ein O ∈ T , sodass x ∈ O ⊆ U . Somit gibt es ein P ∈ Tmit x ∈ P ⊆ P ⊆ O ⊆ U . Also ist P ∈ U(x) und P { ∈ T , sprich P ∈ {V ∈ U(x) : V { ∈ T }.

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Habe nun umgekeht der Umgebungsfilter von jedem beliebigen x eine Filterbasis aus abge-schlossenen Mengen. Seien x ∈ X und O ∈ T , sodass x ∈ O. Dann findet man wegen O ∈ U(x)ein abgeschlossenes V ∈ U(x) mit x ∈ V ⊆ O. Aufgrund der Definition von U(x) existiert einP ∈ T , sodass x ∈ P ⊆ V ⊆ O. Außerdem ist auch P ⊆ P ⊆ V erfüllt, da V abgeschlossenist. �

Definition 3.35. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Man nennt diesen regulär, falls dieser(T3) und (T0) erfüllt.

Korollar 3.36. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Ist dieser regulär, so erfüllt er auch (T2) und(T1). Insbesondere ist dieser also genau dann regulär, wenn er (T3) und (T2) erfüllt, respektivegenau dann, wenn er (T3) und (T1) erfüllt.

Beweis. Es muss nur gezeigt werden, dass aus der Regularität (T2) folgt. Seien dazu x, y ∈ Xmit x 6= y. Wegen (T0) gibt es o.B.d.A. ein O ∈ T , sodass x ∈ O, y /∈ O. Wegen Satz 3.34 liefert(T3) ein P ∈ T , welches x ∈ P ⊆ P ⊆ O erfüllt. Nun hat man x ∈ P und y ∈ P { ∈ T . Dasheißt, (T2) gilt, da P ∩ P { = ∅. �

Lemma 3.37. Seien I 6= ∅, (Xi, Ti) topologische Räume für i ∈ I und fi : X → Xi Abbildungenfür i ∈ I. Weiters sei X versehen mit der Topologie Tinit({fi : i ∈ I}). Falls für alle i ∈ I (Xi, Ti)(T3) erfüllt, so erfüllt auch (X, Tinit({fi : i ∈ I})) das Axiom (T3).

Beweis. Seien x ∈ X und O ∈ Tinit({fi : i ∈ I}), sodass x ∈ O. Da die Urbilder der Mengenaus Ti, i ∈ I eine Subbasis von Tinit({fi : i ∈ I}) bilden, gilt x ∈ f−1

i1(Oi1) ∩ · · · ∩ f−1

in(Oin) ⊆ O

für gewisse i1, . . . , in ∈ I und Oik ∈ Tik für ein gewisses n ∈ N. Daraus folgt fik(x) ∈ Oikfür k ∈ {1, . . . , n}. (T3) liefert mit Satz 3.34 für k ∈ {1, . . . , n} die Existenz eines Pik ∈ Tik :fik(x) ∈ Pik ⊆ Pik ⊆ Oik . Da die fi für i ∈ I nach Konstruktion von Tinit({fi : i ∈ I}) stetigsind, erhält man

x ∈

offen in X︷ ︸︸ ︷f−1i1

(Pi1) ∩ · · · ∩ f−1in

(Pin) ⊆ f−1i1

(Pi1) ∩ · · · ∩ f−1in

(Pin)︸ ︷︷ ︸abg. in X

⊆ O,

womit nach Satz 3.34 Tinit({fi : i ∈ I}) das Trennungsaxiom (T3) erfüllt. �

Satz 3.38. Seien (X, T ) und (Y,O) topologische Räume und erfülle letzterer (T3). Sei A ⊆ Xeine dichte Teilmenge und f : A → Y stetig bezüglich (A, T |A). Falls für alle x ∈ X \ A einestetige Fortsetzung fx : A ] {x} → Y von f existiert, so existiert auch eine stetige Fortsetzungg : X → Y von f .

Beweis. Man wähle für alle x ∈ X \ A eine beliebige stetige Fortsetzung fx aus und betrachtedie Funktion

g :

X → Y

x 7→{f(x) falls x ∈ A,fx(x) sonst.

g ist offensichtlich eine wohldefinierte Fortsetzung von f . Sei nun x ∈ X und V ∈ U(g(x)).Wegen Satz 3.34 gibt es ein W ∈ O, sodass g(x) ∈W ⊆W ⊆ V .Für den Fall x ∈ A liefert die Stetigkeit von f die Existenz eines U ∈ U(x)∩T : f(A∩U) ⊆W .Nun folgt g(U) ⊆ V . Wäre dem nämlich nicht so, hieße dies, es gäbe ein z ∈ U ∩ A{ mit

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g(z) ∈ V { ⊆ W{. Jetzt gäbe es, da fz auf (A ] {z}, T |A]{z}) stetig ist, ein U ′ ∈ U(z) ∩ T mit

o.B.d.A. U ′ ⊆ U (weil U ∈ U(z)∩T gilt, betrachte man andernfalls U ∩U ′ ∈ U(z)∩T ), sodassfz(U ′ ∩ (A ] {z})) ⊆ W

{. Aufgrund der Dichtheit von A in X fände man ein a ∈ A ∩ U ′. Eswäre folglich, weil fz ein Fortsetzung von f ist, f(a) = fz(a) ∈W { ∩W = ∅. Für den Fall x /∈ A liefert die Stetigkeit von fx die Existenz eines U ∈ U(x) ∩ T : fx((A ]{x}) ∩ U) ⊆ W . Nun ist g(U) ⊆ V . Wäre dem nämlich nicht so, hieße dies, es gäbe ein∃z ∈ U \ (A ] {x}) mit g(z) ∈ V { ⊆ W

{. Jetzt gäbe es, da fz bezüglich (A ] {z}, T |A]{z})stetig ist, ein U ′ ∈ U(z) ∩ T mit o.B.d.A. U ′ ⊆ U (weil U ∈ U(z) ∩ T gilt, betrachte manandernfalls U ∩ U ′ ∈ U(z) ∩ T ), sodass fz(U ′ ∩ (A ] {z})) ⊆ W

{. Aufgrund der Dichtheit vonA in X fände man ein a ∈ A ∩ U ′. Es wäre folglich, weil fx und fz Fortsetzungen von f sind,fx(a) = f(a) = fz(a) ∈W { ∩W = ∅. Alles in allem gilt also

∀x ∈ X∀V ∈ U(g(x))∃U ∈ U(x) : g(U) ⊆ V ,

sprich g ist stetig. �

Definition 3.39. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Man nennt diesen normal, wenn dieser(T4) und (T1) erfüllt.

Bemerkung 3.40. Jeder normale topologische Raum ist, weil aus (T4) und (T1) das Axiom (T3)folgt und weil aus (T1) das Axiom (T0) folgt, regulär und erfüllt somit nach Korollar 3.36auch (T2). Insbesondere ist ein topologischer Raum genau dann normal, wenn er (T4) und (T2)erfüllt. �

Beispiel 3.41. Im Allgemeinen sind reguläre Räume nicht normal. Man betrachte dazu dieMenge X :=

{(xy

)∈ R2 : y ≥ 0

}. Für ein

(xy

)∈ X mit y 6= 0 sei U

(xy

):=[{Uε(xy

): 0 < ε < y

}]und sei

U(x

0

):=[{Uε

(x

ε

)]{(

x

0

)}: ε > 0

}].

Wie man leicht nachprüft, handelt es sich dabei um Filter mit:

• ∀(xy

)∈ X∀U ∈ U

(xy

):(xy

)∈ U ,

• ∀(xy

)∈ X∀U ∈ U

(xy

)∃W ∈ U

(xy

): W ⊆ U mit ∀

(ab

)∈W : U ∈ U

(ab

).

Damit existiert nach Aufgabe 2.1 eine eindeutige Topologie T auf X, sodass für alle(xy

)∈ X der

Filter U(xy

)der Umgebungsfilter von

(xy

)ist. Ein Menge, welche in einer der obigen Filterbasen

liegt, ist offensichtlich Umgebung all ihrer Elemente, womit die obigen Filterbasen aus in Xoffenen Mengen bestehen.Man erhält unmittelbar (T2). Wie man leicht einsieht, handelt es sich für

(xy

)∈ X mit y 6= 0

bei{Kε(xy

): 0 < ε < y

}um eine Umgebungsbasis bestehend aus in X abgeschlossenen Mengen.

Wegen Uε(xε

)]{(x

0)}

= Kε(xε

)∪{(x

0)}

für ε > 0 gilt selbiges für(x

0). Damit hat jeder Punkt in X

eine Umgebungsbasis aus abgeschlossenen Mengen und mit Satz 3.34 folgt (T3), also ist (X, T )regulär. Schließlich betrachte man

A :={(

x

0

): x ∈ Q

}⊆ X und B :=

{(x

0

): x ∈ R \Q

}⊆ X.

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Page 25: Skriptum SS 2017 15. Januar 2019 - TU Wien | ASC

Offenbar gilt A ∩B = ∅. Außerdem sind beide Mengen abgeschlossen, da sich exemplarisch A{darstellen lässt als die offene Menge

⋃x,y∈Ry>0

Uεy

(x

y

)∪

⋃x∈R\Q

(Uε

(x

ε

)]{(

x

0

)}),

wobei ε, εy > 0 hinreichend klein seien. Seien jetzt OA,B ∈ T : OA ⊇ A,OB ⊇ B. Da(x

0)∈

OB ∈ U(x

0)für x ∈ R\Q gilt, schließt man, dass es ein εx > 0 mit Uεx

( xεx

)⊆ OB gibt. Für n ∈ N

definiert man Mn :={x ∈ R \Q : εx ≥ 1

n

}. Klarerweise ist

R \Q =⋃n∈N

Mn.

WäreMn◦ = ∅ für alle n ∈ N, so hieße dies, weil in jedem topologischen Raum für eine beliebige

Teilmenge Y gilt Y ◦ = Y {{, dass die offenen Mengen Mn

{ für n ∈ N dicht in R lägen. Genausoist für alle q ∈ Q die Menge {q}{ in R offen und dicht. Da R ein vollständiger metrischer Raumist, lieferte der Satz von Baire ( ⋂

n∈NMn

{)∩( ⋂q∈Q{q}{

)6= ∅ ⇔

( ⋃n∈N

Mn

)∪Q 6= R⇒

⋃n∈N

Mn + R \Q.

Folglich gilt ∃n ∈ N : Mn◦ 6= ∅. Da es sich hier um eine offene Menge handelt und weil

Q in R dicht liegt, erhält man als ein q ∈ Q mit q ∈ Mn◦ ⊆ Mn. Demnach gilt, weil die

um q symmetrischen Intervalle eine Umgebungsbasis von q bilden, dass es für alle k ∈ N einxk ∈Mn∩

(q − 1

k , q + 1k

)gibt. Das heißt nach Definition vonMn auch εxk ≥ 1

n . Wegen(q0)∈ OA

existiert ein ε > 0 mit o.B.d.A. ε < 1n , sodass Uε

(qε

)⊆ OA. Wählt man jetzt k ∈ N so groß, dass

|xk−q| < ε, so gilt(xkε

)∈ Uεxk

( xkεxk

)⊆ OB, aber auch

(xkε

)∈ Uε

(qε

)⊆ OA. Somit ist OA∩OB 6= ∅

und (T4) gilt nicht. �

Satz 3.42. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Ist (X, T ) regulär und erfüllt (X, T ) das zweiteAbzählbarkeitsaxiom, so ist (X, T ) normal.

Beweis. Nach Korollar 3.36 muss nur (T4) gezeigt werden. Seien dazu A,B ⊆ X abgeschlos-sen und disjunkt und sei B ⊆ P(X) eine abzählbare Basis von T . Aus Satz 3.34 und denEigenschaften einer Basis folgen:

∀a ∈ A∃Ua ∈ U(a) ∩ B : a ∈ Ua ⊆ Ua ⊆ B{,

∀b ∈ B∃Vb ∈ U(b) ∩ B : a ∈ Vb ⊆ Vb ⊆ A{.

Diese Umgebungen von a und b lassen sich abzählen, also {Ua : a ∈ A} =: {Un : n ∈ N} und{Vb : b ∈ B} =: {Vn : n ∈ N}. Man definiert

G :=⋃n∈N

Un ∩(V1{ ∩ · · · ∩ Vn

{)

und H :=⋃n∈N

Vn ∩(U1{ ∩ · · · ∩ Un

{).

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Es gelten A ⊆ G,B ⊆ H und G,H ∈ T . Wäre x ∈ G ∩H, so bedeutete dies die Existenz vonm,n ∈ N mit

x ∈ Um ∩(V1{ ∩ · · · ∩ Vm

{)

und x ∈ Vn ∩(U1{ ∩ · · · ∩ Un

{).

Für o.B.d.A. n ≤ m gälte also x ∈ Vn ∧ x ∈ Vn{ . Somit ist auch G ∩H = ∅ erfüllt und (T4)

gilt. �

Lemma 3.43. Sei (X, d) ein metrischer Raum. Dann ist (X, T (d)) normal.

Beweis. Dass (T2) gilt, ist bekannt. Seien also A,B ⊆ X abgeschlossen und disjunkt. Da B{und A{ offen sind und A ⊆ B{, B ⊆ A{ gilt, hat man

∀a ∈ A∃εa ∈ R, εa > 0 : U3εa(a) ⊆ B{ und ∀b ∈ B∃εb ∈ R, εb > 0 : U3εb(b) ⊆ A{.

Man definiert nun

G :=⋃a∈A

Uεa(a) ⊇ A und H :=⋃b∈B

Uεb(b) ⊇ B.

G,H ∈ T (d) ist offensichtlich. Wäre x ∈ G∩H, so gäbe es a ∈ A, b ∈ B mit x ∈ Uεa(a)∩Uεb(b).Es gälte d(a, b) ≤ d(a, x) + d(x, b) ≤ εa + εb ≤ 2εa für o.B.d.A. εb ≤ εa. Damit wäre b ∈B ∩ U3εa(a) . Ergo ist G ∩H = ∅ und (T4) ist erfüllt, sprich (X, T ) ist normal. �

Lemma 3.44. Sei (X, T ) ein topologischer Raum, welcher (T4) erfülle. Ist Y ⊆ X in Xabgeschlossen, so erfüllt (Y, T |Y ) ebenfalls (T4).

Beweis. Seien A,B ⊆ Y disjunkt und in Y abgeschlossen. Da Y abgeschlossen ist, sind es dieseMengen dann auch in X. Damit gibt es OA, OB ∈ T mit OA ⊇ A,OB ⊇ B und OA ∩ OB = ∅.Infolge sind OA∩Y,OB∩Y ∈ T |Y mit OA∩Y ⊇ A,OB∩Y ⊇ B und (OA∩Y )∩(OB∩Y ) = ∅. �

Definition 3.45. Einen topologischen Raum (X, T ) nennt man vollständig normal, fallsdieser (T5) und (T1) erfüllt.

Bemerkung 3.46. Weil aus (T5) das Trennungsaxiom (T4) folgt, ist jeder vollständig normaleRaum auch normal und infolge auch regulär. Er erfüllt also auch (T3), (T2) und (T0). Folglichist ein topologischer Raum genau dann vollständig normal, wenn er (T5) und (T2) erfüllt. �

Satz 3.47. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Dieser erfüllt genau dann (T5), wenn für alleY ⊆ X der Raum (Y, T |Y ) das Trennungsaxiom (T4) erfüllt.

Beweis. „⇒“: Sei Y ⊆ X. Seien A,B ⊆ Y disjunkt und abgeschlossen in Y . Dann sind sie auchgetrennt in Y . Damit sind sie nach Bemerkung 3.2 auch in X getrennt. Wegen (T5) gibt esOA, OB ∈ T , sodass A ⊆ OA, B ⊆ OB und OA ∩ OB = ∅. Nun gilt OA ∩ Y,OB ∩ Y ∈ T |Y undweiterhin A ⊆ OA ∩ Y,B ⊆ OB ∩ Y . Da diese in Y offenen Mengen klarerweise auch disjunktsind, erfüllt (Y, T |Y ) das Axiom (T4).„⇐“: Seien A,B ⊆ X getrennt und definiere (A ∩ B){ =: Y ∈ T . Offensichtlich folgt aus derTatsache, dass A und B getrennt sind, dass A,B ⊆ Y . Weil (Y, T |Y ) nach Voraussetzung (T4)erfüllt, gibt es wegen AY ∩BY = A∩B ∩Y = ∅ disjunkte OA, OB ∈ T |Y mit A ⊆ OA, B ⊆ OB.Weil Y offen in X ist, erhält man OA, OB ∈ T , womit A,B in X getrennt durch offene Mengensind. �

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Bemerkung 3.48. Aus Satz 3.47 folgt wegen der Assoziativität der Spurtopologie auch, dass füreinen topologischen Raum mit (T5) auch jeder Teilraum (Y, T |Y ) für Y ⊆ X das Trennungsaxi-om (T5) erfüllt. �

Korollar 3.49. Sei (X, T ) ein regulärer topologischer Raum und erfülle dieser das zweite Ab-zählbarkeitsaxiom, dann ist (X, T ) vollständig normal.Beweis. Sei Y ⊆ X. Da die kanonische Einbettung ι : Y → X offensichtlich punktetrennendist und (Y, T |Y ) genau die initiale Topologie bezüglich ι ist liefert Lemma 3.26, dass (Y, T |Y )das Axiom (T0) erfüllt und Lemma 3.37, dass (Y, T |Y ) das Axiom (T3) erfüllt. Also ist (Y, T |Y )regulär. Sei B ⊆ P(X) eine abzählbare Basis von T . Offensichtlich ist B∩Y := {B∩Y : B ∈ B}eine abzählbare Basis von (Y, T |Y ). Somit ist (Y, T |Y ) nach Satz 3.42 normal. Aus Satz 3.47 dieBehauptung. �

Korollar 3.50. Für einen metrischen Raum (X, d) ist (X, T (d)) vollständig normal.Beweis. Für Y ⊆ X gilt nach Aufgabe 1.16, dass (Y, T (d)|Y ) = (Y, T (d|Y×Y )). Dieser Raum istgemäß Lemma 3.43 normal, erfüllt also auch (T4), womit die Aussage aus Satz 3.47 folgt. �

Lemma 3.51. Sei (X, T ) ein topologischer Raum, seien Mk :={`

2k : ` = 0, . . . , 2k}, k ∈ N0

und M :=⋃∞k=0Mk. Weiters gebe es eine Abbildung, welche jedem r ∈ M ein Or ∈ T zuweist,

sodass aus r, s ∈ M, r < s folgt, dass Or ⊆ Os und O0 = ∅, O1 = X gilt. Unter diesenVoraussetzungen ist

f :{X → [0, 1]x 7→ inf{r ∈M : x ∈ Or}

stetig.Beweis. Offensichtlich folgt aus O1 = X, dass {r ∈ M : x ∈ Or} für x ∈ X niemals leerist und infolge von M ⊆ [0, 1], dass f wohldefinert ist. Genauso folgt aus O0 = ∅, dass{r ∈M : x ∈ Or

{}6= ∅, womit auch

g :

X → [0, 1]

x 7→ sup{r ∈M : x ∈ Or

{}

wohldefiniert ist. Für s ∈{r ∈M : x ∈ Or

{}

und t ∈ {r ∈ M : x ∈ Or} bei festem x ∈ X gilt

s < t, da man anderenfalls den Widerspruch x ∈ Os{ ∩ Ot ⊆ Os

{ ∩ Os = ∅ erhielte. Demnachgilt g(x) ≤ f(x) für x ∈ X. Gäbe es ein x ∈ X mit g(x) ≤ f(x), so gälte wegen der Dichtheitvon M in [0, 1], dass man r, s ∈M mit g(x) < r < s < f(x) fände. Wegen Or ⊆ Os gilt x ∈ Osoder x ∈ O{s ⊆ Or

{ also f(x) ≤ s oder g(x) ≥ r. Also gilt f(x) = g(x) für alle x ∈ X.Die Stetigkeit von f : X → [0, 1] zu zeigen ist äquivalent dazu, die Stetigkeit von f : X → R zuzeigen, da die Spurtopologie auf [0, 1] eine initiale Topologie ist und damit f genau dann stetigist, wenn es ι ◦ f ist, wobei ι : [0, 1]→ R die kanonische Einbettung bezeichne. Darüber hinausgenügt es zu zeigen, dass die Urbilder einer geeigneten Subbasis der euklidischen Topologie aufR in T liegen. Dazu wählt man die Mengen (−∞, t), (t,+∞), t ∈ R. Nun gelten

f(x) = inf{r ∈M : x ∈ Or} < t⇔ ∃r ∈M, r < t : x ∈ Or ⇔ x ∈⋃r∈Mr<t

Or und

g(x) = sup{r ∈M : x ∈ Or

{}> t⇔ ∃r ∈M, r > t : x ∈ Or

{ ⇔ x ∈⋃r∈Mr>t

Or{.

27

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Damit hat man f−1(−∞, t) =⋃r∈Mr<t

Or ∈ T und f−1(t,+∞) =⋃r∈Mr>t

Or{ ∈ T Also ist f

stetig. �

Definition 3.52. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Eine Basis B ⊆ P(X) von T heißtnormal, wenn es zu je zwei O,P ∈ B mit O{ ∩ P { = ∅ disjunkte G,H ∈ B gibt, sodassG ⊇ O{, H ⊇ P {.

Bemerkung 3.53. Ein topologischer Raum (X, T ) erfüllt klarerweise genau dann (T4), wenn Teine normale Basis von sich selbst ist. �

Lemma 3.54. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und B ⊆ P(X) eine normale Basis, dannlassen sich je zwei disjunkte A,B ∈ B{ :=

{B{ : B ∈ B

}durch eine stetige Funktion f : X →

[0, 1] trennen, also f(A) ⊆ {0}, f(B) ⊆ {1}.

Beweis. Da B normal ist, existieren G0, H0 ∈ B : G0 ⊇ A,H0 ⊇ B,G0 ∩ H0 = ∅. Setzt manH1 := ∅ und G1 := B{ ⊇ H{0 ⊇ G0, so gilt G1 ∈ B und mit der Notation aus Lemma 3.51offensichtlich für k = 0

∀ζ, ξ ∈Mk : ζ < ξ ⇒ Gζ ⊆ H{ζ ⊆ Gξ. (3.1)

Seien für n ∈ N0 und alle ζ ∈ Mn Mengen Gζ , Hζ ∈ B definiert und gelte (3.1) für k = n. Seinun ζ ∈Mn+1. Also hat ζ die Form `

2n+1 für ein ` ∈ {0, . . . , 2n+1}. Ist ` gerade, so sind Gζ , Hζ

bereits definiert, da ζ ∈ Mn. Ist ` ungerade, so sind Gζ , Hζ noch nicht definiert und es giltMn 3 ζ ′ := `−1

2n+1 < ζ < `+12n+1 =: ζ ′′ ∈ Mn. Aus (3.1) folgt Gζ′ ⊆ H{ζ′ ⊆ Gζ′′ also H{ζ′ ∩G{ζ′′ = ∅.

Wegen ζ ′ 6= 1 gilt Hζ′ , Gζ′′ ∈ B. Damit gibt es disjunkte Gζ , Hζ ∈ B mit Gζ ⊇ H{ζ′ , Hζ ⊇ G{ζ′′ .Daraus folgt Gζ′ ⊆ H{ζ′ ⊆ Gζ und Gζ ⊆ H{ζ ⊆ Gζ′′ , womit, wie man leicht einsieht, auch (3.1)auf Mn+1 gilt. Setzt man nun für t ∈M \ {1, 0} die Mengen Ot := Gt und O0 := ∅, O1 := X, soerfüllen diese Mengen die Voraussetzungen von Lemma 3.51, womit

f :{X → [0, 1]x 7→ inf{r ∈M : x ∈ Or}

stetig ist. Für x ∈ A gilt x ∈ G0, also x ∈ Ot, falls M 3 t > 0, womit f(x) = 0. NachKonstruktion gilt Gζ ⊆ B{ für alle ζ ∈M . Insbesondere gilt damit fürM 3 t < 1, dass B ⊆ O{t .Daraus folgt f(x) = 1 für x ∈ B. �

Lemma von Urysohn 3.55. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Dieser erfüllt (T4) genaudann, wenn es zu je zwei disjunkten, abgeschlossenen Teilmengen A,B ∈ P(X) eine stetigeFunktion f : X → [0, 1] mit f(A) ⊆ {0} und f(B) ⊆ {1} gibt.

Beweis. „⇐“: Seien A,B ∈ P(X) disjunkt und abgeschlossen, so gibt es eine Funktion f mitobigen Eigenschaften. Nun sind die Mengen

[0, 1

2

),(

12 , 1]in [0, 1] offen und disjunkt. Damit

folgt aus der Stetigkeit von f , dass f−1[0, 1

2

)⊇ A und f−1

(12 , 1]⊇ B ebenfalls offen und

disjunkt sind, womit (T4) gilt.„⇒“: T ist klarerweise eine Basis von sich selbst und aus (T4) folgt, dass T eine normaleBasis von sich selbst ist. Nun ist die Menge aller Komplemente von T gerade die Menge allerabgeschlossenen Mengen in X. Somit folgt aus Lemma 3.54 die Aussage. �

Lemma 3.56. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und erfülle dieser (T4). Seien A ⊆ X ab-geschlossen und u : A → [−1, 1] stetig, dann existiert eine stetige Funktion v : X →

[−1

3 ,13

],

sodass |u(x)− v(x)| ≤ 23 für alle x ∈ A.

28

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Beweis. Die Mengen[−1,−1

3

],[

13 , 1]sind disjunkt und abgeschlossen in [−1, 1] und damit sind

es auch C := u−1[−1,−1

3

], D := u−1

[13 , 1]in A, da u stetig ist. Da A abgeschlossen ist, sind

jene Mengen auch in X abgeschlossen und disjunkt. Wegen des Lemmas von Urysohn 3.55gibt es eine stetige Abbildung v : X → [0, 1] mit v(C) ⊆ {0} und v(D) ⊆ {1}. Die Abbildungv : X →

[−1

3 ,13

], definiert durch v(x) := 2

3 v(x)− 13 , ist ebenfalls stetig und erfüllt v(C) ⊆

{−1

3

}und v(D) ⊆

{13

}. Offensichtlich erfüllt v das Gewünschte. �

Fortsetzungssatz von Tietze 3.57. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und erfülle dieser(T4). Seien A ⊆ X abgeschlossen und f : A→ R stetig. Dann existiert eine stetige Fortsetzungvon f auf X, also eine stetige Funktion g : X → R mit g|A = f , welche auch supt∈A |f(t)| =supt∈X |g(t)| erfüllt.

Beweis. Erfülle f zunächst ‖f‖∞ = 1, womit f(A) ⊆ [−1, 1]. Mit Lemma 3.56 erhält man einh0 : X →

[−1

3 ,13

]mit |f(x) − h0(x)| ≤ 2

3 für alle x ∈ A. Seien nun für j = 0, . . . , n stetige

Funktionen hj : X →[−1

3

(23

)j, 1

3

(23

)j]gegeben, sodass

∣∣∣∣∣f(x)−n∑j=0

hj(x)∣∣∣∣∣ ≤

(23

)n+1für x ∈ A. (3.2)

Die Funktion u(x) :=(

32

)n+1 (f(x)−

∑nj=0 hj(x)

)ist auf A stetig mit Bild in [−1, 1]. Somit

liefert Lemma 3.56 ein v : X →[−1

3 ,13

]mit |u(x) − v(x)| ≤ 2

3 für alle x ∈ A. Man schließtdaraus ∣∣∣∣∣f(x)−

n∑j=0

hj(x)−(2

3

)n+1v(x)︸ ︷︷ ︸

=:hn+1(x)

∣∣∣∣∣ ≤(2

3

)n+2für x ∈ A.

Damit ist eine Folge (hn)n∈N wohldefiniert.Wegen

∞∑j=0‖hj‖∞ ≤

13

∞∑j=0

(23

)j= 1 (3.3)

konvergiert die Reihe∑∞j=0 hj absolut als Funktionenreihe und insbesondere gleichmäßig gegen

eine stetige, beschränkte Funktion h : X → R, da Cb(X,R) mit ‖.‖∞ wegen [ana] ein Ba-nachraum ist. Außerdem folgt aus (3.3) ‖h‖∞ ≤ 1. Bildet man in (3.2) den Grenzwert, so giltf(x) = h(x) für x ∈ A, woraus auch ‖h‖∞ = ‖f‖∞ = 1 folgt.f ≡ 0 hat die Nullfunktion als stetige Fortsetzung, die die Supremumsnorm erhält.Ist f nun allgemein beschränkt mit ‖f‖∞ > 0, so betrachte man die stetige Funktion f

‖f‖∞ : A→[0, 1] mit

∥∥ f‖f‖∞

∥∥∞ = 1. Nach dem obigen Teil des Beweises gibt es eine Funktion g : X → R

mit g|A = f und ‖g‖∞ = 1. Nun ist g‖f‖∞ ebenfalls stetig und setzt f fort. Außerdem gilt‖g‖f‖∞‖∞ = ‖g‖∞‖f‖∞ = ‖f‖∞.Zuletzt sei f : A→ R unbeschränkt. Bekanntermaßen gibt es einen Homöomorphismus ϕ : R→(−1, 1) mit limx→∞ ϕ(x) = 1 und limx→−∞ ϕ(x) = −1.2 Mit diesem ist ϕ◦f : A→ [−1, 1] eben-falls stetig mit ‖ϕ ◦ f‖∞ = 1. Ergo liefert der bisherige Beweis eine stetige Funktion g : X → R

2tan :(−π2 ,

π2

)→ R ist homöomorph.

29

Page 30: Skriptum SS 2017 15. Januar 2019 - TU Wien | ASC

mit ‖g‖∞ = 1, welche ϕ ◦ f fortsetzt. Da A ⊆ g−1(−1, 1) und g−1{−1, 1} in X abgeschlos-sen und disjunkt sind, schließt man aus dem Lemma von Urysohn 3.55 auf die Existenz einerstetigen Funktion s : X → [0, 1] mit s(A) ⊆ {1} und s(g−1{−1, 1}) ⊆ {0}. Die Funktionsg : X → [−1, 1] ist ebenfalls stetig und nimmt die Werte −1, 1 nicht an. Damit ist auchϕ−1(sg) : X → R wohldefiniert und stetig. Für x ∈ A gilt ϕ−1(sg)(x) = f(x). Also ist ϕ−1(sg)die gesuchte, unbeschränkte Fortsetzung. �

Bemerkung 3.58. Die Aussage des Fortsetzungssatzes von Tietze 3.57 ist sogar äquivalent zu(T4). Denn gelte diese auf einem topologischen Raum (X, T ) und seien A,B ⊆ X abgeschlossenund disjunkt. Die Funktion

f :

A ]B → R

x 7→{

0, x ∈ A1, x ∈ B

ist, wie man leicht nachrechnet, auf (A ] B, T |A]B) stetig. Damit gibt es eine auf (X, T ) ste-tige Fortsetzung g : X → R von f . Diese trennt nun A,B durch in X offene Mengen. Es giltA ⊆ g−1

(−∞, 1

2

), B ⊆ g−1

(12 ,+∞

).

Damit sind (T4), die Aussage des Fortsetzungssatzes von Tietze 3.57 und die Aussage des Lem-mas von Urysohn 3.55 äquivalent. �

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Übungsaufgaben

3.1 Sei (G, T ) eine topologische Gruppe, also die Abbildungen (x, y) 7→ xy von G2 nach Gund x 7→ x−1 von G nach G seien stetig, mit neutralem Element e. Zeigen Sie, dass die eenthaltende Zusammenhangskomponente ein Normalteiler ist!

3.2 Betrachten Sie den reellen Hilbertraum `2(N) aller reellen und quadratisch summierbarenFolgen. Dabei sei X ⊆ `2(N) die Menge aller Folgen mit rationalen Folgengliedern.Zeigen Sie, dass X, versehen mit der Spurtopologie, total zusammenhangslos, aber nicht0-dimensional ist.Hinweis: Für total zusammenhangslos zeigen Sie, dass für zwei verschiedene Folgen x, y ∈X zwei in X offene, disjunke Gx, Gy existieren, sodass x ∈ Gx, y ∈ Gy und X = Gx ]Gy.Für den zweiten Teil konstruieren Sie für jede beschränkte und offene NullumgebungV ⊆ `2(N) ein Element (xn)n∈N ∈ X, welches im Rand von V liegt.

3.3 Seien (Xi, Ti), i ∈ I und (X, T ) topologische Räume. Zeigen Sie, dass (X, T ) genau dannhomöomorph zu einem A ⊆

∏i∈I Xi (versehen mit der Spurtopologie der Produkttopolo-

gie) ist, wenn es eine Punkte trennende Familie fi : X → Xi, i ∈ I von Funktionen gibt,sodass T genau die initiale Topologie bezügliche dieser Funktionen ist.Nach Lemma 3.26 vererben sich (T0), (T1) und (T2) von den Ti, i ∈ I auf T . Sei nun{fi : i ∈ I} nicht punktetrennend. Kann dann (X, T ) (T0), (T1) oder (T2) sein?

3.4 Zeigen Sie, dass (X/∼, T /∼) kompakt, (T2) und 0-dimensional ist, falls (X, T ) kompaktund (T2) ist.

3.5 Sei Y := {0, 1} und O := {∅, {0}, {0, 1}}. Zeigen Sie, dass (Y,O) ein topologischer Raumist. Weiters zeigen Sie, dass ein beliebiger topologischer Raum (X, T ) genau dann (T0)erfüllt, wenn es zu x 6= y aus X ein stetiges f : X → Y gibt, sodass f(x) 6= f(y). ZeigenSie auch, dass (X, T ) genau dann das Axiom (T0) erfüllt, wenn (X, T ) homöomorphzu einer Teilmenge von Y I ist, wobei I eine hinreichend große Indexmenge, Y I mit derProdukttopologie versehen und betreffliche Teilmenge mit der Spurtopologie versehen ist.

3.6 Man betrachte X := {(x, y) ∈ Q2 : y ≥ 0}. Weiters seien zu ε > 0 und (x, y) ∈ X

U+ε (x, y) := {(z, 0) ∈ Q2 : |z − (x− y√

2)| < ε},

U−ε (x, y) := {(z, 0) ∈ Q2 : |z − (x+ y√2

)| < ε},

Uε(x, y) := {(x, y)} ∪ U+ε (x, y) ∪ U−ε (x, y).

Skizzieren Sie Uε(x, y). Zeigen Sie, dass es auf X eine eindeutige Topologie T gibt, sodass{Uε(x, y) : ε > 0} Filterbasen der Umgebungsfilter sind.Zeigen Sie, dass (X, T ) das Axiom (T2) erfüllt!

3.7 Mit der Notation aus Aufgabe 3.6 bestimmen Sie den Abschluss von Uε(x, y) für ein festes(x, y) ∈ X und ein festes ε > 0. Zeigen Sie weiters, dass für (x, y), (a, b) ∈ X und ε, δ > 0immer Uε(x, y) ∩ Uδ(a, b) 6= ∅.Ist (X, T ) regulär?Schließlich leiten Sie her, dass jede stetige R-wertige Funktion auf X konstant ist.

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Hinweis: Aus f : X → R stetig mit 0, 1 ∈ f(X) folgt

f

(f−1

(−∞, 1

3

))∩ f

(f−1

(23 ,+∞

))= ∅.

Warum ?

3.8 Sei R versehen mit der Topologie T , welche C := {[a, b) : a < b} als Subbasis hat. DiesTopologie heißt Sorgenfrey Topologie. Ist C sogar eine Basis? Zeigen Sie, dass (R, T )vollständig normal ist und das erste Abzählbarkeitsaxiom erfüllt ist.Hinweis: Sind A,B ⊆ R getrennt, so wähle für a ∈ R \ B ein xa ∈ (a,+∞) derart, dass[a, xa) ⊆ R \ B. Betrachten Sie OA :=

⋃a∈A[a, xa) und definieren Sie OB in analoger

Weise. Zeigen Sie, dass OA und OB disjunkt sind.

3.9 Zeigen Sie: Ist (X, T ) ein topologischer Raum, D ⊆ X dicht und S ⊆ X abgeschlossenund so, dass die Spurtopologie auf S mit der diskreten Topologie übereinstimmt, so ist dieMächtigkeit von P(S) kleiner oder gleich der von P(D), wenn X normal ist. Insbesonderemuss dann die Mächtigkeit von S kleiner als die P(D) sein.Hinweis: Für ∅ 6= T ⊆ S wähle in X offene und disjunkte U(T ), V (T ) mit T ⊆ U(T ) undS \T ⊆ V (T ). Definieren Sie f(T ) := D∩U(T ), f(∅) := ∅ und zeigen Sie, dass f : P(S)→P(D) injektiv ist. Verwenden Sie dabei, dass aus T1 6= T2 folgt, dass T1 ∩ (S \ T2) 6= ∅oder T2 ∩ (S \ T1) 6= ∅.

3.10 Mit der Notation aus Aufgabe 1.7 sei (X, T ) kompakt und gelte (T2), und sei R = C(X,R).Zeigen Sie, dass dann das Bild von φ genau die Menge aller maximalen Ideal von R ist,und dass φ : X → φ(X) ein Homöomorphismus ist.Hinweis: Für f1, . . . , fn ∈ I (I maximales Ideal) zeige man, dass

⋂j=1,...,n f

−1j {0} nicht

leer ist, indem man aus dem Gegenteil die Existenz einer Nullstellenfreien Funktion ausI herleitet. Nun verwende die Kompaktheit, um auf I ∈ φ(X) schließen zu können. Fürden 2ten Teil zeige φ(A) ⊆ φ(A).

3.11 Sei (X, T ) ein kompakter topologischer Raum mit (T2) und einer Basis B der Topologie.Zeigen Sie, dass X dann stetiges Bild einer abgeschlossenen Teilmenge A von {0, 1}B ist.Hinweis: Setze C(0, B) = B und C(1, B) = X \B = Bc für B ∈ B. Für (ξB)B∈B ∈ {0, 1}Bdefiniere φ((ξB)B∈B) :=

⋂B∈B C(ξB, B). Zeigen Sie mit Hilfe der kompaktheit von X, dass

A := {(ξB)B∈B ∈ {0, 1}B : φ((ξB)B∈B) 6= ∅} abgeschlossen in {0, 1}B ist. Zeigen Sie auch,dass φ((ξB)B∈B) höchstens einpunktig ist, indem Sie x 6= y aus dieser Menge auf einenWiderspruch führen. Nun definiere man f : A→ X geeignet, sodass f stetig wird.

3.12 Zeigen Sie, dass jeder kompakte metrische Raum stetiges Bild der Kantorschen Menge Cist.Anmerkung: Daraus und aus der Funktionalanalysis leitet man unschwer her, dass jederseparable Banachraum Y isometrisch isomorph zu einem abgeschlossenen Unterraum vonC(C) ist. In der Tat ist die abgeschlossene Einheitskugel KY ′

1 (0) des Dualraumes vonY bzgl. der schwach* Topologie kompakt und metrisierbar, also das stetige Bild f(C)der Kantorschen Menge. Zudem ist gemäß Hahn-Banach y 7→ (y′ 7→ y′(y)) eine lineareIsometrie von Y nach C(KY ′

1 (0)). Schließlich ist dann y 7→ (t 7→ f(t)(y)) eine lineareIsometrie von Y nach C(C).

32

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3.13 Zeigen Sie, dass die Zusammenhangskomponenten C eines Produktraumes∏i∈I Xi ver-

sehen mit der Produkttopologie∏i∈I Ti immer von der Form

∏i∈I Ci sind, wobei die Ci

Zusammenhangskomponenten von (Xi, Ti) sind!

33

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4 vollständig reguläre Räume und Kompaktifizierungen

Definition 4.1. Ein topologischer Raum (X, T ) erfüllt

(T3,5), falls es für alle abgeschlossenen A ⊆ X und alle x ∈ A{ eine stetige Funktion f : X →[0, 1] gibt, sodass f(x) = 0 und f(A) ⊆ {1}.

Bemerkung 4.2. Aus (T3,5) folgt (T3). Seien nämlich (X, T ) ein topologischer Raum, A ⊆ Xabgeschlossen und x ∈ X,x /∈ A. Erfüllt (X, T ) das Axiom (T3,5), sprich es gibt eine stetigeAbbildung f : X → [0, 1] mit f(x) = 0 und f(A) ⊆ {1}, so sind x und A durch die offenenMengen x ∈ f−1

[0, 1

2

)und A ⊆ f−1

(12 , 1]getrennt. �

Definition 4.3. Ein topologischer Raum (X, T ) heißt vollständig regulär, falls dieser (T3,5)und (T0) erfüllt.

Bemerkung 4.4. Jeder (vollständig) normale topologische Raum erfüllt (T1), was nach Satz 3.30äquivalent zur Abgeschlossenheit von Punkten ist. Damit folgt unmittelbar aus dem Lemma vonUrysohn 3.55 und weil aus (T1) das Axiom (T0) folgt, dass jeder normale topologische Raumauch vollständig regulär ist.Weil aus (T3,5) das Trennungsaxiom (T3) folgt, ist jeder vollständig reguläre topologische Raumauch regulär und erfüllt somit auch (T1) und (T2). Insbesondere ist also ein topologischer Raumgenau dann vollständig regulär, wenn er (T3,5) und (T2) erfüllt, respektive genau dann, wenn er(T3,5) und (T1) erfüllt. �

Lemma 4.5. Seien (Xi, Ti) topologische Räume und fi : X → Xi Abbildungen für i ∈ I.Weiters sei X versehen mit der Topologie Tinit({fi : i ∈ I}). Falls (Xi, Ti) für alle i ∈ I dasAxiom (T3,5) erfüllt, so erfüllt auch (X, Tinit({fi : i ∈ I})) das Axiom (T3,5).

Beweis. SeiA ⊆ X bezüglich Tinit({fi : i ∈ I}) abgeschlossen und sei x ∈ A{ ∈ Tinit({fi : i ∈ I}).Da die Urbilder der Mengen aus Ti, i ∈ I eine Subbasis von Tinit({fi : i ∈ I}) bilden, giltx ∈ f−1

i1(Oi1)∩ · · · ∩ f−1

in(Oin) ⊆ A{ für gewisse Oik ∈ Tik , k ∈ {1, . . . , n} für ein gewisses n ∈ N.

Sei nun k ∈ {1, . . . , n} beliebig. Es gilt fik(x) ∈ Oik und O{ik ist abgeschlossen in Tik . Somitfolgt aus (T3,5) die Existenz einer stetigen Funktion hik : Xik → [0, 1], welche hik(fik(x)) = 0und hik

(O{ik

)⊆ {1} erfüllt. Die Abbildung

h :{X → [0, 1]y 7→ maxk=1,...,n hik ◦ fik(y)

ist als Maximum stetiger Funktionen stetig und erfüllt h(x) = 0. Weiters folgt aufgrund von

A ⊆(f−1i1

(Oi1) ∩ · · · ∩ f−1in

(Oin)){

= f−1i1

(O{i1

)∪ · · · ∪ f−1

in

(O{in

), dass es für jedes a ∈ A ein

k ∈ {1, . . . , n} gibt, sodass fik(a) ∈ O{ik . Ergo ist hik(fik(a)) = 1 und damit auch h(a) = 1, was(T3,5) zeigt. �

Lemma 4.6. Seien (X, T ) und (Y,O) topologische Räume. Ist F eine Menge, bestehend ausstetigen Funktionen f : X → Y , sodass für ein P ∈ O das Mengensystem

{f−1(P ) : f ∈ F

}eine Subbasis von T ist, so gilt T = Tinit(F).Erfüllt T das Axiom (T0), dann ist F punktetrennend.

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Beweis. Nach Definition der initialen Topologie gilt T ⊇ Tinit(F), denn alle f ∈ F sind bezüglichT stetig und Tinit(F) ist die gröbste solche Topologie. Umgekehrt ist T die gröbste Topologie,welche

{f−1(P ) : f ∈ F

}enthält, da es sich um eine Subbasis handelt. Dieses Mengensystem

liegt auch in Tinit(F), da P ∈ O und da alle f ∈ F bezüglich Tinit(F) stetig sind. Also gilt auchT ⊆ Tinit(F).Erfüllt T das Trennungsaxiom (T0) so gibt es zu je zwei Punkten x, y ∈ X mit x 6= y eineMenge O ∈ T mit o.B.d.A. x ∈ O und y /∈ O. Wäre f(x) = f(y) für alle f ∈ F erfüllt, so hätteman x, y ∈ f−1(P ) oder x, y /∈ f−1(P ) für f ∈ F . Weil

{f−1(P ) : f ∈ F

}eine Subbasis von T

ist, folgte offensichtlich x, y ∈ O oder x, y /∈ O für alle O ∈ T . Damit existert ein f ∈ F mitf(x) 6= f(y). �

Lemma 4.7. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Man betrachte die beiden MengensystemeC :=

{f−1{0}

∣∣f : X → [0, 1], f stetig bzgl. T}und B :=

{C{ : C ∈ C

}. Falls (X, T ) das Axiom

(T3,5) erfüllt, ist B eine Basis und es gilt T = Tinit({f |f : X → [0, 1], f stetig bzgl. T }). Ist(X, T ) sogar vollständig regulär, so ist {f |f : X → [0, 1], f stetig bzgl. T } punktetrennend.

Beweis. Für O ∈ T und x ∈ O ist O{ abgeschlossen und enthält x nicht. Also liefert (T3,5) einestetige Abbildung f : X → [0, 1] mit f(x) = 0 und f

(O{)⊆ {1}. Die Funktion g : X → [0, 1]

definiert durch g(y) := 1 − f(y) ist ebenfalls stetig und erfüllt g(x) = 1 und g(O{)⊆ {0},

womit O{ ⊆ g−1{0}, also x ∈(g−1{0}

){ ⊆ O. Die Menge(g−1{0}

){ liegt in B, woraus folgt,dass B eine Basis von T ist.Wegen

(f−1{0}

){ = f−1(0, 1] und weil (0, 1] in [0, 1] offen ist, folgt aus Lemma 4.6, dassT = Tinit({f |f : X → [0, 1], f stetig bzgl. T }). Ist (X, T ) vollständig regulär, so gilt (T0) undwiederum nach Lemma 4.6 ist {f |f : X → [0, 1], f stetig bzgl. T } punktetrennend. �

Definition 4.8. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Eine Basis B ⊆ P(X) von T heißt schwachregulär, wenn sie

∀B ∈ B∀x ∈ B∃C ∈ B : x ∈ C{ ⊆ B

erfüllt.Sie heißt (T0)-Basis, falls es zu je zwei Punkten x 6= y aus X eine Menge B ∈ B gibt, sodass

(x ∈ B ∧ y /∈ B) ∨ (y ∈ B ∧ x /∈ B).

Bemerkung 4.9. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und B ⊆ P(X) eine Basis. Aus der Tatsache,dass (X, T ) genau dann (T0) erfüllt, wenn es für x, y ∈ X mit x 6= y ein O ∈ T gibt, sodassx ∈ O, y /∈ O oder y ∈ O, x /∈ O, sowie aus der Basiseigenschaft

∀O ∈ T ∀x ∈ O∃B ∈ B : x ∈ B ⊆ O

folgt, dass (X, T ) genau dann (T0) ist, wenn B eine (T0)-Basis ist. �

Lemma 4.10. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und erfülle dieser (T3,5). Mit der Notationaus Lemma 4.7 ist dann B eine normale und schwach reguläre Basis. Genau dann, wenn (X, T )auch vollständig regulär ist, ist B auch eine (T0)-Basis.

Beweis. Zunächst ist B nach Lemma 4.7 eine Basis von T .Seien A,B ∈ C mit A ∩ B = ∅. Nach Definition gibt es stetige Abbildungen f, g von X nach[0, 1] mit A = f−1{0} und B = g−1{0}. Die Abbildung f + g : X → [0, 2] ist ebenfalls stetig.

35

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Außerdem ist sie auf gesamt X größer 0, da für jedes x ∈ X immer x /∈ A oder x /∈ B unddamit f(x) > 0 oder g(x) > 0 gilt. Die Abbildung

h :

X → [0, 1]x 7→ f(x)

f(x)+g(x)

ist wohldefiniert und stetig. Weiters gelten offensichtlich A ⊆ h−1[0, 1

4

)und B ⊆ h−1

(34 , 1]

sowie h−1[0, 1

4

)∩ h−1

(34 , 1]

= ∅. Die Abbildung h(x) := 14 −min

(14 , h(x)

)für x ∈ X bildet X

auf [0, 1] ab und ist stetig. Außerdem gilt h(x) = 0 genau dann, wenn h(x) ≥ 14 . Das bedeutet

zusammen mit der Stetigkeit C 3 h−1{0} = h−1[

14 , 1], woraus h−1

[0, 1

4

)∈ B folgt. Völlig

analog liefert die Abbildung h(x) := 14 − min

(14 , 1− h(x)

)für x ∈ X, dass h−1

(34 , 1]∈ B,

womit B normal ist.Sei B ∈ B und sei x ∈ B. Nach Definition von B existiert eine stetige Abbildung f : X → [0, 1],sodass B = f−1(0, 1] 3 x. Damit gilt 1 ≥ f(x) > 0 und die Abbildung h : X → [0, 1] definiertdurch h(y) := f(x) − min(f(x), f(y)) ist stetig, wodurch h−1{0} ∈ C. Für y ∈ h−1{0} folgtf(y) ≥ f(x) > 0 und damit y ∈ f−1(0, 1] = B. Somit ist h−1{0} ⊆ B und folglich B schwachregulär.Schließlich folgt aus Bemerkung 4.9, dass (X, T ) genau dann (T0) ist, wenn B eine (T0)-Basisist. �

Satz 4.11. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Dieser erfüllt (T3,5) genau dann, wenn er einenormale, schwach reguläre Basis besitzt. Genau dann, wenn T eine normale, schwach reguläre(T0)-Basis besitzt, ist der Raum vollständig regulär.

Beweis. „⇒“: In beiden Fällen handelt es sich nach Lemma 4.10 bei B aus Lemma 4.7 um eineentsprechende Basis.„⇐“: Sei B ⊆ P(X) eine normale, schwach reguläre Basis von T und seien A ⊆ X abgeschlossenund x ∈ A{ ∈ T . Da B eine Basis ist, gibt es ein B ∈ B mit x ∈ B ⊆ A{. Da B schwach regulärist, gibt es weiters ein C ∈ B mit x ∈ C{ ⊆ B ⊆ A{. Da B und C aus B sind, C{ und B{ disjunktsind und B normal ist, folgt mit Lemma 3.54, dass es eine stetige Funktion f : X → [0, 1] gibt,sodass f

(C{)⊆ {0} und f

(B{)⊆ {1}. Aus x ∈ C{ und A ⊆ B{ folgen f(x) = 0 und

f(A) ⊆ {1}, also gilt (T3,5). Die Eigenschaft (T0)-Basis ist nach Bemerkung 4.9 äquivalent zu(T0). Somit folgt in diesem Falle, dass (X, T ) vollständig regulär ist. �

Satz 4.12. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Dieser ist genau dann vollständig regulär, wenner homöomorph zu einem A ⊆ [0, 1]I mit einer gewissen Indexmenge I ist. Dabei lässt sich Ials F := {f |f : X → [0, 1], f stetig bzgl. T } wählen.

Beweis. „⇐“: Die euklidische Topologie auf R ist, da sie von d2 induziert wird, nach Lemma 3.43normal. Weil [0, 1] mit der Spurtopologie versehen ist und diese eine initiale Topologie ist, liefernLemma 4.5 und Lemma 3.26, dass auch [0, 1] vollständig regulär ist. Analoge Argumentationenmit der Produkttopologie auf [0, 1]I und der Spurtopologie auf A ⊆ [0, 1]I zeigen, dass Avollständig regulär ist. Wie man leicht einsieht, erhalten Homöomorphismen die Axiome (T3,5)und (T0), womit (X, T ) vollständig regulär ist.„⇒“: Unter der Voraussetzung, dass (X, T ) vollständig regulär ist, besagt Lemma 4.7, dass T =Tinit(F) und dass F punktetrennend ist. Mit Aufgabe 3.3 erhält man, dass (X, T ) homöomorphzu einem A ⊆ [0, 1]F ist. �

36

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Lemma 4.13. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und seien B,B′ ⊆ P(X) Basen von T . Esgibt dann eine Basis B′′ ⊆ B′ von T , sodass es eine surjektive Abbildung von B nach B′′ gibt,falls B nicht endlich ist, respektive sodass es eine surjektive Abbildung von B ×B nach B′′ gibt,falls B endlich ist.

Beweis. Falls B unendlich ist, gibt es laut Mengenlehre eine Bijektion zwischen B und B × B.Somit müssen in beiden Fällen nur eine surjektive Abbildung von B × B nach B′′ und einentsprechendes B′′ angegeben werden. Sei dazu

M := {(G,B) ∈ B × B|∃B′ ∈ B′ : G ⊆ B′ ⊆ B} ⊆ B × B.

Man kann also zu (G,B) ∈M ein B′(G,B) ∈ B′ auswählen, sodass G ⊆ B′(G,B) ⊆ B. Damitsetzt man

B′′ := {B′(G,B) : (G,B) ∈M} ⊆ B′.

B′ ist dann eine surjektive Abbildung vonM nach B′′, welche man beliebig auf B×B fortsetzenkann.Seien schließlich x ∈ X und O ∈ T mit x ∈ O. Da B und B′ Basen sind, existieren G,B ∈ Bund B′ ∈ B′ mit x ∈ G ⊆ B′ ⊆ B ⊆ O. Somit ist B′(G,B) wohldefiniert und liegt in B′′ mitx ∈ G ⊆ B′(G,B) ⊆ B ⊆ O. Ergo ist B′′ eine Basis. �

Satz 4.14. Seien (X, T ) ein vollständig regulärer Raum und C ⊆ P(X) eine nicht endliche Basisdieses Raumes. (X, T ) ist unter diesen Voraussetzungen homöomorph zu einem A ⊆ [0, 1]C. IstC endlich, so ist (X, T ) homöomorph zu einem A ⊆ [0, 1]C×C.

Beweis. Sei C nicht endlich. Man betrachte die Basis B aus Lemma 4.7 und F ⊆ [0, 1]X ausSatz 4.12. Mit dieser Notation gilt B =

{(f−1{0}

){ : f ∈ F}. Lemma 4.13 bedingt die Existenz

einer Basis B′ ⊆ B des zu Grunde liegenden Raumes, zu welcher es eine surjektive Abbildung vonC nach B′ gibt. Wegen des Auswahlaxioms gibt es dann eine injektive Abbildung von B′ nach C.Sei F ′ ⊆ F so gewählt, dass f 7→

(f−1{0}

){ eine Bijektion von F ′ auf B′ darstellt.3 Damit gibt eseine injektive Abbildung ι von F ′ nach C. Außerdem liefert aufgrund von

(f−1{0}

){ = f−1(0, 1]für f ∈ F ′ und weil (0, 1] in [0, 1] offen ist, Lemma 4.6, dass T = Tinit(F ′). Weiters ist(X, T )vollständig regulär, es gilt also (T0) und wiederum nach Lemma 4.6, dass F ′ punktetrennendist. Wegen Aufgabe 3.3 ist dann (X, T ) homöomorph zu einem A′ ⊆ [0, 1]F ′ . Die Abbildung

ϕ :

[0, 1]F ′ → [0, 1]C

(xi)i∈F ′ 7→ (xj)j∈C mit xj :={xi, für j = ι(i) ∈ ι(F ′)0, für j /∈ ι(F ′)

ist wegen der Injektivität von ι : F ′ → C wohldefiniert und injektiv. Darüber hinaus ist ϕoffensichtlich stetig und auf das Bild eingeschränkt, also

ϕ : [0, 1]F ′ → ϕ([0, 1]F ′

)= [0, 1]ι(F ′) × {0}C\ι(F ′),

sogar ein Homöomorphismus. Infolge ist A := ϕ(A′) ⊆ [0, 1]C homöomorph zu A′ und damitauch zu (X, T ).Für endliche C ist der Beweis ebenso gültig. Man muss nur C durch C × C ersetzen. �

3Man kann zum Beispiel mit dem Auswahlaxiom zu jedem B′ ∈ B′ ein f ∈ F , das B erzeugt, auswählen.

37

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Definition 4.15. Seien (X, T ) und (K,O) topologische Räume und c : X → K eine Abbildung.((K,O), c) heißt (T2)-Kompaktifizierung von (X, T ), falls

• (K,O) kompakt ist und (T2) erfüllt,

• c : X → c(X) ein Homöomorphismus (bezüglich(c(X),O|c(X)

)) ist und

• c(X) dicht in K liegt.

Beispiel 4.16. Sei (X, T ) ein lokalkompakter, aber nicht kompakter topologischer Raum, welcher(T2) erfüllt. Dann ist nach [ana] der Raum (Y,O) mit Y := X ] {∞} und

O := T ] {{∞} ] (X \K) : K ⊆ X,K kompakt},

wobei ∞ /∈ X, der bis auf Homöomorphie eindeutige topologische Raum, sodass X ∈ O ist,Y \ X einelementig ist, T = O|X gilt und (Y,O) kompakt und (T2) ist. Man nennt (Y,O)Einpunkt-Komapktifizierung oder Alexandroff-Kompaktifizierung. Sei ι : X → Y die kanonischeEinbettung. Wegen ι(X) = X, O|ι(X) = O|X = T ist ι : X → ι(X) = X (es handelt sich hier umdie Identität) ein Homöomorphismus. Y ist kompakt und (T2). Wäre X abgeschlossen in (Y,O),so wäre X kompakt in (Y,O) und damit bekanntermaßen auch kompakt in (X,O|X = T ). Also ist X in (Y,O) nicht abgeschlossen und damit ι(X) = Y . Alles in allem ist die Alexandroff-Kompaktifizierung also eine (T2)-Kompaktifizierung. �

Satz 4.17. Ein topologischer Raum (X, T ) ist genau dann vollständig regulär, wenn er eine(T2)-Kompaktifizierung besitzt.

Beweis. „⇐“: Sei (X, T ) ein topologischer Raum und (K,O) eine (T2)-Kompaktifizierung diesesRaumes bezüglich c : X → K. Nach Lemma 3.18 ist (K,O) normal und damit auch vollständigregulär. Lemma 4.5 und Lemma 3.26 übertragen diese Eigenschaft auf

(c(X),O|c(X)

)und, wie

man leicht einsieht, der Homöomorphismus c in weiterer Folge auf (X, T ).„⇒“: Nach Satz 4.12 ist ein vollständig reguläres (X, T ) homöomorph zu einem A ⊆ [0, 1]Imit einer gewissen Inexmenge I. Sei c der entsprechende Homöomorphismus. Man betrachtec(X) = A bezüglich der euklidischen Produkttopologie auf [0, 1]I . [0, 1]I ist gemäß dem Satzvon Tychonoff 2.29 kompakt und damit auch A als abgeschlossene Teilmenge. Bekanntermaßenist dann auch A bezüglich der Spurtopologie von sich selbst kompakt. Wegen Lemma 3.26vererbt sich auch (T2) auf diese Spurtopologie. Da die Spurtopologie von A in A mit jener in[0, 1]I übereinstimmt, und da c(X)A = A

A = A ∩ A = A, ist A mit der Spurtopologie, welche[0, 1]I auf dieser Menge hinterlässt, eine (T2)-Kompaktifizierung von (X, T ). �

Korollar 4.18. Sei (X, T ) ein lokalkompakter topologischer Raum, welcher (T2) erfüllt. Dieserist vollständig regulär.

Beweis. Ist (X, T ) nicht kompakt, so existiert wegen Beispiel 4.16 eine (T2)-Kompaktifizierung,weswegen aus Satz 4.17 die Aussage folgt. Ist (X, T ) kompakt, so ist (X, T ) wegen Lemma 3.18normal, also auch vollständig regulär. �

Korollar 4.19. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Dieser ist kompakt und erfüllt (T2) genaudann, wenn er homöomorph zu einer abgeschlossene Teilmenge A von [0, 1]I für eine gewisseIndexmenge I ist. Insbesondere lässt sich I als F := {f |f : X → [0, 1], f stetig bzgl. T } wählen.

Beweis. „⇐“: Sei A eine entsprechende Mengen. [0, 1]I ist nach dem Satz von Tychonoff 2.29kompakt und damit auch A als abgeschlossene Teilmenge. A ist dann auch kompakt bezüg-lich der eigenen Spurtopologie. Homöomorphismen erhalten Kompaktheit. Wegen Lemma 3.26

38

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vererbt sich auch (T2) auf die Spurtopologie von A und wird von Homöomorphismen erhalten.Demnach ist (X, T ) kompakt und (T2).„⇒“: Sei (X, T ) kompakt und gelte (T2). Nach Lemma 3.18 ist (X, T ) normal und daher voll-ständig regulär. Nach Satz 4.12 ist (X, T ) homöomorph zu einem A ⊆ [0, 1]I mit einer gewissenMenge I, welche als F gewählt werden kann. Homöomorphie erhält Kompaktheit, womit A be-züglich seiner Spurtopologie und deshalb auch als Teilmenge von [0, 1]I kompakt ist. Da [0, 1]Idas Axiom (T2) erfüllt, ist A in [0, 1]I abgeschlossen. �

Lemma 4.20. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und erfülle dieser das zweite Abzählbar-keitsaxiom. Unter diesen Voraussetzungen ist (X, T ) separabel, das heißt, es existiert eine höchs-tens abzählbare dichte Teilmenge.

Beweis. Sei B ⊆ P(X) eine höchstens abzählbare Basis von T . Man wähle für jedes ∅ 6= B ∈ Bein xB ∈ B aus. Die Menge D := {xB : ∅ 6= B ∈ B} ist dann höchstens abzählbar. Zu x ∈ Xund U ∈ U(x) gibt es dann ein O ∈ T , sodass x ∈ O ⊆ U und, da B eine Basis ist, ein B ∈ Bmit x ∈ B ⊆ O ⊆ U . Wegen B 6= ∅ gilt U ∩D ⊇ O ∩D ⊇ B ∩D 3 xB. Also ist U ∩D nichtleer. Da U ∈ U(x) beliebig war, folgt x ∈ D. Da auch x ∈ X beliebig war folgt D = X. �

Korollar 4.21. Sei (X, d) ein metrischer Raum. (X, T (d)) ist genau dann separabel, wenn(X, T (d)) das zweite Abzählbarkeitsaxiom erfüllt.

Beweis. Erfüllt (X, T (d)) das zweite Abzählbarkeitsaxiom, so ist der Raum nach Lemma 4.20auch separabel.Sei (X, T (d)) separabel mit D ⊆ X, also D = X. Das Mengensystem B := {Uq(x) : x ∈ D, q ∈Q, q > 0} ist dann höchstens abzählbar. Seien O ∈ T (d) und y ∈ O. Man wähle nun ε > 0 soklein, dass Uε(y) ⊆ O. Da D dicht in X liegt und U ε

3(y) eine Umgebung von y ist, gibt es ein

x ∈ D ∩ U ε3(y). Für ein q ∈ Q mit ε

3 < q < 2ε3 gilt dann y ∈ Uq(x) und für z ∈ Uq(x)

d(y, z) ≤

< ε3︷ ︸︸ ︷

d(x, y) + d(x, z)︸ ︷︷ ︸< 2ε

3

< ε,

also y ∈ Uq(x) ⊆ Uε(y) ⊆ O und Uq(x) ∈ B, womit B eine höchstens abzählbare Basis ist. �

Metrisierungssatz von Urysohn 4.22. Für einen topologischen Raum (X, T ) sind folgendeAussagen äquivalent:

(i) (X, T ) ist kompakt und erfüllt (T2), sowie das zweite Abzählbarkeitsaxiom.

(ii) (X, T ) ist kompakt und metrisierbar, sprich es gibt eine Metrik d auf X, sodass T = T (d).

(iii) (X, T ) ist homöomorph zu einer abgeschlossenen Teilmenge A von [0, 1]N.

Beweis. „(i)⇒ (iii)“: Sei B ⊆ P(X) eine höchstens abzählbare Basis von (X, T ) und sei (X, T )kompakt und (T2). Nach Lemma 3.18 ist (X, T ) normal und daher vollständig regulär. WennB abzählbar ist, gibt es eine bijektive Abbildung κ : B → N. Außerdem liefert Satz 4.14,dass es ein A′ ⊆ [0, 1]B gibt, zu welchem (X, T ) homöomorph ist. Da (X, T ) kompakt ist undHomöomorphie Kompaktheit erhält, ist auch A′ kompakt. Die Abbildung

ϕ :{A′ → [0, 1]N

(xi)i∈B 7→ (xn)n∈N, wobei xn := xi für i = κ−1(n),

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ist wohldefiniert und injektiv, sowie als Abbildung von A′ nach A := ϕ(A′) offensichtlich homöo-morph. Folglich ist A kompakt und damit auch als Teilmenge von [0, 1]N kompakt. Wegen (T2)auf [0, 1]N ist A dann auch abgeschlossen als Teilmenge von [0, 1]N. Wenn B endlich ist, ist nachSatz 4.14 der Raum (X, T ) homöomorph zu einem A′ ⊆ [0, 1]B×B. Da B × B ebenfalls endlichist gilt B × B = {C1, . . . , Cm} für ein m ∈ N und paarweise verschiedene Ci, i ∈ {1, . . . ,m}.Völlig analog zum abzählbaren Falle ist A′ kompakt. Die Abbildung

ϕ :

A′ → [0, 1]N

(xi)i∈B×B 7→ (xn)n∈N, wobei xn :={xCn falls n ∈ {1, . . . ,m},0 sonst,

ist wohldefiniert und injektiv, sowie als Abbildung von A′ nach A := ϕ(A′) offensichtlich ho-möomorph. Folglich ist A kompakt und damit auch als Teilmenge von [0, 1]N kompakt. Wegen(T2) auf [0, 1]N ist A dann auch abgeschlossen als Teilmenge von [0, 1]N.„(iii) ⇒ (ii)“: Sei (X, T ) homöomorph zu einer abgeschlossenen Teilmenge A von [0, 1]N. Da[0, 1] kompakt ist, ist es wegen des Satzes von Tychonoff 2.29 auch [0, 1]N. Daher ist A kompaktals Teilmenge von [0, 1]N und somit auch kompakt bezüglich seiner Spurtopologie. Als homöo-morphes Bild ist also auch (X, T ) kompakt. Die euklidische Spurtopologie auf [0, 1] entsprichnach Aufgabe 1.16 der Topologie T (d2|[0,1]×[0,1]). Damit gibt es gemäß Aufgabe 1.17 eine Metrikd auf [0, 1]N, welche die Produkttopologie induziert. d|A×A induziert dann wiederum nach Auf-gabe 1.16 die Spurtopologie auf A. Wie man leicht einsieht ist dann d|X×X(ϕ(.), ϕ(.)), wobeiϕ : X → A der Homöomorphismus sei, eine Metrik auf X, welche T induziert.„(ii) ⇒ (i)“: Sei (X, T ) kompakt und metrisierbar. Dann erfüllt (X, T ) wegen der Metrisierbar-keit auch (T2). Kompakte metrische Räume sind total beschränkt; siehe [ana]. Das heißt

∀i ∈ N∃xi1, . . . , xin(i) : X =n(i)⋃j=1

U 1i

(xij

).

Seien nun für alle i ∈ N solche Punkte ausgewählt. Die Menge D :=⋃i∈N

{xi1, . . . , x

in(i)

}ist

abzählbar. Für ein x ∈ X und ein U ∈ U(x) gibt es ein ε > 0, sodass x ∈ Uε(x) ⊆ U .Wählt man nun i ∈ N so groß, dass 1

i < ε, so gibt es wegen der totalen Beschränktheit vonX ein j ∈ {1, . . . , n(i)}, sodass x ∈ U 1

i

(xij

). Aufgrund der Wahl von n schließt man daraus

xij ∈ Uε(x), wodurch D ∩ U 6= ∅ und infolge x ∈ D = X. Das heißt (X, T (d)) ist separabel undwegen Korollar 4.21 erfüllt der Raum das zweie Abzählbarkeitsaxiom. �

Satz von Stone-Čech 4.23. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Dann existieren ein kom-pakter topologischer Raum (βX, βT ), welcher (T2) erfüllt, und eine stetige Abbildung h : X →βX, sodass für jeden kompakten topologischen (T2) Raum (K,O) und jede stetige Abbildungf : X → K eine eindeutige stetige Abbildung βf : βX → K mit βf ◦ h = f existiert und sodassh(X) = βX gilt.

X βX

K

f

h

βf

Das Tupel ((βX, βT ), h) ist bis auf Homöomorphie eindeutig. Das heißt für einen kompakten to-pologischen Raum (γX, γT ), auf welchem (T2) gilt, und eine stetige Abbildung k : X → γX, so-dass für jeden kompakten topologischen (T2) Raum (K,O) und jede stetige Abbildung f : X → K

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eine eindeutige stetige Abbildung γf : γX → K mit γf ◦ k = f existiert, gibt es einen Homöo-morphismus ϕ : βX → γX mit ϕ ◦ h = k und es gilt k(X) = γX.

γX X βX

Kγf

k

f

h

ϕ

βf

Beweis. Seien (K,O) ein kompakter topologischer Raum, welcher (T2) erfüllt, und f : X → Kstetig. Solche Tupel ((K,O), f) existieren. Man nehme beispielsweise ({0}, {∅, {0}}) und diestetige Abbildung f : X → {0}, f ≡ 0. Sei

ψ :{f(X) → P(P(X))y 7→ ψ(y) := {f−1(U) : U ∈ U(y)}.

Für y1, y2 ∈ f(X) mit y1 6= y2 gibt es wegen (T2) auf (K,O) disjunkte Umgebungen Uj ∈U(yj), j = 1, 2. f−1(U1) liegt in ψ(y1). Gäbe es ein V2 ∈ U(y2), sodass f−1(U1) = f−1(V2),so gälte f−1(V2) ∩ f−1(U2) = f−1(U1) ∩ f−1(U2) = f−1(U1 ∩ U2) = f−1(∅) = ∅. Anderer-seits folgte aber wegen U2 ∩ V2 ∈ U(y2) und y2 ∈ f(X), dass f(X) ∩ (U2 ∩ V2) 6= ∅, womitf−1(V2) ∩ f−1(U2) = f−1(U2 ∩ V2) 6= ∅ . Also gilt f−1(U1) /∈ ψ(y2) und infolge ψ(y1) 6= ψ(y2),womit ψ injektiv ist.Betrachtet man K0 := ψ

(f(X)

)und O0 := ψ

(O|

f(X)

), so ist, wie man leicht nachrech-

net, (K0,O0) ein topologischer Raum und ψ ein Homöomorphismus von(f(X),O|

f(X)

)nach

(K0,O0). Als abgeschlossene Teilmenge eines kompakten Raumes, welcher (T2) erfüllt, ist f(X) ⊆K in K kompakt und somit ist auch

(f(X),O|

f(X)

)kompakt. Außerdem gilt nach Lemma 3.26

auf(f(X),O|

f(X)

)das Axiom (T2). Homöomorphismen erhalten Kompaktheit und auch (T2),

was (K0,O0) zu einem kompakten topologischen (T2) Raum macht. Weil f : X → K stetig ist,ist es auch f : X → f(X). Folglich ist auch f0 := ψ ◦ f von (X, T ) nach (K0,O0) eine stetigeAbbildung. Schließlich sei angemerkt, dass K0 offensichtlich ein Element von P(P(P(X))) ist.Man definiert nun

M := {((K0,O0), f0) : K0 ∈ P(P(P(X))), (K0,O0) ist kompakter topologischerRaum mit (T2), f0 : X → K0 ist stetig}.

M ist eine Menge, denn für ((K0,O0), f0) ∈ M gilt K0 ∈ P(P(P(X))), O0 ∈ P(P(P(P(X))))und f0 ∈ P(X × P(P(X))). Ergo ist ((K0,O0), f0) im Produkt dieser drei Mengen, welcheseine Menge ist, enthalten. Deshalb ist auchM eine Teilmenge des Produktes, also eine Menge.Aufgrund der anfänglichen Überlegungen giltM 6= ∅. Man versieht nun

∏((K0,O0),f0)∈MK0 mit

der Produkttopologie∏

((K0,O0),f0)∈MO0 und definiert

h :{X →

∏((K0,O0),f0)∈MK0

x 7→ (f0(x))((K0,O0),f0)∈M.(4.1)

Nach der Definition vonM respektive der f0 ist h komponentenweise stetig und damit stetig.Der Satz von Tychonoff 2.29 liefert, dass

∏((K0,O0),f0)∈MK0 versehen mit

∏((K0,O0),f0)∈MO0 als

Produkt kompakter Räume selbst kompakt ist. Weiters gilt wegen Lemma 3.26 das Axiom (T2).

41

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Setze βX := h(X) und βT :=∏

((K0,O0),f0)∈MO0|h(X). βX ist als abgeschlossene Teilmengeeines kompakten Raumes in

∏((K0,O0),f0)∈MK0 kompakt, womit (βX, βT ) ein kompakter (T2)

Raum ist. Darüber hinaus ist h : X → βX stetig.Seien (K,O) ein beliebiger kompakter topologischer Raum, welcher (T2) erfüllt, und f : X → Kstetig. Unter diesen Umständen liefert der erste Teil des Beweises ein Tupel ((K1,O1), f1) ∈Mund einen Homöomorphismus ψ von

(f(X),O|

f(X)

)nach (K1,O1), welcher auch f1 = ψ ◦ f

erfüllt. Die kanonische Einbettung ιβX : βX →∏

((K0,O0),f0)∈MK0 ist, da βX die Spurtopologieträgt, stetig. Ist π((K1,O1),f1) :

∏((K0,O0),f0)∈MK0 → K1 die Projektion auf die Komponente

((K1,O1), f1), so ist βf := ψ−1 ◦ π((K1,O1),f1) ◦ ιβX : βX → f(X) stetig. Da f(X) mit derSpurtopologie versehen ist, erhält man sogar die Stetigkeit von βf : βX → K. Die Abbildungh : X → βX zusammengesetzt mit ιβX ist gerade die Abbildung in (4.1) und erfüllt π((K1,O1),f1)◦ιβX ◦ h = f1 = ψ ◦ f . Wendet man darauf ψ−1 an, so erhält man βf ◦ h = f .Erfülle ein beliebiges stetiges βf : βX → K ebenfalls βf ◦h = f . Zu y ∈ h(X) gibt es ein x ∈ X,sodass h(x) = y. Damit gilt βf(y) = βf ◦ h(x) = f(x) = βf ◦ h(x) = βf(y). Ergo stimmen βfund βf auf h(X) überein, was wegen βX = h(X) und (T2) Gleichheit βf = βf auf gesamt βXnach sich zieht. βf ist somit eindeutig.βX = h(X) gilt nach Definition, wobei der Abschluss in

∏((K0,O0),f0)∈MK0 zu verstehen ist.

Bekanntermaßen gilt h(X)βX = h(X)h(X) = h(X) ∩ h(X) = h(X), womit βX = h(X) auch inβX.Zusammenfassend erfüllt also das Tupel ((βX, βT ), h) genau die Aussage des Satzes.Zuletzt sei ((γX, γT ), k) ein weiters Tupel mit analogen Eigenschaften. (βX, βT ) und (γX, γT )sind also komapkt und erfüllen (T2). Weiters sind h : X → βX und k : X → γX stetig.Demnach gibt es nach Voraussetzung eine eindeutige stetige Abbildung βk : βX → γX mitβk◦h = k, sowie eine eindeutige stetige Abbildung γh : γX → βX mit γh◦k = h. Die Abbildungγh ◦ βk : βX → βX erfüllt (γh ◦ βk) ◦ h = h und ist stetig. Genauso ist βk ◦ γh : γX → γXstetig und erfüllt (βk ◦ γh) ◦ k = k. Selbiges erfüllen aber auch idβX beziehungsweise idγX .Diese jeweiligen Abbildungen müssen aber nach Voraussetzung eindeutig sein. Daraus folgt

X βX

βX

h

h

γh◦βk

X βX

βX

h

h

idβX

X γX

γX

k

k

βk◦γh

X γX

γX

k

k

idγX

idβX = γh ◦ βk und idγX = βk ◦ γh, womit γh eine stetige Inverse vom stetigen βk ist. Also istϕ := βk : βX → γX ein Homöomorphismus mit ϕ◦h = k. Abschließend liefern diese Gleichungund die Homöomorphie von ϕ, dass γX ⊇ k(X) = ϕ(h(X)) ⊇ ϕ(h(X)) = ϕ(βX) = γX, womitder Satz bewiesen ist. �

Definition 4.24. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Mit der Notation des Satzes von Stone-Čech 4.23 nennt man das bis auf Isomorphie eindeutige Tupel ((βX, βT ), h) Stone-Čech-Kompaktifizierung von (X, T ).

Lemma 4.25. Seien (X, T ) ein topologischer Raum und ((βX, βT ), h) die entsprechende Stone-Čech-Kompaktifizierung. Weiters seien (γX, γT ) ein kompakter topologischer Raum, auf wel-chem (T2) gilt, und k : X → γX eine stetige Abbildung, sodass für alle stetigen f : X → [0, 1]genau eine stetige Funktion γf : γX → [0, 1] mit γf ◦ k = f existiert. Unter diesen Vor-aussetzungen gibt es eine homöomorphe Abbildung ϕ : βX → γX, welche k = ϕ ◦ h erfüllt.

42

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γX X βX

[0, 1]γf

k

f

h

ϕ

Beweis. Sei (K,O) ein kompakter topologischer Raum mit (T2). Weiters sei f : X → K stetig.Nach Korollar 4.19 ist (K,O) homöomorph zu einer abgeschlossenen Teilmenge A von [0, 1]I miteiner Indexmenge I. Sei g der Homöomorphismus von K nach A. Da A mit der Spurtopologieversehen ist, ist g betrachtet als g : K → [0, 1]I ebenfalls stetig. Bezeichnet πi : [0, 1]I → [0, 1] dieProjektion auf die i-te Komponente, so ist die Abbildung πi ◦ g ◦ f : X → [0, 1] als Verkettungstetiger Funktionen stetig für alle i ∈ I. Somit existiert nach Voraussetzung eine eindeutigestetige Abbildung γ(πi ◦ g ◦ f) : γX → [0, 1] mit γ(πi ◦ g ◦ f) ◦ k = πi ◦ g ◦ f . Definiere

s :{γX → [0, 1]I

y 7→ (γ(πi ◦ g ◦ f)(y))i∈I .

Diese Funktion ist stetig, da sie komponentenweise stetig ist. Für x ∈ X gilt (πi ◦ s ◦ k)(x) =

βX X γX

K

A

[0, 1]I [0, 1]

βf

ϕ

f

kh

γ(πi◦g◦f)sg g−1

πi

γ(πi ◦ g ◦ f)(k(x)) = (γ(πi ◦ g ◦ f) ◦ k)(x) = (πi ◦ g ◦ f)(x) für alle i ∈ I, womit (s ◦ k)(x) =(g ◦ f)(x) ∈ A für x ∈ X. Folglich gilt s−1(A) ⊇ k(X). Da A abgeschlossen ist und s stetig,folgt s

(k(X)

)⊆ s(k(X)) ⊆ A = A. Sei also y ∈ γX nicht aus k(X). γX ist kompakt und (T2)

also wegen Lemma 3.18 normal und erfüllt damit (T3,5). Es existiert also eine stetige Funktionr : γX → [0, 1] mit r(y) = 0 und r

(k(X)

)⊆ {1}, sprich r ◦ k ≡ 1. Da die Einsabbildung

χX von X nach [0, 1] stetig ist, muss nach Voraussetzung γχX = r gelten. Weil y ∈ k(X){

beliebig gewählt war und χX nicht von y abhängt, hängt r nicht von y ab und es müssenr(k(X)

)⊆ {1} und r

(k(X){

)⊆ {0} gelten. Man kann den Wert von r auf k(X){ nun auf 1

2

setzen ohne die Stetigkeit oder r ◦ k ≡ 1 zu verletzen. Wegen der Eindeutigkeit von γχX = r

muss also k(X){ = ∅ folgen. Es gilt damit s : γX → A und weiters wegen der Homöomorphievon g, dass (g−1 ◦ s) ◦ k = f gilt und g−1 ◦ s : γX → K stetig ist. Jede weitere stetige Funktionγf : γX → K mit γf ◦ k = f muss offensichtlich auf k(X) mit g−1 ◦ s übereinstimmen. Ausk(X) = γX und (T2) auf K schließt man g−1 ◦ s = γf . Wegen der Beliebigkeit von (K,O) undf : X → K folgt die Aussage aus dem Satz von Stone-Čech 4.23. �

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Satz 4.26. Ein topologischer Raum (X, T ) ist genau dann vollständig regulär, wenn seineStone-Čech-Kompaktifizierung ((βX, βT ), h) eine (T2)-Kompaktifizierung ist.

Beweis. „⇐“: Nach Voraussetzung besitzt (X, T ) mit ((βX, βT ), h) eine (T2)-Kompaktifizierung.Damit ist (X, T ) wegen Satz 4.17 vollständig regulär.„⇒“: Nach dem Satz von Stone-Čech 4.23 erfüllt (βX, βT ) das Axiom (T2) und ist kompakt.Weiters liegt h(X) dicht in βX. Es bleibt also zu zeigen, dass h : X → h(X) homöomorph ist.Weil h(X) ⊆ βX mit der Spurtopologie versehen ist, ist h : X → h(X) stetig. Nach Satz 4.17existiert eine (T2)-Kompaktifizierung ((K,O), c) von (X, T ). Nach dem Satz von Stone-Čech 4.23ist jetzt βc : βX → K die eindeutige stetige Abbildung mit c = βc ◦ h, also hat man die stetigeAbbildung βc : βX → c(X). Aus der Injektivität von c folgt jene von h. Somit ist h : X → h(X)

X h(X) βX

c(X)c

h ιh(X)

βc

c−1

eine Bijektion, woraus sofort h−1 = c−1 ◦ βc ◦ ιh(X) : h(X) → X folgt. Diese Abbildung ist alsVerkettung stetiger Abbildungen stetig, weshalb h : X → h(X) ein Homöomorphismus ist. �

Definition 4.27. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und seien ((K1,O1), c1) und ((K2,O2), c2)zwei (T2)-Kompaktifizierungen ebendieses Raumes. Man definiert folgende Relation auf den(T2)-Kompaktifizierungen von (X, T ):

((K1,O1), c1) . ((K2,O2), c2) :⇔ ∃f : K2 → K1 stetig mit c1 = f ◦ c2.

Definition 4.28. Zwei (T2)-Kompaktifizierungen ((K,O), c) und ((K ′,O′), c′) eines topolo-gischen Raumes nennt man bis auf Isomorphie gleich, wenn es einen Homöomorphismusϕ : K ′ → K mit c = ϕ ◦ c′ gibt, und damit auch den Homöomorphismus ϕ−1 : K → K ′ mitc′ = ϕ−1 ◦ c.

Bemerkung 4.29. Gleichheit bis auf Isomorphie ist offensichtlich eine Äquivalenzrelation. Mankann also die (T2)-Kompaktifizierungen eines topologischen Raumes (X, T ) in die entsprechen-den Restklassen zerlegen. Wie man unmittelbar einsieht, ist . mit dieser Zerlegung verträglich,kann also in kanonischer Weise als Relation auf den Restklassen betrachtet werden. Im Restdieses Kapitels wird . auf den Restklassen betrachtet, ohne notationell zwischen Restklasseund Repräsentant zu unterscheiden. �

Korollar 4.30. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und seien ((K1,O1), c1) und ((K2,O2), c2)zwei (T2)-Kompaktifizierungen ebendieses Raumes. Genau dann, wenn sowohl ((K1,O1), c1) .((K2,O2), c2) als auch ((K1,O1), c1) & ((K2,O2), c2) gilt, sind ((K1,O1), c1) und ((K2,O2), c2)bis auf Isomorphie gleich, das heißt . ist reflexiv und antisymmetrisch.. ist auch transitiv, also eine Halbordnung.

Beweis. „⇐“: Das folgt unmittelbar aus der Definition der Gleichheit bis auf Isomorphie.„⇒“: Sei also f : K2 → K1 stetig mit c1 = f ◦ c2 und sei g : K1 → K2 stetig mit c2 = g ◦ c1.Man erhält (g ◦ f)(c2(x)) = g(c1(x)) = c2(x) = idK2(c2(x)) und analog (f ◦ g)(c1(x)) = c1(x) =idK1(c1(x)) für alle x ∈ X. Also gilt auf c1(X), dass f ◦ g = idK1 , respektive auf c2(X), dassg ◦ f = idK2 . Da (K1,O1) und (K2,O2) das Axiom (T2) erfüllen und c1(X) und c2(X) jeweilsdicht liegen, gelten die Gleichheiten auf ganz K1 respektive K2. Deswegen gilt f−1 = g, womit

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f : K2 → K1 ein Homöomorphismus ist, der c1 = f ◦ c2 erfüllt. Also sind ((K1,O1), c1) und((K2,O2), c2) bis auf Isomorphie gleich.Die Transitivität ist offensichtlich. �

Korollar 4.31. Sei (X, T ) ein vollständig regulärer topologischer Raum. Dessen Stone-Čech-Kompaktifizierung ((βX, βT ), h) ist dann bezüglich . das größte Element.

Beweis. Zunächst ist ((βX, βT ), h) nach Satz 4.26 eine (T2)-Kompaktifizierung. Für jede andere(T2)-Kompaktifizierung ((K,O), c) existiert wegen des Satzes von Stone-Čech 4.23 eine eindeu-tige stetige Abbildung βc : βX → K mit βc ◦ h = c, wodurch ((K,O), c) . ((βX, βT ), h). �

Bemerkung 4.32. Für einen topologischen Raum (X, T ), eine dichte Teilmenge D ⊆ X undeine Menge O ∈ T trifft sicherlich O ⊇ O ∩D zu. Für beliebiges x ∈ O folgt bekanntermaßenU ∩ O 6= ∅ für U ∈ U(x). Darüber hinaus folgt aus der Dichtheit von D und da U ∩ O wegender Beschaffenheit von U(x) eine nichtleere offene Teilmenge enthält, dass U ∩ (D ∩O) 6= ∅ fürU ∈ U(x), also x ∈ D ∩O. Alles in allem heißt dies, O = O ∩D. �

Lemma 4.33. Sei (X, T ) ein lokalkompakter topologischer Raum, welcher (T2) erfüllt. Weiterssei ((K,O), c) eine (T2)-Kompaktifizierung von (X, T ). Unter diesen Bedingungen ist c(X) eineoffene Teilmenge von K.

Beweis. Für beliebiges x ∈ X sei O ∈ T so, dass x ∈ O ⊆ O und O kompakt ist. Das istwegen der Lokalkompaktheit möglich. Da c : X → c(X) stetig ist, ist c(O) kompakt in c(X)und damit auch kompakt in K. Wegen (T2) ist c(O) als Teilmenge von K abgeschlossen. Weilc : X → c(X) auch eine offene Abbildung ist, ist c(O) offen in c(X), was bedeutet, dass es eineMenge P ∈ O mit c(O) = c(X)∩P gibt. Mit Bemerkung 4.32, der Abgeschlossenheit von c(O)und der Homöomorphie von c : X → c(X) erhält man

PK = c(X) ∩ PK = c(O)K = c(O)c(X)K = c(O)

K= c(O) ⊆ c(X).

Insbesondere bedeutet dies P ⊆ c(X), also c(x) ∈ c(O) = P ∈ O, was wegen der beliebigenWahl von x ∈ X die Offenheit von c(X) in K zeigt. �

Satz 4.34. Sei (X, T ) ein lokalkompakter, aber nicht kompakter topologischer Raum, welcher(T2) erfüllt. Dessen Alexandroff-Kompaktifizierung ((Y,O), ι) ist dann bezüglich . das kleinsteElement.

Beweis. Zunächst ist ((Y,O), ι) nach Beispiel 4.16 eine (T2)-Kompaktifizierung. Sei ((Y ′,O′), c)nun eine beliebige (T2)-Kompaktifizierung von (X, T ) und definiere

f :

Y ′ → Y

y 7→{ι(x) falls y = c(x) mit x ∈ X,∞ sonst.

Aufgrund der Bijektivität von c : X → c(X) ist diese Abbildung wohldefiniert. Offensichtlicherhält man f◦c = ι : X → Y . Sei P ∈ O, sprich P ∈ T oder P = {∞}](X\K) für ein kompaktesK ⊆ X. Im ersten Falle hat man f−1(P ) = c(P ). Da c : X → c(X) eine offene Abbildung ist,ist c(P ) offen in c(X). Wegen Lemma 4.33 folgt f−1(P ) = c(P ) ∈ O′. Im zweiten Falle, also

P = {∞} ] (X \K) mit kompaktem K ⊆ X, hat man f−1(P ) =(f−1

(P {)){

=(f−1(K)

){ =

(c(K)){. Aus der Stetigkeit von c : X → c(X) folgt die Kompaktheit von c(K) in c(X) unddamit in Y ′. Mit (T2) auf (Y ′,O′) erhält man die Abgeschlossenheit von c(K) = f−1(K) undsomit f−1(P ) =

(f−1(K)

){ ∈ O′. Alles in allem ist f : Y ′ → Y stetig und erfüllt f ◦ c = ι,sprich ((Y,O), ι) . ((Y ′,O′), c). �

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Lemma 4.35. Sei (X, T ) ein topologischer Raum, auf welchem (T2) gilt, und sei (Y,O) einweiterer topologischer Raum. Weiters sei A ⊆ X eine dichte Teilmenge. Sei f : X → Y stetig,sodass f |A : A→ f(A) homöomorph ist. Unter diesen Voraussetzungen gilt f(A)∩f(X \A) = ∅.

Beweis. Man nehme an, es gäbe ein x ∈ X \A und ein a ∈ A mit f(x) = f(a). Aus (T2) folgtedie Existenz von Oa, Ox ∈ T mit a ∈ Oa, x ∈ Ox und Oa ∩ Ox = ∅. Damit gälte Ox ⊆ O{a undweil O{a abgeschlossen wäre, gälte auch Ox ⊆ O{a, also Ox ∩ Oa = ∅. Man erhielte wegen derOffenheit von f |A : A→ f(A), dass f(A ∩Oa) und f(A ∩Ox) offen in f(A) wären. Dies hieße

∃O′a, O′x ∈ O : (f(A ∩Oa) = f(A) ∩O′a) ∧ (f(A ∩Ox) = f(A) ∩O′x).

Wegen der Dichtheit von A träfe nach Bemerkung 4.32 auch Ox = Ox ∩A zu. Es folgte, daf : X → Y stetig ist, f(x) ∈ f(Ox) = f(Ox ∩A) ⊆ f(Ox ∩A) = f(A) ∩O′x und f(x) = f(a) ∈f(A ∩ Oa) = f(A) ∩ O′a ⊆ O′a. Somit gälte O′a ∈ U(f(x)), wodurch ∅ 6= O′a ∩ O′x ∩ f(A) =f(A ∩ Oa) ∩ f(A ∩ Ox). Wegen der Injektivität von f |A : A → f(A) und wegen Oa ∩ Ox = ∅folgte schließlich ∅ 6= f(A ∩Oa) ∩ f(A ∩Ox) = f(A ∩Oa ∩Ox) = ∅ . �

Korollar 4.36. Sei (X, T ) ein vollständig regulärer topologischer Raum und seien ((K1,O1), c1)und ((K2,O2), c2) zwei (T2)-Kompaktifizierungen ebendieses Raumes, welche ((K1,O1), c1) .((K2,O2), c2) erfüllen, also c1 = f◦c2 für ein stetiges f : K2 → K1. Es gilt dann f(K2\c2(X)) ⊆K1 \ c1(X).

Beweis. c2(X) ist eine dichte Teilmenge vonK2 und f |c2(X) : c2(X)→ c1(X) ist wegen f |c2(X) =c1 ◦ c−1

2 ein Homöomorphismus. Folglich liefert Lemma 4.35

∅ = f(c2(X)) ∩ f(K2 \ c2(X)) = c1(X) ∩ f(K2 \ c2(X)), also f(K2 \ c2(X)) ⊆ K1 \ c1(X).

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Übungsaufgaben

4.1 Zeigen Sie, dass R × R versehen mit T × T , wobei T wie in Aufgabe 3.8 ist, vollständigregulär, aber nicht normal ist.Hinweis: Betrachten Sie die Gerade g mit Steigung −1 durch (0, 0). Zeigen Sie, dass gabgeschlossen ist, und dass die Spurtopologie auf g die diskrete Topologie ist. BetrachtenSie nun die Teilmenge A (B) von g, deren Punkte rationale (irrationale) Koordinatenhaben.

4.2 Sei M die Menge aller Ultrafilter auf N. Für A ⊆ N sei

A∗ := {M ∈M : A ∈M}.

Zeigen Sie, dass (A ∩ B)∗ = A∗ ∩ B∗, (A ∪ B)∗ = A∗ ∪ B∗ sowie (Ac)∗ = (A∗)c. Weiterszeige man, dass {A∗ : A ⊆ N} die Basis einer Topologie O auf M ist, die aus zugleichoffenen und abgeschlossenen Mengen besteht.Man zeige schließlich, dass diese Topologie (T2) und kompakt ist.Hinweis: Für die Kompaktheit genügt es zu zeigen (warum?), dass jede offene Überde-ckung bestehend aus Mengen der Form A∗ eine endliche Teilüberdeckung hat. Aus demGegenteil dieser Aussage folgt, dass die Komplemente der entsprechenden A ⊆ N einenFilter erzeugen, der in einem Ultrafilter enthalten ist...

4.3 Zeigen Sie mit der Notation aus Aufgabe 4.2, dass ((M,O), ψ) eine Kompaktifizierung von(N,P(N)) (diskrete Topologie) ist, wobei ψ(n) := {B ⊆ N : n ∈ B}. Zeigen Sie weiters,dass dabei A = ψ−1(A∗ ∩ ψ(N)).Zeigen Sie schließlich, dass ((M,O), ψ) eine Stone-Čech-Kompaktifizierung ist.

4.4 Zeigen Sie mit der Notation aus Aufgabe 4.2: In (M,O) gibt es keine konvergente Folge,die aus paarweise verschiedenen Folgengliedern besteht.Hinweis: Nehmen Sie das Gegenteil an, dh.Mn →M, und auch, dass alle Folgengliederpaarweise verschieden sind. Konstruieren sie dann induktiv paarweise disjunkte MengenAn ⊆ N mitMn ∈ A∗n. Nun betrachte C :=

⋃n∈2NAn und D :=

⋃n∈2N−1An in Bezug auf

den UltrafilterM.

4.5 Geben sie ein Beispiel für einen topologischen Raum an, der kompakt, aber nicht folgen-kompakt (jede Folge hat konvergente Teilfolge(!!)) ist.

4.6 Zeigen Sie für einen vollständig regulären RaumX, dassX genau dann zusammenhängendist, wenn βX es ist. (Hinweis: Zeigen Sie für eine clopen Teilmenge A von X, dass βA zuAβX homöomorph ist.)

Zeigen Sie auch, dass für ein normales X und ein abgeschlossenes A ⊆ X immer βA zuAβX homöomorph ist.

4.7 Sei X ein regulärer topologischer Raum und F ⊆ X eine unendliche Menge. Zeigen Sie,dass es eine Folge (an)n∈N in F und paarweise disjunkte On, n ∈ N, gibt, sodass an ∈ On.Zeigen Sie auch dass jede Funktion f : {an : n ∈ N} → R stetig ist.

4.8 Sei F ⊆ βN abgeschlossen und unendlich. Zeigen Sie, dass F eine zu βN homöomorpheTeilmenge hat!Hinweis: Sei A wie in Aufgabe 4.7. Ist f : A → [0, 1], so betrachte man g : N → [0, 1]definiert durch g(n) = f(aj), falls n ∈ Oj und g(n) = 0, falls n /∈

⋃j Oj . Betrachte nun

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eine stetige Fortsetzung von g auf βN eingeschränkt auf AβN und vergleichen Sie diesemit f auf A. Beachte dabei, dass N ∩Oj

βN = OjβN wegen der Dichtheit von N in βN, vgl.

Bemerkung 4.32

4.9 Zeigen Sie, dass in βN nur die ab einem Index konstanten Folgen konvergieren.Hinweis: Ist (xn)n∈N konvergent gegen x, so ist {xn : n ∈ N} ∪ {x} abgeschlossen.

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5 Uniforme StrukturenDefinition 5.1. Ein Filter U aufM×M für eine nichtleere MengeM heißt uniforme Strukturoder Uniformität auf M und (M,U) uniformer Raum, falls

• Für alle U ∈ U gilt ∆ := {(x, x) : x ∈M} ⊆ U .

• Für alle U ∈ U gilt U−1 := {(y, x) : (x, y) ∈ U} ∈ U .

• Für alle U ∈ U gibt es ein V ∈ U , sodass V ◦ V ⊆ U , wobei

V ◦ V := {(x, z) : ∃y ∈M, (x, y) ∈ V, (y, z) ∈ V }

(Relationenprodukt).

Definition 5.2. Sei (M,U) ein uniformer Raum. Dann gibt es nach Aufgabe 5.2 genau eineTopologie auf M , sodass für x ∈M gilt

U(x) = Ux := {Ux : U ∈ U}, wobei Ux := {y ∈M : (x, y) ∈ U}.

Diese Topologie heißt die von der Uniformität U induzierte Topologie T (U).

Erinnerung 5.3. Eine Pseudometrik auf einer Menge X ist eine Abbildung d : X × X → R,sodass für alle x, y, z ∈ X:

• d(x, y) ≥ 0

• d(x, x) = 0

• d(x, y) = d(y, x)

• d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z)

Definition 5.4. Sei (X, d) ein pseudometrischer Raum. Für ε > 0 sei

Uε := {(x, y) ∈M ×M : d(x, y) < ε}.

Der von der Filterbasis {Uε : ε > 0} erzeugte Filter ist nach Aufgabe 5.3 eine Uniformitätauf X × X und man nennt diese Uniformität die von der Pseudometrik d induzierteUniformität U(d).

Lemma 5.5. Sei (X, d) ein pseudometrischer Raum. Dann stimmt T (d) mit T (U(d)) überein.

Beweis. Aufgabe 5.3 �

Lemma 5.6. Sei (M,U) ein uniformer Raum. Folgende sind äquivalent:

• (M, T (U)) erfüllt (T0).

• (M, T (U)) erfüllt (T1).

• (M, T (U)) erfüllt (T2).

•⋂U∈U U = ∆.

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Beweis. Aufgabe 5.6 �

Korollar 5.7. Sei (M,U) ein uniformer Raum. (M, T (U)) erfüllt dann (T3).

Beweis. Aufgabe 5.9 �

Bemerkung 5.8. Sei f : M → N eine Abbildung. Wie man leicht einsieht ist dann auch

f × f :{M ×M → N ×N(x, y) 7→ (f(x), f(y))

eine Abbildung. �

Definition 5.9. Seien (M,U) und (N,V) zwei uniforme Räume. Eine Abbildung f : M → Nheißt gleichmäßig stetig, falls der nach Lemma 2.2 von (f × f)(U) erzeugte Filter auf N ×Nfeiner ist als V.

Lemma 5.10. Seien (M,U), (N,V) uniforme Räume. Dann gelten:

• f : M → N ist genau dann gleichmäßig stetig, wenn es für alle V ∈ V ein U ∈ U gibt,sodass (f × f)(U) ⊆ V .

• Jede gleichmäßig stetige Abbildung ist stetig bzgl. der von den Uniformitäten erzeugtenTopologien.

• Die Hintereinanderausführung gleichmäßig stetiger Abbildungen ist gleichmäßig stetig.

Beweis. Aufgabe 5.5 �

Bemerkung 5.11. Sollten die beteiligten Uniformitäten von Metriken erzeugt werden, so ist derBegriff „gleichmäßig stetig“ hier äquivalent zur bekannten Begriffbildung „gleichmäßig stetig“zwischen metrischen Räumen, vgl. Beweis Aufgabe 5.5. �

Bemerkung 5.12. Sei Ui für i ∈ I eine Familie von Uniformitäten auf einer Menge M . Dannist [{Ui1 ∩ · · · ∩ Uim : m ∈ N, i1, . . . im ∈ I, Ui1 ∈ Ui1 , . . . , Uim ∈ Uim}] =: [

∨i∈I Ui] die gröbste

Uniformität, die alle Uniformitäten Ui umfasst, vgl. Aufgabe 5.7. �

Definition 5.13. Seien I eine Indexmenge, (Mi,Ui), i ∈ I uniforme Räume, M eine nichtleereMenge und fi : M → Mi, i ∈ I Funktionen. Dann gibt es nach Aufgabe 5.8 eine eindeutigegröbste Uniformität auf M mit der Filterbasis

{(fi1 × fi1)−1(Ui1) ∩ · · · ∩ (fin × fin)−1(Uin) :

n ∈ N, i1, . . . , in ∈ I,Uik ∈ Uik , k ∈ {1, . . . , n}}, sodass die Funktionen fi : M → Mi, i ∈ I

gleichmäßig stetig sind. Diese nennt man die initiale Uniformität U init({fi : i ∈ I}).

Lemma 5.14. Seien I eine Indexmenge, (Mi,Ui), i ∈ I, uniforme Räume, M eine nichtleereMenge und fi : M → Mi, i ∈ I Funktionen und sei M mit Uinit({fi : i ∈ I}) versehen. Sei(N,V) ein weiterer uniformer Raum. Eine Funktion f : N → M ist genau dann gleichmäßigstetig, wenn alle Abbildungen fi ◦ f : N →Mi, i ∈ I gleichmäßig stetig sind.

Beweis. „⇒“: Offensichtlich sind sämtliche Funktionen fi◦f : N →Mi als Zusammensetzungengleichmäßig stetiger Funktionen gleichmäßig stetig.„⇐“: Man betrachte U ∈ Uinit({fi : i ∈ I}), was ja nach Definition

∃n ∈ N, i1, . . . , in ∈ I, Uik ∈ Uik : (fi1 × fi1)−1(Ui1) ∩ · · · ∩ (fin × fin)−1(Uin) ⊆ U

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bedeutet. Setze V := (f×f)−1 [(fi1 × fi1)−1(Ui1)]∩· · ·∩(f×f)−1 [(fin × fin)−1(Uin)

]= ((fi1 ◦

f)× (fi1 ◦ f))−1(Ui1)∩ · · · ∩ ((fin ◦ f)× (fin ◦ f))−1(Uin). Aufgrund der gleichmäßigen Stetigkeitder Abbildungen fik ◦ f muss jede einzelne Menge dieses endlichen Schnittes in V liegen. Da Vein Filter ist, folgt auch V ∈ V. Aus (f×f)(V ) ⊆ (fi1×fi1)−1(Ui1)∩· · ·∩(fin×fin)−1(Uin) ⊆ Ufolgt damit die gleichmäßige Stetigkeit von f : N →M . �

Korollar 5.15. Seien I eine Indexmenge, (Mi,Ui), i ∈ I, uniforme Räume, M eine nichtleereMenge und fi : M → Mi, i ∈ I Funktionen. Dann ist T (Uinit({fi : i ∈ I})) = Tinit({fi : i ∈ I}),wobei die Mengen Mi mit den Topologien T (Ui) versehen seien.

Beweis. Aufgabe 5.8 �

Definition 5.16. Ein topologischer Raum (X, T ) heißt uniformisierbar, falls es eine Unifor-mität U auf X ×X gibt, sodass T = T (U).

Lemma 5.17. Ist (X, T ) ein topologischer Raum und erfüllt dieser das Axiom (T3,5), so istdieser uniformisierbar.

Beweis. Nach Lemma 4.7 ist T = Tinit({f |f : X → [0, 1], f stetig bzgl. T }). [0, 1] trägt dieeuklidische Spurtopologie. Die euklidische Topologie auf [0, 1] stimmt mit T

(d2|[0,1]×[0,1]

)über-

ein. Nach Lemma 5.5 gilt T(d2|[0,1]×[0,1]

)= T

(U(d2|[0,1]×[0,1]

)). Aus Korollar 5.15 folgt, dass

wenn man [0, 1] mit U(d2|[0,1]×[0,1]

)versieht, T (Uinit({f |f : X → [0, 1], f stetig bzgl. T }) =

Tinit({f |f : X → [0, 1], f stetig bzgl. T }), wobei [0, 1] mit T(d2|[0,1]×[0,1]

)= T

(U(d2|[0,1]×[0,1]

))versehen ist. Also gilt T (Uinit({f |f : X → [0, 1], f stetig bzgl. T })) = T . �

Definition 5.18. Ein uniformer Raum (M,U) heißt pseudometrisierbar, falls es eine Pseu-dometrik d auf M gibt, sodass U = U(d). Ist d sogar eine Metrik auf M , so nennt man (M,U)metrisierbar.

Satz 5.19. Ein uniformer Raum (M,U) ist genau dann pseudometrisierbar, wenn U eine ab-zählbare Filterbasis hat.

Beweis. „⇒“: Sei (M,U) ein uniformer Raum, sodass U = U(d) mit einer Pseudometrik d aufM . Gemäß Definition 5.4 gilt U = [{Uε : ε > 0}]. Wie man leicht einsieht, ist [{Uε : ε > 0}] =[{U 1n

: n ∈ N}]

, womit U eine abzählbare Filterbasis hat.„⇐“: Sei (M,U) ein uniformer Raum und {Vn : n ∈ N} eine abzählbare Filterbasis von U . Mandefiniere induktiv Z1 := V1 ∩V −1

1 ∈ U und für definierte Z1, . . . , Zn sei Zn+1 eine symmetrischeMenge aus U , sodass Z3

n+1 ⊆ Vn+1 ∩ Zn ∈ U . Eine solche Menge existiert wegen Aufgabe 5.1.Offensichtlich gilt für n ∈ N:

• Z3n+1 ⊆ Zn,

• Zn+1 ⊆ Zn, sprich (Zn)n∈N ist eine absteigende Mengenfolge,

• Zn = Z−1n und

• Zn ⊆ Vn.

Insbesondere ist {Zn : n ∈ N} also Filterbasis von U .Man betrachte die Funktion

g : M ×M → {0} ]{ 1

2k : k ∈ N ] {0}}

51

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definiert durch

g(x, y) :=

0, (x, y) ∈ Zk∀k ∈ N1

2n , n = max{k : (x, y) ∈ Zk}1, (x, y) /∈ Zk∀k ∈ N

.

Für alle x ∈ M gilt g(x, x) = 0, da (x, x) in allen Zk liegt. Für (x, y) ∈ M ×M gilt g(x, y) =g(y, x), weil die Zk, k ∈ N symmetrisch sind. Zudem will man

g(a, d) ≤ 2 max{g(a, b), g(b, c), g(c, d)} für alle a, b, c, d ∈M (5.1)

nachweisen. Gilt (a, d) ∈ Zk für alle k ∈ N, so folgt (5.1) wegen g(a, d) = 0. Wenn (a, d) /∈ Zkfür alle k ∈ N, so gilt g(a, d) = 1. Angenommen (a, b), (b, c), (c, d) wären aus Z2. Dann müsste(a, d) ∈ Z3

2 ⊆ Z1 gelten. Also ist o.B.d.A. (a, b) /∈ Z2, womit g(a, b) ≥ 12 und infolge (5.1) gilt.

Zuletzt sei (a, d) ∈ Zn, (a, d) /∈ Zn+1, also g(a, d) = 12n . Wären (a, b), (b, c), (c, d) ∈ Zn+2, so

müsste analog zum vorherigen Punkt (a, d) ∈ Zn+1. Demnach ist o.B.d.A. (a, b) /∈ Zn+2. Alsogilt g(a, b) ≥ 1

2n+1 und (5.1) ist bewiesen.Die Funktion d : M ×M → R definiert durch

d(x, y) := inf{∑j=1

g(wj−1, wj) : ` ∈ N, w0, . . . , w` ∈M,w0 = x und w` = y

},

ist wohldefiniert, da die betreffliche Menge d(x, y) enthält und somit nichtleer und durch 0nach unten beschränkt ist. Man zeigt jetzt, dass d eine Pseudometrik ist. Wegen 0 ≤ d(x, y) ≤g(x, y) für x, y ∈ M folgt d(x, x) = 0. Die Symmetrieeigenschaft von d folgt auch direkt ausder Symmetrieeigenschaft von g. Zuletzt bleibt noch die Dreiecksungleichung zu zeigen. Sei alsoε > 0 und seien x = w0, . . . , w` = y ∈ M bzw. y = v0, . . . , vm = z ∈ M so, dass d(x, y) ≤∑`j=1 g(wj−1, wj) < d(x, y) + ε

2 bzw. d(y, z) ≤∑mk=1 g(vk−1, vk) < d(y, z) + ε

2 . Offensichtlich gilt

d(x, z) ≤∑j=1

g(wj−1, wj) +m∑k=1

g(vk−1, vk) < d(x, y) + d(y, z) + ε.

Da ε > 0 beliebig war, folgt die Dreiecksungleichung.Nun bleibt noch U = U(d) zu zeigen. Man zeigt zuerst für alle ` ∈ N

g(x, y)2 ≤

∑j=1

g(wj−1, wj), ∀w0, . . . , w` ∈M mit w0 = x und w` = y. (5.2)

Dazu führt man eine Induktion nach ` durch. Für ` = 1 ist (5.2) offensichtlich richtig. Sei nunL > 1 und (5.2) für alle (x, y) ∈ M ×M und alle ` < L als bewiesen angenommen. Wenn0 =

∑Lj=1 g(wj−1, wj) =: α für x = w0, . . . , wL = y ∈ M , dann folgt wegen α = 0, dass

g(w0, w2) ≤ 2 max{g(w0, w1), g(w1, w2)} = 0. Induktiv folgt damit auch 0 = g(w0, wL) =g(x, y), womit auch (5.2) für ` = L gilt. Im Falle α > 0 wähle ` ∈ {0, . . . , L} maximalso, dass

∑`j=1 g(wj−1, wj) ≤ α

2 . Offensichtlich ist ` < L. Wegen∑`+1j=1 g(wj−1, wj) > α

2 gilt∑L`+2 g(wj−1, wj) < α

2 . Aus der Induktionsvorraussetzung folgt g(w`+1,wL)2 ≤ α

2 , sowieg(w0,w`)

2 ≤α2 . Aus (5.1) zusammen mit g(w`, w`+1) ≤ α schließt man auf

g(x, y) ≤ 2 max{g(x,w`), g(w`, w`+1), g(w`+1, y)} ≤ 2α,

womit (5.2) für ` = L bewiesen ist. Weil (5.2) für alle ` ∈ N gilt, folgt

g(x, y)2 ≤ d(x, y) für alle x, y ∈M .

52

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Zu U ∈ U gibt es ein n ∈ N mit Zn ⊆ U . Man betrachte U 12n+1

∈ U(d). Für ein beliebiges Tupel

(x, y) ∈ U 12n+1

gilt g(x,y)2 ≤ d(x, y) < 1

2n+1 und somit g(x, y) < 12n , also (x, y) ∈ Zn. Damit folgt

U 12n+1

⊆ Zn ⊆ U ∈ U(d). Das heißt U ⊆ U(d).Andererseits gibt es zu U ∈ U(d) sicherlich ein ε > 0 mit Uε ⊆ U . Wählt man n ∈ N so, dass1

2n < ε, dann gilt offensichtlich U 12n⊆ Uε. Für (x, y) ∈ Zn+1 gilt 1

2n >1

2n+1 ≥ g(x, y) ≥ d(x, y),also (x, y) ∈ U 1

2n. Folglich ist Zn+1 ⊆ U 1

2n⊆ U ∈ U , womit U(d) ⊆ U .

Korollar 5.20. Ein uniformer Raum (M,U) ist genau dann metrisierbar, wenn U eine abzähl-bare Filterbasis hat und

⋂U∈U U = ∆ gilt.

Beweis. „⇒“: Die abzählbare Filterbasis hat man wegen Satz 5.19. Die Eigenschaft⋂U∈U U = ∆

ist wegen Lemma 5.6 äquivalent zu (T2) auf (M, T (U)) = (M, T (U(d))) = (M, T (d)). Bekann-termaßen erfüllt jede von einer Metrik induzierte Topologie (T2).„⇐“: Wegen Satz 5.19 existiert eine Pseudometrik d auf M mit U = U(d). Gilt für x, y ∈ Mdann d(x, y) = 0, so folgt, da nach Definition {Uε : ε > 0} eine Filterbasis von U(d) ist,(x, y) ∈

⋂U∈U(d) U = ∆, also x = y, womit d eine Metrik auf M ist. �

Satz 5.21. Sei (M,U) ein uniformer Raum. Dann existiert eine Familie (di)i∈I von Pseudo-metriken, sodass U = [

∨i∈I U(di)], vgl. Bemerkung 5.12.

Beweis. Sei I := U . Zu festem i ∈ I sei U1 := i ∈ U . Sind U1, . . . , Un ∈ U definiert, dannsei Un+1 ∈ U so gewählt, dass U2

n+1 ⊆ Un und Un+1 = U−1n+1 für n ∈ N. Die Existenz solcher

Mengen folgt direkt aus der Definition einer Uniformität. Wie man leicht nachrechnen kann,ist {Un : n ∈ N} eine Filterbasis und der davon erzeugte Filter U(i) ist der gröbste Filter,der {Un : n ∈ N} enthält, womit U(i) ⊆ U . Außerdem ist, wie man leicht einsieht, U(i) eineUniformität. Wegen U(i) ⊆ U für alle i ∈ I gilt [

∨i∈I U(i)] ⊆ U . Da für alle U ∈ U für i = U

gilt, dass U ∈ U(i), ist U ⊆ [∨i∈I U(i)] und somit U = [

∨i∈I U(i)]. Nach Satz 5.19 gibt es für

alle i ∈ I eine Pseudometrik di, sodass U(i) = U(di). �

Definition 5.22. Auf einem uniformen Raum (M,U) definiert man die Relation

∼=:=⋂U∈U

U .

Lemma 5.23. Für einen uniformer Raum (M,U) ist ∼= eine Äquivalenzrelation. Mit dieser ist

U/∼= := [(π × π)(U)] ⊆ P(M/∼= ×M/∼=)

eine Uniformität auf M/∼=, wobei π : M →M/∼= die kanonische Einbettung bezeichne. Versiehtman M mit T (U), so gilt ∼==', vgl. Definition 3.28. Man erhält sogar T (U/∼=) = T (U)/'.

Beweis. Aufgabe 5.10 �

Lemma 5.24. Sei (M,U) ein uniformer Raum und (Ui)i∈I eine Familie von Uniformitätenmit U = [

∨i∈I Ui], vgl. Bemerkung 5.12. Man betrachte für i ∈ I die Räume (M/∼=i,Ui/∼=i) und

die kanonischen Einbettungen πi : M → M/∼=i, wobei zwecks besserer Verständlichkeit ∼= i dieÄquivalenzrelation ∼= bezüglich Ui bezeichne. Dann gilt

U = Uinit({πi : M → (M/∼=i,Ui/∼=i), i ∈ I}).

53

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Beweis. „⊇“: Die Abbildungen πi : (M,Ui) → (M/∼=i,Ui/∼=i) sind nach Definition von Ui/∼=igleichmäßig stetig, womit wegen U ⊇ Ui auch die Abbildungen πi : (M,U) → (M/∼=i,Ui/∼=i)gleichmäßig stetig sind. Die initiale Uniformität ist die gröbste Uniformität mit dieser Eigen-schaft.„⊆“: Für i ∈ I ist die Uniformität Ui die gröbste, sodass πi gleichmäßig stetig ist. Ist näm-lich Vi eine weitere solche Uniformität und U aus Ui, so muss es offensichtlich ein V ∈ Vimit (πi × πi)(V ) ⊆ (πi × πi)(U) ∈ Ui/∼=i geben. Zu (v, w) ∈ V müssen dann (x, y) ∈ U mit([v]∼=i, [w]∼=i) = ([x]∼=i, [y]∼=i), sprich v ∼= i x und w ∼= i y, existieren. Aus der Definition von ∼= i

folgt (v, w) ∈ U ◦U ◦U , also V ⊆ U ◦U ◦U . Weil U ∈ Ui beliebig war folgt aus Aufgabe 5.1 (Ui3

ist eine Filterbasis) Vi ⊇ Ui. Damit müssen alle Ui in der initialen Uniformität liegen, womit esnach Definition auch U muss. �

Lemma 5.25. Ist (M,d) ein pseudometrischer Raum, so existiert eine Metrik d/∼= auf M/∼=mit U(d/∼=) = U(d)/∼=. Außerdem erfüllt (M, T (d)) das Axiom (T3,5).

Beweis. Man betrachte dazu U(d) mit der Äquivalenzrelation ∼= und T (U(d)) = T (d) mit '.Weiters definiert man

d/∼= :{M/∼= ×M/∼= → R+

([x]∼=, [y]∼=) 7→ d(x, y).

Diese Abbildung ist wohldefiniert, denn gelten x ∼= v und y ∼= w für x, y, v, w ∈M , so folgt ausden Definitionen von ∼=, dass (x, v), (y, w) ∈ Uε für alle ε > 0, wodurch d(x, v) = 0 = d(y, w)und mit der Dreiecksungleichung d(x, y) ≤ d(x, v) + d(v, w) + d(w, y) = d(v, w) und d(v, w) ≤d(v, x) + d(x, y) + d(y, w) = d(x, y), also d(x, y) = d(v, w). Man überprüft sofort, dass d/∼= aucheine Pseudometrik auf M/∼= ist. Im Falle d/∼=([x]∼=, [y]∼=) = 0 folgert man aus d(x, y) = 0, dass(x, y) ∈ U für alle U ∈ U(d), womit x ∼= y, also [x]∼= = [y]∼= zutrifft. Daher ist d/∼= eine Metrik.Man überzeugt sich unmittelbar von U(d/∼=) = U(d)/∼=. Nach Lemma 3.43 und mit Lemma 5.23ist

(M/∼=, T (d/∼=))) = (M/∼=, T (U(d/∼=))) = (M/∼=, T (U(d)/∼=))= (M/', T (U(d))/') = (M/', T (d)/')

normal, erfüllt also (T3,5). Sei nun A ⊆ M bezüglich T (d) abgeschlossen und sei x aus A{.Da A nach Lemma 3.29 gesättigt ist, hat man einerseits π(x) ∈ π(A){ und andererseits mitErinnerung 3.22, dass π(A) in T (d)/' abgeschlossen ist. Also existiert eine stetige Funktionf : (M/', T (d)/') → [0, 1] mit f(π(x)) = 0 und f(π(A)) ⊆ {1}. Da f ◦ π : M → [0, 1] alsZusammensetzung stetiger Funktionen stetig ist, erfüllt (M, T (d)) dann ebenfalls (T3,5). �

Satz 5.26. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Dieser ist genau dann uniformisierbar, wenner (T3,5) erfüllt.

Beweis. „⇐“: Lemma 5.17„⇒“: Sei also U eine Uniformität auf X, sodass T (U) = T zutrifft. Satz 5.21 liefert nun eineFamilie (di)i∈I von Pseudometriken mit U = [

∨i∈I U(di)]. Mit Bemerkung 5.12 erhält man,

dass U = [∨i∈I U(di)] = Uinit({id : X → (X,U(di)), i ∈ I}) gilt. Aus Korollar 5.15 und Lem-

ma 5.5 folgt T (U) = Tinit({id : X → (X, T (di)), i ∈ I}). Die Räume (X, T (di)) erfüllen nachLemma 5.25 das Axiom (T3,5) und wegen Lemma 4.5 deshalb auch (X, T (U)) = (X, T ). �

Definition 5.27. Sei (M,U) ein uniformer Raum. Ein Netz (xi)i∈I aufM heißt Cauchy-Netz,falls es für alle U ∈ U ein i(U) ∈ I gibt, sodass i, j � i(U) ⇒ (xi, xj) ∈ U gilt.

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Lemma 5.28. Seien (M,U), (N,V) uniforme Räume. Dann gelten:

• Gleichmäßig stetige Abbildungen f : M → N bilden Cauchy-Netze auf M auf Cauchy-Netze auf N ab.

• Ein bezüglich T (U) konvergentes Netz ist bezüglich U ein Cauchy-Netz.

Beweis. Aufgabe 5.11 �

Definition 5.29. Ein uniformer Raum (M,U) heißt vollständig, wenn jedes Cauchy-Netz in(M, T (U)) konvergiert.

Bemerkung 5.30. Offensichtlich deckt sich die Definition der Cauchy-Netze eines uniformenRaumes (M,U) mit jener der Cauchy-Netze eines metrischen Raumes (M,d), falls U = U(d)gilt. Außerdem ist ein metrischer Raum (M,d) genau dann vollständig, wenn es (M,U(d)) ist,vgl. Aufgabe 5.12. �

Lemma 5.31. Sei (M,U) ein vollständiger uniformer Raum und erfülle (M, T (U)) das Axiom(T2). Eine Teilmenge T ⊆ M ist bezüglich T (U) genau dann abgeschlossen, wenn (T,U|T )vollständig ist, wobei U|T hier die initiale Uniformität bezüglich der kanonischen Einbettungι : T →M bezeichne.

Beweis. Aufgabe 5.11 �

Lemma 5.32. Seien (M,U), (N,V) uniforme Räume. Weiters sei (N,V) vollständig und erfülle(N, T (V)) das Axiom (T2). Ist f : (T,U|T )→ (N,V) für eine Menge T ⊆M mit T = M gleich-mäßig stetig, so lässt sich diese Funktion zu einer eindeutigen gleichmäßig stetigen Funktionf : (M,U)→ (N,V) fortstetzen.

Beweis. Aufgabe 5.13 �

Lemma 5.33. Seien (M,U), (N,V) uniforme Räume. Weiters sei f : (M, T (U))→ (N, T (V))stetig und sei (M, T (U)) kompakt. Dann ist f : (M,U)→ (M,V) gleichmäßig stetig.

Beweis. Aufgabe 5.15 �

Definition 5.34. Seien (M,U) und (N,V) uniforme Räume und Ψ : M → N eine Abbildung.((N,V),Ψ) heißt Vervollständigung von (M,U), falls

• (N,V) vollständig ist und (N, T (V)) das Axiom (T2) erfüllt,

• Ψ : (M,U)→ (Ψ(M),V|Ψ(M)) bijektiv und gleichmäßig stetig in beide Richtungen ist,

• Ψ(M) dicht in N bezüglich T (V) liegt.

Erinnerung 5.35. Jeder metrische Raum (X, d) besitzt eine Vervollständigung im metrischenSinne. Das heißt, es existieren ein vollständiger metrischer Raum (Y, dY ) und eine isometrische,damit insbesondere auf ihr Bild eingeschränkt bijektive und in beide Richtungen gleichmäßigstetige, Abbildung ι : X → Y mit ι(X) = Y , siehe [ana]. Offensichtlich handelt es sich dabeiauch um Vervollständigungen, falls man die metrischen Räume als uniforme Räume auffasst. �

Satz 5.36. Sei (M,U) ein uniformer Raum. Erfüllt (M, T (U)) (T2), so besitzt (M,U) eine bisauf Isomorphie4 eindeutige Vervollständigung.

4Isomorphie beudeutet hier: Sind ((N1,V1),Ψ1) und ((N2,V2),Ψ2) zwei Vervollständigungen von (M,U), soexistiert eine bijektive in beide Richtungen gleichmäßig stetige Abbildung f : N2 → N1 mit Ψ1 = f ◦Ψ2.

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Beweis. Zunächst liefert Satz 5.21 eine Familie (di)i∈I von Pseudometriken mit U = [∨i∈I U(di)].

Man betrachte für i ∈ I die Räume (M/∼=i,U(di)/∼=i) und die kanonischen Einbettungen πi :M → M/∼=i, wobei zwecks besserer Verständlichkeit ∼= i die Äquivalenzrelation ∼= bezüglichU(di) bezeichne. Nach Lemma 5.24 gilt

U = Uinit({πi : M → (M/∼=i,U(di)/∼=i), i ∈ I}). (5.3)

Außerdem gilt für i ∈ I mit der Metrik di/∼=i aus Lemma 5.25, dass (M/∼=i,U(di)/∼=i) =(M/∼=i,U(di/∼=i)). Nun existieren für die metrischen Räume (M/∼=i, di/∼=i) Vervollständigun-gen im metrischen Sinne, welche Vervollständigungen im Sinne des Satzes liefern. Seien diesemit ((Ni,U(d′i)), ιi), i ∈ I bezeichnet. Man definiert jetzt

Ψ :{M →

∏i∈I Ni

x 7→ (ιi(πi(x)))i∈I .

Gelte nun Ψ(x) = Ψ(y) für x, y ∈ M . Das bedeutet ιi(πi(x)) = ιi(πi(y)) für alle i ∈ I und mitder Injektivität der ιi sogar πi(x) = πi(y), also (x, y) ∈ U für U ∈ U(di). Mit Bemerkung 5.12hat man auch (x, y) ∈ U für alle U ∈ U = [

∨i∈I U(di)]. Da (M, T (U)) das Axiom (T2) erfüllt,

schließt man wegen Lemma 5.6 auf x = y. Somit ist Ψ : M → Ψ(M) injektiv und damit auchbijektiv.Man versieht

∏i∈I Ni mit der Produktuniformität

∏i∈I U(d′i), also der initialen Uniformität be-

züglich den kanonischen Projektionen.∏i∈I Ni ist dann noch immer vollständig, da die kanoni-

schen Projektionen als gleichmäßig stetige Funktionen Cauchy-Netze auf Cauchy-Netze abbildenund ein Netz in der Produkttopologie auf

∏i∈I Ni genau dann konvergiert, wenn es das kompo-

nentenweise tut, vgl. Bemerkung 2.22. Betrachte Ψ(M) bezüglich T (∏i∈I U(d′i)) =

∏i∈I T (d′i)

und dann den Raum(Ψ(M), (

∏i∈I U(d′i))|Ψ(M)

).

Zunächst liegt Ψ(M) bezüglich der von der Spuruniformität induzierten Spurtopologie vonΨ(M) in diesem Raum dicht.Außerdem erfüllt

∏i∈I T (d′i) wegen Lemma 3.26 das Axiom (T2), da die kanonischen Projek-

tionen offensichtlich punktetrennend sind. Infolge erfüllt auch der Raum (∏i∈I T (d′i))|Ψ(M) =

T((∏i∈I U(d′i))|Ψ(M)

)das Trennungsaxiom (T2). Weiters sind alle Voraussetzungen von Lem-

ma 5.31 erfüllt, also ist(Ψ(M), (

∏i∈I U(d′i))|Ψ(M)

)vollständig.

Unmittelbar aus Lemma 5.14 und der gleichmäßigen Stetigkeit der Abbildungen x 7→ ιi(πi(x))von (M,U) nach (Ni,U(d′i)) folgt die gleichmäßige Stetigkeit von Ψ : M →

∏i∈I Ni. Damit ist

auch Ψ : (M,U)→(Ψ(M), (

∏i∈I U(d′i))|Ψ(M)

)gleichmäßig stetig.

Zuletzt betrachtet man Ψ−1 : Ψ(M) → M . Lemma 5.14 macht wegen (5.3) die gleichmä-ßige Stetigkeit von Ψ−1 zu jener aller πi ◦ Ψ−1 : Ψ(M) → M/∼=i äquivalent. Diese ist aberwegen πi ◦ Ψ−1 = ι−1

i ◦ π′i ◦ ιΨ(M) klar5. Hier meint ιΨ(M) :(Ψ(M), (

∏i∈I U(d′i))|Ψ(M)

)→

(∏i∈I Ni,

∏i∈I U(d′i)) die kanonische Einbettung und π′i : (

∏i∈I Ni,

∏i∈I U(d′i)) → (Ni,U(d′i))

die kanonische Projektion. Alles in allem ist bewiesen, dass((

Ψ(M), (∏i∈I U(d′i))|Ψ(M)

),Ψ)

eine Vervollständigung von (M,U) ist.Seine nun ((N1,V1),Ψ1) und ((N2,V2),Ψ2) zwei Vervollständigungen von (M,U). Die beidenAbbildungen Ψ2 ◦ Ψ−1

1 : (Ψ1(M),V1|Ψ1(M)) → (N2,V2) und Ψ1 ◦ Ψ−12 : (Ψ2(M),V2|Ψ2(M)) →

5Eigentlich ist zuerst nur π′i ◦ ιΨ(M) :(Ψ(M), (

∏i∈I U(d′i))|Ψ(M)

)→ (Ni,U(d′i)) gleichmäßig stetig. Da das

Bild dieser Abbildung aber offensichtlich im Bild von ιi liegt, liefert Lemma 5.14 die gleichmäßige Stetigkeit vonπ′i ◦ ιΨ(M) :

(Ψ(M), (

∏i∈I U(d′i))|Ψ(M)

)→(ιi(M/∼=i),U(d′i)|ιi(M/∼=i)

), worauf man das gleichmäßig stetige ι−1

i

anwenden kann.

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(N1,V1) sind dann klarerweise gleichmäßig stetig. Zu diesen Funktionen liefert Lemma 5.32 ein-deutige gleichmäßig stetige Fortsetzungen f1 : (N1,V1) → (N2,V2) respektive f2 : (N2,V2) →(N1,V1). Man sieht unmittelbar f1 ◦f2 = idN2 auf Ψ2(M) und f2 ◦f1 = idN1 auf Ψ1(M) ein. Dadiese Funktionen stetig sind, (N1,2, T (V1,2)) beide (T2) erfüllen und Ψ1,2(M) beide dicht liegen,gelten diese Gleichheiten auf den gesamten Räumen. f2 : (N2,V2)→ (N1,V1) ist somit bijektivund in beide Richtungen gleichmäßig stetig mit f2 ◦Ψ2 = Ψ1. �

Definition 5.37. Sei (M,U) ein uniformer Raum. Eine Menge A ⊆ M nennt man totalbeschränkt, wenn es zu jedem U ∈ U ein n ∈ N und Punkte x1, . . . , xn ∈ A mit

A ⊆n⋃k=1

Uxk

gibt.

Bemerkung 5.38. Sollte eine Uniformität von einer Metrik induziert sein, so ist eine Menge,wie man leicht einsieht, genau dann bezüglich der Uniformität total beschränkt, wenn sie esbezüglich der Metrik ist. �

Lemma 5.39. Seien (M,U) und (N,V) uniforme Räume und sei f : M → N gleichmäßigstetig. Ist A ⊆M total beschränkt, so ist es auch f(A) ⊆ N .

Beweis. Zu V ∈ V gibt es wegen der gleichmäßigen Stetigkeit von f ein U ∈ U mit (f×f)(U) ⊆V . Wegen der totalen Beschränktheit von A findet man n ∈ N und x1, . . . , xn ∈ A mit

A ⊆n⋃k=1

Uxk .

Man erhält

f(A) ⊆ f(

n⋃k=1

Uxk

)=

n⋃k=1

f(Uxk) ⊆n⋃k=1

(f × f)(U)f(xk) ⊆n⋃k=1

Vf(xk),

womit f(A) total beschränkt ist. �

Satz 5.40. Sei (M,U) ein uniformer Raum. (M, T (U)) ist genau dann kompakt, wenn (M,U)vollständig und total beschränkt ist.

Beweis. „⇒“: Aufgabe 5.22„⇐“: Sei zunächst angenommen, dass (M, T (U)) (T2) erfüllt. Man greift dann auf die Konstruk-tion aus dem Beweis des Satzes 5.36 zurück. Sei also die Notation aus ebendiesem Beweis über-nommen. Offensichtlich folgt unmittelbar aus U ⊇ U(di) für i ∈ I und der Definition von totalerBeschränktheit, dass die Räume (M,U(di)) ebenfalls total beschränkt sind. Wegen Lemma 5.39und πi(M) = M/∼=i ist auch (M/∼=i,U(di)/∼=i) = (M/∼=i,U(di/∼=i)) total beschränkt und folglich(M/∼=i, di/∼=i) total beschränkt im metrischen Sinne. Man sieht leicht ein, dass aus der Isometrievon ιi die totale Beschränktheit von ιi(M/∼=i) als Teilmenge des Raumes (Ni, d

′i) folgt. Diese

überträgt sich auch auf ιi(M/∼=i) = Ni, vgl. [ana], womit (Ni, d′i) total beschränkt ist. Da dieser

Raum auch vollständig im metrischen Sinne ist, folgt bekanntermaßen Kompaktheit im topolo-gischen Sinne. Mit dem Satz von Tychonoff 2.29 ist auch (

∏i∈I Ni,

∏i∈I T (d′i)) kompakt. Aus der

Vollständigkeit von M im uniformen Sinne folgt jene von(Ψ(M), (

∏i∈I U(d′i))|Ψ(M)

), denn Ψ

identifiziert als Homöomorphismus die konvergenten Netze des Urbild- und Bildraumes bijektiv

57

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miteinander und als in beide Richtungen gleichmäßig stetige Abbildung gilt dasselbe für Cauchy-Netze. Damit ist Ψ(M) wegen Lemma 5.31 in dem vollständigen Raum (

∏i∈I Ni,

∏i∈I T (d′i))

abgeschlossen, also als abgeschlossene Teilmenge eines kompakten Raumes selbst kompakt unddamit auch bezüglich (

∏i∈I T (d′i))|Ψ(M) kompakt. Die Stetigkeit von Ψ−1 : Ψ(M) → M über-

trägt diese Eigenschaft auf (M, T (U)).Für den Fall, dass (M, T (U)) nicht (T2) erfüllt, siehe Aufgabe 5.23. �

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Übungsaufgaben

5.1 Sei U eine Uniformität auf M ×M .Zeigen Sie: U hat eine Filterbasis bestehend aus symmetrischen Mengen (U = U−1).Aus V,W ∈ U folgt V ◦ W ∈ U . Un := {V1 ◦ · · · ◦ Vn : V1, . . . , Vn ∈ U} und auchUn := {V ◦ · · · ◦ V︸ ︷︷ ︸

n mal

: V ∈ U} sind jeweils Filterbasen von U .

5.2 Sei U eine Uniformität auf M . Für x ∈M sei

Ux := {Ux : U ∈ U}, wobei Ux := {y ∈M : (x, y) ∈ U}.

Zeigen Sie, dass Ux für jedes x ∈M ein Filter ist, und dass es genau eine Topologie T (U)auf M gibt, sodass die Ux die Umgebungsfilter U(x) dieser Topologie sind.

5.3 Sei (M,d) ein pseudometrischer Raum. Sei für ε > 0 definiert: Uε := {(x, y) ∈ M ×M :d(x, y) < ε}.Zeigen Sie, dass der von der Filterbasis (?) {Uε : ε > 0} erzeugte Filter eine UniformitätU(d) auf M ist. Zeigen Sie weiters, dass T (d) = T (U(d)). Dabei ist O ∈ T (d) genau dann,wenn für alle x ∈ O ein ε > 0 existiert, sodass Uε(x) ⊆ O.

5.4 Sei (G, T ) eine topologische Gruppe, also die Abbildungen (x, y) 7→ xy und x 7→ x−1 seienstetig, und sei U(e) der Umgebungsfilter des neutralen Elementes e. Zeigen Sie, dass

Ur := [{Ur(W ) : W ∈ U(e)}]U` := [{U`(W ) : W ∈ U(e)}]U := [{Ur(W ) ∩ U`(W ) : W ∈ U(e)}]

drei Uniformitäten definieren, wobei

Ur(W ) := {(x, y) ∈ G×G : xy−1 ∈W}U`(W ) := {(x, y) ∈ G×G : x−1y ∈W}.

Weiters zeigen Sie, dass jede dieser Uniformitäten T erzeugt.

5.5 Eine Abbildung f : (M,U) → (N,V) heißt gleichmäßig stetig, falls der nach Lemma 2.2von (f × f)(U) erzeugte Filter auf N ×N feiner ist als V. Zeigen Sie folgende Aussagen:

• f : M → N ist genau dann gleichmäßig stetig, wenn es für alle V ∈ V ein U ∈ Ugibt, sodass (f × f)(U) ⊆ V .

• Jede gleichmäßig stetige Abbildung ist stetig bzgl. der von den Uniformitäten erzeug-ten Topologien.

• Die Hinereinanderausführung gleichmäßig stetiger Abbildungen ist gleichmäßig ste-tig.

• Sollten die beteiligten Uniformitäten von (Pseudo)-Metriken erzeugt werden, so istder Begriff „gleichmäßig stetig“ hier äquivalent zur bekannten Begriffsbildung „gleich-mäßig stetig“ zwischen (Pseudo)-metrischen Räumen.

5.6 Beweisen Sie Lemma 5.6!

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5.7 Zeigen Sie: Ist Ui, i ∈ I eine Familie von Uniformitäten auf M , so ist der von

{Ui1 ∩ · · · ∩ Uim : m ∈ N, i1, . . . im ∈ I, Ui1 ∈ Ui1 , . . . , Uim ∈ Uim}

erzeugte Filter U die gröbste Uniformität auf M , die feiner als alle Ui sind. Dabei heißteine Uniformität V feiner (gröber) als eine Uniformität W, wenn V ⊇ W (V ⊆ W).Zeigen Sie weiters, dass wenn Ui = U(di) für Pseudometriken di auf M , dann

{{(x, y) ∈M ×M : di1(x, y) < ε, . . . , din(x, y) < ε} : n ∈ N; i1, . . . , in ∈ I, ε > 0}

eine Filterbasis von U ist.Schließlich zeigen Sie, dass die von U erzeugte Topologie mit der Topologie aus Aufga-be 1.10 übereinstimmt.

5.8 Für eine Indexmenge I seien Mi nichtleere Mengen und Ui jeweils Uniformitäten auf Mi.Weiters sei M eine nichtleere Menge und fi : M →Mi seien Funktionen.Zeigen Sie: Es gibt eine eindeutige gröbste uniforme Struktur U aufM , sodass alle fi gleich-mäßig stetig sind, wobei

{(fi1 × fi1)−1(Ui1) ∩ · · · ∩ (fin × fin)−1(Uin) : n ∈ N, i1, . . . , in ∈

I,Uik ∈ Uik , k ∈ {1, . . . , n}}eine Filterbasis (?) dieser Uniformität ist. Zeigen Sie weiters,

dass die von U induzierte Topologie genau die initiale Topologie bzgl. aller fi ist, wennman die Mengen Mi mit der von Ui induzierten Topologie versieht.

5.9 Sei M eine nichtleere Menge versehen mit einer uniformen Struktur U . Weiters sei T (U)die von U induzierte Topologie.Zeigen Sie: Der Abschluss einer Menge A ⊆ M stimmt mit

⋂U∈U U(A) überein, wobei

U(A) := {y : es gibt ein x ∈ A mit (x, y) ∈ U}. Weiters zeigen Sie, dass für T ⊆M ×Mgilt T =

⋂U∈U U ◦ T ◦ U , wobei der Abschluss bzgl. T (U) × T (U) ist und ◦ für das

Relationenprodukt steht.Schließlich zeigen Sie, dass das Axiom (T3) für T (U) erfüllt ist, und dass {U : U ∈ U} und{U◦ : U ∈ U} jeweils eine Filterbasis von U abgeben.

5.10 Beweisen Sie Lemma 5.23!

5.11 Sei (M,U) ein uniformer Raum. Ein Filter F aufM heißt Cauchy-Filter, wenn es für jedesU ∈ U ein F ∈ F mit F × F ⊆ U gibt.Zeigen Sie, dass (xi)i∈I genau dann ein Cauchy-Netz ist, wenn der davon erzeugte Filterein Cauchy-Filter ist.Zeigen Sie weiters, dass gleichmäßig stetige Abbildungen Cauchy-Netze bzw. Cauchy-Filterauf Cauchy-Netze bzw. Cauchy-Filter abbilden.Zeigen Sie schließlich, dass konvergente Netze bzw. Filter auch Cauchy- sind und dass,wenn (M,U) vollständig ist und (T2) erfüllt, eine Teilmenge T ⊆ M genau dann abge-schlossen (bzgl. T (U)) ist, wenn (T,U|T ) vollständig ist. Hier ist U|T die initiale Unifor-mität auf T bzgl. der kanonischen Einbettung.

5.12 Zeigen Sie, dass metrische Räume genau dann vollständig sind, wenn es die entsprechendenuniformen Räume sind!

5.13 Beweisen Sie Lemma 5.32!Hinweis: Das Mischen von Folgen lässt sich für zwei Netze (xi)i∈I , (yj)j∈J mit lim xi =x = lim yj durch das Netz (z(i,j,k))(i,j,k)∈I×J×{1,2} mit z(i,j,1) = xi, z(i,j,2) = yj nachbauen,wobei (i1, j1, k1) � (i2, j2, k2)⇔ i1 � i2 ∧ i2 � j2.

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5.14 Geben Sie ein Beispiel einer Menge M und zweier verschiedener Uniformitäten darauf an,sodass die von den Uniformitäten erzeugte Topologie übereinstimmt.

5.15 Seien M,N nichtleere Mengen und U eine Uniformität auf M und V eine solche auf N .Weiters seien T (U) bzw. T (V) die von diesen Uniformitäten auf M bzw. N erzeugtenTopologien. Schließlich sei f : M → N eine Abbildung.Zeigen Sie, dass wenn f : (M, T (U))→ (N, T (V)) stetig ist und wenn (M, T (U)) kompaktist, dann f sogar gleichmäßig stetig ist. Was bedeutet das für f = id, wenn M = N undT (U) = T (V)?

5.16 Zeigen Sie auch anhand eines Gegenbeispiels, dass für den Schluss in Aufgabe 5.15 dieKompaktheit tatsächlich von Nöten ist. Zeigen Sie weiters, dass es zu einem kompaktentopologischen Raum höchstens ein Uniformität U gibt, sodass T (U) = T .

5.17 Erfülle (X, T ) das Trennungsaxiom (T3,5).Zeigen Sie, dass für jene Menge U von Uniformitäten U auf X, welche T induzieren, derSupremumsfilter

∨U∈U U auf X×X eine Uniformität abgibt, die auch T induziert. Zeigen

Sie damit, dass es eine feinste Uniformität auf X gibt, die T induziert.

5.18 Sei (X, T ) vollständig regulär. Sei

U := {U : U Uniformität auf X, T (U) = T , X bzgl. U total beschränkt}.

Zeigen Sie, dass U nicht leer ist, und dass U bijektiv allen (T2)-Kompaktifizierungenvon (X, T ) (bis auf Isomorphie) entspricht. Welche Rolle spielt dabei die Stone-Čzech-Kompaktifizierung?

5.19 Sei (M,U) ein uniformer Raum, X eine Menge und C eine System von Teilmengen vonX, welches bzgl. ⊆ eine gerichtete Menge ist.Zeigen Sie, dass die Menge aller Mengen der Form (C ∈ C, U ∈ U)

{(f, g) ∈MX ×MX : ∀x ∈ C : (f(x), g(x)) ∈ U}

Filterbasis einer Uniformität auf MX ist. Welche Uniformität ergibt sich, wenn C dieMenge aller endlichen Teilmengen von X ist, und welche im Fall C = {X}?

5.20 Mit der Notation aus Aufgabe 5.19 sei C = {X}.Zeigen Sie, dass (MX ,UC) vollständig ist, wenn (M,U) es ist! UC = U{X} heißt dannUniformität der gleichmäßigen Konvergenz.

5.21 Mit der Notation aus Aufgabe 5.19 sei angenommen, dass X eine Topologie trägt.Zeigen Sie, dass die Menge aller stetigen Funktionen von X nach M , C(X,M), in MX

bzgl. der Uniformität der gleichmäßigen Konvergenz abgeschlossen ist, und dass der Raum(C(X,M),U{X}|C(X,M)) vollständig ist.

5.22 Sei (M,U) ein uniformer Raum. Zeigen Sie, dass dann alle bzgl. T (U) kompakten Teil-mengen total beschränkt und, versehen mit der Spuruniformität, vollständig sind.

5.23 Zeigen Sie, dass für einen total beschränkten und vollständigen uniformen Raum (M,U)der Raum (M, T (U)) kompakt ist, auch wenn (M, T (U)) das Axiom (T2) nicht erfüllt! Siedürfen Satz 5.40, falls (T2) gilt, verwenden.

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Hinweis: Zeigen Sie, dass (M/∼=,U/∼=) total beschränkt und vollständig ist und dass(M/∼=, T (U/∼=)) = (M/', T (U)/') das Axiom (T2) erfüllt. Dann ist (M/', T (U)/') nachSatz 5.40 kompakt. Zeigen Sie schließlich, dass daraus die Kompaktheit von (M, T (U))folgt.

5.24 Zeigen Sie, dass eine topologische Gruppe (G, T ) genau dann metrisierbar ist, wenn derUmgebungsfilter U(e) des neutralen Elements eine abzählbare Basis hat und

⋂V ∈U(e) V =

{e} erfüllt.Zeigen Sie weiters, dass es in dem Fall eine mit T verträgliche Metrik gibt, die linksinvariant ist, dh. d(gx, gy) = d(x, y) für alle x, y, g ∈ G erfüllt.

5.25 Zeigen Sie, dass jede topologische abelsche Gruppe (G, T ) mit (T2) eine Vervollständigunghat, es also eine vollständige topologische abelsche Gruppe (G, T ) mit (T2) gibt, die (G, T )als dichten Teilraum enthält.Vollständigkeit bezieht sich auf die von T eindeutig induzierte Uniformität.Zeigen Sie weiters, dass jeder topologische Vektorraum eine Vervollständigung hat!

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6 Metrisierungssatz von Bing-Nagata-Smirnow

Definition 6.1. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Ein Mengensystem B ⊆ P(X) heißt

(i) lokalendlich, falls

∀x ∈ X∃U ∈ U(x) : #{B ∈ B : B ∩ U 6= ∅} <∞.

(ii) diskret, falls

∀x ∈ X∃U ∈ U(x) : #{B ∈ B : B ∩ U 6= ∅} ∈ {0, 1}.

(iii) σ-lokalendlich, falls B =⋃n∈N Bn, wobei Bn ⊆ P(X) lokalendlich für alle n ∈ N ist.

(iv) σ-diskret, falls B =⋃n∈N Bn, wobei Bn ⊆ P(X) diskret für alle n ∈ N ist.

Bemerkung 6.2. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und seien A,B ⊆ P(X). Mit der Numme-rierung aus Definition 6.1 gelten folgende leicht zu verifizierende Aussagen:

• Aus #B <∞ folgt (i).

• (ii) ⇒ (i)

• (i) ⇒ (iii)

• (ii) ⇒ (iv)

• Sind A,B lokalendlich, so ist es auch A ∪ B.

• Ist B lokalendlich (diskret) und gilt A ⊆ B, so ist auch A lokalendlich (diskret).

• Für ein lokalendliches respektive diskretes B kann man zu x ∈ X und dem U ∈ U(x)eine Menge x ∈ O ⊆ U mit O ∈ T wählen. Für diese ist #{B ∈ B : B ∩ O 6= ∅}klarerweise auch endlich respektive höchstens 1. Also kann man die in der Definitionerwähnten Umgebungen U als offen voraussetzen.

Lemma 6.3. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Ist A ⊆ P(X) lokalendlich, so folgt⋃A∈A

A =⋃A∈A

A.

Beweis. „⊇“: Folgt sofort aus der Monotonie des Abschlusses.„⊆“: Sei dazu x ∈

⋃A∈AA. Aus lokalendlich folgt die Existenz eines U ∈ U(x) mit #{A ∈ A :

A∩U 6= ∅} <∞. Mit A0 := {A ∈ A : A∩U 6= ∅} folgt x /∈⋃A∈A\A0 A, da ja U∩

⋃A∈A\A0 A = ∅.

Wegen der Endlichkeit von A0 erhält man⋃A∈A

A =⋃

A∈A\A0

A ∪⋃

A∈A0

A also x ∈⋃

A∈A0

A =⋃

A∈A0

A ⊆⋃A∈A

A.

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Korollar 6.4. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Ist A ⊆ P(X) lokalendlich und besteht Aaus abgeschlossenen Mengen, so ist auch

⋃A∈AA abgeschlossen.

Beweis. Lemma 6.3 liefert⋃A∈AA =

⋃A∈AA =

⋃A∈AA. �

Lemma 6.5. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Ist A ⊆ P(X) lokalendlich (diskret), so istes auch {A : A ∈ A}. Dabei gilt sogar

∀x ∈ X∃O ∈ U(x) ∩ T : #{A ∈ A : A ∩O 6= ∅} <∞ (∈ {0, 1}).

Beweis. Betrachte x ∈ X und O ∈ U(x) ∩ T , sodass #{A ∈ A : A ∩O 6= ∅} endlich respektivehöchstens 1 ist. Weil für A ∈ A wegen der Abgeschlossenheit von O{ die Inklusionen A ⊆O{, A ⊆ O{ und somit auch A∩O = ∅, A∩O = ∅ äquivalent sind, ist auch #{A ∈ A : A∩O 6= ∅}endlich respektive höchstens 1, womit dasselbe auf #{A : A ∈ A, A ∩O 6= ∅} zutrifft. �

Lemma 6.6. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und sei F 6= ∅ eine Teilmenge von C(X,R).Gilt

∀x ∈ X∃U ∈ U(x) : #{f ∈ F : f−1(R \ {0}) ∩ U 6= ∅)} <∞,

so ist die Abbildung

ψ :{

(X, T ) → Rx 7→

∑f∈F f(x)

wohldefiniert und stetig.

Beweis. Sei zu x ∈ X eine Menge O ∈ U(x)∩T so gewählt, dass #{f ∈ F : f−1(R \ {0})∩O 6=∅)} <∞ gilt. Seien f1, . . . , fn die Elemente dieser Menge. Wegen x ∈ O gilt x ∈ f−1(R\{0}) nurfür f ∈ {f1, . . . , fn}. Das heißt, für alle bis auf endlich viele f ∈ F gilt f(x) = 0. Demnach istψ wohldefiniert. Da man mit denselben f1, . . . , fn dasselbe Argument für alle y ∈ O anwendenkann, folgt ψ(y) = f1(y) + · · ·+fn(y) für alle y ∈ O. Da die rechte Funktion als Summe stetigerFunktionen stetig ist und auf einer Umgebung von xmit ψ übereinstimmt, folgt bekanntermaßendie Stetigkeit von ψ in x. Aus der beliebigen Wahl von x schließt man auf die Stetigekeit vonψ. �

Definition 6.7. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und gelte M ⊆ X. M heißt Gδ-Menge,falls es Mengen On ∈ T , n ∈ N mit M =

⋂n∈NOn gibt.

M heißt Fσ-Menge, falls es Mengen A{n ∈ T , n ∈ N mit M =⋃n∈NAn gibt.

Bemerkung 6.8. Für einen topologischen Raum (X, T ) ist eine Menge M ⊆ X offenbar genaudann eine Gδ-Menge, wenn M{ eine Fσ-Menge ist. �

Beispiel 6.9. Sei (X, d) ein metrischer Raum und sei O ⊆ X offen. Die Abbildung x 7→d(x,O{

)= inf

{d(x, y) : y ∈ O{

}ist stetig und erfüllt d

(x,O{

)= 0 genau dann, wenn x ∈ O{;

siehe dazu [KB]. Somit hat man O =⋃n∈N Fn mit Fn :=

{x ∈ X : d

(x,O{

)≥ 1

n

}. Diese Men-

gen sind das Urbild der abgeschlossenen Mengen[

1n ,∞

)und damit selbst abgeschlossen. O ist

also eine Fσ-Menge. Wegen Bemerkung 6.8 sind infolge alle abgeschlossenen Mengen A ⊆ XGδ-Mengen. �

Lemma 6.10. Sei (X, T ) ein topologischer Raum, auf welchem (T4) gilt. Eine Menge F ⊆ Xist dann genau dann eine abgeschlossene Gδ-Menge, wenn F = f−1{0} für eine gewisse stetigeFunktion f : X → R. Diese Funktion kann so gewählt werden, dass ihr Bild in [0, 1] liegt.

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Beweis. „⇐“: F ist als Urbild einer in R abgeschlossenen Menge unter einer stetigen Funktionselbst abgeschlossen. Weiters gilt

f−1{0} = f−1( ⋂n∈N

(− 1n,

1n

))=⋂n∈N

f−1((− 1n,

1n

))

mit den offenen Mengen f−1((− 1n ,

1n

)).

„⇒“: Seien also On ∈ T , n ∈ N, so, dass F =⋂n∈NOn abgeschlossen ist. Aus F ⊆ On folgt

F ∩ O{n = ∅ für n ∈ N. Da diese beiden Mengen abgeschlossen sind, folgt aus (T4) wegendes Lemmas von Urysohn 3.55, dass eine stetige Funktion fn : X → [0, 1] mit fn(F ) ⊆ {0}und fn

(O{n

)⊆ {1} existiert. Klarerweise ist dann auch fn : X → R stetig. Die Funktion

f :=∑∞n=1

12n fn ist wegen ‖fn‖∞ ≤ 1 und

∑∞n=1 ‖ 1

2n fn‖∞ ≤∑∞n=1

12n = 1 wohldefiniert und

als gleichmäßiger Grenzwert stetiger Funktionen stetig, siehe [ana]. Ist nun x aus F , so giltfn(x) = 0 für alle n ∈ N, also auch f(x) = 0. Aus x /∈ F folgt x ∈ O{k für ein k ∈ N, sprichfk(x) = 1. Wegen der Nichtnegativität der fn heißt das f(x) =

∑∞n=1

12n fn(x) ≥ 1

2k fk(x) =12k > 0. Man hat also F = f−1{0}. Schließlich ist offensichlich f nichtnegativ und wegen‖∑∞n=1

12n fn‖∞ ≤

∑∞n=1 ‖ 1

2n fn‖∞ ≤ 1 gilt f(x) ≤ 1 für alle x ∈ X. �

Definition 6.11. Ein topologischer Raum (X, T ) heißt perfekt normal, wenn er normal istund jede offene Menge eine Fσ-Menge ist.

Bemerkung 6.12. Wegen Bemerkung 6.8 ist ein topologischer Raum (X, T ) genau dann perfektnormal, wenn er normal ist und jede abgeschlossene Menge eine Gδ-Menge ist. �

Beispiel 6.13. Wegen Beispiel 6.9 und Lemma 3.43 ist für jeden metrische Raum (X, d) derRaum (X, T (d)) perfekt normal. �

Korollar 6.14. Sei (X, T ) ein perfekt normaler topologischer Raum. (X, T ) ist dann vollständignormal.

Beweis. Es muss nur (T5) gezeigt werden. Seien dazu A,B ⊆ X getrennt, also A∩B = ∅ = A∩B.Die Mengen A und B sind als abgeschlossene Mengen Gδ-Mengen. Lemma 6.10 liefert zweistetige Funktionen f, g : X → [0, 1] mit f−1{0} = A und g−1{0} = B. Die Funktion h := f − gist dann ebenfalls stetig. Außerdem gilt für a ∈ A sicher f(a) = 0 und wegen a /∈ B auchg(a) > 0, also h(a) < 0. Analog gilt h(b) > 0 für alle b ∈ B. Wegen der Stetigkeit von h sinddie beiden Mengen h−1((−∞, 0)) und h−1((0,∞)) offen. Sie sind klarerweise auch disjunkt undtrennen A und B. �

Lemma 6.15. Sei (X, T ) ein topologischer Raum, auf welchem (T1) gilt. Wenn es für jedeabgeschlossene Menge F und offene Menge W mit F ⊆ W eine Mengenfamilie (Wn)n∈N mitWn ∈ T , n ∈ N, und Wn ⊆W für alle n ∈ N und F ⊆

⋃n∈NWn gibt, dann ist (X, T ) normal.

Beweis. Es muss nur (T4) gezeigt werden. Seien dazu A,B ⊆ X disjunkt und abgeschlossen. Esgilt A ⊆ B{ ∈ T . Also gibt es Wn ∈ T , n ∈ N, mit Wn ⊆ B{ für alle n ∈ N und A ⊆

⋃n∈NWn.

Genauso folgt aus B ⊆ A{ ∈ T die Existenz von Vn ∈ T , n ∈ N, mit Vn ⊆ A{ für alle n ∈ Nund B ⊆

⋃n∈N Vn. Man definiert für alle n ∈ N

Gn := Wn \⋃k≤n

Vk und Hn := Vn \⋃k≤n

Wk.

Es folgt unmittelbar Gn, Hn ∈ T . Für a ∈ A gibt es wegen A ⊆⋃n∈NWn einm ∈ N mit a ∈Wm

und wegen Vn ⊆ A{ gilt a /∈ Vn für n ∈ N. Man hat also a ∈ Gn, sprich A ⊆⋃n∈NGn ∈ T .

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Analog folgt B ⊆⋃n∈NHn ∈ T . Wäre nun x ∈ X sowohl in

⋃n∈NHn als auch in

⋃n∈NGn

enthalten, so gäbe es i, j ∈ N mit x ∈ Gi ∩Hj . Gälte i ≤ j, so hätte man x ∈ Gi ⊆ Wi ⊆ Wi

und gleichzeitig x ∈ Hj = Vj \⋃k≤jWk. Der Fall i ≥ j führt genauso auf einen Widerspruch.

Somit sind A und B getrennt durch offene Mengen. �

Satz 6.16. Sei (X, T ) ein regulärer topologischer Raum. Sei weiters B eine σ-lokalendlicheBasis. (X, T ) ist dann perfekt normal.

Beweis. Zunächst erfüllt (X, T ) als regulärer Raum wegen Korollar 3.36 das Axiom (T1). NachDefinition gilt B =

⋃n∈N Bn, wobei Bn ⊆ P(X) lokalendlich für n ∈ N ist. Wegen Satz 3.34 und

(T3) gibt es zu x ∈ X und x ∈ O ∈ T ein P ∈ T mit x ∈ P ⊆ P ⊆ O. Da B Basis ist, gibt esein n ∈ N und ein B ∈ Bn mit x ∈ B ⊆ P ⊆ P ⊆ O, also x ∈ B ⊆ B ⊆ O. Man wählt nun zujedem x ∈ O solch ein Bx ∈ Bn(x) aus, wobei n(x) minimal sei, sprich für m ∈ N,m < n(x) gibtes kein B ∈ Bm mit x ∈ B ⊆ B ⊆ O. Man setzt

On :=⋃x∈O

n(x)=n

Bx.

Es gilt dann⋃n∈NOn = O. Da zu festem n ∈ N das System Bn und infolge auch {Bx : n(x) = n}

lokalendlich ist, folgt aus Lemma 6.3, dass On =⋃

x∈On(x)=n

Bx ⊆ O. Man hat also⋃n∈NOn = O,

womit O eine Fσ-Menge ist. Schließlich gilt für eine abgeschlossene Menge F ⊆ O einerseitsF ⊆

⋃n∈NOn = O und andererseits wegen

⋃n∈NOn = O auch On ⊆ O für alle n ∈ N. Aus der

Definition der On folgt sofort On ∈ T , womit aus Lemma 6.15 folgt, dass (X, T ) normal ist. �

Definition 6.17. Sei X eine Menge und betrachte die Mengensysteme A,B ⊆ P(X). Mandefiniert

A > B :⇔ ∀A ∈ A∃B ∈ B : A ⊆ B.

Man sagt A ist eine Verfeinerung von B.

Bemerkung 6.18. Für Mengensysteme A,B, C auf X gilt offenbar

(A > B ∧ B > C)⇒ A > C.

Satz 6.19. Sei (X, d) ein metrischer Raum. Ist B eine offene Überdeckung von X, sprichB ⊆ T (d) und

⋃B∈B = X, so existiert eine lokalendliche und σ-diskrete Verfeinerung A von B,

welche selbst eine offene Überdeckung von X ist.

Beweis. Man setzt ∅ /∈ B voraus. Andernfalls betrachtet man einfach B \ {∅}. Man kann Boffensichtlich als B = {Bs : s ∈ S} mit einer geeigneten Indexmenge S 6= ∅ und einer injek-tiven Indexierung anschreiben. Sei dazu beispielsweise S := B mit Bs := s für s ∈ S.6 DieMenge S lässt sich nach dem zum Auswahlaxiom äquivalenten Wohlordnungssatz mit einergeeigneten Wohlordnung ≤ versehen. Man definiert jetzt rekursiv nach n ∈ N Mengen Ms,n

und As,n mit s ∈ S und n ∈ N, indem Ms,n die Menge aller c ∈ X ist, welche die folgendenBedingungen (i), (ii), (iii) erfüllen, und indem man As,n :=

⋃c∈Ms,n

U 12n

(c) setzt.

(i) s := min{t ∈ S : c ∈ Bt}6Hier und auch an späterer Stelle ist relevant, dass diese Indexierung injektiv ist. Dadurch gilt für U ⊆ X,

dass #{B ∈ B : B ∩ U 6= ∅} = #{s ∈ S : Bs ∩ U 6= ∅}.

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(ii) U 32n

(c) ⊆ Bs

(iii) ∀j ∈ {1, . . . , n− 1}∀t ∈ S : c /∈ At,j

Man beachte, dass {t ∈ S : c ∈ Bt} immer nichtleer ist, da B eine Überdeckung ist. Beachteweiters, dass für n = 1 die Bedingung (iii) gegenstandslos ist. Man definiert auch:

• An := {As,n : s ∈ S}

• A :=⋃n∈NAn

Offenbar gilt A ⊆ T (d).Um zu zeigen, dass A eine Überdeckung ist, sei für x ∈ X der Index s ∈ S minimal mit x ∈ Bsund n ∈ N hinreichend groß, sodass U 3

2n(c) ⊆ Bs. Gibt es ein j ∈ {1, . . . , n− 1} und ein t ∈ S

mit x ∈ At,j , so folgt x ∈ At,j ∈ Aj ⊆ A. Andernfalls gilt x ∈ Ms,n und damit hat manx ∈ As,n ∈ An ⊆ A.Für s ∈ S und n ∈ N gilt wegen (ii), dass

As,n =⋃

c∈Ms,n

U 12n

(c) ⊆ Bs ∈ B.

Also hat man A > B.Seien n ∈ N und x1, x2 ∈ X mit x1 ∈ As1,n und x2 ∈ As2,n, wobei s1 6= s2. Man findet dannc1 ∈ Ms1,n und c2 ∈ Ms2,n mit xk ∈ U 1

2n(ck), also d(ck, xk) < 1

2n , k = 1, 2. Nach (ii) giltU 3

2n(ck) ⊆ Bsk , k = 1, 2. Wegen s1 6= s2 kann man o.B.d.A. s1 < s2 annehmen.Wegen (ii) gilt

daher c2 /∈ Bs1 . Somit folgt c2 /∈ U 32n

(c1), also d(c1, c2) ≥ 32n gilt. Die Dreiecksungleichung führt

zu

d(x1, x2) ≥ d(c1, c2)− d(c1, x1)− d(c2, x2) ≥ 32n −

12n −

12n = 1

2n . (6.1)

Für x ∈ X und zwei Punkte x1, x2 ∈ U 12n+1

gilt d(x1, x2) ≤ d(x1, x) + d(x2, x) < 12n+1 +

12n+1 = 1

2n . Wegen (6.1) können x1 und x2 nicht gleichzeitig in As1,n und As2,n liegen. Alsohat U 1

2n+1nichtleeren Schnitt mit höchstens einer Menge aus An = {As,n : s ∈ S}, womit die

Mengensysteme An, n ∈ N diskret sind und infolge A =⋃n∈NAn σ-diskret ist.

Man will nun für x ∈ X folgende Implikation zeigen:

∀s, t ∈ S∀k, j ∈ N∀n ∈ N, n ≥ j + k : U 12k

(x) ⊆ At,j ⇒ U 12k+j

(x) ∩As,n = ∅. (6.2)

Man wähle also x ∈ X, s, t ∈ S, k, j, n ∈ N, n ≥ j + k beliebig und es gelte U 12k

(x) ⊆ At,j .Wegen (iii) und j < n folgt aus c ∈ Ms,n sicherlich c /∈ At,j . Aus U 1

2k(x) ⊆ At,j folgt daher

d(c, x) ≥ 12k für alle c ∈ Ms,n. Gäbe es ein y ∈ U 1

2n(c) ∩ U 1

2k+j(x) mit c ∈ Ms,n, so folgte mit

der Dreiecksungleichung wegen n ≥ k + j

d(c, x) ≤ d(c, y) + d(x, y) < 12n + 1

2k+j ≤1

2k+1 + 12k+1 = 1

2k .

Für alle c ∈ Ms,n gilt also U 12n

(c) ∩ U 12k+j

(x) = ∅, woraus As,n ∩ U 12k+j

(x) = ∅, also dieImplikation (6.2), folgt.Zu x ∈ X gibt es wegen der Überdeckungseigenschaft vonA ein t ∈ S und ein j ∈ Nmit x ∈ At,j .Wegen At,j ∈ T (d) gibt es ein hinreichend großes k ∈ N mit U 1

2k(x) ⊆ At,j . Aus (6.2) folgt für

67

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n ∈ N, n ≥ j + k und s ∈ S, dass U 12k+j

(x) und As,n leeren Schnitt haben. U 12k+j

(x) ∩As,n 6= ∅kann also nur für n ∈ N mit n < j+k zutreffen. Für solch ein festes n existiert, wie oben gezeigtwurde, höchstens ein s ∈ S mit U 1

2n+1(x) ∩ As,n 6= ∅. Wegen j + k ≥ n + 1 trifft dasselbe für

U 12k+j

(x) zu. Es folgt also

#{A ∈ A : A ∩ U 1

2k+j(x) 6= ∅

}< j + k,

weshalb A lokalendlich ist. �

Korollar 6.20. Ist (X, d) ein metrischer Raum, so besitzt (X, T (d)) eine σ-diskrete Basis.

Beweis. Für k ∈ N ist Bk :={U 1k(x) : x ∈ X

}offensichtlich eine offene Überdeckung von X.

Satz 6.19 liefert eine σ-diskrete offene Überdeckung Ak > Bk. Das Mengensystem A :=⋃k∈NAk

ist dann auch eine offene Überdeckung und weiterhin σ-diskret7. Für O ∈ T (d) und x ∈ Ogibt es ein k ∈ N mit U 2

k(x) ⊆ O. Weil Ak eine Überdeckung ist, gibt es ein A ∈ Ak mit

x ∈ A und wegen Ak > Bk gibt es ein y ∈ X mit x ∈ A ⊆ U 1k(y). Für z ∈ U 1

k(y) gilt

d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z) < 1k + 1

k = 2k , wodurch x ∈ A ⊆ U 1

k(y) ⊆ U 2

k(x) ⊆ O. Also ist A eine

σ-diskrete Basis ist. �

Lemma 6.21. Sei (X, T ) ein topologischer Raum, welcher (T0) erfüllt. Weiters sei (dn)n∈Neine Folge von Pseudometriken auf X mit Werten in [0, 1]. Ist dann dn : (X ×X, T × T )→ Rfür alle n ∈ N stetig und gibt es zu jedem A ∈ P(X) abgeschlossen und allen x /∈ A ein n ∈ Nmit dn(x,A) > 0, so ist (X, T ) durch die Metrik

d :{X ×X → R(x, y) 7→

∑∞n=1

12ndn(x, y)

metrisierbar, also T = T (d).

Beweis. Zunächst ist d wegen∑∞n=1 ‖ 1

2ndn‖∞ ≤∑∞n=1

12n = 1 wohldefiniert und wegen der

Stetigkeit der dn als gleichmäßiger Grenzwert stetiger Funktionen selbst bezüglich T ×T stetig.Außerdem sieht man leicht ein, dass d eine Pseudometrik ist. Für x, y ∈ X mit x 6= y folgtaus (T0), dass y /∈ {x} oder x /∈ {y}. Man nehme o.B.d.A. y /∈ {x} an. Nach Voraussetzungexistiert ein n ∈ N mit 0 < dn(y, {x}) = inf{dn(y, z) : z ∈ {x}}. Also gilt dn(x, y) > 0 undsomit d(x, y) > 0. Somit ist d eine Metrik.Um T = T (d) zu zeigen, beweist man jetzt, dass beide Topologien dieselben abgeschlossenenMengen haben. Sei also A ⊆ X bezüglich T abgeschlossen. Für x /∈ A gibt es nach Voraussetzungein n ∈ N mit 0 < dn(x,A) = inf{dn(x, a) : a ∈ A} =: δ, wodurch dn(x, a) ≥ δ für alle a ∈ A.Somit gilt d(x, a) ≥ δ

2n für a ∈ A, woraus man d(x,A) = inf{d(x, a) : a ∈ A} ≥ δ2n > 0 und

infolge x /∈ AT (d) erhält.8 Man hat also A

T (d) = A. Sei umgekehrt A ⊆ X bezüglich T (d)abgeschlossen. Die Funktion

f :{X → Rx 7→ d(x,A)

7Für k ∈ N ist Ak die abzählbare Vereinigung diskreter Mengensysteme, also Ak =⋃n∈NAk,n. Daraus folgt

A =⋃

(k,n)∈N×NAk,n, was weiterhin eine abzählbare Vereinigung diskreter Mengensysteme ist.8Bekanntermaßen gilt x ∈ AT (d) ⇔ d(x,A) = 0 für A ⊆ X.

68

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erfüllt somit f−1{0} = A. Aus limi∈I xi = x für ein Netz (xi)i∈i in A und ein x ∈ X bezüglichT folgt |f(xi) − f(x)| ≤ d(xi, x)9 und wegen der Stetigkeit von10 d(., x) : (X, T ) → R, dasslimi∈I |f(xi) − f(x)| ≤ limi∈I d(xi, x) = d(x, x) = 0. Wegen f(xi)i∈I ≡ 0 folgt f(x) = 0, alsox ∈ A, weshalb A bezüglich T abgeschlossen ist. �

Metrisierungssatz von Bing-Nagata-Smirnow 6.22. Für einen topologischen Raum (X, T )sind folgende Aussagen äquivalent:

(i) (X, T ) ist metrisierbar, also gibt es eine Metrik d auf X mit T = T (d).

(ii) (X, T ) ist regulär und hat eine σ-lokalendliche Basis.

(iii) (X, T ) ist regulär und hat eine σ-diskrete Basis.

Beweis. „(i) ⇒ (iii)“: Korollar 6.20 und Lemma 3.43„(iii) ⇒ (ii)“: trivial„(ii) ⇒ (i)“: Sei (X, T ) regulär und B ⊆ T eine σ-lokalendliche Basis. Wegen Satz 6.16 ist(X, T ) perfekt normal. Also gibt es lokalendliche Bn, n ∈ N, mit B =

⋃n∈N Bn. Man schreibt

Bn für n ∈ N als Bn = {Bs : s ∈ Sn} mit paarweise disjunkten Indexmengen Sn, n ∈ N. Zudemsei s 7→ Bs für s ∈ Sn injektiv.11 Für n ∈ N, s ∈ Sn und Bs ∈ Bn ist Bs offene Fσ-Menge, weil(X, T ) perfekt normal ist. Somit ist B{s eine abgeschlossene Gδ-Menge.Aus (T4) folgt mit Lemma 6.10 die Existenz einer Funktion fs ∈ C(X,R) mit Bs = f−1

s (R\{0}).Weiters ist Ws := (Bs ×X) ∪ (X ×Bs) eine offene Teilmenge von X ×X.Das Mengensystem {Ws : s ∈ Sn} ⊆ P(X × X) ist für festes n ∈ N lokalendlich. Es folgtnämlich für (x, y) ∈ X ×X aus der Lokalendlichkeit von Bn die Existenz von Ox ∈ U(x) ∩ Tund Oy ∈ U(y) ∩ T mit #{s ∈ Sn : Bs ∩ Ox 6= ∅} < ∞ und #{s ∈ Sn : Bs ∩ Oy 6= ∅} < ∞.Daraus folgt Ox×Oy ∈ U((x, y)) und wegenWs∩(Ox×Oy) = [(Bs∩Ox)×Oy]∪ [Ox×(Bs∩Oy)]auch

#{s ∈ Sn : Ws ∩ (Ox ×Oy) 6= ∅} = #{s ∈ Sn : (Bs ∩Ox 6= ∅) ∨ (Bs ∩Oy 6= ∅)} <∞.

Die Funktion

hs :{X ×X → R(x, y) 7→ |fs(x)− fs(y)|

ist offensichtlich bezüglich T × T stetig. Für (x, y) /∈ Ws folgt x, y ∈ B{s und weiter |fs(x) −fs(y)| = 0 mit h−1

s (R \ {0}) ⊆Ws. Wegen der Lokalendlichkeit von {Ws : s ∈ Sn} heißt das

∀(x, y) ∈ X ×X∃U ∈ U((x, y)) : #{s ∈ Sn : h−1s (R \ {0}) ∩ U 6= ∅)} <∞.

Nach Lemma 6.6 ist

gn :{X ×X → R(x, y) 7→

∑s∈Sn hs(x, y)

9Zu x, y ∈ X hat man ∀a ∈ A : d(x,A) ≤ d(x, a) ≤ d(x, y) + d(y, a) also ∀a ∈ A : d(x,A) − d(x, y) ≤ d(y, a).Wegen d(y,A) = inf{d(y, a) : a ∈ A} heißt das d(x,A) − d(x, y) ≤ d(y,A). Wegen d(x, y) = d(y, x) gilt genausod(y,A)− d(x, y) ≤ d(x,A), also in Summe |f(x)− f(y)| = |d(x,A)− d(y,A)| ≤ d(x, y).

10d ist bezüglich T × T stetig. Außerdem ist y 7→ (y, x), weil X × X mit der Produkttopologie versehen ist,genau dann stetig, wenn sie komponentenweise stetig ist. Das ist klar, denn die Abbildung ist in einer Komponentekonstant und in der anderen die Identität. Damit ist die Komposition d(., x) ebenfalls stetig.

11Sn := Bn × {n} und ∀s = (B,n) ∈ Sn : Bs := B. Für n,m ∈ N mit n 6= m erhält man so Sn ∩ Sm = ∅.

69

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wohldefiniert und stetig bezüglich T ×T . Die Abbildung dn := min(1, gn) ist dann als Minimumzweier stetiger Funktionen ebenso stetig. Außerdem erkennt man leicht durch Fallunterschei-dung, dass (dn)n∈N eine Folge von Pseudometriken auf X mit Werten in [0, 1] ist.Seien zuletzt x ∈ X und A ⊆ X mit A{ ∈ T und x /∈ A. Weil B eine Basis ist, gibt es dannein n ∈ N und ein s ∈ Sn mit x ∈ Bs ⊆ A{. Wegen Bs = f−1

s (R \ {0}) und a /∈ Bs geltenfs(a) = 0 und fs(x) 6= 0, also auch hs(x, a) = |fs(x)| > 0 für a ∈ A. Daraus schließt mangn(x, a) ≥ |fs(x)| > 0 und dn(x, a) ≥ min(1, |fs(x)|) > 0 für alle a ∈ A. Weil dann auch

dn(x,A) = inf{dn(x, a) : a ∈ A} ≥ min(1, |fs(x)|) > 0

zutrifft, erhält man vermöge Lemma 6.21 eine Metrik d auf X mit T = T (d). �

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7 Parakompaktheit

Definition 7.1. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Gibt es zu jeder offenen Überdeckung vonX eine höchstens abzählbare Teilüberdeckung, so heißt (X, T ) Lindelöf.Gibt es zu jeder offenen Überdeckung U ⊆ T eine lokalendliche offene Überdeckung V ⊆ T mitV > U , so nennt man (X, T ) parakompakt.

Bemerkung 7.2. Sei (X, T ) ein kompakter topologischer Raum. Dann gibt es zu jeder offenenÜberdeckung eine endliche Teilüberdeckung. Diese ist klarerweise, offen, höchstens abzählbar,lokalendlich und eine Verfeinerung der ursprünglichen Überdeckung. Somit ist (X, T ) parakom-pakt und Lindelöf. �

Bemerkung 7.3. Unmittelbar aus Satz 6.19 folgt, dass für jeden metrischen Raum (X, d) derRaum (X, T (d)) parakompakt ist. �

Lemma 7.4. Sei der topologische Raum (X, T ) Lindelöf und gelte (T3). Dann ist (X, T ) para-kompakt.

Beweis. Sei V ⊆ T eine offene Überdeckung von X. Man wählt zu x ∈ X ein Ox ∈ U(x) ∩ Tso, dass es ein V ∈ V mit x ∈ Ox ⊆ V gibt. Aus Satz 3.34 erhält man ein Px ∈ T mit

x ∈ Px ⊆ Px ⊆ Ox ⊆ V . (7.1)

Damit sind {Px : x ∈ X} und {Ox : x ∈ X} offene Überdeckungen, womit es, weil (X, T )Lindelöf ist, eine Folge (xn)n∈N gibt, sodass {Pxn : n ∈ N} und infolge {Oxn : n ∈ N} ebenfallseine offene Überdeckung ist. Definiere

W := {Wn : n ∈ N} mit ∀n ∈ N : Wn := Oxn \n−1⋃k=1

Pxn .

Nach Definition gilt W ⊆ T . Zu x ∈ X sei n ∈ N minimal mit x ∈ Oxn . Wegen (7.1) folgtx /∈ Pxk für k ∈ N mit k < n, weshalb x ∈ Wn. W ist also eine Überdeckung und wegen (7.1)auch eine Verfeinerung von V.Für x ∈ X findet man auch ein n ∈ N mit x ∈ Pxn ∈ U(x). Für m ∈ N,m > n erhält manunmittelbar aus der Definition von Wm, dass Pxn ∩Wm = ∅, weshalb #{m ∈ N : Pxn ∩Wm 6=∅} ≤ n <∞. Alles in allem ist W eine offene lokalendliche Überdeckung mit W > V. �

Lemma 7.5. Sei (X, T ) ein parakompakter topologischer Raum. Weiters gelte für abgeschlos-sene A,B ⊆ X:

∀x ∈ B∃Ux, Vx ∈ T : A ⊆ Ux ∧ x ∈ Vx ∧ Ux ∩ Vx = ∅. (7.2)

Dann sind A und B getrennt durch offene Mengen.

Beweis. Das Mengensystem {Vx : x ∈ B} ]{B{}ist wegen B{ ∈ T eine offene Überdeckung

von X. Wegen der Parakompaktheit gibt es eine lokalendliche offene Überdeckung W > {Vx :x ∈ B} ]

{B{}. Sei W = {Ws : s ∈ S} mit injektivem s 7→ Ws und betrachte S0 := {s ∈ S :

Ws ∩B 6= ∅}. Da es sich um eine Verfeinerung handelt gilt für s ∈ S

entweder Ws ⊆ B{ oder ∃x ∈ X : Ws ⊆ Vx.

Für Ws ⊆ Vx folgt aus (7.2) Ws ⊆ U{x und weil U{x abgeschlossen ist Ws ⊆ U{x. Wegen Ux ⊇ Aheißt das Ws ∩ A = ∅. Für s ∈ S0 steht Ws ⊆ B{ klar im Widerspruch zur Definition von S0.

71

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Somit erhält man A ∩⋃s∈S0 Ws = ∅. Dies führt wegen der Lokalendlichkeit von {Ws : s ∈ S0}

und Lemma 6.3 zu

A ⊆( ⋃s∈S0

Ws

){=( ⋃s∈S0

Ws

){=: U ∈ T .

Da {Ws : s ∈ S0} offen ist es auch V :=⋃s∈S0 Ws. Nach Konstruktion von U und V gilt

U ∩ V = ∅. Schließlich ist W eine Überdeckung, also B ⊆⋃s∈SWs, und die Definition von S0

liefert B ⊆⋃s∈S0 Ws = V . �

Korollar 7.6. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Ist (X, T ) parakompakt und gilt (T2), so ist(X, T ) normal.

Beweis. Es muss nur (T4) gezeigt werden. Sei B ⊆ X abgeschlossen. Man setzt A := {z} für einbeliebiges z ∈ B{. Wegen (T2) sind die Voraussetzungen von Lemma 7.5 erfüllt, womit A undB getrennt durch offene Mengen sind. Es gilt also (T3). Sind nun A,B ∈ P(X) abgeschlossenund disjunkt, so sind wegen (T3) die Voraussetzungen von Lemma 7.5 erfüllt, womit A und Bgetrennt durch offene Mengen sind. Es gilt also (T4). �

Lemma 7.7. Sei (X, T ) ein topologischer Raum, auf welchem (T3) gilt. Weiters gebe es zujeder offenen Überdeckung U = {Us : s ∈ S} ⊆ T von X eine lokalendliche ÜberdeckungV ⊆ P(X) von X mit V > U . Dann existiert eine abgeschlossene lokalendliche ÜberdeckungF = {Fs : s ∈ S} von X, welche Fs ⊆ Us für alle s ∈ S erfüllt. Insbesondere gilt also F > U .

Beweis. Für die offene Überdeckung U = {Us : s ∈ S} ⊆ T und x ∈ X gibt es wegen (T3)und Satz 3.34 ein Wx ∈ T mit x ∈ Wx ⊆ Wx ⊆ Us. Somit ist W := {Wx : x ∈ X} eine offeneÜberdeckung von X mit W > U . Nach Voraussetzung existiert eine lokalendliche ÜberdeckungV > W. Wegen Lemma 6.5 ist dann auch {V : V ∈ V} lokalendlich. Wähle zu V ∈ V eins(V ) ∈ S mit V ⊆ Us(V ) aus. Dies ist möglich, denn zu V ∈ V existiert wegen V > W einx ∈ X mit V ⊆ Wx und wegen W > U ein s ∈ S mit V ⊆ Wx ⊆ Wx ⊆ Us, also V ⊆ Us. MitLemma 6.3 und da Teilsysteme lokalendlicher Systeme selbst lokalendlich sind, folgt⋃

V ∈Vs(V )=s

V =⋃V ∈Vs(V )=s

V =: Fs, s ∈ S.

Das Mengensystem F := {Fs : s ∈ S} ist also abgeschlossen und erfüllt offenbar Fs ⊆ Us.Zu x ∈ X gibt es ein V aus der Überdeckung V mit x ∈ V ⊆ V ⊆ Fs(V ). Also ist F aucheine Überdeckung. Schließlich nehme man zu x ∈ X eine Menge O ∈ T ∩ U(x) mit #{V ∈V : V ∩ O 6= ∅} < ∞, was wegen Lemma 6.5 möglich ist. Seien nun s1, s2 ∈ S nicht gleichund gelte Fs1 ∩ O 6= ∅ 6= Fs2 ∩ O. Es muss dann V1, V2 ∈ V mit s(V1) = s1, s(V2) = s2 undV1 ∩ O 6= ∅ 6= V2 ∩ O geben. Aus s(V1) 6= s(V2) folgt V1 6= V2. Insbesondere gibt es nur endlichviele s ∈ S, die Fs ∩O 6= ∅ erfüllen. Folglich ist F lokalendlich. �

Lemma 7.8. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Besitzt jede offene Überdeckung von X einelokalendliche abgeschlossene Verfeinerung, welche X überdeckt, so besitzt jede offene Überde-ckung von X auch eine offene lokalendliche Verfeinerung, welche X überdeckt, sprich (X, T )ist parakompakt.

Beweis. Sei U ⊆ T eine offene Überdeckung von X und sei A die entsprechende abgeschlossenelokalendliche Überdeckung von X mit A > U . Gelte A = {As : s ∈ S} mit injektivem s 7→ As.Für x ∈ X wähle man eine Menge Ox ∈ T ∩ U(x) mit #{s ∈ S : As ∩ Ox 6= ∅} < ∞. Somit

72

Page 73: Skriptum SS 2017 15. Januar 2019 - TU Wien | ASC

erhält man eine offene Überdeckung O := {Ox : x ∈ X} von X. Zu dieser gibt es wiederumeine abgeschlossene lokalendliche Überdeckung F von X mit F > O. Aufgrund von F > Ogibt es zu F ∈ F ein x ∈ X mit F ⊆ Ox. Wegen der Wahl von Ox ist s(F ) := {s ∈ S :As ∩ F 6= ∅} endlich. Für jedes s ∈ S ist das Mengensystem {F ∈ F : F ∩ As = ∅} alsTeilsystem eines lokalendlichen abgeschlossenen Systems selbst lokalendlich und abgeschlossen.Wegen Korollar 6.4 ist die Vereinigung dieses Systemes abgeschlossen und infolge die Menge

Ws :=( ⋃

F∈FF∩As=∅

F

){

offen. Beachte, dass aus F ∩As = ∅ immer F ∩Ws = ∅ folgt und somit

F ∩Ws = ∅ ⇒ s ∈ s(F ). (7.3)

Sei x ∈ As für s ∈ S beliebig. Das Mengensystem {F ∈ F : F ∩ As = ∅} ist offensichtlichso definiert, dass es keine Menge enthält, welche x enthält. Damit liegt x auch nicht in derVereinigung dieses Systems, also in ihrem Komplement Ws, womit As ⊆Ws.Wegen A > U kann man zu jedem s ∈ S ein Us ∈ U mit As ⊆ Us auswählen um damitVs := Ws ∩ Us zu definieren. Das Mengensystem V := {Vs : s ∈ S} ist dann offen. Außerdemgilt As ⊆ Vs für s ∈ S, womit V eine Überdeckung ist, denn A ist bereits eine Überdeckung.Darüber hinaus gilt V > U , da : Vs = Ws ∩ Us ⊆ Us ∈ U .Für x ∈ X erhält man vermittels der Lokalendlichkeit von F ein O ∈ T ∩ U(x) mit #{F ∈ F :F∩O 6= ∅} <∞. Daraus und ausX =

⋃F∈F F schließt man auf die Existenz von F1, . . . , Fn ∈ F

zu n ∈ N mit

O = O ∩X = O ∩⋃F∈F

F =⋃F∈F

F ∩O = (F1 ∩O) ∪ · · · ∪ (Fn ∩O). (7.4)

Für ein s ∈ S mit Vs∩O 6= ∅ muss wegen Vs = Ws∩Us ⊆Ws insbesondereWs∩O 6= ∅ zutreffen.Zusammen mit (7.4) bedeutet das, dass es ein j ∈ {1, . . . , n} mit Ws ∩Fj 6= ∅ gibt. Wegen (7.3)gilt s ∈ s(Fj). In jedem Falle heißt das, dass Vs ∩O 6= ∅ immer s ∈ s(F1) ∪ · · · ∪ s(Fn) bedingt.Als Vereinigung endlicher Mengen ist dies immer noch eine endliche Auswahl von s, womit Vlokalendlich ist. �

Lemma 7.9. Jede offene σ-lokalendliche Überdeckung eines topologischen Raumes (X, T ) be-sitzt eine lokalendliche Verfeinerung, welche X überdeckt.

Beweis. Sei V ⊆ T eine offene σ-lokalendliche Überdeckung von X. Es gibt also lokalendlicheVk ⊆ T , k ∈ N mit V =

⋃k∈N Vk. Man schreibt nun Vk für k ∈ N als Vk = {Vs : s ∈ Sk} mit

paarweise disjunkten Indexmengen Sk, k ∈ N, und mit injektiven s 7→ Vs, s ∈ Sk. Weiters seiS :=

⊎k∈N Sk, womit V = {Vs : s ∈ S}. Für s ∈ S definiert man

As := Vs \⋃

`<k(s)

⋃s′∈S`

Vs′ , (7.5)

wobei k(s) ∈ N jene eindeutige Zahl mit s ∈ Sk ist. Das Mengensystem A := {As : s ∈ S}ist offenbar eine Verfeinerung von V. Weil V eine Überdeckung ist, gibt es zu x ∈ X ein in Nminimales k derart, dass ist,

x ∈⋃s∈Sk

Vs.

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Sei s ∈ Sk so gewählt, dass x ∈ Vs zutrifft. Aus der Minimalität von k erhält man für ` < k,dass x /∈

⋃s′∈S` Vs′ , also auch

x /∈⋃`<k

⋃s′∈S`

Vs′ .

Aus (7.5) folgt x ∈ As, womit A eine Überdeckung von X ist. Für das obige Vs mit x ∈ Vs giltauch Vs ∈ T ∩ U(x). Für At ∈ A mit t ∈ S und k(t) > k = k(s) erhält man

Vs ∩At = Vs ∩ Vt \⋃

`<k(t)

⋃s′∈S`

Vs′ ⊆ Vs \⋃s′∈Sk

Vs′ = ∅. (7.6)

Für ` ∈ {1, . . . , k} liefert die Lokalendlichkeit von Vk Mengen W` ∈ U(x), sodass W` ∩ Vs′ 6= ∅für höchstens endlich viele s′ ∈ Sj erfüllt ist. Man betrachte Ux := Vs∩W1∩· · ·∩Wk ∈ U(x). FürAt ∈ A mit t ∈ S und k(t) ≤ k gilt wegen (7.5), dass aus At ∩Ux 6= ∅ auch Vt ∩Wk(t) 6= ∅ folgt.Das ist aber für höchstens endlich viele t ∈ Sk(t) möglich. Wegen (7.6) gilt At ∩ Ux = ∅ für allet ∈ S mit k(t) > k. Alles in allem ist Ux ∈ U(x) so gewählt, dass #{t ∈ S : At ∩ Ux 6= ∅} <∞zutrifft. Also ist A lokalendlich. �

Satz 7.10. Sei (X, T ) ein topologischer Raum, auf welchem (T3) gilt. Folgende Aussagen sinddann äquivalent:

(i) (X, T ) ist parakompakt.

(ii) Jede offene Überdeckung von X besitzt eine lokalendliche Verfeinerung, welche X über-deckt.

(iii) Jede offene Überdeckung von X besitzt eine abgeschlossene lokalendliche Verfeinerung,welche X überdeckt.

(iv) Jede offene Überdeckung von X besitzt eine offene σ-lokalendliche Verfeinerung, welcheX überdeckt.

Beweis. „(i) ⇒ (ii)“: trivial„(ii) ⇒ (iii)“: Da sich jede Überdeckung U als U = {Us : s ∈ S} schreiben lässt, folgt dieAussage aus Lemma 7.7.„(iii) ⇒ (i)“: Lemma 7.8„(i) ⇒ (iv)“: trivial„(iv) ⇒ (ii)“: Die Aussage folgt aus Lemma 7.9 und der Transitivität von Verfeinerungen, vgl.Bemerkung 6.18. �

Definition 7.11. Sei X 6= ∅ eine Menge. Für M ∈ P(X) und A ⊆ P(X) definiert man denStern von M bezüglich A als

St(M,A) :=⋃A∈A

A∩M 6=∅

A.

Für x ∈ X ist die Menge St(x,A) := St({x},A) der Stern von x bezüglich A.

Bemerkung 7.12. Sei X 6= ∅ eine Menge und gelte M,N ∈ P(X) und x ∈ X sowie A ⊆ P(X).

• Ist A eine Überdeckung von X, also X =⋃A∈AA, so erhält man offensichtlich St(M,A) ⊇

M .

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• N ⊆M ⇒ St(N,A) ⊆ St(M,A)

• Weiters gilt St(x,A) =⋃A∈Ax∈A

A.

Definition 7.13. Sei X 6= ∅ eine Menge und betrachte die Mengensysteme A,B ⊆ P(X). Mandefiniert

A∗∗> B :⇔ {St(A,A) : A ∈ A} > B

und sagt A ist eine Sternverfeinerung von B.Weiters definiert man

A∗> B :⇔ {St(x,A) : x ∈ X} > B

und sagt A ist eine baryzentrische Verfeinerung von B.

Lemma 7.14. Sei X 6= ∅ eine Menge und seien A,B, C ⊆ P(X) Überdeckungen von X. Danngelten:

• A∗> B ⇒ A > B,

• A∗∗> B ⇒ A

∗> B,

• A∗> B ∧ B

∗> C ⇒ A

∗∗> C.

Beweis. Der erste Punkt folgt sofort aus A ⊆ St(x,A) für A ∈ A und x ∈ A.Für den zweiten Punkt gelte x ∈ X. Da A eine Überdeckung von X ist, gibt es ein A ∈ A mitx ∈ A. Wegen A

∗∗> B existiert zu diesem A ein B ∈ B mit St(A,A) ⊆ B, womit St(x,A) ⊆ B. Es

folgt St(x,A) ⊆ St(A,A). Wegen der Beliebigkeit von x ∈ X heißt das {St(x,A) : x ∈ X} > B,also A

∗> B.

Für den dritten Punkt muss man zu jedem A ∈ A ein C ∈ C mit St(A,A) ⊆ C finden. Ist Aleer, so folgt St(A,A) = ∅, womit die Aussage trivial ist. Sei also A 6= ∅. Wegen A

∗> B gibt es

zu jedem x ∈ A ein B(x) ∈ B mit St(x,A) ⊆ B(x). Es folgt

St(A,A) =⋃A′∈AA∩A′ 6=∅

A′ =⋃x∈A

⋃A′∈Ax∈A′

A′ =⋃x∈A

St(x,A) ⊆⋃x∈A

B(x).

Für ein festes x′ ∈ A liefert A ∈ A, dass x′ ∈ St(x,A) ⊆ B(x) für x ∈ A, was wiederumB(x) ⊆ St(x′,B) impliziert und daher St(A,A) ⊆

⋃x∈AB(x) ⊆ St(x′,B). Aus B

∗> C erhält

man abschließend ein C ∈ C mit St(A,A) ⊆ St(x′,B) ⊆ C. �

Lemma 7.15. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und sei U ⊆ T eine offene Überdeckung vonX. Besitzt U eine abgeschlossene lokalendliche Verfeinerung, welche X überdeckt, so besitzt Uauch eine offene baryzentrische Verfeinerung, welche X überdeckt.

Beweis. Sei F die abgeschlossene lokalendliche Überdeckung von X mit F > U . Wie bereitsöfters zuvor schreibt man U = {Us : s ∈ S} und F = {Ft : t ∈ T} mit injektiven s 7→ Us undt 7→ Ft. Da F eine Verfeinerung von U ist, kann man zu jedem t ∈ T ein s(t) ∈ S mit Ft ⊆ Us(t)auswählen. Weiters definiert man zu jedem x ∈ X die Menge T (x) := {t ∈ T : x ∈ Ft}. Diese

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kann für kein x ∈ X leer sein, denn F ist ja eine Überdeckung von X. Außerdem bedingt dieLokalendlichkeit von F die Endlichkeit von T (x). Man setzt für x ∈ X

Vx :=( ⋂t∈T (x)

Us(t)

)∩( ⋃t∈T\T (x)

Ft

){.

Wegen x ∈ Ft ⊆ Us(t) für alle t ∈ T (x) und x /∈ Ft für alle t ∈ T \ T (x) gilt immer x ∈ Vx.Somit ist V := {Vx : x ∈ X} eine Überdeckung von X. Wegen #T (x) < ∞, wegen U ⊆ T undweil {Ft : t /∈ T (x)} als Teilsystem eines abgeschlossenen lokalendlichen Mengensystems selbstlokalendlich und abgeschlossen ist, folgt mit Korollar 6.4, dass Vx ∈ T . Somit ist V offen.Gelte nun x ∈ X und t ∈ T (x). Für ein x′ ∈ X mit x ∈ Vx′ folgt aus der Definition von Vx′ , dassx /∈ Ft′ für alle t′ ∈ T \ T (x′). Wegen x ∈ Ft folgt daraus t ∈ T (x′), was wiederum Vx′ ⊆ Us(t)impliziert, wie man aus der Definition von Vx′ erkennt. Also gilt

St(x,V) =⋃x′∈Xx∈Vx′

Vx′ ⊆ Us(t),

woraus {St(x,V) : x ∈ X} > U bzw. V∗> U folgt. �

Lemma 7.16. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Besitzt jede offene Überdeckung von X eineoffene Sternverfeinerung, welche X überdeckt, so besitzt jede offene Überdeckung von X aucheine offene σ-diskrete Verfeinerung, welche X überdeckt.

Beweis. Sei U = {Us : s ∈ S} ⊆ T mit injektivem s 7→ Us eine offene Überdeckung von X. SeiU0 := U und wähle für i ∈ N, i > 0 induktiv offene Überdeckungen Ui ⊆ T von X mit Ui

∗∗> Ui−1.

Für i ∈ N und s ∈ S definiere

Us,i := {x ∈ X : ∃V ∈ U(x) : St(V,Ui) ⊆ Us}.

Für x ∈ Us,i gilt x ∈ V ⊆ St(V,Ui) ⊆ Us mit einem geeigneten V ∈ U(x), also Us,i ⊆ Us.Weiters sind diese Mengen offen, denn zu x ∈ Us,i gibt es ein O ∈ U(x) ∩ T mit O ⊆ V , womitauch St(O,Ui) ⊆ St(V,Ui) ⊆ Us gilt. Da O offen ist, hat man O ∈ U(x′) für alle x′ ∈ O, alsoO ⊆ Us,i.Sei x aus X. Wegen der Überdeckungseigenschaft gibt es ein Ui ∈ Ui mit x ∈ Ui und wegenUi∗∗> Ui−1 gibt es ein Ui−1 ∈ Ui−1 mit St(Ui,Ui) ⊆ Ui−1. Wegen Ui−1 > Ui−2 > · · · > U0 erhält

man induktiv Ui−1 ∈ Ui−1, . . . , U0 ∈ U0 mit Ui−1 ⊆ · · · ⊆ U0, also St(Ui,Ui) ⊆ U0 = Us miteinem s ∈ S. Aufgrund von Ui ∈ U(x) folgt x ∈ Us,i. Damit ist {Us,i : s ∈ S} eine Überdeckung.Man zeigt nun für s ∈ S, i ∈ N und x, y ∈ X

x ∈ Us,i ∧ y /∈ Us,i+1 ⇒ @U ∈ Ui+1 : x, y ∈ U . (7.7)

Seien dazu x, y ∈ U ∈ Ui+1. Man muss dann zeigen, dass x ∈ Us,i auch y ∈ Us,i impliziert.Aus Ui+1

∗∗> Ui folgt die Existenz eines WU ∈ Ui mit x, y ∈ U ⊆ St(U,Ui+1) ⊆< WU . Aus

x ∈ Us,i folgt die Existenz einer Menge V ∈ U(x) mit St(V,Ui) ⊆ Us. x ∈ WU ∈ Ui bedingtWU ⊆ St(x,Ui) ⊆ St(V,Ui) ⊆ Us. Wegen U ∈ U(y) und y ∈ St(U,Ui+1) ⊆ WU ⊆ Us folgty ∈ Us,i+1.Die Menge S lässt sich nach dem zum Auswahlaxiom äquivalenten Wohlordnungssatz mit einergeeigneten Wohlordnung ≤ versehen. Für s ∈ S und i ∈ N definiere

Vs,i := Us,i \⋃s′∈Ss′≤ss′ 6=s

Us′,i+1 (∈ T ).

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Für s1, s2 ∈ S mit s1 6= s2 gilt entweder s1 ≤ s2 oder s2 ≤ s1, wodurch Vs2,i ⊆ Us2,i \ Us1,i+1oder Vs1,i ⊆ Us1,i \ Us2,i+1. Für x ∈ Vs1,i und y ∈ Vs2,i erhält man damit y /∈ Us1,i+1, x ∈ Us1,ioder x /∈ Us2,i+1, y ∈ Us2,i. In jedem Falle folgt aus (7.7), dass x, y ∈ U für kein U ∈ Ui+1.Sei nun zu x ∈ X eine Menge U ∈ Ui+1 mit x ∈ U gewählt. Gäbe es nun zwei verschiedeneMengen mit nichtleerem Schnitt mit U aus {Vs,i : s ∈ S} bei festem i ∈ N, so bedeutete das dieExistenz von s1, s2 ∈ S, s1 6= s2 und von x ∈ U ∩ Vs1,i, y ∈ U ∩ Vs2,i. Folglich ist {Vs,i : s ∈ S}diskret und V :=

⋃i∈N{Vs,i : s ∈ S} damit σ-diskret und offen. Weil für beliebige i ∈ N und

s ∈ S die Teilmengenkette Vs,i ⊆ Us,i ⊆ Us gilt, erhält man V > U .Abschließend existieren zu jedem x ∈ X ein s ∈ S mit x ∈ Us,i, denn die Mengensysteme{Us,i : s ∈ S} sind für jedes i ∈ N Überdeckungen, womit {s ∈ S|∃i ∈ N : x ∈ Us,i} nichtleerist. Da S wohlgeordnet ist, existiert das Minimum s(x) ∈ S dieser Menge. Sei i ∈ N so, dassx ∈ Us(x),i. Offenbar gilt für alle s ∈ S, s 6= s(x), s ≤ s(x), dass x /∈ Us,i+2. Für ein y ∈ Us,i+1 mitdemselbem s liefert (7.7), dass x, y ∈ U für kein U ∈ Ui+2. Daraus schließt man y /∈ St(x,Ui+2),also

St(x,Ui+2) ∩⋃s∈Ss≤s(x)s 6=s(x)

Us,i+1 = ∅.

Wegen der Offenheit und der Überdeckungseigenschaft von Ui+2 gilt x ∈ St(x,Ui+2) ∈ U(x),also

x /∈⋃s∈Ss≤s(x)s6=s(x)

Us,i+1.

Das heißt x ∈ Vs(x),i, weswegen V eine Überdeckung von X ist. �

Stone’s Coincidence Theorem 7.17. Sei (X, T ) eine topologischer Raum, auf welchem (T1)gilt. Dann sind folgende Aussagen äquivalent:

(i) (X, T ) ist parakompakt und erfüllt (T2).

(ii) Jede offene Überdeckung von X besitzt eine offene baryzentrische Verfeinerung, welche Xüberdeckt.

(iii) Jede offene Überdeckung von X besitzt eine offene Sternverfeinerung, welche X überdeckt.

(iv) (X, T ) erfüllt (T3) und jede offene Überdeckung von X besitzt eine offene σ-diskrete Ver-feinerung, welche X überdeckt.

Beweis. „(i)⇒ (ii)“: Aus Korollar 7.6 folgt, dass (X, T ) normal und damit auch regulär ist, alsoinsbesondere (T3). Wegen Satz 7.10 besitzt jede offene Überdeckung von X eine abgeschlossenelokalendliche Verfeinerung, welche X überdeckt. Deshalb folgt mit Lemma 7.15 die Aussage (ii).„(ii) ⇒ (iii)“: Sei U ⊆ T eine offene Überdeckung von X. Sei weiters V ⊆ T eine offeneÜberdeckung von X mit V

∗> U . Klarerweise gibt es auch eine offene Überdeckung W von X

mit W∗> V. Aus Lemma 7.14 folgt W

∗∗> U , also (iii).

„(iii) ⇒ (iv)“: Lemma 7.16 liefert (iv) bis auf die Gültigkeit von (T3). Um diese einzusehen, seiF ⊆ X abgeschlossen und gelte x /∈ F für ein x ∈ X. Dann ist {X \ {x}, X \ F} eine offeneÜberdeckung von X. Sei V ⊆ T eine offene Überdeckung von X mit V

∗∗> {X \ {x}, X \F} und

sei V ∈ V so, dass x ∈ V . Es folgt St(V,V) ⊆ X \{x} oder St(V,V) ⊆ X \F . Erstere Möglichkeit

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ist aber wegen x ∈ V ⊆ St(V,V) auszuschließen. Damit muss St(V,V) ⊆ X \F gelten. Sei y ∈ Vund sei W ∈ V so, dass y ∈ W . Da V offen ist, gilt W ∈ U(y). Das heißt W ∩ V 6= ∅, worausy ∈ W ⊆ St(V,V) folgt. Weil y ∈ V beliebig war, gilt V ⊆ St(V,V) ⊆ X \ F = F {. Alles inallem hat man also x ∈ V ∈ T und F ⊆ V

{, sowie V ∩ V { = ∅. Also sind x und F getrenntdurch offene Mengen, sprich es gilt (T3).„(iv) ⇒ (i)“: Da (T3) und (T1) gelten ist (X, T ) regulär, womit auch (T2) gilt. Der Rest folgtunmittelbar aus Satz 7.10, da ein σ-diskretes Mengensystem auch σ-lokalendlich ist. �

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8 Metrisierungssatz von Bing

Definition 8.1. Man nennt einen topologischen Raum (X, T ) collectionwise normal, wenner (T1) erfüllt und es für jedes abgeschlossene diskrete Mengensystem F = {Fs : s ∈ S} mitIndexmenge S ein offenes diskretes Mengensystem U = {Us : s ∈ S} ⊆ T derart gibt, dassFs ⊆ Us für alle s ∈ S.12

Korollar 8.2. Ist ein topologischer Raum (X, T ) collectionwise normal, so ist er auch normal.

Beweis. Es muss (T4) gezeigt werden. Seien F1, F2 ∈ P(X) zwei disjunkte abgeschlossene Men-gen. Die Mengen F {1 und F {2 sind dann offen und überdecken X. Es gibt also für jedes x ∈ X eini ∈ {1, 2} mit F {i ∈ U(x). Diese Menge hat nur entweder mit F1 oder mit F2 nichtleeren Schnitt.Also ist {F1, F2} diskret und abgeschlossen. Somit gibt es ein diskretes System {O1, O2} ⊆ Tmit F1 ⊆ O1 und F2 ⊆ O2. Gäbe es ein x ∈ O1 ∩ O2, so gälte U ∩ O1 6= ∅ 6= O2 ∩ U für alleU ∈ U(x), was im Widerspruch dazu stünde, dass {O1, O2} diskret ist. Also sind O1 und O2disjunkt und infolge gilt (T4). �

Bemerkung 8.3. Im Beweis von Korollar 8.2 wurde gezeigt, dass für einen topologischen Raum(X, T ) und zwei disjunkte abgeschlossene Mengen F1, F2 ∈ P(X) das Mengensystem {F1, F2}diskret und abgeschlossen ist. �

Lemma 8.4. Sei (X, T ) ein topologischer Raum, welcher (T1) erfüllt. (X, T ) ist genau danncollectionwise normal, wenn es für jedes abgeschlossene diskrete Mengensystem F = {Fs : s ∈S} ein offenes Mengensystem U = {Us : s ∈ S} bestehend aus paarweise disjunkten Mengenderart gibt, dass Fs ⊆ Us für alle s ∈ S.

Beweis. „⇒“: Sei U = {Us : s ∈ S} ⊆ T das diskrete offene Mengensystem aus Definition 8.1.Gäbe es ein x ∈ Us1 ∩ Us2 für s1 6= s2, so gälte U ∩ Us1 6= ∅ 6= Us2 ∩ U für alle U ∈ U(x), wasim Widerspruch dazu stünde, dass U diskret ist.„⇐“: Wegen Bemerkung 8.3 und wegen der gegebenen Voraussetzungen gibt es zu abgeschlos-senen disjunkten F1, F2 ∈ P(X) offene disjunkte O1, O2 ∈ T mit Fi ⊆ Oi für i = 1, 2, also gilt(T4). Seien jetzt F = {Fs : s ∈ S} und U = {Us : s ∈ S} wie in der Aussage des Lemmas.Da F insbesondere lokalendlich ist, ist wegen Korollar 6.4 die Menge A :=

⋃s∈S Fs abgeschlos-

sen. Demnach sind wegen Fs ⊆ Us die Mengen A und B := (⋃s∈S Us){ abgeschlossen und

disjunkt. Es gibt also offene und disjunkte U, V ∈ T mit A ⊆ U und B ⊆ V . Man definiertV := {Vs : s ∈ S} mit Vs := Us ∩ U für alle s ∈ S. Offenbar gelten Fs ⊆ Vs und V ⊆ T .Gelte x ∈ X. Liegt x in

⋃s∈S Us, so folgt x ∈ Us(x) ∈ U(x) für ein s(x) ∈ S. Weil U aus

paarweise disjunkten Mengen besteht, gilt Us(x) ∩ Vs ⊆ Us(x) ∩ Us = ∅ für alle s ∈ S \ {s(x)},womit Us(x) mit höchstens einer Menge aus V nichtleeren Schnitt hat. Liegt andererseits x in(⋃s∈S Us){ = B, so folgen x ∈ B ⊆ V ∈ U(x) und Vs ∩ V ⊆ U ∩ V = ∅ für s ∈ S. Folglich ist V

diskret und damit (X, T ) collectionwise normal. �

Lemma 8.5. Ist ein topologischer Raum (X, T ) parakompakt und gilt (T2), so ist (X, T ) col-lectionwise normal.

Beweis. Sei F = {Fs : s ∈ S} abgeschlossen und diskret. Wähle für alle x ∈ X ein Vx ∈ U(x) mit#{s ∈ S : Fs ∩ Vx 6= ∅} ≤ 1. Gemäß Korollar 7.6 ist (X, T ) normal, also insbesondere regulär.Damit folgt wegen Satz 3.34 für x ∈ X die Existenz eines Hx ∈ T mit x ∈ Hx ⊆ Hx ⊆ Vx.

12Diskret bezieht sich hier auf die Anzahl der s ∈ S. Daraus folgt insbesondere, dass die Mengensysteme diskretim Sinne der Definition 6.1 sind.

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{Hx : x ∈ X} ist dann eine offene Überdeckung von X. Sei also W eine lokalendliche offeneVerfeinerung davon, welche X überdeckt und setze für s ∈ S

Vs := X \⋃

W∈WW∩Fs=∅

W .

{W ∈ W : W ∩ Fs = ∅} ist als Teilsystem eines abgeschlossenen lokalendlichen Systems selbstabgeschlossen und lokalendlich, weswegen nach Korollar 6.4 die Vereinigung darüber abgeschlos-sen ist. V := {Vs : s ∈ S} ist also offen. Offenbar gilt Fs ∩ V {s = ∅ und daher Fs ⊆ Vs für alles ∈ S. Es gilt auch

∀s ∈ S : W ∩ Vs = ∅ ⇔W ∩ Fs = ∅. (8.1)

Sei x ∈ X. Da W eine offene Überdeckung ist gibt es ein W ∈ W mit x ∈ W . Es gibt, weilja W eine Verfeinerung ist, ein y ∈ X mit W ⊆ Hy ⊆ Hy ⊆ Vy und damit auch W ⊆ Vy.Wegen #{s ∈ S : Fs ∩ Vx 6= ∅} ≤ 1 folgt #{s ∈ S : Fs ∩W 6= ∅} ≤ 1 und wegen (8.1) auch#{s ∈ S : Vs ∩W 6= ∅} ≤ 1. Wegen W ∈ U(x) ist V diskret. �

Definition 8.6. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Ist Wn ⊆ T für alle n ∈ N eine offeneÜberdeckung von X und gilt

∀x ∈ X∀U ∈ U(x)∃n ∈ N : St(x,Wn) ⊆ U ,

so nennt man die Folge (Wn)n∈N Entwicklung von (X,T ).

Lemma 8.7. Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Ist (X, T ) collectionwise normal und besitztder Raum eine Entwicklung (Wn)n∈N, so besitzt jede offene Überdeckung von X eine offeneσ-diskrete Verfeinerung, welche X überdeckt.

Beweis. Sei U = {Us : s ∈ S} ⊆ T mit injektivem s 7→ Us eine offene Überdeckung von X.Die Menge S lässt sich nach dem zum Auswahlaxiom äquivalenten Wohlordnungssatz mit einergeeigneten Wohlordnung ≤ versehen. Mit dieser Wohlordnung definiert man für s ∈ S undn ∈ N

Fs,n := X \(

St(X \ Us,Wn) ∪⋃s′∈Ss′≤ss′ 6=s

Us′

).

Da Wn offen ist, ist auch St(X \ Us,Wn) offen. Weil auch U offen ist, ist Fs,n abgeschlossen.Seien s ∈ S und n ∈ N fest. WeilWn eine Überdeckung ist, gilt X \Us ⊆ St(X \Us,Wn), womitauch X \ Us ⊆ X \ Fs,n bzw. Fs,n ⊆ Us.Da U eine offene Überdeckung ist, gibt es zu x ∈ X ein minimales s(x) ∈ S mit x ∈ Us(x) ∈ U(x).Weil (Wn)n∈N eine Entwicklung ist, kann man auch ein n(x) ∈ N mit St(x,Wn(x)) ⊆ Us(x)auswählen. Wegen der minimalen Wahl von s(x) gilt

x /∈⋃s∈Ss≤s(x)s6=s(x)

Us.

Läge nun x in St(X \ Us(x),Wn(x)), so gäbe es ein W ∈ Wn(x) mit x ∈ W und W ∩ U{s(x) 6= ∅und x ∈ W ⊆ St(x,Wn(x)). Daraus folgte St(x,Wn(x)) ∩ U{s(x) 6= ∅ bzw. St(x,Wn(x)) * Us(x).

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Somit liegt x in Fs(x),n(x) und {Fs,n : s ∈ S, n ∈ N} überdeckt X.Man zeigt, dass für festes n ∈ N das Mengensystem {Fs,n : s ∈ S} diskret ist. Dazu sei x ∈ Xund definiere P := Us(x) ∩ St(x,Wn) ∈ T ∩ U(x). Für Fs,n mit s 6= s(x) gilt nun entweders ≤ s(x) oder s(x) ≤ s. Im ersten Falle erhält man wegen x ∈ U{s

P ∩ Fs,n ⊆ St(x,Wn) ∩X \ St(U{s ,Wn

)︸ ︷︷ ︸⊇St(x,Wn)

= ∅.

Im zweiten Falle gilt wegen s(x) ∈ S, s(x) ≤ s, s(x) 6= s

P ∩ Fs,n ⊆ Us(x) ∩X \⋃s′∈Ss′≤ss′ 6=s

Us′ = ∅.

Für s 6= s(x) erhält man also Fs,n ∩ P = ∅.Collectionwise normal liefert unter diesen Voraussetzungen für jedes n ∈ N und s ∈ S ein Us,n ∈T mit Fs,n ⊆ Us,n, sodass {Us,n : s ∈ S} für festes n ∈ N diskret ist. Die Mengensysteme Vn :={Us,n ∩ Us : s ∈ S} sind offenbar noch immer diskret und offen. Weiters gilt Fs,n ⊆ Us,n ∩ Us.Damit ist V :=

⋃n∈N Vn offen σ-diskret und eine Überdeckung von X, denn {Fs,n : s ∈ S, n ∈ N}

überdeckt X. Schließlich gilt Us,n ∩Us ⊆ Us ∈ U für alle s ∈ S, n ∈ N, was V > U bedeutet. �

Metrisierungssatz von Bing 8.8. Ein topologischer Raum (X, T ) ist genau dann metrisier-bar, also es gibt genau dann eine Metrik d auf X mit T = T (d), wenn er eine Entwicklung(Wn)n∈N besitzt und collectionwise normal ist.

Beweis. „⇒“: Wegen Bemerkung 7.3 ist (X, T (d)) parakompakt. Bekanntermaßen gilt auch(T2). Aus Lemma 8.5 folgt damit, dass (X, T ) collectionwise normal ist. Für n ∈ N definiertman Wn :=

{U 1n

(x) : x ∈ X}. Wn ist dann eine offene Überdeckung von X. Für x ∈ X und

U ∈ U(x) gibt es sicher ein n ∈ N mit x ∈ U 2n

(x) ⊆ U . Für z ∈ St(x,Wn) heißt das dieExistenz eines y ∈ X mit x, z ∈ U 1

n(y), also mit der Dreiecksungleichung z ∈ U 2

n(x) und somit

St(x,Wn) ⊆ U . Damit ist (Wn)n∈N eine Entwicklung.„⇐“: Aus collectionwise normal folgt wegen Korollar 8.2 normal, also ist (X, T ) insbesondereregulär. DaWn für n ∈ N eine offene Überdeckung von X ist, gibt es wegen Lemma 8.7 für eineoffene σ-diskrete Überdeckung Bn ⊆ T von X mit Bn >Wn. Das Mengensystem B :=

⋃n∈N Bn

ist dann ebenfalls σ-diskret.13 Seien x ∈ X und O ∈ T so, dass x ∈ O. Weil (Wn)n∈N eineEntwicklung ist, gibt es ein n ∈ N mit St(x,Wn) ⊆ O. Da Bn eine Überdeckung ist, gibt es einB ∈ Bn mit x ∈ B und wegen Bn > Wn auch ein W ∈ Wn mit x ∈ B ⊆ W ⊆ St(x,Wn) ⊆ O.Man hat also x ∈ B ⊆ O, wobei x ∈ X und O ∈ T mit x ∈ O beliebig waren und B ∈ Bgilt. Folglich ist B eine σ-diskrete Basis. Der Metrisierungssatz von Bing-Nagata-Smirnow 6.22liefert eine Metrik d auf X mit T = T (d). �

13Für k ∈ N ist Bk die abzählbare Vereinigung diskreter Mengensysteme, also Bk =⋃n∈N Bk,n. Daraus folgt

B =⋃

(k,n)∈N×N Bk,n, was weiterhin eine abzählbare Vereinigung diskreter Mengensysteme ist.

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