Smith, E. E. - Lensmen 01 - Die Plane Ten Basis

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Seit vielen Jahrtausenden tobt der Kampf zwischenden beiden mächtigen Sternenreichen Arisia und Ed-dore. Auf einem unvorstellbar hohen Stand der Tech-nik angelangt, ringen die beiden Rassen um Ein-flußsphären und um die Beherrschung der erobertenund unterworfenen Sternsysteme. Eines Tages tau-chen die ersten Vortrupps der Eddorier auf, um dieErde in ihrem Sinne zu manipulieren, und dieMenschheit gerät unversehens in die galaxisweiteAuseinandersetzung.

Die Eddorier glauben die Erde schon fest im Würge-griff ihrer Macht, denn die Menschen haben der grau-samen Diktatur der Invasoren wenig entgegenzuset-zen. Doch die Weisen von Arisia unterstützen dieErdbewohner, in denen sie die einstmaligen Erben ih-rer großartigen Zivilisation erkennen. Arisia erschafft

die Lens – und der Mentor vergibt das geheimnis-volle Gerät an alle, die seiner würdig sind.

»Doc« Edward Elmer Smith (1890–1965) war der Kö-nig der Space Opera in den vierziger Jahren, der»Goldenen Zeit« der amerikanischen Science Fiction,

und sein »Lensmen«-Zyklus war ihr absoluter Höhe-punkt.

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Von Edward Elmer Smith erschienen in der ReiheHEYNE SCIENCE FICTION & FANTASY:

DER SKYLARK-ZYKLUS:

Die Abenteuer der Skylark · 06/3479Die Skylark und die Schlacht um Osnome · 06/3491Die Skylark und die Sternenwanderer · 06/3503Die Skylark und der Kampf um die Galaxis · 06/3515

DER LENSMEN-ZYKLUS:

Die Planetenbasis · 06/4185 (früher · 06/3704)Die ersten Lensmen · 06/4186 (früher · 06/3705)

Galaktische Patrouille · 06/4187 (früher · 06/3708-09)Die grauen Herrscher · 06/4188 (früher · 06/3710-11)Das zweite Imperium · 06/4189 (früher · 06/3713-14)Das Erbe der Lens · 06/4190 (früher · 06/3716-17)Wächter des Mahlstroms · 06/4233 (früher · 06/3717)

weitergeschrieben von David Kyle:

Drachen-Lensmen · 06/4191

Lensmen von Rigel · 06/4192Z-Lensmen · 06/4393

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EDWARD E. SMITH

DIE PLANETEN-

BASIS

Erster Roman des Lensmen-Zyklus

Science Fiction Roman

WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN

Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt!!

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HEYNE SCIENCE FICTION & FANTASYBand 06/4185

Titel der amerikanischen Originalausgabe

TRIPLANETARY

Deutsche Übersetzung von Thomas Schlück Das Umschlagbild schuf D. B. Mattingly

Die Illustrationen zeichnete Klaus Porschka

Illustrierte Neuausgabedes HEYNE-BUCHS

Nr. 06/3704

Redaktion: E. SenftbauerCopyright © 1948 by Edward E. Smith

Copyright © 1969 der deutschen Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag GmbH, München

Printed in Germany 1985Umschlaggestaltung: Atelier Ingrid Schütz, München

Gesamtherstellung: Ebner Ulm

ISBN 3-453-31164-7

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Vor etwa zwei Milliarden Jahren nahm ein Ereignisvon wahrhaft gigantischen Ausmaßen seinen Lauf;zwei Galaxien kollidierten. Eigentlich wäre eine we-niger genaue Zeitbestimmung angebracht, denn derVorgang der eher ein gegenseitiges Durchdringen der beiden Galaxien war, dauerte allein mehrere hundertMillionen Jahre. Und in dieser Zeit, so ist überliefert,

erhielt fast jede Sonne der beiden Galaxien einen odermehrere Planeten.Es gibt viele Anzeichen, die für die Auffassung

sprechen, daß diese Massengeburt von Planeten wäh-rend der galaktischen Begegnung kein Zufall war.Aber es wird auch die Meinung vertreten, daß allesnur auf einer zufälligen Konstellation von Umstän-

den beruhte, daß eine Sonne ebenso folgerichtig Pla-neten haben muß wie eine Katze Junge.Wie dem auch sei aus den arisischen Überlieferun-

gen geht eindeutig hervor, daß vor ihrem Zusam-mentreffen keine der beiden Galaxien mehr als dreiSonnensysteme hatte. Hieraus lassen sich auch dieSchwierigkeiten der arisischen Rasse erklären, die, als

ihre Heimatsonne zu erkalten begann, gegen die Zeitund zahlreiche technische Probleme arbeiten mußte,um ihren Planeten zu einer jüngeren Sonne zu diri-gieren.

Die historischen Aufzeichnungen der Eddorier sindebenfalls überliefert, da dieser Rasse beim Übertritt indie nächste Existenzebene sämtliche materiellenWerte erhalten blieben. Diese Unterlagen – Bücher,Bänder und Tonplatten aus einer Platinlegierung, die

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sogar der giftigen Atmosphäre Eddores widerstehenkonnte – stimmen in diesem Punkt mit den arisischenFeststellungen überein. Unmittelbar vor der galakti-schen Vereinigung gab es demnach in der ZweitenGalaxis nur ein einziges Sonnensystem, das zudemerst durch die Ankunft der Eddorier mit intelligentenLeben bevölkert wurde.

Auf diese Weise lebten die beiden Rassen unge-zählte Millionen Jahre nebeneinander her, ohne von-einander zu wissen. In beiden Galaxien, vielleicht so-

gar in ihrem Raum-Zeit-Kontinuum, waren sie dieeinzigen intelligenten Rassen. Beide konnten sie zumZeitpunkt der galaktischen Vereinigung auf eine lan-ge Geschichte zurückblicken. Aber damit endete dieGemeinsamkeit bereits – abgesehen vielleicht von derTatsache, daß beide eine sehr hohe geistige Entwick-lungsstufe erreicht hatten.

Da Arisia der Erde in atmosphärischer und klimati-scher Hinsicht sehr ähnlich war, konnten die Arisierzu jener Zeit als humanoid bezeichnet werden. DieEddorier dagegen waren alles andere als men-schenähnlich. Ihr Planet war und ist riesig und be-drückend, seine Gewässer sind ein giftiger, klebrigerSirup, seine Atmosphäre ein übelriechender und töd-

licher Nebel. Eddore unterscheidet sich derart vonden anderen Welten beider Galaxien, daß seine Exi-stenz erst erklärt werden konnte, als man Zugang zuseinen Überlieferungen erhielt. Und daraus geht her-vor, daß dieser Planet nicht in der normalen Raum-Zeit entstand, sondern aus einem unbekannten Uni-versum in unser Raum-Zeit-Kontinuum gekommenist.

Wie die Planeten, so unterscheiden sich auch ihre

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Bewohner. Die Arisier beschritten bald den Weg zurZivilisation und durchlebten dabei die üblichen Sta-dien der Wildheit und Barbarei – das Zeitalter derSteinzeit, die Bronzezeit, die Eisenzeit, die Epochendes Dampfes, des Stahls und der Elektrizität. Es er-scheint durchaus wahrscheinlich, daß sie mit dieserEntwicklung einen unverrückbaren Weg für manchespätere Zivilisation vorzeichneten, denn die Lebens-keime, die sich auf den abkühlenden Oberflächen derneuen Planeten festsetzten, waren arisischen und

nicht eddorischen Ursprungs. Obwohl es zweifellosauch eddorische Lebensimpulse gab, waren diesewohl nicht stark oder heimisch genug, um sich in dernormalen Raum-Zeit durchzusetzen, so sehr die Le- bensbedingungen auf den einzelnen Planeten auchdifferieren mochten.

Nachdem ihnen die Atomenergie die Last physi-

scher Arbeit abgenommen hatte, konzentrierten sichdie Arisier besonders auf die Erforschung der unvor-stellbaren Möglichkeiten des Geistes. Auf diese Weisegelang es ihnen, sich bereits vor Beginn der galakti-schen Verschmelzung von Raumschiffen und Tele-skopen völlig zu lösen. Allein mit den Kräften desGeistes beobachteten sie die Annäherung der linsen-

förmigen Sternengruppe, die den irdischen Astrono-men später als Lundmarks Sternennebel bekanntwerden sollte. Aufmerksam und mit großer Erregung beobachteten sie das Eintreten einer mathematischenUnmöglichkeit; denn die Chance, daß zwei Galaxienfrontal und zentral aufeinandertreffen und sich ge-genseitig durchdringen, ist derartig gering, daß sie,selbst mathematisch gesehen, mit Null zu beziffernist.

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Sie beobachteten die Geburt zahlloser Planeten undregistrierten jede Einzelheit der Ereignisse – in derHoffnung, daß sie oder ihre Nachfahren einmal auf diese perfekte Erinnerung zurückgreifen und eineSymbolik entwickeln würden, mit deren Hilfe das bisher noch unvorstellbare Phänomen erklärt werdenkonnte. Sorglos, geschäftig und interessiert – sodurchstreiften die Gedankenimpulse der Arisier dasWeltall – bis einer von ihnen auf einen eddorischenGeist stieß.

Obwohl die Eddorier, wenn sie wollen, die Gestaltvon Menschen annehmen konnten, waren sie allesandere als menschenähnlich. Man hätte sie allerdingsauch nicht als amöbenhaft bezeichnen können, denndieser Ausdruck beinhaltet eine gewisse Weichheitund einen Mangel an Koordination. Jedenfalls waren

sie sehr vielseitig und veränderten sich nicht nur inGestalt, sondern auch in Substanz – wie es die Situa-tion erforderte. Sie formten sich ihre Glieder nach den jeweiligen Bedürfnissen – Arme und Beine, die dergestellten Aufgabe einzigartig angepaßt waren. WennHärte erforderlich war, waren die Glieder steinhart,wenn sie weich sein sollten, waren sie weich. Klein

oder groß, starr oder beweglich, mit Gelenken oderals Tentakel – einem Eddorier war nichts unmöglich.Greifer oder Finger, Zehen, Kneifer oder Nadeln – einGedanke, und der Körper paßte sich den Wünschenan.

Die Eddorier waren überdies asexuell und übertra-fen in ihrer Geschlechtslosigkeit fast jede irdische Le- bensform. Sie waren nicht hermaphroditisch undauch nicht phartenogenetisch – sie waren völlig ge-

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schlechtslos. Außerdem waren sie, von der Möglich-keit eines gewaltsamen Todes abgesehen, unsterblich. Jeder Eddorier, dessen Geist nach einem Leben voneinigen Millionen Jahren Anzeichen einer Übersätti-gung zeigte, teilte sich in zwei jung-alte Wesen. Jungan Aufnahmefähigkeit und Energie, alt an Fähigkei-ten und Kenntnissen. Jedes der beiden ›Kinder‹ be-kam einen vollständigen Satz der Erinnerungen unddes Wissens ihres einen ›Elternteiles‹ mit.

Und so schwierig es ist, die Eddorier in physischer

Hinsicht zu beschreiben, so unmöglich ist es, denGeist eines Eddoriers auszuleuchten und in uns be-kannten Symbolen wiederzugeben. Die Eddorier wa-ren intolerant, überheblich, herrschsüchtig, raubgie-rig, unersättlich, kalt, dickfellig und brutal. Sie warenschlau, scharfzüngig, talentiert, beharrlich und tüch-tig. Sie besaßen kein Gefühl für jene höheren Dinge

und Ideale, die den zivilisierten Rassen am Herzenlagen, und einem Eddorier war Humor unbekannt.Obwohl sie nicht blutrünstig waren und das Blut-

vergießen nicht um seiner selbst willen liebten, warensie im Grunde doch nicht dagegen. Wenn ein Eddo-rier Gewalt anwendete, um sein Ziel zu erreichen,war das ein durchaus legales Mittel; allerdings wurde

sinnloses Blutvergießen nicht gern gesehen – nichtweil es Blutvergießen, sondern weil es sinnlos unddaher nicht zweckmäßig war.

Und anstelle der Vielfalt von Zielen, die sich dieIndividuen der zivilisierten Rassen gesetzt hatten,gab es bei den Eddoriern nur ein Streben – das Stre- ben nach Macht!

Da auch Eddore ursprünglich von mehreren Ras-sen bevölkert war, die einander so ähnlich waren wie

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die verschiedenen Menschenrassen der Erde, ist esverständlich, daß die frühe Geschichte des Planeten –als er sich noch in seinem Heimatuniversum befand –aus einer Folge von endlosen Kriegen bestand. Undda die Kunst des Kriegführens stets unverrückbar mitder technologischen Entwicklung der Kriegführendenverbunden war und immer verbunden sein wird,entwickelte sich die Rasse der uns jetzt als ›Eddorier‹ bekannten Wesen zu überragenden Technikern. Alleanderen Rassen verschwanden, ebenso wie alle nied-

rigen Lebensformen, die die Herren des Planeten ir-gendwie behinderten.Nachdem die rassische Opposition nun endgültig

ausgeschaltet war und sich die überwältigendeKriegslust dennoch nicht gelegt hatte, bekämpftensich die überlebenden Eddorier gegenseitig. Ver-nichtungskriege entbrannten, bei denen es weder Sie-

ger noch Besiegte geben konnte.Wie sich schließlich herausstellte, konnten die we-nigen überlebenden Eddorier einander weder tötennoch versklaven, so daß sie übereinkamen, eine ArtFrieden zu schließen. Da es in ihrer Raum-Zeit prak-tisch keine weiteren Planetensysteme gab, wollten sieihre Welt künftig von Raum zu Raum dirigieren und

nach einem Universum suchen, das Planeten hatte.Sie brauchten ein Universum, in dem es von Planetennur so wimmelte, damit jeder Eddorier zum Allein-herrscher über mehrere Welten gemacht werdenkonnte. Dieses Programm war in den Augen der Ed-dorier sehr sinnvoll, denn es schien ihrem unstillba-ren Machthunger endlich einen gewissen Spielraumzu bieten. Aus diesem Grunde entschlossen sie sich –zum erstenmal in ihrer langen Geschichte – zu einer

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Zusammenarbeit auf geistigem und materiellem Ge- biet. Sie bildeten eine Gruppe.

Der Weg zu dieser Einheit war natürlich lang undschwierig und wurde nicht ohne tödliche Reibereienzurückgelegt. Für die Eddorier schied eine demokra-tische Regierungsform von vornherein aus. Vielmehrwar man sich sofort einig, daß nur eine Diktatur inFrage kommen konnte. Es fiel den Eddoriern, die sichin ihren Fähigkeiten und Anlagen voneinander unter-schieden, nicht schwer, eine gewisse Rangfolge fest-

zulegen und schließlich einen von ihnen, der ein we-nig mächtiger und rücksichtsloser war als die ande-ren, zum Ersten Herrscher – zur Hoheit – zu machen.Dieser bestimmte sogleich eine Gruppe von Eddori-ern, die ihm an Macht nur wenig nachstanden, zuseinem Rat. Auf diese Weise entstand das Kabinett,das später als der ›Innere Kreis‹ bekannt werden

sollte. Die Größe dieses Kabinetts war nicht genaufestgelegt; gelegentlich, wenn sich ein Mitglied teilte,nahm es um ein Wesen zu und wurde wieder redu-ziert, wenn es einem Neider oder ehrgeizigen Unter-gebenen gelang, ein Attentat auf ein Ratsmitglied zuverüben.

Und so begannen die Eddorier schließlich ernsthaft

zusammenzuarbeiten. Dieser Zusammenarbeit ent-sprang neben dem Hyperraum-Konverter der voll-trägheitslose Antrieb – jener Raumantrieb, den einArisier unter dem Namen Bergenholm viele Millio-nen Jahre später entwickeln und der Menschheitschenken sollte. Ein weiteres Ergebnis dieser Zu-sammenarbeit war der Durchbruch des Planeten Ed-dore in den normalen Raum kurz nach Beginn dergalaktischen Verschmelzung.

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»Ich muß jetzt entscheiden, ob wir diese Raum-Zeitzu unserem ständigen Hauptquartier machen, oderob wir weitersuchen«, verkündete der Erste Herr-scher seinem Rat. »Dabei ist zu berücksichtigen, daßdie Planeten, die sich hier eben gebildet haben, erst inferner Zukunft erkalten werden und daß es noch viellänger dauern wird, bis sich auf ihnen Leben entwik-kelt, das wir unserem geplanten Imperium einglie-dern können und das unsere Fähigkeiten in Anspruchnehmen wird. Andererseits haben wir bereits Millio-

nen Jahre damit verbracht, Millionen von Raumsekto-ren zu erforschen, ohne daß wir bisher eine solcheVielzahl von Planeten gefunden haben, wie sie in die-sen  beiden Galaxien  bald existieren wird. Daß diese Pla-neten noch nicht bevölkert sind, ist für uns ebenfallsrecht vorteilhaft, denn so können wir das Leben nochwährend seiner Entwicklung nach unseren Vorstellun-

gen formen. Krongenes,  berichten Sie  uns über Ihre Un-tersuchungen! Wie stehen unsere Chancen, in anderenRaum-Sektoren ebenfalls auf Planeten zu stoßen?«

Der Begriff ›Krongenes‹ war kein Name im eigent-lichen Sinne; er war mehr als ein Name. Er war einSchlüsselgedanke, eine geistige Kurzform für das Egodes Eddoriers, der von Seiner Hoheit angesprochen

worden war.»Meine Untersuchungen sind alles andere als viel-

versprechend verlaufen, Eure Hoheit«, erwiderteKrongenes sofort. »Innerhalb der Reichweite meinerInstrumente befindet sich kein Universum, das mehr bewohnbare Welten hat und voraussichtlich habenwird, als sich zur Zeit in diesem Sektor befinden.«

»Sehr gut. Hat jemand stichhaltige Gründe vorzu- bringen, die gegen eine Errichtung unseres Imperi-

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ums in diesem Raum sprechen? Wenn ja, dann mögeer uns seine Gedanken jetzt übermitteln.«

Niemand widersprach, denn noch kein Eddorierwußte von der Existenz Arisias und seiner Bewohner.Aber selbst wenn sie davon gewußt hätten, wäre einWiderspruch nicht zu erwarten gewesen, denn es warauf Eddore – wie bei jeder Diktatur – höchst gefähr-lich, eine eigene Meinung zu haben. Außerdem wares für einen Eddorier, angefangen von Seiner Hoheit bis hinab zum unwichtigsten Untergebenen, eine

unmögliche Vorstellung, daß eine andere, fremdeRasse eddorische Fähigkeiten erreichen oder garübertreffen könnte.

»Nun denn. Wir werden also fortfahren, um ... Werist das? Dieser Gedanke gehört nicht in unsere Ge-meinschaft! Wer bist du, Fremder, der du deine Zu-sammenkunft des Inneren Kreises zu stören wagst?«

»Ich bin Enphilistor von Arisia, ein Student.« Auchdieser Name war nur ein Symbol. »Ich störe nicht,wie Sie selbst wissen. Ich bin in Ihre Gedanken nichteingedrungen und habe keine Geheimnisse zu erspü-ren versucht. Ich habe darauf gewartet, daß Sie auf meine Gedanken aufmerksam werden, damit wireinander kennenlernen. Wirklich überraschend – wir

waren seit unzähligen Zyklen der Meinung, die ein-zige hochentwickelte Lebensform des Universums zusein ...«

»Schweig, Wurm, in Gegenwart der Großen Herr-scher! Lande dein Schiff und ergib dich, und wirwerden es deinem Planeten gestatten, uns zu dienen.Wenn du dich weigerst oder auch nur einen Augen- blick zögerst, wird jedes Mitglied deiner Rasse ster- ben müssen!«

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»Wurm? Herrscher? Landen?« Die Gedanken des jungen Arisiers verrieten nichts als Neugier – Angst,Ärger und auch Ehrfurcht schienen ihnen fremd zusein. »Ergeben? Ihnen dienen? Ich scheine Ihre Ge-danken klar und deutlich zu empfangen, verstehe sieaber nicht. Die Bedeutung der Worte ist völlig ...«

»Du hast mich mit ›Eure Hoheit‹ anzureden, ver-standen?« befahl der Erste Herrscher eisig. »Landeoder stirb – eine andere Wahl hast du nicht. Das istdie letzte Warnung!«

»Eure Hoheit? Natürlich gern, wenn das die übli-che Anrede ist. Was aber das Landen, Ihre Warnungund das Sterben angeht, so glauben Sie doch nichtetwa, daß ich körperlich anwesend bin? Und ist estatsächlich möglich, daß Sie der Meinung sind, mich –oder irgendeinen anderen Arisier – töten zu können?Welch seltsame, welch abwegige Vorstellung!«

»Stirb, du Wurm, wenn du es nicht anders willst!«schnaubte der Erste Herrscher und entsandte einengeistigen Energiepfeil, der jedes andere Lebewesenauf der Stelle getötet hätte.

Enphilistor aber parierte den heimtückischen An-griff scheinbar mühelos, ohne einen Gegenangriff zuversuchen.

Augenblicklich stieß der Eddorier mit einem Er-kundungsimpuls nach, nur um zu seinem Erstaunenfestzustellen, daß sich die Gedanken des Arisierstrotz aller Bemühungen nicht aufspüren ließen.

Während Enphilistor den tobenden Eddorier miteinem Teil seines Geistes in Schach hielt, strahlte erauf anderer Ebene einen Gedanken ab, der an jeman-den in seiner unmittelbaren Nähe gerichtet zu seinschien:

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»Ihr Weisen, hört! Ich brauche Unterstützung. Ich bin auf eine Situation gestoßen, die ich allein nicht bewältigen kann.«

»Hier sprechen die Weisen von Arisia!« dröhnte ei-ne tiefe, angenehme Stimme in den Gehirnen der Ed-dorier, begleitet von einem dreidimensionalen Bildeines menschlichen Gesichts – dem Gesicht einesGreises mit langem, weißem Bart. »Wir haben langeauf euch Eddorier gewartet und haben uns seit lan-gem auf das vorbereitet, was getan werden muß. Ihr

werdet diesen Zwischenfall vergessen, und in denkommenden Jahrmillionen wird kein Eddorier wis-sen, daß es eine arisische Rasse gibt.«

Noch ehe der Gedanke zu Ende war, sandten dieWeisen Arisias ihre geistigen Impulse aus, und dieEddorier erinnerten sich an nichts mehr. Sie hattennicht die geringste Ahnung, daß es außer auf Eddore

noch anderes, intelligentes Leben im Universum gab.

Und auf dem fernen Planeten Arisia fand eine tele-pathische Versammlung statt, bei der kein Arisierfehlte.

»Aber warum haben wir sie nicht einfach umge- bracht?« fragte Enphilistor erregt. »Das wäre natür-

lich eine abscheuliche Sache gewesen, aber ich kanndoch erkennen ...« Er hielt inne, von seinen eigenenGedanken überwältigt.

»Das Wenige, das du erkennst, Jüngling, ist nur einsehr winziger Teil des Ganzen. Wir haben es nicht auf einen Mordversuch ankommen lassen, weil wir dazunicht in der Lage gewesen wären. Das hat seinenGrund nicht in ethischen Überlegungen, sondern ein-zig und allein darin, daß wir es unmöglich geschafft

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hätten. Die Härte der Eddorier dürfte noch etwas au-ßerhalb deiner Vorstellungskraft liegen, Jüngling,und hätten wir sie zu töten versucht, wäre es unsniemals gelungen, ihre Erinnerung an uns auszulö-schen. Wir brauchen Zeit – sehr viel Zeit!«

Die Weisen unterbrachen sich und fuhren dann, andie ganze Versammlung gerichtet, fort:

»Wir, die Weisen Arisias, haben unsere Visionenüber das Schicksal des Kosmos bisher zum Teil füruns behalten, weil immer die Möglichkeit bestand,

daß unsere Ahnungen auf einem Irrtum beruhten – bis wir jetzt auf die Eddorier stießen. Nun kann keinZweifel mehr bestehen. Die Zivilisationen, derenfriedvolle Entwicklung auf den fruchtbaren Planetendieser Galaxien wir uns gewünscht und vorgestellthaben, wird jetzt nicht ohne unsere Unterstützungentstehen können. Nur wir Arisier sind in der Lage,

sie irgendwann einmal zur vollen Blüte zu bringen,aber der Weg dorthin wird auch für uns lang unddornenreich sein.

Im Geist der Eddorier steckt eine gewaltige latenteKraft. Wenn sie jetzt von unserer Existenz erführen,würden wie zweifellos sehr schnell eine Möglichkeitfinden, unsere positiven Bemühungen zunichte zu

machen – sie würden uns aus unserem Heimatraumverdrängen. Wir brauchen dringend Zeit – und wennwir uns richtig vorbereiten, werden wir die uns ge-stellte Aufgabe lösen. Aber wir Arisier werden nie-mals in der Lage sein, die Eddorier in letzter Konse-quenz allein zu besiegen. Und obwohl unsere Visionin diesem Punkt noch nicht klar erscheint, ist es dochwahrscheinlich, daß sich unsere Nachfahren einesTages trotz unserer Bemühungen mit der Rasse eines

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 jetzt noch nicht existierenden Planeten vereinigenund eine völlig neue Rasse bilden müssen – eineRasse, deren Fähigkeiten die unseren weit übersteigt,eine Rasse, die ihre Aufgabe als Wächter der Zivilisa-tion erfolgreich lösen kann.«

Es vergingen Jahrhunderte, Jahrtausende, kosmische und geologische Epochen. Planeten kühlten ab, bildeten eine fe-ste Oberfläche, stabilisierten sich. Das erste Leben ent-stand, wuchs, entwickelte sich und wurde in dieser Ent-

wicklung einem spürbaren Einfluß ausgesetzt – den diame-tral entgegengesetzten Kräften Arisias und Eddores.

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»Mitglieder des Inneren Kreises, was immer ihr gera-de tut, wo immer ihr gerade seid, hört!« rief der ErsteHerrscher von Eddore. »Die Analyse der Ereignisseunserer letzten Inspektion hat ergeben, daß der GroßePlan im allgemeinen zufriedenstellende Fortschrittemacht. Es scheint im Augenblick nur vier Planeten zugeben, die unsere Delegierten bisher nicht richtig in

den Griff bekommen haben – Sol III, Rigel IV, Velan-tia III und Palain VII. Wie Ihnen bekannt sein wird, befinden sich diese vier Planeten ausnahmslos in deranderen Galaxis. In unserer eigenen Galaxis hat esSchwierigkeiten dieser Art nicht gegeben.

Der erste dieser vier Planeten erfordert ein soforti-ges und besonders drastisches Eingreifen. Seine Be-

wohner haben in der kurzen Zeitspanne seit unsererletzten Generalinspektion die Atomenergie entdecktund sich einem System verschrieben, das sich mit un-serer Einstellung in keiner Weise verträgt. UnsereAbgesandten auf diesem Planeten waren irrtümlichder Ansicht, die Entwicklung im Griff behalten zukönnen, ohne einen vollständigen Bericht zu erstatten

und bei ihren Vorgesetzten Hilfe zu erbitten. Aus die-sem Grund müssen sie einem strengen Disziplinar-verfahren unterworfen werden. Ein Versagen, auswelchem Grund auch immer, können wir nicht dul-den.

Zweiter Herrscher Gharlane, Sie werden mit sofor-tiger Wirkung die Kontrolle über Sol III übernehmen.Dieser Rat befiehlt Ihnen hiermit, auf dem Planeten inkürzester Zeit die Ordnung wieder herzustellen. Au-

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ßerdem sind Sie angehalten, diese Unterlagen überdie anderen drei Welten sorgfältig zu studieren, dennauch dort können in Kürze Schwierigkeiten auftreten.Werden Sie die Hilfe anderer Mitglieder des Kreisesin Anspruch nehmen müssen, um die unerwünschtenEntwicklungen auf allen vier Planeten im Keim zu er-sticken?«

»Das wird nicht erforderlich sein«, erwiderteGharlane, nachdem er sich mit den Tatsachen ver-traut gemacht hatte. »Ich bin der Überzeugung, daß

ich meine Aufgabe allein erfüllen kann – aus mehre-ren Gründen. Zum ersten stehen die fraglichen Le- bewesen noch auf einer niedrigen Intelligenzstufe,zweitens wird es völlig ausreichen, jeweils nur einenEingeborenenkörper zu besetzen und durch ihn zuhandeln, und drittens kann ich auf allen vier Planetenim Grunde die gleiche Taktik anwenden. Es wäre also

wirklich überflüssig, einen zweiten Agenten auf dievier Planeten zu entsenden. Wenn ich die Unterlageüberdies richtig verstehe, haben sich von den vierRassen bisher nur die Velantier mit der Anwendunggeistiger Kräfte beschäftigt – und stecken dabei nochsehr in den Kinderschuhen. Es wäre also praktischunnötig, sich wegen eines telepathischen Angriffs

Sorgen zu machen!«»Dann gehen Sie an Ihre Aufgabe, Gharlane! Und

erstatten Sie uns einen vollständigen Bericht, wennSie Ihre Arbeit erledigt haben.«

»Ich gehe, Eure Hoheit, und werde zu gegebenerZeit berichten.«

»Wir, die Weisen Arisias, eröffnen der Gemeinschaftunseres Planeten hiermit unsere Version, die die jet-

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zigen und künftigen Beziehungen der zivilisiertenWelt zu ihrem mächtigsten und unerbittlichsten Geg-ner betrifft. Diese Vision möge die Grundlage für einefruchtbare Diskussion aller Arisier sein. Einige unse-rer jüngeren Artgenossen – insbesondere Eukonidor,der soeben zum Wächter ernannt wurde – haben indieser Angelegenheit um Anleitung gebeten. Auf-grund der Jugend der Fragesteller geben ihre Visio-nen noch keinen klaren Aufschluß darüber, warumNedanillor, Kriedigan, Drounli und Brolenteen in der

letzten Zeit – gemeinsam und als Einzelwesen – ge-wisse Dinge getan und andere unterlassen haben,und ihre Visionen entbehren ferner der Aufklärungdarüber, warum die Tätigkeit dieser Zivilisationsfor-mer auch künftig ähnlichen Beschränkungen unter-worfen sein wird.

Unsere Vision ist kompliziert und umfassender als

die Vision, die noch vor Beginn der großen galakti-schen Verschmelzung von unseren Vorvätern ge-schaffen wurde, aber in den wesentlichen Grundzü-gen stimmt sie mit ihr überein, insbesondere in denfünf Hauptregeln. Erstens sind die Eddorier nurdurch Geisteskraft zu überwinden. Zweitens wirdhierzu allein die Galaktische Patrouille in der Lage

sein, deren Bildung wir seit unzähligen Zyklen an-streben. Da kein Arisier und auch keine Gemeinschaftvon Arisiern jemals in der Lage sein wird, dieser Or-ganisation vorzustehen, ist es drittens nach wie vorerforderlich, eine Rasse zu schaffen, deren Mentalitätsie zur Erfüllung dieser Aufgabe geeignet macht. Daes schließlich dieser neuen Rasse zu verdanken seinwird, daß die Eddorier vertrieben werden, werdenihr die Arisier viertens als Bewacher der Zivilisation

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Platz machen. Fünftens dürfen die Eddorier auf kei-nen Fall von unserer Existenz erfahren, ehe es für siephysikalisch und mathematisch unmöglich ist, einewirksame Gegenwaffe zu konstruieren.«

»Ein nicht gerade erfreuliches Bild«, kam ein düste-rer Gedanke.

»O nein, meine Tochter. Wenn du dich ein wenig indie Materie versenkst, wirst du erkennen, daß deineEinstellung auf falschen Voraussetzungen beruht. Istdie Zeit herangerückt, wird jeder Arisier auf die Ver-

änderung vorbereitet sein. Wir kennen unseren Weg.Wir wissen zwar noch nicht, wohin er führt, aber in jedem Fall werden wir Arisier auf ihm unseren Le- benszweck in diesem Raum-Zeit-Kontinuum erfüllenund werden, wenn nötig, frohen Herzens in unserenächste Existenzebene überwechseln. Noch Fragen?«

Niemand meldete sich.

»Dann beschäftigt euch sorgfältig mit den Unterla-gen. Vielleicht ist es einem von euch, vielleicht sogareinem Kind, vergönnt, eine Facette der Wahrheit zuentdecken, die wir bisher übersehen oder in ihrer Be-deutung nicht erkannt haben – eine Tatsache oder ei-ne Schlußfolgerung, die – richtig angewandt – dazudienen kann, Konflikte zu mildern oder die Anzahl

 jener blühenden Zivilisation zu vermindern, derenVernichtung im Augenblick unvermeidbar scheint.«

Stunden und Tage vergingen. Niemand meldeteKritik an, niemand machte Vorschläge.

»Wir können also annehmen«, sagte die Gemein-schaft der Weisen schließlich, »daß wir die vollstän-digste und zutreffendste Vision zusammengetragenhaben, die die Geisteswelt Arisias aus den im Augen- blick vorhandenen Informationen bilden kann. Die

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Zivilisationsformer werden uns nun kurz von ihrer bisherigen Tätigkeit berichten und uns anschließendmitteilen, welche Schritte sie in naher Zukunft für er-forderlich halten.«

»Wir haben im Laufe unserer Tätigkeit die Ent-wicklung von intelligenten Lebensformen auf somanchem Planeten beobachtet und auch gelenkt«, begannen die Arisier. »Dabei haben wir uns nach be-sten Kräften bemüht, die emporstrebenden Wesenauf den Weg der Zivilisation zu führen und jener gei-

stigen Stufe anzunähern, die für eine wirksame An-wendung der Lens erforderlich ist – ohne die es dieGalaktische Patrouille nicht geben wird.

Über unzählige Zeitzyklen hinweg haben wir unsals Einzelwesen insbesondere mit den vier stärkstenRassen dieser Galaxis beschäftigt – mit jenen vierRassen, von denen uns eine später als Wächter der

Zivilisation ablösen wird. Wir haben bei diesen Ras-sen Paarungen gefördert, die positive Züge hervor-treten lassen, während wir entgegengesetzte Ent-wicklungen unterbanden. Obwohl es in diesem Zu-sammenhang eine starke physische und geistige Ab-weichung von der Norm erst geben wird, wenn sichdie beiden wichtigsten Wesen treffen und verbinden

dürfen, hat sich jede Rasse doch, allgemein gesehen,merklich zu ihrem Vorteil entwickelt.

Es ist daher nicht verwunderlich, daß sich die Ed-dorier bereits für unsere Zivilisation auf dem Plane-ten Erde interessieren. Sie dürften unsere Arbeit inKürze auch auf den drei anderen Planeten stören. So bleibt uns nichts anderes übrig, als diese vier jungenZivilisationen dem Untergang preiszugeben. Und al-lein aus diesem Grunde wurde die Konferenz einbe-

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rufen. Sie soll jeden Arisier davor warnen, auf eigeneFaust etwas zu unternehmen, das zwar wohlgemeintsein mag, das unserem Plan aber sehr schaden kann.Wir selbst werden auf den vier Planeten Eingebore-nenkörper besetzen, die nicht intelligenter sind alsder Durchschnitt. Man wird uns also nicht aufspürenkönnen, da zwischen uns und diesen Lebensformenkeine wirkliche Verbindung besteht. Außer uns wirdes auf den vier Planeten keine anderen Arisier geben,und jeder Arisier wird von jetzt an diese Planeten

meiden, als handelte es sich um von Eddoriern be-wohnten Welten. Die Eddorier dürfen erst von unserfahren, wenn es für sie zu spät ist. Und für den Fall,daß doch einmal etwas durchsickert, ist dieses Wis-sen sofort und restlos auszulöschen. Im übrigen sindunsere Wächter auf solche Fälle trainiert.«

»Aber wenn alle unsere Zivilisationen zum Unter-

gang verdammt sind ...«, begann Eukonidor zögernd.»Ein sorgfältiges Studium der Unterlagen wird direnthüllen, Jüngling, daß die geistige Entwicklungdennoch ungehemmt nach oben geht und daß ent-sprechend auch die Stärke der Rassen zunehmenwird«, unterbrachen ihn die Weisen. »Der Weg führtnach oben, jeder Gipfel und jedes Tal sind höher als

die vorhergehenden Gipfel und Täler. Und wennschließlich die richtige Intelligenzstufe erreicht ist, – jene Stufe, auf der die wirksame Anwendung derLens möglich ist –, dann werden wir uns diesen We-sen nicht nur enthüllen, sondern werden sie auch zuunseren Verbündeten machen.«

»Trotzdem ist mir doch etwas unklar«, unterbrachein Gedanke das nun folgende Schweigen. »Die um-fassende Vision, mit der wir hier bekannt gemacht

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wurden, schließt die Möglichkeit nicht aus, daß dieEddorier eines Tages durch eine Vision eigener Artauf uns aufmerksam werden. Hierbei berücksichtigeich natürlich, daß das Denken der Eddorier im Grun-de in die technische und nicht in die philosophischeRichtung zielt. Dennoch besteht meiner Meinungnach die Möglichkeit, daß der Feind auf logischemWege auf unsere Existenz schließt. Dieser Gedanke beunruhigt mich im Augenblick besonders, weil einekonsequente statistische Untersuchung der Ereignisse

auf den vier Planeten zweifellos enthüllen würde,daß hier nicht nur der Zufall am Werk war. Auf derGrundlage einer solchen Analyse müßte auch einenur mittelmäßig begabte Intelligenz in der Lage sein,sich unsere Gegenwart vorzustellen. Ich möchte na-türlich annehmen, daß diese Möglichkeit bereits be-dacht worden ist, und bitte die Arisier entsprechend

zu unterrichten.«»Ein gut dargelegter Standpunkt. Diese Möglich-keit ist nicht von der Hand zu weisen. Obwohl natür-lich die Wahrscheinlichkeit, daß eine solche Analyseerst nach unserem offiziellen Hervortreten gemachtwird, sehr groß ist, kann man nicht von einer Gewiß-heit sprechen. Sollte den Eddoriern allerdings unsere

Existenz bekannt werden, würden sie sofort mit ihrenGegenmaßnahmen beginnen – auf den vier Planetenebenso wie überall. Da sich diese Gegenmaßnahmennur in einer Richtung bewegen können, die uns be-kannt ist, und da die Weisen Arisias bereits seit lan-gem nach den ersten Anzeichen dafür Ausschau hal-ten, würde so etwas nicht unbemerkt bleiben. WennVeränderungen dieser Art eintreten, würden wir so-fort ein neues Treffen einberufen.

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Sind im Augenblick noch andere Dinge zu bespre-chen? Nein? Dann ist die Versammlung hiermit be-endet.«

Ariponides, der erst kürzlich zum drittenmal für fünf  Jahre zum Faros von Atlantis gewählt worden war,stand am Fenster seines Büros im Faros-Turm. Erhatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt.Obwohl seine Augen geöffnet waren, nahm er keineNotiz von dem großartigen Bild, das sich ihm bot –

von dem gewaltigen Ozean, dem belebten Hafen, derriesigen Metropole zu seinen Füßen. Er stand reglos,den Blick nach innen gerichtet, bis ihm eine leichteVibration die Ankunft seiner Besucher ankündigte.

»Kommen Sie herein, meine Herren. Setzen Siesich.« Er nahm am Kopfende eines Tisches Platz, deraus durchsichtigem Kunststoff bestand. »Psychologe

Talmonides, Staatsmann Cleo, Minister Philamon,Minister Marxes und General Artomenes, ich habeheute um Ihren persönlichen Besuch gebeten, weil ichder festen Überzeugung bin, daß dieser Raum gegenneugierige Lauscher gut abgeschirmt ist, was manvon unseren angeblich privaten Fernsehleitungennicht mehr sagen kann. Wir stehen heute vor der

Aufgabe, über die derzeitige Lage unserer Nation zudiskutieren und, wenn möglich, zu einem Entschlußzu kommen.

 Jeder von uns weiß in seinem Innern genau, wasund wer er ist, aber dieses Wissen auch über anderePersonen zu erlangen, beispielsweise über die in die-sem Raum versammelten Personen, ist uns aus eige-ner Kraft unmöglich. Allerdings sind die Werkzeugeund Mittel der Psychologie dafür um so mächtiger

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und genauer, und Talmonides hat mir nach einer ein-gehenden Untersuchung jeden von Ihnen bestätigt,daß sich in unseren Reihen kein Verräter befindet.«

»Diese Bestätigung ist keinen roten Heller wert«,erklärte der stämmige General. »Welche Sicherheithaben wir, daß nicht Talmonides selbst zu IhrenGegnern gehört? Ich bitte zu berücksichtigen, daß ichkeinen Grund habe, an seiner Zuverlässigkeit auchnur im geringsten zu zweifeln, zumal er seit überzwanzig Jahren einer meiner besten Freunde ist.

Trotzdem ist und bleibt es eine Tatsache, Ariponides,daß alle Vorsorge, die Sie getroffen haben und über-haupt treffen können, im Grunde nutzlos ist. Genauwissen werden Sie es niemals. Die Wahrheit ist und bleibt für immer verborgen.«

»Sie haben recht«, gab der Psychologe zu. »In die-sem Fall sollte ich an der Zusammenkunft nicht teil-

nehmen.«»Das würde auch nichts ändern.« Artomenesschüttelte den Kopf. »Darauf hätte sich ein guter Un-tergrundler natürlich vorbereitet. An Ihrer Stellewürde dann jemand anders die Fäden in die Handnehmen.«

»Und die Tatsache, daß unser hochgeehrter Herr

General solche Haarspaltereien betreibt, könnte dochdarauf hindeuten, wer von uns die Fäden in derHand hält ...«, sagte Marxes schneidend.

»Aber meine Herren!« protestierte Ariponides.»Obwohl wir uns natürlich unserer Sache in letzterKonsequenz nicht sicher sein können – dafür sind wirMenschen –, darf ich doch auf die zahlreichen Testshinweisen, denen sich Talmonides unterzogen hat.Sie wissen, daß kein Zweifel an seiner Loyalität be-

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stehen kann. Wir müssen das kleine Risiko auf unsnehmen, denn wenn wir uns bei diesem Vorhabennicht gegenseitig vertrauen, ist es von vornhereinzum Scheitern verurteilt. Mit diesem warnendenHinweis möchte ich jetzt meinen Bericht beginnen.

Die allgemeine Unruhe, unter der die Welt heuteleidet, hat kurz nach der kontrollierten Verbreitungder Atomenergie um sich gegriffen und ist nach mei-nen Beobachtungen auch darauf zurückzuführen. Siehängt in keinem Fall, wie so oft behauptet wird, mit

irgendwelchen imperialistischen Absichten oderHandlungen Atlantis' zusammen. Auf diese Tatsachekann man nicht oft genug und eindringlich genughinweisen. Wir sind im Verlauf unserer Geschichteniemals an der Errichtung eines Imperiums interes-siert gewesen, und das hat sich auch jetzt nicht geän-dert. Es trifft zwar zu, daß die meisten anderen Na-

tionen ihre Existenz als Kolonien von Atlantis begon-nen haben, aber wir haben niemals den Versuch un-ternommen, sie bei uns zu halten, wenn sie ihren ei-genen Weg gehen wollten. Alle Nationen waren undsind Schwesterngebilde, deren Entwicklung untrenn- bar miteinander verbunden ist. Atlantis, die ältestealler Nationen, war und ist eine Sammelstelle. Hier

werden die Anstrengungen vieler Nationen koordi-niert, ohne daß wir nach der Herrschaft streben. AlleEntscheidungen beruhen auf einer freien Diskussionund einer freien, geheimen Abstimmung.

Aber wie sieht das Bild jetzt aus! Überall gibt esParteien, kleinste Gruppen und Grüppchen, sogar imalten Atlantis. Die Nationen sind durch innere Kämp-fe geschwächt und zerrissen. Aber das ist noch nichtalles. Uighar, die Nation im Westen, ist eifersüchtig

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auf die Südsee-Inseln, diese wiederum auf Maya.Maya hat es seinerzeit auf gewisse Dinge abgesehen,die Bantu besitzt, Bantu hat ein Auge auf Ekopt ge-worfen, Ekopt auf Norheim und Norheim wiederumauf Uighar. Ein Teufelskreis, der durch andere quer-laufende Strömungen des Hasses und der Feindschaftnoch tausendfach verstärkt wird! Jeder fürchtet, daßeine Nation sich zum Herrscher der ganzen Welt auf-schwingen will, und es scheint sich der völlig haltloseGlaube zu verbreiten, daß Atlantis sich anschickt, alle

anderen Völker der Erde zu seinen Vasallen zu ma-chen.Ich habe versucht, in kurzen Worten die Situation

zu beschreiben, wie ich sie sehe. Da mir im Rahmenunserer demokratischen Regierung kein anderes Vor-gehen bleibt, empfehle ich, daß wir unsere augen- blicklichen Bemühungen fortsetzen, daß wir weiter-

hin internationale Verträge und Handelsvereinba-rungen abschließen und unsere Friedensanstrengun-gen, wenn möglich, noch vermehren. Ich erteileStaatsmann Cleo das Wort.«

»Sie haben die Situation klar und eingehend be-schrieben, Faros. Ich bin jedoch der Ansicht, daß derHauptgrund für die Unruhen im Entstehen der zahl-

reichen politischen Parteien zu suchen ist – und zwarhauptsächlich jener Parteien, die in erster Linie aus Ir-ren und Extremisten bestehen. Daß die Entdeckungder Atomenergie ursächlich damit zu tun hat, ist of-fensichtlich. Da die Atombombe einer kleinen Grup-pe von Menschen die Macht zur Weltvernichtunggibt, bilden sich jetzt zahlreiche kleine Gruppen ein,ein Anrecht auf die Weltherrschaft zu haben! MeineEmpfehlung ist daher nur eine Einengung Ihrer Vor-

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schläge, Faros. Ich schlage vor, daß wir uns intensiv bemühen, mit den gewählten Volksvertretern vonUighar und Norheim zu einer wirksamen Kontroll-vereinbarung über die Atomenergie zu kommen.«

»Haben Sie Ihre Angaben schriftlich niedergelegt?«fragte Talmonides, der sich an die Tastatur einesElektronenrechners gesetzt hatte.

»Selbstverständlich. Hier.«»Danke.«»Minister Philamon«, sagte der Faros, »was haben

Sie zu sagen?«»Meiner Meinung nach – und ich bin der Ansicht,daß jeder intelligente Mensch zu derselben Schlußfol-gerung kommen müßte – hat die Atomenergie in die-sem weltweiten Chaos in erster Linie eine völligeEntwertung der Arbeit bewirkt«, begann der grau-haarige Handelsminister. »Die Produktion pro Person

und Stunde hätte um mindestens zwanzig Prozentansteigen müssen – dann wären auch die Preise au-tomatisch gesunken. Statt dessen zwingen uns diekurzsichtigen Gewerkschaften zu immer neuen Pro-duktionskürzungen und scheinen sich jetzt zu wun-dern, daß mit steigenden Stundenlöhnen und fallen-der Produktion die Preise ebenfalls steigen und das

Volkseinkommen auf lange Sicht fällt. Hier gibt esnur eine Möglichkeit, meine Herren. Die Gewerk-schaften dürfen sich unseren Argumenten nicht län-ger verschließen. Diese Korruption, diese gewaltigeBummelei, diese ...«

»Ich protestiere!« Arbeitsminister Marxes sprangauf. »Die Schuld liegt einzig und allein bei den Kapi-talisten, deren Gier und Ausbeutungslust ...«

»Einen Augenblick, meine Herren!« Ariponides

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klopfte hart auf den Tisch. »Es scheint mir ein bedau-erliches Zeichen für die augenblickliche Lage zu sein,daß sich zwei Staatsminister auf diese Weise verges-sen. Ich möchte annehmen, daß Sie nichts grundsätz-lich Neues mehr zu sagen haben, oder?«

Beide meldeten sich zu Wort, wurden aber durchAbstimmung zum Schweigen verurteilt.

»Geben Sie Talmonides Ihre Unterlagen«, sagte Fa-ros. »General Artomenes?«

»Faros, Sie haben mehr oder weniger offen darauf 

angespielt, daß unser Verteidigungsprogramm, fürdas ich in erster Linie verantwortlich bin, an den Er-eignissen schuld ist«, begann der grauhaarige Militär-fachmann. »Teilweise mag das zutreffen. Man müßteschon blind sein, um die Zusammenhänge nicht zuerkennen. Aber was hätte ich tun können, wo es dochpraktisch keine Verteidigung gegen die Atombombe

gibt? Jede Nation ist im Besitz von Atomwaffen, undtäglich werden neue hergestellt. Jede Nation ist mitfremden Agenten förmlich überschwemmt. Hätte ichversuchen sollen, Atlantis in einer Welt wehrlos blei- ben zu lassen, in der jeder andere scharfe Zähne hat?«

»Nein. Aber ich hatte nicht die Absicht, Sie oder IhrProgramm zu kritisieren. Wir müssen uns nur die

Situation vor Augen führen, wie sie wirklich ist. Wiesehen Ihre Empfehlungen aus?«

»Ich habe Tag und Nacht über dieses Problemnachgedacht und keine Lösung gefunden, die demRahmen unserer Demokratie entsprechen würde.Trotzdem möchte ich hier eine Empfehlung vorbrin-gen. Wir wissen alle, daß Norheim und Uighar diewunden Punkte sind – ganz besonders Norheim. Wirhaben mehr Bomben als diese beiden Nationen zu-

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sammen. Wir wissen außerdem, daß Uighars Über-schallwaffen bald zum Einsatz kommen. Die Infor-mationen über Norheim sind spärlicher, da man erstkürzlich meinen Agentenring entdeckt und eliminierthat. Ich schicke heute abend einen neuen Agenten los– meinen besten Mann. Wenn er mir melden kann,daß wir im Vorteil sind – und daran zweifle ich nicht–, würde ich empfehlen, sofort gegen Uighar undNorheim loszuschlagen, ehe es zu spät ist. Und ich bin der Meinung, wir sollten unsere Gegner völlig

vernichten. Im Anschluß daran wäre eine Weltregie-rung zu bilden, die stark genug ist, um die Oppositi-on jeder Einzelnation – einschließlich Atlantis – imKeim zu ersticken. Dieser Vorschlag verstößt natür-lich in allen Punkten gegen die internationalen Geset-ze, ich weiß es. Vielleicht mißlingt es sogar. Doch erist im Augenblick, soweit ich es beurteilen kann, un-

sere einzige Chance.«»Sie und wir alle sind uns der Schwächen IhresPlanes bewußt«, sagte Faros nach sorgfältiger Überle-gung. »Sie können nicht sicher sein, daß Ihr Geheim-dienst alle feindlichen Abschußbasen ausfindig ge-macht hat, von denen viele tief genug unter der Erdeliegen, um auch für unsere schwersten Geschosse un-

erreichbar zu sein. Es steht natürlich außer Zweifel,daß die anderen Nationen bei einem solchen Vorge-hen negativ, wenn nicht gar gewalttätig reagierenwürden. Was haben Sie zu berichten, Talmonides?«

»Ich habe meine Daten bereits in diese Maschineeingegeben«, sagte der Psychologe und drückte auf einen Knopf. Augenblicklich begann der Rechenau-tomat zu arbeiten. »Heute habe ich nur eine Tatsachevon Bedeutung mitzuteilen – den Namen eines Ver-

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antwortlichen der Gegenseite und die daraus folgen-de Möglichkeit einer Zusammenarbeit zwischenNorheim und Uighar ...« Er unterbrach sich, als dieMaschine ihre Ergebnisse ausstieß. »Sehen Sie sichdiese graphische Darstellung an – in sieben Tagen umzehn Punkte gestiegen!« Talmonides deutete auf eineLinie. »Die Situation entwickelt sich immer schneller– und durchaus nicht zu unserem Vorteil. Die Schluß-folgerung ist eindeutig – Sie können selbst sehen, daßsich diese beiden Summenlinien der Vereinigung nä-

hern. In acht Tagen wird die Agitation ein Stadiumerreicht haben, in dem sie nicht mehr zu kontrollierenist. Dabei ist natürlich zu erwähnen, daß gewisse Ne- benlinien auf dieser Graphik der seltsamen Entwick-lung gar nicht entsprechen; sie sind noch ebenso un-genau wie vorher. Und das ist erstaunlich. Ich bin beinahe versucht, hinter allem einen sorgfältig

durchdachten Plan zu vermuten, den ein paar Draht-zieher irgendwo im Hintergrund in Szene setzen.Trotzdem reichen meine Unterlagen für eine eindeu-tige Schlußfolgerung aus: Wenn es zu einer Ausein-andersetzung kommt, wird keine Nation siegen kön-nen, selbst wenn es ihr gelänge, Atlantis völlig zuvernichten. Das Ende dieses Krieges wäre in jedem

Fall die völlige Vernichtung jedweder Zivilisation auf unserem Planeten. Hierbei habe ich die Angaben, dieGeneral Artomenes soeben machte, bereits berück-sichtigt. Sie haben doch keinen Zweifel an der Echt-heit Ihrer Unterlagen?«

»Nicht die geringsten. Sie haben da eben von einemNamen gesprochen, der mit einer Allianz zwischenUighar und Norheim zusammenhängen soll. Wer istder Mann?«

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»Ein alter Freund von Ihnen ...«»Lo Sung!« rief der General erregt.»Kein anderer. Und unglücklicherweise haben wir

noch keine Möglichkeit gefunden, der Bedrohung zu begegnen.«

»Ich möchte auf meinen Vorschlag zurückkom-men«, rief Artomenes, sprang auf und schlug mit derFaust auf den Tisch. »Ermächtigen Sie mich, zwei Ra-ketenfächer loszuschicken, die Uigharstoy und Nor-grad in radioaktiven Staub verwandeln! Wenn wir

ihnen nur auf diesem Weg eine Lektion erteilen kön-nen, sollten wir nicht zögern ...«»Setzen Sie sich, General«, befahl Ariponides ruhig.

»Ein solches Vorgehen wäre, wie Sie selbst angedeu-tet haben, nicht zu verantworten. Wir würden jede bekannte Grundregel unserer Zivilisation verletzen.Außerdem würde es uns nichts mehr nützen, denn

Talmonides' Berechnung beweist schlüssig, daß es amEnde des ersten Kriegstages auf der Erde keine Na-tionen mehr geben wird.«

»Was sollen wir dann tun?« fragte Artomenes bit-ter. »Darauf warten, daß man uns vernichtet?«

»Nicht unbedingt. Wir sind hier zusammenge-kommen, um uns auf einen Plan zu einigen. Talmo-

nides wird auf der Grundlage unserer Diskussion ei-nen Vorschlag ausgearbeitet haben, der vielleicht dieLösung bringt.«

»Die Lage ist schlimm, sehr schlimm«, verkündeteder Psychologe düster. »Die einzige Möglichkeit, dieich sehe, läßt sich aus dem Vorschlag des Faros ent-wickeln, wobei ich Artomenes' Vorschlag, einen gu-ten Agenten nach Norheim zu schicken, berücksichti-gen würde. Um diesen Mann gut vorzubereiten,

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würde ich übrigens vorschlagen, daß der Faros denMann vor Antritt seiner Mission persönlich ermun-tert. Normalerweise würde ich einen Plan, der so we-nig Erfolgsaussichten hat, nicht zu unterstützen wa-gen, aber ich sehe einfach keine andere Möglichkeit.«

»Einverstanden?« sagte Ariponides nach kurzemSchweigen.

Niemand widersprach, und kurz darauf war dieKonferenz beendet. Wenige Minuten später betrat ein junger Mann den Raum. Obwohl er den Faros nicht

anblickte, stand in seinen Augen eine große Frage.»Ihre Befehle«, schnappte er und salutierte vor Ge-neral Artomenes.

»Rühren«, sagte dieser und erwiderte die Ehrenbe-zeigung. »Sie sind gerufen worden, weil der Farosmit Ihnen sprechen möchte. Faros, darf ich IhnenCaptain Phryges vorstellen?«

»Ich will Ihnen keine Befehle geben, mein Sohn ...«Und die Hand des höchsten Mannes von Atlantisruhte auf der linken Schulter des jungen Captains.Die klugen Augen des Älteren blickten tief in diegoldfleckigen Augen der Jugend; der Faros sah, ohneihn wirklich wahrzunehmen, einen wilden, rotbrau-nen Haarschopf. »Ich habe Sie zu mir gebeten, um

Ihnen alles Gute zu wünschen – nicht nur von miraus, sondern auch im Namen der ganzen Nation undvielleicht unserer ganzen Rasse. In mir sträubt sichalles gegen einen unprovozierten und heimtücki-schen Angriff; trotzdem stehen wir vielleicht einesTages vor der Frage, zwischen dem Plan des Generalsund einer völligen Vernichtung unserer Zivilisationzu entscheiden. Da Sie bereits über die lebenswichtigeBedeutung Ihrer Mission informiert sind, brauche ich

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hierauf nicht weiter einzugehen. Ich möchte Ihnennur sagen, Captain Phryges, daß ganz Atlantis Sieheute nacht auf Ihrem Flug begleiten wird.«

»V-v-vielen Dank«, brachte Phryges hervor. »Ichwerde mein Bestes tun.«

Auf dem anschließenden Flug zum Startplatz warder junge Phryges sehr nachdenklich. Nach längeremSchweigen sagte er: »Das war also der Faros. Er ge-fällt mir sehr, General ... Ich habe ihn bisher nur ausder Ferne gesehen. Er hat etwas an sich ... Er erinnert

mich irgendwie an meinen Vater; es ist mir fast, alskenne ich ihn schon seit vielen Jahren ...«»Hmm. Seltsam. Sie und der Faros haben wirklich

viel gemeinsam, obwohl Sie ihm äußerlich nicht ein-mal ähnlich sind. Ich weiß nicht, wie ich es beschrei- ben soll, aber irgendwie habe ich das Gefühl ...«

Artomenes und seine Zeitgenossen konnten das

Geheimnis nicht kennen; es gab tatsächlich eine Ähn-lichkeit zwischen den beiden Männern. Es war eineÄhnlichkeit der Augen, jener ›Adlerblick‹, der späterden Trägern der arisischen Lens zugeschrieben wurde.

»Wir sind am Ziel. Ihr Schiff ist startbereit. VielGlück, mein Sohn.«

»Vielen Dank, General. Darf ich Sie noch um etwas

 bitten? Wenn ich ... ich meine, wenn ich nicht zurück-kommen sollte, würden Sie sich dann bitte ein wenigum meine Frau und das Kind ...?«

»Selbstverständlich, mein Junge. Die beiden fliegenmorgen früh nach Nordmaya. Dort wird ihnen nichtsgeschehen.«

»Vielen Dank, General. Auf Wiedersehen.«Das Schiff war eine gewaltige V-förmige Scheibe,

ein Robotflugzeug, das infolge seiner hohen Be-

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schleunigung normalerweise nur Fracht beförderte.Phryges ging sofort an Bord und überprüfte die Kon-trollen; die Programmbänder liefen, die Anzeigerstanden auf Grün. Alles war bereit. Er legte seinenwasserdichten Schutzanzug an und glitt durch eineGummischleuse in einen Beschleunigungstank. Von jetzt an konnte er nur noch warten.

Eine Sirene schrillte.Die schwarze Nacht verwandelte sich in hellen

Tag, als die Energien des Atomantriebs freigesetzt

wurden. Etwa fünfeinhalb Sekunden lang dauerte dieBeschleunigung, dann schien das Schiff abrupt inne-zuhalten und heimtückisch aufzubocken. Es zitterteund schwankte; Phryges kannte diese Symptome.Das Schiff war stark genug, um die Spannung beimDurchbruch der Schallmauer zu überstehen.

Kurz darauf hörte das unangenehme Vibrieren auf,

der Lärm des Antriebs verebbte, die Beschleunigungließ nach. Phryges wußte, daß das Schiff seine Dauer-geschwindigkeit von dreitausend Stundenkilometernerreicht hatte. Er verließ sein feuchtes Lager, entle-digte sich seines Schutzanzuges und steckte ihn inden Tank. Das verschüttete Wasser wischte er sorg-fältig mit einigen Tüchern auf, die ebenfalls in der

Tankkammer verschwanden.Schließlich zog er ein Paar Handschuhe über und

 betätigte einen Hebel. Augenblicklich wurde der Be-schleunigungstank samt Inhalt abgeworfen, um imOzean zu versinken. Mit größter Sorgfalt untersuchtePhryges anschließend den Laderaum. Er fand nichts,was auf die Anwesenheit eines Menschen in diesemautomatischen Schiff hindeuten konnte. Sollten sichdoch die Norskies abmühen!

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Bisher war alles nach Plan verlaufen.Vorsichtig ertastete er sich seinen Weg in den hin-

teren Teil des Flugzeuges, wo neben einer kleinenNotluke ein mattschwarzer Ball befestigt war. Er löstedie Verankerungen und rollte den Ball auf die nochabgeschlossene Luke. Die seltsame Kugel bestand auszwei aufklappbaren Hälften, die durch eine ArtScharnier miteinander verbunden und mit einerschaumgummiartigen Einlage versehen waren. Esschien unmöglich, daß ein Mann von der Größe des

Captains, zudem noch mit einem Fallschirm angetan,in eine so kleine Kugel passen sollte; dennoch ent-sprach die Füllung genau seinen Maßen.

Es gab gute Gründe dafür, daß der Ball so kleinsein mußte. Obwohl sich das Schiff auf einem Routi-neflug befand, stand es seit seinem Eintritt in dieNorheim-Radarsphäre unter genauer Beobachtung.

Die schwarze Kugel durfte also auf einem Radar-schirm nicht auffallen. Unabhängig davon bestandwenig Gefahr, daß der Gegner mißtrauisch wurde,denn nach letzten Meldungen des Geheimdiensteshatten die Norheimer bisher noch keinen Weg gefun-den, einen Mann während des Fluges aus einemÜberschallflugzeug aussteigen zu lassen.

Phryges wartete geduldig,  bis der kleine Zeiger seinerUhr ihm anzeigte, daß es soweit war. Dann rollte ersich in einer Hälfte der Kugel zusammen und schloßdie andere Hälfte über sich. Die Luke sprang auf, undder Ball stürzte mit seiner lebenden Last ab.

Während desminutenlangen Sturzesverkleinerte sichdie Kugel zusehends; sie bestand aus einem revolu-tionierenden synthetischen Material, das sich infolgedes starken Luftwiderstandes sehr schnell auflöste.

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Die äußere Hülle des Balles verschwand, schließ-lich auch der poröse Innenteil. Phryges, der sich nochimmer in zehn Kilometer Höhe befand, befreite sichdurch Fußtritte von den letzten Resten seines Kokonsund drehte sich vorsichtig um, so daß er den Erdbo-den sehen konnte, der im ersten Licht der Dämme-rung kaum zu erkennen war.

Dort war die Schnellstraße, die parallel zu seinerFlugrichtung verlief! Er konnte sein Ziel nicht mehrverfehlen.

Er kämpfte mit dem fast überwältigenden Drang,seine Reißleine schon jetzt zu ziehen. Doch es hießabwarten, denn Fallschirme boten auf dem Radar-schirm ein ausgezeichnetes Bild, und der Radargürtelder Norheimer reichte praktisch bis zum Boden.

Schließlich zog er den Ring. Mit lautem Knall öff-nete sich der Schirm, und ein unerträglicher Schmerz

durchzuckte ihn, als sein Fall wenige Meter über demBoden gebremst wurde.Das war knapp gewesen – beinahe zu knapp! Un-

verletzt, aber mit bleichem Gesicht und zitterndenKnien faltete er seinen riesigen Fallschirm zusammenund verschnürte ihn mit den Riemen zu einem Paket.Dann brach er eine winzige Ampulle auf und ließ

drei Tropfen einer wasserhellen Flüssigkeit auf denStoff fallen, der sich sofort aufzulösen begann. Nachwenigen Minuten waren nur noch ein paar Stahl-schnallen und Ringe übrig, die Phryges unter einemBusch begrub.

Er hatte den Zeitplan bisher noch genau eingehal-ten. In etwa drei Minuten war das Signal fällig, dasihm sagen würde, wo er sich befand – es sei denn,den Norheimern war es gelungen, die ganze atlanti-

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sche Agentenorganisation aufzulösen. Er drückte ei-nen winzigen Knopf an einem Instrument, und übereinen kleinen Anzeigeschirm zuckte eine grüne Linie,flammte rot auf und verschwand.

»Verdammt!« keuchte er. Die Stärke des Signalsließ darauf schließen, daß er sich in unmittelbarerNähe des Verstecks befand – wenn das keine ausge-zeichnete Zieltechnik war! Der rote Blitz hatte ihn al-lerdings vor dem Näherkommen gewarnt. Kinnexa –hoffentlich war es Kinnexa! – würde ihn abholen.

Wie denn? Mit einem Flugzeug? Mit einem Auto?Zu Fuß durch die Wälder? Er wußte es nicht. Erkonnte sich auch nicht über Funk mit seinen Freun-den in Verbindung setzen – das war zu gefährlich. Erarbeitete sich bis an den Rand der Schnellstraße vorund ging hinter einem Baum in Stellung. Auf wel-chem Weg sie auch kam – hier konnte er sie nicht ver-

fehlen. Wieder wartete er und drückte von Zeit zuZeit ungeduldig auf den Knopf des kleinen Senders.Ein langer, eleganter Wagen glitt um eine Straßen-

 biegung, und Phryges hob das Fernglas. Da war Kin-nexa – oder eine genaue Nachbildung Kinnexas. Beidiesem Gedanken ließ er das Glas fallen und zog sei-ne Waffen – Blaster und Luftpistole. Aber das hatte

keinen Zweck. Sie war natürlich ebenso mißtrauischwie er – das mußte sie sein –, und der Wagen war si-cherlich gut bestückt. Wenn er mit den Waffen imAnschlag auf die Straße trat, würde sie ihn umbrin-gen.

Der Wagen fuhr langsamer und hielt an. Das Mäd-chen stieg aus, untersuchte einen Vorderreifen, rich-tete sich auf und blickte die Straße entlang, scheinbardirekt zu Phryges' Versteck. Diesmal lieferte das

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Fernglas eine ganz ausgezeichnete Vergrößerung. Sieschien zum Greifen nahe. Sie war groß und blondund ausgezeichnet gewachsen. Er sah deutlich ihreseltsam gebogene linke Augenbraue, die feineschimmernde Linie, die eine Zahnbrücke verriet, unddie winzige Narbe auf ihrer Oberlippe – an Zahnlük-ke und Narbe war er schuld gewesen. Sie hatte immerdarauf bestanden, mit Kindern zu spielen, die größerund älter waren als sie. Das mußte Kinnexa sein!Nicht einmal die Wissenschaft Norheims konnte die-

se Merkmale so perfekt nachahmen. Außerdemkannte er das Mädchen seit seiner Kindheit.Kinnexa glitt hinter das Steuerrad, und der schwere

Wagen setzte sich wieder in Bewegung. Mit leerenHänden trat Phryges auf die Straße. Der Wagenstoppte.

»Drehen Sie sich um, mit dem Rücken zu mir.

Hände verschränken, so daß ich sie sehen kann«, be-fahl sie mit scharfer Stimme.Überrascht gehorchte er. Erst als er ihre Finger im

Nacken spürte, die seinen Haaransatz untersuchten,wußte er, wonach sie suchte – nach einer winzigenNarbe, die sie ihm beigebracht hatte, als sie sieben Jahre alt gewesen war!

»Oh, Fry! Du bist es wirklich! Dem Himmel seiDank! Ich habe mich dieser Narbe mein ganzes Lebenlang geschämt, aber jetzt ...«

Er drehte sich um und umarmte das Mädchen.»Wie ich mich freue«, sagte sie. »Steig ein und fahr

los ... aber nicht zu schnell«, warnte sie, als die Reifenzu kreischen begannen. »Wir dürfen hier nichtschneller als hundertfünfzig fahren, und wir möchtendoch nicht auffallen!«

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»Ruhig, ruhig, Kinny. Aber erzähl doch mal! Wasist hier los? Wo ist Kolanides? Was ist mit ihm ge-schehen?«

»Er ist tot, ebenso wie die anderen. Sie haben ihnauf einer Psychobank behandelt und sein Innerstesnach außen gekehrt.«

»Aber die Sperrblöcke?«»Haben nicht gehalten – in dieser Gegend bevor-

zugt man andere Methoden. Aber es hat zum Glück niemand über mich Bescheid gewußt und auch nicht

darüber, wie die Berichte weitergeleitet wurden –sonst wäre ich jetzt nicht hier. Aber es kommt sowie-so nicht mehr darauf an. Wir sind eine Woche zu spätdran.«

»Was meinst du – zu spät? Los, sag schon«, drängteer.

»Ich rede ja schon! Ich habe den letzten Bericht erst

vorgestern abend aufnehmen können. Die Norheimerscheinen Geschosse zu haben, die ebenso groß undschnell sind wie unsere – vielleicht sogar nochschneller und größer –, und sie werden heute abendeine Rakete auf Atlantis abschießen – um genau sie- ben Uhr!«

»Heute abend? Himmel!«

Phryges' Gedanken überstürzten sich.»Ja«, sagte Kinnexa tonlos. »Und ich konnte nichts

dagegen tun. Wenn ich versucht hätte, in einen unse-rer Schlupfwinkel einzudringen, um einen Funk-spruch abzusetzen, hätte man mich sicher auch ge-schnappt. Ich habe verzweifelt überlegt, und mir istnur eine Möglichkeit eingefallen, die vielleicht Aus-sicht auf Erfolg hat. Aber dazu sind zwei erforderlich,und da du jetzt hier bist ...«

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»Weiter! Sag mir alles!«»Wir müßten ein Schiff entführen, mit dem wir

ganz schnell einen Warnspruch an Artomenes abset-zen, ehe sie uns die Funkverbindung abschneiden.Dann versuchen wir zur Startzeit über der Rampe zusein und den Abschuß irgendwie zu verhindern!«

Ein tollkühner Plan – doch die beiden waren in die-sem Augenblick zu erregt, um ihn ungewöhnlich zufinden.

»Nicht schlecht, falls uns nicht noch etwas Besseres

einfällt. Der Haken bei dieser Sache ist natürlich, daßdu keine Möglichkeit gehabt hast, ein Schiff zu steh-len?«

»Genau. Ich kann unmöglich einen Blaster mit mirherumschleppen. In Norheim tragen die Frauenheutzutage keine Mäntel und auch keine Umhänge.Und kannst du mir sagen, wo ich hier eine Waffe ver-

stecken soll?«Er wandte anerkennend den Kopf, und sie errötete.»Nein, kann ich leider nicht«, gab er zu. »Hast du

Schwierigkeiten gehabt?«»Nein«, lächelte sie. »Die Tatsache, daß ich noch

am Leben bin, ist ein ausreichender Beweis dafür, daßman über mich nichts herausbekommen hat. Aber ich

will dich natürlich nicht auf diesen Plan festlegen.Falls dir etwas anderes einfällt – um so besser. Ichhabe Pässe für uns, und ich kann dich zu allem ma-chen, was dein Herz begehrt. Was möchtest du sein?Ein Bauarbeiter oder ein ekoptischer Bankier? Das-selbe Spielchen für mich – oder für uns beide? Wiewär's als Mann und Frau?«

»Kluges Mädchen«, sagte er. Nach einigem Nachden-ken schüttelte er den Kopf. »Ich sehe auch keine an-

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dere Möglichkeit. Das Entsatz-Boot kommt erst in ei-ner Woche, und wie die Dinge im Augenblick stehen,wird es wohl überhaupt ausbleiben. Aber du schaffstes vielleicht. Ich werde dich irgendwo absetzen ...«

»Kommt nicht in Frage«, unterbrach sie ihn ent-schlossen. »Was würdest du an meiner Stelle tun – ander Seite eines guten Atlanters sterben, oder dich,nachdem du ihn verlassen hast, gefangennehmen undeiner entsetzlichen Psychotortur unterwerfen lassen?«

»Na, dann auf gutes Zusammensein!« sagte er.

»Mann und Frau, Touristenpaar, frisch verheiratet,aus einer Stadt hier irgendwo in der Nähe. Zu armdürfen wir nicht sein, damit der Wagen paßt. Hast duetwas Passendes da?«

»Nichts einfacher als das.« Sie öffnete ein Geheim-fach in der Tür des Wagens und blätterte einen StapelDokumente durch. »Ich kann die Sachen in zehn Mi-

nuten fertigmachen. Wir werden uns natürlich vondem anderen Zeug trennen müssen – und von nocheinigen Sachen. Und du ziehst am besten gleich deinekomische Ledermontur aus und gewöhnst dich an ei-nen Anzug, der ein wenig besser zu deinem Aus-weisbild paßt.«

»Gut. Wir haben eine gerade Strecke und scheinen

allein zu sein. Gib mir einen Anzug, und ich werdemich sofort umziehen. Sollen wir dabei weiterfahrenoder anhalten?«

»Ich glaube, es ist besser, wenn wir halten«, ent-schied das Mädchen. »Es geht schneller so, und au-ßerdem haben wir dann gleich eine Stelle, an der wirdie Sachen vergraben können.«

Während Phryges den Anzug wechselte, bündelteKinnexa die jetzt überflüssigen Papiere zusammen

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und rollte sie in die Jacke. Sie blickte auf, als der jun-ge Mann sein Jackett zurechtrückte.

»Wo sind deine Blaster?« fragte sie erstaunt. »Siemüßten deutlich zu sehen sein, aber ich kann über-haupt nichts erkennen!«

Er zeigte ihr seine Waffen.»Aber was sind das für winzige Dinger! Eine so

kleine Waffe habe ich noch nicht gesehen!«»Ich habe auch einen Blaster dabei, in der Hüftta-

sche. Das hier sind Luftpistolen, Kinnexa. Sie ver-

schießen vergiftete Nadeln, die noch auf fünfzig Me-ter wirken. Sie sind außerordentlich treffsicher undan jeder beliebigen Körperstelle sofort tödlich.«

»Ausgezeichnet.« Als Agentin war Kinnexa nichtzimperlich. »Du hast hoffentlich einige Ersatzpistolendabei. Zwei dieser kleinen Dinger könnte ich ohneSchwierigkeiten unterbringen. Gibst du mir zwei und

zeigst mir, wie sie arbeiten?«»Natürlich. Hier, paß auf. Praktisch das gleichePrinzip wie bei den Blastern. Standardsicherung undso weiter.« Er machte sie mit der Waffe vertraut, undKinnexa beschäftigte sich in den nächsten zwei Stun-den eifrig mit der Anfertigung von zwei geeignetenBeinhalftern.

Unterwegs schnippte Phryges plötzlich mit denFingern. »Wäre es nicht besser, wenn du mir die Ko-ordination der Abschußrampe mitteilst – falls wir ir-gendwie getrennt werden und ich allein weiterma-chen muß?«

»Oh, natürlich. Entschuldige, Fry, aber ich habeüberhaupt nicht daran gedacht, daß du ja gar nichtweißt, wo die Rampe liegt. Planquadrat sechs,Kreuzpunkt vier-sieben-drei mit sechs-null-fünf.«

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»Danke.« Er wiederholte die Zahlen.Um achtzehn Uhr parkte ein junges Paar, das sich

offenbar auf Hochzeitsreise befand, seinen großenWagen in der Garage des Nordgrad-Flugfeldes undpassierte die Tore. Die Papiere der beiden, ein-schließlich der Touristenkarten, waren in Ordnung;sie wirkten nicht weniger harmlos und unauffällig alsandere jungverheiratete Paare.

Anscheinend an allem interessiert, was das großeFlugfeld zu bieten hatte, näherten sich die beiden auf 

Umwegen einem kleinen Hangar. Auf dem Flugfeldwaren Hunderte von Flugzeugen stationiert, so daßder Flugverkehr Tag und Nacht ohne Unterbrechungabrollte. In dem Hangar war ein gedrungener V-förmiger Jäger abgestellt, der zu den schnellstenFlugzeugen Norheims gehörte. Das Flugzeug war of-fensichtlich startbereit.

»He, Sie da!« rief eine Wache und winkte den bei-den zu. »Machen Sie, daß Sie auf Ihre Besichtigungs-route zurückkommen! Besuchern ist der Zutritt hiernicht gestattet!«

Phryges' Luftpistolen traten in Aktion, und derWächter sank zusammen. Kinnexa drehte sich auf dem Absatz herum, raffte ihren Rock hoch und

rannte los. Andere Wächter versuchten ihr den Wegabzuschneiden und sie mit ihren Waffen aufzuhalten– doch Phryges war zur Stelle.

Rückwärts laufend folgte er dem Mädchen in denHangar; sein Blaster schickte tödliche Flammen aus.Eine Gewehrkugel fegte an seinem Kopf vorbei; un-willkürlich wich er zur Seite. Gegen Gewehre warensie machtlos, aber dieses Risiko hatten sie eingehenmüssen.

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Kinnexa erreichte die Einstiegluke des Flugzeuges,öffnete sie und kletterte hinein; er folgte ihr auf demFuße und stolperte über sie. Er machte sich frei, ver-riegelte die Tür und merkte im gleichen Augenblick,daß sie sich nicht mehr regte. Ein rundes Loch in ih-rer Stirn sagte ihm alles.

Er mußte versuchen, allein durchzukommen. Erüberwand seine Erstarrung, sprang an die Kontrollenund jagte das bewegliche kleine Schiff in den Him-mel. Eine erste Überprüfung der Funkgeräte ergab,

daß sämtliche Frequenzen bereits von Störsendernüberlagert waren, gegen die er machtlos war. EinFunkspruch nach Atlantis war also unmöglich.

Aber den zweiten Teil seines Planes konnte er nochausführen – oder nicht? Er fürchtete die anderenFlugzeuge nicht; sein Vorsprung war groß genug,und der Jäger, den er gekapert hatte, war schneller als

alle anderen. Aber da man so prompt auf den Über-fall reagiert hatte, war zu befürchten, daß die Nor-heimer ihre Bombe vor sieben Uhr starten würden.Hastig beschleunigte er das kleine Flugzeug auf höchste Geschwindigkeit.

Er erreichte die Abschußrampe im Augenblick desStarts und nahm sofort die Verfolgung des Geschos-

ses auf. Er wußte noch nicht, was er unternehmenkonnte, wenn er es erreichte, aber ihm mußte etwaseinfallen! Er mußte etwas unternehmen!

Immer wieder versuchte er sein kleines Flugzeugdem Kurs und der Geschwindigkeit der gigantischenVernichtungswaffe anzupassen; doch es wollte ihmnicht gelingen, obwohl er durchaus mithalten konnte.Immer wieder versuchte er den Sprengsatz der Ra-kete zu beschießen, und obwohl er mehr als einmal

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traf, schien die Wirkung nur sehr gering zu sein.Aber es gab noch eine letzte Möglichkeit. Es war

 jetzt nicht mehr nötig, Artomenes durch einen Funk-spruch zu warnen, auch wenn es ihm gelungen wäre,die Störsender seiner schnell näherkommenden Ver-folger zu überlagern – die Beobachter von Atlantismußten längst erkannt haben, was hier geschah. Siewürden wissen, was zu tun war.

Langsam und vorsichtig änderte Phryges dieFlugrichtung seines Jägers und brachte ihn auf Kolli-

sionskurs mit der Atomrakete. Die Nase des kleinenFlugzeugs traf den Sprengkopf des Geschosses an derStelle, die Phryges anvisiert hatte, und als er starb,wußte er, daß er seine Mission erfüllt hatte. NorheimsGeschoß war vom Kurs abgekommen; es würde dieStadt verfehlen und einige Kilometer vor der Küsteniedergehen, wo das Meer sehr tief war. Atlantis war

gerettet.Aber es wäre besser gewesen, wenn Phryges diesenFlug nicht mehr unternommen hätte; vielleicht wäreder Kontinent dann erhalten geblieben. Jedenfallsverfehlte die große Rakete ihr Ziel und explodiertesechstausend Meter unter dem Meeresspiegel, etwazwanzig Kilometer von der Küste von Atlantis – an

einer Stelle, die geologisch wenig stabil war.Wie Phryges vermutet hatte, war Artomenes recht-

zeitig auf den Angriff aufmerksam geworden undwußte bald besser als Phryges, was auf Atlantis zu-kam. So wußte er, daß nicht nur eine, sondern siebenRaketen abgefeuert worden waren, und daß Uigharweitere fünf Geschosse gestartet hatte. Die Vergel-tungsraketen, die Norgrad, Uigharstoy und zahlrei-che andere Städte vernichten sollten, waren unter-

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wegs, als diese Geschosse ihr Ziel trafen die die Ab-schußbasen von Atlantis ausschalteten.

Und als das Gleichgewicht wiederhergestellt war,hatte das Meer von dem Kontinent Besitz ergriffen.

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3

»Sie haben damals auf der Erde sehr gute Arbeit ge-leistet«, wandte sich der Erste Herrscher an seinenAdjutanten Gharlane. »Natürlich sind Sie auch auf den anderen drei Planeten erfolgreich gewesen, aberauf Sol III war die Situation derart außer Kontrollegeraten, daß ich Ihre Leistung nicht genug hervorhe- ben kann. Allerdings hatte ich nach jenem totalen

Vernichtungskrieg angenommen, daß diese soge-nannte ›Demokratie‹ endgültig überwunden sei, abersie scheint doch zäher zu sein, als ich zuerst vermu-tete. Ich möchte aber doch hoffen, daß Sie die Lage inRom in der Hand haben!«

»Selbstverständlich. Mithridates gehört ebenso wieMarius und Sulla zu meinen Leuten. Durch diese und

andere Männer ist es mir gelungen, praktisch alle fä-higen Männer Roms zu beseitigen und auf diese Wei-se die Demokratie zu entmachten. Was übrigbleibt, istein heulender und führerloser Mob. Mein Nero wirddann auch damit Schluß machen. Aus dem Schwundder Vergangenheit wird Rom noch einige Generatio-nen weiterleben – äußerlich wird es sogar noch wach-

sen, aber was ihm Nero dann zufügt, wird es nichtüberwinden.«

»Gut. Eine schwierige Aufgabe.«»Eigentlich weniger schwierig als anstrengend«,

erwiderte Gharlane bitter. »Aber das muß man inKauf nehmen, wenn man mit kurzlebigen Rassen zutun hat. Da jedes Einzelwesen bereits kurz nach sei-nem Auftauchen wieder verschwindet, ändert sichdie Situation so schnell, daß man sich keinen Augen-

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 blick Ruhe gönnen darf. Ich hatte mir schon so langevorgenommen, einmal eine kleine Erholungsreise inunsere alte Raum-Zeit zu unternehmen, aber es siehtnicht so aus, als ob ich bald dazu käme. Jedenfallsnicht, bevor die Rassen ein wenig älter gewordensind und sich beruhigt haben.«

»Na ja, das wird nicht mehr lange dauern. Mit zu-nehmendem Entwicklungsalter einer Rasse verlän-gert sich auch die Lebensspanne ihrer Einzelwesen,das wissen Sie, Gharlane.«

»Natürlich. Aber die anderen Beobachter scheinenmit ihren Planeten nicht so große Schwierigkeiten zuhaben. Bei ihnen geht immer alles nach Plan. Meinevier Planeten machen mehr Wirbel als alle übrigenzusammen, und ich weiß, daß es nicht an mir liegenkann. Nach Ihnen bin ich der fähigste Führer, den wirhaben. Ich beginne mich nun zu fragen, warum ich

trotzdem immer der Leidtragende bin.«»Eben weil kein Zweifel daran besteht, daß Siewirklich unser fähigster Mann sind, Gharlane«, erwi-derte der Erste Herrscher. »Sie kennen die Untersu-chungen des Integrators ebenso wie ich.«

»Natürlich, aber ich beginne mich wirklich zu fra-gen, ob man ihnen vorbehaltlos glauben darf. Da ist

von den Lebenskeimen einer längst untergegangenenLebensform die Rede, von einer Umwelt, die derEntwicklung außerordentlich förderlich war, von denGesetzen des Zufalls – Unsinn! Ich möchte meinen,daß es mit dem Zufall hier ein wenig zu weit getrie- ben wird, und zwar zu meinem persönlichen Nach-teil, und wenn ich herausfinde, wer dahintersteckt,wird der Innere Kreis eines seiner Mitglieder entbeh-ren müssen!«

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»Hüten Sie Ihre Gedanken, Gharlane!« mahnte derErste Herrscher. »Wen verdächtigen Sie? Wen klagenSie an?«

»Einen Namen kann ich Ihnen nicht nennen, denndie wahre Bedeutung meiner Beobachtungen ist mireben erst aufgegangen. Ich werde mich jedoch nichtdamit aufhalten, Verdächtigungen oder Anklagenauszusprechen, sondern ich werde meine Ermittlun-gen anstellen und dann handeln!«

»Und mich dabei übergehen?«

»Nichts liegt mir ferner, als Sie zu übergehen. Aberein sofortiges Handeln ist durchaus in Ihrem Interes-se, Eure Hoheit«, erwiderte der Zweite Herrscher un- beeindruckt. »Wenn jemand durch meine Arbeit auf mich Einfluß zu nehmen sucht, ist Ihre Stellung viel-leicht auch nicht ungefährdet. Nehmen wir einmalan, ich habe recht. Nehmen wir einmal an, daß sich

meine vier Planeten negativ entwickeln, weil inner-halb des Inneren Kreises ein Verräter am Werk ist –wer wäre wohl als nächster an der Reihe? Und Siekönnen nicht sicher sein, daß man es nicht in ähnli-cher Weise auf Sie abgesehen hat! Es scheint mir, daßdiese Angelegenheit einer ernsthaften Prüfung be-darf.«

»Vielleicht haben Sie recht ... Es haben sich in letz-ter Zeit einige unerklärliche Dinge ereignet, die – ein-zeln genommen – nicht wichtig zu sein schienen.Aber unter Berücksichtigung Ihrer Einwände wäre esdurchaus möglich ...«

Und so bewahrheitete sich schließlich die Visionder Weisen, die die Eddorier nicht für fähig gehaltenhatten, die Existenz Arisias aus eigener Kraft zu er-kennen. Mit diesem Gespräch verpaßte Eddore die

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letzte Chance, sich gegen die Galaktische PatrouilleArisias, die die Streitmacht der zivilisierten Galaxiswerden sollte, rechtzeitig zu wappnen.

Wenn die beiden Wesen weniger mißtrauisch undeifersüchtig, weniger arrogant und herrschsüchtiggewesen wären – kurz, wenn sie nicht zur eddori-schen Rasse gehört hätten –, wäre die Geschichte derZivilisation vielleicht niemals geschrieben worden.Oder sie hätte die Züge einer völlig anderen Hand-schrift getragen.

In der kurzen Zeitspanne zwischen dem Untergangvon Atlantis und dem Aufstieg Roms zum Gipfel sei-ner Macht war der Arisier Eukonidor kaum gealtert.Er zählte immer noch zu den Jüngsten seiner Rasseund gehörte nach wie vor dem Stand der Wächter an.Obwohl seine Entwicklung inzwischen so weit fort-

geschritten war, daß er die Vision der Weisen verste-hen konnte, war er doch noch nicht reif genug, die indieser Vision beschriebenen künftigen Ereignisse mitder nötigen Ruhe zu bedenken.

»Ihre Gefühle sind ganz natürlich, Eukonidor.«Drounli, der sich als Zivilisationsformer hauptsäch-lich mit dem Planeten Erde beschäftigte, drang vor-

sichtig in den Geist des jungen Wächters ein. »Wirhaben keine Freude an unserer Arbeit, das wissen Sie.Aber alles, was wir tun, entspringt einer dringendenNotwendigkeit, denn wenn wir anders handelten,würde die Entwicklung der galaktischen Zivilisationunterbrochen, wenn nicht gar unterbunden. Und dasmüssen wir um jeden Preis verhindern.«

»Aber können wir es den beteiligten Rassen nichtirgendwie leichter machen ...?«

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»Haben Sie denn einen guten Vorschlag in dieserRichtung?«

»Nein«, gestand der junge Arisier. »Aber ich dach-te, daß vielleicht Sie ... oder die Weisen, die so vielälter und mächtiger sind als ich ...«

»Leider nein. Der Untergang Roms ist nicht zu um-gehen. Wir dürfen seine Vernichtung nicht verhin-dern.«

»Nero ist der auslösende Faktor, nicht wahr?«»Nero, jawohl. Die von uns gelenkten Erdbewoh-

ner – Petronius, Acte und einige andere – werdennatürlich ihr Möglichstes tun, aber sie werden mitden Mitteln auskommen müssen, die auch den ande-ren Menschenwesen ihrer Zeit zur Verfügung stehen.Das ist eine Beschränkung, die wir ihnen auferlegenmüssen, da eine Demonstration ungewöhnlicher gei-stiger oder körperlicher Fähigkeiten dazu führen

könnte, daß die eddorischen Beobachter mißtrauischwerden. Dafür wird sich Nero – hinter dem sich derEddorier Gharlane verbirgt – um so ungehemmterentfalten. Er wird allerdings keine Ahnung haben,welchen Kräften er sich wirklich gegenübersieht.«

»Ich fürchte auch, daß er sich sehr ungehemmt ent-falten wird ... Wenn man nichts dagegen tun kann,

wenn er die  Saat des Untergangs ungehindert verstreu-en darf, hat weiteres Grübeln keinen Zweck mehr.«

Und niedergeschlagen trennten sich die beidenArisier.

»Livius, weshalb beklagst du dich? Wofür lebst duüberhaupt?« wandte sich Patroklus, der römischeGladiator, an seinen Zellenkameraden. »Wir werdengut gefüttert und sind gut im Training; wir sind wie

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Pferde. Aber gleich den Pferden stehen wir noch un-ter den Sklaven, die wenigstens manchmal über ihreHandlungen frei entscheiden können. Wir nicht. Wirkämpfen nur – und zwar gegen jeden Gegner, denunsere Besitzer bestimmen. Wenn wir überleben,dauert es nicht lange bis zum nächsten Kampf; ir-gendwann erwischt es uns immer. Manchmal geht esschnell, manchmal dauert es länger, aber das Ende istimmer dasselbe. Ich hatte einmal Frau und Kinder –wie du. Glaubst du, daß wir eine Chance haben, sie

 jemals wiederzusehen – oder auch nur zu erfahren,ob sie noch leben? Ich nicht. Und was ist dir dein Le- ben wert, wenn du diesen Preis dafür bezahlen mußt?Mein Leben ist mir recht wenig wert.«

Livius, der durch die Stäbe des Käfigs zu dem be-kränzten Thron Neros hinübergeblickt hatte, der sichauf der anderen Seite der Arena erhob, wandte sich

langsam um und betrachtete Patroklus von Kopf bisFuß. Jede Einzelheit nahm er in sich auf – die mus-kulösen Beine, die schmalen Hüften, die gewaltigenSchultern, den eindrucksvollen Kopf, der von einemungebändigten rotbronzenen Haarschopf gekröntwurde, und schließlich die Augen – goldfleckige Au-gen, in denen in diesem Augenblick wilde Entschlos-

senheit glühte.»Ich bin nicht überrascht, solche Worte von dir zu

hören«, sagte Livius ruhig. »Ich habe so etwas beina-he erwartet. Nein, du hast dich nicht auffällig be-nommen, Patroklus – aber wenn jemand die Gladia-toren so gut kennt wie ich, weiß er sofort, wenn er ei-nen ungewöhnlichen Mann vor sich hat. Und ichglaube, daß ich weiß, was du mit deinen Worten sa-gen wolltest.«

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»Das hatte ich gehofft.«»Jedenfalls danke ich dir aus vollem Herzen. Ich

 bin völlig auf deiner Seite. Nicht, daß ich große Hoff-nungen hege. Du scheinst von einer vorzüglichenFamilie zu stammen – nach Wuchs, Haaren und Au-gen könntest du sogar ein direkter Nachkomme vonSpartakus sein. Aber du weißt, daß auch er geschei-tert ist. Dabei ist die Lage heute für uns noch wesent-lich ungünstiger. Bisher ist noch kein Komplott gegenNero wirklich zum Zuge gekommen; nicht einmal

seine Mutter hat Erfolg gehabt. Alle sind sie gestor- ben, und du weißt so gut wie ich, welche TodesartenNero für Verräter bereithält. Nero ist heimtückisch,seine Spione leisten ausgezeichnete Arbeit. Trotzdem bin ich völlig auf deiner Seite. Wenn ich zwei oderdrei Prätorianer mit mir in den Tod nehmen kann, binich vollauf zufrieden. Aber du siehst eigentlich nicht

so aus, als wolltest du Neros Podium dort drüben be-stürmen. Hast du etwa einen anderen Plan – einenPlan, der vielleicht sogar Erfolgsaussichten hat?«

»Mehr als das, mein Freund.« Der Thraker lächeltegrimmig. »Seine Spione sind, wie du sagst, sehr tüch-tig. Aber diesmal werden wir sie übertreffen; diesmalwerden wir ebenso unbarmherzig sein wie sie. In un-

seren Reihen hat schon mancher kaiserliche Spionsterben müssen. Die übrigen sind fast alle bekannt,und sie werden ebenfalls nicht mehr lange leben.Zum Beispiel Glatius. Von Zeit zu Zeit, wenn ihm dieGötter zur Seite stehen, gelingt es einem Gladiator,einen Mann zu töten, der besser ist als er. Aber Glati-us ist eine solche Wundertat nun schon sechsmalhintereinander gelungen, ohne daß er den geringstenKratzer davongetragen hat. Aber bei seinem nächsten

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Kampf wird ihm Neros Schutz nichts mehr nützen –er wird sterben. Die Parole ist ausgegeben, und esgibt Tricks, die auch Nero noch nicht kennt.«

»Das ist wahr. Gestatte mir noch eine Frage – dannwage ich vielleicht auch zu hoffen. Es geschieht nichtzum erstenmal, daß sich Gladiatoren gegen den Kai-ser zusammentun, doch bisher war es jedesmal so,daß die Verschwörer, ehe sie etwas unternehmenkonnten, gegeneinander ausgelost wurden, wobei dasSignal immer auf ›Kampf bis zum Tod‹ stand.

Glaubst du, daß auch deine ...?«»Nein, ganz bestimmt nicht. Deshalb bin ich ja sozuversichtlich. Wir Gladiatoren stehen mit unseremVorhaben nicht allein. Wir haben mächtige Freunde bei Hof, von denen einer seit Tagen ein Messer beisich trägt, das für Neros Rippen bestimmt ist. Daß erdieses Messer noch immer mit sich führt und daß wir

noch am Leben sind, ist für mich Beweis genug. Neroweiß nichts von unserer Verschwörung.«In diesem Augenblick brach der gehaßte Herrscher

auf seinem Thron in lautes Gelächter aus. Sein Körperschüttelte sich vor Lachen; offensichtlich genoß er dieTodeszuckungen einer Christin in der Arena.

»Was muß ich wissen, um unserer Sache dienen zu

können?« fragte Livius.»Da gibt es viel zu berichten. Wie du weißt, sind

die Gefängnisse mit Christen derart überfüllt, daß siemassenweise sterben. Eine Pest bedroht Rom, undaus diesem Grund sollen einige hundert Christenmorgen hier gekreuzigt werden.«

»Warum auch nicht? Jeder weiß, daß sie Brunnenvergiften, Kinder ermorden und Menschen verzau- bern.«

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»Du hast recht. Aber laß mich mit meinem Berichtfortfahren. Im Anschluß an die Kreuzigungsfeier sollim Garten des Kaisers ein großes Fest stattfinden, dassicher bis spät in die Nacht dauert. Nero wird per-sönlich anwesend sein. Ganz zu Anfang wird er dieParade abnehmen, und wenn er die zehnte Fackelpassiert, wird unser Mann mit seinem Dolch zusto-ßen. Die Prätorianer werden natürlich sofort in Akti-on treten, aber in der allgemeinen Verwirrung wirdes uns hoffentlich gelingen, die meisten von ihnen zu

 beseitigen. Zur gleichen Zeit werden andere Männerden Palast besetzen und jeden umbringen, der ir-gendwie mit Nero zu tun hatte.«

»Ein sehr schöner Plan – wenn du ihn erzählst«,sagte Livius.

»Aber wie sollen wir überhaupt an den Ort des Ge-schehens gelangen? Es gibt nur wenige Gladiatoren –

zum Beispiel einen gewissen Patroklus von Thrakien–, die sich in ihrer Mußezeit frei bewegen können,und sie wären gewiß in der Minderzahl, wenn esdarum geht, einen solchen Plan in die Tat umzuset-zen. Wir übrigen Gladiatoren werden wie immer festhinter Gittern sitzen.«

»Auch dafür ist gesorgt, mein Freund. Unsere

Gönner am Hofe sowie einige einflußreiche römischeBürger, die durch unsere Siege schon manchen Betrageinstreichen konnten, haben unsere Besitzer bewo-gen, alle Gladiatoren morgen abend zu einem Banketteinzuladen, das unmittelbar nach der Massenkreuzi-gung stattfinden soll. Und zwar werden wir in derclaudischen Grotte feiern, die sich unmittelbar ge-genüber dem kaiserlichen Garten befindet.«

»Aah«, sagte Livius aufatmend; seine Augen blitz-

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ten. »Bei Baal und Bacchus! Das ist etwas anderes!Zum erstenmal scheine ich wieder zu leben! Natür-lich werden unsere Besitzer zuerst sterben – dort undauf der Stelle. Aber was ist mit den Waffen?«

»Auch dafür ist gesorgt. Verschiedene Zuschauerwerden mit Waffen erscheinen, die sie unter ihrenUmhängen verborgen halten. Natürlich werden unse-re Besitzer zuerst sterben müssen – dann sind diePrätorianer an der Reihe. Und denke daran, Livius,daß der Befehlshaber der Wache, Tigellinus, mir ge-

hört – mir allein.«»Das sei dir gewährt. Wie ich höre, ist Tigellinuseine Zeitlang mit deiner Frau zusammengewesen.Aber du scheinst ziemlich sicher zu sein, daß dumorgen abend noch am Leben bist. Bei Baal undIschtar, ich wünschte, ich wäre ebenso zuversichtlich!Es sieht heute ganz und gar nicht so aus, als ob wir

leichte Kämpfe bekämen. Die Menge scheint aufge- bracht zu sein, und auf ein Gnadensignal können wir bestimmt nicht hoffen.«

»Wenn du am Leben bleiben willst, darfst du indieser Stimmung nicht in den Kampf gehen, Livius.Ich selbst fühle mich sicher. Ich habe Jupiter um Bei-stand angefleht, und er hat mich bisher immer be-

schützt.«»Das will ich hoffen. Aber da klingen schon die

Hörner!«Das Tor hinter den beiden Gladiatoren wurde ge-

öffnet, und ein Lanista, ein Gladiatorenmeister, betratden großen Käfig. Er war mit Waffen aller Art bela-den. Die Käfigtür fiel hinter ihm ins Schloß und wur-de von außen verriegelt.

»Nun, Eisenherz«, wandte er sich an Patroklus,

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»bist du gar nicht neugierig auf die Aufgabe, die dirheute zufällt?«

»Wieso? Ist etwas los?« fragte der Gladiator.»Etwas ganz Besonderes. Das wird die Sensation

des Jahres. Du wirst gegen Fermius persönlich antre-ten. Kampf bis zum Tod. Freie Wahl der Waffen undder Rüstung.«

»Fermius«, rief Livius. »Fermius, der Gallier? MögeAthene dich mit ihrem Schild beschützen!«

»Das kannst du mir auch wünschen«, sagte der La-

nista trübe. »Ich war so leichtsinnig, hundert Sesterzi-en auf Patroklus zu wetten, ehe ich von seinem Geg-ner wußte. Aber hör zu, Rotschopf, wenn du Fermius besiegst, werde ich dir ein volles Drittel meines Ge-winns abgeben.«

»Vielen Dank. Fermius ist ein guter Mann. Undschlau. Ich habe viel von ihm gehört, ohne ihn bisher

 beim Kampf beobachten zu können. Aber ich glaube,er hat mich schon einmal gesehen, und das ist weni-ger schön. Jedenfalls dürfte er leichter sein als ich –und etwas schneller. Er weiß, daß ich immer thra-kisch kämpfe, und daß ich dumm wäre, wenn ichmeine Taktik gegen ihn ändern würde. Er selbstkämpft entweder thrakisch oder samnitisch – das

hängt von seinem jeweiligen Gegner ab. Ich würdesagen, daß er sich heute bei mir für samnitisch ent-schließt. Weißt du etwas darüber?«

»Nein. Davon hat niemand gesprochen. Vielleichttrifft er seine Entscheidung erst im letzten Augen- blick.«

»In einem Kampf  auf  Leben und Tod wird er sich  be-stimmt für samnitisch entscheiden – es  bleibt ihm nichtsanderes übrig. Ein Kampf mit tödlichem Ausgang ist

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natürlich wenig schön, aber so habe ich Gelegenheit,einen neuen Trick auszuprobieren, der mir eingefallenist. Lanista, ich werde das Schwert da nehmen – ohneScheide – und zwei Dolche. Außerdem meine üblicheRüstung. Und dann besorge mir den kleinsten Mor-genstern, den du in der Waffenkammer findest.«

»Einen Morgenstern? Du willst gegen einen Sam-niter mit dem Morgenstern antreten?«

»Genau. Soll ich gegen Fermius kämpfen, oderwillst du diese Aufgabe übernehmen?«

Man brachte den Morgenstern, den Patroklusschwungvoll gegen einen Steinpfeiler des Käfigsschleuderte. Schaft und Stachelkugel waren fest mit-einander verbunden.

Kurz darauf ertönten Fanfaren, und das Lärmender Menge verstummte.

Eine rauhe Stimme verkündete: »Es folgt der Kampf 

des Unbesiegten Meisters Fermius gegen den Unbesieg-ten Meister Patroklus. Zweikampf. Waffen nach Wahl.Ohne Regeln. Ohne Pause. Kämpfer in die Arena!«

Die beiden schwerbewaffneten Gestalten nähertensich von verschiedenen Seiten. Die Rüstung desThrakers wies keinerlei Verzierungen auf. ZahlloseBeulen und Kratzer zeigten an, daß sich die Rüstung

im Kampf schon oft bewährt hatte. Auf der Halbrü-stung des Galliers dagegen prangten zahlreiche farbi-ge Ornamente, wie sie für sein Volk typisch waren.Auf seinem Helm wippten drei leuchtende Federn,und sein Schild und sein Brustpanzer wirkten unge- braucht.

Die beiden Kämpfer waren noch fünf Meter von-einander entfernt, als sie innehielten und sich vorNeros geschmücktem Podium verbeugten. Das er-

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regte Raunen, das beim Anblick des Morgensterns inder Arena laut geworden war, verstummte wieder,und Patroklus hob grüßend die schwere Waffe, wäh-rend der Gallier sein langes Schwert ausstreckte. Ge-meinsam begrüßten sie den Kaiser:

»Ave, Cäsar Imperator! Morituri te salutant!«

Die Startflagge senkte sich, und beide Männer began-

nen sich zu bewegen, ehe sie den Boden berührte.Fermius wirbelte herum und sprang auf seinen Geg-ner zu, doch er war nicht schnell genug. Der Morgen-stern, der noch eben in der Hand des Thrakers wielebloser Ballast gewirkt hatte, verwandelte sich in Se-kundenbruchteilen in ein tödliches Geschoß, dasFermius' Hüfte zu zerschmettern drohte. Der gewal-

tige Schlag verfehlte sein Ziel, denn der Samnitersprang gerade noch rechtzeitig zur Seite, aber er kamdadurch aus dem Gleichgewicht, und sein Angriff war unterbrochen. Und wieder schlug Patroklus zu.

Aber Fermius hatte nicht umsonst einen Ruf alsguter und schneller Kämpfer. Der erste Schlag, deraus der Rückhand auf sein ungeschütztes linkes Bein

gezielt war, traf seinen Schild. Ebenso vermochte erdie nächsten beiden Schwertstreiche abzuwehren.Blitzschnell schlug Patroklus zum drittenmal zu; die-sen Schlag lenkte Fermius mit seinem Schwert ab, daser jetzt erstmals zum Einsatz bringen konnte; und ei-ne rote, eine grüne und eine weiße Helmfeder sankenlangsam zu Boden. Die beiden Kämpfer trennten sichund musterten sich kurz.

Für die beiden Gladiatoren war dieser erste Schlag-

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abtausch nicht mehr als ein Vorgeplänkel gewesen.Daß der Gallier seine Federn und einen Teil seinerHarnischverzierungen verloren hatte, bedeutete für beide nicht mehr, als daß der beabsichtigte Überra-schungsangriff des Thrakers fehlgeschlagen war. Bei-de wußten, daß sie sich ihrem gefährlichsten Gegnergegenübersahen, aber wenn sie dadurch beeinflußtwurden, ließen sie es sich nicht anmerken.

Für die Zuschauer jedoch war dieses Spektakelhöchst ungewöhnlich, und sie gerieten außer Rand

und Band. So etwas hatten sie noch nicht gesehen!Urplötzlich, ohne Vorwarnung, hatte der Tod in derLuft geschwebt, und die Tausende nahmen die At-mosphäre der Gefahr begeistert in sich auf. Sie wuß-ten, daß einer der beiden Kämpfer die Arena nicht le- bend verlassen würde, denn sie würden sich keines-falls darauf einlassen, daß beide überlebten. Sie

wollten Blut sehen, und das sollten sie bekommen.Frauen kreischten und trampelten, Männer spran-gen auf und schrien. Wetten wurden abgeschlossen.

»Fünfhundert Sesterzien auf Fermius!« schrie je-mand und schwenkte Tafel und Schreibgriffel.

»Akzeptiert«, brüllte jemand zurück. »Der Gallierhat keine Chance mehr. Patroklus hat ihn schon fast

gehabt!«»Ich biete tausend gegen den Thraker«, mischte

sich ein anderer ein. »Patroklus hat seine Chance ver-paßt, und eine zweite gibt es für ihn nicht!«

»Zweitausend!«»Fünftausend!«»Zehn!«Der Kampf ging weiter, die Schilde erzitterten un-

ter dem Aufprall der Schläge, die Schwerter pfiffen

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und klangen. Leichtfüßig tänzelten die beiden Kämp-fer vor und zurück, tasteten einander ab, tauschtenSchläge aus – eine endlose Minute reihte sich an dieandere; keiner der beiden schien im Vorteil zu sein.So demonstrierten sie die Hohe Schule des Gladiato-renkampfes; sie waren schnell und gewandt undwußten ihre Chancen zu nutzen. Und sie waren zäh. Je länger sich der Kampf hinzog, desto stärker wurdedie allgemeine Spannung.

Ein Streifen Blut zog sich über das ungeschützte

Bein des Galliers, und die Zuschauer jubelten begei-stert. Kurz darauf sickerte es auch aus der Rüstungdes Thrakers rot hervor, und die Menschenmassenverwandelten sich in einen kreischenden Mob.

Kein Kämpfer konnte dieses Tempo lange durch-stehen. Die Männer ermüdeten zusehends, ihr Kampf verlor an Tempo. Den Vorteil seiner schweren Rü-

stung ausnützend, drängte Patroklus den Gallier im-mer wieder zurück. Dann schien er plötzlich seineKräfte für eine letzte Anstrengung zu sammeln; ersprang vor und vollführte einen mit aller Kraft ge-führten senkrechten Schwerthieb.

Der  blutverschmierte Griff  der Waffe drehte sich ihmin der  Hand, die  Klinge traf  auf  den Helm des Samniters,

 brach ab und wurde pfeifend zur Seite gewirbelt.Fermius, den die Gewalt des überraschenden Schlagessichtlich erschütterte, erholte sich fast augenblicklich;er ließ sein Schwert fallen und griff zu seinem Dolch,um diese günstige Gelegenheit auszunutzen.

Aber Patroklus hatte nichts dem Zufall überlassen;er versuchte nicht, seine Balance wiederzugewinnen,sondern ließ sich nach vorn fallen und tauchte andem überraschten Gallier vorbei, stürzte sich auf sei-

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nen Morgenstern, den nur er nicht vergessen hatte,und wirbelte herum. In den jetzt folgenden Schlaglegte er alle Kraft, die er zur Verfügung hatte; Hände,Arme, Schultern und Körper bildeten einen perfektenHebel für die tödliche Waffe.

Die Eisenkugel des Morgensterns traf seitwärts auf den Brustharnisch des Galliers und zerschmetterteihn. Fermius stürzte zu Boden. Er war vermutlich be-reits tot, aber darauf kam es jetzt nicht an. Wenn derMob erfuhr, daß Fermius nicht mehr am Leben war,

verlangte er vielleicht auch noch den Tod des Siegers– und das mußte er vermeiden. Also beugte er sichüber den Besiegten, hob den Dolch und blickte Nerofragend an.

Die erregte Menschenmenge war bei dem letztenüberraschenden Schlag völlig außer Kontrolle gera-ten; jeder Gedanke an Mitleid war verdrängt vom

Rausch des Todes, der sie beherrschte. In einer ruhi-gen Minute wären die Zuschauer vielleicht in der La-ge gewesen, den großartigen Kampfgeist des Unter-legenen anzuerkennen; sie hätten ihm vielleicht ge-wünscht, am Leben zu bleiben, damit er ihnen seineKunst noch öfters vorführen konnte. Aber in derletzten halben Stunde war jedes humane Gefühl in

ihnen erstorben.»Tod! Tod!« Die Arena erdröhnte unter dem

rhythmisch hervorgestoßenen Ruf.Nero gab mit dem Daumen das Todeszeichen. Pol-

lice verso.Patroklus senkte den Dolch und vollführte den un-

nötigen Stoß.»Peractum est!« dröhnte der Mob.

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So kam es, daß der rothaarige Thraker am Leben blieb. Und zu seiner Überraschung überstand auchLivius seinen Kampf, ohne Schaden zu nehmen.

»Ich freue mich, dich wiederzusehen, Rotschopf,das kannst du mir glauben«, rief er, als die beiden amnächsten Tag zusammenkamen. In so guter Launehatte Patroklus den anderen noch nicht erlebt. »PallasAthene hat dich beschützt – ich hatte sie darum ge- beten. Beim roten Schnabel Toths – du ahnst ja nicht,was ich durchgemacht habe, als dein erster Schlag

danebenging! Getobt habe ich wie alle anderen, alsdu doch gesiegt hast! Was für ein Trick!«»Ich habe mir sagen lassen, daß auch du nicht

schlecht abgeschnitten hast«, unterbrach Patroklesseinen Freund. »Ich habe nur den letzten Teil deinesKampfes gegen Kalendios sehen können. Er ist rechtgut – einer der besten hier –, und ich hatte ein wenig

Angst um dich. Aber das war ja unnötig.«»Gebete sind alles, mein Freund, Gebete. Ich habemeine Riten erfüllt und die Eingeweide befragt, diemir Glück verhießen. Aber etwas anderes – hast dugestern kurz vor dem Kampf das rothaarige griechi-sche Mädchen bemerkt, das dich ganz offen anstarr-te?«

»Was? Sei kein Narr, Livius. Ich hatte wirklich an-dere Dinge im Kopf.«

»Das hatte ich mir schon gedacht, und vermutlichist sie zu dem gleichen Schluß gekommen. Jedenfallshat sie sich anschließend an mich herangemacht.Nach dir mache ich hier wohl am meisten Eindruck auf die Mädchen. Es hat mir richtig Auftrieb gegeben,als sie mich so ansah, und als ich in die Arena stieg,wußte ich genau, daß mir kein Gegner etwas antun

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konnte. Und so war es dann ja auch. Noch ein paarsolche Kämpfe, und ich bin so berühmt wie du. Aberich sehe, daß die Vorbereitungen für die Kreuzigungfast beendet sind; die Feier scheint bald zu beginnen.Ich möchte sie nicht verpassen, denn so etwas erlebtman nicht alle Tage!«

Die beiden Freunde stillten ihren Heißhunger anden Leckerbissen, die Nero zur Verfügung gestellthatte und kehrten in die Arena zurück, die inzwi-schen voller Kreuze stand.

Um der Wahrheit die Ehre zu geben, muß gesagtwerden, daß die beiden Männer jeden Augenblick des abscheulichen Schauspiels genossen. Sie warendie Produkte der härtesten Schule, durch die einMensch gehen kann; sie waren darauf trainiert, auf Befehl erbarmungslos zu töten und täglich dem eige-nen Tod in die Augen zu sehen. So entsprachen sie

den Regeln einer rauhen und härteren Zeit.Der Nachmittag verging die Dämmerung brachherein, und die Gladiatoren Roms versammelten sichin der claudischen Grotte. Die zahlreichen Tische bra-chen unter der Last von Speise und Trank fast zu-sammen. Auch Frauen gab es im Überfluß, und dieWogen der Lustbarkeit schäumten hoch. Doch ob-

wohl die Gladiatoren reichlich tranken, wurde einGroßteil des Weines heimlich verschüttet, und als dieNacht hereinbrach, lösten sich die Männer unauffälligvon ihren Begleiterinnen und näherten sich langsamder Straße, auf der eine schweigende, in dunkle Um-hänge gehüllte Menschenmenge das Fest beobachtete.

Kurz darauf flammten im kaiserlichen Garten auf der anderen Straßenseite die Fackeln auf, und dieGladiatoren vermischten sich mit der Zuschauermen-

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ge. Es entstand einige Bewegung, als sie sich, wie esauf den ersten Blick schien, mit den umhüllten Ge-stalten in Ringkämpfe einließen. Doch gleich darauf kehrten sie – nun mehr oder weniger bewaffnet – anden Ort ihres Festes zurück, wo sie von den Waffensofort Gebrauch zu machen begannen. Sie hielten sich jedoch nicht lange mit ihren verhaßten Herren auf,sondern eilten bald zu Neros hellerleuchtetem Garten.

Patroklus fehlte bei dieser Gruppe. Er hatte zuerstSchwierigkeiten gehabt, einen passenden Brustpanzer

zu finden; außerdem hatte er viel Zeit verloren, weiler zuerst drei Lanistae töten mußte, ehe er an seinenHerrn herankam, auf den er es abgesehen hatte. Erwar daher allein, als ein zitternder und leichenblasserPetronius neben ihm auftauchte und ihn am Armpackte.

»Patroklus! In Bacchus Namen! Was ist mit den

Männern? Warum greifen sie an? Ich habe das Signalnicht gegeben – ich bin nicht an Nero herangekom-men!«

»Was?« explodierte der Thraker. »Aber irgend je-mand hat das Signal gegeben! Ich habe es selbst ge-hört! Was ist da schiefgegangen?«

»Alles!« Petronius fuhr sich mit der Zunge über die

Lippen. »Ich stand direkt neben ihm, und es konntemich niemand mehr aufhalten. Es hätte ganz einfachsein müssen! Aber als ich das Messer gezogen hatte,konnte ich mich nicht mehr bewegen. Es ging ganzeinfach nicht mehr! Es muß an seinen Augen gelegenhaben, Patroklus. Er hat den bösen Blick! Ich konntekeinen Muskel rühren. Und dann habe ich mich ein-fach umgedreht und bin losgerannt, obwohl ich dasgar nicht wollte.«

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»Und wie hast du mich so schnell gefunden?«»Ich ... ich ... ich weiß es nicht«, stotterte der Römer.

»Ich bin einfach gelaufen, und dann habe ich dichhier stehen sehen. Aber was wollen wir ... was willstdu jetzt tun?«

Die Gedanken des Thrakers überstürzten sich. Erwar ein göttergläubiger Mensch seiner Zeit. Erglaubte fest daran, daß er unter dem Schutz Jupitersstand – er glaubte an die anderen Götter und Göttin-nen Roms, er glaubte an die Gottheiten Griechen-

lands, Ägyptens und sogar Babylons. Die Welt des Jenseits war ihm nahe, und der böse Blick gehörte wiealles andere zu den unerklärlichen Dingen des tägli-chen Lebens. Trotz oder gerade wegen seines Götter-glaubens vertraute er auch auf seine eigenen Kräfte.Und er kam schnell zu einem Entschluß.

»Jupiter, bewahre mich vor dem bösen Blick des

Kaisers!« rief er und wandte sich zum Gehen.»Wohin willst du?« fragte Petronius, der noch im-mer vor Erregung zitterte.

»Ich will die Arbeit tun, bei der du versagt hast,Petronius – ich werde die Kröte vernichten. Und dannsoll auch Tigellinus bekommen, was er verdient hat!«

Er rannte los und stürzte sich in den Kampf. Er war

der Unbesiegte Meister Patroklus, der die Kunst desKämpfens beherrschte wie kein zweiter. Kein Prätori-aner und kein Soldat vermochte ihm standzuhalten.

Und Nero saß entspannt an seiner Tafel, einen hüb-schen Jungen zu seiner Rechten und eine hübscheDirne zu seiner Linken, und er starrte durch seinenEdelstein auf die Fackeln, die seinen Garten erhellten,während ein winziger Teil seines eddorischen Geistesüber Patroklus und Tigellinus spekulierte.

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Sollte er dem Thraker gestatten, den Kommandan-ten seiner Wache umzubringen oder nicht? Es war ei-gentlich egal. Eigentlich war sogar alles egal, was die-sen elenden Planeten betraf – dieses zwar mikrosko-pisch kleine, aber dennoch beleidigend störendeStaubkörnchen im Großen Plan von Eddore. Es warvielleicht ganz amüsant, dem Gladiator bei der Er-füllung seiner Rache zuzusehen. Aber da waren an-dere Dinge zu bedenken. Er brauchte Tigellinus nochfür einige Aufgaben, bei denen er sich sehr nützlich

machen konnte, während ihm Patroklus alles andereals nützlich war ...Und damit fegte ein gutgezielter Schwerthieb Pa-

troklus den Helm vom Kopf und tötete ihn auf derStelle.

So endete der letzte bedeutende Versuch, die Zivi-lisation Roms zu retten, mit einem so kompletten Fi-

asko, daß selbst Historiker wie Tacitus und Suetonden Aufstand nur als Störung bei einem GartenfestNeros erwähnten.

Der Planet Erde umkreiste seine Sonne etwa zweitausend-mal. Über sechzig Generationen von Menschen wurden geboren und starben, aber die genetischen Ansprüche der

Arisier waren noch nicht erfüllt. Die Weisen Arisias ka-men nach sorgfältiger Überlegung zu dem Schluß, daßauch diese Zivilisation dem Untergang preiszugeben war.Und Gharlane von Eddore, von einem viel zu kurzen Er-holungsurlaub zurückgerufen, fand eine Situation vor, dieihm gar nicht gefiel und die er sofort in seinem Sinne zubeeinflussen versuchte. Er hatte zwar ein Mitglied des In-neren Kreises getötet, aber an der Verschwörung war viel-leicht mehr als ein Eddorier beteiligt gewesen.

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Captain Ralph Kinnison biß die Zähne zusammen,unterdrückte einen Fluch und zerrte verzweifelt anseinem Steuerknüppel. Die Deutschen hatten ihmzwar die halbe Kanzel weggeschossen, so daß seinFlugzeug alles andere als manövrierfähig war, aberda es noch nicht brannte und er nicht verletzt war,dachte er nicht daran, auszusteigen. Vielleicht konnte

er diesen Schrotthaufen doch noch landen. Wiederzuckte er zusammen, als eine neue Geschoßgarbe inden Flugzeugrumpf schlug.

Langsam und schwerfällig begann er abzukippenund auf ein Weizenfeld zuzustürzen, das von einemeinladenden Graben begrenzt wurde. Wenn dieDeutschen ihn nicht mit der nächsten Garbe er-

wischten ...Plötzlich wurde direkt unter ihm ein vertrautesKnattern laut. Bei Gott, das mußten Browning-Maschinengewehre sein! Er wußte, daß er etwa überder Frontlinie gewesen war, als es passierte; und sei-ne Chancen, im Feindgebiet niederzugehen, standensomit fünfzig zu fünfzig. Aber jetzt hatte es zum er-

stenmal seit unendlich langer Zeit den Anschein, alsob es dort unten wirklich Menschen gab, die es nichtauf ihn abgesehen hatten!

Das Landegestell berührte eine Buschgruppe, under bemühte sich mit aller Kraft, den Schwanz desFlugzeugs unten zu halten – was ihm beinahe gelang.Er hatte fast keine Geschwindigkeit mehr, als er ab-kippte. In diesem Augenblick sprang er ab, machte bei Bodenberührung einen perfekten Überschlag –

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wobei ihm die Erfahrung zahlreicher Motorradren-nen zugute kam – und verspürte im gleichen Augen- blick eine sengende Hitze im Nacken. Seinen Treib-stofftank hatte es also doch noch erwischt! Um ihnfuhren Geschosse in den Boden, und er hastete imZickzack auf den schützenden Graben zu.

Die Brownings hämmerten weiter und erfülltenden Himmel mit ihren tödlichen Geschossen. Als sichKinnison mit voller Länge in den schützendenSchlammgraben warf, war ein gewaltiges Krachen zu

hören. Einer seiner Verfolger hatte sich offenbar zunahe herangewagt, hatte einige Sekunden zu langegezögert.

Das Rattern der Maschinengewehre verstummte.»Wir haben ihn! Wir haben ihn!« riefen mehrere

Stimmen durcheinander.»Runter mit euch, ihr Holzköpfe!« brüllte eine be-

fehlsgewohnte Stimme, die offensichtlich einem Ser-geanten gehörte. »Wollt ihr euch die Ohren abschie-ßen lassen? Stellungswechsel, marsch, marsch! Bautdie MGs ab, wir müssen machen, daß wir hier weg-kommen. He, Flieger, was ist mit Ihnen? Sind Sieverwundet?«

Kinnison hatte den Mund voller Dreck und konnte

nicht sofort antworten. »Nein!« brüllte er schließlich.»Alles in Butter!« Und er versuchte, einen Blick überdie flache Böschung zu werfen, hielt es dann aberdoch für besser, den Kopf unten zu behalten. Das Ge- biet lag unter gezieltem Beschuß aus dem Norden.»Ich kann hier im Augenblick nicht 'raus!« brüllte er.»Ist zu viel los da draußen!«

»Das kann man zweimal sagen, Kollege! Die Bur-schen decken uns von da drüben ganz schön ein.

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Aber wenn Sie ein bißchen im Graben entlangkrie-chen, kommen Sie bald an eine Biegung. Etwa dort beginnt eine Art Felsenriff, das sich über die ganzeEbene hinzieht. Das können Sie als Deckung benut-zen und sich da drüben auf dem Hügel einfinden.Treffpunkt ist der Baumstumpf. Sehen Sie ihn? Hierdürfte es bald recht ungemütlich werden. Die von deranderen Seite scheinen etwas gemerkt zu haben undwerden nicht eher ruhen, bis die ganze Gegend um-gepflügt ist.«

Kinnison hielt sich an den Hinweis des Sergeantenund arbeitete sich Meter um Meter durch die kleineSenke, wobei er jede Deckung ausnutzte. Von Zeit zuZeit war das Pfeifen von Geschossen zu hören, diehoch über ihm ihren Weg nahmen. Schließlich er-reichte er den Hügel und näherte sich dem Baum-stumpf, bei dem die anderen Männer bereits in Stel-

lung gegangen waren. Vorsichtig machte er sich be-merkbar.»Hallo, Kollege«, dröhnte der Sergeant mit seinem

eindrucksvollen Baß. »Geben Sie mal Pfötchen!«Kinnison konnte zum erstenmal seit langer Zeit

wieder richtig lachen. »Hallo, und guten Tag! Daswar vielleicht 'ne Sache! Von welcher Truppe sind

Sie, und wo befinden wir uns hier?«Es ertönte eine gewaltige Explosion, die Erde er-

zitterte, und an der Stelle, wo der kleine Trupp nochvor kurzem in Stellung gelegen hatte, stieg eine riesi-ge Wolke in die Höhe – eine Wolke aus Rauch,Dampf pulverisierter Erde, Felsbrocken und Baumre-sten. Aber das war erst der Auftakt. In ununterbro-chener Folge dröhnten die Einschüsse, und die Land-schaft verwandelte sich im Handumdrehen in eine

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Wüstenei aus häßlichen Kratern. Währenddessen wardie kleine Truppe bestrebt, sich so schnell wie mög-lich abzusetzen, und erst als eine kurze Verschnauf-pause eingelegt wurde, beantwortete der SergeantKinnisons Frage, als ob sie eben erst gestellt wordenwäre.

»Sektion B des 76. Feldartillerie-Bataillons«, sagteer. »Und wenn Sie mich fragen, wo wir sind, kann ichIhnen nur antworten, daß wir uns hier irgendwo zwi-schen Berlin und Paris herumtreiben – mehr weiß ich

selbst nicht. Wir haben seit gestern ein wenig die Ori-entierung verloren – es ist zu viel passiert. Wir hattenein Erkennungssignal gesichtet und wollten geradeabmarschieren, als Sie angeflogen kamen – mit IhrenVerfolgern.«

»Vielen Dank. Ich würde zunächst ganz gern beiIhnen bleiben, bis wir herausgefunden haben, wo wir

sind. Dann möchte ich natürlich zu meiner Einheitzurück.«»Da besteht wenig Aussicht. Die Gegend steckt

voller Jerries.«Die Männer erreichten eine Anhöhe und wurden

plötzlich angerufen. Hinter einem Stein saß ein grau-haariger Mann, der eine Zigarette rauchte und den

Neuankömmlingen entgegenblickte. Er war etwas altfür einen Soldaten. Seine gutgeschnittene Uniform,die seiner nicht mehr ganz schlanken Figur ausge-zeichnet stand, war zerknittert und fleckig. Ein Ho-senbein war halb aufgeschnitten und enthüllte einen blutigen Verband. Er war offensichtlich ein Offizier,obwohl er keine Rangabzeichen trug. Ein jungerLieutenant löste sich aus der Gruppe und wandte sichan den Unbekannten.

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»Sir, wir sollten zuerst die Frage der Rangfolge klä-ren«, sagte er energisch. »Ich bin Lieutenant Ran-dolph, von der sechsundsiebzigsten ...«

»Rang, soso?« Der Mann grinste und spuckte sei-nen Zigarettenstummel aus. »Das waren Zeiten, alsmir das noch wichtig war! Ich war damals auchLieutenant. Das muß um die Zeit gewesen sein, alsSie geboren wurden. Ich bin Generalmajor Slayton ...«

»Oh ... Entschuldigen Sie, Sir ...«»Geschenkt. Wie viele Leute haben Sie, und wel-

cher Waffengattung gehören Sie an?«»Sieben, Sir. Wir sollten eine Leitung legen vom ...«»Was? Sie haben eine Leitung ...? Hölle, warum ha-

 ben Sie das nicht gleich gesagt? Los, los, – her damit!«Der niedergeschlagene Lieutenant verschwand, um

das Gewünschte zu beschaffen, während sich der Ge-neral an Kinnison und den Sergeanten wandte.

»Haben Sie Munition dabei, Sergeant?«»Jawohl, Sir, etwa dreißig Gurte.«»Gott sei Dank! Die können wir gebrauchen. Was

Sie betrifft, Captain, weiß ich nicht recht ...«In diesem Augenblick wurde die Leitung herange-

führt. Der General nahm den Apparat und drehte ander Kurbel.

»Geben Sie mir Speerspitze ... Speerspitze? Ja, hierSlayton. Ja, ja. Ich muß mit Weatherby sprechen ...Hier Slayton. Nein, ich will ... Hölle, Weatherby, hal-ten Sie den Mund und lassen Sie mich ausreden!Können Sie sich nicht denken, daß wir jeden Augen- blick getrennt werden können? Wir stecken hier auf Höhe F-N Sieben. Verstanden? Jawohl. Wie? Etwazweihundert Mann, vielleicht auch dreihundert, ichhabe keine Übersicht. Offenbar ein Querschnitt durch

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alle Einheiten in Frankreich. Wir sind an den Flankenvöllig ungeschützt und außerdem abgeschnitten, sodaß ... Hallo! Hallo! Hallo!« Er ließ den Hörer fallenund wandte sich an Kinnison. »Sie wollen zu IhrerEinheit zurück, Captain? Ich brauche einen Meldeläu-fer, und zwar sehr dringend. Wollen Sie's versu-chen?«

»Selbstverständlich, Sir!«»Am ersten Telefon, das Sie erwischen, versuchen

Sie Speerspitze zu erreichen, und zwar General

Weatherby. Sagen Sie ihm, Slayton läßt ihm ausrich-ten, daß wir abgeschnitten sind, daß aber die Deut-schen nicht besonders stark und ihre Stellungen nichtdie besten sind. Er soll sich um alles in der Welt be-eilen und uns ein paar Panzer und Flugzeuge schik-ken, damit sie sich nicht in unserem Rücken festset-zen. Moment noch. Sergeant, wie heißen Sie?«

»Wells, Sir.«»Wie würden Sie an meiner Stelle die MGs einset-zen?«

»Zuerst einmal die Senke absichern. Dabei wäredarauf zu achten, daß wir sie auch hier drüben zumEinsatz bringen können, falls wir von dort angegrif-fen werden. Wenn ich dann noch ein paar ...«

»Das reicht. Sie sind ab sofort Zweiter Lieutenant,das Hauptquartier wird's Ihnen später bestätigen. Sieübernehmen das Kommando über alle MGs, die wirhier haben. Erstatten Sie mir Bericht, wenn Sie IhreVorbereitungen getroffen haben. Kinnison, hören Siezu. Ich kann mich vielleicht bis heute abend hier hal-ten. Der Gegner weiß noch nicht, daß wir uns hiereingenistet haben, aber wenn er unsere Stellung ent-deckt hat, wird er diesen Hügel dem Erdboden

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gleichmachen – das heißt, wenn nicht zu viele deut-sche Einheiten in der Gegend sind. Also sagen SieWeatherby, daß er einen entsprechenden Vorstoßmachen soll, sobald es dunkel wird, und daß er auf Acht und auf Sechzig vorrücken soll, damit wir dasGebiet gleich richtig in den Griff bekommen. Ver-standen?«

»Jawohl, Sir!«»Haben Sie einen Kompaß?«»Jawohl, Sir!«

»Schnappen Sie sich eine Blechmütze und ver-schwinden Sie. Die Richtung ist ein Strich Nord zuWest – in etwa anderthalb Kilometer stoßen Sie dannauf eine Straße. Halten Sie den Kopf unten, dennsonst wird es brenzlig. Die Straße ist zwar nicht die beste, aber sie gehört noch uns, so daß Sie dann dasSchlimmste hinter sich haben. Sie folgen der Straße

etwa zwei Kilometer in nördliche Richtung und wer-den dann auf einen Nachrichtenposten stoßen, der anden Motorrädern zu erkennen ist. Von dort könnenSie telefonieren. Viel Glück!«

In diesem Augenblick nahm der Geschützdonnerwieder zu, und der General begab sich in Deckung,wobei er lautstark Befehle erteilte. Kinnison wandte

sich ab und begann seinen gefährlichen Marsch. Erschlug die angezeigte Richtung ein und entfernte sichunter Ausnutzung jeder Deckung langsam von derStellung. Wenig später stieß er auf einen Sergeanten,der hinter einem Baum in Deckung gegangen war.

»Zigarette, Kollege?« kam die freundschaftlicheFrage.

»Natürlich. Sie können die Packung behalten – ichhabe noch eine. Die wird eine Weile reichen. Aber

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was ist hier eigentlich los? Ich habe noch nie von ei-nem Generalmajor gehört, der sich weit genug nachvorn gewagt hat, um ins Bein geschossen zu werden.Und Slayton redet, als ob er die ganze deutsche Ar-mee in den Sack stecken könnte. Ist der Alte verrückt,oder was?«

»Von verrückt kann man wohl nicht reden, aberhaben Sie noch nie vom ›Höllen‹-Slayton gehört?Wenn nicht, wird es Zeit! Wenn Pershing ihm nachdieser Sache nicht drei Sterne verpaßt, will ich eine

Sternschnuppe sein. Er dürfte sich eigentlich gar nichtim Kampfgebiet herumtreiben – er könnte sich imHauptquartier ein ruhiges Leben gönnen. Aber erwar hier auf einer Besichtigungstour und kam nichtwieder 'raus. Und das muß man ihm lassen – er kriegtdie Sache hin. Organisieren kann er. Ich bin mit ihmhier herausgekommen und bin praktisch als einziger

von seiner Begleittruppe noch übrig. Ich warte auchnur darauf, daß der Geschoßregen etwas nachläßt,aber das wird wohl noch dauern. Ich schlage vor, wirsuchen uns ein besseres Plätzchen – da drüben viel-leicht.«

Der zunehmende Beschuß ließ es tatsächlich gera-ten erscheinen, in Deckung zu gehen, und die beiden

Männer glitten in eine kleine Vertiefung und preßtensich in den Schlamm. In diesem Augenblick tratenWells' MGs in Aktion.

»Verdammt! Das schmeckt mir gar nicht«, knurrteder Sergeant. »Ich war gerade halb trocken!«

»Erzählen Sie mal ein bißchen«, bat Kinnison. »Je besser ich mich hier auskenne, desto eher komme ichvielleicht durch.«

»Das hier sind Überreste von zwei ganzen Bataillo-

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nen, dazu eine Menge Versprengte. Es wurde Vorstoß befohlen, ohne daß die Einheiten links und rechts derFront mitziehen konnten. So waren unsere Flankenplötzlich völlig ungeschützt. Man ordnete sofort an,die Front durch Rückzug zu begradigen, aber dazuwar es dann schon zu spät.«

Kinnison nickte. Er wußte inzwischen aus eigenerErfahrung, welche Wirkung gezieltes Geschützfeuerhaben konnte.

»Ein Mann allein hat vielleicht eine Chance, wenn

er vorsichtig ist und die Augen offenhält«, fuhr derSergeant fort. »Haben Sie ein Fernglas dabei?«»Nein.«»Dann besorgen Sie sich eins. Sie haben da drüben

doch sicher die Decken bemerkt? Da liegen ein paartote Offiziere drunter, die bestimmt Ferngläser hat-ten. Da können Sie sich bedienen.«

»Wieso haben so viele Offiziere auf einmal dranglauben müssen?«»Das war ein dummer Zufall. Es sind Offiziere, die

fast alle zu Slayton gehörten. Sie standen wohl geradein einer Gruppe zusammen und wurden auchprompt von einem deutschen Flieger entdeckt. Derließ sich zum Angriff nicht zweimal auffordern. Wir

erwischten ihn natürlich, aber da hatte er seine Bom- be schon abgeladen. Volltreffer. Ja, es müssen eineganze Menge guter Gläser da herumliegen.«

Die beiden Männer trennten sich. Kinnison nähertesich langsam den toten Offizieren. Vorsichtig hob ereine Decke an. Der Tote bot wirklich keinen schönenAnblick. Aber neben ihm lag ein Fernglas, das offen- bar nicht beschädigt war.

Mit bleichem Gesicht und zusammengebissenen

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Zähnen setzte Kinnison seinen Weg fort; unter Aus-nutzung der kleinsten Deckung arbeitete er sich lang-sam nach Westen vor.

Etwas rechts von ihm hatte sich seit einiger Zeit einMaschinengewehr bemerkbar gemacht. Es konntenicht allzu weit entfernt sein, aber der Lärm, den esmachte, vermengte sich mit dem Widerhall andererKampfgeräusche, so daß eine genaue Orientierungunmöglich war. Obwohl er sorgfältig die Hänge ab-suchte, vermochte er die MG-Stellung nicht zu ent-

decken. Zentimeterweise arbeitete er sich vorwärts,wobei er das Fernglas kaum von den Augen nahm.Das Schußgeräusch verriet ihm, daß es sich um eindeutsches MG handelte, und da er sich mit Maschi-nenwaffen wie kein anderer auskannte, vermochte ersogar den Typ zu bestimmen – eine Maxim, Modell1907, eine äußerst gefährliche Waffe. Er war über-

zeugt, daß dieses MG seinen Kameraden hinter ihmgroßen Schaden zufügte und daß sie bisher nichtshatten unternehmen können. Denn es war sehr gutversteckt. Obwohl er sich in unmittelbarer Nähe derWaffe befinden mußte, war absolut nichts zu sehen.Aber verdammt, irgendwo mußte dieses Biest dochstecken ...

Geduldig suchte er weiter. Hinter einer kleinen Er-hebung liegend, ließ er sein Fernglas wandern, undschließlich entdeckte er, was er suchte. Über einerFelsleiste wurde ein winziges Dampfwölkchen sicht- bar. Dampf! Dampf von der Kühlung der Maxim!Und im nächsten Augenblick entdeckte er den Lauf der Waffe und hatte dann die ganze sorgfältig ge-tarnte MG-Stellung im Blickfeld. Endlich!

Es wurde ihm sofort klar, daß er seinen Weg nicht

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fortsetzen konnte, ohne entdeckt zu werden. DasMG-Nest zu umgehen, war wahrscheinlich auch un-möglich. Außerdem kostete es zu viel Zeit. Aber dahatte er doch eben drei Handgranaten gesehen ...

Vorsichtig kroch er ein paar Meter zurück zu einemtoten Soldaten, der drei Granaten im Gürtel hatte.Schwerbewaffnet kehrte er gleich darauf hinter sei-nen Felsen zurück. Er schätzte noch einmal die Ent-fernung ab, entschloß sich im letzten Moment, nocheinmal die Stellung zu wechseln und hinter einem

etwas größeren Felsbrocken in Deckung zu gehen,richtete sich auf, zog die Ringe und warf.Mit gewaltigem Knall detonierten die drei Hand-

granaten vor der Stellung. Kinnison preßte sich gegenden Boden, als ein Felsstück von seinem Stahlhelmabprallte und Erdbrocken um ihn zu Boden fielen.

Verdammt schlecht gezielt! Er war beim Baseball

nie ein guter Werfer gewesen, aber er hatte doch an-genommen, daß er wenigstens ein MG-Nest treffenkonnte. Seine Granaten waren nicht in, sondern überder feindlichen Stellung detoniert. Trotzdem hatteder Luftdruck wahrscheinlich ausgereicht, die MG-Mannschaft zu töten, aber das MG selbst war wo-möglich völlig unbeschädigt! Und das hieß, daß er

sich da drüben noch einmal umsehen und es un- brauchbar machen mußte.

Er überlegte nicht lange, zog seine Fünfundvierzi-ger und machte sich auf den Weg. Die Deutschenschienen tatsächlich tot zu sein. Einer lag quer vordem Gewehr, und er gab ihm einen Stoß. Der Körperrollte den Abhang hinab und erwachte urplötzlichzum Leben. Der Mann stieß einen lauten Schrei aus,und augenblicklich trat ein Ereignis ein, das dem jun-

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gen Kinnison den Angstschweiß auf die Stirn trieb.Auf dem gegenüberliegenden zerschossenen Abhang begannen sich graue Gestalten zu bewegen, die er bisher völlig übersehen hatte; sie bewegten sich auf ihren schreienden Kameraden zu. Und Kinnison, derzum erstenmal seit Jahren für seine mangelndenWurfkünste dankbar war, hoffte inständig, daß dieMaxim noch funktionierte.

Hastig untersuchte er die Waffe und konnte zu sei-ner Erleichterung feststellen, daß offenbar keine

wichtigen Teile beschädigt waren. Das MG war prak-tisch voll geladen. Vorsichtshalber legte er sich einenzweiten Gurt Munition bereit, packte die Griffe, legteden Sicherheitshebel herum und drückte ab. Die Waf-fe ratterte los. Er schwang den Lauf hin und her, biser die Einschüsse sehen konnte, und bestrich syste-matisch den gegenüberliegenden Abhang. Nach dem

ersten Gurt waren die Deutschen völlig durcheinan-der; nach dem zweiten rührte sich nichts mehr.Er entfernte das Schloß des MGs und zerschoß die

Wasserkühlung mit seiner Pistole. Damit war dieMaxim nicht mehr zu gebrauchen.

Vorsichtig setzte Kinnison dann seinen Weg fort,wobei er die ursprüngliche Richtung beibehielt. Er

hatte es jetzt eilig, denn die Deutschen merkten sicher bald, was hier geschehen war. Aber zu seiner Überra-schung blieb er unbehelligt. Er überquerte eine ge-fährliche Senke, in der es kaum Deckung gab, und er-reichte schließlich einen zerschossenen Wald, hinterdem die Straße lag.

Entsetzt blieb er stehen.Er hatte schon von solchen Dingen gehört, aber ge-

sehen hatte er so etwas noch nicht. Der Anblick war

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unbeschreiblich – ein Anblick, der in den Alpträumenseines späteren Lebens noch oft wiederkehren sollte.

Eigentlich gab es nur wenig zu sehen; die Straßeendete. Wo sie gewesen war, wo es Weizenfelder,Bauernhöfe und Wälder gegeben hatte, war jetztnichts mehr; alles war zu einem einheitlichen Etwaszusammengeworfen. Das gesamte Gebiet war förm-lich umgepflügt. Es war, als ob jedes Haus, jederBaum und jedes Lebewesen durch eine gigantischeMühle gedreht worden wäre, die die Reste ihrer Ar-

 beit – Holzsplitter, Metallteile, Fleischfetzen – überallverstreut hatte. Kinnison bedeckte die Augen undwandte sich ab.

Noch in der letzten Nacht hatte es hier eine dichte befahrene Straße gegeben. Motorräder, Lastwagen,Fahrräder, Ambulanzen, Feldküchen, Offizierswagenund zahlreiche andere Fahrzeuge hatten sie benutzt.

Auch Kanonen waren hier transportiert worden –Fünfundsiebziger ebenso wie ganz große Brocken, diezentimetertiefe Fahrspuren hinterließen. Pferde,Maulesel und – Menschen. Ganze Kolonnen von Sol-daten, die an die Front marschierten – denn es gabnicht genügend Lastwagen. Die Straße war voll ge-wesen, übervoll.

Und auf diesen belebten Transportweg hatte sichein unvorstellbarer Geschoßhagel konzentriert. AusHunderten von Geschützen war ein sekundengenauabgestimmter Feuerhagel auf das Ziel niedergegan-gen und hatte es im wahrsten Sinn des Wortes pulve-risiert. Es blieb keine Straße, kein Bauernhof, keinFeld, kein Gebäude, kein Baum, kein Unterholz; undnur wenige Metallstücke ließen noch erkennen, wozusie einmal gehört hatten.

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Es dauerte fast eine Viertelstunde, bis Kinnison dieStätte der Verwüstung umgangen und die Straßewieder erreicht hatte. Er kam wieder schneller voran,obwohl sich auf der Fahrbahndecke immer noch einEinschußloch an das andere reihte. Der Feldpostenmußte ganz in der Nähe sein.

Aber auch hier stieß er auf ein totales Chaos. Of-fensichtlich hatte ein Volltreffer die Station mit einemSchlag außer Gefecht gesetzt. Teile von Motorrädernlagen herum; Baumstämme erhoben sich nackt und

geschwärzt in den Himmel, und voller Entsetzen sahKinnison, daß in einer Astgabel ein toter Mann hing,der von der Wucht der Explosion hinaufgeschleudertworden war.

Von Zeit zu Zeit schlug in der Nähe eine Granateein; die Detonationen waren jedoch nicht nahe genug,um ihm Sorge zu machen. In diesem Augenblick sah

er zwei Ambulanzfahrzeuge, die sich auf der schwer- beschädigten Straße vorsichtig näherten. Das ersteverlangsamte die Fahrt und hielt an.

»Haben Sie hier irgendwo ... 'runter, schnell!«Kinnison hatte das typische Kreischen bereits ge-

hört und hechtete mit dem Kopf voran in das nächsteSchützenloch. Es krachte, als ob die ganze Welt ein-

stürzen wollte. Er wurde getroffen und förmlich inden Boden gerammt. Dunkelheit umhüllte ihn.

Als er wieder zu sich kam, lag er auf einer Trag- bahre; zwei Männer beugten sich über ihn.

»Was ist los?« keuchte er. »Bin ich getroffen? Ist ir-gend etwas ...?«

Er hielt inne; er fürchtete sich vor der Antwort.»Sie wurden von einem Rad des zweiten Ambu-

lanzwagens getroffen, das ist alles«, sagte einer der

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Männer beruhigend. »Keine Sorge. Sie sind praktischunbeschädigt. Arm- und Schulterprellungen und einekleine Unterleibsverletzung. Vielleicht ein Geschoß-splitter. Sie sind für den Augenblick bestens versorgt.Es besteht kein Grund zur Sorge ...«

»Uns würde nur interessieren«, unterbrach ihn seinKollege, »ob hier in der Gegend noch jemand zu ver-arzten ist.«

Kinnison schüttelte den Kopf.»Na gut. Wir haben auch hinten genug zu tun. Au-

ßerdem kann es Ihnen nicht schaden, wenn sich ein-mal ein Arzt um Sie kümmert.«»Schaffen Sie mich so schnell wie möglich an ein

Telefon«, sagte Kinnison mit einer Stimme, die stark und sicher klingen sollte. »Ich habe eine wichtigeNachricht für General Weatherby im Stab der Speer-spitze.«

»Vielleicht sollten Sie uns lieber gleich sagen, wasSie auf dem Herzen haben.« Der Fahrer steuerte vor-sichtig um die zahlreichen Einschußlöcher. »Wir ha- ben Telefon in dem Krankenhaus, in das wir Sie brin-gen, aber vielleicht sind Sie nicht mehr vernehmungs-fähig, wenn wir ankommen.«

Kinnison machte seine Mitteilung, kämpfte aber

trotzdem weiter gegen die Bewußtlosigkeit. Es wareine lange und anstrengende Fahrt, und es wurde einlanger und schmerzhafter Kampf, den er schließlichgewann. Er durfte direkt mit General Weatherbysprechen – die Ärzte, die ihn als Captain der AirForce erkannten und die Wichtigkeit seiner Nachrichtahnten, halfen ihm bei der Herstellung der Verbin-dung. Er hörte die verzerrte Stimme des Generals, derihm versicherte, daß er sofort einen entsprechenden

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Vorstoß anordnen und für die Begradigung der Frontsorgen würde.

Dann gab ihm jemand eine Injektion, und er ver-sank in tiefe Bewußtlosigkeit, aus der er erst nachWochen richtig erwachen sollte. Von Zeit zu Zeitnahm er etwas von dem wahr, was um ihn herumvorging; er wußte jedoch Wirklichkeit von Traum-welt nicht zu unterscheiden.

Da schien es unzählige Ärzte zu geben, die sich mitihm beschäftigten und ihn operierten. Er wurde in

unzählige Lazarette gerollt. Dann war da ein größeresLazarett, das aus Holzhütten bestand. Schließlich eineMaschine, die seltsame Brummtöne ausstieß, undweißgekleidete Männer, die Fotos und Papiere stu-dierten. Er hörte Fetzen ihrer Unterhaltung.

»Bauchwunden sind immer schlimm«, glaubte erden einen sagen zu hören. »Und solche Quetschun-

gen und Brüche sind beim Heilungsprozeß nicht ge-rade behilflich. Eine Prognose ist im Augenblick nichtmöglich – aber wir werden sehen. Interessanter Fall ...wirklich faszinierend. Was würden Sie tun, Doktor,wenn Sie der behandelnde Arzt wären?«

»Ich würde vor allen Dingen vorsichtig sein«, er-widerte eine jüngere, lautere Stimme. »Prellungen

schwerster Art, Wundentzündung, Blutergüsse,Ödeme – hm, Doktor, ich schaue zu und lerne.«

Und wieder versank er im Koma, wieder kam er zusich; sein Zustand schien sich von Woche zu Wochezu verschlechtern. Und eines Tages wurde es ganzkritisch.

»Adrenalin, Schwester! Und massieren Sie ihn –um Gottes willen, machen Sie schnell!«

Und wieder kam Kinnison zu sich – diesmal

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schmerzte jede Fiber seines Körpers. Es war uner-träglich. Irgend jemand bohrte ihm kleine Pfeile indie Haut und beknetete ihn am ganzen Körper, wobeier sich anscheinend auf die Stellen konzentrierte, die besonders empfindlich waren. Schließlich brüllteKinnison lauthals: »Aufhören!« – und dieser Ruf, ob-wohl er nicht annähernd so laut war, wie er annahm,tat seine Wirkung.

»Gott sei Dank«, sagte eine leise Stimme. Über-rascht schloß er den Mund und öffnete die Augen. Er

konnte nicht sehr gut sehen, aber er war sicher, daßda eine nicht mehr ganz junge Frau an seinem Bettstand. »Endlich eine Reaktion«, sagte sie.

Und damit war die Schwelle zur Heilung über-schritten.

Sein Hunger nahm zu; man konnte bald nicht mehrgenug für ihn heranschaffen. Seine Stimmung schlug

sehr häufig um; er war abwechselnd ärgerlich, nie-dergeschlagen und mürrisch. Kurz, er befand sich auf dem Weg der Besserung.

Für Captain Ralph K. Kinnison war der Erste Welt-krieg zu Ende.

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5

Eunice Kinnison, eine rundliche, brünette Frau, saß inihrem Schaukelstuhl, las die Sonntagszeitung undhörte Musik. Ihr Mann Ralph hatte es sich auf demSofa bequem gemacht, rauchte eine Zigarette undstudierte die neueste Ausgabe des Magazins SeltsameGeschichten. Er war weit, weit entfernt von der Erdeund steuerte sein Superraumschiff durch die gren-

zenlose Weite des Alls.In diesem Augenblick wurde die Musik unterbro-chen und eine Sondermeldung bekanntgegeben, dieRalph Kinnison mit einem fast körperlich spürbarenRuck auf die Erde zurückbrachte.

»Pearl Harbour!« rief er. »Wie ... wie ist so etwasmöglich?«

»Aber dann muß Frank ...« Die Frau schlug dieHände vor das Gesicht. »Jetzt wird er zur Armeemüssen«, sagte sie leise.

»Na, das würde mich aber sehr wundern«, erwi-derte Kinnison überzeugt. »Er ist Entwurfsingenieur bei Lockwood! Die lassen ihn bestimmt nicht weg! Erwird sich natürlich melden, aber sie werden ihn nicht

annehmen, denn wer in der Luftfahrt ein bißchenAhnung hat, kommt im Krieg nicht los. Jeder Mannwird jetzt gebraucht.«

»Es heißt, daß der Krieg nicht lange dauern wird.«»Wenn wir Pech haben, dauert er sehr lange. Min-

destens fünf Jahre, würde ich schätzen. Aber dasweiß man vorher nie so genau.«

Unruhig ging er im Zimmer auf und ab. Seine Fraufolgte ihm mit den Blicken.

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»Ich hab's gewußt«, sagte sie nach einer Zeit. »Dichhat's wieder gepackt. Du hast an einem Krieg an-scheinend noch nicht genug. Du hast in den letztenMonaten nie davon gesprochen, so daß ich gehoffthatte ...«

»Ich weiß, ich weiß. Aber es bestand ja immer nochdie Chance, daß wir nicht mit hineingezogen würden.Wenn du darauf bestehst, bleibe ich natürlich zuHause.«

»Kann ich denn darauf bestehen? Aber das wäre

wohl gar nicht nötig, glaube ich.«»Wieso?«»Da gibt es gewisse Bestimmungen, nach denen du

 jetzt genau ein Jahr zu alt bist. Dem Himmel seiDank!«

»Na und? Sie brauchen dringend Spezialisten füralle möglichen Gebiete. Da werden sie schon Aus-

nahmen machen.«»Möglich – aber nur für Schreibtischarbeiten.Schreibtischoffiziere werden nicht verwundet – undsie fallen auch nicht. Und da die Kinder aus demHaus sind, brauchten wir uns vielleicht nicht einmalzu trennen ...«

»Und wie siehst du die finanzielle Seite?«

»Wer macht sich Sorgen um die finanzielle Seite,mein Lieber? Außerdem sollte ein arbeitsloser Mannnicht unbedingt ...«

»Eunice – du bist ein Schatz. Ich werde sofort einTelegramm abschicken.«

Das Kabel ging ab, und die Kinnisons warteten. Siemußten sehr lange warten, und erst im Januar kamAntwort – dann aber gleich eine ganze Flut elegantformulierter gedruckter Briefe.

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»Das Wehramt mißt Ihren früheren militärischenErfahrungen große Bedeutung bei und freut sich überIhre Bereitschaft, zur Verteidigung unseres Landeserneut zu den Waffen zu greifen ... Anbei der Frage- bogen für altgediente Offiziere ... Bitte vollständigausfüllen ... Formular 191 A ... Formular 170 in zwei-facher Ausfertigung ... Formular 315 ... Unmöglichvorherzusehen, in welchem Maße und auf welchemGebiet das Wehramt Ihre Dienste in Anspruch neh-men wird, die Sie und Tausende andere so bereitwil-

lig angeboten haben ... Formular ... Formular ... Hier-aus wollen Sie bitte nicht schließen, daß Sie als end-gültig abgewiesen gelten ... Formular ... Müssen Ih-nen zu unserem Bedauern mitteilen, daß das Wehr-amt zwar zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Mög-lichkeit für Ihren Einsatz sieht, aber ...«

»Kann einem da nicht der Hut hochgehen?« seufzte

Kinnison. »Was haben die bloß in ihren Köpfen – Sä-gemehl? Sie scheinen zu meinen, daß ich schon miteinem Bein im Grab stehe, nur weil ich einundfünfzig bin. Ich möchte glatt vier Dollar wetten, daß ich in besserer Verfassung bin als der verdammte Generalund seine ganze verdammte Truppe!«

»Das möchte ich nicht bezweifeln, mein Lieber«,

sagte Eunice, die insgeheim sehr erleichtert war. »Üb-rigens, hier ist eine interessante Anzeige, die schonseit zwei Wochen immer wieder in der Zeitungsteht.«

»Chemie-Ingenieure ... Munitionsfabrik ... nicht wei-ter als fünfundsiebzig Meilen von Townville entfernt... eine über fünfjährige Erfahrung ... organischeChemie ... Sprengstoff ...«

»Sie brauchen dich«, sagte Eunice.

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»Ich habe zwar einen Doktor in organischer Che-mie und bin auch länger als fünf Jahre auf meinemGebiet tätig gewesen. Und wenn ich nichts vonSprengstoffen verstehe, will ich Roosevelt heißen.Aber ich kann doch nicht ... Warum eigentlich nicht?Ich werde denen mal einen Brief schreiben.«

Und das tat er. Ein paar Tage später kam ein For-mular, das er gehorsam ausfüllte. Daraufhin klingelteeines Tages das Telefon.

»Hier Kinnison ... ja ... Dr. Sumner? Oh, Sie sind der

Chefchemiker ... Ja, ich bin ein Jahr über der Alters-grenze, da habe ich gedacht ... Oh, das ist erst inzweiter Linie von Bedeutung. Wir werden schonnicht verhungern. Wenn Sie keine hundertfünfzigzahlen können, kann ich auch für hundert oder fünf-undsiebzig kommen. Ja, ja. Ich glaube, ich bin auf meinem Gebiet hinreichend bekannt, so daß ich ruhig

von der Pike auf dienen kann. In Ordnung, wir sehenuns dann um ein Uhr ... Stoner und Black, Incorpo-rated ... Munitionsfabrik Entwistle, Missikota ... Wie?Na ja, das läßt sich vielleicht machen. Auf Wiederhö-ren!«

Er legte den Hörer auf und sagte zu seiner Frau:»Sie wollen, daß ich auf der Stelle anfange. Jetzt bin

ich wirklich froh, daß ich dem verdammtenHendricks die Meinung gesagt habe.«

»Er muß gewußt haben, daß du niemals einen Fix-vertrag unterschreiben würdest, nachdem du so lan-ge am Gewinn beteiligt warst. Vielleicht hat er ge-glaubt, was du immer von dir behauptest, ehe du je-mandem einen Tritt versetzt – daß du nämlich einesanfte Ader hättest. Bist du wirklich überzeugt, daßsie dich nach dem Krieg wiederhaben wollen?« Es

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war offensichtlich, daß sich Eunice um die Arbeitslo-sigkeit ihres Mannes Sorgen machte; aber Kinnisonwar zuversichtlich.

»Kein Zweifel. Wenn man schon in den unterstenAbteilungen darüber munkelt ... Ich komme bestimmtzurück. Ich habe schon von Firmen gehört, die dummgenug waren, ihre besten Techniker gehen zu lassen,weil sich eine Zeitlang alles an den Mann bringenließ, was sie produzierten. Aber ich hatte keine Ah-nung, daß meine Firma auch zu der Sorte gehört. Ich

 bin wirklich keine schüchterne Seele, aber selbst duwirst zugeben müssen, daß ich niemandem einenTritt versetze, wenn ich nicht vorher selbst getretenworden bin.«

Die Munitionsfabrik Entwistle bedeckte etwa dreißigQuadratkilometer eines mehr oder weniger ebenen

Geländes. Neunundneunzig Prozent dieses Areals la-gen ›innerhalb des Zaunes‹, wo die Gebäude desProduktionsbereiches, obwohl sie alles andere alswinzig waren, durch die großen Entfernungen rechtklein wirkten. Bei dem Umgang mit TNT und ande-ren Sprengstoffen waren diese Sicherheitsabständeunbedingt erforderlich.

Das Bild ›außerhalb des Zaunes‹ sah etwas andersaus. Hier lagen die Verwaltungsgebäude, die ziem-lich dicht zusammen standen und das Personal be-herbergten, das für die Verwaltung des Zwanzigtau-send-Personal-Betriebes erforderlich war. Etwa in derMitte des abgesperrten Gebietes, dicht neben BandEins, lag ein langes, niedriges Gebäude, das als Che-misches Laboratorium bezeichnet wurde. Diese Be-zeichnung traf nicht mehr ganz zu, denn der

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Chefchemiker – ein fähiger, aber streitbarer Mann –hatte es mit der Zeit verstanden, seiner Abteilung ei-nen Teil der Entwicklungs- und Maschinenbaugrup-pen, sowie die gesamte Physik-Sparte mit anzuglie-dern.

Ein Raum des Chemielabors war von den übrigendurch eine fünfzig Zentimeter dicke, vom Keller biszum Dach reichende Stahlbetonwand getrennt, dieweder Tür noch Fenster hatte. Hier lag das eigentli-che chemische Laboratorium. Hier arbeiteten jene

Fachkräfte, die mit Sprengstoffen aller Art umzuge-hen hatten. Die Mauer bot einen ausreichendenSchutz für die anderen Bewohner des Gebäudes.

Die wichtigsten Verbindungsstraßen der Fabrik waren zwar gepflastert, doch in jenem Februar 1942gab es Bürgersteige erst auf dem Papier. Der Bodenwar sehr locker, so daß der Schlamm eine Tiefe von

fünfzehn Zentimetern erreichte. Unter diesen Um-ständen war es nicht verwunderlich, daß die übrigenWissenschaftler das so hermetisch abgetrennte Labornur selten besuchten und daß die dort arbeitendenChemiker bald als Verbannte bezeichnet wurden. Biseines Tages ein Witzbold den Namen ›Sibirien‹ prägte.

Diese Bezeichnung wurde sehr schnell populär,

zumal die Chemie-Ingenieure die Idee begeistert auf-griffen. Sie waren jetzt Sibirier, und sie waren stolzdarauf, und Sibirier blieben sie – auch als sich derSchlamm vor ihrem Labor in passierbaren Staub ver-wandelte. Im Laufe des Jahres wurden die Sibirier in jeder Munitionsfabrik des Landes als vorbildlicheTruppe bekannt, und mancher Verwaltungschef hörtevon ihnen, ohne zu wissen, wie der Name entstandenwar.

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Kinnison ließ sich begeistert zum Sibirier machen,obwohl er im Kreise der Kollegen nicht mehr der jüngste war. Allerdings hatte jeder, der dort anfing,eine mindestens fünfjährige praktische Erfahrung,und ›Cappy‹ Sumner baute seine Abteilung mit derZeit noch weiter aus. Er stellte in kurzer Zeit zahlrei-che Leute ein, die er unbarmherzig wieder hinaus-warf, wenn sie seinen Vorstellungen nicht entspra-chen. Jedenfalls wußte er, was er wollte. Er kanntesich mit Sprengstoffen ebenso aus wie mit Menschen.

Er war nicht beliebt, aber geachtet. In seiner Abtei-lung klappte es.Da er einer der beiden ›alten‹ Männer in der Ab-

teilung war – der andere wechselte bald in eine ande-re Fabrik über –, wurde Kinnison als Neuer nicht oh-ne Vorbehalte akzeptiert. Doch anscheinend küm-merte er sich nicht darum, sondern kam stillschwei-

gend seinen Pflichten nach. Er ging mit dem ihm an-vertrauten Material überaus vorsichtig um, ohne je-doch Angst davor zu haben. Er testete Zünder undSprengstoffzusammensetzung und erprobte Grana-ten, die bei der Produktion ausgeschieden wordenwaren. Und er ging mit in die Produktion, wenn eserforderlich war.

Seine Versuche erbrachten stets ausgezeichnete Er-gebnisse, seine Resultate waren immer exakt, und alsFolge wurde seine Arbeit niemals beanstandet. Eswurde den jüngeren Mitgliedern sehr bald bewußt,daß er sich als einziger auf vertrautem Boden be-wegte, und sie begannen bald ihre Probleme mit ihmzu besprechen. Er stellte ihnen seine langjährige Er-fahrung bereitwillig zur Verfügung und versäumte esnicht, jeden Anwesenden mit in die Diskussion zu

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ziehen, so daß er direkt und indirekt für alle einegroße Hilfe war. Sein Ansehen wuchs.

Der schwarzhaarige und dunkeläugige ›Tug‹ Tug-well, ein zwei Zentner schwerer Exfootballspieler, derfür Band Sieben zuständig war, nannte ihn ›Onkel‹Ralph, und bald nannten ihn alle so. Einige Wochenspäter – ›Häuptling‹ Abernathy war gerade von einerExplosion durch eine Tür geblasen und leicht verletztworden – wurde er zum vollbezahlten Chemie-Ingenieur befördert – eine Beförderung, die ohne

weitere Feierlichkeiten vonstatten ging.Drei Wochen später machte man ihn zum Leiten-den Ingenieur und gab ihm die Oberaufsicht an ei-nem der Bänder. Diesmal kam er um eine Feier nichtherum, die von ›Blondie‹ Wanacek, dem Schwefel-säure-Spezialisten des Werkes, in Szene gesetzt wur-de.

Kinnison konzentrierte sich jetzt sehr auf seine Ar- beit an Band Zwei, wo in Kürze mit der Serienferti-gung einer neuartigen zwanzigpfündigen Bombe be-gonnen werden sollte. Tug und zwei Neue halfen ihmdabei. Einer dieser Neuen war ›Doc‹ oder ›Bart‹ Bar-ton, der – wie allgemein angenommen wurde – ein-mal Cappy Sumners zweiter Mann werden sollte. Er

gestaltete seine Arbeit nach dem Grundsatz, allesauszuprobieren, und folgte diesem Prinzip mit uner-müdlicher Geduld. Auch der andere Neuling, ›Char-ley‹ Charlevoix, paßte gut in die Gemeinschaft.

Einige Monate später bestellte Sumner Kinnison zusich, der sich etwas verwundert im Verwaltungsge- bäude einfand. Er hatte keine Ahnung, was der Altevon ihm wollte, aber eine solche Vorladung bedeutetenormalerweise nichts Gutes.

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»Kinnison – Ihre Arbeit gefällt mir«, begann derChefchemiker barsch, und Kinnison riß erstaunt dieAugen auf. »Wer seinen Doktor unter Montrose ge-macht hat, muß etwas von Sprengstoffen verstehen!Außerdem geht aus dem FBI-Bericht über Sie hervor,daß Sie intelligent sind, Ihre Fähigkeiten einzusetzenverstehen und sich durchsetzen können. Was ich abernicht verstehen kann, ist, wieso Sie mit den ver-dammten Sibiriern so gut auskommen. Ich habe dieAbsicht, Sie zu meinem Assistenten zu machen und

Ihnen die Leitung von Sibirien offiziell zu übertragen.Inoffiziell sind Sie ja schon seit Monaten der führendeMann dort.«

»Aber ... ich verstehe nicht ... Ich meine, was ist mitBarton? Er ist ein ausgezeichneter Mann, und ich binder Meinung, man sollte ihn nicht einfach so beiseiteschieben.«

»Stimmt.« Kinnison war jetzt wirklich überrascht.Er hatte nicht geglaubt, daß der temperamentvolleund jähzornige Chefchemiker einen Fehler so offenzugeben würde. »Ich habe gestern mit ihm gespro-chen. Er ist verdammt gut, aber ich bezweifle, daß er jenes gewisse Etwas hat, das Tugwell, Wanacek undCharlevoix dazu gebracht hat, zweiundsiebzig Stun-

den durchzuhalten, und nur zwischendurch mal kurzzu essen und zu schlafen.« Sumner hielt die Tatsache,daß auch Kinnison voll durchgearbeitet hatte, für soselbstverständlich, daß er sie gar nicht erwähnte.

»Hmm. Ich weiß nicht recht ...« Kinnisons Gedan-ken überstürzten sich. »Ich möchte zuerst einmal mitBarton sprechen. Ist Ihnen das recht?«

»Natürlich – ich habe damit gerechnet, daß Sie soetwas vorschlagen würden.«

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Kinnison kehrte in das Labor zurück, und zog sichmit Barton in eine ruhige Ecke zurück.

»Bart, Cappy teilt mir mit, daß er Ihnen einen Trittversetzen und mich zu seinem Assistenten machenwill. Und er sagte mir, daß Sie schon ja und amen da-zu gesagt hätten. Ein Wort von Ihnen, und ich erzähledem alten Adler, was er mit seinem Angebot machenkann!«

»Diese Reaktion habe ich von Ihnen erwartet, On-kel Ralph – bitte machen Sie nicht so viele Umstände.

Sie müssen es einmal von der anderen Seite sehen.Die Leute hier würden für Sie durch die Hölle gehen,daran besteht kein Zweifel. Wenn Cappy mich ansRuder ließe, würden sie es vielleicht auch tun – abereben nur vielleicht, und dieses Risiko möchte ichnicht eingehen. Nein, Sie sind der Mann. Natürlich bin ich heute nicht gerade der glücklichste Mensch

auf der Welt – aber so werde ich zum einzigen Mann,der ohne Schwierigkeiten hier wegkommt, wenn sichda draußen mal ein guter Posten bietet. Bis dahin binich Ihr Mann, okay?«

Kinnison schlug ein und erstattete Sumner Bericht.»In Ordnung, Sir. Ich akzeptiere, wenn Sie es den

Sibiriern beibringen können.«

»Das dürfte nicht allzu schwer sein.«Und das war es wirklich nicht. Die Reaktion der Si-

 birer trieb Kinnison die Tränen in die Augen.Als Kinnison an diesem Abend nach Hause zu-

rückkehrte, war er noch immer in großer Erregung.Der Tag war unvergeßlich gewesen.

»Was für Burschen, Eunice! Stell dir vor – ich sollnun ihr Vorgesetzter sein. Dabei arbeiten sie aus ei-genem Antrieb so ausgezeichnet – man kann sie gar

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nicht davon abhalten! Warum soll ausgerechnet ichdie Früchte für das ernten, was sie geleistet haben?«

»Ich habe keine Ahnung«, sagte Eunice und run-zelte die Stirn, aber ihre Mundwinkel zuckten. »Bistdu ganz sicher, daß du nicht doch irgendwie damitzu tun hast? Aber komm, das Abendessen ist fertig.«

Monate vergingen. Die Arbeit riß nicht ab. DenMännern boten sich interessante und anstrengendeAufgaben, deren Beschreibung sich hier erübrigt.Paul Jones und Fred Hinton stießen zu den Sibirern

und wurden bereitwillig aufgenommen. Kinnisonwurde kurz darauf zum Chefchemiker befördert. Erhatte sich mit Sumner nie richtig verstanden und be-mühte sich auch nicht, den Grund für Cappys Kün-digung oder Hinauswurf zu erfahren. Veränderun-gen brachte die Beförderung für ihn nicht, denn Bar-ton, jetzt offiziell Kinnisons Assistent, übernahm die

Leitung des gesamten Chemie-Sektors mit einer Aus-nahme – Sibirien. Er bewährte sich ausgezeichnet,und Kinnisons Sekretärin war ausschließlich für ihntätig, während Kinnison ›Zar‹ von Sibirien blieb.

In letzter Zeit hatte es Schwierigkeiten mit einer be-sonderen Art von Handgranaten gegeben. Bei derExplosion von Frühzündern waren einige Männer

ums Leben gekommen, und es schien unmöglich, denGrund dafür herauszufinden. Das Problem wurdeschließlich Sibirien übertragen, wo sich Hinton damit befaßte. Aber auch er kam zu keinem Ergebnis und bat schließlich um Hilfe. Die Sibirier gerieten in Be-wegung. Kinnison testete einige Granaten persönlich;Paul, Tug und Blondie beschäftigten sich ebenfallsmit dem Problem. Kinnison befand sich eines Tagesauf dem Testgelände, als er zu einer dringenden Kon-

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ferenz in das Verwaltungsgebäude gerufen wurde.Hinton löste ihn ab. Er hatte das Haupttor noch nichterreicht, als ihn ein Wagen stoppte.

»Entschuldigen Sie, Sir – aber es hat auf dem Test-gelände einen Unfall gegeben. Ihre Anwesenheit istdringend erforderlich.«

»Ein Unfall! Ist etwa Fred Hinton ...?«»Ich fürchte, ja, Sir.«Kinnison kehrte sofort um und unterzog sich der

entsetzlichen Aufgabe, die Überreste eines Mannes zu

identifizieren, der zu seinen besten Freunden gehörthatte. Er war kreideweiß und schwach auf den Bei-nen, als er zu seinem Auto zurückkehrte. Da hörte erden Sicherheitsoffizier des Werkes sagen: »Ein Unfallaus Unvorsichtigkeit – kein Zweifel. Dabei habe ichdiesen Hinton schon einmal ausdrücklich ermahnt.«

»Unvorsichtigkeit, verdammt!« brüllte Kinnison.

»Sie und Ihre Warnungen! Fred Hinton war nicht un-vorsichtig! Ich bin sicher, daß ich jetzt an seiner Stelletot wäre, wenn man mich nicht abgerufen hätte!«

»Was soll denn den Unfall Ihrer Meinung nachverursacht haben?«

»Das weiß ich nicht! Noch nicht! Aber ich kann Ih-nen jetzt schon sagen, Major Molton, daß ich es her-

ausbekommen werde, und sobald ich Bescheid weiß,werden wir uns wieder sprechen!«

Er kehrte nach Sibirien zurück, wo Tug und Paulmit düsterem Gesicht auf einen Gegenstand starrten,der wie ein winziges Drahtstück aussah.

»Das war's, Onkel Ralph«, sagte Tug mit tonloserStimme. »Ich verstehe zwar noch nicht, wieso – aberes besteht kein Zweifel.«

»Was ist denn das?« fragte Kinnison.

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»Die Zündnadel. Sie war spröde. Wenn man ganznormal den Ring zieht, wird die Nadel an dieser ver-engten Stelle abgebrochen.«

»Tug, das verstehe ich nicht. Die Spannung wirktdoch nur ... verdammt! Du meinst, es hat eine Quer-spannung gegeben, so daß die Nadel bei der gering-sten Erschütterung ... Aber dann müßte sie ja wirklich brüchig wie Glas gewesen sein!«

»Ich weiß. Das alles kommt mir ziemlich komischvor. Aber ich habe jede dieser verdammten Granaten

persönlich zusammengebaut, und ich bin sicher, daßdie Frühzündungen keine andere Ursache habenkönnen.«

»Gut, Tug. Wir werden uns das genau ansehen.Bitte ruf Bart an, er soll uns den Werkstattmeisterherüberschicken. Wir lassen uns ein kleines Prüfge-stell bauen, auf dem wir Zündnadeln aus der laufen-

den Serie testen können.«Sie testeten hundert Nadeln bei normaler Feder-spannung; drei Nadeln brachen. Sie machten einenVersuch mit weiteren hundert Nadeln. Diesmal bra-chen fünf. Die Männer blickten sich an.

»Kein Zweifel«, sagte Kinnison. »Wir haben dieFehlerquelle gefunden. Ich wage nicht daran zu den-

ken, was das für Wellen schlagen wird. Die Inspekti-onsleute sollen uns noch einmal tausend Stück her-überschicken. Ich möchte es jetzt genau wissen.«

Von den tausend Zündnadeln brachen zweiund-dreißig.

»Bart, bitte stell einen kurzen vorläufigen Berichtzusammen, der so schnell wie möglich in die Ver-waltung gehen muß. Ich werde mich ein wenig mitMolton unterhalten.«

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Major Molton war wie üblich ›in einer Konferenz‹,aber Kinnison war heute nicht zum Warten aufgelegt.

»Sagen Sie ihm«, befahl er der Sekretärin des Si-cherheitsoffiziers, »daß er mich jetzt sofort empfängt,oder ich werde seine vorgesetzte Dienststelle direktansprechen. Ich gebe ihm sechzig Sekunden Zeit.«

Molton war nun plötzlich doch zu sprechen. »Ich bin sehr beschäftigt, Dr. Kinnison, aber ausnahms-weise ...«

»Es kümmert mich wenig, ob Sie beschäftigt sind

oder nicht. Ich habe Ihnen gesagt, daß ich Ihnen so-fort Mitteilung machen würde, wenn ich etwas fürdie M2-Handgranate herausbekäme. Und das ist jetztder Fall. Die Frühzünder hängen mit einem unge-wöhnlich hohen Prozentsatz brüchiger Zündnadelnzusammen. Wenn Sie die Zahl wissen wollen, es sindgenau drei Komma zwei Prozent. Ich bin also ...«

»Das ist natürlich sehr ungewöhnlich, Doktor, aberich meine, wir sollten die Sache auf dem Dienstweg...«

»Diesmal nicht. Der formelle Bericht wird den übli-chen Weg gehen, dafür ist gesorgt, aber wie ich schonandeutete, wende ich mich hiermit offiziell an Sie inIhrer Eigenschaft als Sicherheitsoffizier dieses Wer-

kes. Da die Nadeln nicht auf unserer Prüfliste stehen,hat die Produktionsabteilung keine Möglichkeit, siezurückzuweisen – es sei denn, daß jede Granate ein-zeln getestet wird. Und dabei dürfte über kurz oderlang jemand ums Leben kommen. Da es die aus-drückliche Pflicht der Angestellten dieser Firma ist, jeden bekannten Unsicherheitsfaktor sofort zu mel-den, teile ich Ihnen meine Beobachtungen mit. Undich darf hinzufügen, daß ich höchst ungemütlich

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werde, wenn Sie nicht sofort etwas unternehmen.Stoppen Sie die Produktion und alle M2-Sendungen,die Sie noch erreichen können – wenn nicht, macheich Sie persönlich für alle Folgen verantwortlich!«

Da Sicherheitsoffiziere im allgemeinen dazu nei-gen, einen Vorgang eher zu unterbrechen als in Gangzu bringen, und da Molton dafür bekannt war, daß ergern von seiner Autorität Gebrauch machte, war Kin-nison etwas überrascht, daß der andere nicht soforthandelte. Diese Tatsache hätte ihm eigentlich Auf-

schluß darüber geben müssen, wie es ›draußen‹ aus-sah.»Die Granaten werden dringend benötigt; ihr Pro-

duktionsanteil ist sehr hoch. Wenn wir die Lieferun-gen jetzt stoppen ... Haben Sie überhaupt eine Vor-stellung, wie lange die Unterbrechung dauern könn-te?«

»Sehen Sie zu, daß Sie über Ihre vorgesetzteDienststelle eine hundertprozentige Kontrolle allerhereinkommenden Zündnadeln erreichen. Dannkönnten wir die Produktion schon morgen fortset-zen.«

»Ausgezeichnet, Dr. Kinnison! Miß Morgan, ver- binden Sie mich sofort mit dem Wehramt!«

Auch das hätte Kinnison warnen müssen. Aber erwar zunächst beruhigt.

Einige Wochen vergingen.Die Arbeit a n der M67, einer neuen panzerbrechen-

den  105-mm-Granate, die auf  Band Neun  in Serienfer-tigung gehen sollte, wurde aufgenommen. Der Spreng-stoff sollte aus einer Mischung von TNT und einerspeziellen Zugabe bestehen, die sehr geheim war.

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»Ich frage mich, was an dem Zeug geheim sein soll«,seufzte Blondie, der sich mit drei Kollegen vor demTisch des Zaren drängte. Im Gegensatz zu früher gehör-te  jetzt auch  das Büro des Chefchemikers ganz zu Sibi-rien. »Die Deutschen haben zuerst damit angefangen.«

»Ja, und die Italiener haben die Mischung gegendie Äthiopier eingesetzt, weshalb ihre Bomben ganz besonders wirkungsvoll waren. Aber hier steht ›ge-heim‹, also werden wir die Sache geheim behandeln.Und wenn du im Schlaf reden solltest, Blondie, mußt

du deiner Betty sagen, daß sie auf keinen Fall zuhö-ren soll!«Die Sibirier gingen mit dem üblichen Schwung an

die Arbeit, und bald wurde die Fertigung der M67aufgenommen. Die Granate erwies sich als ein solcherErfolg, daß die Nachfrage schneller wuchs, als sie be-friedigt werden konnte. Automatisch wurden die

Produktionszahlen höher angesetzt, wodurch sichkleine Unregelmäßigkeiten ergaben – die jedoch nochso gering waren, daß sie die Inspektion passierten.Trotzdem protestierte Kinnison in einem offiziellenBericht gegen die Produktionssteigerung; man bestä-tigte ihm den Eingang seines Schreibens, unternom-men wurde jedoch nichts.

Kurz darauf krepierte eine in Entwistle hergestellteGranate im Rohr eines Geschützes und tötete sieben-undzwanzig Männer, Kinnison protestierte erneut,diesmal mündlich bei einer internen Konferenz, underhielt die ebenfalls mündliche Zusage, daß einegründliche Untersuchung des Falles im Gange sei.Später teilte man ihm ohne Zeugen mit, daß dieseUntersuchung zu einem Ergebnis geführt habe, dasEntwistle von jeder Schuld freispreche.

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Die Sibirier waren viel zu überarbeitet, um sich mitZeitungslektüre zu beschäftigen, und so schenkten sieden Berichten über einen Unglücksfall, bei dem meh-rere bedeutende Persönlichkeiten ums Leben kamen,nur wenig Beachtung. Allerdings hörten sie kurz dar-auf, daß wieder einmal eine Untersuchung im Gangewar; doch auch der Zar sollte erst später erfahren,daß Washington zum erstenmal direkt eingegriffenund schnell gehandelt hatte. Von nun an war die In-spektionsabteilung, die bisher der Sektion Produktion

unterstellt gewesen war, völlig selbständig. Es ver- breiteten sich Gerüchte, daß Stillman, der als Leiter indie neue Inspektionsabteilung übernommen wordenwar, nicht der geeignete Mann war. Trotzdem ahnteKinnison nicht, was Produktionschef Thomas Kellervon ihm wollte, als er eines Tages in dessen Büro ge- beten wurde.

»Kinnison, wie gelingt es Ihnen nur, diese verflix-ten Sibirier zu bändigen? Ich habe so etwas nochnicht erlebt!«

»Ja, sie sind ein toller Haufen! So etwas kann nurder Krieg zustande bringen, Sir. Aber ich ›bändige‹sie nicht, Sir. Das ist nämlich unmöglich. Ich stelle sievor eine Aufgabe und lasse sie arbeiten – das ist alles.

Und ich stehe natürlich zu ihnen.«»Hmm«, sagte Keller. »Das ist eine tolle Formel,

mein Lieber. Wenn in meiner Abteilung etwas sofortgetan werden muß, muß ich es meistens selbst ma-chen. Aber wie Sie es auch anstellen – es funktioniert,und zwar bestens. Aber was ich eigentlich mit Ihnen besprechen wollte – wie würde es Ihnen gefallen,zum Leiter der Inspektionsabteilung befördert zuwerden? Wir würden den Posten Ihretwegen erwei-

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tern, so daß Sie Ihre bisherigen Aufgaben nicht abge- ben müssen.«

»Wie bitte?« fragte Kinnison verständnislos.»Und natürlich würden wir Ihnen ein Gehalt bie-

ten, das schon als sehr vertraulich bezeichnet werdenkann.« Keller kritzelte eine Zahl auf ein Stück Papierund zeigte es Kinnison.

Dieser pfiff durch die Zähne. »Die Sache würdemich reizen – nicht nur des Geldes wegen. Aber ichwußte nicht, daß Sie ... Oder haben Sie bereits mit Mr.

Black und der Militäraufsicht abgestimmt?«»Natürlich«, erwiderte Keller. »Wenn ich vielleichterwähnen darf, habe ich Sie vorgeschlagen, und un-sere Geschäftsleitung hat zugestimmt. Sie wollen si-cherlich auch die Gründe hierfür kennenlernen?«

»Selbstverständlich.«»Es gibt zwei Gründe. Erstens haben Sie eine

Gruppe technischer Experten auf die Beine gestellt,um die uns jede Konkurrenz beneidet. Außerdem ha- ben Sie und Ihre Sibirier bisher jede Aufgabe, vor diewir sie gestellt haben, schnell und gut erledigt. AlsLeiter der Inspektionsabteilung werden Sie mir nichtmehr unterstellt sein, aber ich hoffe doch, daß wir wie bisher zusammenarbeiten können.«

»Ich sehe keinen Grund, warum das nicht der Fallsein sollte«, erwiderte Kinnison überzeugt. Erst spätersollte er Kellers Bemerkung in ihrer vollen Bedeutungverstehen und seine Worte bedauern.

Er zog in Stillmans Büro und merkte sehr schnell,warum sein Vorgänger nicht zum Zuge gekommenwar. Dem Chefinspektor standen zu viele Assistentenzur Verfügung. Von der vielpropagierten Möglich-keit, die Verantwortung auf Untergebene zu delegie-

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ren, war hier fast kein Gebrauch gemacht worden.Stillman hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, denProduktionsräumen fernzubleiben; trotzdem kamendie Inspektoren, die an den Produktionsbändernwirklich Bescheid wußten, nicht direkt zu ihm. Sie er-statteten Bericht an Stillmans Assistenten, die seineSchreibtischentscheidungen nach unten weitergaben.

Kinnison machte sich sofort daran, die Produkti-ons-Inspektoren zu einer Gruppe umzuformen, dieden Sibiriern ähnlich war. Er entließ seine Assisten-

ten, versetzte sie in andere Arbeitsbereiche und be-hielt aus Stillmans früherem Stab nur einige Büro-kräfte und seine Sekretärin – eine gewisse Celeste deSt. Aubin, eine zuweilen sehr temperamentvolle Brü-nette. Er erteilte den Produktions-Inspektoren weit-reichende Vollmachten und ersetzte die wenigen, dieden neuen Aufgaben nicht gewachsen waren, durch

andere. Zuerst wollten die Inspektoren ihrem Glück nicht recht trauen, aber als Kinnison einmal eine vonseinen Untergebenen getroffene Entscheidung so-wohl bei Keller als auch bei Mr. Black durchsetzte,standen sie wie ein Mann zu ihm.

Eines Tages hatte Kinnison mit seiner Sekretärin eine

vertrauliche Besprechung.Ȇber eine solche Untersuchung findet sich in den

Unterlagen nichts«, sagte Celeste und setzte sich.»Das habe ich fast erwartet. Man hat die Untersu-

chung entweder unterdrückt, oder sie hat überhauptnicht stattgefunden. Sie sind doch ein kluges Mäd-chen, Celeste, und Sie kennen die Regeln. Sie wissen,daß Sie offen mit mir sprechen können.«

»Natürlich. Aber ... ich weiß nicht, ob ich es Ihnen

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sagen soll. Jedenfalls ist gerüchteweise zu hören, daßman Sie fertigmachen will – wie so viele fähige Leutevor Ihnen.«

»Auch das habe ich schon vermutet«, sagte er leise,und sein Gesicht spannte sich. »Ich weiß sogar schon,wie sie es anstellen werden ...«

»Ja? Wie denn?«»Mit der Produktion auf Band Neun. Keller will

dort heute abend eine völlig neue, aber unmöglicheProduktionsmethode einführen. Man weiß genau,

daß ich mich damit nicht einverstanden erklärenkann und daß ich die Granaten nicht unbeanstandetdurchgehen lasse. Unser Sicherheitsoffizier wird na-türlich nichts unternehmen ...«

Kinnison schwieg. Schließlich sagte das Mädchen:»Daß sich doch immer wieder Menschen finden,

die bereit sind, die schmutzige Arbeit zu tun! Diesen

Major habe ich gefressen! Wieso wir uns mit einemsolchen Idioten herumschlagen müssen, ist mir un-verständlich. Der kann nicht einmal einen Zündervon einem Zündholz unterscheiden!«

»Celeste ...«»Und dann dieser Stoner. Ihm gehören fünfund-

neunzig Prozent dieser Gesellschaft, und er sitzt auf 

seinem fetten Hintern in New York und läßt seineVerbindungen spielen. Ich bin sicher, daß der großeDrahtzieher im Hintergrund Stoner heißt. Ach, wennich Sie wäre ...«

»Was wäre dann ...?«»Was dann wäre?« fragte sie wütend. »Seit Sie in

dieser Abteilung sind, warte ich darauf, daß Sie end-lich mal hochgehen – daß Sie etwas unternehmen. Siehaben mir so oft gesagt, daß man erst losschlagen

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soll, wenn man mit beiden Beinen fest auf der Erdesteht. Aber wann wird das bei Ihnen der Fall sein?«

»Niemals, fürchte ich«, sagte er, und sie starrte ihnüberrascht an. »Also werde ich losschlagen müssen,obwohl ich noch ein Bein in der Luft habe.«

»Das müssen Sie mir bitte erklären.«»Ich wollte Beweise. Ich wollte Unterlagen zusam-

mentragen, die ich der Militärsicherheitsbehördevorlegen konnte. Ich wollte einige Köpfe rollen sehen,verstehen Sie? Aber bekomme ich diese Beweise?

Leider nein – nicht das geringste Stückchen eines Be-weises. Und Ihre Möglichkeiten, Celeste, sind auchsehr beschränkt – oder glauben Sie, mir etwas Geeig-netes beschaffen zu können?«

»Kaum«, gab Celeste zu. »Aber Sie könnten wenig-stens mal mit Pettler und Wilson ein Ende machen!Die beiden gehen mir entsetzlich auf die Nerven. Und

dann Tom Keller, dieser Schwachsinnige!«»Er kommt mir eher wie ein unwissender kleiner Junge vor, dem die Hausaufgaben über den Kopf ge-wachsen sind. Aber Sie brauchen sich wegen des Los-schlagens keine Gedanken mehr zu machen – dasFeuerwerk wird morgen nachmittag um zwei Uhrlosgehen, wenn Drake die heutige Nachtproduktion

nicht durchgehen läßt.«»Aber das heißt ja ...«»Ich weiß, daß ich dabei meinen Posten verliere. Na

und? Wenn ich mich richtig mit Keller anlege, macheich die verantwortlichen Leute aufmerksam, so daßihnen letzten Endes nichts anderes übrigbleibt, als ei-nige der gröbsten Fehlerquellen zu beseitigen. Ma-chen Sie sich bitte darauf gefaßt, ebenfalls entlassenzu werden. Sie haben in den letzten Monaten zu eng

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mit mir zusammengearbeitet.«»Macht nichts«, sagte sie entschlossen. »Wenn Sie

entlassen werden, reiche ich sowieso die Kündigungein! Das wollen wir doch mal sehen! Ich kann inTownville sofort eine bessere Stelle bekommen.«

»Das freut mich. Um meine Leute mache ich mir bei dieser Sache natürlich am meisten Sorgen. Ich ha- be sie seit Wochen darauf vorbereitet.«

»Sie werden ebenfalls kündigen, da bin ich sicher.Ihre Sibirier, Ihre Inspektoren – sie werden alle zu Ih-

nen stehen!«»So einfach ist das nicht, Firma Stoner und Black wird sie nicht gehen lassen. Und wenn sie trotzdemaufhören, weiß man nicht, was die Gesellschaft gegensie unternehmen wird. Ich fürchte, ihr Einfluß reichtweit, und wenn der Krieg erst zu Ende ist ... Nein, siewerden nicht kündigen. Natürlich leckt sich Keller

alle zehn Finger danach, Sibirien in die Hand zu be-kommen, aber das wird ihm oder seinen Freundenniemals gelingen ... Ich sollte Black hierüber lieber ei-ne Aktennotiz zukommen lassen; ich muß ihm mit-teilen, was er zu tun hat, um meine Burschen imZaum zu halten.«

»Aber glauben Sie, daß er Ihre Hinweise beachten

wird?«»Das möchte ich annehmen!« schnaubte Kinnison.

»Machen Sie sich keine falschen Vorstellungen vonBlack, Celeste. Er ist ein kluger Mann, und er wird sehrschnell erkennen, daß er in dieser Angelegenheit seineWeste sauberhalten muß. Holen Sie bitte Ihren Block.Ich werde Ihnen zunächst einen Entwurf diktieren.«

Und am Abend nach dem Essen berichtete er seinerFrau von den neuen Entwicklungen.

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»Bist du damit einverstanden«, fragte er schließ-lich, »daß ich einen gut bezahlten Posten so einfachaufgebe?«

»Natürlich. Du bist eben immer noch der Alte undkannst nicht anders. Ich wünschte sogar, ich könntedir helfen!«

Am nächsten Tag klingelte kurz nach zwei Uhr dasTelefon; Celeste hörte mit.

»Hier Kinnison.«»Tug, Onkel Ralph. Die Produktion sieht aus, wie

wir es uns vorgestellt hatten. Alles unterm Strich. Al-so hat Drake freizügig seine roten Marken verteilt.Piddy stand die ganze Zeit neben ihm und warteteförmlich darauf, einen Streit vom Zaun zu brechen,also habe ich mich ein bißchen stark gemacht. Er istsofort abgezischt – mit einem recht ungewöhnlichenTempo. Drake war es nicht danach zumute, dich an-

zurufen. Onkel Ralph, also habe ich das übernom-men. Wenn Piddy seine Geschwindigkeit beibehält,ist er in Nullkommanichts in Kellers Büro.«

»Gut, Tug. Sage Drake, daß er die beanstandetenGranaten auf keinen Fall freigeben darf. Er soll sofortzu mir kommen und seinen Bericht mitbringen. Hät-test du Lust, auch 'rüberzukommen?«

»Und ob ich Lust habe!« Tugwell hing auf.»Sie wollen ihn wirklich dabeihaben?« fragte Cele-

ste nervös, ohne daran zu denken, daß Kinnison siewegen ihres Mithörens tadeln könnte.

»Selbstverständlich. Wenn ich Tug am Explodierenhindern kann, werden auch die anderen ruhig blei- ben.«

Kurz darauf kam Tug hereingestürmt – ihm auf dem Fuße folgte Drake, der verantwortliche Inspektor

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für Band Neun. Nach kaum zwei Minuten wurde dieBürotür erneut aufgerissen, und Keller platzte herein,gefolgt von dem Produktionschef für Band Neun, dendie Sibirier geringschätzig ›Piddy‹ nannten.

»Verdammt, Kinnison, ich muß mit Ihnen reden!« brüllte Keller, und überall auf dem langen Korridoröffneten sich alle Türen.

»Halten Sie den Mund, Sie Gartenzwerg!« konterteTugwell, der sich seinen Kontrahenten mit blitzendenAugen näherte. »Ich werde Ihnen eine verpassen, daß

Ihnen Hören und Sehen ...«»Ruhig, Tug – überlaß das bitte mir.« KinnisonsStimme war nicht laut, aber sie hatte einen besonde-ren Klang. »Überlaß bitte alles mir.«

Er wandte sich an Keller, der bei Tugwells Angriff in den Flur zurückgewichen war.

»Was Sie betrifft, Keller, hätten Sie es sicherlich

vorgezogen, diese Besprechung unter vier Augen zuführen, wenn Sie ein bißchen schlauer gewesen wä-ren. Da Sie aber großzügigerweise die ganze Beleg-schaft des Gebäudes mit hinzugezogen haben, wer-den wir hier draußen auf dem Flur weitermachen.Wie Sie ausgerechnet mich für einen Ja-Sager haltenkonnten, wird mir wohl immer verborgen bleiben –

auch das muß wohl mit Ihrer Dummheit zusammen-hängen.«

»Die Granaten sind völlig in Ordnung!« brüllteKeller. »Sagen Sie Drake, daß er sie freigeben soll,und zwar sofort. Wenn das nicht augenblicklich ge-schieht, werde ich Sie, so wahr ich hier stehe ...«

»Halten Sie den Mund!« schnappte Kinnison. »Jetztwerde ich mal reden, und Sie hören geduldig zu. Inden Vorschriften steht, daß die Produktion innerhalb

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gewisser Toleranzen einwandfrei sein muß. Die ver-antwortlichen Inspektoren, die etwas von ihrer Arbeitverstehen, sind der Meinung, daß die Granaten nichteinwandfrei sind, und die Chemische Abteilung un-terstützt dieses Urteil. Also sind die Granaten, soweites mich betrifft, nicht in Ordnung. Sie werden dahernicht freigegeben!«

»Das glauben Sie«, wütete Keller. »Aber warten Sieab! Es wird schneller einen neuen Inspektionschef geben, als Sie denken, und spätestens morgen früh

sind die Granaten durch!«»Da haben Sie vielleicht recht. Wenn Sie mit IhrerStiefelleckerei bei Black fertig sind, können Sie ihmsagen, daß ich in meinem Büro bin.«

Kinnison drehte sich auf dem Absatz herum undließ Keller stehen. Dieser fluchte und stapfte, gefolgtvon Piddy, davon. Türen knallten zu.

»Ich werde meine Arbeit hier sofort niederlegen,Onkel Ralph, Gesetz hin, Gesetz her«, dröhnte Tug-well. »Wenn sie wagen sollten, diese verdammtenMistgranaten durchzulassen, werde ich ...«

»Bitte versprich mir, daß du bis dahin nichts unter-nimmst, ja?« sagte Kinnison ernst.

»Wie? Was?« Tugwell und Celeste blickten ihn er-

staunt an; das Mädchen verstand zuerst.»Oh – er soll sich nicht die Finger schmutzig ma-

chen! Ich verstehe«, rief sie.»Genau. Ich bin ziemlich sicher, daß diese Grana-

ten doch nicht durchgehen. Wir sind nur äußerlichgeschlagen, Tugwell. Man wird mich zwar hinaus-werfen, aber du wirst bald feststellen, daß wir dieSchlacht in Wirklichkeit gewonnen haben. Zumindestdiese erste Auseinandersetzung. Und wenn ihr zu-

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sammenhaltet und euch weiter bemüht, habt ihrvielleicht auch auf die Dauer Erfolg.«

»Vielleicht schaffen wir's, daß sie uns auch vor dieTür setzen«, schlug Drake vor.

»Das möchte ich bezweifeln. Jedenfalls werdet ihr bald ohne mich weitermachen müssen.« Und er lä-chelte nachdenklich vor sich hin.

»Du hast mir einmal in schrecklichen Farben aus-gemalt, was die Gesellschaft gegen uns unternehmenwürde, wenn wir unsere Arbeit widerrechtlich nie-

derlegten«, sagte Tug besorgt. »Ich befürchte beinahe,daß dir dieses Schicksal jetzt blüht.«»Keine Sorge«, erwiderte Kinnison. »Die Gefahr

 besteht für mich nicht. Ihr seid noch jung in euremBeruf, aber ich bin auf meinem Arbeitsgebiet rechtgut bekannt, so daß sich Stoner und Black nur lächer-lich machen würden, wenn sie versuchen sollten,

mich anzuschwärzen. Und das weiß man ganz genau.Also schert euch an Band Neun zurück und hängt analles den roten Kuckuck, was den Vorschriften nichtentspricht. Sag den anderen in meinem Namen auf Wiedersehen, ja? Ich werde die Verbindung nicht ab-reißen lassen!«

Wenig später wurde er in das Büro des Präsidenten

gerufen, der ganz im Gegensatz zu Kinnison sehrnervös war.

»Wir sind zu dem ... äh ... Entschluß gekommen,Sie um Ihren Abschied zu bitten«, sagte der Präsidentschließlich.

»Sparen Sie sich Ihren Atem«, erwiderte Kinnison.»Mr. Black, ich bin in Ihre Fabrik gekommen, ummeine Arbeit zu tun, und die einzige Möglichkeit,mich davon abzuhalten, ist, mich hinauszuwerfen.«

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»Nun ... damit haben wir in gewisser Weise ge-rechnet. Aber wir sind uns noch nicht schlüssig dar-über, welchen Grund wir für Ihre Entlassung einset-zen sollen.«

»Das kann ich mir vorstellen. Schreiben Sie, was Siewollen«, sagte Kinnison schulterzuckend. »Nur nicht,daß ich meinem Posten nicht gerecht geworden wäre.Wenn Sie das einsetzen, werden Sie sich vor Gerichtdafür verantworten müssen.«

»Wollen wir sagen ›unüberbrückbare Meinungs-

verschiedenheiten‹?«»In Ordnung.«»Miß Briggs – schreiben Sie ›aufgrund unüber-

 brückbarer Meinungsverschiedenheiten mit der Ge-schäftsleitung von Stoner und Black‹. Sie könnengleich darauf warten, Dr. Kinnison – es dauert nur ei-ne Minute.«

»Ist mir recht. Ich habe Ihnen sowieso einiges zusagen. Erstens weiß ich ganz genau, daß Sie sich zwi-schen Szylla und Charybdis befinden – es bleibt Ih-nen kein Ausweg, was Sie auch tun!«

»Lächerlich«, fauchte Black, doch er wich demBlick des anderen aus. »Völlig aus der Luft gegriffen!Ich verstehe nicht, wie Sie zu einer solchen ...«

»Wenn Sie die schlechten Granaten aus der Fabrik lassen, wird es über kurz oder lang Rohrkrepierer ge- ben – nicht sehr viele, denn das Zeug liegt geradeunter der Qualitätsgrenze. Vielleicht ein Frühzünderunter zehntausend, vielleicht auch nur einer unterfünfzigtausend, aber das ist auch schon genug – dennSie wissen so gut wie ich, daß Sie sich keinen einzigenleisten können. Was meine Sibirier und die Inspekto-ren über Sie und Keller und Piddy und Band Neun

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wissen, reicht eigentlich schon aus, aber um demSkandal noch die Krone aufzusetzen, posaunt Ihrstupider Spießgeselle heute nachmittag die Ge-schichte in die Welt hinaus, so daß jetzt das ganzeHauptgebäude Bescheid weiß. Ein einziger Rohrzün-der, und hier in der Fabrik ist der Teufel los. Dannwäre es um Sie geschehen, und nicht einmal Wa-shington könnte Ihnen helfen. Wenn Sie sich anderer-seits entschließen, die beanstandeten Granaten wie-der aus der Produktion zu nehmen, wird Ihnen Mr.

Stoner in New York sicherlich einige unerfreulicheDinge sagen. Vielleicht schreit er sogar Zeter undMordio, wer weiß. Ich bin jedoch ganz sicher, daß Siees nicht wagen werden, der Armee diese Granatenanzubieten – die Stimmung meiner Leute und das lo-se Mundwerk Ihres Blödians werden Sie zweifellosdavon abhalten. Ich habe meinen Leuten sogar fest

versprochen, daß Sie es sich überlegen werden, denn,so habe ich gesagt, Sie sind viel zu klug, um sich beieiner solchen Sache die Hände schmutzig zu ma-chen.«

»Das haben Sie gesagt?« brüllte Black.»Ja. Und warum nicht?« fragte Kinnison unschul-

dig. »Ich will ja keine Gemeinplätze von mir geben,

aber Sie scheinen gerade herausgefunden zu haben,daß es manchmal recht schwierig ist, Ehrlichkeit mitFüßen zu treten.«

»Raus hier! Nehmen Sie Ihre Papiere und ver-schwinden Sie!«

Hocherhobenen Hauptes verließ Dr. Ralph K. Kin-nison das Büro.

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6

»Theodore K. Kinnison!« tönte eine scharfe Stimme ausdem Lautsprecher des Fernsehgerätes.

Der stämmige junge Mann zuckte zusammen,stürzte an das Gerät und drückte einen kleinenKnopf.

»Hier Theodore K. Kinnison«, sagte er. Der Fern-sehschirm blieb dunkel, doch er wußte, daß er beob-

achtet wurde.»Unternehmen Dompfaff«, dröhnte es aus demLautsprecher.

»Unternehmen Dompfaff!« Kinnison schluckte.»Verstanden«, brachte er schließlich hervor.

»Ende!«Wieder drückte er den Knopf und wandte sich an

die schlanke blonde Frau, die mit entsetzt aufgerisse-nen Augen an der Zimmertür lehnte. Ihr Gesicht war bleich.

»Hm, Schatz, sie kommen – über den Pol«, sagte ertonlos. »In zwei Stunden ist es soweit.«

»O Ted«, schluchzte sie und warf sich in seine Ar-me. Sie küßten sich kurz.

Der Mann nahm zwei große Koffer, die bereits fer-tig gepackt in der Ecke standen – alles andere lagschon seit Wochen im Wagen bereit – und rannte los.Die junge Frau folgte ihm auf dem Fuße, ohne sichdamit aufzuhalten, die Haustür hinter sich zu schlie-ßen. Im Laufen nahm sie einen vierjährigen Jungenund ein lockenköpfiges Mädchen von etwa zwei Jah-ren auf. Quer über den Rasen rannte sie auf eineschwere Limousine zu.

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»Hast du deine Koffein-Tabletten?« fragte er imLaufen.

»Ja.«»Du wirst sie brauchen. Fahr wie der Teufel – du

mußt den Vorsprung halten, verstanden? Du kannstes schaffen, denn der Wagen ist schnell, und du hastausreichend Benzin und Öl. Elfhundert Meilen vonhier, draußen in der Wüste, wo es kaum Menschengibt, seid ihr sicher!«

»Ich mache mir auch keine Sorgen um uns, sondern

um dich!« schluchzte sie. »Als Frau eines Technos be-komme ich ein paar Minuten vor der H-Warnung Be-scheid – na und? Was ist mit dir?«

»Mach dir keine Sorgen, Kind. Mein Teufelsdinghat auch ein ganz schönes Tempo, und mit Verkehrist jetzt noch nicht zu rechnen.«

»Du weißt genau, daß ich das nicht gemeint habe!«

In diesem Augenblick hatten sie den Wagen er-reicht. Während er die Koffer im Gepäckraum ver-staute, brachte sie die beiden Kinder auf dem Vorder-sitz unter, glitt hinter das Steuerrad und ließ denMotor an.

»Ich weiß, was du gemeint hast, Liebste. Ich bin bald wieder bei dir.« Er küßte seine Frau und das

kleine Mädchen, während er seinem Sohn die Handgab. »Kinder, ihr und Mutter werdet jetzt einen Be-such bei Großvater machen. Ihr werdet dort viel Spaßhaben. Ich komme später nach. Nun aber los!«

Das schwere Fahrzeug setzte zurück und schwangherum; Kies spritzte, als die junge Frau das Gaspedal bis zum Anschlag durchtrat.

Kinnison rannte zur Garage, öffnete die Tür undtrat an ein schweres Motorrad, das dort fahrbereit

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wartete. Hastig schaltete er zwei der drei riesigenLampen ein – ein violettes und ein hellblaues Lichtflammte auf, und eine Sirene begann zu schrillen. Erstieg auf und raste los.

Seine Sirene, bei deren Klang die anderen Ver-kehrsteilnehmer sofort an den Straßenrand fuhren,war meilenweit zu hören; er kam schnell voran. Mithalsbrecherischem Tempo durchfuhr er eine Kreu-zung, und sein Trittbrett berührte den Boden, als er indie Kurve ging.

Hinter ihm kam langsam eine andere Sirene näher.Zwei rote Lichter – das mußte ein Stadtpolizist sein.Kinnison fuhr langsamer, und das andere Motorradschob sich neben ihn.

»Ist es soweit?« brüllte der uniformierte Polizist.Seine Stimme war über den Motorenlärm der schwe-ren Maschine kaum zu hören.

»Ja«, brüllte Kinnison zurück. »Lassen Sie den Di-versey-Boulevard und den Außenring nach Süden bisGary sperren. Aber schnell, bitte!«

Das weiß-schwarz gemusterte Motorrad fiel zu-rück, und der Polizist griff nach seinem Mikrophon.

Kinnison fuhr wieder schneller. An der Kreuzungder Cicero-Avenue mußte er die Fahrt drosseln, ob-

wohl er grünes Licht hatte. Es herrschte reger Ver-kehr. An der Kreuzung der Pulaski Straße halfen ihmzwei Polizisten durch eine Stauung. Am Sacramento-Boulevard herrschte bereits Ruhe.

Hundert ... hundertundzehn ... er überquerte eineBrücke und schwebte sekundenlang in der Luft ...hundertunddreißig ... hundertundvierzig ... hundert-undfünfzig – das war etwa die Geschwindigkeit, dieer hier fahren konnte, denn er hatte den Diversey-

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Boulevard nicht mehr für sich allein. Andere blau-violett beleuchtete Motorräder bogen aus den Neben-straßen ein. Kinnison verlangsamte das Tempo auf neunzig und ging mit den anderen Motorradfahrernin Formation.

Kurz darauf wurde – von Kinnison unbemerkt –für ganz Chicago H-Warnung gegeben – und dieVorbereitungen für die systematische Evakuierungder Stadt liefen an.

Weiter ging die Fahrt, durch einen Park und unter

einem Viadukt hindurch; kurz darauf kam eine schar-fe Rechtskurve, die mit knirschenden Bremsen undquietschenden Reifen genommen wurde. Jetzt warensie auf dem breiten Außenring, der für Höchstge-schwindigkeiten gebaut war; endlich konnten sie ihreschweren Maschinen ausfahren. Die Männer legtensich nach vorn, duckten sich hinter die Lenkstange

und drehten die Gashebel bis zum Anschlag durch.Sie hatten es eilig; ein langer Weg lag vor ihnen, undwenn sie ihr Ziel nicht rechtzeitig erreichten, konntendie über den Pol kommenden Atomgeschosse einenunübersehbaren Schaden anrichten.

Warum war das alles nötig – diese  bis  ins letzte aus-gefeilte Organisation, diese Hast, diese wahnwitzigen

Fahrkünste? Warum waren die Motorradfahrer nichtständig auf ihrem Posten und somit im Notfall sofortverfügbar? Das hatte zahlreiche Gründe. Vor allemwar Amerika ein Land der Demokratie, das nicht denersten Schlag führen würde. Vielmehr mußte es inständiger Bereitschaft abwarten, bis es angegriffenwurde. Außerdem hatte fast jeder Techno des Landesseinen Platz in einem der zahlreichen Verteidigungs-pläne, zu denen auch das Unternehmen Dompfaff 

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gehörte. Hätte man sie ihrer täglichen Arbeit entzo-gen, wäre der wirtschaftliche Schaden für die Verei-nigten Staaten auf die Dauer untragbar gewesen.

Vor den Motorradfahrern tauchte eine Seitenstraßeauf, und Kinnison ging in die Kurve, ohne seine Ge-schwindigkeit zu verringern. Motorrad und Helmgenügten hier zunächst als Ausweis – eine genauereKontrolle folgte später. Im nächsten Augenblick hielter neben einem riesigen Metallgebilde und gab seinMotorrad an einen Soldaten ab, der sofort damit zur

Seite fuhr.Kinnison näherte sich einer Wand, die völlig kahlzu sein schien, drehte vier Offizieren, die mit schuß- bereiten Fünfundvierzigern bereitstanden, den Rük-ken zu und preßte das rechte Auge gegen eineÖffnung. Das Netzhautmuster eines Menschen kannim Gegensatz zu seinen Fingerabdrücken nicht nach-

gemacht oder geändert werden, so daß ein feindlicherAgent hier nicht lange überlebt hätte. Die Tür öffnetesich, und Kinnison kletterte über eine Leiter in denSchutzraum der A-Sektion.

»Hallo, Teddy«, begrüßten ihn seine Leute.»Hallo, Walt, Red, Baldy«, erwiderte er. Die Män-

ner waren Freunde, die er schon seit langem kannte.

»Wie ist die Lage?« fragte er. »Kommen wir mitunserem Gegenschlag zum Zuge? Laßt mich mal ei-nen Blick auf den Ball werfen!«

»Komm her, schau dir's an.«Der ›Ball‹ war eine erleuchtete Halbkugel, die leicht

abgeflacht war und den Nordpol zum Mittelpunkthatte. Auf ihr bewegte sich eine Gruppe roter Pünkt-chen über Kanada in Richtung Norden, während einedichter zusammenstehende kleine Gruppe gelb-

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grüner Punkte, die sich bereits auf der amerikani-schen Seite des Nordpols befand, langsam nach Sü-den vorrückte.

Wie erwartet, hatten die Amerikaner mehr Ge-schosse gestartet als der Gegner. Die andere Annah-me, daß Amerika auch ein besseres Verteidigungssy-stem und besser trainierte und geschicktere Soldateneinsetzen konnte, mußte noch bewiesen werden.

In diesem Augenblick flammte auf der ganzenBreite des Kontinents eine Kette blauer Lichter auf –

die erste Verteidigungslinie der USA. Sie reichte vonNome über Skagway, Wallaston, Churchill und Ka-niapiskau bis Belle Isle. Hier lagen reguläre Truppenin Stellung. Eine Serie gelber Lichter begann, die blauen Punkte fast auszulöschen – ein Zeichen dafür,daß die ›Erste‹ ihre Kampfraketen in Stellung brachte.Die zweite Front, die von Portland über Seattle und

Vancouver bis Halifax reichte, leuchtete halb grün,halb blau auf; hier war zum Teil bereits die National-garde eingesetzt, die eigentlich hauptsächlich für dendritten Verteidigungsgürtel zuständig war, zu demauch Chicago gehörte. Diese dritte Front erstrecktesich von San Francisco bis New York und warkampfbereit, ebenso wie die vierte, fünfte und sechste

Linie. Unternehmen Dompfaff lief auf vollen Touren.Ein Glocke läutete, die Männer sprangen auf und

 begaben sich auf ihre Stationen. Hastig schnallten siesich auf ihren Andrucksitzen fest. Kampfrakete 10685, angetrieben von den zerfallenen Nuklei unstabi-ler Isotope, erhob sich von der Startrampe.

Die Technos wurden in ihre Sitze gepreßt, aber sie bissen die Zähne zusammen und ertrugen die Be-schleunigung.

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Die Rakete gewann schnell an Höhe ... achtzig Ki-lometer ... hundert Kilometer ... fünfhundert Kilome-ter ... tausend ... zweitausend ... dreitausend.

In dieser Höhe sollte die Division Chicago in Stel-lung gehen. Die Beschleunigung ließ nach, und dieMänner atmeten auf. Sie setzten ihre seltsam ge-formten Helme auf und besetzten ihre Stationen.

Kinnison starrte auf den ihm zugewiesenen Schirm,der mit dem scharfen Bild des ›Balles‹ nicht zu ver-gleichen war. Die Lichtpunkte wurden hier nicht auf 

elektronischem Wege übermittelt, sondern von einemRadarstrahl aufgefangen und abgebildet. Natürlichwar das Radarsystem seit den vierziger Jahren we-sentlich verbessert worden, aber die Angaben warendoch noch sehr ungenau, wenn es um die Beobach-tung von Objekten ging, die Hunderte von Kilome-tern voneinander entfernt und mehrere tausend

Stundenkilometer schnell waren.Der heutige Einsatz unterschied sich sehr von denzahlreichen Übungsflügen, die sie in den letzten Jah-ren unternommen hatten. Während es sich bei denManövern um harmlose Übungsraketen gehandelthatte, die zu vernichten waren, sahen sich die Männerheute den tödlichsten Geschossen gegenüber, die die

Menschheit jemals hervorgebracht hatte. Heute kames vor allem darauf an, die Nerven zu behalten.

Ein Zielobjekt!»Ziel Eins – Zone Zehn!« dröhnte eine ruhige

Stimme in Kinnisons Kopfhörer, und einer der wei-ßen Flecken auf seinem Radarschirm nahm eine hell-grüne Tönung an. Die übrigen elf Technos des A-Sektors, dessen Leiter er aufgrund seiner guten Schu-ßergebnisse war, sahen und hörten dasselbe. Er

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wußte, daß die Stimme dem für einen Sektor zustän-digen Feuerleitoffizier gehörte, der den Kurs und dieGeschwindigkeit der anfliegenden Zielobjekte zu be-rechnen und die Reihenfolge des Abschusses zu be-stimmen hatte. Der A-Sektor, ein imaginärer Rau-mabschnitt, gehörte bei normaler Schiffsnavigationzu den lebhaftesten Kampfgebieten. Der Hinweis auf ›Zone Zehn‹ bedeutete, daß das Objekt soeben in denäußersten Kampfbereich des Schiffes eingetreten war.Es war noch viel Zeit.

»Doyle – zwei Lawrence – einen! Drummond – dreiin Reserve!« befahl Kinnison.Die angesprochenen Technos begannen sofort an

ihren Kontrollen tätig zu werden, und kurz darauf wurde ihnen eine schnelle Folge von Zahlen durchge-sagt – Daten über die weiteren Bewegungen der Ziel-objekte. Sie gaben die Zahlen in die Rechner ein, die

die Eigenbewegung der Kampfrakete automatisch be-rücksichtigten, warfen einen kurzen Blick auf dieausgedruckte Ergebnisrechnung und traten auf denAbschußhebel.

Doyle, der ein etwas besserer Schütze als Lawrencewar, hatte befehlsgemäß zwei Geschosse abzufeuern,die bei dieser großen Entfernung ihr Ziel wahr-

scheinlich verfehlen würden. Der zweite Torpedokam dem Zielobjekt jedoch so nahe, daß die automa-tisch zurückgefunkten Positionsangaben die weitereVerfolgung des Objekts sehr vereinfachen mußten. Eskonnte für Lawrence, den weniger geschickten Schüt-zen, kein Problem mehr sein, seinen Torpedo ins Zielzu bringen.

Drummond, Kinnisons Zweiter Assistent, hielt sichmit seinen drei Geschossen für den Fall bereit, daß

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auch Doyle wider Erwarten danebentraf. Allerdingsmußte Drummond, ebenso wie sein Erster AssistentHarper, so lange wie möglich verfügbar sein, fallsKinnison überraschend von seinem Posten als Sekti-onschef abberufen wurde. Er selbst durfte sich ohneeinen entsprechenden Befehl der Feuerleitzentralenicht mit einzelnen Zielobjekten befassen. Die Sekto-renchefs wurden nur in Notfällen eingesetzt.

»Zielobjekt Zwei – Zone Neun«, sagte die Feuer-leitstelle.

»Carney – zwei! French – einen! Day – drei in Re-serve«, ordnete Kinnison an.»Verdammt! Das ging daneben«, brüllte Lawrence.

»Da kann man sich ja die Haare ausraufen!«»Ruhig Blut, Junge. Deshalb fangen wir ja jetzt

schon an. Ich bin auch sehr nervös. Das wird schonvergehen ...«

In diesem Augenblick vergrößerte sich der winzigeLichtpunkt, der das Zielobjekt Eins darstellte, undverschwand. Drummond hatte getroffen.

»Zielobjekt Drei – Zone Acht. Vier – ebenfallsAcht«, sagte die Feuerleitstelle.

»Drei – Higgins und Green, Harper in Reserve!Vier – Casey und Santos, Lawrence in Reserve!«

Als das Kampfgeschehen lebhafter wurde, began-nen sich die Technos des A-Sektors zu beruhigen. Eswar bald nicht mehr erforderlich, den beiden auf einObjekt angesetzten Schützen einen dritten Mann alsReserve beizugeben.

»Zielobjekt Einundvierzig – Sechs«, sagte die Feu-erleitstelle.

»Lawrence – Zwei! Doyle – Zwei«, befahl Kinnison.Das sah zunächst wie ein Routineabschuß aus, aber

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dann meldete sich Lawrence aufgeregt:»Ted, paß auf! Ich habe beide vorbeigejagt. Ein-

undvierzig läuft auf wildem Kurs – muß bemanntoder ferngesteuert sein! Jetzt kommt er auf uns zu –Doyle, zieh durch!«

»Kinnison! Übernahme«, bellte die Feuerleitstelle,ohne auf Doyles Schußergebnis zu warten. »Einund-vierzig durchläuft Zone Drei – Kollisionskurs!«

»Harper! Du übernimmst!«Kinnison ließ sich die Daten geben, stellte in aller

Hast die erforderlichen Berechnungen an undschickte fünf Torpedos auf die Reise. Eins ... zwei ...drei-vier-fünf ... Die letzten drei feuerte er dicht hin-tereinander.

Elektronenrechner leisteten ihm unschätzbare Hil-fe; aber letztlich kam es jetzt doch auf die Geschick-lichkeit des Menschen an, auf die vollkommene Ko-

ordination seiner Gehirn-, Nerven- und Muskelreak-tionen.Kinnisons Blick zuckte vom Radarschirm zur Kon-

trolltafel, dann vom Anzeiger des Computers zurück zum Schirm; seine linke Hand berührte die Knöpfe,deren Bewegung die Antriebsrichtung seiner Torpe-dos beeinflußte. Er lauschte dem Bericht der Boden-

Ortungsstation, die ihm jetzt auch Daten über seineeigenen Geschosse übermittelte, so daß er deren Kursaufgrund der neuen Angaben ständig berichtigenkonnte.

Einen Strich nach oben, einen Punkt nach links.Das Zielobjekt wich vom Kurs ab.Zwei nach unten – drei nach links – wieder einen

Strich nach unten. Diesmal lag er richtig. Das feindli-che Geschoß hatte Zone Zwei fast durchquert. In Zone

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Eins galt höchste Alarmstufe. Mit atemberaubenderGeschwindigkeit kam das Geschoß näher.

Einen Sekundenbruchteil lang glaubte er, daß be-reits sein erster Torpedo getroffen hatte, aber in letz-ter Sekunde bewahrte eine hastige Kursänderung dasZielobjekt vor der Vernichtung. Auf seinem Bild-schirm wurden zwei Zahlen sichtbar: seine Fehler-werte, die – bis auf den Meter genau – von dem ver-geudeten Torpedo zurückgefunkt wurden.

Mit Hilfe dieser sekundenschnellen exakten Infor-

mation konnte er den Kurs seines zweiten Torpedos berichtigen und verfehlte das Zielobjekt nur um we-nige Meter. Der dritte Torpedo streifte es sogar unddetonierte, doch Sekundenbruchteile vorher huschtennoch die Fehlerzahlen über Kinnisons Bildschirm, sodaß er – obwohl die Explosion vielleicht ausgereichthatte – seine letzten beiden Geschosse in Volltreffer

verwandeln konnte. Das Zielobjekt war vernichtet.»Kinnison nach Abschuß zurück«, meldete er undlöste Harper wieder ab.

Der Kampf ging weiter. Immer wieder setzte Kin-nison seine Leute ein und konnte selbst noch drei Ab-schüsse verbuchen. Die erste feindliche Angriffswelleverebbte, doch fast augenblicklich trat die nächste

Gruppe von Geschossen in Zone Zehn des A-Sektorsein, so daß die Männer keine Ruhe bekamen. Auchdieses Raketenrudel wurde fast völlig vernichtet.

Die dritte Welle bereitete die größten Schwierig-keiten, denn KR 10 685 mußte jetzt fast ohne Unter-stützung durch die Boden-Ortungsstationen aus-kommen, die die Technos laufend mit wertvollen In-formationen versorgt hatten. Offenbar war es demFeind doch gelungen, einige schwere Raketen ins Ziel

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zu bringen, so daß die Sinnesorgane des amerikani-schen Verteidigungssystem empfindlich gelitten hat-ten.

Kinnison und seine Kampfgefährten traf dieseEntwicklung nicht unvorbereitet. Sie konnten auchohne Hilfe von unten auskommen. Sie zählten nunschon zu den Veteranen dieses Kampfes; sie wareneinem Feuersturm entronnen, wie ihn die Erde nochnicht erlebt hatte. Auch die dritte Angriffswelle rolltevorüber – und die Zahl der Zielobjekte ließ nach. Das

Kampfgeschehen verebbte.Die Besatzung der Rakete hatte keine Vorstellungvon der allgemeinen Lage; niemand sagte ihr, wiesich der Krieg entwickelte. Sie wußten nicht einmal,wo sich ihre Rakete befand oder welches Ziel sie hat-te. Sie spürten zwar, wenn sie sich aufwärts oder ab-wärts bewegte, aber über ihren Kurs waren sie nicht

informiert. Sie wußten auch nicht, wogegen sie ei-gentlich gekämpft hatten, denn auf ihren Schirmensah ein Zielobjekt wie das andere aus. Sie kämpftengegen kleine, grüne und gelbe Lichtpunkte.

»Spanne uns nicht auf die Folter, Pete, wir habenim Moment gerade Ruhe«, wandte sich Kinnison anseinen Feuerleitoffizier. »Du weißt mehr als wir – was

ist draußen los?«»Ich erfahre gerade«, erwiderte der Offizier, »daß

es sich bei den sechs Geschossen, die so seltsameKursänderungen machten, um Atomgeschosse han-delte, die auf unsere Verteidigungslinien gezielt wa-ren. Fünf waren ferngesteuert und hätten uns leichtfertigmachen können. Ihr habt gut gearbeitet, Leute.Übrigens haben die anderen kaum etwas durchbe-kommen – jedenfalls nicht genug, um unserem Land

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wirklich zu schaden. Andererseits sind unsere Ge-schosse fast vollzählig durchgekommen – offensicht-lich hat man euch Technos nichts entgegenzusetzen.

Überhaupt scheint in der ganzen Welt plötzlich derTeufel los zu sein. Wir sind sowohl an der West- alsauch an der Ostküste angegriffen worden, sagt man,aber wir scheinen durchzuhalten. Unternehmen Gän-seblümchen und Unternehmen Golfplatz scheinenebenso zu funktionieren wie unser Dompfaff. VonEuropa soll, wie man sagt, nicht mehr viel übrig sein.

 Jeder beschießt dort jeden. Ein anderer Bericht sprichtdavon, daß sich auch die südamerikanischen Staaten bombardieren ... In Asien das gleiche Bild ... Das sindnatürlich alles noch Gerüchte, aber sobald ich etwasEndgültiges höre, sage ich euch Bescheid.

Wir haben uns bisher ganz gut geschlagen. UnsereVerluste liegen unter der erwarteten Quote – nur bei

etwa sieben Prozent; die Gegend zwischen Churchillund Belcher wurde völlig ausradiert. Deshalb habenwir zuletzt so wenig Bodenunterstützung bekommen... Wir hängen jetzt über der Hudson-Bay und fliegensüdwärts, um uns dort mit anderen Raketen zu einervertikalen Formation zusammenzuschließen. Mitnormalen Angriffswellen ist nicht mehr zu rechnen,

wie man sagt, aber man erwartet vereinzelte tiefflie-gende Kampfraketen – da geht es schon los! Auf diePosten, Leute! An die Geräte! Wir haben noch nichtsauf den Schirmen ...«

Die Schirme der A-Sektion blieben leer. Das tödli-che Geschoß näherte sich aus einer Richtung, für dieeine andere Sektion zuständig war. Auf den Schirmeneiner anderen Sektion raste es heran, der Feuerleitof-fizier einer anderen Sektion brüllte seine Befehle, und

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seine Technos bemühten sich, die Rakete abzuschie-ßen – und schossen daneben.

Im Blitz der nuklearen Reaktion starb Theodore K.Kinnison, ohne zu wissen, was mit ihm und seinemSchiff geschehen war.

Gharlane von Eddore betrachtete die verwüstete Erde und fand, daß sein Werk wohlgelungen war. Er wußte, daßviele hundert irdische Jahre vergehen würden, ehe er sichwieder um diesen Planeten kümmern mußte. Und so betä-

tigte er sich auf anderen Welten – auf Rigel IV, Palain VII und im Sonnensystem Velantia, wo sich die Geschöpfe sei-nes Ehrgeizes, die Overlords, nicht nach Plan entwickelten.Nachdem er sich dort eine Zeitlang aufgehalten hatte, kehr-te er nach Eddore zurück und  forschte unter den Mitgliederndes Inneren Kreises vergeblich nach weiteren Verrätern.

Und auf Arisia wurde eine große Entscheidung getrof-

 fen; es war die Zeit gekommen, den siegesgewissen Eddori-ern entgegenzutreten.»Wir sind also bereit, ihnen offen zu begegnen?« fragte

Eukonidor. »Den Planeten Erde ein zweitesmal von ge- fährlichen radioaktiven Stoffen zu befreien, ist nichtschwer. In unseren Schutzgebieten in Nordamerika wirdeine starke demokratische Regierung entstehen und auf die

 ganze Welt Einfluß nehmen. Der neue Staat wird sichschließlich sogar auf Mars und Venus ausdehnen. AberGharlane, der unter dem Namen Roger auftreten wird, hatdurch seine Jupiterwesen bereits den Keim für die Jupiter-kriege gelegt und wird ...«

»Deine Vision, Jüngling, ist sehr exakt. Fahre fort!«»Die interplanetarischen Kriege sind natürlich unver-

meidlich und werden dazu dienen, die Regierung der Pla-neten-Liga zu stärken und zu einigen ... es sei denn, daß

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Gharlane ... Nein, Gharlane wird zuerst gar nicht erken-nen, daß wir ... erst der Nevianische Krieg wird ihm undden Eddoriern unsere Gegenwart enthüllen, aber dannwerden wir bereit sein und werden Roger nur noch die Artvon Bewegungsfreiheit lassen, die der galaktischen Zivili-sation von Vorteil ist. Wir haben Nevia als einen der wich-tigsten Faktoren in unsere Pläne aufgenommen, weil dieserPlanet in einem entfernten Winkel der Galaxis liegt undweil er ein Wasserplanet ist. Er wird also für die Eddoriervöllig uninteressant sein. Wir werden den Nevianern einen

ersten Einblick in die Geheimnisse des trägheitslosen An-triebs gewähren, so daß sie ihre Raumschiffe mit Über-lichtgeschwindigkeit durch das All steuern können. Damitist die Situation hinreichend umrissen, nicht wahr?«

»Sehr gut, Eukonidor«, erwiderten die Weisen Arisias.»Eine umfassende Schilderung.«

 Mehrere irdische Jahrhunderte vergingen. Die Mensch-

heit durchlebte die Nachkriegswirren und begann nachdem Wiederaufbau schnell die ersten Fortschritte zu ma-chen. Schließlich war die Einheit auf der Erde hergestellt,und es dauerte nicht lange, bis sich zu dieser Welt einezweite und eine dritte gesellte und der Freundschaftsbundder Liga entstand. Es folgten die Jupiterkriege, und aus derGemeinschaft wurde eine feste, unzerbrechliche Einheit.

Keiner der Eddorier wußte von diesen phantastischenFortschritten, und als Gharlane mit seinem gewaltigenRaumschiff in das Sonnensystem zurückkehrte, glaubte erauf einen Planeten zu treffen, dessen Bewohner die Stufeder Barbarei eben überwunden hatten.

Es sei an dieser Stelle noch vermerkt, daß in all den Jahrhunderten niemals ein Mann namens Kinnison ein Mädchen mit rotbronzenen Haaren und goldfleckigen Au- gen heiratete.

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7

Den Passagieren der Hyperion schien es, als ob ihrSchiff bewegungslos im All verharrte, doch das wareine Täuschung. Der interplanetarische Linienraumer bewegte sich mit normaler Beschleunigung. In derAbgeschiedenheit des Kontrollraumes läutete eineGlocke, und Captain Bradley studierte stirnrunzelnddie eben eingegangene Meldung, die er vom wachha-

 benden Zweiten Offizier verlesen ließ.»Berichte der Such-Patrouillen nach wie vor nega-tiv.«

»Nach wie vor negativ.« Der Zweite Offizier schloßnachdenklich die Augen. »Sie haben nun schon über-all gesucht – auch dort, wo nach menschlichem Er-messen keine Wrackteile sein dürften. Es ist wirklich

unerklärlich – zwei Vermißtenanzeigen in einem Mo-nat – zuerst die Dione , und dann die Rhea –, und beidesind spurlos verschwunden. Nichts wurde gefunden– kein Wrackteil, kein Rettungsboot. Sieht schlimmaus, Sir. Bei einem Schiff hätte man an einen Unfallglauben können, zwei Schiffe könnte man noch füreinen Zufall halten ...« Seine Stimme erstarb.

»Aber bei drei Schiffen dürfte es schon zur Ge-wohnheit werden«, führte der Captain den Gedankenzu Ende. »Was auch immer vorgefallen ist – es mußaußerordentlich schnell passiert sein. Beide Schiffehaben sich nicht mehr gemeldet; ihre Positionssignalehörten einfach auf. Aber sie waren natürlich nicht mitunseren Ortungssystemen und unserer Bewaffnungausgerüstet. Wenn man den Bodenstationen Glaubenschenken darf, sind wir im Augenblick in diesem

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Raumsektor allein, aber ich traue nicht mal mehrmeiner eigenen Großmutter. Sie haben die bespro-chenen Maßnahmen getroffen?«

»Jawohl, Sir. Es ist alles angeordnet. – Die Ortungs-schirme laufen auf voller Leistung, alle drei Verteidi-gungsschirme sind eingeschaltet, die Projektoren sindständig bemannt, und die Raumanzüge hängen be-reit. Jedes fremde Objekt wird sofort untersucht –und wenn es sich dabei um ein Raumschiff handelte,wird es aufgefordert, außerhalb unseres Kampfberei-

ches zu bleiben. Was sich trotzdem bis in Zone Vieran uns heranwagt, wird sofort angegriffen.«»In Ordnung – weitermachen.«»Es ist mir im übrigen unverständlich, wie die

Schiffe verschwinden konnten, Sir. Es gibt keinSchiffsmodell, das sich mit einem anderen Schiff heimlich davonmachen könnte. Unmöglich. Ich be-

ginne mich zu fragen, ob in den wilden Gerüchtender letzten Zeit vielleicht nicht doch ein wahrer Kernsteckt.«

»Natürlich nicht«, schnaubte der Captain. »Piratenin überlichtschnellen Schiffen – Subätherstrahlen –Antischwerkraft – trägheitsloser Antrieb – lächerlich!Das All steckt nicht voller Geheimnisse dieser Art –

das ist oft genug bewiesen worden. Nein, wenn wires hier mit Piraten zu tun haben – und es sieht mirganz danach aus –, werden es diese Herren über kurzoder lang mit einem vorzüglich ausgerüsteten Linien-schiff mit drei Schutzschirmen und einer Batterieausgezeichneter Multiplex-Kanonen zu tun bekom-men – und sie werden Fersengeld geben. Piraten,Neptuner, Engel oder Teufel – wenn sie sich mit derHyperion einlassen, ist es um sie geschehen!«

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Der wachhabende Offizier verließ den Tisch desCaptains und konzentrierte sich wieder auf seinePflichten. Die sechs großen Ortungsbildschirme, dieunter Beobachtung des diensthabenden Ortungsper-sonals standen, waren absolut leer; die überempfind-lichen Ortungsschirme vermeldeten kein Hindernis –auf eine Entfernung von mehreren tausend Kilome-tern war das Weltall in jeder Richtung absolut leer.Die Signallampen auf der Kontrolltafel des Pilotenwaren dunkel, seine Geräte schwiegen. Ein gleißen-

der Lichtpunkt in der Mitte des Pilotenschirmes, dervon einem millimeterdichten Netz winziger Linienüberzogen war, zeigte die Position des Schiffes an.

Es befand sich genau auf dem vorausberechnetenKurs.

»Alles in Ordnung, Sir«, wandte sich der wachha- bende Zweite Offizier an Captain Bradley, doch das

war entschieden nicht der Fall.Dem Schiff drohte Gefahr – eine um so größere Ge-fahr, als sie von innen kam –, und diese Gefahr be-drohte den Lebensnerv des großen Schiffes. In einemverschlossenen und abgeschirmten Raum tief im In-neren der Hyperion lag das Herzstück der gewaltigenKlimaanlage. Ein Mann lehnte am Verteiler-

Hauptrohr, durch das die reine Luft geblasen wurde,ehe sie sich im ganzen Schiff verteilte. Der Mann, derin seinem schweren Raumanzug grotesk wirkte,setzte vorsichtig einen Bohrer an und begann einLoch in die nicht sehr dicke Stahlwand zu bohren. Einlautes Zischen zeigte gleich darauf an, daß er seinZiel erreicht hatte. Die Öffnung wurde sofort durcheine passende Gummiröhre geschlossen, die in einemkleinen Gummiball endete. Dieser umschloß eine

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zerbrechliche Glasampulle. Der Mann nahm einegroße Taschenuhr zur Hand und warf einen Blick darauf; mit der anderen Hand hielt er den geheim-nisvollen Gummiball. Ein Lächeln huschte über seinGesicht, während er die Minuten des Wartens ausko-stete – des Wartens auf den Augenblick, da sich seinerechte Hand schließen und den Inhalt der Ampulle inden lebensspendenden Luftstrom der Hyperion entla-den würde.

Einige Stockwerke darüber war im großen Ver-sammlungsraum des Schiffes die abendliche Tanz-party im Gange. Das Schiffsorchester beendete ein besonders schwungvolles Stück, lebhafter Beifallklang auf, und Clio Marsden, strahlender Mittelpunktdieser Reise, führte ihren Partner auf die Promenadean einen der Beobachtungsbildschirme.

»Oh, wir können die Erde nicht mehr sehen«, rief sie. »Wie muß man das hier drehen, Conway?«»Ganz einfach«, erwiderte Conway Costigan, der

stämmige Erste Offizier des Schiffes, und drehte anden Knöpfen. »Hier – dieser Bildschirm ist für denAusblick nach rückwärts – oder nach unten, wie duwillst. Der andere ist für die andere Richtung.«

Die Erde war ein heller kleiner Halbmond, überdem die Planeten Mars und Jupiter deutlich sichtbarwaren – eingerahmt von den dimensionslosen Punk-ten unzähliger Sterne auf dem tiefschwarzen Hinter-grund des grenzenlosen Alls.

»Ist das nicht wundervoll«, rief das Mädchen ehr-fürchtig. »Natürlich ist das für dich ein alltäglicherAnblick, aber ich bin bisher eine Erdratte gewesen,und ich könnte mein ganzes Leben hier verbringen

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und einfach nur hinausschauen. Deshalb komme ichnach jedem Tanz so gern hierher. Weißt du, ich ...«

Abrupt unterbrach sie sich, machte einen keuchendenAtemzug und packte mit erstaunlicher Kraft seinenArm. Er starrte sie überrascht an und begriff augen- blicklich – er verstand die Botschaft, die in ihren Augenzu lesen stand – in diesen unnatürlich vergrößertenund starren Augen, in denen das blanke Entsetzenleuchtete, als sie hilflos zu Boden sank. Costigan hieltaugenblicklich den Atem an, riß sich das Mikrophon

vom Gürtel und stellte den Hebel auf Notfrequenz.»Kontrollraum!« keuchte er mit letzter Kraft. SeineStimme dröhnte aus den Lautsprechern des Schiffes.»WT-Gas! Schotten dicht!«

Seine Lungen schnappten nach Luft, und  nur mit äu-ßerster Anstrengung unterdrückte er das übermäch-tige Verlangen, zu atmen. Mit dem ohnmächtigen Mäd-

chen auf den Armen stürzte er durch eine Nebentürauf das nächste Rettungsboot zu. Orchesterinstru-mente polterten zu Boden, und tanzende Paare san-ken in sich zusammen, als der Erste Offizier die Türdes Rettungsbootes öffnete und quer durch die Kabi-ne auf die rettenden Luftventile zustürzte. Er öffnetesie weit und sog die kühle Tankluft in vollen Zügen

ein. Dann hielt er erneut den Atem an und zog einender Raumanzüge über, die in dem Rettungsboot ver-staut waren. Weit öffnete er die Ventile, um etwaigeGasreste sofort aus seiner Uniform zu beseitigen.

Dann widmete er sich seiner Begleiterin. Mit einemStrahl aus reinem Sauerstoff versuchte er, ihre Lun-gen wieder zum Arbeiten zu bringen. Sie machte ei-nen tiefen Atemzug, verschluckte sich und hustete,und wieder drückte er ihr Gesicht gegen das lebens-

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spendende Ventil.»Steh auf«, schnappte er, als sie langsam das Be-

wußtsein wiedererlangte. »Klammere dich hier festund halte dein Gesicht im Luftstrom, bis ich dir einenRaumanzug besorgt habe. Verstanden?«

Sie nickte schwach. Er vergewisserte sich, daß siesich aus eigener Kraft am Ventil aufrechthalten konn-te, und hatte ihr eine Minute später einen schützen-den Raumanzug übergezogen. Sie setzte sich auf eineBank, um wieder zu Kräften zu kommen, während er

den Visi-Projektor des Bootes auf den Kontrollraumeinstellte. Dort entfalteten einige in Raumanzüge ge-kleidete Männer eine fieberhafte Aktivität.

»Da hat uns einer ganz schön hereingelegt, ver-dammt noch mal«, sagte Costigan und CaptainBradley – Formalitäten wurden in den Raumschiffender Liga oft als überflüssig erachtet. »Irgend jemand

hat mit unserer Luftanlage herumgespielt! Vielleichtsind die beiden anderen Schiffe den Piraten auf diegleiche Weise in die Hände gefallen. Könnte eineZeitbombe gewesen sein, obwohl ich mir nicht vor-stellen kann, wie so etwas möglich ist. Das Gebietdort unten wird laufend überwacht, außerdem kannnur Franklin den Schutzschirm des Klimaraumes

neutralisieren. Ich werde mich mal umsehen. An-schließend komme ich zu Ihnen hinauf.«

»Was war los?« fragte das Mädchen mit unsichererStimme. »Ich glaube mich zu erinnern, daß du etwasüber WT-Gas gesagt hast, aber das kann doch nichtstimmen! Was für ein Mensch muß das sein, der die-ses tödliche Gas rücksichtslos benutzt, um ... Du hastmir das Leben gerettet, Conway, dafür möchte ich dirdanken ... was ist mit den anderen?«

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»WT, ganz recht – das gefährlichste Gas, das wirkennen. Sein Gebrauch ist streng verboten«, erwi-derte Costigan, während er auf den Visi-Projektorstarrte, der inzwischen tief in das Innere des Schiffesvorgedrungen war. »Die Strafe für seine Anwendungund seinen Besitz ist der sofortige Tod. Gangster undPiraten machen davon Gebrauch, weil sie sowiesonichts zu verlieren haben; sie stehen ohnehin auf derAbschußliste jedes Liga-Schiffes. Übrigens brauchstdu mir nicht dankbar zu sein. Bei den anderen ist es

zwar für eine Behandlung mit Sauerstoff zu spät, aberes gibt noch ein sehr gutes Gegenmittel, das wir stets bei uns tragen. Und wir verstehen damit umzugehen,denn das WT-Gas wird leider trotz des Verbotes sehroft benutzt, so daß wir uns dagegen wappnen muß-ten. Wir werden sie also wieder zum Leben erweckenkönnen, wenn sich die Luft erneuert hat. Wann das

der Fall sein wird, hängt allerdings davon ab, wie wirmit dem Mann fertigwerden, der für den Überfallverantwortlich ist ... Ah, da ist der Bursche. Wie ver-mutet, steckt er in Franklins Anzug, aber der Mannist mir unbekannt. Er muß zu den Passagieren gehö-ren. Offenbar hat er den Chefingenieur betäubt undsich seines Anzugs und seiner Waffe bemächtigt.

Dann hat er ein Loch in den Luftkanal gebohrt undpffft! war es um uns geschehen! Vielleicht ist seineRolle bei dem Komplott damit bereits ausgespielt,aber ich werde dafür sorgen, daß es seine letzte war!«

»Du kannst unmöglich dort hinunter«, protestiertedas Mädchen. »Er hat einen schweren Schutzanzug,Conway. Außerdem trägt er Franklins Lewiston mitsich herum!«

»Wie soll ich sonst an ihn heran?« fragte er. »Wir

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können nicht zulassen, daß sich ein Pirat an Bordherumtreibt. Wir werden mit den anderen Piratensowieso bald alle Hände voll zu tun bekommen.Mach dir keine Sorgen – ich werde schon vorsichtigsein. Ich werde mich vorsichtshalber mit einer Stan-dish bewaffnen – damit kann ich ihn mühelos imZaum halten, wenn er Schwierigkeiten machen sollte.Du bleibst hier, bis ich dich wieder abhole!« Dieschwere Tür des Rettungsbootes schlug hinter ihmzu, und er sprang in den Promenadenflur hinaus.

Sein Weg führte ihn durch den Tanzsaal, wo re-gungslose Gestalten am Boden lagen, um die er sichim Augenblick nicht kümmern konnte. Er trat an eineMetallwand, betätigte einen unsichtbaren Hebel, derin die Metallfläche eingelassen war, öffnete eineschwere Tür und hob die Standish heraus – eineschwere und furchteinflößende Waffe. Sie war ge-

drungen und unförmig und ähnelte einer übergroßenMaschinenpistole. Allerdings hatte sie ein kurzes,dickes Teleskop und mehrere Reflektoren. Das Ge-wicht der Waffe machte ihm zu schaffen, als er sichdurch die Korridore heckwärts arbeitete. Ein Stock-werk nach dem anderen ließ er hinter sich zurück,ohne den Eindringling zu entdecken. Schließlich er-

reichte er die Räumlichkeiten der Klimaanlage undlächelte grimmig, als ihm das grünliche Leuchten an-zeigte, daß das Schutzfeld noch in Betrieb war. DerPirat befand sich also noch immer dort drinnen undwar offensichtlich noch immer damit beschäftigt, dasLuftsystem der Hyperion mit dem tödlichen WT-Gaszu verseuchen.

Er setzte seine Waffe ab, spreizte ihre drei massi-ven Standbeine, kauerte sich nieder und warf einen

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Hebel herum. Die Reflektoren erglühten und schick-ten dunkelrote Strahlen aus, die mit besorgniserre-gendem Knistern auf den Schutzschirm trafen. Zi-schend und dröhnend tobte der Kampf zwischen denEnergien, und schließlich brach die grünliche Strah-lung unter dem roten Ansturm zusammen. Nunstürmten die Strahlen der Standish gegen die Me-talltür ein, deren Farbe von rot zu gelb wechselte unddie schließlich weißglühend zerbarst. Durch dieÖffnung sah Costigan eine Gestalt im Schutzanzug

des Chefingenieurs – der Pirat! Der Anzug war sodick, daß er für kurze Zeit sogar dem Ansturm derStandish standhalten konnte, aber der Pirat gedachtenicht ohne Gegenwehr unterzugehen. Seine Lewistonspie tödliches Feuer, das jedoch an dem Schutzschirmder Standish wirkungslos abprallte. Aber auch Costi-gan hatte seinen letzten Trumpf noch nicht ausge-

spielt; die Waffe, der er sich anvertraut hatte, ver-mochte nicht nur Energiestrahlen zu verschicken. Erlegte einen Hebel um, und im gleichen Augenblick ertönte eine gewaltige Explosion, die in dem kleinenRaum unerträglich laut widerhallte. Eine Halbkilo-Granate hatte den Schutzschirm des Piraten durch-schlagen und ihn zerfetzt. Costigan desaktivierte sei-

ne Standish und vergewisserte sich, daß die Klima-anlage durch den Kampf keinen Schaden genommenhatte.

Dann baute er seine Waffe ab und schaffte sie wie-der in den Tanzraum. Er verstaute sie an ihrem Platzund kehrte zum Rettungsboot zurück. Clio schluchzteerleichtert auf, als sie ihn unverletzt wiedersah.

»Oh, Conway«, rief sie. »Ich hatte befürchtet, eswürde dir etwas passieren. Natürlich hast du ihn ...«

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»Natürlich«, erwiderte er lakonisch. »Es war nichtanders zu machen. Wie fühlst du dich? Geht es wie-der einigermaßen?«

»Ich glaube, ja. Natürlich habe ich eine Todesangstdurchgestanden und würde mich am liebsten in eineOhnmacht flüchten. Ich glaube zwar nicht, daß ich dirviel helfen kann, aber was in meiner Macht steht,werde ich gern tun.«

»Fein. Es ist durchaus möglich, daß wir ohne dichgar nicht auskommen. Wir müssen jetzt so schnell

wie möglich in den Kontrollraum, Clio. Jeder Mannwird gebraucht, denn anscheinend hat es fast alle er-wischt. Nur wenige haben rechtzeitig etwas ge-merkt.«

»Aber wieso hast du gleich Bescheid gewußt? Mankann das Gas doch nicht sehen, und riechen kannman es auch nicht.«

»Du hast seine Wirkung eine Sekunde vor mir zuspüren bekommen, und ich konnte deine Augen se-hen. Das ist das deutlichste Zeichen, und wenn dueinmal erlebt hast, wie ein Mann an einer WT-Vergiftung starb, wirst du so etwas nicht mehr ver-gessen. Das Maschinenpersonal hat es unten natür-lich zuerst erwischt, und ich glaube nicht, daß sich

dort noch jemand rührt. Dann waren wir im Salon ander Reihe, und zum Glück wurde ich durch deineOhnmacht noch rechtzeitig gewarnt. Glücklicherwei-se hatte ich auch noch genug Atem, um die anderenzu warnen. Weiter oben müßte es eigentlich wenigerAusfälle gegeben haben. Na ja, wir werden sehen.«

»Ich glaube, ich weiß, warum du mich gerettet hast– als Dank dafür, daß ich dich so schön gewarnt habe,nicht wahr?« Sie lachte spitzbübisch.

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»So etwa«, erwiderte er, auf ihren Ton eingehend.Der Kontrollraum war von etwa einem Dutzend

Gestalten in Raumanzügen bevölkert. Es herrschteeine ungewöhnliche Ruhe, denn die Männer saßenunbeweglich vor ihren Instrumenten. Sie waren inhöchster Alarmbereitschaft. Es war ein großerGlücksfall für das Schiff gewesen, daß Costigan – dertrotz seines geringen Alters schon zu den Veteranendes Weltalls zählte – den gefährlichen Gasangriff rechtzeitig erkannt hatte; es war ein Glücksfall gewe-

sen, daß er das gefährliche Gas aus eigener Erfahrungkannte und noch die Kraft gehabt hatte, seine Kame-raden zu warnen. Captain Bradley, die wachhaben-den Offiziere und einige andere Männer in ihrenQuartieren hatten dem gekeuchten Warnruf augen- blicklich gehorcht und die ›Schotten dicht‹ gemacht.Was sie auch gerade taten – sie hatten die Luft ange-

halten und waren in ihre rettenden Raumanzüge ge-sprungen, nicht ohne sie sofort mit einer Sauerstoff-dusche gründlich zu reinigen.

Costigan bedeutete dem Mädchen, sich in einemder freien Sessel niederzulassen, dann zog er vorsich-tig seinen eigenen schweren Raumanzug an und nä-herte sich dem Captain.

»Etwas zu sehen, Sir?« fragte er und salutierte. »Ichhätte fast erwartet, daß die Burschen eher losschlagenwürden.«

»Ich möchte fast annehmen, daß sie schon losge-schlagen haben. Wir können sie nur nicht orten. Wirhaben einen Fern-Ortungsschirm errichtet, der au-genblicklich neutralisiert wurde. Schauen Sie sich dasan!«

Der Captain deutete auf die Beobachtungsschirme,

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die anstelle eines beweglichen dreidimensionalenBildes eine gleißende Lichtfläche zeigten. Aus denLautsprechern drangen knisternde Störgeräusche.

»Das gibt es einfach nicht!« explodierte Bradley.»Unsere Instrumente sagen, daß sich innerhalb dervierten Zone kein Gramm fremdes Metall befindet,und doch können sie uns mit einem so starken Felderreichen. Mein Zweiter Offizier scheint an Geister zuglauben. Was meinen Sie dazu, Costigan?« DerKommandant, der noch zur alten Schule gehörte, war

wütend und verwirrt und lehnte sich innerlich gegendiesen unsichtbaren und unaufspürbaren Gegner auf,dem er endlich Auge in Auge gegenübertreten wollte.Angesichts des Unerklärlichen ließ er den Meinungenseiner jüngeren Offiziere allerdings größeren Spiel-raum als sonst.

»Ich bin der Meinung, daß wir uns hier einem ganz

realen Tatbestand gegenübersehen«, sagte Costigan bitter. »Offensichtlich besitzt der Gegner etwas, vondem wir noch keine Ahnung haben. Aber warumauch nicht? Schiffe wie die Hyperion bekommenwirkliche Neuerungen erst eingebaut, wenn sie meh-rere Jahre erfolgreich erprobt worden sind. Dagegenkönnen es sich die Piraten leisten, jeweils mit den

neuesten Geräten zu operieren. Das einzige Positivean unserer Situation ist meiner Meinung nach dieTatsache, daß wir vor dem geheimnisvollen Attentatnoch einen Funkspruch absetzen konnten. Das wirdes den anderen Schiffen ermöglichen, unsere Spuraufzunehmen. Aber das wissen die Piraten ebensowie wir, und ich möchte meinen, daß sie nicht mehrlange warten werden.«

Und damit sollte er recht behalten, denn ehe er

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weitersprechen konnte, flammte der Außenschirmder Hyperion weiß auf, und auf den Beobachtungs-schirmen erschien das Bild des Piratenschiffes, einesriesigen schwarzen Torpedos, der sofort zum Angriff überging.

Der Gegenschlag der Hyperion ließ nicht lange auf sich warten, und unter dem Ansturm der Energienleuchteten die gegnerischen Schutzschirme rotglü-hend auf. Schwere und schwerste Kanonen, derenRückstoß das riesige Schiff erzittern ließ, schickten ih-

re Explosionsgeschosse auf die Reise. Doch derKommandant des Piratenschiffes kannte offensicht-lich die Stärke des Linienschiffes und wußte, daß ihreWaffen gegen die ihm zur Verfügung stehendenEnergien machtlos waren. Seine Schirme waren un-durchdringlich, und die Geschosse detonierten imAll, ohne Schaden anzurichten. Plötzlich schoß ein

grellweißer Flammenstrahl auf die Hyperion zu,durchdrang ihre gewaltigen Abwehrschirme und dasMetall ihrer Außen- und Innenwände. Augenblicklichsanken sämtliche Schirme in sich zusammen, und dieBeschleunigung des Schiffes verminderte sich auf einViertel des bisherigen Schubs.

»Volltreffer im Batterieraum«, stöhnte Bradley.

»Was ist mit dem Notantrieb? Ohne Schirme sind wirgeliefert – und in der Offensive kommen wir auchnicht weiter!«

In diesem Augenblick schwang der tödliche Strahlherum, durchstieß einen Teil des Kontrollraums, pul-verisierte den Piloten, die Waffenleitzentrale und dieBeobachtungsstelle. Die Luft entwich, und die Anzü-ge der drei Überlebenden blähten sich ruckartig auf.

Costigan stieß den Captain zur Seite; er packte das

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Mädchen am Arm und schob sie in die gleiche Rich-tung.

»Raus hier«, brüllte er. Die Sprechgeräte der Rau-manzüge nahmen automatisch ihre Arbeit auf. »DiePiraten können uns nicht sehen, denn offensichtlichsteht unser Tarnschirm noch, der für ihre Ortungs-strahlen undurchdringlich ist. Wahrscheinlich arbei-ten sie mit Hilfe von Seitenrißzeichnungen der Hype-rion!«

Hastig öffnete er eine Tür, die nun zum Außen-

schott einer Luftschleuse geworden war, und drängtedie beiden anderen hinein. In aller Eile arbeiteten siesich durch mehrere Passagierdecks heckwärts und er-reichten schließlich ein Rettungsboot, dessen einzigerEingang das Ende eines Korridors bildete. Hier hoff-ten sie zunächst in Sicherheit zu sein. Bereits auf denletzten Metern ihrer Flucht spürten sie an den verän-

derten Schwerkraftverhältnissen, daß sich die Hype-rion wieder in Bewegung gesetzt hatte. Offensichtlichwurde das hilflose Schiff durch Tranktorstrahlen derPiraten beschleunigt, so daß es sich fast wie aus eige-ner Kraft durch den Raum bewegte.

»Was halten Sie davon, Costigan?« fragte CaptainBradley. »Die scheinen uns abzuschleppen.«

»Sieht so aus. Und sie haben es eilig. Daß uns diePiraten doch einiges voraus haben, kann wohl nie-mand mehr bezweifeln. Ich werde uns trotzdem einpaar Standish-Strahler und noch einen Raumanzug besorgen. Es ist besser, wenn wir uns rechtzeitig ein-decken.« Und nach kurzer Zeit hatte sich das kleineRettungsboot in eine waffenstarrende Festung ver-wandelt.

»Hier«, sagte Costigan und reichte dem Mädchen

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einen schweren Raumanzug. »Nur um sicherzuge-hen. Mit den dünnen Anzügen kommt man bei einemrichtigen Kampf nicht weit. Wie ist das, mit einerStandish hast du noch nicht geschossen, oder?«

»Nein, aber das kann ich ja lernen«, sagte sie.»Es ist ziemlich eng hier, so daß wir nur zwei Waf-

fen gleichzeitig zum Tragen bringen können, aberfalls einer von uns ausfallen sollte, kannst du ein-springen. Und wenn du schon den Anzug wechselst –hier sind ein paar Spezialsender und Detektoren, die

dir sicherlich helfen werden. Diese kleine Scheibe istan einer Stelle anzubringen, wo sie nicht so leicht ge-funden werden kann. Und dann die Armbanduhr –es ist ratsam, daß du sie von jetzt ab ständig bei dirhast. Auch diese Halskette solltest du nicht mehr ausden Augen lassen. Und dann diese Kapsel – sie istsehr wichtig und darf auf keinen Fall gefunden wer-

den. Notfalls kannst du sie verschlucken. Aber dudarfst sie dir nicht abnehmen lassen oder sie verlieren– ohne sie sind die anderen Geräte wertlos, die unseine ungestörte Verständigung ermöglichen, auchwenn wir drei getrennt sind. Captain Bradley und ichtragen eine ähnliche Ausrüstung, so daß die Verbin-dung zwischen uns nicht mehr abreißen kann.«

»Vielen Dank, Conway«, sagte Clio und machtesich sofort daran, seine Anweisungen zu befolgen.»Aber glaubst du nicht, daß uns unsere eigenen Schif-fe bald eingeholt haben? Ich denke, wir haben einenFunkspruch ...«

»Ich fürchte, soweit es uns betrifft, sind die Or-tungsschirme unserer Freunde leer.«

Captain Bradley hatte das Gespräch verständnislosverfolgt. Er hatte erstaunt die Augen aufgerissen, als

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Costigan davon sprach, daß auch Captain Bradley ei-ne solche ›Ausrüstung‹ habe. Als sich das Mädchenzum Umziehen zurückzog, wandte er sich an seinenErsten Offizier.

»Ich verstehe, Sir.« In seiner Stimme schwang einneuer, respektvoller Unterton. »Sie haben etwas vonSpezialgeräten gesagt, und nun geht mir ein Lichtauf. Das erklärt auch einige andere Dinge – zum Bei-spiel, daß Sie das WT-Gas erkannt und so überausschnell reagiert haben und ... Aber wieso wird mir

vom Geheimdienst ein Erster Offizier in die Mann-schaft geschmuggelt ...?«»Darüber können wir uns später noch unterhal-

ten«, erwiderte Costigan. »Jetzt ist zunächst folgendeswichtig. Dem Mädchen gegenüber halten wir denMund. Ich werde ihr die Spielereien wieder abneh-men, wenn alles vorüber ist, und sie wird niemals er-

fahren, daß die Apparate nicht zur normalen Ausrü-stung gehören. Was sie betrifft, weiß ich, daß Sie denMund halten können. Deshalb bekommen Sie jetztauch einen Satz Geräte. Wichtiger ist jedoch, daß wirmeiner Meinung nach in einer wirklichen Klemmestecken. Unsere Chance, hier lebend herauszukom-men, ist fast gleich Null ...«

In diesem Augenblick kam das Mädchen zurück,und das Gespräch wurde nicht fortgesetzt.

Die nächsten Stunden verliefen ereignislos. Die dreiMenschen warteten geduldig, bis endlich eine Verän-derung der Schwerkraftverhältnisse anzeigte, daß dieBeschleunigung nachgelassen hatte. Nach einer kur-zen Diskussion schaltete Captain Bradley den Visi-Projektor ein und schickte einen Suchstrahl in diedem feindlichen Schiff entgegengesetzte Richtung.

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Die drei starrten auf den kleinen Schirm, auf demnichts zu sehen war als die unvorstellbare Weite desAlls. Doch während sie nach einem fremden ObjektAusschau hielten, wurde ein Teil der Sterne von einerriesigen Kugel ausgelöscht, die in einen seltsamen iri-sierenden Schimmer gehüllt war – von einer Kugel,die so nahe und so gewaltig war, daß sie fast einemPlaneten ähnelte. In diesem Augenblick wurde dasSchiff gestoppt – schwerelos verharrte es vor dermetallenen Außenhülle des künstlichen Planetoiden,

eine riesige Tür glitt zur Seite, und eine Luftschleusenahm die Hyperion auf. Sanft kam das Schiff in denHalterungen eines Landegestells zur Ruhe.

»Jetzt sind wir also am Ziel – was immer dieses Zielauch sein mag«, sagte Captain Bradley grimmig.

»Mit dem Feuerwerk kann es nicht mehr langedauern«, fügte Costigan hinzu und blickte das Mäd-

chen fragend an.»Nimm auf mich keine Rücksicht«, beantwortetesie seine unausgesprochene Frage. »Vom Ergebenhalte ich ebensowenig wie du.«

»Recht so.« Und die beiden Männer kauerten sichhinter ihre gedrungenen Waffen.

Sie brauchten nicht lange zu warten. Eine Gruppe

Menschen – allem Anschein nach Amerikaner – er-schien in dem kleinen Flur, und Costigan und Brad-ley schossen sofort. Doch die dunkelroten Todes-strahlen der beiden Waffen erreichten ihr Ziel nicht,sondern prallten mitten im Gang auf einen Abwehr-schirm von unvorstellbarer Dichte. Ohne zu zögernsetzten Costigan und Bradley die Explosivgeschosseihrer Standish-Strahler ein, die den geheimnisvollenSchirm ebenfalls nicht durchdrangen, sondern ein-

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fach verschwanden – ohne zu explodieren und ohneeine Spur zu hinterlassen.

Costigan sprang auf, aber ehe er seinen Angriffsplanin die Tat umsetzen konnte, erschien neben ihm eineriesige Öffnung. Etwas hatte mühelos einen Tunnel indie Wände des Raumschiffes geschnitten, und Costigan,Bradley  und das Mädchen fühlten sich von  unsichtba-ren Kräften angehoben und davongetragen. Sie schweb-ten durch eine Luftschleuse und durch zahlreiche Gän-ge, die sich äußerlich sehr ähnlich waren. Schließlich

wurden sie in einem Büro abgesetzt, das einem irdi-schen Geschäftsmann hätte gehören können. Aller-dings ähnelte der riesige Schreibtisch eher einem Kom-mandostand. Er war überladen mit Hebeln, Fernseh-schirmen, Knöpfen und Instrumenten aller Art.

Hinter dem Schreibtisch saß regungslos ein grauerMann. Alles an ihm war grau – seine Kleidung, sein

Haar, seine Augen – sogar seine Haut schien einengrauen Schimmer zu haben.»Captain Bradley, Erster Offizier Costigan, Miß

Marsden«, sagte er mit fester Stimme. »Ich hatte ansich nicht die Absicht, Sie so lange am Leben zu las-sen. Aber das ist ein Aspekt der Angelegenheit, denwir im Augenblick außer acht lassen wollen. Sie wer-

den jetzt Ihre Raumanzüge ausziehen.«Die beiden Offiziere rührten sich nicht; offen

 blickten sie den Sprecher an, ohne mit der Wimper zuzucken.

»Ich bin es nicht gewohnt, meine Anordnungenzweimal zu erteilen«, fuhr der Mann hinter demSchreibtisch fort; sein Tonfall hatte sich nicht verän-dert, doch in seinen Worten schwang eine tödlicheDrohung mit.

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»Sie haben die Wahl: Entweder legen Sie sofort IhreRaumanzüge ab, oder Sie sterben auf der Stelle.«

Costigan trat hinter Clio und half ihr beim Ablegendes schweren Anzugs. Dann verständigten sich die beiden Offiziere durch einen schnellen Blick, warfendie Anzüge ab und feuerten im gleichen Augenblick –Bradley mit seiner Lewiston und Costigan mit einerschweren automatischen Pistole, deren Geschosse ei-ne hohe Durchschlagkraft erreichten. Aber der Mannin Grau war von einer undurchdringlichen Ener-

gieglocke umgeben und lächelte die beiden Angreifermitleidig an. Costigan biß die Zähne zusammen,sprang auf und wurde von der unsichtbaren und un-nachgiebigen Wand zurückgeschleudert. Ein Traktor-strahl rief ihn zur Vernunft. Die Waffen wurden den beiden Männern aus den Händen gerissen.

»Ich werde Ihnen diese kleine Schau ausnahmswei-

se durchgehen lassen – eine bessere Demonstrationfür die Sinnlosigkeit eines Fluchtversuches gibt esnicht.« Die Stimme des Mannes gewann an Schärfe.»Aber weitere Dummheiten werde ich unter keinenUmständen dulden. Übrigens muß ich mich nochvorstellen, mein Name ist Roger. Sie haben vermut-lich noch nicht von mir gehört; ich bin auf der Erde

relativ unbekannt und gedenke an diesem Tatbestandauch nichts zu ändern. Ob Sie am Leben bleiben,hängt einzig und allein von Ihnen ab. Da ich jedochdie Menschen zu studieren pflege und mich inzwi-schen für einen guten Menschenkenner halte, fürchteich fast, daß Sie bald sterben werden. Sie haben sichals fähige und einfallsreiche Männer erwiesen, undSie können mir wertvolle Dienste leisten, aber wie ichSie einschätze, werden Sie mein Angebot ausschlagen

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– was natürlich Ihren Tod zur Folge haben wird. Aberdarüber können wir uns später noch unterhalten. Siewerden mir schon allein dadurch von Nutzen sein,daß ich Sie eliminieren kann. In Ihrem Fall, MißMarsden, schwanke ich noch zwischen zwei Mög-lichkeiten; jede wäre höchst interessant für mich, aberleider schließen sie einander aus. Ihrem Vater würdees ein Vergnügen sein, Sie gegen ein hohes Lösegeldwieder in die Arme zu schließen, aber vielleicht ent-schließe ich mich auch, Sie für eine besondere Studie

über Sex einzusetzen.«»Das bilden Sie sich ein!« Mit funkensprühendenAugen richtete sich Clio auf. »Sie glauben vielleicht,daß Sie mit mir tun können, was Sie wollen, aber dahaben Sie sich getäuscht!«

»Es ist wirklich erstaunlich, daß schon das Wortallein bei den jungen Frauen eine so ungerechtfertigte

Reaktion hervorruft!« Rogers Blick schien Clio zudurchbohren. Das Mädchen schauderte zusammen.»Aber die Entstehung des Lebens scheint in diesemKontinuum in besonderem Maße von diesem völligunlogischen und paradoxen Phänomen abhängig zusein. Wirklich verblüffend. Ich muß unbedingt mehrdarüber herausbekommen.«

Roger drückte auf einen Knopf, und eine großeFrau von unbestimmbarem Alter betrat das Zimmer.

»Zeigen Sie Miß Marsden ihr Appartement«, befahler. Als die Frau sich zum Gehen wandte, trat einMann ein.

»Die Fracht ist umgeladen, Sir«, berichtete er. »Die beiden Männer und die fünf Frauen sind befehlsmä-ßig ins Hospital gebracht worden.«

»Sehr gut. Die anderen sind auf die übliche Art zu

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 beseitigen.« Als sein Untergebener sich wieder ent-fernt hatte, setzte Roger das Gespräch fort, als ob eskeine Unterbrechung gegeben hätte.

»Zusammen sind die anderen Passagiere vielleichteine Million Lösegeld wert, aber das lohnt die Zeit-verschwendung nicht«, sagte er.

»Was für ein Mensch sind Sie eigentlich?« brüllteCostigan, den seine Hilflosigkeit in Wut versetzte.»Ich habe schon von verrückten Wissenschaftlern ge-hört, die die ganze Erde vernichten wollen, und von

ebenso verrückten Genies, die sich für einen Napole-on hielten, der das Sonnensystem unterjochen könnte.Was Sie auch sind – Sie sollten wissen, daß man mitsolchen Dingen in letzter Konsequenz niemals durch-kommt.«

»Ich gehöre keiner der beiden Kategorien an, meinFreund. Ich bin jedoch ein Wissenschaftler und als

solcher der Vorgesetzte zahlreicher anderer Wissen-schaftler. Ich bin nicht verrückt. Ihnen sind doch si-cherlich einige Besonderheiten dieser Welt aufgefal-len.«

»Natürlich, besonders die künstliche Schwerkraftund die ganz erstaunlichen Verteidigungsschirme.Ein normaler Schirm dieser Art ist in einer Richtung

undurchsichtig und ist nicht materieabweisend. IhreSchirme sind jedoch von beiden Richtungen durch-sichtig und materieundurchlässig. Wie ist das mög-lich?«

»Selbst wenn ich mir die Mühe machte, könnten Siemeinen Erklärungen sicherlich nicht folgen, aber Siedürfen versichert sein, daß es sich hierbei um zweiganz unbedeutende Entwicklungen handelt. Ich habenicht die Absicht, Ihren Planeten zu vernichten und

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habe auch nicht den Ehrgeiz, über eine Rasse geistlo-ser Wesen zu herrschen. Ich habe statt dessen anderePläne, für deren Erfüllung ich große Mengen an Gold,Uran, Thorium und Radium benötige, die ich mir indiesem Sonnensystem beschaffen werde. Und daranwerden mich auch nicht die kindischen BemühungenIhrer Liga-Flotte hindern.

Diese künstliche Welt wurde von mir konstruiertund unter meiner Anleitung erbaut. Sie ist durchKräfte geschützt, die ich ersonnen habe. Sie ist außer-

dem unsichtbar, weil sie Ortungsstrahlen jeder Artabsorbiert. Der Grund für meine ausführlichen Hin-weise ist mein Wunsch, Ihnen die HoffnungslosigkeitIhrer Situation deutlich zu machen. Wie ich bereitsandeutete, könnten Sie mir von Nutzen sein – wennSie einschlagen.«

»Und warum sollte ein ehrlicher Mann Ihrer

Mannschaft beitreten wollen?« fragte Costigan höh-nisch.»Dafür gibt es viele Grunde«, erwiderte Roger kalt,

ohne erkennen zu lassen, ob er die offene Verachtungin Costigans Stimme bemerkt hatte. »Unzählige Män-ner arbeiten für mich, die durch vielerlei Bande anmich gekettet sind. Die Wünsche und Sehnsüchte der

Menschen sind sehr verschieden – doch ich kann vonmir sagen, daß ich sie fast alle zu erfüllen vermag.Viele Männer haben besondere Freude an der Gesell-schaft einer jungen und schönen Frau, doch es gibtauch andere Motive, die ich benutzen kann – Hab-gier, Ruhmsucht und Machthunger – und sogar eini-ge Dinge, die normalerweise zu den Tugenden desMenschen zählen. Und was ich verspreche, halte ichauch, und ich verlange dafür nichts als unbedingte

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Loyalität, die sich nur auf gewisse Dinge und auf ei-nen bestimmten, meist recht kurzen Zeitraum er-streckt. Auf allen anderen Gebieten können meineMänner tun und lassen, was sie wollen. Ich möchtedaher noch einmal wiederholen, daß ich Sie gebrau-chen kann, daß ich aber nicht auf Sie angewiesen bin.Sie haben die Wahl – entweder arbeiten Sie für mich,oder ...«

»Oder was ...?«»Wir brauchen hierauf jetzt nicht näher eingehen.

Es muß Ihnen genügen, wenn ich sage, daß es sichum ein Experiment handelt, bei dem ich gegenwärtignicht sehr gut vorankomme. Ihr Tod wird die Folgedieses Experiments sein, und vielleicht sollte ich er-wähnen, daß dieser Tod für Sie nicht sehr erfreulichausfallen wird.«

»Sie verdammter ...«, brüllte Bradley.

»Moment«, schnappte Costigan. »Was ist mit MißMarsden?«»Miß Marsden hat mit dieser Diskussion nicht das

geringste zu tun«, erwiderte Roger eisig. »Ich denke,ich werde sie nicht auf Lösegeld freigeben – jedenfallsnicht sofort. Sie wird eine Weile hierbleiben.«

»Dann möchte ich mich der Meinung des Captains

anschließen! Es tut mir leid, daß ich ihn unterbrochenhabe«, brüllte Costigan.

»Na schön. Eine andere Reaktion habe ich vonMännern Ihres Schlages nicht erwartet.« Der grau-haarige Mann drückte zweimal auf einen Knopf, undzwei seiner Untergebenen traten ein. »Die beidensind in zwei Einzelzellen im zweiten Stock zu brin-gen«, befahl er. »Sie sind zu durchsuchen! Vielleichthaben sie am Körper noch Waffen versteckt. Die Tü-

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ren sind fest zu schließen und zwei Wachen aufzu-stellen, die mit mir in ständiger Verbindung bleiben.«

Bradley und Costigan wurden abgeführt und an-schließend in ihren Zellen einer eingehenden Leibes-visitation unterzogen. Aber die Männer suchten be-fehlsgemäß nur nach Waffen; Roger schien der Über-zeugung zu sein, einen Sender, der der Aufmerksam-keit seiner Leute vielleicht entging, sofort ausfindigmachen zu können, wenn er benutzt würde. Aber erhatte keine Ahnung von den Besonderheiten der

kleinen Geräte, die seine Gefangenen bei sich führten– winzige, aber überaus starke Geräte, die mit Ultra-strahlen arbeiten und daher für die OrtungsgeräteRogers vielleicht nicht erfaßbar waren.

Die schwere Schutzbrille, die Armbanduhr und diedazu passende Taschenuhr, der automatische Ziga-rettenanzünder, der Geldbeutel – all diese Dinge, die

zur normalen Ausrüstung eines Liga-Offiziers ge-hörten, wurden eingehend untersucht. Doch der Li-ga-Geheimdienst hatte sich bemüht, den eigentlichenZweck der Geräte zu verbergen – und als Costiganund Bradley schließlich wieder allein waren, hattensie ihre Apparate vollzählig bei sich.

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Clio blickte sich verzweifelt um, doch ehe sie ihreFluchtgedanken in die Tat umsetzen konnte, wurdesie von einem Lärmstrahl zur Vernunft gebracht.

»Ein Fluchtversuch ist aussichtslos. Sie haben zutun, was Roger will«, sagte Clios Wächterin und de-saktivierte ihre Waffe. Sofort konnte sich das Mäd-chen wieder bewegen.

»Seine Wünsche sind hier Gesetz«, fuhr sie fort, alssie nebeneinander durch einen langen Korridorschritten. »Je eher Ihnen das klar wird, desto leichterwerden Sie es haben.«

»Aber ich will es gar nicht leicht haben! Ich willeher sterben, als daß ich ...«

»Auch das Sterben wird Ihnen unmöglich sein,

wenn Roger es nicht will«, sagte die Frau mit tonloserStimme. »Sie haben keinen eigenen Willen mehr, undwenn Sie sich nicht beugen, werden Sie bald IhrenTod herbeisehnen – aber Roger wird Sie nicht sterbenlassen. Schauen Sie mich an – ich kann nicht sterben.Hier ist Ihre Unterkunft. Sie werden hier wohnen, bisRoger neue Befehle erteilt.«

Der lebende Automat öffnete eine Tür und bliebabwartend stehen. Clio drückte sich entsetzt an derFrau vorbei und betrat die großzügig eingerichteteWohnung. Hinter ihr schloß sich die Tür, und abso-lute Stille breitete sich aus keine gewöhnliche Stille,sondern die bedrückend vollkommene Stille eineshundertprozentig schalldichten Raumes. Clios Ner-ven waren auf das äußerste gespannt. Verzweifelt blickte sie sich um und bekämpfte ein beinahe über-

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wältigendes Verlangen, laut zu schreien.Plötzlich hörte sie Rogers Stimme, die aus dem

Nichts zu ihr zu dringen schien.»Sie sind völlig überreizt, Miß Marsden«, sagte er.

»Und von diesem Zustand haben Sie und ich wenigVorteil. Ich empfehle Ihnen aus diesem Grunde ab-solute Ruhe, und damit Sie auch wirklich ungestörtschlafen können, benutzen Sie bitte den Schalter dortlinks. Dadurch wird ein besonderer Schutzschirm ak-tiviert, der Ihr Appartement völlig isoliert – und so-

gar meine Stimme kann ...«Roger verstummte, als sie den Schalter betätigte.Sie warf sich schluchzend auf das Bett. Wenig späterwurde sie erneut angesprochen, doch von einerStimme, die sie eher fühlte als hörte.

»Clio? Psst! Keinen Laut ...«»Conway«, schluchzte sie erleichtert. Die ange-

nehm tiefe Stimme Conway Costigans gab ihr neueHoffnung.»Bleib ruhig«, schnappte er. »Du darfst nicht plötz-

lich so munter sein! Vielleicht sitzt er dir mit einemSpionstrahl im Nacken. Er kann mich zwar nicht hö-ren, aber vielleicht hört er dich! Als er mit dir sprach,hat sich da das Halsband, das ich dir verehrt habe,

 bemerkbar gemacht? Es müßte sich seltsam angefühlthaben – fast wie Sandpapier. Da er dich jetzt mit ei-nem Schutzschirm umgeben hat, spürst du im Au-genblick natürlich nichts. Wenn sich die Armbanduhrauf ähnliche Weise meldet, atme bitte zweimal tief ein. Wenn du nichts spürst, kannst du sprechen, solaut du willst.«

»Ich spüre überhaupt nichts, Conway«, rief sie. IhreTränen waren vergessen, und sie hatte zu ihrem al-

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ten, lebhaften Ich zurückgefunden. »Er hat also wirk-lich einen Schutzschirm um mich errichtet? Ich hab'sfast nicht geglaubt.«

»Ich würde mich nicht zu sehr darauf verlassen,weil er ihn jederzeit von außen wieder abschaltenkann. Aber vergiß nicht – das Armband wird dich vornormalen Spionstrahlen warnen, während die Arm- banduhr auf Ultrastrahlen anspricht. Unsere dreiSendegeräte sind natürlich aufeinander abgestimmt,so daß sich unsere eigenen Strahlen nicht bemerkbar

machen, verstanden? Du brauchst keine Angst zu ha- ben, Clio, unsere Chancen stehen weitaus besser, alsich zuerst angenommen hatte.«

»Wie  bitte? Ich wage meinen Ohren nicht zu trauen!«»Doch, doch! Ich möchte fast glauben, daß wir et-

was besitzen, von dessen Existenz Roger keine Ah-nung hat – unsere Ultra-Sender. Natürlich hat es mich

nicht gewundert, daß Rogers Leute die Apparateübersehen haben, aber ich hatte es mir nicht träumenlassen, daß ich sie ungehindert benutzen könnte! Ichkann's noch immer nicht recht glauben, aber esscheint fast, als wäre Roger völlig ahnungslos! Ichwerde mich mal mit meinem Spionstrahl umsehen ... Jetzt habe ich dich im Visier, merkst du etwas?«

»Ja, die Uhr meldet sich!«»Ausgezeichnet! Nicht das geringste Anzeichen für

eine Störung. In dem ganzen Planetoiden scheint eskeinerlei Ultrastrahlung zu geben – erstaunlich! Ichhatte eigentlich angenommen, daß er damit vertrautwäre. Nun, das gibt uns natürlich beträchtlichenSpielraum. Clio, Bradley und ich haben jetzt eineMenge zu tun und ... Moment mal, da fällt mir etwasein. Ich bin in einer Sekunde zurück.«

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Es folgte ein kurzes Schweigen, ehe die Stimmefortfuhr: »Glück gehabt! Die Frau, die dich so inAngst und Schrecken versetzt hat, ist gar keinMensch! Sie steckt voller hübscher Rädchen und Ka- bel – so etwas hast du bestimmt noch nicht gesehen!«

»O Conway«, seufzte das Mädchen erleichtert.»Der Gedanke an das Schicksal dieser Frau war mireinfach unerträglich!«

»Roger scheint ein ziemlicher Bluffer zu sein, ob-wohl er entschieden ernst zu nehmen ist. Aber er ist

noch weit davon entfernt, allmächtig zu sein. Bitte seitrotzdem vorsichtig, denn wir wissen nicht, was unshier noch bevorsteht, wenn unsere Pläne mißlingensollten. Halte die Ohren steif und schrei sofort los,wenn du uns brauchst. Bis später.«

Die leise Stimme verstummte, und Clios Arm- banduhr wurde wieder zu einem ganz normalen

Chronometer. In seiner Zelle einige Stockwerke unterihr wandte sich Costigan anderen Objekten zu. DieHände scheinbar müßig in den Hosentaschen, rich-tete er seinen Spionstrahl hierhin und dorthin. Seinescharfen Augen studierten durch die Spezialbrille je-de Einzelheit der riesigen Metallkugel, in der sie ge-fangen waren. Schließlich nahm er die Brille ab und

wandte sich an Bradley, der in einem fensterlosenRaum auf der anderen Seite des Korridors unterge- bracht war.

»Ich glaube, meine Informationen reichen jetzt aus,Captain. Ich habe entdeckt, wo sie unsere Rauman-züge und Waffen untergebracht haben, und ich habemich auch über Hauptleitungen, Kontrollen und Ge-neratoren informiert, die für uns wichtig sind. Es gibtkeine Schutzschirme hier in der Gegend, aber die Tü-

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ren sind abgesichert. Außerdem stehen zwei Wächterdraußen auf dem Flur, und zwar Roboter. Das machtdie Sache für uns nicht gerade leichter, denn die bei-den stehen bestimmt in direkter Verbindung mit Ro-gers Büro und werden sofort Alarm schlagen, wennwir uns rühren. Wir müssen also warten, bis er seinBüro verläßt. Sehen Sie die kleine schwarze Flächerechts unten neben Ihrer Tür: Dahinter liegt ein Ka- belverteiler. Nehmen Sie bitte den Deckel ab, wennich Ihnen das Startzeichen gebe. Sie werden einen

roten Draht bemerken, der das Sperrfeld Ihrer Türspeist. Trennen Sie das Kabel und kommen Sie auf den Flur. Ich werde dann auch dort sein. Es tut mirleid, daß wir nur einen Ultra-Spion zur Verfügunghaben, aber wenn wir erst wieder zusammen sind,wird es besser gehen.« Und ausführlich erläuterte erdem Captain seine Pläne.

»Da! Jetzt hat er sein Zimmer verlassen«, rief Co-stigan eine Stunde später. »Wenn wir wissen, wohiner geht, können wir sofort ... Er geht zu Clio, derHund! Das ändert unsere Pläne. Es tut mir leid,Bradley ...«

»Aha, so etwas habe ich mir schon gedacht«, erwi-derte der Captain. »Aber was können wir nur tun?«

»Irgend etwas«, sagte Costigan grimmig. »Wenn erihr zu nahe tritt, kann er etwas erleben, und wenn ichdazu die ganze Station in die Luft jagen muß!«

»Bitte nicht, Conway«, kam Clios leise, nervöse Stim-me. »Wenn es eine Chance gibt, jetzt loszuschlagen,darfst du auf mich keine Rücksicht nehmen! Vielleichtwill er sowieso nur über das Lösegeld sprechen.«

»Darüber wird er sich mit dir bestimmt nicht un-terhalten!« Costigan knirschte mit den Zähnen, doch

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plötzlich veränderte sich seine Stimme. »Aber da fälltmir etwas ein. Mit unseren Apparaten werden wirRoger in Atem halten können, wenn wir erst einmallosgeschlagen haben. Im Augenblick hat er es be-stimmt nicht eilig mit dir. Er kommt mir eher wie einMann vor, der gern Katze und Maus spielt. Glaubstdu, daß du ihn etwa fünfzehn Minuten hinhaltenkannst?«

»Bestimmt. Ich würde alles tun, damit wir endlich...« Sie unterbrach sich, als Roger den Schutzschirm

ausschaltete und das Appartement betrat, in dem siemit schreckgeweiteten Augen hilflos wartete.»Machen Sie sich fertig Bradley«, befahl Costigan

mit rauher Stimme. »Er hat Clios Schirm nicht wiedereingeschaltet, damit er von seiner Kommandozentraleaus jederzeit zu erreichen ist. Aber mit meinemTraktorenstrahl kann ich das Feld leicht wieder akti-

vieren ... So! ... Und jetzt soll er mal sehen, ob sichseine Leute mit ihm in Verbindung setzen können.Ich muß natürlich meinen Strahl auf den Schalter ge-richtet lassen – die schmutzige Arbeit bleibt alsodiesmal Ihnen überlassen, Bradley. Reißen Sie denroten Draht heraus und beseitigen Sie die Wachen.Sie wissen ja, wie man Roboter lahmlegt.«

»Natürlich – Augenlinsen und Mikrophone sinddie empfindlichsten Stellen, und wenn man sie be-schädigt, bleibt jeder Roboter sofort stehen undschickt Hilfesignale aus ... So! ... Beide erledigt, Costi-gan. Was nun?«

»Öffnen Sie meine Tür – der Schalter liegt links vonIhnen.«

Costigans Tür sprang auf, und der Captain betratden Raum.

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»Jetzt unsere Anzüge«, brüllte er.»Noch nicht«, schnappte Costigan, der unbeweg-

lich in der Mitte der Zelle stand und mit seiner Brilleauf einen Punkt der Decke starrte. »Ich darf michnoch nicht bewegen! Sie müssen erst den Schalter fürClios Schutzschirm betätigen. Wenn ich den Kontaktvorher eine Sekunde unterbreche, schaltet sich derSchirm sofort wider aus. Bradley, im fünften Stock-werk über uns, die vierte Tür links vom Treppen-haus. Wenn Sie den richtigen Schalter haben, wird Ih-

re Armbanduhr auf meinen Strahl ansprechen. Bitte beeilen Sie sich!«»Natürlich«, erwiderte der Captain und legte ein

Tempo vor, das einem jüngeren Mann Ehre gemachthätte.

Er war sehr schnell wieder zurück, und nachdemCostigan den Schirm überprüft und sich vergewissert

hatte, daß Roger für die Warnsignale seiner Unterge- benen nicht erreichbar war, machten sich die beidenOffiziere auf den Weg.

»Zu dumm, daß man hier keine Uniformen kennt«,keuchte Bradley, der vom vielen Treppensteigen au-ßer Atem war. »Wir hätten uns gut verkleiden kön-nen.«

»Das hätte kaum etwas genützt. Hier gibt es sehrviele Roboter, für die man wahrscheinlich Erken-nungssignale eingerichtet hat. Wenn uns jemand be-gegnet, werden wir eben kämpfen müssen. Moment!«Sein Spionstrahl zeigte ihm zwei Gestalten, die sich ineinem Seitenkorridor näherten. »Zwei Personen«,sagte er, »ein Mann und ein Roboter – der Roboter istauf Ihrer Seite. Wir werden uns hier an der Ecke auf-stellen und bis zum letzten Augenblick warten!« Und

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Costigan nahm seine kostbare Schutzbrille ab.Die Piraten bogen um die Ecke und liefen ah-

nungslos in die Falle. Costigan erledigte seinen Mannmit einem kurzen, trockenen Haken, nur um im glei-chen Augenblick festzustellen, daß es noch einendritten Gegner gab, der den beiden anderen dichtauf gefolgt war und nun bereits seinen Blaster in An-schlag brachte. Automatisch riß Costigan den be-wußtlosen Gegner hoch und benutzte ihn als Schutz-schild. Mit aller Kraft schleuderte er den leblosen

Körper in den tödlichen Strahl des Blasters. Die Waffepolterte zu Boden, und der tote Pirat fiel gegen denAngreifer und brachte ihn zu Fall. Costigan ging so-fort zum Angriff über, mußte jedoch bald erkennen,daß er es mit einem kräftigen, gewandten Mann zutun hatte, der sich zu verteidigen wußte. Noch imLiegen empfing ihn der Pirat mit einem gewaltigen

Hieb, dem der Offizier nur im letzten Augenblick ausweichen konnte.Aber auch Costigan war kein Anfänger. Es gab we-

nige Tricks, die in den Lehrgängen des Geheimdien-stes nicht gelehrt wurden, und es war nicht sein ersterKampf, bei dem es darauf ankam, den Gegner soschnell wie möglich zu erledigen. Er brauchte nicht

lange auf seine Chance zu warten. Der Pirat setzte zueinem heimtückischen Fußtritt an, dem Costigan blitzschnell auswich. Der Tritt ging nur knapp dane- ben, und im nächsten Augenblick umfaßten zweikräftige Hände den emporschwingenden Fuß unddrehten ihn herum. Der Mann stieß einen gellendenSchrei aus und prallte mit dem Kopf gegen die Korri-dorwand. Ein sorgfältig berechneter Hieb – es warvorbei.

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Der Kampf hatte kaum zehn Sekunden gedauert;Bradley war eben mit seinem Roboter fertig. Costigannahm den Blaster des toten Piraten an sich und setzteseine Spionbrille auf.

»Großartig«, sagte Bradley bewundernd. »Siescheinen für so etwas ein besonderes Talent zu haben.Deswegen haben Sie mir wohl auch den Roboterüberlassen?«

»Ich kann etwas Bewegung gebrauchen, und  ich habeschon einige Kämpfe dieser Art hinter mir. Außerdem

 bin ich jünger und daher vielleicht schneller als Sie.«Unterwegs begegneten ihnen weitere Piraten, die jedoch gegen den Spionstrahl und die Waffe Costi-gans keine Chance hatten. Schließlich erreichten sieden kleinen Raum, in dem die schweren Raumanzügeder Gefangenen verstaut waren. Costigan vergeudetekeine Zeit damit, den Sperrmechanismus kurzzu-

schließen, sondern sprengte die Tür mit einem Schußaus seinem Blaster.»Jetzt fühle ich mich schon viel besser«, seufzte er

erleichtert, als er wieder in seinem Raumanzugsteckte. »Es steht uns noch einiges bevor. Der Gene-ratorenraum steckt voller Piraten. Außerdem müssenwir Clios Anzug mitnehmen, den wir am besten an

der Tür zur Energiezentrale liegenlassen und dannauf dem Rückweg gleich mitnehmen.«

Geschützt von den Abwehrschirmen ihrer Rau-manzüge, brauchten sie sich um die Angriffe der Pi-raten nicht mehr zu kümmern; unangefochten bahn-ten sie sich ihren Weg zur Energiezentrale des künst-lichen Planetoiden. Die hilflosen Piraten versuchtensich verzweifelt mit ihrem Anführer in Verbindungzu setzen, der ihnen allein helfen konnte, aber zu ih-

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rem Erstaunen meldete er sich nicht. Ihre Strahlenwaren gegen die Schirme der Raumanzüge machtlos,und da sie im Inneren ihres Unterschlupfes keinengleichartigen Schutz trugen, gingen sie im Feuer derschweren Lewistons unter. Als Costigan und Bradleydie Tür der Energiezentrale erreichten, hörten sieClios Hilferufe.

»Conway! Schnell! Seine Augen – ich kann nichtmehr! Sein Blick ...! Liebling, schnell!«

In ihrer Stimme lag das Entsetzen über eine Situa-

tion, die sich die beiden Männer nur zu gut vorstellenkonnten. Sie war eingesperrt mit einer überintelli-genten menschlichen Maschine, die keine Regelnkannte als die, die sie sich selbst gegeben hatte. Siehatte mit aller Kraft gekämpft, sie hatte geweint undum Erbarmen gefleht und um jede Minute gekämpft– und ihre Qual hatte das erbarmungslose Wesen, das

sich Roger nannte, nicht im geringsten berührt. Co-stigan konnte förmlich sehen, wie Roger sein teufli-sches Spiel mit ihr trieb – wie er sich über sie beugteund sich das Mädchen mit dem Mut einer Löwin ge-gen ihn wehrte.

Costigan unterdrückte einen verzweifelten Fluch.»Noch eine Sekunde, Clio«, brüllte er. »Wir kom-

men!« Und die Tür der Energiezentrale verschwand.Die beiden Lewistons strahlten Tod und Verder-

 ben. Nur wenige Wächter fanden Zeit, ihre Blastergegen die Eindringlinge zu erheben, doch als die Ma-gazine ihrer Waffen mit den Energien Lewistons inBerührung kamen, explodierten sie und setzten ihreaufgespeicherte Energie in gewaltigen Explosionenfrei. Aber die beiden Angreifer hatten es auch auf dieMaschinen der Energiezentrale abgesehen. Ganze

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Armaturen brannten aus, Hochspannungsleitungenwurden getrennt und fielen in knisternden Lichtbö-gen auseinander, Gummiverkleidungen wurden an-gesengt und verbrannten, empfindliche Instrumentezerplatzten und Maschinen verwandelten sich in glü-hendheiße Metallströme. Kurz darauf spürten Costi-gan und Bradley, daß sie schwerelos wurden – undsie wußten, daß sie den ersten Teil ihres Planes er-folgreich ausgeführt hatten.

Costigan sprang durch die Tür in den Korridor zu-

rück – er mußte sich jetzt um Clio kümmern. Es warvereinbart, daß Bradley ihm langsam folgen undeventuelle Verfolger unter Feuer nehmen sollte. Au-ßerdem mußte er für Clios Raumanzug sorgen.

»Ich komme, Clio! Alles in Ordnung, Mädchen?«fragte er.

»Alles in Ordnung, Conway!« Ihre Stimme war

kaum wiederzuerkennen. »Er hat plötzlich gemerkt,daß der Schutzschirm eingeschaltet war und hat mich... völlig vergessen. Er hat ihn abgeschaltet ... undschien dann fast durchzudrehen ... Er raste hier imZimmer herum wie ein Wahnsinniger ... Ich will ver-suchen, ihn am ... Ausbrechen zu hindern.«

»Noch eine Minute, Clio! Er bekommt jetzt alle

Warnsignale auf einmal übermittelt und will natür-lich in seine Zentrale zurück. Aber was ist mit dir?Hat er ... hat er dir etwas angetan?«

»O nein, nein – er hat mich nur angestarrt, Con-way. Aber das ging schon über meine Kräfte – mir ist jetzt richtig übel. Ich falle ... und mir ist so schwind-lig, daß ich kaum etwas sehen kann. Mein Kopf scheint zu platzen. Ich wünschte, ich könnte sterben... Conway!«

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»Mach dir keine Sorgen, Mädchen«, sagte Conwaysehr erleichtert darüber, daß Clio nichts geschehenwar. »Ich habe ganz vergessen, daß du ja eine Er-dratte bist – Liebling, du bist raumkrank! Das wirstdu bald hinter dir haben! Ich komme jetzt! Laß ihn inRuhe und sieh zu, daß du nicht in seiner Nähe bist,wenn ich das Zimmer betrete!«

So schnell es ihm sein schwerer Raumanzug er-laubte, hastete er durch die Korridore. Endlose Trep-pen türmten sich vor ihm auf, eine Etage nach der

anderen ließ er hinter sich zurück. Niemand trat ihmin den Weg, und endlich erreichte er das Stockwerk,in dem das Mädchen gefangengehalten wurde. Erstürmte durch den Flur, machte vor dem Appartementhalt und sprengte die Tür mit einem gezielten Schuß.Unmittelbar vor ihm stand Roger – im Begriff, dieRäume zu verlassen. Costigan vergewisserte sich, daß

sich Clio auf der anderen Seite des Raumes mit letzterKraft an einer Wandlampe festklammerte, und eröff-nete sofort das Feuer auf den Piraten. Doch dessenSchutzschirm hielt dem Ansturm der Lewiston stand.

Als Clio das Benehmen Rogers mit dem einesWahnsinnigen verglich, wußte sie nicht, wie sehr ihreBeschreibung zutraf. Zum erstenmal in seinem ereig-

nisreichen Leben sah sich Gharlane von Eddore, derden Körper Rogers besetzt hielt, einer offensichtlichüberlegenen Macht gegenüber.

Roger hatte angenommen, daß er den Gebrauchvon Ultrawellen im Bereich seines Planetoiden sofortorten und unterbinden konnte. Ebenso sicher war ergewesen, die Bewegungen dieser halbintelligentenMenschenwesen direkt und hundertprozentig kon-trollieren zu können.

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Aber vier Arisier – Drounli, Brolenteen, Nedanillorund Kriedigan – hatten seit Wochen auf ihre Chancegewartet. Und jetzt war es soweit!

Als Roger das Ausmaß des bereits angerichtetenSchadens entdeckte, entschloß er sich zur sofortigenVernichtung der beiden Gefangenen, die für den An-griff verantwortlich waren. Aber zu seinem Erstau-nen und Entsetzen waren sie für ihn nicht erreichbar,ebensowenig wie diese Menschenfrau. So sehr er sichauch bemühte, sie durch geistige Energiestöße zu

vernichten – er kam nicht an sie heran. Ahnungslosstarrte sie ihn an. Sie wußte nichts von der Gefahr, inder sie schwebte, wußte nicht, daß seine Augen un-vorstellbare Energien verströmten, die sie vernichtensollten und die wenige Millimeter über ihrer Hautwirkungslos verpufften. Gharlane stellte zu seinemEntsetzen fest, daß er nicht einmal seine Waffe auf sie

richten konnte, und zu allem Übel war es ihm auchunmöglich, von Eddore Hilfe herbeizurufen. Der Sub-Äther war tot, und er schien nicht in der Lage zu sein,die Macht aufzuspüren, die hierfür verantwortlichwar.

Das alles stürzte Gharlane in eine nicht geringeVerwirrung, die er nur mühsam überwand. Fern von

seinem eddorischen Körper, der in dieser Umgebungnicht überlebt hätte, war er jetzt in besonderem Maßevon dem Wissen und der Fähigkeit des Roger-Wesensabhängig, das er übernommen hatte. Und Roger warein kräftiger und durchtrainierter Mann, und ihmstanden Waffen zur Verfügung, die Gharlane selbsterdacht hatte. Außerdem war der Zweite Herrschervon Eddore alles andere als ein Feigling.

Aber obwohl Roger keine ausgesprochene Erdratte

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war, wußte er sich doch im freien Fall nicht richtig zu bewegen, während sich Costigan bei einem schwere-losen Kampf erst richtig entfalten konnte. Er hielt sei-ne Lewiston auf den Piraten gerichtet, ergriff das er-ste Wurfgeschoß, das ihm in die Finger geriet – einensoliden Eisensockel – und schwebte auf Roger zu. Mitaller Kraft, die er unter diesen Umständen aufbringenkonnte, schlug er dann auf den Piraten ein. Der un-geheure Schlag hätte Rogers Schädel zertrümmernmüssen, doch das Metallstück prallte an dem un-

durchdringlichen Schutzschirm des Piraten ab. Dieeinzige Wirkung des Schlages war, daß Roger schwe-relos zu kreisen begann und langsam auf die gegen-überliegende Wand zuschwebte.

In diesem Augenblick betrat Bradley den Raum,Clios Raumanzug über dem Arm. Wortlos trat er ne- ben das hilflose Mädchen und half ihr in den schwe-

ren Anzug. Dann hielt er seine Lewiston auf den Kopf des Piratenchefs gerichtet, während Costigan die be-wegungslose Gestalt zum Fenster brachte. Die Män-ner wußten, daß sie ihren Gegner keinen Moment ausden Augen lassen durften.

Costigan blickte aus dem Fenster. Dicht über ihmspannte sich die gewaltige Außenkuppel des Plane-

toiden. Vorsichtig gab er der regungslosen GestaltRogers einen Stoß und ließ sie langsam in den künst-lichen Himmel schweben. Dann nahmen die beidenOffiziere Clio bei den Armen, stießen sich ebenfallsvon der Fensterbank ab und schwebten auf ihre ein-zige Fluchtmöglichkeit zu – ein kleines Raumboot,das nahe der Außenhütte verankert war und mit demsich Costigan in seiner Gefängniszelle bereits vertrautgemacht hatte. Costigan wußte auch, daß der Ver-

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such, das Wrack der Hyperion zu erreichen und mitdem Beiboot zu fliehen, von vornherein zwecklosgewesen wäre; die große Hauptschleuse hätte sichnicht öffnen lassen. Für das Rettungsboot der Piratenexistierte jedoch ein unbewachter Notausgang.

Während sie durch die Luft schwebten und Costi-gan die langsam kreisende Gestalt Rogers im Visierseines Lewiston-Strahlers behielt, begann Clio wiedermunter zu werden.

»Wenn sie nun ihre Schwerkraftgeneratoren repa-

rieren?« fragte sie besorgt. »Und vielleicht schießensie auf uns!«»Bestimmt sind sie mit der Reparatur schon fertig.

Sie haben wahrscheinlich entsprechende Ersatzteileund Austauschgeneratoren zur Verfügung. Aber ichglaube nicht, daß sie etwas unternehmen würden,wodurch Roger in Gefahr geriete. Sie müssen ihn zu-

nächst irgendwie herunterholen, wobei sie genauwissen, was ihnen blüht, wenn sie uns zu nahe kom-men. Und beschießen werden sie uns auch nicht, dadadurch die kostbare Außenhülle des Planetoiden ge-fährdet würde.«

»Ich wünschte, wir hätten Roger mitnehmen kön-nen«, wandte er sich an Bradley. »Aber Sie haben

natürlich recht – es hat keinen Sinn, daß sich die Gansden Fuchs fängt. Außerdem ist meine Lewiston fasterschöpft, und Ihre Batterie dürfte auch nicht mehrlange durchhalten – es wäre also ein wenig zu ge-fährlich.«

Inzwischen hatten sie ihr Ziel erreicht. Costigan betätigte einen Hebel, und langsam öffnete sich einschweres Schott und gab den Blick auf ein kleinesRettungsschiff frei. Costigan setzte sich an die Kon-

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trollen, orientierte sich noch einmal kurz und betä-tigte den Notstarter. Die großen Außenschotteschwangen vor ihnen auf. Das Boot ließ den Plane-toiden hinter sich zurück und schoß mit Höchstge-schwindigkeit der fernen Erde zu.

Costigan schaltete die Empfangsgeräte seiner Be-gleiter ab und stellte eine Sonderverbindung her.

»Samms!« sagte er. »Hier Costigan. Wir sind ihnenzunächst entkommen ... ja ... natürlich ... ich bin ge-nau deiner Meinung ... ja, in Ordnung, Sammy, ich

 bin hier nicht allein ...«Bradley und das Mädchen hatten Costigans Worteüber ihre normalen Helmfunkgeräte mitbekommen.Der Captain musterte seinen früheren Ersten Offizierverblüfft, und sogar Clio hatte den sagenhaften Na-men schon gehört. Costigan mußte einen sehr hohenRang bekleiden, wenn er mit Virgil Samms, dem Ge-

heimdienstchef der Liga, so sprechen konnte!»Sie haben also Großalarm gegeben«, stellte Brad-ley fest.

»Schon vor längerer Zeit«, erwiderte Costigan. »Ichhabe mit unseren Leuten ständig in Verbindung ge-standen. Jetzt wissen wir endlich, wonach wir suchenmüssen, und wir wissen außerdem, daß normale

Ortungsgeräte nutzlos sind. Samms hat jedoch einigeLeute zur Verfügung, die mit Spezialgeräten ausge-rüstet sind und ihre Ortungen mit Ultrastrahlen vor-nehmen können. In sieben Sektoren ist der Ausnah-mezustand verhängt worden, und die dort statio-nierten Schiffe haben Anweisung, Kurs auf den unge-fähren Standort der Piratenstation zu nehmen. Wennder Planetoid erst einmal entdeckt ist, werden alleEinheiten sofort unterrichtet.«

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»Und die anderen Gefangenen?« fragte das Mäd-chen. »Was soll mit ihnen werden? Werden sie um-kommen?«

»Das kann man vorher nicht wissen«, sagte Costi-gan. »Das hängt davon ab, wie sich die Dinge entwik-keln. Jedenfalls sind auch wir noch lange nicht in Si-cherheit.«

»Und das ist natürlich unsere Hauptsorge. Ichfürchte, daß man uns verfolgen wird«, sagte Bradley.

»Zweifellos. Außerdem sind Rogers andere Schiffe

 bestimmt schneller als dieser kleine Kasten. Wir kön-nen nur hoffen, daß unsere Einheiten in der Nähesind. Wir können nur warten; etwas anderes bleibtuns im Augenblick nicht übrig.«

Die Männer schwiegen. Costigan musterte Clio, diemit bleichem Gesicht vor sich hin starrte und die Er-eignisse der letzten Stunden offenbar noch nicht

überwunden hatte. Er setzte sich neben sie und ergriff ihre Hand.»Clio, ich ... wir ... ich meine ...« Er wurde rot und

 brach ab. Conway Costigan, der unzählige Male seineGeistesgegenwart und Reaktionsschnelligkeit bewie-sen hatte, der sich von keiner Gefahr aus der Ruhe bringen ließ – Geheimagent Costigan saß hier neben

einem Mädchen und stotterte wie ein kleiner Schul- junge. »Ich ... ich wollte dir etwas sagen, Clio«, fuhrer schließlich fort.

»Und ich wollte dir etwas sagen«, entgegnete sieund blickte ihn mit großen Augen an. »Vorhin, als esum Leben und Tod ging, Conway, haben wir uns ver-raten. Vorhin wurde es deutlich, nicht wahr? Ichweiß, daß du mich liebst.«

»Dich lieben«, sagte er. »Das drückt nicht einmal

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die Hälfte dessen aus, was ich für dich empfinde,Clio. Es hat in meinem Leben bisher keine Frau gege- ben, die mir etwas bedeutete – du bist für mich ...Aber es geht nicht, verstehst du?«

»Nein, ich verstehe nicht. Wieso?« Sie schaltete denSchutzschirm ab und streckte die Hände aus. »Duliebst mich, und ich liebe dich – und nur darauf kommt es an.«

»Ich wünschte, es wäre so«, erwiderte Costigan bitter. »Aber du weißt nicht, worauf du dich da ein-

läßt. Du bist Clio Marsden, die Tochter von CurtisMarsden – neunzehn Jahre alt. Du glaubst, du kennstdie Welt, aber das stimmt nicht. Du hast in Wirklich-keit noch nichts gesehen. Und wer bin ich? Ein hei-matloser Raumtramp, der es noch auf keinem Plane-ten länger als drei Wochen hintereinander ausgehal-ten hat. Ich bin ein Nomade, ein unruhiger Geist, ein

Sp ...« Er unterbrach sich und fuhr hastig fort: »Jeden-falls kennst du mich überhaupt nicht, und es gibtDinge, die du niemals über mich erfahren wirst, diedu niemals erfahren darfst. Du läßt besser die Fingervon mir, solange es noch Zeit ist. Es wird für dich das beste sein, glaube mir ...«

»Aber das ist doch kein Hindernis für mich, Con-

way, und für dich auch nicht, das spüre ich«, erwi-derte das Mädchen leise. »Außerdem ist es jetzt zuspät. Auf dem Schiff war es noch ein netter Flirt –aber seitdem haben wir uns richtig kennengelernt,und es ist um uns geschehen. Die Liebe kann mannicht kontrollieren – das weißt du doch. Aber wiekannst du nur so geringschätzig von dir sprechen?Ich weiß zwar nicht sehr viel von der Welt, das gebeich zu, aber ich weiß doch, was die Männer des Ge-

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heimdienstes für unsere Liga getan haben, und ichweiß auch, daß man ein Mann sein muß, wenn manals Assistent von Virgil Samms ...«

»Wie kommst du darauf?« fragte er scharf.»Du hast es mir indirekt selbst gesagt, Conway.

Wer könnte ihn sonst wohl ›Sammy‹ nennen? Und dumußt so sein, wie du bist, Conway – ich liebe dich!Und jetzt sterben wir wenigstens zusammen, wennsie uns kriegen«, sagte sie lächelnd.

»Ich möchte dich küssen, Liebling, aber leider ha-

 ben wir keine Zeit, die Helme abzunehmen«, sagte erund erhob sich.Clio blickte ihm nach, als er zu Captain Bradley

trat.»Wie sieht es aus, Captain?«»Nicht gut. Unsere Leute sind noch weit entfernt,

noch mindestens eine Stunde.«

»Ich will versuchen, unsere Verfolger zu orten,Captain, obwohl ich nicht glaube, daß ich mit mei-nem Mini-Gerät etwas ausrichten kann. Es ist nur fürkleine Entfernungen gedacht. Ich fürchte fast, daß wirerst auf unsere Verfolger aufmerksam werden, wennuns ein Traktorstrahl festhält oder wir von einemEnergiestrahl durchbohrt werden. Ich kann mir aber

vorstellen, daß sie das Boot schonen wollen. Außer-dem will uns Roger sicherlich lebend haben. Der›nicht sehr angenehme Tod‹, den er uns angedrohthat, wird jetzt bestimmt noch unangenehmer ausfal-len, denn wir haben ihn fürchterlich hereingelegt.«

»Ich möchte dich um einen Gefallen bitten, Con-way«, sagte Clio mit bleichem Gesicht. Die Vorstel-lung, Roger noch einmal gegenübertreten zu müssen,war zu viel für sie. »Bitte gib mir eine Waffe. Ich

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möchte nicht, daß er mich noch einmal so ansieht!«Sie schauderte zusammen und schloß die Augen.

»Dazu wird er keine Gelegenheit haben«, beruhigtesie Costigan. »Eine Waffe möchte ich dir nicht geben– man wird zu leicht nervös damit. Ich werde michaber um dich kümmern, auch wenn wir Roger wiederin die Hände fallen sollten.«

Die drei Menschen schwiegen. Costigan hatte sei-nen Spionstrahl eingeschaltet und ließ ihn durch dasWeltall wandern. Plötzlich lachte er laut auf, und die

anderen starrten ihn überrascht an.»Keine Sorge – ich bin nicht durchgedreht«, sagteer, immer noch lachend. »Ich habe nur eine recht lu-stige Entdeckung gemacht. Wißt ihr, wir haben ganzvergessen, daß sich die Piratenschiffe mit ihren Tarn-schirmen unsichtbar machen. Wir können sie nichtsehen, und sie können uns nicht sehen. Nur meine

Ultrastrahlen schaffen hier Abhilfe, und ich habe un-sere Verfolger eben entdeckt. Sie haben uns längstüberholt und warten nun offenbar darauf, daß wiretwas unternehmen, damit sie uns endlich sehenkönnen! Wenn sie diesen Kurs beibehalten, stoßen siedirekt auf unsere Flotte! Das wird eine Überra-schung!«

Aber nicht nur die Piraten sollten eine Überra-schung erleben. Noch ehe ihr Schiff in den Ortungs- bereich der Liga-Schiffe eintrat, verlor es plötzlichseine Unsichtbarkeit und zeichnete sich auf denSchirmen der drei Verfolgten deutlich ab. Und sokonnten sie beobachten, wie das Piratenschiff lang-sam eine rötliche Färbung annahm, die sich nach undnach vertiefte. Das Schiff glühte buchstäblich auf, sei-ne Umrisse begannen zu verschwimmen, und das

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Metall seiner Außenhülle schien sich im Handum-drehen in eine zähe Flüssigkeit zu verwandeln, die imleeren Raum verschwand. Costigan richtete seine Ul-trastrahlen auf die unheimliche Szene und erblickteein riesiges Etwas, das keine bestimmte Form zu ha- ben schien und sich seinem Ultra-Ortungsgerät im-mer wieder entzog – ein Etwas, das den zähflüssigenMetallstrom in sich aufnahm, bis nichts mehr zu se-hen war.

Übermächtige Störgeräusche blockierten im näch-

sten Augenblick seine Ortung, aber in der Hoffnung,daß seine Nachricht wenigstens teilweise verständ-lich war, setzte sich Costigan mit Virgil Samms inVerbindung und berichtete mit tonloser Stimme vonden Ereignissen, die er beobachtet hatte. Er hatte sei-nen präzisen Bericht noch nicht beendet, als das klei-ne Schiff mit unwiderstehlicher Gewalt in Richtung

auf einen rötlichen Schleier gezogen wurde. Er hörteerst auf zu sprechen, als das Boot in diesen Schleiereindrang und er feststellen mußte, daß er sich nichtmehr bewegen konnte. Er war bei vollem Bewußtseinund atmete normal, aber er konnte keinen Muskelrühren!

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Eines der modernsten und schnellsten Patrouillen-schiffe der Planeten-Liga war der Schwere KreuzerChicago von der Nordamerikanischen Division des ir-dischen Flottenkontingents. Die Chicago war seit fünf Wochen unterwegs und hatte in dem ihm zugewiese-nen Raumsektor Patrouillendienst versehen. In siebenTagen sollte sie nach Chicago zurückkehren, wo ihrer

raummüden Mannschaft ein zweiwöchiger Plane-tenurlaub bevorstand.In ihrem Patrouillensektor hatte sie bestimmte

Routineaufgaben zu erfüllen, unter anderem regi-strierte sie Meteoriten, hielt nach Wrackteilen undsonstigen Behinderungen für den Raumverkehr Aus-schau und blieb in ständigem Kontakt mit allen

Raumschiffen, die ihren Abschnitt durchquerten. Inerster Linie war sie jedoch ein Kriegsschiff, eine ge-waltige Vernichtungsmaschine, die unnachgiebig ge-gen die Schiffe jener geheimnisvollen Macht vorzu-gehen hatte, die die Planeten-Liga seit einiger Zeit zusprengen versuchte. Die Raumschiffe, die sich im Be-reich ihrer gewaltigen Ortungsschirme befanden,

wurden zweifach registriert – einmal als Punkt auf einem gewaltigen Mikrometer-Schirm und dann alswinziges Lichtpünktchen in einem dreidimensionalenmaßstabgerechten Model des Sonnensystems, demsogenannten ›Tank‹.

Auf einer der Anzeigetafeln flammte ein hellrotesLicht auf, und eine Alarmglocke begann schrill zuläuten. Gleichzeitig erwachten die Lautsprecher desRiesenschiffes zu dröhnendem Leben.

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»Sektor-Alarm! Überfall auf L. R. Hyperion mit WT-Gas! Wir können keine Raumortungen feststellen,aber ...«

Die Botschaft ging in einem überwältigenden Vor-hang aus Störgeräuschen unter, und die beidenLichtpunkte, die die Position des notrufenden Schif-fes markiert hatten, verschwanden spurlos. Beobach-ter, Navigatoren und Offiziere waren wie vor denKopf geschlagen, und selbst der Kommandant warratlos. Es war kein Schiff in der Nähe. Ein Störfeld

von dieser Intensität war also ein Ding der Unmög-lichkeit. Dennoch ...»Achtung!« befahl der Kommandant. »Höchste Be-

schleunigung. Kurs auf die letzte bekannte Positionder Hyperion!« Er schaltete sein Mikrophon ab undsetzte sich auf einer Notfrequenz mit seinem Haupt-quartier in Verbindung. Augenblicklich wurde Groß-

alarm gegeben. Jedes Schiff, das sich gerade in die-sem Raumsektor befand, wurde angewiesen, einenentsprechenden Kurs zu steuern und sich der letzten bekannten Position des Unglücksschiffes zu nähern.

Stunde um Stunde zog die riesige Kugel mitHöchstgeschwindigkeit durch den Raum, und Kom-mandanten und Offiziere saßen in höchster Alarmbe-

reitschaft an ihren Instrumenten.Währenddessen hatte man tief im Innern des Schif-

fes, in der Lagerabteilung, andere Sorgen. Die In-ventur stimmte nicht, und zwei Gefreite bemühtensich erfolglos, die Differenz zu finden.

»Mark-Lewistons, eingebucht achtzehntausenddrei...« Die monotone Stimme brach mitten im Wort ab,der junge Mann erstarrte, die Hand nach einem In-venturbogen ausgestreckt, und sein Gesicht nahm ei-

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nen starren Ausdruck an, den sich sein Kameradnicht erklären konnte.

»Los, los, Cleve! Wir müssen uns beeilen!« drängteder andere. Doch eine energische Handbewegung brachte ihn zum Schweigen.

»Was?« rief er aus. »Wir sollen uns zu erkennengeben? Das ist ... Ja, natürlich ... Ich verstehe ... ja, ja ...Verstanden. Ende.«

Er ließ die Inventurbogen achtlos fallen, und seinKamerad blickte ihm sprachlos nach, als er an den

Tisch des diensthabenden Offiziers trat und ihm et-was zeigte, das er in der linken Handfläche verborgenhielt. Der Offizier starrte den jungen Mann aus weitaufgerissenen Augen an.

»Sir, ich habe eben einige sehr seltsame Befehle be-kommen, die von höchster Stelle kommen. Ich sollmich sofort in der Zentrale melden. Sie werden von

meiner Versetzung noch direkt unterrichtet, Sir.«Cleve salutierte und verließ die Lagerabteilung.Unangefochten erreichte er die Zentrale des

Kriegsschiffes, wo ihm die knappe Bemerkung, er ha- be eine dringende Nachricht für den Kommandanten,sofort Zutritt verschaffte. Aber als er sich dem Aller-heiligsten des Kapitäns zu nähern versuchte, trat ihm

sofort der diensthabende Offizier in den Weg.»... und Sie sind ab sofort unter Arrest gestellt!« be-

endete dieser seine prägnante Strafpredigt.»Es tut mir leid, Sir. Sie sind natürlich völlig im

Recht, wenn Sie mich aufhalten. Ich hatte nur gehofft,den Captain erreichen zu können, ohne Aufsehen zuerregen. Das ist aber offensichtlich nicht möglich. Sir,ich habe von Virgil Samms persönlichen Befehl er-halten, mich sofort beim Captain zu melden ... Hier,

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kennen Sie das? Berühren Sie es!« Und er hielt demOffizier eine flache Kapsel entgegen, deren aufklapp- barer Deckel einen winzigen goldenen Meteor ent-hüllte, bei dessen Anblick sich das Verhalten des Of-fiziers schlagartig änderte.

»Ich habe davon gehört«, sagte er, berührte vor-sichtig das schimmernde Symbol und zuckte zurück,als ein Energiestoß durch seinen Körper fuhr. »Damitkommen Sie auf jeden Fall bis zum Kommandanten.Ich will nur hoffen, daß das Ding echt ist – wenn

nicht, sind Sie in fünf Minuten ein toter Mann.«Mit schußbereitem Blaster folgte der diensthabendeOffizier dem Eindringling in das Allerheiligste desKommandanten. Auch der Captain berührte vorsich-tig den goldenen Meteor und musterte den jungenMann eingehend.

»Es muß etwas vorgefallen sein«, sagte er schließ-

lich leise, »wenn sich Samms auf diese Weise zu er-kennen gibt.« Und er entließ seinen Offizier und sag-te: »Nun denn, berichten Sie!«

»Die Situation ist so ernst, daß wir den Befehl be-kommen haben, uns unserem Kommandierenden Of-fizier sofort zu erkennen zu geben – und wenn erfor-derlich, auch anderen Leuten. Einen solchen Befehl

hat es bisher noch nicht gegeben. Der Grund hierfürist, daß wir den Gegner endlich ausfindig gemachthaben. Sein Stützpunkt ist entdeckt. Er besitzt Schiffe,die den unseren hoffnungslos überlegen sind. Stationund Schiffe sprechen nicht auf unsere Ortungsein-richtungen an. Der Geheimdienst hat jedoch in denletzten Jahren mit einem völlig neuen Ortungsprinzipexperimentiert, das auf einer besonderen Strahlenfre-quenz basiert, und obwohl die Entwicklungen alles

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andere als abgeschlossen sind, wurden wir bereitsdamit ausgerüstet, als die Dione spurlos verschwand.Einer unserer Leute befand sich zur Zeit des Überfallsan Bord der Hyperion. Ihm ist es gelungen, am Lebenzu bleiben und uns ständig mit Informationen zu ver-sorgen. Ich habe die Anweisung meine Ortungsein-richtung an die vorhandenen Installationen Ihres Ge-rätes anzuschließen und von hier meine Beobachtun-gen zu machen.«

»Lassen Sie sich nicht aufhalten«, sagte der Kom-

mandant, und Cleve ging ans Werk.»An alle Kommandanten der Flotte!« dröhnte esaus dem Lautsprecher, der zur Direktfunkanlage desFlottenkommandos gehörte. »Alle Schiffe in denSektoren L bis R werden sofort in Positionskontakttreten. Einige von Ihnen werden in Kürze besondereBefehle bekommen und daraufhin sofort ihre K4-

Schirme errichten. Diese Schiffe gelten bis auf weite-res als Flaggschiffe. Alle anderen Einheiten begebensich mit Höchstbeschleunigung zum nächstgelegenenFlaggschiff und gehen mit ihm in ManöverformationEins, wobei die Reihenfolge des Eintreffens aus-schlaggebend ist. Die Flaggschiffe bilden mit ihrenFormationen sodann den Angriffskegel A, wobei erst

im Zielgebiet endgültige Position zu beziehen ist. Dieschweren und leichten Einheiten innerhalb der Mars-kreisbahn werden ...« Und mit zahlreichen anderenAnweisungen wurde für den Fall Vorsorge getroffen,daß die vereinigte Kampfkraft der sieben Sektoren L bis R nicht ausreichte, die Piratenstation zu vernich-ten. Die ganze gewaltige Flotte der Liga befand sichin Alarmbereitschaft.

In den sieben unmittelbar betroffenen Sektoren

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umgab sich etwa ein Dutzend Schiffe mit einem ku-gelförmigen roten Leuchtschirm, und gleichzeitignahmen ihre Positionssignale auf den Navigations-schirmen der anderen Schiffe eine rote Färbung an.Sofort begannen die Piloten der übrigen Schiffe Kursauf die Flaggschiffe zu nehmen. Während sich auf den Navigationsschirmen die zahlreichen weißenPunkte um die roten Punkte zu scharen begannen,saßen die Agenten des Liga-Geheimdienstes hinterihren Instrumenten und erforschten das All mit ihren

Ultrastrahlen.Doch das gesuchte Objekt war noch zu weit ent-fernt, und ihre kleinen Geräte, die nur für kurze Ent-fernungen gedacht waren, schlugen nicht an. ImKontrollraum der Chicago starrte Cleve nur wenigeSekunden auf den kleinen Schirm, dann schaltete erdas Gerät ab und stützte den Kopf in die Hände.

»Wollen Sie denn gar nichts unternehmen?« fragteder Kommandant.»Nein«, erwiderte Cleve kurz. »Völlig sinnlos.

Mein Gerät ist einfach nicht stark genug. Ich überlegemir nur ... Vielleicht könnten wir ... Captain, könntenSie vielleicht den Chefelektriker und einige Funk-fachleute sofort herbitten?«

Der Captain entsprach dem Wunsch seines unge-wöhnlichen Gastes, und während die anderen Liga-Agenten hinter ihren offenbar nutzlosen Spezialappa-raten saßen, bastelten an Bord der Chicago drei Ex-perten und ein ehemaliger Versorgungsgefreiter aneinem riesigen Ultrastrahl-Projektor. Dabei wußtendie drei Fachleute nicht recht, was sie von der Sachehalten sollten, während der vierte im Bunde eine kla-re Vorstellung von seinen Plänen hatte. Schließlich

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war die Arbeit an dem roh zusammengefügten Gerät beendet, dessen Röhren rot aufglühten und einenstarken Ultrastrahl erzeugten.

»Da ist es, Sir!« berichtete Cleve, nachdem er zehnMinuten mit dem neuen Projektor gearbeitet hatte.Die Umrisse des künstlichen Planetoiden erschienenauf dem Schirm. »Bitte notieren Sie die Koordinatenund unterrichten Sie die Flotte – H11, 62, RA12-31-16,und Dx bei etwa 173,2.«

Nachdem alles Nötige veranlaßt war und die ande-

ren Männer den Raum verlassen hatten, wandte sichder Captain an den jungen Mann und salutierte.»Wir wissen, daß der Geheimdienst ausgezeichnete

Leute hat, Sir. Aber was Sie da eben vorgeführt ha- ben, hätte ich nicht für möglich gehalten. Nur LymanCleveland wäre in der Lage gewesen, einen solchen...«

»Oh, das ist nun wirklich nichts Besonderes ...«,unterbrach ihn der Agent. In diesem Augenblick er-schien ein Gesicht auf seinem Bildschirm – das be-sorgte Gesicht Virgil Samms'.

»Hallo, Lyman«, sagte der Geheimdienstchef – undder Captain hielt den Atem an. Der Mann, der bis jetzt zur einfachen Besatzung seines Schiffes gehört

und sich erst vor wenigen Stunden als Geheimagententpuppt hatte, war Lyman Cleveland persönlich, dergrößte lebende Fachmann für Strahlentechnik! »Ichhatte gehofft, daß du einen Ausweg finden würdest,Lyman«, sagte Samms. »Was meinst du, werden dieanderen dein Gerät nachbauen können? Ich glaubeeigentlich nicht daran.«

»Nein, das dürfte nicht möglich sein«, erwiderteCleveland und runzelte nachdenklich die Stirn. »Der

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Apparat ist wirklich nur notdürftig zusammenge-flickt und kann jeden Augenblick wieder auseinan-derfallen.«

»Kann das Ding so umgebaut werden, daß du da-mit auch fotografieren kannst?«

»Ich glaube schon. Moment mal ... Ja, das wäremöglich. Wieso?«

»Weil irgendwo da draußen etwas vorgeht, das unsunerklärlich ist – und den Piraten auch. Die Admira-lität scheint zu glauben, daß es sich um die Jupiter-

wesen handelt, die sich wieder einmal bemerkbarmachen, doch es sieht mir eigentlich nicht danachaus.« Und er gab in kurzen Worten den Bericht wie-der, den Costigan ihm übermittelt hatte. »Und dannwurden wir von einer gewaltigen Störung getrenntund zwar auf der Ultra-Frequenz! Seitdem habe ichnichts mehr von ihm gehört. Ich möchte daher, daß

du dich dem Kampf fernhältst und jede Phase derAuseinandersetzung fotografisch festhältst. Ich werdedafür sorgen, daß die Chicago von der Admiralitätentsprechende Befehle ...«

»Aber ...«»Das ist ein Befehl!« schnappte Samms. »Es ist von

größter Bedeutung, daß wir die Ereignisse in allen

Einzelheiten registrieren, und das ist nur durch dei-nen neuentwickelten Projektor möglich. Wenn dieFlotte siegt, ist durch euren Sondereinsatz nichtsverloren. Wenn sie verliert, ist die Chicago nicht stark genug, um das Blatt doch noch zu unseren Gunstenzu wenden. Statt dessen haben wir aber die Bilder,deren Studium uns bestimmt weiterhelfen wird. Unddas allein ist entscheidend. Außerdem ist heutewahrscheinlich Conway Costigan gefallen, und wir

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wollen dich nicht auch noch verlieren.«Cleveland versuchte die überraschenden Neuig-

keiten zu verdauen und antwortete nicht sofort. Auchder grauhaarige Captain, ein Veteran des Vierten Ju-piterkrieges, ließ sich nicht so leicht überzeugen.

»Wir werden sie vernichten, Mr. Samms!« sagte er.»Davon bin ich nicht so überzeugt, Captain. Ich ha-

 be der Admiralität dringend geraten, den Großangriff zurückzustellen, bis wir uns besser informiert haben,aber man will offenbar nicht auf mich hören. Man

sieht zwar ein, daß ein Kameraschiff von Vorteil seinkann, aber weiter will man mir nicht entgegenkom-men.«

»Und das reicht auch völlig«, brummte der Kom-mandant der Chicago , als die Verbindung unterbro-chen wurde. »Mr. Cleveland, es schmeckt mir ganzund gar nicht, daß ich vor einem Kampf davonlaufen

soll, und ich gedenke nichts zu unternehmen, ehe ichnicht einen direkten Befehl von der Admiralität ...«Er wurde durch eine Stimme aus dem Lautsprecher

des Hauptquartiers unterbrochen, und erhielt die vonVirgil Samms angekündigte Order.

So kam es, daß die Chicago ihre Beschleunigungverringerte, ihre roten Schirme abschaltete und hinter

der übrigen Flotte zurückblieb. Die Schiffe, die ihr bisher gefolgt waren, fielen ab und stießen zu denVerbänden anderer Flaggschiffe. Immer weiter bliebsie zurück, während sich Cleveland und seine Spe-zialisten an die Arbeit machten.

Die Schlachtformation der Liga-Flotte nahm lang-sam Gestalt an. Die von ihren Trabanten gefolgtenFlaggschiffe kamen immer dichter zusammen undnäherten sich der Fearless – dem britischen Super-

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schlachtschiff der Flotte –, das als Flaggschiff desAdmirals fungierte. Auf diese Weise bildete sich derKampfkegel der Flotte – eine Formation, die bereitswährend der Jupiterkriege entwickelt worden war,als die Planeten-Liga um ihre Existenz kämpfte.

Die Öffnung dieses Kegels bestand aus einem Ringvon Patrouillenbooten, die zu den kleinsten undwendigsten Einheiten der Flotte gehörten. Hinter ih-nen bezog ein etwas engerer Ring aus Leichten Kreu-zern Position, dahinter kamen die kreisförmigen

Formationen der Schweren Kreuzer und derSchlachtschiffe. In der Spitze des Kegels, von allenanderen Schiffen gedeckt und in einer ausgezeichne-ten Beobachtungsposition, schwebte das Flaggschiff des Admirals. Die Schiffe waren angewiesen, ihre Po-sition in der Formation unter keinen Umständen zuverlassen. Dafür waren sie in der Anwendung ihrer

Waffen frei – mit Ausnahme der großen Hauptpro- jektoren, die entlang der Kegelachse synchron zumEinsatz kamen und in der Kegelöffnung ein gewalti-ges Energiefeld aufflammen ließen, dem kein Gegnergewachsen war.

Der künstliche Metallplanet war inzwischen so na-he herangerückt; daß er auch für die schwachen Ul-

trastrahl-Geräte der anderen Agenten sichtbar war,die jetzt sogar beobachten konnten, wie die torpe-doförmigen Raumschiffe der Piraten die gewaltigenLuftschleusen verließen. Jedes Schiff hielt direkt auf die gegnerische Flotte zu, ohne sich Zeit zu nehmen,mit den anderen eine Formation zu bilden. Denn Ro-ger glaubte, daß seine Einheiten für die Gegner un-sichtbar wären, und er hielt die Gegenwart der Flottefür das Ergebnis einer genauen mathematischen Be-

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rechnung. Außerdem war er überzeugt, daß seinemächtigen Raumschiffe die Liga-Flotte vernichtenkonnten, ohne sich zu erkennen zu geben.

Doch er sollte sich irren.Es wurde seiner Streitmacht gestattet, halb in die

Öffnung der kegelförmigen Falle einzudringen, danndrückte der Kommandierende Vizeadmiral auf einenKnopf, und die Generatoren sämtlicher Liga-Schiffetraten gleichzeitig in Aktion. Der Innenraum des ge-waltigen Angriffskegels verwandelte sich in Sekun-

denbruchteilen in eine flammende Energiehölle – inein Inferno, dessen Ansturm die Tarnschirme der Pi-ratenschiffe nur wenige Sekunden gewachsen waren.Sie tauchten aus der Unsichtbarkeit auf, ihre Vertei-digungsschirme glühten auf, und dem massiertenAngriff der unzähligen Schiffe konnte nicht einmalRogers Streitmacht standhalten; die Schirme brachen

zusammen, die Schiffe explodierten und zerflossen zurotglühenden Metallströmen.Auf diese Weise wurden zwei Drittel der Piraten-

flotte beim ersten Angriff vernichtet, doch die restli-chen Schiffe kehrten nicht in den Schutz des Plane-toiden zurück. Sie griffen erneut an; diesmal auf derAußenseite des Kegels. Aber da die Piratenschiffe auf 

den normalen Ortungsschirmen der Liga-Flotte jetztdeutlich sichtbar waren, konnten diese ihre volleKampfkraft entfalten. Beide Seiten setzten die ihnenzur Verfügung stehenden Kampfmittel rücksichtslosein. Angriffsstrahlen aller Art flimmerten durch dasAll und wurden von Verteidigungsschirmen neutrali-siert; der häufige Kurswechsel der Raumschiffemachte den Einsatz gewöhnlicher Atomgeschosseunmöglich. Außerdem war der Äther derart gestört,

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daß jedes ferngelenkte Geschoß sofort nach dem Startaußer Kontrolle geriet und ziellos hin und her raste, bis es irgendwo explodierte.

Einzeln gesehen waren die Piratenschiffe den Liga-Einheiten weit überlegen, und diese Überlegenheitsollte sich bald bemerkbar machen. Besonders diekleinen Schiffe der Flotte, die den Anstrengungen desKampfes weniger gewachsen waren, fielen den tödli-chen Strahlen der Piraten zum Opfer. Aber die Liga-Flotte konnte bald einen Pluspunkt für sich verbu-

chen, der die Schlacht wieder zu ihren Gunsten wen-den sollte. In aller Eile hatten die Geheimdienst-Spezialisten die Kontrollen einiger ferngelenkterAtomtorpedos geändert, die nun auf Ultrastrahlenansprachen.

Der erste Torpedo wurde von einem Beobachterabgefeuert, der mit dem Gesicht fast an seinem Bild-

schirm klebte und seine Kontrollen mit Händen undFüßen bediente. Das Geschoß zog mit flammendenRaketen seine Bahn; unberührt von den Störungendes normalen Funkverkehrs, gehorchte es den Kom-mandos des Beobachters, der es in den Verteidi-gungsschirm eines Piraten lenkte. Die gesamte Mittel-sektion des Schiffes ging in einer gewaltigen Explosi-

on unter. Zur Überraschung der Liga-Soldaten setz-ten die Bug- und Heckeinheiten den Kampf mit un-verminderter Kraft fort, und erst zwei weitere kostba-re Torpedos machten den tödlichen Strahlen ein En-de.

Zu diesem Zeitpunkt ahnte noch niemand in derLiga-Flotte die Wahrheit. Niemand wußte, daß dieschwarzen Piratenschiffe nicht mit Menschen, son-dern mit Robotern bemannt waren, die von Raum-

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veteranen aus dem Innern des Planetoiden gesteuertwurden!

Erst als Roger einsah, daß er geschlagen war undzum letzten Mittel griff, das ihm zur Verfügungstand, begann es den Liga-Soldaten zu dämmern. Ur-plötzlich setzten sich alle noch manövrierfähigen Pi-ratenschiffe in Bewegung und steuerten auf die Spitzedes Kegels zu, wo die schwersten Schlachtschiffe derLiga konzentriert waren. Dort stürzten sie sich to-desmutig ins Verderben – und richteten verheeren-

den Schaden an. Zwanzig wertvolle Liga-Schlachtschiffe wurden auf diese Weise vernichtet,unter ihnen die Fearless.

Der ranghöchste Offizier übernahm sofort das  Kom-mando, der Kampfkegel formierte sich erneut undnäherte sich mit höchster Geschwindigkeit der Pira-tenstation. Wieder schickte er sein tödliches Energie-

feld aus, und die Schirme des Planetoiden begannenim Ansturm der Energien weiß aufzuflammen – aberin diesem Augenblick wurde der Kampf unterbro-chen, und die Liga-Soldaten und Piraten erfuhren zuihrem Erstaunen, daß sie nicht allein waren.

Ein rotschimmernder Nebel breitete sich aus, ausdem gewaltige Energiearme hervorbrachen. Ein

Raumschiff von ungeheurer Größe und Kampfkraft, beheimatet im System der Sonne Nevia, griff in denKampf ein. Seit Monaten hatte sein Kommandantnach einer Substanz gesucht, die für seine Rasse sehrkostbar war. Jetzt endlich hatte er sie gefunden! Undda er sich nicht vor der Liga-Flotte fürchtete und auchnicht davor zurückschreckte, die seltsamen Lebewe-sen seinen Interessen zu opfern, wollte er sich nunmit dieser Substanz versorgen!

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Nevia, die Heimat des so überraschend aufgetauch-ten Raumschiffes, ist ein für irdische Verhältnissefremdartiger Planet. Eine blaue Sonne ergießt ihrviolettes Licht über eine Wasserwelt. Keine Wolkesteht am flammenden Himmel, und die absolutstaubfreie Luft ermöglicht einen unvorstellbar klarenAusblick. Wenn die gewaltige Sonne abends am Ho-

rizont versinkt, bezieht sich plötzlich der Himmel,und es beginnt heftig zu regnen. Erst gegen Mitter-nacht verschwinden die Wolken, und der Blick wirdfrei auf ein strahlendes Firmament. Der Blick, der sichhier zum Himmel erhebt, wird nur auf wenige Kon-stellationen treffen, die auch dem Erdbewohner ver-traut sind, denn die blaue Sonne Nevia und ihr einzi-

ger Planet sind zahlreiche Lichtjahre von unseremSonnensystem entfernt.Aus dem All näherte sich ein fischförmiges Raum-

schiff – das Schiff, das sich später gegen die Kräfteder Liga und der Piratenstation stellen sollte – undtauchte in die dünne äußere Atmosphäre Nevias ein.Purpurne Energiestrahlen blitzten auf, die seine un-

vorstellbare Geschwindigkeit bremsten. Es umkreisteden Planeten einmal, ehe es zur Landung ansetzte. Insteilem Flug näherte es sich der Dämmerzone. Seinrunder Bug war auf eine halb aus dem Wasser ragen-de Stadt gerichtet – eine Stadt mit flachen, sechsecki-gen Türmen, die in Größe, Form, Farbe und Baumate-rial identisch waren. Sie waren angeordnet wie dieZellen einer Bienenwabe, und zwischen ihnen verlie-fen schmale Kanäle, die vielfach überbrückt waren.

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Auf diesen Wasser›straßen‹ wimmelte es vonSchwimmern, Oberflächenbooten und Unterwasser-fahrzeugen.

Der Pilot, dessen Kanzel sich unmittelbar unterdem stumpfen Bug des Raumschiffes befand, starrtedurch seine großen Fenster, die ihm einen ungehin-derten Rundblick gestatteten. Seine vier riesigen Au-gen bewegten sich unabhängig voneinander und ver-sorgten das aufnahmefähige Gehirn mit wichtigen In-formationen. Zwei Augen beobachteten die Instru-

mente, während die beiden anderen die Rundung derSchiffsunterseite im Blick behielten und ständig dieEntfernung zwischen dem Schiff, der Wasseroberflä-che und dem Dock kontrollierten. Vier Hände – wennman sie so nennen konnte – beschäftigten sich mitden Kontrollen, und im nächsten Augenblick setztedas Schiff sanft auf der Wasseroberfläche auf und

kam etwa einen Meter vor dem Dock zum Stillstand.Vier Verankerungen schnappten ein, der Pilotschaltete seine Kontrollen aus, befreite sich von sei-nen Sicherheitsgurten und erhob sich. Auf seinen vierkräftigen, schuppenbesetzten Beinen arbeitete er sichdurch die Gänge zur Ausstiegsluke, sprang ins Was-ser und verschwand mit einer eleganten Bewegung

unter der Wasseroberfläche.Nevianer sind echte Amphibienwesen. Ihr Blut ist

kalt, und sie können ihre Atmungsorgane nach Belie- ben unter Wasser oder auf dem Land benutzen, sodaß sie in beiden Elementen zu Hause sind. Auch ih-re Füße leisten ihnen an Land ebenso gute Dienstewie unter Wasser.

Mit schnellen Bewegungen steuerte sich der nevia-nische Kommandant durch das Wasser. Er durch-

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schwamm eine Öffnung in der Wand eines sechsecki-gen Turmes, betrat eine breite Rampe und dort einenFahrstuhl, der ihn in das oberste Stockwerk des Ge- bäudes trug. Hier wurde er im Büro des nevianischenHandelsministers empfangen.

»Willkommen, Captain Nerado«, sagte dieser, undauf eine einladende Bewegung mit einem Tentakel-arm machte es sich der Besucher auf einer niedrigen,weichen Bank bequem. »Wir möchten Sie zum ErfolgIhres letzten Testfluges beglückwünschen. Ihre Be-

richte sind bestens zu verstehen gewesen, auch als SieIhr Schiff auf zehnfache Lichtgeschwindigkeit be-schleunigt hatten. Nachdem nun auch diese letzteSchwierigkeit überwunden ist, nehme ich an, daß Siezum Aufbruch bereit sind.«

»Wir sind bereit«, sagte der Captain kurz. »Tech-nisch ist das Schiff so vollkommen, wie wir es über-

haupt bauen konnten. Es ist für eine zweijährige Ex-pedition ausgerüstet. Alle vielleicht eisenhaltigenSonnen innerhalb unseres Aktionsradius sind pro-grammiert. Alles ist bereit – bis auf das Eisen. Natür-lich hat sich der Rat nicht bereit erklären können, unseinen Vorrat aus dem Staatsschatz zur Verfügung zustellen. Wieviel haben Sie auf dem freien Markt für

uns beschaffen können?«»Etwa zehn Pfund ...«»Zehn Pfund! Die Mittel, die Sie zur Verfügung

hatten, hätten nicht einmal für zwei Pfund ausge-reicht – nicht bei diesen Preisen!«

»Natürlich nicht. Aber wir haben Freunde. Es gibtBürger, die an Sie glauben, Captain Nerado, und dieuns aus eigenen Mitteln unterstützt haben. Sie undIhre Freunde haben außerdem ihr ganzes Vermögen

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für die Expedition geopfert, warum sollten wir übri-gen nicht auch unseren Beitrag leisten?«

»Das ist eine wundervolle Neuigkeit – wir dankenIhnen! Zehn Pfund!« In den dreieckigen Augen desCaptains leuchtete ein violetter Schimmer. »Damitkommen wir ein Jahr lang aus. Aber was ist, wennunsere Expedition doch erfolglos sein sollte ...?«

»Ich bin fast sicher, daß sie erfolglos sein wird«,entgegnete der Handelsminister offen. »Es ist fast ei-ne Gewißheit – eine mathematisch beweisbare Tatsa-

che, daß in einem Radius von vielen hunderttausendLichtjahren keine Sonne einen Planeten hat. Es ist da-her auch anzunehmen, daß Nevia der einzige Planetim Universum ist und wir das einzige intelligente Le- ben sind. Unsere Chancen, einen eisenhaltigen Pla-neten zu finden, auf dem wir landen können, steheneins zu mehreren Millionen. Allerdings gründen sich

unsere Hoffnungen zum Teil auf die etwas günstigereChance, daß Sie auf einen kleineren eisenhaltigenHimmelskörper stoßen, den Sie einbringen können.Wir erwarten im Grunde nichts – aber wenn Ihre Ex-pedition wie durch ein Wunder doch Erfolg hätte,wäre unserer Zivilisation unendlich  gedient. Wir wür-den die Tiefsee einebnen, unsere Zivilisation würde

sich  über  den ganzen  Planeten  ausbreiten, unsere  Wis-senschaft würde gewaltige Fortschritte machen unddie Bevölkerung Nevias würde in einem ungeahntenMaße zunehmen. Und das, mein Freund, ist eineMöglichkeit, für die man einiges einsetzen sollte.«

Der Minister rief eine Abteilung Wachen zu sich,die das Päckchen mit dem kostbaren Metall in dasRaumschiff brachten. Captain Nerado und der Mini-ster trennten sich vor dem Raumschiff.

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»... ich werde über Ultrafunk mit Ihnen in Verbin-dung bleiben«, sagte der Captain. »Ich kann dem Ratkeinen Vorwurf machen, daß er das andere Schiff noch nicht starten läßt. Zehn Pfund Eisen sind einentsetzlicher Verlust für unsere Welt. Wenn wir aberfinden sollten, was wir suchen, sorgen Sie bitte dafür,daß es uns sofort nachgeschickt wird!«

»Keine Sorge! Wenn Sie auf Eisen stoßen, wird esohne Verzögerung starten, und das Weltall wird baldmit unseren Schiffen angefüllt sein!«

Und das Schiff startete und raste mit zunehmenderBeschleunigung durch die Planetenatmosphäre in dasAll hinaus, bis Nevias gigantische blaue Sonne zu ei-nem winzigen blauen Stern zusammenschrumpfte.Dann wurde der Antrieb ausgeschaltet, um das kost- bare Eisen zu sparen, und wochenlang trieben Cap-tain Nerado und seine Mannschaft durch die Unend-

lichkeit des Weltalls.Die lange Reise verlief ereignislos, so daß sich einenähere Beschreibung an dieser Stelle erübrigt. Jeden-falls stießen die Nevianer nach langer Suche auf einenZwergstern des G-Typs, der nicht nur einen, sonderngleich neun Planeten besaß, die wiederum von meh-reren kleineren Himmelskörpern umkreist wurden.

Nerado wußte sich vor Freude kaum zu halten, als erdas Schiff stoppte. Er und seine Schiffskameradenkonnten sich an dem ungewohnten Anblick gar nichtsattsehen! Es gab also wirklich andere Planeten imUniversum!

Mit voll ausgefahrenen Detektorschirmen nähertesich das nevianische Schiff langsam unserer Sonne.Und plötzlich zeigte der Schirm ein Hindernis aus ei-ner Substanz an, die von den Detektoren als reines

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Eisen identifiziert wurde. Eine ungeheure Menge Ei-sen schwebte da vor ihnen im All! Ohne sich die Mü-he zu machen, seinen kostbaren Fund näher zu unter-suchen, aktivierte Nerado seine Konverter und hülltedas Objekt in einen gewaltigen Umformschirm, derdas kostbare Metall in eine zähe, rote Flüssigkeitverwandelte, die sich bequem in den Tanks des Schif-fes unterbringen ließ.

Kaum war das kostbare Material sichergestellt, alsdie Detektoren erneut anschlugen; diesmal zeigten sie

eine gewaltige Eisenmasse, der eine Vielzahl kleinererGebilde gegenüberstand. Eines der Eisengebilde hieltsich im Hintergrund. Das Weltall schien voller Eisenzu sein, und Nerado setzte sich mit seinem Heimat-planeten in Verbindung und übermittelte die froheBotschaft. Er bat um die sofortige Entsendung desanderen nevianischen Schiffes.

Kurz darauf wurde Nerado von einem seiner Be-obachter angesprochen. »Ich habe einen dieser Eisen- brocken untersucht. Es handelt sich um künstlicheGebilde – ein kleines Raumschiff, in dem sich dreiWesen aufhalten. Zweifellos sind es Ungeheuer, abersie scheinen eine Art Intelligenz zu besitzen – sonstwären sie nicht hier!«

»Was? Unmöglich!« rief der Captain. »Dann war jaauch das erste ... Aber wir brauchen das Eisen. Bitteschaffen Sie das Boot heran, ohne es umzuformen,damit wir die Wesen und ihre Technik studierenkönnen.« Und Nerado richtete seinen Visi-Strahl auf das kleine Boot und erblickte die Gestalten von ClioMarsden und den beiden Liga-Offizieren.

»Sie scheinen tatsächlich intelligent zu sein«, be-merkte er, als er Costigans Ultrastrahl-Sender ent-

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deckt und zum Schweigen gebracht hatte. »Aber dochnicht ganz so intelligent, wie ich im ersten Augen- blick angenommen hatte.« Und er unterzog die selt-samen Wesen und ihr Raumschiff einer eingehendenUntersuchung. »Sie besitzen einen gewaltigen Schatzan Eisen, wissen ihn aber zu nichts anderem zu ge- brauchen, als ihre Schiffe damit zu bauen. Die Atom-energie wenden sie nur auf sehr laienhafte Weise an,und sie scheinen auch kaum Erfahrungen mit denUltrastrahlen zu haben. Sie können nicht einmal die

einfachen Energien neutralisieren, mit denen wir sie jetzt in Schach halten. Sie sind natürlich intelligenterals die Ganoiden oder die höheren Fische unseresPlaneten, aber sie mit uns vergleichen zu wollen, wä-re doch übertrieben. Ich bin sehr erleichtert, denn ichdachte schon, daß ich mich in der Eile an einerhochintelligenten Rasse vergangen hätte.«

Das hilflose Boot, dessen Energien völlig neutrali-siert waren, wurde in die Nähe des gigantischen flie-genden Fisches transportiert und dort von gewaltigenEnergiestrahlen sauber zerschnitten. Die bewe-gungslosen Gestalten der drei Menschen wurdendurch die Luftschleuse in den Kontrollraum gebracht.Die nevianischen Wissenschaftler machten sich sofort

an eine Untersuchung der Atemluft innerhalb derRaumanzüge, die sie dann sorgsam entfernten.

Costigan mußte diese Prozedur bei vollem Be-wußtsein über sich ergehen lassen und war innerlichauf das Schlimmste gefaßt. Doch die grotesken Wesenwaren nicht darauf aus, ihre Gefangenen zu quälen.Die Atmosphäre des Schiffes, die etwas dichter warals auf der Erde und einen seltsamen Geruch hatte,war atembar, und obwohl das Schiff bewegungslos

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im Raum zu verharren schien, herrschte eine ange-nehme Gravitation.

Nachdem man ihnen die Pistolen und andere Ge-genstände abgenommen hatte, die die Nevianer fürWaffen halten mochten, wurden sie aus der Lähmung befreit. Die hautenge Kleidung der Gefangenen er-regte bei den Nevianern große Neugier, doch als sichdie Menschen einer weiteren Entkleidung energischwidersetzten, bestanden die Unbekannten zunächstnicht auf ihrer Absicht.

In der Zentrale des fremdartigen Schiffs standensich nun die Vertreter zweier verschiedener Sonnen-systeme gegenüber. Die Nevianer betrachteten dieMenschen mit Interesse und Neugier, gepaart mitWiderwillen; die drei Menschen starrten voller Ekelin die ausdruckslosen ›Gesichter‹ der Fremden. Fürmenschliche Augen ist jeder Nevianer furchteinflö-

ßend. Auch heute gibt es nur wenige, die einem Ne-vianer ins Gesicht blicken können, ohne ein seltsamesKribbeln zu verspüren. Die hornbewehrten Marsia-ner, die wir alle kennen und mögen, sind ungewöhn-liche Wesen, ebenso wie die haut- und haarlosen Ve-nusianer – doch beide Rassen gehören, wenn auchentfernt, der menschlichen Familie an, und wir kom-

men recht gut mit ihnen aus, wenn wir Mars oderVenus besuchen. Aber die Nevianer ...

Der horizontale Fischkörper auf seinen vier ge-schuppten Beinen ist noch nicht das Schlimmste, auchnicht der kurze und gedrungene Hals oder gar derGeruch, der dem Gestank faulender Fische gleich-kommt. Nein, es ist der Kopf, der den Nevianer fürmenschliche Augen so unerträglich macht, denn erfindet in der Biologie unseres Sonnensystems nicht

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seinesgleichen. Er ist ein massiver Kegel auf einemgedrungenen Nacken, unterbrochen von vier grünendreieckigen Augen. Darunter entspringen vier langeTentakelarme, die in jeweils acht empfindsamen, aberstarken ›Fingern‹ auslaufen. Unter den Armen liegenkleine, gefährlich aussehende Mundöffnungen, dievon einem Kranz nadelspitzer Stacheln umgebensind. Und darunter befinden sich die empfindlichenOrgane, die dem Nevianer wahlweise als Kiemenoder Lungen dienen. Für die Amphibienwesen ist das

Mienenspiel dieses ›Gesichts‹ höchst ausdrucksvoll;menschlichen Augen bleiben diese Feinheiten fremd.Aber wenn wir die Nevianer für grotesk und ekel-

erregend halten, so beruht dieser gefühlsmäßige Wi-derwille durchaus auf Gegenseitigkeit. Denn jeneUngeheuer sind eine sehr intelligente und empfind-same Rasse, für die unsere schlanken und grazilen

Körper die Quintessenz der Häßlichkeit darstellen.»Um Himmels willen, Conway«, rief Clio undflüchtete sich in die Arme Costigans. »Was für ent-setzliche Ungeheuer! Und sie können nicht einmalreden – ich habe noch kein Wort von ihnen gehört!Sie sind doch nicht etwa taub und stumm?«

Im gleichen Augenblick wandte sich Nerado an

seine Artgenossen:»Was für entsetzliche Wesen! Sie gehören zweifel-

los einer niedrigen Lebensform an, obwohl sie offen- bar eine gewisse Intelligenz besitzen. Sie könnennicht sprechen und haben sich auch nicht anmerkenlassen, ob sie unsere Worte gehört haben. GlaubenSie, daß sie sich durch Zeichen verständigen, daß die-se seltsamen Verrenkungen ihrer Glieder vielleichteine Art Sprache ist?«

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So waren beide Seiten ahnungslos. Nevianer undMenschen wußten nicht, daß die Stimmen der Am-phibienwesen einen Schwingungsbereich haben, dervon menschlichen Ohren nicht erfaßt werden kann.Der höchste Ton einer Pikkolo-Flöte ist für einen Ne-vianer so tief, daß er ihn nicht zu hören vermag.

»Wir haben viel zu tun«, wandte sich Nerado anseine Artgenossen. »Wir müssen das Studium derWesen zurückstellen, bis wir uns um die kostbareFracht gekümmert haben, die es hier im Überfluß

gibt.«»Was sollen wir mit ihnen machen?« fragte ein ne-vianischer Offizier. »Sollen wir sie in einem der La-gerräume einschließen?«

»Nein! Das wäre zu gefährlich. Wir müssen sie vor-sichtig behandeln und dafür sorgen, daß sie am Le- ben und bei guter Gesundheit bleiben, damit wir sie

 bei unserer Rückkehr den Wissenschaftlern Neviasübergeben können. Wir sollten ihnen einige Aufent-haltsräume zuweisen – Sektion Vier –, da werden siePlatz und vor allen Dingen Licht haben. Es müssennatürlich alle Außentüren verschlossen sein, aber in-nerhalb ihres Bereiches sollten sie sich frei bewegendürfen. Das kleine Wesen dort, offensichtlich ein

Weibchen, hält sich sehr nahe bei einem der Männ-chen. Vielleicht gehören die beiden irgendwie zu-sammen. Da wir ihre Sitten natürlich nicht kennen, istes bestimmt nicht verkehrt, ihnen einigen Spielraumzu lassen – ohne natürlich ein Risiko einzugehen.«

Nerado wandte sich wieder seinen Instrumentenzu, und drei furchteinflößende Nevianer näherten sichden Gefangenen. Der eine trat an eine Tür und mach-te mit einem seiner Arme ein unmißverständliches

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Zeichen. Gehorsam folgten ihm die drei Menschen,denen sich die anderen Wächter anschlossen.

»Jetzt ist die beste Gelegenheit«, zischte Costigan,als sie durch die niedrige Tür traten und in einen en-gen Gang kamen. »Clio, du achtest auf den Burschenvor dir, und hältst ihn nach Möglichkeit einen Au-genblick auf. Bradley, Sie und ich nehmen die beidenhinter uns – jetzt!«

Costigan blieb abrupt stehen und wirbelte herum.Er packte einen der Tentakel des nachfolgenden Ne-

vianers, zog mit aller Kraft und trat mit seinemschweren Stiefel fest gegen die Stelle, wo der schup-pige Hals und der Kegelkopf zusammentrafen. DerNevianer stürzte zu Boden. Sofort griff Costigan denvorausgehenden Wächter an – und erstarrte, von ei-nem Lähmungsstrahl erfaßt. Der Nevianer hatte dieganze Szene mit seinen nach hinten gerichteten Au-

gen beobachtet und sofort gehandelt. Ein vierter Ne-vianer erschien und übernahm die Aufgabe des nie-dergeschlagenen Wächters, der sich seine Tentakelfest um den Hals geschlungen hatte und den Schmerzdurch hastige Kopfbewegungen zu mildern suchte.

Die drei gelähmten Erdbewohner wurden angeho- ben und in ihre Quartiere getragen. Sie erhielten ihre

Bewegungsfreiheit erst zurück, als sich die schwerenMetalltüren hinter den Wächtern geschlossen hatten.

»Und damit wäre wieder eine Runde verloren«, bemerkte Costigan niedergeschlagen. »Ein Mannfühlt sich nicht wohl, wenn er sich nicht mehr wehrenkann. Eigentlich hatte ich erwartet, daß uns die Ei-dechsen hart bestrafen würden.«

»Sie wollen uns offenbar nicht wehtun, Conway.Vielleicht beabsichtigen sie, uns mitzunehmen und in

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ihrer Heimat als Kuriositäten auszustellen – wie wil-de Tiere oder so«, sagte das Mädchen hellsichtig. »Ichkann ihren Anblick zwar kaum ertragen, aber sie ge-fallen mir eigentlich besser als dieser Roger und seineRoboter.«

»Ich glaube, da haben Sie ganz recht, Miß Mars-den«, dröhnte Bradley. »Das ist es – aber welcheChance haben die Tiere, aus einem Zoo zu entkom-men?«

»Die Tiere? Gute Chancen! Ich fühle mich schon

viel besser«, rief Clio. »Sie beide haben mich vor Ro-ger gerettet, und ich bin sicher, daß Sie auch aus die-ser Situation einen Ausweg finden werden. Vielleichthalten uns die Ungeheuer noch für dumm, aber siesollen uns kennenlernen!«

»Das ist die richtige Einstellung, Clio«, lobte Costi-gan. »Ich habe zwar noch nicht richtig darüber nach-

gedacht, aber du könntest recht haben. Diese vierbei-nigen Fische scheinen ein schwereres Geschütz auf-fahren zu können als Roger, aber auch so werden sievielleicht bald auf etwas stoßen, an dem sie sich dieZähne ausbeißen können! Nein, das ist nicht vonPappe!«

»Was soll diese Bemerkung, Costigan? Sie scheinen

etwas zu wissen, von dem wir keine Ahnung haben.«»Ja, das mag sein. Aber ich weiß nicht viel. Unsere

Ingenieur-Abteilungen sind seit einigen Jahren damit beschäftigt, ein neues Schiff zu konstruieren, das eineGeschwindigkeit haben soll, mit der innerhalb einesMonats jeder Punkt der Galaxis zu erreichen ist. Allesist neu an diesem Schiff – der Ultrastrahlantrieb, dieSchutzschirme, die Bewaffnung. Der einzige Nachteilist natürlich, daß es noch nicht so recht funktioniert –

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es steckt noch voller kleiner Fehler und soll bisherfünfmal in die Luft geflogen sein und neunundzwan-zig Männern das Leben gekostet haben. Aber wenn eserst fertig ist, haben wir ein Schiff, das seinesgleichensucht. Ich bin sicher, daß wir bald mit Hilfe rechnenkönnen, wenn wir nur durchhalten. Und wir scheinenes gar nicht schlecht getroffen zu haben. Wir leben ineinem Käfig erster Klasse, der sogar mit heimischemKomfort – mit Beobachtungsschirmen – ausgestattetist. Laßt uns sehen, was da draußen passiert.«

Nach einer Zeit hatte sich Costigan mit den nevia-nischen Beobachtungsgeräten vertraut gemacht, undauf dem Schirm erschien der Kampfkegel der Liga-Flotte, der sich dem künstlichen Planetoiden näherte.Die Gefangenen beobachteten den Angriff der Pira-tenflotte und verfolgten den anschließenden Kampf in allen Einzelheiten. Und in ihrem Kontrollraum

wurden auch die Nevianer Zeugen der gigantischenAuseinandersetzung.»Was für ein Gemetzel«, sagte Nerado. »Eigentlich

war zu erwarten, daß sich eine Rasse dieser Intelli-genzstufe dem Kriegshandwerk verschrieben hat.Andererseits sollten wir nicht vergessen, daß auchunsere Städte noch vor kurzer Zeit im Krieg mitein-

ander gelegen haben und sich erst spät gegen diehalbzivilisierten Fische der Tiefsee zusammenschlos-sen.«

Er schwieg und beobachtete den Kampf der beidenRaumflotten und die Neubildung des Kampfkegels,der sich nun dem Planetoiden näherte.

»Vernichtung, Vernichtung«, seufzte er und trat anseine Kontrollen. »Da sie fest entschlossen sind, sichgegenseitig umzubringen, sehe ich keinen Grund, ih-

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nen diese Arbeit nicht abzunehmen. Wir brauchendas Eisen, und sie sind als Rasse nutzlos.«

Er schickte sein rötliches Energiefeld aus, das trotzseiner Größe die gewaltige Flotte nicht auf einmal er-fassen konnte. Es war jedoch groß genug, um im er-sten Ansturm die Hälfte des gigantischen Halbkreisesaus Schiffen in einen zähflüssigen Eisenstrom zuverwandeln. Die Flotte ließ von ihrem Angriff auf den Planetoiden ab und bezog Front gegenüber demneuen Gegner, der auf dem Ultrastrahl-Schirmen der

Spezialagenten als dunkler Schatten sichtbar war.Eben richtete sich der tödliche Strahl der Flotte auf das fremde Schiff, als die Liga-Flotte von unerwarte-ter Seite Unterstützung erhielt.

Gharlane wußte seit der merkwürdigen Flucht sei-ner Gefangenen, daß hier etwas vor sich ging, was dieGrenzen seiner praktischen Erfahrungen, nicht aber

seines theoretischen Denkvermögens überschritt. Erhatte feststellen müssen, daß ihm der Sub-Äther ver-schlossen war und daß er seine Ultrawaffen wedergegen die drei Gefangenen noch gegen die Liga-Flotteeinsetzen konnte. Jetzt jedoch hatte ein Versuch erge- ben, daß seine Ultrawaffen plötzlich wieder funktio-nierten. Wie ließ sich diese seltsame Tatsache erklä-

ren?Er war schließlich zu der Überzeugung gekommen,

daß seine drei Gefangenen ebenso wenig dermenschlichen Rasse angehörten wie er. Aber weroder was beherrschte sie? Um einen eddorischen Ein-flußnehmer konnte es sich nicht handeln, denn einEddorier wäre anders vorgegangen – außerdem hätteer ohne sein, Gharlanes, Wissen niemals so weitkommen können. Wer oder was steckte dahinter? Die

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Dinge, die sich vor Gharlanes Augen abgespielt hat-ten, ließen nur einen Schluß zu: Es mußte eine Rassegeben, die ebenso alt und mächtig war wie die Eddo-rier, die sich jedoch völlig anders entwickelt hatte.Aber aus den eddorischen Unterlagen ging hervor,daß es eine solche Rasse nicht gab und auch niemalsgegeben hatte.

Die jetzt überraschend aufgetauchten Angreifer,die sich ebenfalls Fähigkeiten und Kräfte zunutzemachten, die eigentlich den Eddoriern vorbehalten

waren, besaßen zweifellos entsprechende geistige Fä-higkeiten. Waren sie erst kürzlich aus einem anderenRaum-Zeit-Kontinuum in dieses Universum gekom-men? Wahrscheinlich nicht – denn die eddorischenForschungen verneinten die Existenz einer solchenLebensform. Da es absolut phantastisch war, dasplötzliche Auftauchen von zwei gleichwertigen Ras-

sen anzunehmen, blieb nur eine Möglichkeit: DieNeuankömmlinge waren identisch mit den Beherr-schern der beiden Liga-Offiziere und der Frau! DieseAnsicht wurde von der Tatsache untermauert, daßdie Fremden zwar die Liga-Flotte angegriffen undTausende von Soldaten getötet, seine drei Gefange-nen aber gerettet hatten. Also war der Planetoid ihr

nächstes Ziel. Nun gut, er konnte sich einfach mit denLiga-Streitkräften verbünden, wozu ihm jetzt Waffenvon überwältigender Kampfkraft zur Verfügungstanden. Dadurch brauchten sich seine wirklichenPläne nicht zu ändern.

Roger erteilte seine Befehle und wartete. Inzwi-schen blieben seine Gedanken immer wieder an ei-nem Umstand hängen, der ihm nicht klar erschien.Wenn die Fremden die Liga-Flotte vernichteten, war-

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um hatten sie ihn dann gehindert, seine mächtigenWaffen gegen diese Flotte einzusetzen?

So kam es, daß sich die Kräfte des Rechts und derOrdnung zum erstenmal in der Geschichte der Ligamit der Macht des Bösen gegen einen gemeinsamenFeind verbündeten. Doch auch jetzt schienen alle An-strengungen vergeblich zu sein. Strahlenfächer, Bom- ben und Atomgeschosse prallten wirkungslos ab oderverschwanden spurlos in dem geheimnisvollenSchleier. Die Flotte entging ihrem Schicksal nicht. In

schneller Folge flammten die Schiffe auf und vergin-gen in dem geheimnisvollen zähflüssigen Strom.Als das letzte Schiff des Kegels vernichtet war,

wandten sich die Nevianer – wie Roger erwartet hatte– dem Planetoiden zu. Doch hier fanden sie keineleichte Beute. Die Festung war unter der persönlichenAufsicht Gharlanes gebaut worden und war gegen

alle Gefahren gewappnet.Das gierige Umformfeld der Nevianer, getragenvon Ultrastrahlen, traf auf den übermächtigen Ver-teidigungsschirm der Piratenstation und prallte wir-kungslos ab. Wieder leckten die gierigen Energiennach ihrem Ziel, und wurden erneut zurückgeschla-gen. Erst beim dritten Ansturm bissen sie sich fest

und begannen die Außenfläche des Schirms mithungrigen roten Zungen zu belecken, während derüberraschte Roger seine Energien verdoppelte undschließlich vervierfachte. Doch der nevianische An-griff wurde entsprechend verstärkt, und bald ver-schwand der gewaltige Planetoid im Zentrum einesübermächtigen roten Feuersturms. Doch der Schutz-schirm des Piraten hielt.

Roger saß bewegungslos an seinem Komman-

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dostand. Er konnte dem Ansturm noch lange stand-halten. Aber es war damit zu rechnen, daß der Geg-ner seine Taktik sehr bald änderte. Im Grunde warGharlane unbesorgt, denn er konnte in diesem Kampf nicht getötet werden. Trotzdem stand er vor einerwichtigen Entscheidung. Sollte er den Planetoidenverlassen, oder sollte er bis zum bitteren Ende aus-harren? Sollte er nach Eddore zurückkehren ohne dengeringsten Fetzen eines Beweises? Das war unmög-lich. Zu viele Fragen blieben offen. Wenn er jetzt ei-

nen Bericht zusammenstellte, der auf seinen augen- blicklichen Informationen beruhte, konnte nicht vieldaraus werden. Und die Berichte, die Gharlane demInneren Kreis übermittelt hatte, waren bisher stetsvollständig und logisch gewesen. Und zutreffend.

Tatsache war, daß es mindestens ein nicht-eddorisches Wesen gab, das sich mit ihm messen

konnte. Und wenn es ein solches Wesen gab, gab esauch eine ganze Rasse. Das war eine sehr unange-nehme Folgerung, aber es wäre höchst unklug gewe-sen, ihr aus dem Weg zu gehen. Da die Entwicklungvon Intelligenz in großem Maße eine Frage der Zeitwar, entsprach diese Rasse vermutlich auch alters-mäßig den Eddoriern, und das brachte ihn zu dem

Schluß, daß die eddorischen Überlieferungen unvoll-ständig sein mußten.

Warum waren sie unvollständig? Daß sich zweihochintelligente Rassen über einen gewaltigen Zeit-raum hinweg parallel entwickelt hatten, ohne ir-gendwie und irgendwann einmal Kontakt aufzu-nehmen, war so unwahrscheinlich, daß hier nur die bewußte Absicht einer der beiden Rassen vorliegenkonnte, eben diesen Kontakt zu vermeiden. Also

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hatte es irgendwann doch einmal eine Begegnungzwischen den beiden Intelligenzen gegeben, und dieeddorische Erinnerung an dieses Ereignis war aus-gelöscht und jeder weitere Kontakt vermieden wor-den.

Eine schmerzliche Entdeckung – aber als Eddorierzögerte Gharlane nicht, sich mit ihr zu befassen. Erwußte, daß sein Gehirn das Wissen jedes anderenEddoriers enthielt, der vor ihm gelebt hatte, und daßsomit die Möglichkeit bestand, in den Schichten sei-

ner Erinnerung die Information über jene erste Be-gegnung wiederzufinden – so sorgsam sie auch ge-löscht sein mochte.

Und er ließ seine Gedanken wandern ... in die ferneund fernste Vergangenheit ... und stieß plötzlich auf einen Riegel, der ihm den Zugang zu etwas ver-wehrte, von dem er wußte, daß es existierte.

»Ah ... ihr wollt also nicht, daß ich mich daran er-innere?« fragte er laut. »Glaubt ihr wirklich, dieseSperre aufrechterhalten zu können? Wir werden se-hen ...«

»Hier ist die Analyse seines Schirmes«, sagte ein ne-vianischer Computerfachmann und reichte seinem

Kommandanten eine Metallscheibe, auf der mehrereZahlenreihen standen.

»Aha, ein polyzyklischer Schirm, der den ganzenFrequenzbereich umfaßt ... so etwas hätte ich denBurschen gar nicht zugetraut«, sagte Nerado undmachte sich an seinen Kontrollen zu schaffen.

Augenblicklich änderte sich die Farbe seiner An-griffsenergien – das tiefe Rot erhellte sich, und dieTönung des Strahls, der den Planetoiden umfing,

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durchlief die Farben des Spektrums und wurde fastunsichtbar. Und als er verschwand, begann RogersVerteidigungsschirm nachzugeben. Er wurde nichtabrupt neutralisiert, sondern begann sich an ver-schiedenen Stellen aufzulösen, wobei die feindlichenEnergien um jeden Zentimeter zu kämpfen schienen.

Roger versuchte auf einen masselosen Schirm aus-zuweichen, doch erwartungsgemäß war sein Gegnerauch hierauf vorbereitet. Er befahl einige seiner fähig-sten Wissenschaftler zu sich und gab seine Befehle.

Ein Trupp Roboter machte sich ans Werk und kurzdarauf verformte sich ein Segment seines Verteidi-gungsschirmes und verwandelte sich in einen An-griffsstrahl, der sich mit überraschender Gewalt auf das nevianische Raumschiff stürzte und die geballteKampfkraft des Planetoiden entfesselte. Er riß eingewaltiges Loch in das nevianische Angriffsfeld und

 bestürmte gleich darauf den inneren Verteidigungs-schirm des fischförmigen Raumschiffes. Und löstesich nicht im gleichen Augenblick ein Schatten vonder anderen Seite des Planetoiden – ein Etwas, das blitzschnell im Raum verschwand?

Nerado zuckte zusammen, als seine überlastetenSchirme den Angriff zu neutralisieren versuchten,

doch Rogers Angriff war viel zu heftig, als daß er ihnlange durchhalten konnte. Ein Generator nach demanderen brannte durch, der Verteidigungsschirm desPlanetoiden brach zusammen, und das plötzlich wie-der rote Umformfeld machte sich ungehindert an dergewaltigen Metallkugel zu schaffen, verformte sie,zerschmolz sie und verwandelte sich in einen zäh-flüssigen Strom.

»Wie gut, daß wir unseren Eisenvorrat auffrischen

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konnten!« sagte Nerado erleichtert, als der Kampf vorüber war. »Mit unseren restlichen sieben Pfundhätten wir den letzten Angriff nur mühsam abfangenkönnen.«

»Mühsam?« rief sein Erster Offizier. »Wir wären inwinzige Atome zerblasen worden! Aber was sollenwir mit dem Eisen anfangen? Unsere Tanks sind sovoll, daß ich kaum noch die Hälfte unterbringe. Undwas ist mit dem fremden Schiff, das noch übrig ist?«

»Wenn wir unsere übrigen Vorräte nach oben ver-

lagern, könnten wir noch zusätzlichen Tankraumschaffen. Und das Schiff lassen wir in Ruhe. Wir sindsowieso schon überladen und müssen unsere Frachtin Sicherheit bringen.«

Und das schwerbeladene nevianische Raumschiff trat die Heimreise an. In ihrem Quartier hatten diedrei Menschen den Untergang des Planetoiden beob-

achtet und starrten sich mit bleichen Gesichtern an.»O Conway! Wie entsetzlich«, keuchte Clio, Costi-gans Gesicht zeigte jedoch keine Spur von Nervositätoder Angst. Nachdenklich blickte er auf sie herab.

»Nein, das war nicht schön«, sagte er. »Ichwünschte, ich könnte etwas unternehmen. LymanCleveland oder Fred Rodebush wüßten an meiner

Stelle jetzt genau ... Aber ich kenne ihre Spezialge- biete zu wenig. Ich kann mir nicht einmal den seltsa-men Blitz erklären – wenn es wirklich ein Blitz war.«

»Wieso machst du dir Sorgen wegen eines kleinenBlitzes?« fragte Clio neugierig.

»Sie meinen, Roger hat eine Rakete gestartet? Dasist doch wohl nicht möglich! Ich habe nichts gese-hen.«

»Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll. Eine Be-

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schleunigung, der ich mit meinen Ultrastrahlen nichtfolgen kann, habe ich bisher noch nicht erlebt. Aberwir dürfen nicht vergessen, daß Roger eine Mengetechnischer Neuerungen kennt, die uns noch völligunbekannt waren. Das hat allerdings wenig mit unse-rer augenblicklichen Lage zu tun – obwohl wir esschlimmer haben könnten. Wir leben noch, und wennsie mir keinen Störsender auf den Hals schicken, kannich mich außerdem ohne weiteres mit Samms in Ver- bindung setzen.«

Und er steckte die Hände in die Tasche und akti-vierte seinen Ultrastrahl-Sender.»Samms? Hier Costigan. Bitte schalte mich auf ein

Aufnahmegerät – ich habe vielleicht nicht viel Zeit.«Und in den nächsten zehn Minuten erstattete er einenknappen und präzisen Bericht über die Ereignisse, dieer beobachtet, und die Schlußfolgerungen, die er ge-

zogen hatte. Plötzlich unterbrach er sich, zuckte hef-tig zusammen, riß sein Hemd auf und schleuderte ei-nen winzigen Gegenstand zur Seite.

»Verflixt«, brüllte er. »Die Burschen sind vielleichttaub, aber einen Ultrastrahl können sie ganz be-stimmt auffangen! Und ihr Störstrahl ist nicht vonPappe! Nein, ich bin nicht verletzt«, beruhigte er das

Mädchen, »aber es ist nur gut, daß ihr nicht mitgehörthabt – das wäre eine hübsche Überraschung gewor-den!«

»Hast du eine Ahnung, wohin sie uns bringen?«fragte Clio.

»Nein«, erwiderte er offen und blickte sie an. »Eswäre zwecklos, dir etwas vorzulügen. Wenn ich dichrichtig einschätze, möchtest du sowieso lieber klarenWein eingeschenkt haben. Das Gerede über Jupiter-

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wesen oder Neptunbewohner ist Unsinn – die Bur-schen stammen nicht aus unserem Sonnensystem. Esdeutet alles darauf hin, daß wir uns auf eine langeReise einstellen müssen.«

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Als erfahrene Raumfahrer merkten die beiden Liga-Offiziere sofort, daß sich das nevianische Raumschiff mit Überlichtgeschwindigkeit bewegte und nochweiter beschleunigte. Die Gravitation, die in ihrerUnterkunft herrschte, lag etwas unter dem normalenWert.

Mehrere Stunden vergingen. Bradley legte sich

schlafen, und auch Clio und Costigan zogen sich inihre Zimmer zurück.Costigan ließ sich auf sein Lager fallen, schloß die

Augen und ließ seine Gedanken wandern. Als er beiClio angekommen war und sich eben ihr Gesicht vor-zustellen begann, überfiel ihn der Schlaf und ließ ihnacht Stunden nicht wieder los.

Als er erfrischt erwachte, dachte er sofort wieder andas Mädchen.»Clio«, flüsterte er in das Mikrophon. »Bist du

wach?«»Wach?« kam die erleichterte Antwort. »Ich dachte

schon, ihr würdet überhaupt nicht mehr aufwachen –oder erst, wenn wir am Ziel sind, wo immer das sein

mag! Kommt doch herein – ich kann einfach nichtverstehen, wie man hier schlafen kann, als ob man zuHause wäre!«

»Du mußt lernen, überall auf Kommando zu schla-fen, damit du immer ...« Costigan unterbrach sich, alser ihre Tür öffnete und mit einem Blick feststellte, daßClio offenbar überhaupt nicht geschlafen hatte.»Himmel, Clio, warum hast du mich nicht gerufen?«

»Oh, es ist alles in Ordnung, Conway. Ich bin nur

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ein wenig nervös gewesen. Wie du dich fühlst, brau-che ich wohl kaum zu fragen, oder?«

»Allerdings nicht – ich habe nur einen Riesenhun-ger«, erwiderte er fröhlich. »Ich werde mal sehen,was wir dagegen tun können. Zunächst würde michinteressieren, ob sie meine Verbindung zu Sammsimmer noch blockiert haben.«

Er nahm den kleinen Sender heraus und berührteden Kontaktknopf vorsichtig mit dem Finger – undriß den Arm mit einer heftigen Bewegung zurück.

»Immer noch«, verkündete er überflüssigerweise.»Offensichtlich möchte man nicht, daß wir uns mitunseren Leuten draußen in Verbindung setzen – aberdas Störfeld nimmt mir eigentlich die Arbeit ab, dennes kann noch leichter angepeilt werden als meineStimme. So, und jetzt wollen wir uns um unser Früh-stück kümmern.«

Er trat an das Beobachtungsgerät und ließ den Visi-Strahl in die Zentrale des Schiffes wandern, wo Ne-rado vor den Kontrollen lag. Als Costigans Spion-strahl zur Ruhe kam, flammte ein blaues Licht auf,und der Nevianer wandte sich seinem Beobachtungs-schirm zu. Costigan wußte, daß er mit dem Kom-mandanten zumindest in Sichtverbindung stand und

deutete auf seinen geöffneten Mund – in der Hoff-nung, daß der Fremde das Zeichen verstehen würde.Der Nevianer schwenkte einen seiner Tentakel,drückte einige Knöpfe, und im gleichen Augenblick glitt der Fußboden neben Costigan zur Seite. Durchdie Öffnung erhob sich ein niedriger Tisch mit dreiweichen Sitzgelegenheiten und einem glitzernden Ar-rangement von Bestecken und Geschirr.

Die Tafel war überreich gedeckt – mit Töpfen und

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Schalen aus leuchtend weißem Metall, mit formschö-nen kristallenen Krügen und Gläsern, sechseckig undmit wundervollen Mustern versehen. Die Besteckewaren sehr fremdartig – seltsame Spieße mit sech-zehn nadelscharfen Spitzen, biegsame Schneidegerä-te, mit flexiblen Kanten versehen flache Löffel undzahlreiche andere Instrumente, deren Verwendungs-zweck nicht zu erraten war. Die Griffe der Besteckewaren schmal und den zierlichen Händen der Nevia-ner angepaßt.

Aber wenn der Tisch und seine Ausstattung dieErdbewohner überrascht hatte und auf eine Eßkulturschließen ließ, die sie von diesen Ungeheuern nichterwartet hatten, wurden sie von den Gerichten nochmehr überrascht – wenn auch unangenehm. Denn diewunderschönen Kristallkrüge enthielten einen ekeler-regenden graugrünen Schleim, in den kleineren

Schalen bewegten sich lebendige Seespinnen undähnliche ›Leckerbissen‹, und die Teller enthielten Fi-sche im Rohzustand, die mit rotem und grünem See-tang garniert waren.

Clio warf einen Blick auf das Festmahl, schloß dieAugen und wandte sich ab. Costigan nahm drei Fi-sche von den Tellern und legte sie beiseite, ehe er sich

wieder an die Nevianer wandte.»Gebraten werden sie nicht schlecht schmecken«,

sagte er zu Bradley, während er Nerado verständlichzu machen versuchte, daß die Mahlzeit für sie nichtakzeptabel war und daß er mit ihm persönlich spre-chen wollte. Endlich verstand der nevianische Kom-mandant. Er ließ den Tisch wieder verschwinden und betrat vorsichtig den Raum.

Während an der Tür drei schwerbewaffnete

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Wächter Aufstellung nahmen, führte ihn Costigan anden Beobachtungsschirm und ließ den Visi-Strahldurch das nevianische Raumschiff wandern. In denLagerräumen, die die Reste des Piratenschiffes ent-hielten, machte er Halt. Es entbrannte eine heftigeDiskussion, die mit Armen und Tentakeln ausgetra-gen wurde, und obwohl das Gespräch nicht geradefließend vorankam, machten sich die beiden Parteiendoch verständlich. Nerado wollte es den Erdbewoh-nern nicht gestatten, in ihr Schiff zu ziehen – das Ri-

siko war ihm zu groß –, aber nach längerem Hin undHer ließ er sich dazu überreden, die Vorräte seinerGefangenen herbeizuschaffen.

Kurz darauf brutzelten die nevianischen Fische ineiner Pfanne, und es verbreitete sich der anregendeDuft von Kaffee und geröstetem Biskuit. Die Nevia-ner verließen fluchtartig den Raum und begnügten

sich damit, den Rest dieser seltsamen und ekelerregen-den Zeremonie auf ihren Bildschirmen zu verfolgen.Nachdem das Frühstück beendet und alles wieder

 bestens aufgeräumt war, wandte sich Costigan anClio:

»Mädchen, ich muß mit dir reden«, sagte er ener-gisch. »Du mußt unbedingt schlafen. Du bist völlig

übermüdet. Deine Augen sehen aus, als ob du an ei-nem marsianischen Picknick teilgenommen hättest,und gegessen hast du auch kaum. Du mußt gut schla-fen und essen, um in Form zu bleiben. Es liegt unsnichts daran, daß du plötzlich zusammenbrichst unduns Schwierigkeiten machst. Du legst dich also soforthin und schläfst mindestens fünf Stunden ...«

»Bitte mach dir keine Mühe! Ich werde späterschon schlafen. Ich bin ganz ...«

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»Du schläfst jetzt«, befahl er. »Ich hätte nie ge-glaubt, daß es dich nervös macht, wenn ich undBradley in der Nähe sind. Keine Sorge, wir werdendich bewachen wie zwei Hennen ihr Küken. Los jetzt,leg dich hin und mach die Augen zu!«

Sie lachte über den Vergleich, legte sich aber gehor-sam hin. Costigan setzte sich zu ihr und hielt ihreHand. Die Pausen zwischen den Worten des Mäd-chens wurden immer länger – gleich darauf fielen ihrdie Augen zu, und das tiefe und regelmäßige Atmen

zeigte ihm an, daß sie eingeschlafen war.Er betrachtete sie liebevoll. Wenn es doch nurHoffnung gäbe, dieser Zwickmühle irgendwie zuentkommen!

Einige Stunden später wurde er durch das lauteLachen Clios geweckt und fuhr auf. Er war neben ihreingeschlafen! Anscheinend waren die Anstrengun-

gen der letzten Tage doch zu viel für ihn gewesen.Clio war durch den Schlaf sehr erfrischt und strahltegute Laune aus. Und sie war hungrig.

»Du bist mir ja ein schöner Wächter«, sagte sie la-chend. »Aber ich habe trotzdem gut geschlafen. Ichmöchte nur wissen, ob ich jemals wieder einschlafenkann, wenn du nicht bei mir bist, um mir die Hand

zu halten.«»Ich kann mir vorstellen, daß er nichts dagegen

hat«, bemerkte Bradley aus dem Nebenraum.Als die drei Erdbewohner nach dem Essen über ih-

re Fluchtchancen berieten, wurden sie von Neradogestört, der – begleitet von seinen drei Wächtern – ei-nen Kasten hereintrug, an dem er sich sofort zu schaf-fen machte. Seine Gefangenen musternd, drehte er anverschiedenen Knöpfen, und plötzlich stieß der Ap-

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parat einen Schwall fremdartiger Laute aus, die of-fensichtlich Sprechgeräusche waren. Costigan gingein Licht auf.

»Halt – das ist es, jawohl«, rief er und fuchtelteaufgeregt mit den Armen. »Clio, sie können sprechen,aber ihre Stimmlage ist wesentlich tiefer oder höherals unsere – daher konnten wir uns gegenseitig nichthören. Das scheint ein Schwingungs-Konverter zusein – der Bursche ist gar nicht so dumm!«

Nerado hörte Costigans Stimme, daran konnte kein

Zweifel bestehen. Er senkte lauschend den Kopf, undobwohl sich Nevianer und Menschen nicht verstan-den, wußten sie, daß ihre beiden Rassen zumindest indiesem Punkt eine ähnliche Entwicklung genommenhatten. Dieser Tatbestand beeinflußte die Beziehun-gen zwischen den Nevianern und ihren Gefangenenüberaus positiv.

Die Nevianer begannen die Möglichkeit einzuse-hen, daß die seltsamen Zweibeiner vielleicht dochintelligent waren – und die Erdbewohner schöpftenneue Hoffnung.

»Wenn sie sprechen können, kann es nicht soschlimm um uns stehen«, sagte Costigan. »Wir solltenversuchen, das Beste aus der Situation zu machen,

ohne uns weiter um unser Schicksal zu sorgen. Wirhatten ohnehin noch keinen Fluchtplan. Sie könnensprechen und hören, wir können ihre Sprache viel-leicht sogar erlernen. Vielleicht läßt sich auch eine ArtVereinbarung mit ihnen treffen, so daß sie uns mögli-cherweise wieder freilassen, wenn wir vorher nichtirgendwie entkommen können.«

Die Nevianer, die an einer Kontaktaufnahme eben-so interessiert waren wie die Erdbewohner, benutzten

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 jetzt ständig den neuen Schwingungskonverter, undnach anstrengenden wochenlangen Übungen hattensich die Gefangenen die ersten Grundbegriffe der ne-vianischen Sprache angeeignet, während sich einigeAmphibienwesen mit der Liga-Sprache abmühten.Die beiden Offiziere wußten, daß es für die Nevianereinfacher war, wenn sie die nach logischen Prinzipienaufgebaute Sprache der Drei Planeten erlernten, an-statt sich mit den sinnlosen Problemen des Engli-schen abzuplagen.

Nach kurzer Zeit konnten sich die beiden Gruppeneinigermaßen verständigen, und Menschen und Ne-vianer machten schnelle Fortschritte. Man kam rechtgut miteinander aus, und nachdem die Nevianerkleine, am Kragen zu tragende Konverter gebauthatten, wurde es den Gefangenen gestattet, sich in-nerhalb des Raumschiffes frei zu bewegen. Nur das

Lager, in dem das zerteilte Piratenboot aufbewahrtwurde, war ihnen nach wie vor verschlossen. Sowurden sie eines Tages Zeugen einer eindrucksvollenBegegnung. Auf den Beobachtungsschirmen derZentrale erschien ein zweites fischförmiges Raum-schiff.

»Das ist unser Schwesterschiff, auf dem Wege in

Ihr Sonnensystem, wo es kostbares Eisen gibt«, teilteNerado seinen unfreiwilligen Gästen mit.

»Ich hoffe, daß die Liga inzwischen mit ihrem Su-perschiff fertig ist«, murmelte Costigan wütend, alssich Nerado entfernt hatte. »Dann bekämen die Bur-schen da drüben etwas anderes zu schmecken als rei-nes Eisen, auf das sie so wild sind.«

Die Wochen vergingen, und mit der Zeit trat amglitzernden Firmament ein blauer Stern hervor, wur-

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de größer, veränderte sich zur Scheibe und schließlichzur Sonne, die von einem Planeten umkreist wurde.

Das Schiff näherte sich dem Planeten, tauchteschwerfällig in seine Atmosphäre ein und setzte überder Lagunenstadt zur Landung an – diesmal über ei-ner großen Wasserfläche, die von Gebäuden umge- ben war. In direktem Anflug sank es auf die Öffnungzu; unter ihren Bremsstrahlen begann das Wasser zukochen und zu verdampfen, und anstatt anmutig auf der Wasseroberfläche zu schwimmen, sank es wie ein

Stein auf den Grund des Beckens.Nachdem er sein Schiff vorsichtig in die Halterun-gen laviert hatte, wandte sich Nerado an seine Gefan-genen, die – jetzt wieder unter Bewachung in dieZentrale gebracht worden waren.

»Während unsere kostbare Ladung gelöscht wird,werde ich Sie in die Universität bringen lassen, wo

sich unsere Wissenschaftler mit Ihnen beschäftigenwerden. Bitte folgen Sie mir!«»Einen Augenblick«, protestierte Costigan und

warf seinen Kameraden einen warnenden Blick zu.»Sie erwarten doch nicht, daß wir mit Ihnen durchdas Wasser marschieren – in dieser entsetzlichen Tie-fe?«

»Warum nicht?« fragte der Nevianer überrascht.»Sie gehören zu den Luftatmern, aber Sie werdendoch schwimmen können – und in dieser geringenTiefe werden Sie keine Schwierigkeiten haben. Wietief ist es nach Ihrem Meßsystem – etwa dreißig Me-ter?«

»Sie irren sich leider«, erklärte Costigan eindring-lich. »Wenn Sie mit ›schwimmen‹ die Fortbewegungim Wasser meinen, muß ich Ihnen sagen, daß wir da-

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von nichts verstehen. Wenn unsere Köpfe unter Was-ser sind, sterben wir in weniger als drei Minuten. DerWasserdruck in dieser Tiefe würde uns auf der Stelleumbringen!«

»Wenn das so ist, könnte ich natürlich ein Ret-tungsboot nehmen, aber das wäre ...«, sagte der ne-vianische Kommandant zweifelnd, wurde jedoch voneinem Stakkato-Signal von einer seiner Kontrolltafelnunterbrochen.

»Captain Nerado, hören Sie?«

»Hier Nerado«, erwiderte er.»Die Dritte Stadt steht unter Belagerung der Tief-seefische, die neue mobile Festungen mit bisher un- bekannten Waffen entwickelt haben. Die Stadt läßtmitteilen, daß der Widerstand bald zusammenbre-chen wird, wenn nicht sofort etwas geschieht. Wirwerden dringend um Hilfe gebeten. Nerado, Ihr

Schiff ist nicht nur mit Eisen vollgetankt, sondernauch erstklassig bewaffnet. Sie werden daher gebeten,sich so schnell wie möglich zum Kampfplatz zu be-geben.«

Nerado erteilte seine Befehle, und das überflüssigeEisen wurde in aller Eile abgelassen. Es bildete amBoden des Docks einen riesigen roten See. Als das

Schiff wieder schwimmfähig war, wurden die Tanksgeschlossen, und Nerado aktivierte den Antrieb.

»Begeben Sie sich bitte in Ihre Unterkünfte und bleiben Sie dort, bis ich Sie holen lasse«, befahl derNevianer, und die Erdbewohner gehorchten. Wenigspäter schoß das Schiff in den scharlachroten Him-mel.

»Schamloser Lügner!« knurrte Bradley. Die drei be-fanden sich mit abgeschalteten Konvertern in ihrem

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Quartier. »Ich weiß, daß Sie besser schwimmen kön-nen als eine Otter, und wenn ich mich recht erinnere,haben Sie sich damals aus der alten DZ83 aus einerTiefe von ...«

»Naja, vielleicht habe ich ein wenig übertrieben«,unterbrach ihn Costigan, »aber es kann nur gut füruns sein, wenn uns die Nevianer für hilflos halten.Außerdem sollten wir versuchen, unsere Einquartie-rung in einer nevianischen Stadt so lange wie möglichhinauszuzögern, denn wenn wir Pech haben, kom-

men wir dann überhaupt nicht mehr weg. Ich habe daeinige Ideen ... Aber darüber können wir später nochreden! Meine Güte, hat der vielleicht ein Tempodrauf! Wenn er bei dieser Geschwindigkeit landenwill, können wir uns auf etwas gefaßt machen!«

Mit unverminderter Geschwindigkeit näherte sichdas Raumschiff der belagerten Stadt, und im richti-

gen Augenblick wurde über den Gebäuden eineschwere Kapsel abgeworfen, die eine Tonne flüssigesEisen enthielt – eine Gabe, die den nevianischen Ver-teidigern mehr helfen konnte als eine Verstärkungdurch zwei Millionen Soldaten.

Die Dritte Stadt war in großer Bedrängnis. Sie warvon einem dichten Ring aus kochendem und explo-

dierendem Wasser umgeben, das in weißen Dampf-schwaden zum Himmel stieg oder von den entfes-selten Energien in alle Richtungen verspritzt wurde.Die äußeren Verteidigungsanlagen der Stadt warenfast völlig zerstört, und in diesem Augenblick zer-platzte wieder eines der riesigen sechseckigen Ge- bäude, und seine Schuttbrocken versanken im auf-gewühlten Meer.

Die drei Erdbewohner suchten verzweifelt nach ei-

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nem Halt, als das nevianische Raumschiff mit un-verminderter Geschwindigkeit auf die Wasserober-fläche zu treffen schien – doch ihre Vorsicht war ganzunbegründet. Nerado kannte sein Schiff und dessenFähigkeiten. Das Wasser spritzte hoch auf – dochnichts weiter geschah; die künstliche Schwerkraftneutralisierte den Aufprall, und für die Passagiereschien das Schiff nach wie vor unbeweglich und auf ebenem Kiel zu stehen – auch als es sich nun in denheftigen Unterwasserkampf stürzte und die bewegli-

chen Festungen von hinten anzugreifen begann.Diese Festungen waren Türme aus grünem Metall,die sich auf gewaltigen Raupenketten im Wasservorwärtsbewegten und eine ungewöhnliche Schlag-kraft entwickelten. Costigan erforschte die seltsamenUntersee-Fahrzeuge mit seinem Visi-Strahl und stelltezu seiner Überraschung fest, daß sie voller Wasser

waren – voller Wasser, das künstlich gekühlt und ge-reinigt wurde und mit dem kochenden Wasser desSchlachtfeldes nicht in Berührung kam. Die Besat-zung dieser Kriegsmaschinen bestanden aus etwaanderthalb Meter langen Fischen mit riesigen, her-vortretenden Augen und langen, armähnlichen Ten-takeln, die an den Kontrollen tätig waren.

Intelligente Fische!Und sie verstanden ihr Handwerk. Gewaltige Hit-

zestrahlen brachten das Wasser vor den Festungenzum Kochen, und riesige Torpedos explodierten inununterbrochener Folge in der nevianischen Stadt.Aber die größte Wirkung erzielten die Fische mit ei-ner Waffe, die den Liga-Offizieren unbekannt war. Eshandelte sich um eine lange, teleskopartige Rute, anderen Ende eine leuchtende Kugel befestigt war. Rute

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und Kugel schnellten blitzschnell vor und zurück.Traf der Ball auf ein Hindernis, explodierte er mit ei-ner Gewalt, die den Meeresboden in Bewegung ver-setzte. Nach einem ›Abschuß‹ wurde die Rute wiedereingezogen, nur um gleich darauf mit einer neuenschimmernden Kugel wieder zu erscheinen.

Nerado, der die seltsame Waffe offenbar ebensowenig kannte wie die Erdbewohner, wagte sich nurvorsichtig heran und schickte seinen roten Energie-schirm aus. Aber die Unterwasserfestungen waren

nicht aus eisenhaltigem Material erbaut, und seineBesatzung schien die nevianischen Strahlen, die sichin ohnmächtiger Wut verzehrten, gut zu kennen. Undimmer wieder versuchten die Ruten, das Raumschiff zu erreichen, und in den ersten hektischen Minutengelang es Nerado nur durch einige verzweifelte Ma-növer, sein Schiff vor der Vernichtung zu bewahren.

Doch inzwischen hatten die Verteidiger der DrittenStadt die abgeworfene Kapsel sichergestellt und be-gannen sich des gewaltigen Eisenschatzes zu bedie-nen.

Sie errichteten einen mächtigen Schutzschirm, dersich lückenlos um die Stadt legte und vom Meeres- boden bis zur Wasseroberfläche reichte – einen

Schirm von einer derartigen Energieentfaltung, daßdas Wasser selbst zurückgedrängt schien. Für Torpe-dos und Strahlen war diese Energiewand gleicher-maßen undurchdringlich, und sie hielt sogar den ver-einten Angriff mehrerer Ruten stand. Allerdings gabes hierbei eine Explosion, die das Wasser des Meereskilometerweise zur Seite schleuderte und den Mee-resboden nicht nur sekundenlang freilegte, sonderneinen gewaltigen Krater hinterließ, dessen Größe

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nicht abzuschätzen war. Die mobilen Festungen wur-den zurückgeschleudert, gewaltige Flutwellenschäumten durch die Dritte Stadt, doch die Energie-mauer wankte nicht. Währenddessen hatte sich Ne-rado auf zwei der fahrenden Festungen konzentriert,die er aus allen Rohren angriff. Doch die Fischewehrten sich mit dem Mut der Verzweiflung, undversuchten den überraschenden Gegner mit ihrenRuten zu Fall zu bringen.

»Ich würde sagen, jetzt wäre die beste Gelegenheit,

an unsere eigenen Probleme zu denken«, sagte Costi-gan und riß den Blick los von der erregenden Szeneauf den Beobachtungsschirmen.

»Aber was können wir tun?« fragte Clio.»Wir müssen auf jeden Fall etwas unternehmen!«

rief Bradley aus.»Richtig. Wir dürfen nicht ruhig abwarten«, fuhr

Costigan fort. »Wir haben keine Ahnung, was sie mituns vorhaben, aber wenn sich erst ihre Wissenschaft-ler für uns interessieren, ist es bestimmt zu spät. Je-denfalls weiß ich mehr, als sie glauben, denn an-scheinend ist bisher niemand auf mein Spiongerätaufmerksam geworden. Das mag daran liegen, daß esseine Energie sehr gezielt abstrahlt. Ich habe mich al-

so in letzter Zeit gut umgesehen und die Augen of-fengehalten. Ich weiß, wie man die Schlösser in die-sem Raumschiff aufbekommt, und kann auch mit denRaumbooten unserer Freunde umgehen. Der phanta-stische Kampf da draußen ist für beide Seiten tödli-cher Ernst, und die ganze Besatzung des Schiffes, vonNerado bis zum letzten Mann, scheint auf Alarmsta-tion zu sein. Wir werden nicht mehr bewacht, undsoweit ich sehen kann, ist auch der Fluchtweg frei,

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den ich vorgesehen habe. Und wenn wir erst einmaldraußen sind, gibt uns die Schlacht die beste Gele-genheit für eine unbemerkte Flucht. Da draußen istdie Hölle los, so daß wir gar nicht auffallen werden.Außerdem sind sie viel zu beschäftigt, um uns zu ver-folgen.«

»Und wenn wir es schaffen – was dann?«»Darüber müssen wir uns natürlich vorher klar

werden. Ich würde sagen, wir sollten sofort die Erdeansteuern. Wir kennen die Richtung und haben aus-

reichend Treibstoff für die Reise.«»Aber um Himmels willen, Conway!« rief Clio.»Was für eine gewaltige Reise – in einem so kleinenSchiff! Und was ist mit Proviant und Wasser? Könnenwir es schaffen?«

»Das kann ich dir leider auch nicht sagen. Ich den-ke schon, aber ich kann natürlich nicht in die Zukunft

 blicken. Das Boot ist natürlich klein und wesentlichlangsamer als das große Raumschiff, und wir habeneinen langen Weg vor uns. Auch mit den Nahrungs-mitteln hapert es. Für nevianische Verhältnisse ist dasBoot vorzüglich ausgerüstet, aber der vorhandeneProviant dürfte uns einige Schwierigkeiten machen.Wir werden uns eben überwinden müssen, und ster-

 ben werden wir daran nicht. Jedenfalls wird es sichkaum machen lassen, unsere eigenen Vorräte mitzu-nehmen. Die andere Möglichkeit wäre, daß wir unszum Hierbleiben entschließen. Dazu würde ich nichtraten, denn sie würden uns doch bald aufgespürt ha- ben. Außerdem wissen wir zu wenig über ihre Waf-fen. Im übrigen sind wir Landbewohner, und Landgibt es auf dem Planeten wenig. Wir wüßten also garnicht, wo wir nach Land Ausschau halten müßten,

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und wenn wir wirklich ein Fleckchen Erde fänden –könnten wir da sicher sein, daß es nicht mit Amphi- bienwesen überlaufen ist? Es spricht also einiges ge-gen einen Heimflug, aber noch viel mehr dafür. Wasist? Versuchen wir's oder bleiben wir hier?«

»Wir versuchen es!« riefen Clio und Bradley.»In Ordnung. Dann Schluß mit dem Gerede – los

geht's!«Er näherte sich der verschlossenen Tür, nahm einen

seltsam geformten Strahler aus der Tasche und rich-

tete ihn auf das nevianische Schloß. Geräuschlos öff-nete sich die schwere Tür, und die Gefangenen ver-ließen ihr Quartier. Costigan schloß den Einganghinter ihnen.

»Wie ...?« fragte Clio.»Ich bin in den letzten Wochen brav in die Schule

gegangen«, lächelte Costigan, »und ich habe einiges

mitbekommen und mitgenommen. Jetzt bitte Tempo,Leute! Unsere Raumanzüge lagern bei den Überre-sten des Piratenschiffes, und ich kann mich erst wie-der als Mensch fühlen, wenn ich so ein Ding am Leibehabe und ein paar Lewistons in der Nähe weiß.«

Vorsichtig passierten sie mehrere Korridore, wobeiCostigan ihren Fluchtweg vorher sorgfältig nach Ne-

vianern absuchte. Bradley und Clio waren unbewaff-net, während der junge Geheimagent ein Stück Metallzur Hand genommen hatte, das er im Notfall alsHiebwaffe benutzen wollte. Doch er brauchte seineGeschicklichkeit mit der improvisierten Keule nichtunter Beweis zu stellen.

Mit Hilfe seines Visi-Projektors hatte er bald festge-stellt, daß die Nevianer, wie erwartet, sehr beschäftigtwaren. Ihr Fluchtweg war also frei und unbemerkt

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näherten sie sich dem Lagerraum, in dem ihre Be-sitztümer aufbewahrt wurden. Auch hier leistete Co-stigans kleiner Strahler wertvolle Dienste; lautlos öff-nete sich die Tür, und die drei Flüchtlinge machtensich hastig an die Arbeit. Sie stellten handliche Nah-rungsmittelpakete zusammen, legten ihre Rauman-züge an, stopften sich die Taschen voller Notrationen, bewaffneten sich mit Lewistons und Automatics undwaren bereit zum Abmarsch.

»Jetzt kommt der schwierigste Teil«, wandte sich

Costigan an die anderen. Langsam drehte er seinenHelm von einer Seite zur anderen, und seine Begleiterwußten, daß er mit Hilfe seiner Spionbrille den weite-ren Fluchtweg auskundschaftete. »Es gibt nur einBoot, das wir mit einigem Glück erreichen können –wenn uns niemand sieht. Allerdings wimmelt es inder Gegend von Detektorgeräten, und wir müssen

durch einen voll gesicherten Korridor. Am bestenverlieren wir keine Zeit mehr.«Und so schnell es die schweren Raumanzüge ge-

statteten, eilten sie durch die Korridore, wobei siesich auf Costigans Weisungen nach links oder rechts,nach unten oder oben wandten. Schließlich blieb Co-stigan stehen.

»Hier sind die Detektorstrahlen. Wir werden unterihnen durchkriechen müssen – sie gehen etwa inHüfthöhe quer über den Korridor – hier ist der nied-rigste. Schauen Sie mir gut zu, Bradley, und machenSie es mir nach – Clio, du bitte auch. Halten Sie sichunten, Bradley.«

Er warf sich zu Boden und begann vorsichtig zukriechen. Nach zwei Metern erhob er sich wieder und blickte sich um.

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»Jetzt Sie, Bradley«, sagte er, und der Captainfolgte seinem Beispiel.

Aber Clio, der der schwere und ungewohnte Rau-manzug zu schaffen machte, ging zu spät in die Knieund verlor die Balance. Dabei bewegte sich derSchutzschirm ihres Anzugs durch das Detektorfeld.Als die beiden Energiefelder aufeinandertrafen, sahCostigan durch seine Spionbrille einen schwachenBlitz.

Er handelte sofort. Er beugte sich vor, kroch einen

Meter zurück und zog das Mädchen aus der Gefah-renzone. Dann sprang er auf, öffnete eine nahegele-gene Tür, und drängte sich mit seinen Begleitern ineinen winzigen Raum.

»Anzugschirme sofort ausschalten«, zischte er,»damit sie uns nicht doch noch erwischen! Es würdemir nichts ausmachen, ein paar von den Biestern um-

zubringen, aber wenn sie eine organisierte Suchenach uns veranstalten, sind wir verloren. Ich glaube jedoch nicht, daß sie auf die kleine Störung aufmerk-sam geworden sind – dazu sind sie viel zu beschäf-tigt. Und wenn sie doch etwas gemerkt haben, wer-den sie bestimmt nicht auf uns kommen, denn dasSchutzfeld unserer Unterkunft besteht noch.«

Er sollte recht behalten. Die Nevianer, die CliosMißgeschick bemerkt hatten, beruhigten sich sofortwieder, als sie nichts feststellen konnten, und schrie- ben den Zwischenfall einer technischen Störung zu.

So erreichten die Flüchtlinge das nevianische Ret-tungsboot, wo sich Costigan sofort daran machte, dieStahlstiefel von seinem Raumanzug zu lösen. Mit ei-nem erleichterten Seufzer stülpte er sie um. Zum Vor-schein kamen dreißig Pfund flüssiges Eisen, die er

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vorsichtig in den Tank des Raumschiffes schüttete.»Kleiner Diebstahl«, beantwortete er die unausge-

sprochene Frage. »Ich bin vielleicht froh, das Zeugendlich loszuwerden! Einen Behälter habe ich nichtfinden können, also mußten die Stiefel herhalten. Dienevianischen Rettungsboote haben normalerweisenur wenige Gramm Eisen an Bord – wir wären alsonicht weit gekommen. Mit dreißig Pfund müßten wires notfalls bis zum Andromeda-Nebel schaffen.«

Und mit diesen Worten beugte er sich vor und

schaltete den Beobachtungsschirm ein. Er wartete, bissich das große Raumschiff vom Kampfgescheheneinmal etwas entfernte – dann startete er das kleineRettungsboot, das in das aufgewühlte Wasser hinaus-schoß, den roten Energievorhang durchdrang undschließlich Kurs auf die Wasseroberfläche nahm. Cliound Bradley saßen mit zum Zerreißen gespannten

Nerven vor den Beobachtungsschirmen und beob-achteten Costigan, der alle Mühe hatte, das Boot heildurch das Kampfgeschehen zu manövrieren. Schließ-lich schoß das Rettungsboot aus dem Wasser und indie rettende Atmosphäre – und im gleichen Augen- blick wurde es getroffen.

Es gab einen entsetzlichen Ruck, die Schiffshülle

knirschte gequält auf, und das Schiff geriet insSchleudern. Costigan vermochte es im letzten Au-genblick abzufangen und entfernte sich im Tiefflugvom Kriegsschauplatz. Er behielt den Hitzeanzeigerim Auge, während er das Boot mit dem unter denUmständen zulässigen Höchstwert beschleunigte.

Bradley erbot sich, den Schaden zu besichtigen.»Sieht nicht gut aus«, berichtete er, als er zurück-

kehrte, »aber es ist auch nicht ganz so schlimm, wie

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ich befürchtet hatte. Innen- und Außenhülle sind aneiner Metallnaht eingedrückt. Mit einem solchen Leck sind wir natürlich nicht mehr vakuumsicher. Habenwir Werkzeug dabei?«

»Ich glaube schon – und wenn nicht, müssen wirimprovisieren«, erwiderte Costigan. »Wir werdennoch ein bißchen Fersengeld geben und uns dann umdas Schiff kümmern.«

»Was sind das nur für Wesen?« fragte Clio undschauderte zusammen. »Die Nevianer sind schon

schlimm genug, aber bei dem Gedanken, daß es in-telligente Fische gibt, kann einem ganz übel werden!«»Du erinnerst dich sicher, daß Nerado mehrfach

von ›halbzivilisierten Tiefseefischen‹ gesprochenhat«, erwiderte Costigan. »Ich schließe aus seinen Be-richten, daß es auf Nevia mindestens drei intelligenteRassen gibt, von denen wir zwei kennen – die amphi-

 bischen Nevianer und die Tiefseefische. Einige derKüstenfisch-Arten sollen ebenfalls intelligent sein.Soweit ich es mitbekommen habe, wurden die nevia-nischen Städte zuerst in sehr flachen Gewässern odersogar auf Inseln erbaut. Ihnen brachte die Technisie-rung einen gewaltigen Vorsprung gegenüber den Fi-schen, die, zunächst in Küstennähe, mit der Zeit zu

abhängigen Nationen, wenn nicht gar zu Sklavenwurden. Die Fische dienen den Nevianern nicht nurals Nahrung, sondern sie arbeiten auch für sie – inBergwerken und auf Plantagen. Natürlich wurden dieflacheren Gewässer zuerst erobert, und ihre Bewoh-ner sind relativ friedlich. Aber die Tiefseefische sindin einer Meerestiefe zu Hause, die für einen Nevianerfast nicht mehr zu ertragen ist, und sie sind wesent-lich intelligenter und außerdem dickköpfiger als alle

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anderen Fischarten. Sie verwalten einige der wert-vollsten Metallvorkommen des Planeten, so daß dieNevianer nicht eher ruhten, bis sie auch einige Fisch-stämme der Tiefsee erobert und unterworfen hatten.Aber die Fische wußten aus ihrer Niederlage Kapitalzu schlagen. Sie machten sich rechtzeitig klar, daß dertechnologische Vorsprung der Amphibienwesen mitder Zeit immer größer werden würde, und ließen sichwillig unterjochen. Sie machten sich ihre Gefangen-schaft zunutze. Sie lernten mit den nevianischen Ma-

schinen umzugehen und entwickelten bald eigeneIdeen. Jetzt haben sie sich gegen die Nevianer erho- ben und versuchen, sie zu vernichten, ehe der Vor-sprung wieder zu groß wird.«

»Und die Nevianer haben Angst vor ihnen undversuchen ihrerseits, die Tiefseefische auszurotten«, bemerkte Clio.

»Das wäre die logische Schlußfolgerung«, schaltetesich Bradley ein. »Was meinen Sie, sind wir jetzt weitgenug?«

»Nein«, erwiderte Costigan stirnrunzelnd. »Selbstwenn wir einen ganzen Planetendurchmesser zwi-schen uns und Nerado legten, wäre das eigentlichnoch nicht genug.«

»Dann können sie uns also orten?« fragte Clio.»Was für ein Pech, daß wir im letzten Augenblick doch noch getroffen wurden – wir könnten schonlängst über alle Berge sein!«

»Da kann ich dir nur beipflichten«, sagte Costigan.»Aber es ist nun einmal geschehen, und da nützt kein Jammern. Wir werden sehen, was wir tun können.Außerdem könnte es uns schlechter gehen – wir lebennoch!«

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Das kleine Rettungsboot zog weiter seine Bahn, bises den Planeten halb umrundet hatte. Dann gingendie beiden Offiziere hastig an die Arbeit, um ihrSchiff wieder raumtüchtig zu machen.

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Costigan und Bradley hatten die Nevianer währendihrer langen Gefangenschaft sehr oft bei der Arbeit beobachtet und wußten daher mit den Geräten derAmphibienwesen umzugehen. Das kleine Rettungs- boot, das für Noteinsätze ausgerüstet war, hatte alleerforderlichen Werkzeuge an Bord, so daß die beidenOffiziere den Schaden sehr schnell behoben hatten.

Das Boot lag bewegungslos auf der spiegelglattenWasseroberfläche. Captain Bradley hatte die obereLuftschleuse geöffnet, und die drei Erdbewohnerstanden in der Öffnung und starrten schweigend auf den unglaublich fernen Horizont, während starkePumpen frische Luft in die Vorratskammern preßten.Das Meer schien keinen Anfang und kein Ende zu

haben, selbst dort nicht, wo es mit dem Rot des ne-vianischen Himmels verschmolz. Die Sonne senktesich herab; ihr riesiger purpurner Flammenball nä-herte sich dem Horizont. Übergangslos brach dieDunkelheit herein, und im Handumdrehen wurde esunangenehm kalt. Ebenso plötzlich erschienen Wol-ken am Himmel, und ein kalter, windgepeitschter

Regenschauer ging hernieder.»Brrr! Was für eine ... Oh! Schnell, Tür zu«,

kreischte Clio und ließ sich einfach fallen. Auch Co-stigan hatte den furchterregenden Arm des unbe-kannten Wesens gesehen, das sich dem kleinen Schiff näherte.

Blitzschnell sprang er an die Kontrollen – keinenAugenblick zu spät, denn gerade als sich die Lukeschloß, erschien die Spitze des Tentakels in der Spal-

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te. Der Mechanismus der Luftschleuse ließ sich nicht beirren und trennte die Tentakelspitze ab, die zuk-kend zu Boden fiel – ein ekelerregender Anblick. Dasabgetrennte Stück war fast einen halben Meter langund mit spitzen Metallschuppen bedeckt, und an-stelle von Saugnäpfen hatte es kleine Mundöffnungenvoller scharfer Metallzähne.

Als sich die gewaltigen Tentakel um das kleineRaumschiff schlossen, wurde es in seiner Grund-struktur erschüttert. Der übermächtige Griff des Un-

geheuers festigte sich, und die Metallstacheln seinerTentakel kratzten in schrillem Rhythmus über dieSchiffshülle und strapazierten die Trommelfelle derMenschen. Costigan stand mit unbewegtem Gesichtan den Kontrollen und starrte auf seinen Beobach-tungsschirm. Seine Arme hingen untätig herab. DieSchwerkraftkreisel ließen das Boot für seine Passagie-

re fast stillstehen. Doch die wilden Schwenkungender Bilder auf den Schirmen zeigten, daß es wie eineRatte im Maul eines Hundes hin und her geschütteltwurde, und die Tiefenmesser zeigten an, daß sie sich bereits fast zweitausend Meter unter der Wasserober-fläche befanden und mit besorgniserregender Ge-schwindigkeit weiter in die Tiefe gezogen wurden.

Schließlich hielt es Clio nicht länger aus.»Willst du denn gar nichts unternehmen, Con-

way?« schrie sie.»Nur, wenn es nötig ist«, erwiderte er gefaßt. »Ich

glaube nicht, daß uns das Biest wirklich etwas anha- ben kann, und wenn ich den Antrieb einschalte, wirdNerado unsere Spur sofort aufnehmen und sich wieein Adler auf uns stürzen. Aber ich fürchte, daß ichdoch eingreifen muß, wenn das so weitergeht. Wir

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haben die Druckgrenze unseres Schiffes fast erreicht,und der Meeresboden ist noch fern!«

In immer größere Tiefen ging die gefährliche Fahrt,und die Metallstachel des fremdartigen Wesenskratzten noch immer wütend an der Außenhülle.Schließlich schaltete Costigan widerstrebend denAntrieb ein, dessen Energien ein weiteres Absinkenverhinderten. Doch obwohl das Ungeheuer sie nichtwieder in die Tiefe ziehen konnte, war das Schiff nicht stark genug, um wieder an Höhe zu gewinnen.

Costigan versuchte sofort seine Angriffsstrahlen zumEinsatz zu bringen, mußte jedoch feststellen, daß ernichts ausrichten konnte. Das Wesen hatte sich so engan das Boot geschmiegt, daß er die Waffen nicht zumTragen bringen konnte.

»Was ist das nur für ein Tier?« fragte Clio.»Ich dachte zuerst, daß es sich um einen Kraken

handeln müßte oder um einen Riesen-Seestern, aberdas scheint nicht der Fall zu sein. Das Biest könnteeher zur Familie der Würmer gehören – obwohl dasmehr als unwahrscheinlich klingt, denn es scheintüber hundert Meter lang zu sein. Da fällt mir ein –vielleicht können wir es bei lebendigem Leib rösten.«

Er nahm einige Schaltungen vor, und augenblick-

lich legte sich ein starkes Hitzefeld um das Boot – einHitzefeld, das den Ozean in Sekundenschnelle zumKochen brachte. Das Boot ruckte heftig, als die Tenta-kel abzurutschen begannen, doch schnell festigte dasWesen seinen Griff. So verging eine Minute nach deranderen, bis schließlich die Hitze siegte und der un-heimliche Wurm von seinem unangenehmen Opferabließ.

»Himmel, da sind wir aber aus dem Regen in die

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Traufe gekommen«, rief Costigan, als er das Boot indie Höhe riß. »Schaut euch das an! Ich hatte befürch-tet, daß Nerado uns orten würde – aber mit einemsolchen Besuch hatte ich nicht gerechnet!«

Bradley und Clio starrten auf den Beobachtungs-schirm und sahen an Stelle des nevianischen Raum-schiffes, das sie erwartet hatten, einen schnellen Un-terwasserkreuzer, bemannt mit Tiefseefischen, denFeinden der nevianischen Amphibienwesen. Er nä-herte sich dem Rettungsboot auf direktem Kurs, und

Sekundenbruchteile, nachdem Costigan einen Hakengeschlagen hatte, zuckte eine der gefährlichen An-griffsruten vor, an deren Spitze die tödliche Kugelschimmerte.

Doch so mächtig der Antrieb des kleinen Bootesauch war – er kam nicht gegen den Traktorstrahl an,den die Tiefseebewohner ausschickten. Ehe es sich

der Meeresoberfläche nähern konnte, wurde es voneinem Strahl zur Bewegungslosigkeit verurteilt. Co-stigan experimentierte verzweifelt mit seinen Kon-trollen.

»Es muß eine Möglichkeit geben, den Traktorstrahlzu unterbrechen«, überlegte er laut, »aber so gut ken-ne ich mich mit dem Boot noch nicht aus. Ich möchte

auch nicht einfach ins Blaue hinein experimentieren,denn das könnte gefährlich werden. Vielleicht schalteich dabei versehentlich einen der Schirme aus, die füruns im Augenblick lebenswichtig sind.«

Stirnrunzelnd betrachtete er die aufflammendenVerteidigungsschirme des Bootes, die im Ansturmder fremden Energien eine intensive violette Tönungannahmen. Plötzlich zuckte er zusammen.

»Das habe ich mir doch gedacht! Sie sind also ab-

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schießbar«, brüllte er, warf das Boot seitwärts in eineSpiralendrehung und wich auf diese Weise einemschimmernden Energiestrahl aus, der mit unvorstell- barer Geschwindigkeit vorüberraste und das Wasserfahl erhellte.

In den nächsten Minuten entbrannte ein lebhafterKampf. Das kleine bewegliche Raumschiff versuchteden feindlichen Geschossen mit immer neuen Dreh-und Wendemanövern zu entgehen; seine Schirme ab-sorbierten die angreifenden Energien und warfen sie

mit gleicher Intensität zurück. Da Costigan nicht mitEisen zu sparen brauchte, konnte er seine eigenenAngriffswaffen rücksichtslos zum Einsatz bringen,und bald begann der Ozean um das kleine Schiff zukochen. Aber trotz aller Bemühungen, trotz aller seit-lichen Ausweichmanöver vermochte er dem Traktor-strahl des Gegners, der sein Boot entgegen den An-

triebskräften immer weiter in die Tiefe zog, nicht zuentfliehen. Clio und Bradley blickten sich verzweifeltan, während Costigan unbeweglich auf seine Schirmestarrte und immer neue Verteidigungsmanöver er-sann – die von dem grünen Ungeheuer immer wiederpariert wurden.

»Wenn ... wenn das das Ende ist, Conway ...«, be-

gann Clio.»Das Ende?« schnappte Costigan. »Keinesfalls!

Halt die Ohren steif, Mädchen! Wir leben noch, derKampf ist noch nicht entschieden!«

Aber diese Entscheidung sollte nicht lange auf sichwarten lassen. Es waren schließlich nicht CostigansAnstrengungen, die das Ende herbeiführten. Der töd-liche Traktorstrahl wurde auf einmal unterbrochen,und das plötzlich befreite Schiff schoß mit einer der-

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artigen Beschleunigung davon, daß der Schwer-kraftneutralisator versagte und die drei Menschen zuBoden geschleudert wurden. Costigan erhob sichmühsam auf Hände und Knie, stemmte sich verzwei-felt gegen die entsetzliche Beschleunigung und ver-mochte schließlich seine Kontrollen zu erreichen – ge-rade noch zur rechten Zeit. Als er den Antrieb auf normale Beschleunigung drosselte, begann die Au-ßenhülle eben rot aufzuglühen. Sie hatten das Meerlängst verlassen und rasten mit unvorstellbarer Ge-

schwindigkeit durch die Atmosphäre des Planeten.»Aha – Nerado, der Retter«, bemerkte Costigannach einem kurzen Blick auf den Schirm. »Ich hoffe,daß ihm die Fische gehörig zusetzen!«

»Wieso?« fragte Clio. »Ich hätte angenommen, daßdu ihn wegen ...«

»Überleg doch mal«, sagte er eindringlich, »je

schwerer es Nerado da unten hat, desto besser ist esfür uns. Es wäre zu schön, um wahr zu sein, aberwenn er dort unten lange genug aufgehalten wird, istunser Vorsprung vielleicht so groß, daß sich eine Ver-folgung für ihn nicht mehr lohnt.«

Während das Rettungsboot mit Höchstgeschwin-digkeit durch die Atmosphäre schoß, starrten Bradley

und Clio über Costigans Schulter auf den Schirm und beobachteten fasziniert den weiteren Verlauf desKampfes. Das nevianische Raumschiff stürzte sich imSteilflug auf seinen Gegner und überschüttete ihn mitseinen tödlichen Energiestrahlen. Während das kleineRettungsboot den Ozean zum Kochen gebracht hatte,schienen die Energien des Mutterschiffes das Wasserförmlich verschwinden zu lassen. Wo um das grüneUnterseefahrzeug kochendes Wasser gebrodelt hatte,

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schienen Wasser und Dampf nun völlig zu ver-schwinden. Das Unterseeboot begann in diesemplötzlichen Wasservakuum abzustürzen, währendseine gigantischen Schirme violett aufflammten undes seine Todesstrahlen auf das hoch am roten Himmelstehende nevianische Schiff richtete.

Das Schiff fiel, bis der übermächtige Wasserdruck die Wirkung der nevianischen Energien aufzuheben begann; der Sturz wurde gebremst, und in der Ener-gieschneise entbrannte ein phantastischer Kampf – in

einer Schneise, an deren unterem Ende das Untersee- boot lag, von den Traktorstrahlen der Nevianer fest-gehalten, und an deren oberem Ende der nevianischeKreuzer von den aufsteigenden Dampfschwaden fastverdeckt wurde.

Die Atmosphäre wurde dünner, und Costigan stei-gerte langsam die Geschwindigkeit. Die Außenhülle

des Bootes kühlte schnell ab, und als er das Vakuumdes Weltraums erreicht hatte, brachte er sein Schiff auf Reisebeschleunigung. So entfernte sich das kleineRaumschiff mit zunehmender Geschwindigkeit vondem roten Planeten; und die Szene auf dem Bild-schirm wurde immer kleiner. Das Raumschiff derNevianer war inzwischen ebenfalls unter die Meeres-

oberfläche getaucht, um im Nahkampf gegen denTodfeind anzutreten. Eine Zeitlang war der Kampf hinter einem dichten Schleier aus riesigen Dampf-wolken verborgen, die sich über Hunderte von Qua-dratkilometern ausbreiteten. Aber als das Bild ebenzu verblassen begann, wurden einige winzigeschwarze Punkte sichtbar, die aus den Dampfwolkenauftauchten – Punkte, bei denen es sich umWrackteile handeln mochte, die hoch in die Luft ge-

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schleudert wurden und die von jedem der beidenSchiffe stammen konnten.

Als Nevia zu einem winzigen Mond zusammenge-schrumpft war und die blaue Sonne nur mehr alsLichtpunkt am Firmament stand, schaltete Costiganseinen Visi-Strahl aus und wandte sich an seine Be-gleiter.

»Das wär's«, sagte er düster. »Wir sind also unter-wegs. Ich kann nur hoffen, daß Nerado den kürzerengezogen hat – sehr optimistisch bin ich aber nicht. Im

Kampf um die Dritte Stadt ist er mit den Fischenrecht gut fertig geworden, so daß wir wohl befürch-ten müssen, ihn bald auf dem Hals zu haben. Denn erwird uns verfolgen, daran besteht kein Zweifel. Undich fürchte fast, daß er uns erwischen wird.«

»Aber was können wir tun?« fragte Clio.»Eine ganze Menge«, lächelte er. »Immerhin habe

ich in der Gefangenschaft ein wenig die Augen offen-gehalten. Zum Beispiel dürfte es kein Problem sein, inunsere Raumanzüge Sicherungen gegen den neviani-schen Lähmstrahl und einige andere Kleinigkeiteneinzubauen.«

Sie zogen ihre Anzüge aus, und Costigan erklärtedie Veränderungen, die an den Schirm-Generatoren

vorzunehmen waren. Dann machten sich die drei ansWerk – die beiden Offiziere zielstrebig und mit Elan,Clio zögernd, aber mit ungebrochenem Mut. Alsschließlich alle Vorkehrungen getroffen waren, rich-teten sie sich auf die Routine des langen Fluges ein –wobei alle Instrumente darauf ausgerichtet waren,den gefürchteten Verfolger so früh wie möglich zuentdecken.

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13

Der Schwere Kreuzer Chicago hing bewegungslos imAll, Tausende von Kilometern von der Schlacht umden künstlichen Planetoiden entfernt. Im Allerheilig-sten des Captains saß Lyman Cleveland hinter seinenUltra-Kameras und bediente die empfindlichen Kon-trollen. Nur seine Augen bewegten sich; sein Blick wanderte zwischen den Instrumenten und den Bän-

dern hin und her, auf denen die entsetzlichen Ver-nichtungsszenen magnetisch festgehalten wurden.Schweigend stellte der Ultrastrahl-Experte seine

Geräte immer wieder neu ein, stumm registrierten dieBandgeräte jede Einzelheit der gigantischen Ausein-andersetzung – registrierten die Vernichtung der Pi-ratenflotte, die Umwandlung der Liga-Flotte und

schließlich die Auflösung des künstlichen Planetoi-den. Wütend ließ Cleveland seine Ultrastrahlen ge-gen das seltsame Etwas anstürmen, in dem der zäh-flüssige Materiestrom zu verschwinden schien. Im-mer wieder versuchte er sich ein klares Bild von demUnbekannten zu verschaffen – vergeblich. Ein großer,fast ellipsenförmiger Raumsektor war seinen Strahlen

aus unerklärlichen Gründen verschlossen. Doch ur-plötzlich verschwand die seltsame Störung, und dieUnendlichkeit des Raumes lag vor ihm, ohne daß sei-ne Geräte ein Hindernis aufzuspüren vermochten.

»Rückflug zur Erde?« unterbrach der Captain derChicago das bedrückte Schweigen.

»Nein, ich würde ein anderes Vorgehen empfeh-len«, erwiderte Cleveland, der sich stirnrunzelnd er-hob und seine Geräte abschaltete. »Wir müßten na-

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türlich so schnell wie möglich Meldung machen, aberes scheint dort draußen zahlreiche Überbleibsel zugeben, die ich aus dieser Entfernung nicht aufnehmenkann. Eine Untersuchung aus nächster Nähe könntezur Klärung der Frage beitragen, was da eben ge-schehen ist, und vor allem, wie es geschehen ist. Ichwürde sagen, daß wir die Reste eingehend untersu-chen sollten, und zwar sofort. Aber natürlich kann ichIhnen keine Befehle erteilen.«

»Da sind Sie im Irrtum«, erwiderte der Captain zu

Costigans 

Überraschung. 

»Meine 

Befehle 

lauten, 

daß 

ichIhnen das Kommando der Chicago zu übertragen habe.«»Wenn das so ist, werden wir uns mit Höchstge-

schwindigkeit dem Kampfgebiet nähern und dieWrackteile untersuchen«, erwiderte Cleveland, unddas einzige noch existierende Schiff der angeblich un-schlagbaren Liga-Streitmacht schoß auf die Stätte der

Vernichtung zu.Hier enthüllte sich auf den Schirmen ein wildesDurcheinander der verschiedensten Überbleibsel, diesich offensichtlich in alle Richtungen bewegten,hauptsächlich aber der früheren Planetoidenbahn zufolgen schienen. Der Raum war voller Maschinentei-le, Möbel, Kleidungstücke – und Leichen, die meisten

in Raumanzügen. Doch seltsamerweise rührte sichkeiner der Männer mehr, und in aller Hast wurdeneinige Leute ausgeschickt.

»Sie sind tot«, kam gleich darauf die Antwort,»schon seit langem. Die Metallverstärkungen fehlenan ihren Anzügen, und die Generatoren und sonstigeGeräte scheinen explodiert zu sein. Seltsam – esscheint weiter nichts mit ihnen passiert zu sein –, nurder halbe Anzug fehlt.«

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»Ich habe alles aufgezeichnet, Sir«, sagte Clevelandund wandte sich an den Kommandanten. »Die Beob-achtungen Ihrer Leute entsprechen den Aufnahmen,die ich während des Kampfes machen konnte. Ichhabe auch schon eine Art Erklärung für die Ereignis-se, aber sie ist so phantastisch, daß ich darüber nichtsprechen möchte. Ich muß mir erst konkrete Beweiseverschaffen, ehe ich selbst daran glauben kann. Bittesorgen Sie dafür, daß wir einige der Toten mit ihrenRaumanzügen an Bord nehmen, ebenso eine Anzahl

Trümmerteile.«»Und dann zurück zur Erde?«»Jawohl, zurück zur Erde, so schnell wie möglich.«Während die Chicago mit Höchstbeschleunigung

durch den Raum eilte, hatten sich Cleveland und dieranghöchsten Offiziere um die hereingeschaffenenTrümmerstücke versammelt. Sie waren mit Un-

glücksfällen aller Art vertraut, doch so etwas hattensie noch nicht gesehen. Jedes Teil, jedes Instrumentwar auf seltsame und unerklärliche Weise in seineBestandteile aufgelöst, ohne daß es Bruchstellen oderAnzeichen einer Gewaltanwendung gab. Dennochwar keiner der gefundenen Gegenstände intakt. Bol-zenlöcher starrten die Männer aus leeren Augen an,

Wickelanker, Schutzkleidungen und Anzeigenadelnfehlten, die Innereien mancher Instrumente hingenhaltlos in den Gehäusen.

»Ein solches Durcheinander ist mir in meiner gan-zen Laufbahn noch nicht untergekommen«, bemerkteder Captain nach einer sorgfältigen Untersuchungder seltsamen Funde. »Wenn Sie eine Theorie haben,Cleveland, die den Tatsachen gerecht wird, bin ichsehr gespannt darauf.«

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»Bitte sehen Sie sich die Sachen noch einmal genauan«, erwiderte der junge Mann. »Aber suchen Sienicht nach etwas, was Sie sehen, sondern nach etwas,was Sie nicht sehen!«

»Nun, der Strahlenschutz der Raumanzüge fehlt,dann Verkleidungsbleche, Drehspindeln, Stanzteile,einige Gehäuse, Schrauben ...« Der Captain unter- brach sich, und sein Blick wanderte über die groteskeSammlung. »Nur Gegenstände aus Holz, Kunststoff,Kupfer, Aluminium, Silber und Bronze scheinen un-

 berührt zu sein. Dagegen sind alle Teile aus Stahl ...Aber das ist doch völlig sinnlos! Was soll das hei-ßen?«

»Ich weiß es nicht – noch nicht«, erwiderte Cleve-land zögernd. »Aber ich fürchte fast, daß wir nochganz andere Entdeckungen machen werden.« Mitsichtbarem Widerwillen öffnete er einen der Rau-

manzüge und legte ein Gesicht frei – ein friedvolles,aber erschreckend bleiches Gesicht.»Aha«, sagte er. »Haben Sie schon einmal weißes

Blut gesehen? Ein weiterer Beweis. Auf unerklärlicheWeise ist jedes freie oder ungebundene Atom Eisenabsorbiert worden.«

»Wie? Was sagen Sie?« riefen die Offiziere durch-

einander. »Aber wieso denn?«»Ich weiß auch nicht mehr als Sie«, sagte Cleveland

nachdenklich. »Wenn es nicht außerhalb der Mars- bahn Planetoiden gäbe, die fast völlig aus Eisen be-stehen, würde ich sagen, daß hier jemand dringendEisen gebraucht und sich auf Kosten der Liga-Flotterücksichtslos bedient hat. Aber wer dieser geheim-nisvolle Unbekannte auch war – er ist so mächtig, daßer sich um unsere Waffen keine Sorgen gemacht hat.

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Er nahm sich einfach, was er brauchte, und ging sei-nes Weges – und zwar so schnell, daß ich ihn nichteinmal mit meinem Ultrastrahl verfolgen konnte. Ei-nes ist ganz offensichtlich – und so offensichtlich, daßich mir ganz hilflos vorkomme: Hinter der Angele-genheit steckt eine unheimliche Intelligenz – eine In-telligenz, die alles andere als freundlich eingestellt ist.Ich halte es für besser, wenn ich Fred Rodebush soschnell wie möglich mit dem Problem vertraut ma-che.«

Er trat an seinen Ultrastrahl-Projektor und stellteeine Verbindung zu Virgil Samms her.»Wir haben alles aufgezeichnet«, berichtete er. »Ei-

ne ganz außergewöhnliche Sache, hinter der mehr zustecken scheint, als wir uns haben träumen lassen. Ichhalte sie für so dringend, daß ich dich bitten möchte,meine Aufzeichnungen über Ultrastrahl zu überneh-

men. So sparen wir viel Zeit. Fred kann sich danngleich damit befassen.«»In Ordnung. Besten Dank, Lyman«, erwiderte

Samms, und kurz darauf liefen die Bänder erneutdurch die Geräte. Diesmal wurden ihre elektroma-gnetischen Impulse über das Ultrafunkgerät zur Erdeübertragen und in der Zentrale des Liga-

Geheimdienstes sorgfältig aufgezeichnet.Obwohl er darauf brannte, mit seinen Kollegen zu-

sammenzukommen, ließ Cleveland die lange Reisegeduldig über sich ergehen. Er hatte auch so viel zutun. Er beschäftigte sich eingehend mit seiner Ultra-strahl-Kamera, die er noch weitgehend verbesserte.Außerdem stand er in ständiger Verbindung mit Vir-gil Samms sowie mit Fred Rodebush, dem Nuklear-fachmann des Geheimdienstes, dem die Aufgabe zu-

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gefallen war, sich eingehend mit den Energien undWaffen der Nevianer zu beschäftigen. Also wurdeihm die Zeit nicht lang, bis die grüne Erde unter derkugelförmigen Chicago auftauchte.

»Wir werden sie einmal umkreisen müssen, nichtwahr?« wandte sich Cleveland an den Chefpiloten. Erhatte den Offizier seit mehreren Minuten beobachtetund bewunderte die Präzision, mit der das großeFahrzeug vor dem Eintritt in die Erdatmosphäre na-vigiert wurde.

»Ja«, erwiderte der Pilot. »Weil wir es eilig hatten,ist unsere Geschwindigkeit jetzt so groß, daß wir oh-ne Schleife nicht abbremsen können. Aber auch sosind wir noch wesentlich schneller unten. Allerdingskönnten Sie sich ein Raketenflugzeug kommen las-sen, das uns irgendwo zwischen zwanzigtausend undfünfzehntausend Kilometern treffen kann. So ein

Flugzeug kann mit unserer Geschwindigkeit durch-aus mithalten und trotzdem direkt landen.«»Ich werde Ihren Rat gern befolgen – vielen Dank«,

sagte Cleveland. Doch als er sich mit seinem Vorge-setzten in Verbindung setzte, erfuhr er, daß man ihmschon zuvorgekommen war.

»Da waren wir schneller, Lyman«, lächelte Samms.

»Die Silver Star ist bereits gestartet und wird sich eu-rem Kurs und eurer Beschleunigung in etwa zwei-undzwanzig Kilometern Höhe anpassen. Bitte machedich zum Umsteigen fertig, ja?«

»Wird geschehen«, erwiderte der Exgefreite und begab sich in seine Unterkunft, um seine Sachen zupacken.

Es dauerte nicht lange, und der lange Stromlinien-körper des Raketenflugzeuges schob sich an das rie-

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sige Raumschiff heran; im Zeitlupentempo näherte essich der Chicago von ›oben‹. Währenddessen verab-schiedete sich Cleveland von seinen Freunden. Erstieg in seinen Raumanzug und betrat eine Steuer- bord-Außenschleuse. Kurz darauf öffnete sich dasAußenschott, und in kaum dreißig Metern Entfer-nung erblickte er das Raketenflugzeug, das sich derlangsameren Geschwindigkeit des gigantischenRaumschiffes mit flammenden Raketendüsen anzu-passen versuchte. Es hatte die Form eines Zahnsto-

chers – vorn und hinten zugespitzt –, hatte ultrakurzeFlügel und Leitwerke. Es bestand aus einer matt-schimmernden Metallegierung von unvorstellbarerHärte und war das schnellste Flugzeug, das man auf der Erde kannte – in der Atmosphäre ebenso wie inder Stratosphäre oder im Weltall zwischen den DreiPlaneten. Bereits ihre ersten Testflüge hatten ihr den

Namen Silver Star eingebracht, und ihr mehr als um-ständlicher offizieller Name war seither in denSchubladen verschwunden.

Immer näher kam das schnelle Luftfahrzeug, seineRaketen flammten heller, und als es schließlich dieHöhe der Luftschleuse erreichte, wurde sein Antriebweiter gedrosselt, bis es sich der Beschleunigung der

Chicago exakt angepaßt hatte.»Fertig zum Gleichschalten, Chicago! Dreisekun-

denabruf!« schnappte der Pilot der Silver Star.»Fertig zum Gleichschalten!« erwiderte der Pilot

der Chicago. »Drei! Zwei! Eins! Jetzt!«Im gleichen Augenblick wurde der Antrieb beider

Schiffe ausgeschaltet, und sofort wurde jeder Gegen-stand in ihnen schwerelos. In der winzigen Luft-schleuse des Stromlinienfahrzeugs erschien ein Mann

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mit einer Sicherheitsleine, die jedoch nicht in Aktionzu treten brauchte. Cleveland schickte seinen schwe-ren Raumsack auf die Reise und trat dann selbst indie Unendlichkeit hinaus. Langsam schwebte er auf das Flugzeug zu und direkt in die Luftschleuse hin-ein. Das Schott schwang hinter ihm zu, und wenigeMinuten später stand er bereits im Kontrollraum deskleinen Schiffes, entledigte sich seines Raumanzugesund schüttelte Frederick Rodebush, seinem Freundund Kollegen, die Hand.

»Na Fred, wie sieht es aus?« fragte Cleveland so-fort. »Wie lassen sich die Berichte interpretieren? Ichweiß, daß du mir über den Ultrastrahl nichts sagenkonntest, aber hier ...«

»Man kann nie wissen«, erwiderte Rodebushnüchtern. »Wir beginnen uns langsam klarzumachen,daß es eine Menge Dinge gibt, von denen wir bisher

keine Ahnung hatten. Wir sollten mit unserer Bespre-chung bis nach unserer Ankunft im Hügel warten,wo wir uns hinter einigen neuen Ultraschirmen ver-kriechen können. Außerdem ist es besser, wenn Virgilan unserer Diskussion teilnimmt. Im übrigen besagenunsere Befehle, daß wir uns mit Höchstgeschwindig-keit im Hügel einzufinden haben, und du weißt, was

das Wort ›Höchstgeschwindigkeit‹ an Bord der SilverStar bedeutet. Schnall dich also gut fest.«

Als sich die beiden Männer festgeschnallt hatten,gab Rodebush dem Piloten ein Zeichen, und augen- blicklich verwandelte sich das Schnurren der Raketenin ein ohrenbetäubendes Röhren. Die Männer wur-den tief in ihre Andrucksitze gepreßt, die Silver Starschwang herum und entfernte sich mit einer derarti-gen Beschleunigung von der Chicago , daß das kugel-

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förmige Raumschiff im All stillzustehen schien. Inkurzer Zeit war der vorausberechnete Wendepunkterreicht, die Silver Star drehte das Heck in dieFlugrichtung und raste mit ständig abnehmender Ge-schwindigkeit auf die Erde zu. Als die atmosphäri-sche Dichte zuzunehmen begann, neigte sich das na-delspitze Heck, und die Silver Star schoß auf ihrenwinzigen Flügeln abwärts; ihre Außenhülle erhitztesich, verfärbte sich von rot zu hellrot, zu gelb undweiß – doch das Metall schmolz nicht. Wie ein Feuer-

pfeil schoß das Flugzeug über Seattle und Spokaneostwärts auf die Rocky Mountains zu. Als die schnellabkühlende Silver Star die Bitter Roots überflog, wur-de offenbar, daß sie auf einem abgeflachten koni-schen Berg zusteuerte, neben dem die anderen Gipfeldes Gebirges wie Zwerge wirkten.

Der ›Hügel‹ war keine künstliche Anlage, sondern

ein durch menschliche Eingriffe veränderter Berg, indessen Tiefen sich das Hauptquartier des Liga-Geheimdienstes befand. Sein kilometerbreiter Gipfel bestand aus einer dicken Panzerstahlfläche, die sichan den Hängen fortsetzte. Kein Fahrzeug konnte dieglatten und harten Metallschrägen erklimmen, keinProjektil konnte diesen Panzer durchschlagen, kein

Wesen oder Objekt konnte sich dem Hügel nähern,ohne sofort entdeckt zu werden. Eine Annäherungwar überhaupt unmöglich, weil die Festung ständigvon einem sphärischen rot-violetten Schutzschirmumgeben war, der Materie und Vernichtungsstrahlenwirkungslos abprallen ließ.

Als sich die Silver Star dieser durchsichtig-violettenVernichtungswand mit achthundert Stundenkilome-tern näherte, flammte in ihrem Kontrollraum plötz-

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lich ein ebenfalls violettes Licht auf, das wieder ver-löschte und bald in regelmäßigem Rhythmus er-strahlte.

»Kleine Neuheit, wie?« fragte Cleveland. »Einensolchen Test habe ich noch nicht mitgemacht.«

»Ja, ein hochvoltiger Ultra-Spionstrahl«, erwiderteRodebush. »Das Licht gilt nur als Warnung. Aber essind damit auch Bild- und Tonübertragungen mög-lich ...«

»Zum Beispiel so«, unterbrach ihn Samms Stimme

aus dem Lautsprecher auf der Kontrolltafel des Pilo-ten, und sein Gesicht erschien auf dem Bildschirm.»Ich möchte annehmen, daß es Fred noch gar nichterwähnt hat – aber die Testeinrichtung gehört zu sei-nen allerneuesten Erfindungen, und wir probieren sieerst aus. Soweit es die Silver Star betrifft, ist der Testnatürlich ohne Belang. Bis gleich!«

In der Energiewand entstand eine kreisrundeÖffnung, die sich hinter dem Flugzeug sofort wiederschloß; gleichzeitig öffnete sich eine verborgeneSenktür in der Panzerung des Hügels, und ein Podestmit einem Landegestell wurde sichtbar. Langsam undvorsichtig senkte sich das schlanke Flugzeug in dieHalterungen und verschwand sofort im Innern des

Hügels. Während der Landefahrstuhl in die Tiefesank, ruckte die solide Metallpanzerung auf ihrenRollscharnieren wieder an Ort und Stelle.

Flugzeug und Lift kamen viele Stockwerke unterder Erde zum Stehen, und Cleveland und Rodebushmachten sich sofort auf den Weg. Durch zahlreicheKorridore schritten sie und erreichten schließlich ei-nen taghell erleuchteten Raum – das Büro des Liga-Geheimdienstchefs. Seine engsten Mitarbeiter saßen

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hier an ihren Schreibtischen und beschäftigten sichintensiv mit den Problemen des Tages; Agenten, Se-kretärinnen und Verwaltungsbeamte gingen ihrenAufgaben schweigend nach; jeder Anwesende warein wichtiger Bestandteil des Geheimdienstes, der inden letzten Jahren einen Großteil der Regierungsver-antwortung der Liga übernommen hatte.

»Na, wie steht's, Norma?« Rodebush blieb amSchreibtisch der Privatsekretärin des ›Chefs‹ stehen,die sofort auf einen Knopf drückte. Hinter ihr öffnete

sich eine Tür.»Keine Anmeldung erforderlich«, sagte die jungeDame lächelnd. »Bitte gehen Sie direkt hinein.«

Samms kam ihnen an der Tür entgegen und schüt-telte beiden Männern die Hand.

»Meine Glückwünsche wegen der Kamera, Ly-man!« sagte er. »Das war ganz ausgezeichnete Arbeit!

Bitte bedient euch mit Zigaretten und setzt euch – wirhaben viel zu besprechen. Deinen Bildern waren be-reits die wichtigsten Einzelheiten zu entnehmen, aberohne Costigans Bericht wären wir nicht weit gekom-men. Wie die Dinge stehen, waren Fred und seineMannschaft in der Lage, einige handfeste Antwortenauf die offenen Fragen zu finden, und soweit wir jetzt

noch Probleme haben, handelt es sich nur um Klei-nigkeiten, die wir bald zu erledigen hoffen.«

»Hast du etwas Neues gehört wegen Conway?«fragte Cleveland besorgt.

»Nein!« Samms Gesicht verzog sich. »Ich fürchte,daß er ... Jedenfalls hoffe ich, daß sein Schweigen nurauf die große Entfernung zurückzuführen ist. DieWesen werden ihn hoffentlich nur verschleppt ha- ben.«

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»Es liegt bestimmt an der großen Entfernung«,sprang Rodebush hilfreich ein. »Sogar die Störsignaleder Fremden sind verstummt.«

»Das ist allerdings ein hoffnungsvolles Zeichen«,fuhr Samms fort. »Es wäre schlimm, wenn wir auf Conway Costigan verzichten müßten – ganz abgese-hen von dem persönlichen Verlust. Conway ist einausgezeichneter Agent. Er ist der einzige Mann, dermeines Wissens die Eigenschaften eines perfektenBeobachters besitzt. Er sieht alles, registriert jede Ein-

zelheit, und ist hinterher in der Lage, das Gesehenepräzise wiederzugeben. Zum Beispiel unser aktuellerFall – die Fähigkeit der Fremden, Eisen in eine unsunbekannte Flüssigkeit zu verwandeln, deren atoma-re Energie zum Antreiben von Raumschiffen ver-wendet wird. Ein völlig neues Prinzip, und doch be-schrieb Conway die Konverter und Projektoren der

Fremden so genau, daß Fred das zugrunde liegendePrinzip in drei Tagen herauskristallisieren und beimBau unseres eigenen Superschiffes noch berücksichti-gen konnte. Meine erste Befürchtung in dieser Hin-sicht war, daß wir es aus eisenfreien Materialien völ-lig neu bauen müßten, aber Fred wies mich sofort auf meinen Irrtum hin – und du wirst ihm da sicherlich

zustimmen.«»Allerdings«, sagte Cleveland. »Ein eisenfreies

Schiff zu bauen, wäre völlig sinnlos, wenn man nichtgleichzeitig die Zusammensetzung unseres Blutesentsprechend ändern könnte, so daß wir ohne Hämo-globin auskämen – was natürlich unmöglich ist. Au-ßerdem sind unsere wichtigsten elektrischen Ein-richtungen von Eisenkernen abhängig. Vielleicht ließesich ein Schirm für die neuen Energien entwickeln ...

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Ich sehe es schon, es gibt genug Arbeit.«»Wir arbeiten seit deinem letzten Bericht an diesem

Problem«, sagte Rodebush, »und beginnen langsameinen Silberstreifen am Horizont zu sehen. Unter Be-rücksichtigung der neuen Erkenntnisse ist es keinWunder, daß wir mit unserem Superschiff bishernicht zurechtgekommen sind. Wir hatten zwar guteIdeen, aber wir haben sie auf dem falschen Wege indie Tat umgesetzt. Inzwischen haben sich die Dingesehr vielversprechend entwickelt. Auf dem Papier

haben wir die Eisentransformation schon vollzogen,und sobald wir einen entsprechenden Generator kon-struiert haben, werden sich auch die anderen Pro- bleme schnell lösen lassen. Und was sich mit einersolchen Energiequelle machen läßt! Energie im Über-fluß – Energie, die es uns ermöglichen wird, das Pro- blem der völligen Ausschaltung der Trägheit der

Materie anzugehen!«»Moment!« protestierte Samms. »Das meinst dudoch nicht ernst! Trägheit ist ein grundlegendesMerkmal jeder Materie und kann nicht überwundenwerden, ohne die Materie zu vernichten. Bitte seidvorsichtig bei solchen Experimenten!«

»Keine Sorge, Virgil«, erwiderte Rodebush lä-

chelnd. »Wenn du mir definieren kannst, was Materieim Grunde ist, werde ich mich deinem Standpunktvielleicht anschließen. Aber du kannst es nicht, oder...? Dann laß dich überraschen. Wir werden Versucheanstellen, von denen niemand auf den Drei Planeten bisher geträumt hat.«

Die Diskussion der drei Wissenschaftler wurdenach einiger Zeit von der Sekretärin Samms' unter- brochen.

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»Es tut mir leid, daß ich Sie stören muß, Mr.Samms, aber es sind einige Dinge zu erledigen, dieIhre persönliche Aufmerksamkeit erfordern. Knobosmeldet sich vom Mars. Er hat die Endymon gekapertund dabei die Hälfte ihrer Besatzung töten müssen.Milton hat endlich von der Venus Kontakt aufge-nommen, nachdem wir fünf Tage lang die Verbin-dung mit ihm verloren hatten. Er hat die Wuntons inden Thallerin-Sumpf verfolgt, wo er angegriffenwurde. Er hat sich aber durchsetzen können und hat

nun erreicht, was er wollte. Das bewußte Objekt ist inseinem Besitz. Dann habe ich eben eine Blitzmeldungvon Fletcher aus dem Asteroidengürtel erhalten. Ichglaube, daß er endlich auf eine heiße Spur gestoßenist. Aber Knobos wartet in der Leitung. Wollen Siewegen der Endymon mit ihm sprechen?«

»Sagen Sie ihm ... Nein, stellen Sie durch, ich sage

es ihm lieber selbst«, befahl Samms und sein Gesichtverhärtete sich entschlossen, als das schuppige, ver-formte Gesicht des marsianischen Leutnants auf demBildschirm erschien. »Was glauben Sie, Knobos?Würde es zu einer Gerichtsverhandlung kommenoder nicht?«

»Nein, bestimmt nicht.«

»Das ist auch meine Meinung. Dann ist es ent-schieden besser, wenn ein paar Gangster spurlos ver-schwinden, als daß die Patrouille bald einen neuenAufstand niederschlagen muß. Bitte veranlassen Siedas Nötige.«

»Verstanden.« Der Schirm wurde dunkel, undSamms sagte zu seiner Sekretärin: »Stellen Sie bitteauch Milton und Fletcher durch, wenn sie sich mel-den sollten.« Und zu seinen Besuchern gewandt, fuhr

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er fort: »Wir haben unser Problem im Augenblick wohl ausreichend besprochen. Ich muß mich jetztverabschieden. Ich wünschte, ich könnte euch helfen,aber ich werde in den nächsten Tagen wohl ziemlich beschäftigt sein.«

»›Ziemlich beschäftigt‹ ist bestimmt nicht der rich-tige Ausdruck«, sagte Rodebush im Korridor. »Es istzweifellos der aktivste Mann auf den Drei Planeten.«

»Und auch der mächtigste«, fuhr Cleveland fort.»Und nur wenige Männer könnten ihre Macht so an-

wenden. Ich glaube, ich würde mich einen Monatkrank zu Bett legen, wenn ich nur einmal tun müßte,was er da eben angeordnet hat – und für ihn gehörtso etwas zur täglichen Arbeit.«

»Du meinst die Endymon? Was hätte er sonst tunsollen?«

»Nichts – das ist ja das Schlimme. Das Problem ist

nur so und nicht anders zu lösen, da ein ordentlichesGerichtsverfahren den Tod der halben Morseca-Bevölkerung bedeutet hätte. Aber trotzdem ist es ent-setzlich, einen kaltblütigen Mord anordnen zu müs-sen.«

»Das ist natürlich richtig, aber du würdest an sei-ner Stelle ...« Er unterbrach sich. »Lassen wir das

 jetzt.« Die beiden Männer betraten eine riesige Halle –die Montagehalle der Boise , des Superraumschiffesder Liga, das sich noch nicht vom Boden erhobenhatte, das aber bereits einer Anzahl von Männernzum Schicksal geworden war. Die Boise bildete denMittelpunkt hektischer Betriebsamkeit; unzähligeMänner bevölkerten die Halle und das unfertigeRaumschiff.

»Ich hoffe, daß wir nun endlich richtig liegen!« rief 

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Cleveland, als sich die beiden Männer trennten, umsich ihrer Arbeit zuzuwenden. »Wir müssen es schaf-fen, aus diesem Unglücksschiff eine richtige Raumla-dy zu machen!«

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14

Nach wochenlanger Arbeit, nach unermüdlichemEinsatz aller Kräfte der Dreiplaneten-Liga, war dieBoise zum Jungfernflug bereit. Rodebush und Cleve-land hatten die letzte Inspektion beendet und unter-hielten sich vor der Hauptschleuse mit ihrem Freundund Vorgesetzten.

»Ihr sagt, daß das Schiff betriebssicher ist – und

trotzdem wollt ihr keine Mannschaft mitnehmen?Das verstehe ich nicht«, sagte Samms. »Wenn ihr indieser Beziehung Bedenken habt, muß der Jungfern-flug verschoben werden. Wir brauchen euch zu drin-gend, um ein solches Risiko eingehen zu können.«

»Es bleibt dir gar nichts anderes übrig, als uns dieStarterlaubnis zu geben«, erklärte Rodebush, »denn

wir sind die einzigen, die mit dem neuen An-triebsprinzip vertraut sind. Ich kann nur wiederho-len, daß ich das Schiff für betriebssicher halte – be-weisen kann ich es allerdings nicht, nicht einmal auf mathematischem Wege, denn die Boise steckt derartvoller neuer Mechanismen, daß sich eine Vorhersageeinfach nicht treffen läßt. Theoretisch ist alles in Ord-

nung, aber du weißt selbst, daß jeder Theorie gewisseGrenzen gesetzt sind und daß bei Geschwindigkeitendieser Größenordnung mathematische Faktoren auf-treten können, die uns im Augenblick nicht bewußtsind. Für einen so kurzen Flug brauchen wir keineMannschaft. Kleinere Defekte können wir selbst be-heben, und wenn etwas mit dem Prinzip nicht stim-men sollte, kann uns auch keine Mannschaft mehrhelfen. Deshalb fliegen wir beide allein.«

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»Na gut. Aber seid wenigstens vorsichtig. Ichwünschte, ihr würdet das Schiff nicht gleich auf volleLeistung testen.«

»Leider ist die Boise nicht dafür gebaut, die Gravi-tation halb zu neutralisieren, oder die Tätigkeit derMaterie halb aufzuheben – es geht um alles odernichts, wenn wir die Neutralisatoren eingeschaltethaben. Wir könnten natürlich nur mit den normalenProjektoren arbeiten, ohne die Neutralisatoren zuverwenden, aber damit wäre nichts bewiesen.«

»Dann seht euch bitte vor.«»In Ordnung, Chef«, schaltete sich Cleveland ein.»Du kannst uns glauben, daß wir ebenso ungernSelbstmord begehen wie jeder andere. Und denkedaran, daß sich alle zurückziehen sollen, wenn wirstarten. Kann sein, daß wir viel Platz brauchen. Auf Wiedersehen!«

»Auf Wiedersehen, ihr beiden!«Die massiven Schotte schlossen sich zischend, dieMetallwand des Berges öffnete sich, und riesige Rau-penschlepper ratterten in die Halle. Schwere Zugka- bel wurden befestigt, und gewaltige Stahlschienenknirschten unter der Last des Raumschiffs, das lang-sam auf die freie Talsohle vor dem Hügel gezogen

wurde. Schließlich warfen die Traktoren die Leinenlos und kehrten in die Festung zurück.

»Alles ist in Deckung«, kam die Meldung. VirgilSamms starrte auf seinen Bildschirm, der den Kon-trollraum des nagelneuen Superschiffes zeigte. Erhörte Rodebush mit Cleveland sprechen, hörte diekurze Antwort des jungen Mannes, sah, wie der Wis-senschaftler den Startknopf drückte – und im glei-chen Moment verschwand das Bild auf dem Schirm –

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verschwand beunruhigend schnell. Wo das riesigeRaumschiff noch eben auf seinem Startgestell geruhthatte, war einen Sekundenbruchteil absolut nichts:Raumschiff, Startgestell, Schienenanlage, Fahrzeuge,Betonfundamente und ein kreisförmiger Ausschnittder Talsohle waren verschwunden. Und ebensoplötzlich füllte sich das so überraschend entstandeneVakuum. Eine ungeheure Luftturbulenz entstand. Ei-ne Detonation ertönte, als ob sich hundert Gewitterzu einem gigantischen Hurrikan vereinigt hätten, und

getrieben von dem plötzlich entfesselten Sturm reg-nete ein wahrer Schauer von Trümmerstücken auf das Tal hernieder – verbogene Stahlschienen, zer-splitterte Baumstämme, Betonbrocken und TausendeKubikmeter Erde und Felsgestein. Die Neutralisato-ren der Boise waren mächtiger und hatten einen weit-aus größeren Aktionsradius, als Cleveland und Ro-

debush errechnet hatten, und beim Start wurde alles,was sich in unmittelbarer Nähe befand, zu einem Be-standteil des Schiffes. Erst Sekunden später, von derfast unendlichen Geschwindigkeit des Schiffes zu-rückgelassen, kehrte diese Materie in den Wirkungs- bereich der normalen Naturgesetze zurück undstürzte zur Erde.

»Haben Sie Kontakt halten können, Randolph?«unterbrach Samms das entsetzte Schweigen, das sichim Hügel ausgebreitet hatte.

»Nein, Sir«, erwiderte die Ortungszentrale. »DasSignal ist in der Sekunde des Starts verblaßt und warnicht wieder einzufangen. Ich habe sofort einenKontaktstrahl auf die Spur gesetzt, ohne jedoch diegeringste Reaktion zu erzielen.«

»Und Wrackteile des Schiffes selbst sind nicht da-

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 bei«, fuhr Samms leise fort. »Entweder übertrifft derErfolg alle unsere Erwartungen oder ...« Er unter- brach sich und schaltete den Bildschirm aus. Mußte erdie Namen seiner Freunde auf die lange Liste derersetzen, die für die Boise schon gestorben waren? DieVernunft sagte ihm, daß sie nicht mehr am Leben wa-ren, denn sonst hätten die Ultrastrahlen den Kontaktmit der Boise gehalten – wie groß deren Beschleuni-gung auch gewesen sein mochte. Die logische Schluß-folgerung war, daß sich das Schiff in dem Augenblick 

aufgelöst hatte, da Rodebush die Energien freisetzte.Aber hatte der Physiker nicht selbst mit der entfern-ten Möglichkeit gerechnet, daß etwas Unvorhergese-henes eintreten könnte ...? Samms schlug sich diequälenden Gedanken aus dem Kopf, straffte dieSchultern und kehrte in sein Büro zurück.

»Mr. Fairchild bittet um eine Unterredung, sobald

es Ihnen paßt«, berichtete seine Sekretärin, als er sichsetzte. »Sie wissen, daß sich Senator Morgan seitheute morgen bei uns aufhält und darauf besteht, Siepersönlich zu sprechen.«

»Aha, darum geht es also! Na gut. Verbinden Siemich mit Fairchild, bitte ... Dick? Können Sie spre-chen, oder sind Sie nicht allein?«

»Doch, er geht im Augenblick Saunders auf dieNerven. Ich habe ihn schon reichlich genossen. HabenSie vielleicht eine Minute Zeit, ihn persönlich hinaus-zuwerfen?«

»Natürlich, wenn Sie wollen – aber warum könnenSie ihn nicht auf die übliche Weise selbst abservie-ren?«

»Er besteht darauf, Sie persönlich über seine Ab-sichten aufzuklären. Immerhin gehört er zu den gro-

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ßen Tieren und hat einigen Einfluß. Ich würde esdeshalb für besser halten, wenn die Sache auch hierauf höchster Ebene behandelt wird. Außerdem habenSie ein ganz besonderes Talent, Mr. Samms. Wenn Sieeine Harpune abschießen, erholt sich der Harpuniertenicht so schnell wieder!«

»Na gut. Ich weiß, er ist das Rückgrat der politi-schen Gegenbewegung. Nieder mit der Liga – hochmit der nationalen Souveränität. Wir sind die macht-hungrigen Diktatoren, die dem Volk im Nacken sit-

zen, und so weiter ... Ich weiß Bescheid. Aber wie ister als Mensch? Natürlich dickfellig – aber hat erKöpfchen?«

»Er hat Köpfchen und ist wieselflink mit seinenArgumenten. Sie müssen mit der Harpune fest zusto-ßen und sie dann in der Wunde herumdrehen.«

»Gut. Sie haben doch hoffentlich eine Harpune für

mich?«»Sogar drei«, grinste Fairchild, der Public-Relations-Beauftragte der Liga. »Boß Jim Towne hatihn gekauft, das ist eindeutig. Die Nummer seinesgeheimen Schließfachs ist N 469 T 414. Seine Lieb-lingsfreundin ist Fi-Chi le Bay ... sie wird ihrem Na-men übrigens voll gerecht. Die Biene hat aus dem

Mackenzie-River-Projekt einen hübschen Pelzmantelabbekommen – natürlich Marsianischer Tekkyl. Einhübsches Spiel – von Clander an Morgan an le Bay.«

»Gut. Bitte führen Sie ihn herein.«»Senator Morgan – Mr. Samms«, stellte Fairchild

vor, und die beiden Männer schätzen sich mit einemkurzen Blick ab. Samms sah sich einem großen, etwaszur Fülle neigenden Mann gegenüber, der die ober-flächliche Freundlichkeit und die klugen, abwägen-

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den Augen des erfolgreichen Politikers hatte. Der Se-nator erblickte einen großen, gut trainierten Mann inden vierziger Jahren, mit hagerem, glattrasiertem Ge-sicht, einem wilden rotbronzenen Haarschopf undzwei goldfleckigen und durchdringenden Augen.

»Ich möchte hoffen, Herr Senator, daß sichFairchild Ihren Problemen zu Ihrer Zufriedenheit an-genommen hat?«

»Mit einigen Ausnahmen, ja«, erwiderte Morgan.Da Samms schwieg, fuhr der Senator fort: »Wie Sie

wissen, habe ich Sie aufgesucht in meiner Eigenschaftals Vorsitzender eines Sonderkomitees des Senats dernordamerikanischen Nation, das gewisse bedenklicheEntwicklungen aufzudecken hat. Wir haben seit Jah-ren die Feststellung machen müssen, daß die Veröf-fentlichungen über Ihre Organisation recht unvoll-ständig sind. Wir sind jedoch genau darüber unter-

richtet, daß es gewisse Unregelmäßigkeiten – um esmilde auszudrücken – gegeben hat, für die Ihre Leutevielleicht gar nicht direkt verantwortlich waren. Aberdie Dinge haben sich in einer Weise und unter Um-ständen ereignet, die Ihrer Aufmerksamkeit unmög-lich entgangen sein können. Deshalb ist der Entschlußgefaßt worden, eine direkte und umfassende Unter-

suchung anzustellen – und in dieser Angelegenheithat sich Ihr Mr. Fairchild alles andere als entgegen-kommend verhalten.«

»Wer hat den Entschluß zu dieser Untersuchunggefaßt?«

»Nun, der nordamerikanische Senat natürlich!Mein Komitee ist mit der Durchführung beauftragtworden, und ...«

»Das habe ich mir fast gedacht«, unterbrach ihn

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Samms. »Wissen Sie nicht, Herr Senator, daß der Hü-gel nicht zum Territorium der nordamerikanischenNation gehört und daß der Liga-Geheimdienst einzigund allein dem Rat der Drei Planeten verantwortlichist?«

»Das sind doch alles überholte Vorstellungen, Sir!«sagte der Senator scharf. »Ihre Argumente werden bald nicht mehr stichhaltig sein, denn es wird sich ei-niges ändern, und wenn Sie so klug sind, wie manallgemein von Ihnen behauptet, brauche ich nur zu

sagen, daß es sich für Sie und Ihre Leute bestimmtlohnen wird, wenn Sie sich entgegenkommend zei-gen ...«

»Sie können sich den Rest Ihrer Rede sparen«, sagteSamms schneidend. »Noch sind meine Argumentestichhaltig, Senator. Die Regierung von Nordamerikaverwaltet ihren Kontinent, ebenso wie die anderen

kontinentalen Regierungen der Erde. Sämtliche Re-gierungen der Drei Planeten bilden den Liga-Rat.Und dieser Rat ist bekanntlich eine nicht-politischeKörperschaft, deren Mitglieder auf Lebenszeit imAmt sind und die für alle kleinen und großen Pro- bleme zuständig ist, die mehr als eine der kontinen-talen Regierungen betreffen. Dem Rat stehen zwei

Exekutivorgane zur Verfügung: die Liga-Patrouille,die die Entscheidungen und Gesetze des Rates durch-setzen soll, und der Liga-Geheimdienst, der für alleanderen Dinge eingesetzt wird, die der Rat für wich-tig hält. Wir haben kein Interesse an den internenAngelegenheiten Nordamerikas. Oder sollten Sie imBesitz gegenteiliger Informationen sein?«

»Ausflüchte! Nichts als Ausflüchte«, beharrte derSenator. »Es wäre nicht das erstemal, daß sich eine

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Diktatur auf diese Weise in eine Demokratie ein-schleicht. Sir, ich fordere hiermit Zugang zu IhrenUnterlagen, damit ich dem nordamerikanischen Senatvolle Aufklärung über die verschiedenen Fragen ge- ben kann, die ich Mr. Fairchild gegenüber bereits er-wähnte. Zu diesem Fragenkreis gehört unter anderemdie Affäre der Pelarion. In einer Demokratie solltenTatsachen nicht verschleiert werden; das Volk mußüber alle Dinge, die sein persönliches und politischesWohlergehen beeinträchtigen können, ständig und

genauestens informiert werden.«»Ach, das ist also Ihre Auffassung? Dann werdenSie sicherlich auch nichts dagegen haben, daß ich denLiga-Rat und somit Ihre Regierung über einige Um-stände nordamerikanischer Innenpolitik aufkläre –zum Beispiel über die Existenz eines Banksafes Nr. N469 T 414! Es gehört in den Kreisen des Rates bereits

zu den altbekannten Tatsachen, daß unter nordame-rikanischen Politikern nicht alles zum Besten steht.«»Was? Unerhört«, dröhnte Morgan, der sich wenig

erfolgreich um Haltung bemühte. »Privatpapiere,weiter nichts!«

»Vielleicht. Einige Ratsangehörige glauben jedoch,daß sich in dem Safe interessante Dinge befinden – so

zum Beispiel Unterlagen über Transaktionen mit ei-nem gewissen James F. Towne, Einzelheiten über Ge-schäfte mit der Mackenzie-Energie-Gesellschaft und besonders deren Innenleiter, Mr. Clander; und dannvielleicht einige Details über eine Person namens leBay und einen Tekkyl-Mantel. Sie werden mir dochzustimmen, daß solche Dinge für die Nation vonNordamerika von sehr großem Interesse sein könn-ten, nicht wahr?«

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Samms Harpunenstich blieb nicht ohne Wirkung,und der Senator bemühte sich verzweifelt um einenAbgang.

»Sie wollen meinen Wünschen also nicht entspre-chen?« sagte er. »Nun gut, dann werde ich jetzt gehen– aber wir werden uns wiedersehen, Samms!«

»Ja? Vielleicht. Aber ehe Sie sich weiter bemühen,Herr Senator, sollten Sie daran denken, daß die Sachemit dem Banksafe nur ein Beispiel ist. Wir wissenviel, doch wir sprechen nicht so ohne weiteres dar-

über – es sei denn, wir werden zur Selbstverteidigunggezwungen.«»Fletcher möchte Sie sprechen, Mr. Samms – soll

ich ihn durchstellen?« fragte Norma, als Morgan ge-gangen war.

»Ja, bitte ... Hallo, Sid. Es freut mich, Sie endlichmal wieder auf dem Bildschirm zu haben. Wir haben

uns eine Zeitlang Sorgen um Sie gemacht. Wie sindSie zurechtgekommen?«»Hallo, Chef! Alles bestens. Hauptsächlich Heroin

und auch etwas marsianisches Ladolin. Allerdingshabe ich nicht alles erwischen können. Drei Banden-mitglieder sind entkommen und haben etwa einViertel der Ware mitgehen lassen. Aber deswegen

habe ich Sie so eilig sprechen wollen, Chef – ich bin bei der Aktion auf eine gefälschte Meteorplakette ge-stoßen – die erste, die ich zu Gesicht bekommen ha- be.«

Samms richtete sich auf.»Moment! Norma, schalten Sie Redmond mit in die

Leitung; Harry, hören Sie bitte mit. Fletcher, weiter.Haben Sie den falschen Meteor persönlich gesehen?Haben Sie ihn berührt?«

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»Ich habe das Ding sogar im Besitz. Einer der Zu-träger hat sich ausgerechnet bei mir damit durchmo-geln wollen. Ich muß zugeben, der Meteor ist nichtschlecht gemacht – ich kann ihn von meinem eigenennur unterscheiden, weil ich ihn nicht in der Taschetrage. Soll ich Ihnen das Ding einschicken?«

»Auf jeden Fall. Bitte an Dr. H. D. Richmond, For-schungssektion. Weiter so, Sid. Auf Wiedersehen.Harry, was halten Sie davon? Es könnte sich um ei-nen echten handeln, der den Burschen irgendwie in

die Hände gefallen ist ...«»Vielleicht, aber das möchte ich eigentlich nichtannehmen. Wir werden es wissen, wenn wir das Dinguntersucht haben. Es ist durchaus möglich, daß unsdie Entwicklung wieder eingeholt hat. Wir haben jaschon immer damit gerechnet. Was die Wissenschaftzusammenmixt, kann die Wissenschaft auch analy-

sieren – und wie es um die Piraten ethisch auch be-stellt sein mag – Intelligenz kann man ihnen nicht ab-sprechen.«

»Und Sie haben noch nichts Besseres gefunden?«»Mehr oder weniger nur Variationen; nichts wirk-

lich Neues. Grundsätzlich ist unser Meteor noch im-mer das beste Erkennungszeichen, das wir produzie-

ren können.«»Haben Sie jemanden, den Sie sofort auf das Pro-

 blem ansetzen können?«»Natürlich. Einer unserer neuen Leute scheint be-

sonders dafür geeignet zu sein. Er heißt Bergenholm.Ist ein ganz ausgezeichneter Mann, Mr. Samms. Ein brillanter Denker, sehr sprunghaft in seinen Ideen.Aber manchmal hat er die reinsten Genieblitze, ohnesich oder uns später erklären zu können, wieso und

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woher. Ich werde ihn sofort unterrichten.«»Besten Dank. Norma, Sie halten mir bitte bis auf 

weiteres alles vom Hals. Ich muß ein wenig nachden-ken.«

Er beugte sich vor und stützte den Kopf in dieHände. Die Liga brauchte ein Symbol – einen Gegen-stand, durch den sich ein Liga-Agent zu jeder Zeitund unter allen Umständen zweifelsfrei identifizierenkonnte –, ein Symbol, das niemand fälschen oder garreproduzieren konnte und das nach Möglichkeit nie-

mand bei sich tragen konnte, der nicht in den Dien-sten der Liga stand ...Bei dieser Vorstellung mußte Samms lächeln. Das

waren wirklich hohe Ansprüche – ein Deus ex ma-china mit eingebautem Racheimpuls ... Aber es mußtedoch einen Weg geben ...

»Entschuldigen Sie, Sir«, unterbrach ihn die aufge-

regte Stimme seiner Sekretärin. »OberbefehlshaberKinnison möchte Sie sprechen. In der Orion-Gegendist etwas Entsetzliches vorgefallen. Ich verbinde.«Und auf Samms' Schirm erschien das Gesicht des Be-auftragten für Öffentliche Sicherheit, des Oberbe-fehlshabers sämtlicher Land-, Wasser-, Luft- undRaumstreitkräfte der Liga.

»Sie sind wieder da, Virgil«, schnappte Kinnison,ohne seinen Freund zu begrüßen. »Vier Schiffe habenschon dran glauben müssen – ein Frachter und einPassagierschiff, sowie die beiden eskortierendenSchweren Kreuzer. Sämtliche Meldungen kommenaus Sektor M, Dx bei etwa 151. Ich habe den Raum-verkehr für die Dauer des Alarms stillgelegt, und dasogar unsere Kriegsschiffe nichts ausrichten können,steuern sämtliche Einheiten zur Zeit den nächsten

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Hafen an. Was ist mit eurem neuen Raumschiff –könnt ihr uns damit unter die Arme greifen?«

Außerhalb des Hügels wußte noch niemand vondem ersten Start der Boise.

»Keine Ahnung. Wir wissen im Augenblick selbstnicht, ob wir überhaupt ein Superschiff haben odernicht.« Und Samms fuhr fort: »Die Sache sieht böseaus, aber wenn hier überhaupt Sicherheitsvorkehrun-gen getroffen werden könnten, haben Rodebush undCleveland sie nicht übersehen. Unsere Kontaktversu-

che sind bisher negativ verlaufen, also kann ich deineAnfrage ...«Er wurde von einem Alarmruf unterbrochen. Stati-

on Pittsburgh strahlte eine Katastrophenmeldung ab.»Die Stadt wird angegriffen! Wir brauchen drin-

gend Hilfe!« Und auf den Bildschirmen erschien die belagerte Stadt. Kinnison brauchte nur Sekunden, um

alle verfügbaren Streitkräfte nach Pittsburgh zu beor-dern; und als nichts mehr zu tun übrigblieb, starrtenKinnison und Samms in hilflosem Entsetzen auf ihreBildschirme und verfolgten das Schauspiel der Ver-nichtung.

Das nevianische Schiff – das von Nerado gerufeneSchwesterschiff – hing über der Metropole. Es küm-

merte sich nicht um die Waffen der Menschen, son-dern schwebte bewegungslos am klaren Himmel undschickte seinen dunkelroten Energiestrahl aus, derauf der Suche nach den reichsten Eisenlagern lang-sam über der Stadt hin und her fuhr. Das verflüssigteMetall schwebte aufwärts und verschwand in denTanks des nevianischen Angreifers. Und wohin sichder nevianische Umformstrahl richtete, hinterließ ereine Stätte der Verwüstung und des Todes. Wolken-

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kratzer brachen zusammen, als ihre Stahlskelette ab-sorbiert wurden. Die Energien drangen bis tief in denBoden vor und hinterließen Überflutungen, Feuers- brünste und Explosionen, als die Irrgärten der unter-irdischen Versorgungsleitungen verschwanden. Unddie Menschen starben schnell und schmerzlos, ohne jemals zu erfahren, was mit ihnen geschah, als sichdas lebensspendende Eisen ihrer Körper mit dem ro-ten Strom vereinigte.

Pittsburgh hatte keine Chance. Einige veraltete

Energiekanonen hatten den Kampf aufgenommenund waren bald ausgeschaltet worden. Eine Forma-tion Liga-Flugzeuge hatte das Invasionsschiff ange-griffen, nur um ebenfalls vernichtet zu werden.

Für Pittsburgh schien es keine Rettung zu geben.

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15

Costigans Befürchtungen, daß Nerado aus demKampf mit den Tiefseefischen als Sieger hervorge-gangen war, sollte sich bald als wohlbegründet er-weisen. Das nevianische Rettungsboot mit seinen dreiFlüchtlingen war kaum drei Tage unterwegs, als dieOrtungsschirme den Verfolger registrierten; NeradosMutterschiff erschien auf dem Bildschirm.

»Auf, auf, Leute! Es kann nicht mehr lange dau-ern!« rief Costigan, und Bradley und Clio eilten inden kleinen Kontrollraum.

Nachdem sie ihre Raumanzüge angelegt und gete-stet hatten, blieb den drei Erdbewohnern nichts ande-res übrig, als zu warten. Schweigend starrten sie auf die Bildschirme und beobachteten die schnelle Annä-

herung des nevianischen Raumschiffes. Nerado hattesie geortet und folgte ihnen, und da ihm Energien zurVerfügung standen, die mit denen des kleinen Bootesnicht zu vergleichen waren, holte er sehr schnell auf.

»Und wir sind noch nicht einmal richtig unter-wegs«, sagte Bradley enttäuscht. »Mit unseren Leutenhaben Sie noch keine Verbindung aufnehmen können

– oder?«»Ich habe es natürlich versucht, aber meine Funk-

frequenz wurde sofort gestört. Außerdem ist die Ent-fernung noch tausendmal zu groß für meinen kleinenSender. Unsere einzige Hoffnung gründet sich auf dieChance, daß sich unser Superschiff bereits in dieserGegend befindet – aber das wäre natürlich zu schön,um wahr zu sein.«

Als das nevianische Schiff nahe genug heran war,

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aktivierte Costigan die Angriffswaffen und schickteseine tödlichen Strahlen gegen das Mutterschiff, des-sen Verteidigungsschirme hell aufflammten. Aberwie um den Erdbewohnern zu zeigen, daß der An-griff die Nevianer nicht im geringsten beunruhigte,verzichtete Nerado auf einen Gegenangriff; die Ver-teidigungsschirme des Rettungsbootes blieben dun-kel.

Clio erfaßte die Situation als erste. »Er will uns garnicht bekämpfen!« rief sie. »Wir befinden uns im

Rettungsboot seines Schiffes, und vielleicht will eruns lebend.«»Dann gibt es nur noch eine Chance – festhalten«,

schnappte Costigan, schaltete seine Verteidigungs-schirme ab und ließ sämtliche Energien des Bootes ineinen gewaltigen Preßstrahl fließen.

Die drei Menschen wurden zu Boden geschleudert

und dort wie von einem Riesengewicht festgehalten,als das Rettungsboot mit gewaltiger Beschleunigungausbrach – verursacht durch die Reaktion des Druck-strahls gegen die Energiemasse des nevianischenRaumschiffes. Aber der Ausbruchsversuch solltenicht lange währen. Der helfende Preßstrahl wurdezum Leiter für eine dunkelrote Energiesäule, die das

flüchtige Boot umgab und es langsam zum Stillstand brachte. Wütend korrigierte Costigan seine Schaltun-gen, kämpfte mit allen ihm zur Verfügung stehendenEnergien gegen die überraschende Umklammerung,doch kein Strahl vermochte den roten Schimmer zudurchdringen – das Boot verhielt bewegungslos imAll. Dann begann sich der rote Energiefinger zu ver-kürzen und das widerspenstige Schiff langsam auf die Startluke zuzuziehen, aus der es vor wenigen Ta-

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gen geflohen war. Costigans Bemühungen warenvergeblich, das Boot glitt durch die offenen Lukenund kam in den Halterungen zum Stillstand. Gleich-zeitig hörten die Gefangenen, wie sich die Außen-schotte hinter ihnen schlossen.

Im gleichen Augenblick machte sich eine neueEnergie bemerkbar, die in gleißenden blauen Licht-feldern um die Raumanzüge der drei Menschenspielte.

»Der einzige Teil unseres Planes, der zu klappen

scheint«, lachte Costigan freudlos. »Unsere Apparateabsorbieren den Lärmstrahl, und wir haben ausrei-chend Eisen, um dem Angriff noch eine Weile stand-zuhalten.«

»Aber das scheint auch nicht mehr viel zu nützen.Damit holen wir bestenfalls ein Unentschieden her-aus«, bemerkte Bradley. »Sie können uns zwar nicht

lähmen, aber wir können auch nichts mehr gegen sieunternehmen, und werden hilflos nach Nevia ver-schleppt.«

»Ich hoffe, daß sich Nerado mit uns auf eine kleineKonferenz einlassen wird, in deren Verlauf wir viel-leicht eine Art Abkommen treffen können. Er mußwissen, wie gefährlich die Lewistons sind, und er

weiß auch, daß wir viel Schaden anrichten könnten,ehe er an uns herankäme«, sagte Costigan zuver-sichtlich. Aber er sollte sich erneut irren.

Die Tür öffnete sich, und ein metallgeschütztesUngeheuer rollte, hinkte und kroch herein – eine Ma-schine auf Rädern und Beinen und versehen mit bronzenen Tentakelarmen –, eine Maschine, derenVerteidigungsschirme dem Ansturm der Liga-Projektoren zu widerstehen vermochten. Drei Tenta-

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kel schnellten vor, bewegten sich zielstrebig durchdie tobenden Energieströme der Lewistons und zer-schmetterten die Waffen. Dann legten sie sich um diedrei Menschen, und der Roboter schleppte seine hilf-lose Last davon.

Wenig später standen die drei Erdbewohner, jegli-chen Schutzes beraubt, wieder im Kontrollraum desnevianischen Schiffes und sahen sich einem ruhigenund unbeweglichen Nerado gegenüber. Zu CostigansÜberraschung schien dieser wegen des Fluchtversu-

ches keinen Groll gegen sie zu hegen.»Die Sehnsucht nach Freiheit ist vielleicht der ge-meinsame Trieb aller intelligenten Wesen«, sagte derSchwingungs-Konverter. »Ich habe Ihnen jedochschon mitgeteilt daß Sie von unseren Wissenschaft-lern untersucht werden sollen, und das wird gesche-hen – was Sie auch unternehmen. Sie sollten sich in

ihr Schicksal ergeben.«»Nun, vielleicht darf ich etwas vorschlagen. Wirwerden keine Schwierigkeiten mehr machen, sondernuns dieser Untersuchung freiwillig unterziehen undIhnen alle Informationen geben, die wir selbst besit-zen«, sagte Costigan. »Als Gegenleistung wären Sievielleicht bereit, uns ein Raumschiff zur Verfügung

zu stellen und uns auf unsere Heimatwelt zurückkeh-ren lassen.«

»Wir werden es nicht zulassen, daß Sie uns nocheinmal Schwierigkeiten machen«, erwiderte das Am-phibienwesen kalt. »Ihr Entgegenkommen ist nichterforderlich, denn wir können auch ohne Ihre Hilfeerfahren, was wir wissen wollen. Aller Voraussichtnach werden wir es Ihnen nicht gestatten, in Ihr Hei-matsystem zurückzukehren, denn als Versuchswesen

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sind Sie zu kostbar, als daß wir Sie wieder freilassenkönnen. Aber wir haben schon genug geredet bringtsie wieder in ihre Unterkunft!«

Unter schwerer Bewachung wurden die drei Ge-fangenen in die bekannten Räume gebracht, und Ne-rado sorgte dafür, daß ihnen jede Hoffnung auf Flucht von vornherein genommen wurde.

Nach einer ereignislosen Reise landete das Raum-schiff auf seinem Heimatplaneten, und in Handfes-seln wurden die drei Erdbewohner in die Universität

der Hauptstadt gebracht, wo die angekündigten phy-sischen und psychischen Untersuchungen stattfindensollten.

Der nevianische Captain hatte nicht übertrieben –das Entgegenkommen der Gefangenen war hier nichterforderlich. In ohnmächtiger Wut mußten die Men-schen alles über sich ergehen lassen. Sie wurden von

einem Laboratorium in das nächste geschafft und vonkalten und gefühllosen Wissenschaftlern unter dieLupe genommen – von Wissenschaftlern, für die sienicht mehr oder weniger als Versuchstiere waren.Und so erfuhren sie am eigenen Leib, was es heißt,einer eingehenden biologischen Untersuchung unter-zogen zu werden. Sie wurden äußerlich und innerlich

fotografiert. Jeder Knochen und Muskel und Nerv, jedes Gefäß und Organ wurde genauestens studiertund registriert. Reflexe und Reaktionen wurden im-mer wieder getestet und diskutiert. Instrumente fin-gen jeden Impuls auf, Aufnahmegeräte zeichneten je-den Gedanken und jede Empfindung nach. Tagelangzog sich diese Tortur hin, bis es die geplagten Opfernicht länger aushalten konnten. Clio begann laut undhysterisch zu kreischen, als man sie wieder einmal

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auf einem Labortisch festschnallen wollte; und beidiesen Tönen verschafften sich Costigans bis zumZerreißen angespannte Nerven Erleichterung durcheinen unkontrollierten Wutausbruch.

Weder Clios noch Costigans Auflehnung führtezum Ziel, doch die überraschten Wissenschaftler ent-schlossen sich nach einigem Hin und Her, ihren Ver-suchswesen eine Ruhepause zu gönnen.

So wurden sie zusammen mit ihren irdischen Be-sitztümern in einen dreigeteilten durchsichtigen Kä-

fig gebracht, der in der Mitte der städtischen Zen-trallagune schwamm. Hier wurden sie eine Zeitlangin Ruhe gelassen – unter den Blicken von Hundertenneugieriger Amphibienwesen, die den schwimmen-den Käfig dicht umlagerten.

»Zuerst sind wir Insekten unter einem Mikroskop!« brummte Bradley. »Und jetzt hat man uns zu Fischen

in einem Goldfischglas gemacht. Ich finde das sehr...«Er unterbrach sich, als zwei der Wächter ihren Kä-

fig betraten. Ohne ein Wort zu sagen, ergriffen sieBradley. Als die Amphibienwesen auch Clio umfas-sen wollten, ging Costigan zum Angriff über. Dochvergeblich. Der Lärmstrahl des einen Nevianers ließ

ihn hilflos zu Boden stürzen, und in ohnmächtigemZorn mußte er zusehen, wie das Mädchen und derCaptain aus dem Käfig in ein wartendes Unterwas-serfahrzeug gebracht wurden.

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16

Doktor Frederick Rodebush saß an den Kontrollendes neuen Superschiffes der Liga und hatte den Fin-ger am Startknopf. Obwohl auch er nicht wissenkonnte, was ihn erwartete, fand er die Kraft, seinemFreund ermunternd zuzulächeln.

»Gleich passiert's – was es auch sei! Die Boise iststartbereit. Alles in Ordnung, Cleve?«

»Start«, kam die lakonische Antwort.Rodebush drückte auf den schwarzen Knopf, undaugenblicklich wurden die beiden Männer von einemüberwältigenden Schwindelgefühl ergriffen. Verzwei-felt versuchte der Pilot die Kontrolltafel zu erreichen,doch die bleischweren Hände gehorchten den Befeh-len seines umnebelten Gehirns nicht mehr. Es hatte

sich in ein Zentrum unbeschreiblicher Qual verwan-delt – die Schmerzen schienen in seinem Kopf förm-lich zu explodieren. Feurige Spiralen tanzten vor sei-nen Augen, durchsetzt mit zuckenden schwarzenund grünen Blitzen und Lichtpunkten. Das Univer-sum begann um ihn zu kreisen, als sich Clevelandunsicher zu erheben versuchte und sofort die Balance

verlor. Er wußte, daß er fiel, und doch fiel er nicht!Wild mit den Armen rudernd, segelte er durch dieZentrale, direkt auf eine dicke Stahlwand zu. Die Be-wegung seines hundertundsiebzig Pfund schwerenKörpers wurde dort von einem einzigen Haar ge- bremst, das mit seiner Spitze die Wand berührte undsich nicht einmal durchbog.

Die Masse seines Körpers hatte ihre Trägheit verlo-ren!

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Aber schließlich siegte das Denken Clevelands überseine physische Qual. Mit größter Willensanstren-gung zwang er seine wild greifenden Hände, amFußboden Halt zu suchen und seinen Körper langsamwieder zu den Kontrollen zu ziehen. Ein Bein um ei-nen Pfeiler gewinkelt, drückte er mit größter An-strengung auf einen roten Knopf – und stürzte au-genblicklich wieder zu Boden, geschwächt, aber un-endlich erleichtert, daß sein gequälter Körper endlichwieder den gewohnten Kräften der Gravitation und

Trägheit ausgesetzt war. Mit bleichen Gesichtern blickten sich die beiden Männer an – und vermochtendoch ihren Triumph nicht zu verbergen.

»Es hat funktioniert«, sagte Cleveland schwach, alser wieder sprechen konnte.

»Scheint so«, erwiderte Rodebush, trat langsam anden großen Beobachtungsschirm und betrachtete das

Firmament. »Wir scheinen noch Glück gehabt zu ha- ben. Es sieht nicht so schlimm aus, wie ich befürchtethatte. Einige der Konstellationen sind noch deutlichzu erkennen, obwohl sie natürlich sehr verzerrt wir-ken. Wir können uns also nur ein paar Lichtjahre vomSonnensystem entfernt haben. Da unser Startschub sogering war, wurde ein Großteil unserer Startenergie

 bereits in der Atmosphäre verbraucht. Trotzdem istes ein Glück, daß das Weltall kein vollkommenes Va-kuum ist – oder wir wären jetzt irgendwo weit au-ßerhalb des bekannten Universums.«

»Wie? Das verstehe ich nicht! Unmöglich! Wo sindwir eigentlich? Unsere Geschwindigkeit muß dochMillionen ... Oh, ich verstehe!« Cleveland war etwasdurcheinander, als er den Bildschirm betrachtete.

»Richtig. Im Augenblick bewegen wir uns über-

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haupt nicht«, erwiderte Rodebush. »In Relation zurErde sind wir absolut stationär, da wir unserenSprung im trägheitslosen Zustand gemacht haben.Wir scheinen eine hundertprozentige Neutralisationerreicht zu haben – eine Neutralisation von hundertKomma null null null –, ach, es ist phantastisch! Werhätte das gedacht? Logischerweise muß unsere Brem-sung ebenso absolut gewesen sein, als wir unsereTrägheit wiedererhielten. Die ursprüngliche, vor derTrägheitslosigkeit erreichte Geschwindigkeit – die

wir vielleicht als ›eigentliche‹ Geschwindigkeit be-zeichnen können – wird uns noch einiges Kopfzer- brechen bereiten, wie ich glaube – aber nicht jetzt.Auch bin ich im Augenblick weniger an der Frageinteressiert, wo wir sind – dafür gibt es genügend er-kennbare Sterne, mit deren Hilfe wir uns orientierenkönnen –, sondern mich interessiert vor allem die

Frage, wieviel Zeit vergangen ist.«»Ich verstehe. Nehmen wir an, wir haben uns zweiLichtjahre vom Sonnensystem entfernt. Du glaubstalso, daß wir jetzt möglicherweise zwei Jahre ältersind, als noch vor zehn Minuten? Eine wirklich inter-essante Frage – die Möglichkeit ist nicht auszuschlie-ßen. Natürlich ist diese Theorie schon viel diskutiert

worden, und soweit ich weiß, sind wir die ersten, diesie eindeutig widerlegen oder beweisen können. Keh-ren wir zur Erde zurück und vergewissern wir uns!«

»Natürlich, aber ich würde vorschlagen, daß wirunser neues Schiff vorher noch ein wenig ausprobie-ren. Eigentlich wollte ich beim ersten Start gar nichtso weit hinaus. Ich wollte den Antrieb einschaltenund sofort wieder desaktivieren – aber du weißt jaselbst, was dann geschehen ist. Die Sache hat jedoch

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ein Gutes – es ist wirklich zwei Jahre meines Lebenswert, das Zeit-Relativitätsproblem ein für allemal zuklären – entweder so oder so.«

»Da kann ich dir nur beipflichten. Aber da fällt mirein – mit dem Ultrastrahl-Sender müßten wir die Er-de eigentlich erreichen können. Vielleicht sollten wiruns gleich mit Samms in Verbindung setzen.«

»Ich würde das Schiff zuerst noch ein wenig testen,damit wir etwas zu berichten haben. Hier draußen istes ideal – kein Hindernis weit und breit.«

»In Ordnung. Aber ich hätte zu gern gewußt, ob ichnun zwei Jahre älter bin oder nicht.«In den nächsten vier Stunden unterwarfen die bei-

den Wissenschaftler ihr Superschiff einer eingehen-den Untersuchung. Sie erprobten es bei den verschie-densten Manövern und Geschwindigkeiten undstellten fest, daß das entsetzliche Schwindelgefühl

notfalls zu ertragen war und vielleicht bald ebensounterdrückt werden konnte wie die gewöhnlicheRaumkrankheit. Und sie registrierten voller Freude,daß die neue Erfindung Möglichkeiten eröffnetet vondenen sich Rodebush nichts hatte träumen lassen. Alsschließlich die dringendsten Fragen zu ihrer Zufrie-denheit beantwortet waren, stellten sie ihren Ultra-

strahl-Sender auf die Sonne ein.»Samms ... Samms«, sagte Cleveland langsam und

deutlich. »Rodebush und Cleveland melden sich vonBord der Boise. Position in direkter Linie mit Beta Ur-sae Minoris, Entfernung etwa zwei Komma zweiLichtjahre. Du wirst deine Ultrafunkleistung etwasechsfach verstärken müssen, wenn du uns erreichenwillst. Abgesehen von einem ungewöhnlichen Anfallvon Raumkrankheit ist alles bestens verlaufen – bes-

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ser, als wir zu hoffen gewagt hatten. Wir haben eine besondere Frage auf dem Herzen – wieviel Zeit ist beieuch vergangen? Vier Stunden und ein paar Minutenoder mehr als zwei Jahre?«

Und an Rodebush gewandt fuhr er fort:»Niemand weiß, wie schnell unser Ultrastrahl ist,

aber wenn er so schnell zur Sonne zurückkehrt, wiewir sie verlassen haben, ist er kaum als langsam zu bezeichnen. Ich gebe ihm etwa dreißig Minuten undwerde dann einen zweiten ...«

Doch im gleichen Augenblick erschien das besorgteGesicht Virgil Samms' auf dem Bildschirm, und seineStimme dröhnte aus dem Lautsprecher.

»Dem Himmel sei Dank, daß ihr am Leben seid«,rief er. »Ihr seid jetzt genau vier Stunden, elf Minutenund eindundvierzig Sekunden unterwegs – aber dasist im Augenblick unwichtig. Kommt so schnell wie

möglich zurück! Das nevianische Schiff – oder einZwillingsschiff – ist über Pittsburgh hergefallen undmacht die Stadt dem Erdboden gleich. Unsere Flotteist machtlos gegen den roten Strahl!«

»Wir sind in neun Minuten bei euch«, schnappteRodebush. »Wir brauchen zwei Minuten für denRückflug, vier Minuten für das Eintauchen in die

Atmosphäre – und drei Minuten für die Übernahmeder Mannschaft. Bitte alarmiert die gesamte Bereit-schaft der Boise – sämtliche Mannschaftsmitgliedersollten sich startbereit machen. Sonst brauchen wirnichts. Schiff, Ausrüstung und Waffen sind einsatzbe-reit.«

»Zwei Minuten für den Rückflug? Glaubst du, daßdu das schaffst?« fragte Cleveland, als Rodebush denSender abstellte und an die Kontrollen sprang.

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»Wenn nötig könnten wir es schneller schaffen. Auf dem Herflug haben wir kaum Energie verbraucht –auf der Rückreise werde ich damit nicht so sparen«,erklärte der Wissenschaftler und bediente die Kon-trollen. Der Startknopf wurde gedrückt, und erneutwurden die Männer von den Qualen der Trägheitslo-sigkeit heimgesucht – wenn auch weniger stark alszuvor. Die Schirme zeigten ein Bild, das Menschen-augen bisher noch nicht gesehen hatten. Die Ultra-strahlen, die aufgrund ihrer besonderen Eigenschaf-

ten von den Einwirkungen der Beschleunigung nicht berührt wurden, lieferten ein naturgetreues Bild derkosmischen Umgebung – als ob sich das Schiff mit ei-ner Geschwindigkeit bewegte, die in Stundenkilo-metern ausgedrückt werden konnte. Die gelbe Sonnetrat am Firmament hervor, wurde sichtbar größerund verwandelte sich sprunghaft in ein flammendes

Ungeheuer. Und mit ihr näherte sich die Erde, die soschnell größer wurde, daß Cleveland unwillkürlichden Atem anhielt, obwohl er die seltsamen Eigen-schaften des Raumschiffes langsam kannte.

»Halt! Fred«, schrie er.»Unser Schub beträgt kaum einige tausend Kilo-

gramm«, sagte Rodebush beruhigend, »und ich wer-

de abschalten, sobald wir Kontakt mit der Atmosphä-re haben. Keine Sorge, es wird nichts passieren. Siehtschlimm aus, aber du weißt ja, was für ›Bremsen‹ wirhaben.«

»Wie könnte man diese Art Flug bezeichnen,Fred?« fragte Cleveland. »Was ist das Gegenteil von›träge‹?«

»Weiß ich nicht. Gibt es nicht. Leicht? Nein ... Wiewär's mit ›frei‹?«

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»Nicht schlecht. ›Freies‹ und ›träges‹ Manövrieren... Okay.«

In ›freiem‹ Flug näherte sich das Superschiff derErdatmosphäre, in deren äußeren Schichten es abruptstoppte. Nachdem ihre Trägheit wiederhergestelltwar, setzte die Boise ihren Weg im Steilflug fort, underreichte bald den Hügel, dessen Schutzschirme sich bereitwillig öffneten.

Durch besondere Schirme vor der Reibungshitzeder Atmosphäre geschützt, konnte die Boise sofort in

ihren Hangar im Innern des Hügels zurückkehren,wo sich ihre massiven Luftschleusen öffneten. Wäh-rend die ausgewählte Mannschaft mit ihrer Ausrü-stung an Bord ging, ließen sich die beiden Wissen-schaftler mit Virgil Samms verbinden.

»... wir haben etwa die halbe Raumflotte in derLuft. Aber wir können nur abwarten und die Invaso-

ren am Ausbrechen hindern. Werdet ihr Schwierig-keiten mit dem Start bekommen? Wir können euchkein Startgestell mehr zur Verfügung stellen. Aberdas dürfte eigentlich kein Problem sein.«

»Meine Schuld«, gab Rodebush zu. »Ich hatte keineAhnung, daß die Neutralisationsfelder auch außerhalbder Schiffshülle wirken. Wir werden diesmal nur mit

den einfachen Eisen-Projektoren starten – da läßt sichdie Boise so leicht lenken wie ein Fahrrad. Natürlich bleiben Schäden nicht aus, aber die werden sich inGrenzen halten. Hast du eine Direktverbindung nachPittsburgh für mich? Wir sind gleich startbereit.«

»Hier, Dr. Rodebush«, sagte Norma, und im glei-chen Augenblick erschien das Bild der belagertenStadt auf dem Bildschirm. »Die Halle ist geräumt undversiegelt. Sie könnten starten.«

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»Auf Wiedersehen, und alles Gute«, rief Samms.Die Projektoren verströmten ihre Energien, der

Koloß des Superschiffes erhob sich in die Stratosphä-re und raste mit zunehmender Geschwindigkeit ost-wärts. Während des Fluges studierte Rodebush denBeobachtungsschirm und erteilte seinen Spezialistendetaillierte Befehle.

Aber die Nevianer dachten nicht daran, auf dieAnkunft ihres neuen Gegners zu warten. Ihre Or-tungsschirme wirkten auf große Entfernungen und

hatten den Ultraschirm des Hügels bereits registriert.So war der Start der Boise nicht unbemerkt geblieben.Doch die Tatsache, daß selbst seine stärksten Spion-strahlen nicht in das Innere des Liga-Schiffes einzu-dringen vermochten, bereitete dem nevianischenKommandanten einige Sorge. Aus diesem Grundetrat das fischförmige Raumschiff sofort in Aktion, als

sich die Boise der belagerten Stadt näherte.Augenblicklich verlangsamte die Boise ihre enormeGeschwindigkeit, obwohl keiner ihrer Projektoren inseiner Leistung nachließ. Cleveland analysierte dashemmende Strahlenfeld und wandte sich lächelnd anRodebush.

»Wie du schon vermutet hast – ein Ultra-Preßstrahl

C4V63 L29. Soll ich dagegen angehen?«»Noch nicht; am besten tasten wir ihn noch ein we-

nig ab, ehe wir uns zum Nahkampf stellen. UnsereMasse dürfte ausreichen. Bitte paß auf, wenn ich dieProjektoren auf die volle Leistung schalte.«

Als sich das Liga-Schiff mit voller Kraft gegen denPreßstrahl des Nevianers stemmte, wurde das fisch-förmige Schiff zur anderen Seite abgedrückt. Dochder Nevianer versuchte sofort, sich mit Verstärkungs-

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strahlen abzustützen. Drei riesige Preßstrahlen fä-cherten hinter ihm aus und suchten Halt an einemniedrigen Berghang; einen gewaltigen Traktorstrahlrichtete er senkrecht nach unten, wo sich seine Ener-gien tief in das Erdreich klammerten.

»Bei dem Spiel können wir auch noch mithalten«,lachte Rodebush und verstärkte seine Position durchähnliche Strahlen. »Alle Mann Achtung! Gut festhal-ten«, warnte er seine Mannschaft. »Gleich gibt es ei-nen gehörigen Ruck!«

Die Boise war der Kampfkraft des nevianischenKreuzers durchaus gewachsen. Als sich die Energien,die ihre Traktor-Preßstrahlen versorgten, weiter stei-gerten, wurde das gegnerische Schiff in die Luft ge-rissen, während das Liga-Schiff dieser Bewegung miteinem ähnlichen abrupten Sprung folgte. Der nevia-nische Traktorstrahl war nicht getrennt worden, son-

dern hatte seine Verankerung, einen gewaltigen Zy-linder aus Felsgestein und Erdreich, mit in die Höhegerissen.

»Jetzt müssen wir ihn kriegen«, schrie Rodebush,und während ein Schauer von Felsbrocken die Land-schaft unter sich begrub, legte Cleveland einen Trak-torstrahl um das fliehende Schiff.

Die Nevianer schienen jetzt nichts mehr dagegenzu haben, sich auf einen Nahkampf einzulassen. Die beiden Schlachtschiffe rasten aufeinander zu, und derFremde schickte sein rotes Umformfeld aus, gegendas die Waffen der Erde bisher machtlos gewesenwaren. Das Feld umfing die kugelförmige Boise undhüllte sie in seinen tödlichen roten Nebel. Aber dasSuperschiff war nicht durch gewöhnliche Verteidi-gungsschirme geschützt, sondern von Energiewän-

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den, die kein feindlicher Strahl durchdringen konnte.Mit gierigen Zungen leckten die Energien des Um-formfeldes an den Außenschirmen der Boise , ver-mochten jedoch keine Öffnung zu finden, durch diesie sich dem Schiff nähern konnten.

Rodebush  begnügte sich nicht damit, diesen Angriff abzuwehren. Seine passiven Verteidigungsschirme ver-änderten sich plötzlich und glühten violett auf. Wieeine gigantische Kugel breitete sich das Energiefeldaus, dessen Mittelpunkt die Boise war, und begann

den roten Schimmer zu absorbieren. In dem gewalti-gen Schirm herrschte absolute Leere. Zum erstenmalin der irdischen Geschichte wurde innerhalb der Erd-atmosphäre ein absolutes Vakuum geschaffen!

Zentimeter um Zentimeter zog sich der Nevianervor der violetten Vakuum-Sphäre zurück, die ihnplötzlich umfing. Seine dreifachen Schirme flammten

wild auf – und hielten dem Ansturm stand ... Unver-sehrt drang er in die gewaltige Sphäre ein, die sichaugenblicklich zu einer langgezogenen Ellipse er-weiterte, in deren Brennpunkten sich die beidenRaumschiffe befanden.

Nun entbrannte ein Kampf mit Waffen, die nichtfür eine Atmosphäre geschaffen waren. Übermächti-

ge Strahlen der verschiedensten Eigenschaften wur-den zum Einsatz gebracht, und minutenlang wogtedie Schlacht, ohne daß eine der beiden Seiten einenVorteil erringen konnte.

»Cooper! Adlington! Spencer, Dutton«, befahl Ro-debush. »Bereithalten! Im Ultrabereich kriege ich ihnnicht, also muß ich es mit Makrostrahlen versuchen.Gebt's ihm tüchtig, wenn ich den violetten Schirm zu-sammenfallen lasse. Jetzt!«

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Und als die violette Barriere zusammenbrach, alsmit ohrenbetäubendem Krachen Luft in das Vakuumeindrang, schoß die Boise ihre tödlichen Sprengge-schosse ab – nichteisenhaltige, von Ultrastrahlen ge-triebene Torpedos – panzerbrechend und ferngesteu-ert. Zehn, zwanzig, fünfzig, hundert Projektile wur-den auf die Reise geschickt, so schnell die Feuer-leiteinrichtung arbeiten konnte. Für die Nevianer wa-ren diese Geschosse nicht zu unterschätzen, denn siewaren mit Schutzschirmen ausgestattet, die denen

der Boise nicht nachstanden. Die Abwehrstrahlen derNevianer glitten wirkungslos ab, und ihre Verteidi-gungsschirme, durch die Berührung mit den Schir-men der Projektile neutralisiert, vermochten ihr Vor-dringen nicht aufzuhalten. So waren sie gezwungen,sich jeden Torpedo einzeln vorzunehmen und mit ih-ren mächtigsten Strahlen zu neutralisieren. Doch

kaum hatten sie ein Geschoß unschädlich gemacht,kamen zwölf weitere auf sie zu. Hastige Ausweich-manöver waren für den Nevianer oft die letzte Ret-tung. Und während das Amphibienschiff noch mitden kleinen und erbarmungslosen Projektilen be-schäftigt war, setzte Rodebush seine mächtigste Waf-fe ein.

Makrostrahlen! Gewaltige blaugrüne Strahlen, dieeinen nevianischen Vernichtungsschirm nach demanderen niederrissen. Vernichtungsstrahlen von einerderartigen Durchschlagkraft, daß sie sich bereits indie Wände des gegnerischen Schiffes verbissen hat-ten, ehe die Amphibienwesen die Neutralisierung ih-rer Schirme bemerkten. Und ihre schnell errichtetenNotschirme waren ebenfalls nutzlos.

Hastig wandte sich der Nevianer zur Flucht, nur

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um von einem gewaltigen Traktorstrahl sofort zumHalten gebracht zu werden. Aber jetzt sollte es sicherweisen, daß die Amphibienwesen doch noch nichtvöllig hilflos waren. Der Traktorstrahl riß – von einerknisternden Energiewand säuberlich durchgetrennt –,und der fischförmige Kreuzer verschwand ebensoplötzlich von Clevelands Bildschirmen, wie die Boise bei ihrem ersten Start von den Schirmen der Zentraleverschwunden war. Aber die Verbindung war dies-mal nicht unterbrochen – Randolph, der jetzt in der

Ortungszentrale des Superschiffes eingesetzt war,hatte den fliehenden Nevianer nicht entkommen las-sen. In trägheitslosem Zustand verfolgte das Super-schiff die Invasoren, und mit unvorstellbarer Ge-schwindigkeit rasten die beiden Schiffe durch das All.

»Er hat es uns leichter gemacht, als ich zu hoffenwagte«, grunzte Cleveland, den Blick auf seinen Bild-

schirm geheftet.»Ich hätte nicht gedacht, daß er so schnell aufgebenwürde«, stimmte Rodebush zu. »Allerdings wird Co-stigan die Augen offengehalten haben, so daß wir diewichtigsten Gegenwaffen zur Verfügung hatten –ganz abgesehen von unseren eigenen Entwicklungen.Conways Angaben lassen darauf schließen, daß die

Wesen nur die teilweise Aufhebung der Trägheitkennen. Andernfalls wurden sie niemals ... Aber dasind sie ja wieder!«

»Diesmal werde ich sie nicht aus den Klauen las-sen, und wenn mir dabei sämtliche Generatorendurchbrennen«, erklärte Cleveland entschlossen.»Seid ihr fertig da unten? Dann los! Feuer frei!«

Und wieder schossen die blaugrünen Makrostrah-len auf den fliehenden Nevianer zu, wieder erzitter-

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ten die beiden Raumschiffe, als Cleveland seinenTraktorstrahl ansetzte, wieder wurden ferngesteuerteTorpedos mit hochexplosiven Ladungen gestartet,und wieder versuchte der Nevianer dem tödlichenTraktorstrahl mit Hilfe seiner Energiewand zu ent-kommen. Doch diesmal ließ sich der Strahl nichttrennen. Knisternd und funkensprühend versuchtesich die Energiewand einen Weg zu bahnen, doch jemehr sie in den Traktorstrahl eindrang, desto stärkerwurde er, und immer heller erstrahlte das Feuerwerk 

der beiden feindlichen Energien – bis plötzlich derTraktorstrahl völlig verschwand.Im gleichen Augenblick schoß aus der Flanke der

Boise eine gewaltige Stichflamme, und das Raum-schiff wurde von einer gigantischen Explosion in sei-nen Grundfesten erschüttert.

»Randolph! Ich habe sie nicht mehr auf dem

Schirm! Was tun sie? Greifen sie an oder fliehen sie?«fragte Rodebush erregt. Er begriff als erster, was ge-schehen war.

»Sie fliehen – so schnell sie können!«»Na gut. Laßt sie laufen – aber behaltet sie im Vi-

sier! Adlington?«»Hier!«

»Gut! Ich dachte schon, es hätte Sie erwischt – daswar doch eine Ihrer Bomben, oder?«

»Ja, leider. Der Abschuß war noch völlig in Ord-nung. Ich kann mir die Explosion nicht erklären. Essei denn, daß das Ding versehentlich beim Austrittaus dem Torpedorohr gezündet wurde – ein Glück,daß die Verzögerung so groß war, sonst sprächen wir jetzt nicht mehr miteinander. Wie die Dinge liegen,konzentriert sich der Schaden auf Sektor Sechs. We-

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nigstens haben die Schotte gehalten. Was ist eigent-lich passiert?«

»Wir wissen es noch nicht. Beide Traktorstrahl-Generatoren haben plötzlich versagt. Zuerst dachteich, daß das alles wäre, aber die Neutralisatoren sindebenfalls tot, und ich kann den weiteren Schadennoch nicht absehen. Als die Generatoren durch- brannten, muß es einen Kurzschluß bei den Neutrali-satoren gegeben haben. Und das erklärt vielleicht dieFrühzündung der Bombe – die Torpedorohre von

Sektion Sechs sind schwer in Mitleidenschaft gezo-gen. Cleveland und ich kommen zu Ihnen hinunterund werden uns den Schaden ansehen.«

In Raumanzügen begaben sich die beiden Wissen-schaftler in die beschädigte Sektion, die einen chaoti-schen Anblick bot. Innen- und Außenwand des gi-gantischen Kreuzers waren eingedrückt worden. Zer-

fetzte Metallplatten beherrschten das Bild. Die kom-plizierten Abschußeinrichtungen waren sehr in Mit-leidenschaft gezogen worden. Die Sektion war prak-tisch völlig zerstört.

»Nicht mehr viel zu retten«, sagte Rodebush. »Wiesieht es bei den Generatoren aus?«

Der Generatorenraum war von den Auswirkungen

der Außenexplosion verschont geblieben; dafür hat-ten ihn die durchbrennenden Generatoren um somehr in Mitleidenschaft gezogen. Es war drückendheiß hier, und in der Luft hing der beißende Geruchschmorender Schmierflüssigkeit und verkohlter Iso-lierungen; der Fußboden war bedeckt mit einer halb-zerschmolzenen Metallmasse. Mit der Überhitzungder Generatoren hatte die Energie keinen Ausflußmehr gefunden und sich schließlich einen eigenen

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Weg zur Neutralisation gebahnt.»Hmm. Warum haben wir nicht an eine automati-

sche Sicherung gedacht?« überlegte Rodebush laut.»Glatt übersehen. Naja, der Schaden hier läßt sichohne weiteres beheben. Aber das Loch in der Schiffs-hülle ist ein Problem.«

»Dann kann man wohl sagen«, bemerkte derChefingenieur. »Die Boise ist völlig aus dem Gleich-gewicht. Wenn sie in diesem Zustand mit ihr einenTraktorstrahl verankern wollen, können Sie das Schiff 

gleich abschreiben! Sofort in die nächste Liga-Werkstatt, würde ich sagen!«»Das wird leider nicht klappen«, wandte sich

Cleveland an den Ingenieur. »Wir würden eine solcheReise nicht überleben. Wir können nicht trägheitslosfliegen, ehe die Reparaturen beendet sind, und wennwir das Schiff nicht reparieren können, ohne vorher

eine große Reise zu machen – dann ist das leider Pechfür uns.«»Ich wüßte aber nicht, wie ich das Schiff verankern

soll ...« Der Ingenieur überlegte kurz und fuhr fort:»Aber wenn wir es nicht bis zum Mars oder zur Erdeschaffen – wie wär's mit einem anderen Planeten? Mirist die Atmosphäre eigentlich völlig egal, wenn wir

das Schiff während der Reparaturen nur verankernkönnen. Dann wäre unser Problem in drei oder vierTagen zu lösen. Wenn wir die Sache allerdings imfreien Raum durchstehen müßten, würde die Repa-raturzeit mehrere Monate betragen. Wir haben nichtzufällig einen Planeten in der Nähe?«

»Vielleicht«, erwiderte Rodebush zur Überra-schung des Technikers. »Kurz vor dem Kampf hieltenwir auf ein Sonnensystem zu, das mindestens zwei

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Planeten hatte. Ich wollte gerade zum Ausweichenansetzen, als unsere Neutralisatoren versagten, alsomüßte das System hier irgendwo in der Nähe sein.Aha, da ist die Sonne. Gehen wir in die Zentrale zu-rück; von dort können wir uns besser orientieren.«

Rodebushs Feststellungen ergaben, daß die fremdeSonne drei große Planeten hatte, von denen der näch-ste in fünf Tagen zu erreichen war. Von ihren nor-malen Projektoren getrieben, setzte sich das beschä-digte Schiff langsam in Bewegung, während sich

Wissenschaftler und Techniker der lebenswichtigenAufgabe widmeten, die ramponierten Generatoren zureparieren. Zwei Tage wurde die Boise beschleunigt,dann wieder abgebremst; schließlich landete sie auf der wenig einladenden Oberfläche der fremden Welt.

Der Planet war größer als die Erde und hatte eineetwas größere Schwerkraft. Trotz des sehr kalten

Klimas stieß die Mannschaft der Boise auf eine üppigeVegetation. Allerdings war die Atmosphäre kaumatembar. Ohne sich um diese Äußerlichkeiten zukümmern, gingen die Techniker an die Arbeit, und inetwas mehr als vier Tagen war die Außenhülle desSuperschiffs repariert.

»In Ordnung, Sir«, kam die befreiende Meldung.

»Ich würde vorschlagen, daß Sie die Boise bei einerschnellen Planetenumkreisung einmal ausprobieren,ehe wir uns wieder auf die Reise machen.«

Das Schiff erhob sich in den Himmel und wurdevon Rodebush den Spannungen der Traktor- undPreßstrahlen ausgesetzt. Es bestand seinen Test glän-zend. Nach einer halben Planetenumkreisung streckteRodebush die Hand aus, um die Neutralisatoren zuerproben – und hielt verblüfft inne. Auf seinem Kon-

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trollschirm war ein grellrotes Licht aufgeflammt, undeine Alarmglocke schrillte.

»Was, zum Teufel ...?« Rodebush schickte einen Er-kundungsstrahl aus und hielt den Atem an. Mit offe-nem Mund starrte er auf den Bildschirm und brülltedann:

»Roger! Roger ist hier und baut einen neuen Pla-netoiden! Alarm!«

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17

Wie bereits angedeutet, gelang es Roger, den neviani-schen Umformstrahlen, die seinen Planetoiden ver-nichteten, zu entkommen.

Ruhig saß er hinter seinen Kontrollen, während diedunkelroten Angriffsstrahlen gegen seine Verteidi-gungsschirme anstürmten. Mit unbewegtem Gesichtmusterte er seine Instrumente.

Als die nevianischen Energien ihre Farbe zu verän-dern begannen, wurde er sofort aktiv. »Bakter, Hart-kopf, Chatelier, Anandrusung, Penrose, Nishimura,Mirsky«, rief er. »Sofort in mein Büro!«

»Der Planetoid ist verloren«, informierte er seineWissenschaftler, »und muß in genau fünfzehn Minu-ten aufgegeben werden. Bis dahin werden unsere Ro-

 boter in dieser Sektion die wichtigsten Instrumenteund Vorräte zusammentragen, die wir für eine Flucht brauchen. Sie, meine Herren, werden sich jetzt in IhreQuartiere begeben und alles zusammenpacken, wasSie mitnehmen wollen. Natürlich Handgepäck, mehrnicht. Ich erwarte Sie in spätestens dreizehn Minutenhier. Und halten Sie den Mund!«

Schweigend entfernten sich die Männer. Wenn ei-ner von ihnen an die anderen Männer dachte, die ih-rem Schicksal überlassen werden sollten, wagte erdiesen Gedanken nicht zu äußern.

»Was soll das alles, Roger?« fragte der russischePhysiker, als sie sich in dem jetzt mit zahlreichen Ma-schinen und Instrumenten vollgestopften ›Büro‹ wie-der versammelten. »Gegen die Ultrastrahlen kommenwir nicht an. Unsere Schirme sind zu schwach, und es

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ist fast ein Wunder, daß sie dem Angriff so lange wi-derstanden haben! Jedenfalls kann kein Zweifel be-stehen, daß diese Sektion den Planetoiden nicht ver-lassen kann, ohne sofort vernichtet zu werden.«

»Es gibt viele Dinge, von denen Sie keine Ahnunghaben Mirsky«, erwiderte Roger kalt. »Unsere Schir-me, die Sie für Ihre Erfindung halten, sind längst vonmir verbessert worden und wären unbesiegbar, wennich die nötigen Energien zur Verfügung hätte. Fürden kurzen Augenblick unserer Flucht sind wir aus-

reichend geschützt.«Mit diesen Worten legte er einen kleinen Hebel umund entfesselte den gewaltigen Energiesturm, der denNevianern so viel zu schaffen machen sollte. Wäh-rend die Aufmerksamkeit der Amphibienwesen auf die Neutralisierung dieses letzten Angriffs gerichtetwar, öffnete sich die Metallwand des Planetoiden,

und die Erste Sektion schoß in das All hinaus. RogersSchirme flammten hell auf, als das Schiff die vor-übergehend geschwächten Angriffsstrahlen der Ne-vianer passierte, doch die Amphibienwesen übersa-hen die Störung, und die Sektion konnte ungehindertentkommen.

Nach einer Zeit hob Roger den Blick von seinen In-

strumenten und setzte das Gespräch fort, als ob eskeine Unterbrechung gegeben hätte.

»Alle Dinge sind relativ, Mirsky. An Energie warenwir der Liga-Flotte weit überlegen, doch jetzt sind wirauf einen Gegner gestoßen, dessen Energiequellen dieunseren weit in den Schatten stellen. Aber wir wer-den das Geheimnis bald gelöst haben.«

»Also besitzen wir eine Analyse des roten Angriffs-feldes?«

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»Die Energiequelle der unbekannten Wesen ist dieintraatomare Energie des Eisens, die erstaunlicher-weise hundertprozentig genutzt wird – es bleibt alsoviel zu tun, bis ich meinen Plan fortsetzen kann.«

Roger versank in tiefes Nachdenken, und seineUntergebenen wagten ihn nicht zu stören. Gharlanevon Eddore wunderte sich nicht mehr, wie eine sol-che Entwicklung ohne sein Wissen möglich gewesenwar; er wußte es. Seine geistige Bewegungsfreiheitwar noch immer von einer mächtigen unbekannten

Intelligenz eingeschränkt, einer Intelligenz, die sichihm bald zum Kampf stellen mußte.»Ich weiß, was wir tun werden«, fuhr er fort. »An-

hand der Unterlagen, die wir zur Verfügung haben,lassen sich die Energiefelder der Unbekannten analy-sieren – dann trennt uns nur noch ein Schritt von derLösung der Frage, wie die Energien des Eisenatoms

freigesetzt werden können. Wir werden Roboter bau-en, mit deren Hilfe bald ein neuer Planetoid entstehenwird. Und dieser Planetoid wird anders aussehen alsder erste!«

»Und wo soll das geschehen? Wir sind geschlagen.Die Tarnschirme schützen uns nicht mehr, und dieLiga wird uns finden, auch wenn wir uns bis zur

Plutobahn zurückziehen.«»Wir haben das Sonnensystem bereits verlassen

und werden auf einem Planeten Station machen, derso weit entfernt ist, daß uns die Spionstrahlen der Li-ga nicht erreichen können. Unsere Reise wird etwafünf Tage dauern. Machen Sie es sich also bequemund beschäftigen Sie sich mit den Problemen, die fürSie im Augenblick am dringendsten sind.«

Nach fünfeinhalb Tagen tauchte der Zielplanet

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unter dem Raumschiff auf. Roger tauchte sofort inseine dichte Atmosphäre ein. Stundenlang suchte erdann nach einem geeigneten Landeplatz, wobei ermit seinen Instrumenten nach geeigneten Metallvor-kommen Ausschau hielt, die sein Aufbauprogrammermöglichen sollten.

Es war eine kalte Welt; ihre Sonne war klein undwärmte kaum. Trotzdem hatte die Vegetation zu-weilen phantastische Formen angenommen, und auf groteske Weise waren Blätter und Äste der Pflanzen

ständig in Bewegung. Von Zeit zu Zeit befreite sichein Pflanzenstück von der Mutterpflanze und ent-wickelte ein Eigenleben. Manche Arten glichen irdi-schen Farnkräutern, andere Kakteen und Bäumen,aber im allgemeinen war die Vegetation für mensch-liche Sinne unerträglich. Nicht weniger abstoßendwaren die tierischen Lebensformen, die sich in der

phantastischen Pseudo-Vegetation am Leben erhiel-ten. Schlangengleiches und fledermausartiges Getierkroch und flatterte durch die undurchdringlichenDschungel, von zwei Impulsen beherrscht – zu tötenund zu fressen. Über diese dunstige Wildnis steuerteRoger sein Schiff, unberührt von ihrer Wildheit undihrem Schrecken.

»Ich kann mir nicht vorstellen, daß es hier keineIntelligenz gibt«, überlegte er und erkundete dieOberfläche des Planeten mit einem Spionstrahl. Fastaugenblicklich erschien eine Metallstadt aus runden,konischen Gebäuden auf dem Bildschirm. Zwischenden Gebäuden bewegten sich amöbenhafte, metall- bewehrte Wesen, deren Körper aus einer lederartigenSubstanz zu bestehen schien und die offenbar Augen,Ohren, Glieder und sonstige Organe besaßen.

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»Kein Zweifel – die intelligenten Wesen dieses Plane-ten«, dachte Roger. »Leider sind sie völlig ungeeignetfür uns«, wandte er sich an seine Männer. »Es würdezu viel Zeit beanspruchen, sie uns zu unterwerfenund für unsere Zwecke zu trainieren. Die nötigenMaschinen hätten wir in der Hälfte der Zeit gebaut.«

Schließlich fand Roger eine Stelle, die seinen Vor-stellungen hinsichtlich der Erzvorkommen entsprach,und brachte sein Raumschiff zur Landung. Energie-strahlen vernichteten die Vegetation in einem Um-

kreis von mehreren hundert Metern, und sofort gin-gen die Roboter ans Werk – Roboter, die weder Nah-rungsmittel noch Ruhepausen,  sondern nur Schmier-mittel und Energie brauchten –, Roboter, denen dieKälte und die giftige Atmosphäre nichts anhabenkonnten.

Aber Rogers Männern wurde es nicht leicht ge-

macht, auf dem feindlichen Planeten Fuß zu fassen.Bereits kurz nach der Landung begann es sich zwi-schen den Pflanzen am Rande der künstlichen Lich-tung zu regen, und eine Horde metallbewehrterMänner – wenn man sie so nennen konnte – stürztesich auf die Roboter. Die Angreifer wurden zu Hun-derten niedergemäht und stürmten trotzdem in im-

mer neuen Angriffswellen heran. Es schien ihr einzi-ges Bestreben zu sein, an die Roboter heranzukom-men und sie mit ihren winzigen Metallplättchen zu berühren. Wenn ihnen das gelang, flammte die Ma-schine auf, der Geruch verbrannter Isolierungen undschmorender Schmierfette verbreitete sich, und derRoboter geriet außer Kontrolle. Roger rief seine Ro- boterstreitmacht bald zurück und errichtete einenSchutzschirm, gegen den die kampffreudigen Einge-

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 borenen in ohnmächtiger Wut anrannten. Immerwieder bestürmten sie die unüberwindliche Barriereund zogen sich erst nach Tagen zurück. Aber sie wa-ren nicht gewillt, sich endgültig geschlagen zu geben.

Roger und seine Männer leiteten die weiteren Ar- beiten aus dem Innern des inzwischen ausgeräumtenSchiffes – und mit der Zeit entstand auf diese Weiseeine schimmernde Industriestadt, die von leblosenMechanismen bevölkert wurde. Bergstollen wurdengegraben und Schmelzöfen errichtet, deren Schorn-

steine ihre Abgase in die giftige Atmosphäre steigenließen, Gießereien, Stanzwerke, Maschinenbauhallenwurden errichtet und ausgerüstet, und wo eine neueFabrik entstand, waren auch gleich neue Roboter zurStelle, die die Arbeit aufnahmen. In kurzer Zeitmachte die Arbeit am Skelett des neuen Planetoidenerste Fortschritte; ein riesiges Gewirr aus Pfeilern und

Streben entstand, und wenig später begannen kräfti-ge, vielfingrige Apparate mit der Installation der un-zähligen komplizierten Apparate und Instrumente.

Als er sich bei Gelegenheit einmal von der Arbeitzurückziehen konnte, studierte Roger-Gharlane ein-gehend das Problem, das ihm keine Ruhe mehr ließ.Vorsichtig streckte er seine geistigen Fühler nach dem

Unbekannten aus, der seinen Geist an einem be-stimmten Punkt blockierte. Er tastete sich heran undschleuderte dem fremden Wesen den mächtigstenEnergiepfeil entgegen, den ein eddorischer Geist her-vorbringen kann – ein Energiepfeil, der schon man-ches Mitglied des Inneren Kreises getötet hatte unddem – wie er bisher angenommen hatte – kein Lebe-wesen mit Ausnahme des Ersten Herrschers von Ed-dore gewachsen war.

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Er war jedoch nicht sonderlich überrascht, als seineAnstrengungen nicht den gewünschten Erfolg hattenund sofort erwidert wurden. Mit letzter Kraft ver-mochte er den Ansturm der geistigen Energie abzu-wehren und wandte sich direkt an seinen unbekann-ten Opponenten.

»Wer immer du bist, du hast feststellen müssen,daß du mich nicht umbringen kannst. Aber auch ichkann dich nicht töten. Glaubst du immer noch, mirdie Erinnerung an das, was meine Vorfahren verges-

sen mußten, vorenthalten zu können?«»Da du einen Anhaltspunkt hast, können wir nichtverhindern, daß du dich erinnerst. Erinnere dich also...«

Und Gharlanes Gedanken wanderten zurück ... Jahrhunderte ... Jahrtausende ... Zyklen ... Äonen. DieSpur wurde dünner, verlor sich fast, war tief vergra-

 ben unter unzähligen Schichten neu hinzugewonne-nen Wissens, neuer Erfahrungen und neuer Empfin-dungen. Aber all dies gehörte auch ihm. Wie gut dasGesuchte auch verborgen sein mochte, der Weg zudem Geheimnis stand ihm nun offen.

Er fand, was er suchte, und augenblicklich schienes ihm, als ob sich Enphilistor von Arisia direkt an

ihn wandte, als ob sich die Weisen Arisias – nun ver-geblich – bemühten, das Wissen um die Existenz derarisischen Rasse und ihres Planeten in seinem Gehirnauszulöschen. Die Tatsache, daß eine Rasse so lange bestanden hatte, war schlimm genug. Daß die Arisierwährend unzähliger Zyklen von der Existenz Eddo-res und seiner Bewohner gewußt hatten, warschlimmer. Aber am schlimmsten war, daß die Ari-sier in der Lage gewesen waren, während dieser Zeit

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ungehindert gegen die Eddorier zu wirken – und die-ser Gedanke ließ Gharlane angstvoll erschauern.

Er sah sich einem wichtigen Problem gegenüber.Unwichtige Dinge wie die Vernichtung widerspen-stiger Kulturen – deren außerordentlich schnelleEntwicklung jetzt ihre Erklärung fand – mußtenwarten. Eddores Politik bedurfte einer Neuorientie-rung. Der vereinigte Geist des Inneren Kreises mußtedie Tatsachen dieses neu-alten Wissens bedenkenund seine Schlußfolgerungen daraus ziehen. Sollte er

sofort nach Eddore zurückkehren? Oder sollte erwarten, bis der Planetoid, der ihm sehr nützlich seinkonnte, vollendet war?

Er entschloß sich zum Warten. Seit dem Augen- blick, da Eddore hätte handeln müssen, war so un-endlich viel Zeit verstrichen, daß es auf ein paar Au-genblicke mehr oder weniger nicht mehr ankam.

Der Bau des Planetoiden wurde also fortgesetzt.Obwohl Roger keinen Grund zu der Vermutung hat-te, daß ihm ein Angriff drohte, machte er es sich zurGewohnheit, von Zeit zu Zeit die nähere Umgebungdes Planeten mit seinen Ortungsgeräten abzusuchen.So stieß er eines Tages auf ein Objekt, das ihn im er-sten Augenblick zusammenfahren ließ.

»Mirsky! Nishimura! Penrose!« befahl er und deu-tete auf seinen Bildschirm, der eine gewaltige Metall-kugel mit bösartig flimmernden Schirmen zeigte.»Haben Sie eine Vorstellung, aus welchem Systemdas Schiff stammen könnte?«

»Kein Zweifel – ein Schiff aus dem Sonnensystem«,erwiderte der Russe. »Um genau zu sein – ich möchtees für ein Liga-Schiff halten. Obwohl es größer zusein scheint als alle anderen Einheiten der Liga-Flotte,

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sind seine Konstruktionsmerkmale eindeutig. Offen-sichtlich ist man uns auf die Spur gekommen undmacht einen Waffentest, ehe man uns angreift. Weh-ren wir uns, oder ziehen wir uns zurück?«

»Wenn es ein Liga-Schiff ist – und daran zweifle ichnicht –, greifen wir an!« befahl Roger kalt. »Die Sekti-on ist ausreichend bewaffnet, um die gesamte Liga-Flotte zu bezwingen. Wir werden das Schiff kapernund uns seine Energiequellen und sonstigen Installa-tionen zunutze machen. Außerdem hoffe ich die drei

Gefangenen wieder zu erwischen, die mir entkom-men sind. Bisher hat es keiner geschafft, mich auf dieDauer hereinzulegen. Ja, wir werden uns das Schiff schnappen! Und die drei fallen mir früher oder später bestimmt wieder in die Hände. Dabei sind mir Brad-ley und die Frau gar nicht so wichtig. Aber Costigan... Costigan hat mich an der Nase herumgeführt!«

»Auf die Stationen«, befahl er. »Die Roboter wer-den ihre Arbeit in der kurzen Zeit nicht zu unterbre-chen brauchen.«

»Einen Augenblick«, dröhnte eine fremde Stimmeaus den Lautsprechern. »Betrachten Sie sich als unterArrest gestellt – im Namen des Rates der Drei Plane-ten! Ergeben Sie sich, dann können Sie einen gerech-

ten Prozeß erwarten. Wenn Sie sich wehren, wird esnicht zu einer Verhandlung kommen! Was Roger an-geht, glauben wir nicht, daß er einen Kampf vermei-den will, aber wenn sich einer seiner Komplicen er-geben möchte, soll er das Raumschiff sofort verlas-sen.«

»Wenn jemand von Ihnen die Sektion verlassenwill, darf er es gerne tun«, sagte Roger zu seinenLeuten. »Allerdings hat die Sache einen Haken. Wenn

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wir den Frechling ausgelöscht haben, wird denZweiflern der Zutritt hier verwehrt sein. Wir greifenin einer Minute an. Nun, will jemand gehen? Schön.«

Nachdem die Minute verstrichen war, trat er an dieKontrollen und startete sein Raumschiff.

In direktem Kurs näherte er sich der Boise undschickte seine neue und für jedes eisenhaltige Materi-al vernichtende Waffe aus – das rote Umformfeld derNevianer. Die Instrumente hatten Roger während derwenigen Minuten, in denen der Planetoid dem An-

griff der Nevianer standgehalten hatte, gute Dienstegeleistet. So waren er und seine Wissenschaftler inder Lage gewesen, nicht nur die Generatoren für dieAngriffsstrahlen nachzubauen, sondern auch Gene-ratoren für entsprechende Abwehrschirme zu kon-struieren. Noch vor kurzer Zeit waren seine Schiffeden Schlachtschiffen der Liga überlegen gewesen –

was hatte er also in einem so vorzüglich bewaffnetenSchiff zu befürchten?Er wußte nicht, daß sich hinter der harmlos ausse-

henden Kugel, die er so kühn angriff, in Wirklichkeitdas Superschiff der Liga verbarg, an dem die Wissen-schaftler der Drei Planeten jahrelang gearbeitet hat-ten. Und er wußte nicht, daß die Bewaffnung seines

Gegners aufgrund  der Beobachtungen seines verhaß-ten Gefangenen Costigan weiter verstärkt worden war.

Siegesgewiß schickte Roger sein Umformfeld aus,und sah sich augenblicklich in einen Kampf auf Le- ben und Tod verwickelt. Die Boise schlug mit allenWaffen zurück, die sie zur Verfügung hatte. Rode- bush und seine Männer verschwendeten keinen Ge-danken mehr an das Schicksal der Piraten, die ihreChance ausgeschlagen hatten.

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Roger errichtete sein dunkelrotes Feld, das dieSchirme der Boise nicht erreichte. Das Weltall schienin einer violetten Explosion unterzugehen, als Rode- bush den Angriff konterte und mit seiner Vakuum-Sphäre sofort zum Gegenschlag ausholte, der an Ro-gers übermächtigen Schutzschirmen scheiterte. DasPiratenschiff blieb unversehrt. Eine wilde Schlacht begann, in deren Verlauf die verschiedensten Strah-lenwaffen eingesetzt wurden. Doch Rodebushs An-griffe erreichten ihr Ziel nicht, und auch seine über-

mächtigen Makrostrahlen blieben wirkungslos.Cooper, Adlington, Spencer und Dutton unterstütz-ten den Kampf mit ihren besten Bomben und Projek-tilen – vermochten jedoch ebenso wenig eine Ent-scheidung herbeizuführen.

Auf der anderen Seite waren Rogers Angriffe nichtweniger erfolglos, und da er an einem Kampf zwi-

schen zwei gleichwertigen Gegnern keinen Ge-schmack finden konnte, wandte er sich zur Flucht.Augenblicklich brachte ihn ein massiver Traktorstrahlzum Stillstand.

»Er scheint den polyzyklischen Schirm zu haben,von dem Conway berichtet hat«, sagte Clevelandnachdenklich. »Ich habe schon daran gearbeitet und

vielleicht auch schon einen Weg gefunden, das Dingaufzubekommen, Fred. Aber du müßtest mir Projek-tor Zehn mit voller Energie zur Verfügung stellen.Kannst du mich eine Zeitlang damit herumspielenlassen? In Ordnung. Blake, drehen Sie ihn auf fünf-undfünfzigtausend – ja, dort bitte halten! Alle herhö-ren! Ich will versuchen, durch den Schirm ein Loch zu bohren, und zwar mit einem hohlen, pseudo-solidenStrahl, den ich wie einen Diamantenbohrer ansetzen

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will. Es wird nicht möglich sein, von außen in diesenStrahl einzudringen, also werden Sie Ihre Geschossedurch die Mittelöffnung des Projektors schießen müs-sen. Hitzeprobleme dürften dabei nicht auftreten, daich nur den Außenring des Projektors benutze. Aller-dings weiß ich nicht, wie lange ich den Strahl auf-rechterhalten kann. Es kommt also darauf an, die Ge-schosse so schnell wie möglich abzufeuern. Fertig?Dann los!«

Er bediente seine Kontrollen. Im Konverterraum

des Projektors Zehn rasteten massive Schalter ein,und das riesige Schiff erzitterte unter dem Rück-schlag der Energielanze, die von seinen mächtigstenGeneratoren ausgeschickt wurde. Der Strahl, einHohlzylinder, stieß auf Rogers undurchdringlichenSchirm, fraß sich mit einer gewaltigen Explosion ander Außenwand der Energieglocke fest und begann

sich hineinzubohren. Kreisförmig sprühten und blitzten die Entladungen der miteinander kämpfen-den Energien.

Immer tiefer drang der gewaltige Bohrer in denfeindlichen Schirm ein und erreichte schließlich seinZiel. Der polyzyklische Schirm Rogers war besiegt.Das Metall der Schiffshülle bot sich den Explosivge-

schossen schutzlos dar.Im gleichen Augenblick wurden in schneller Folge

die ersten Projektile durch den hohlen Energiestrahlgeschossen.

Roger, der seit einigen Minuten wußte, daß ihm dieerste schwere Niederlage seines langen Lebens bevor-stand, kümmerte sich zuerst wenig um den seltsamenStrahl, der sich seinem Verteidigungsschirm näherte.Er war viel zu sehr damit beschäftigt, sich aus dem

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überraschend kräftigen Griff des Traktorstrahls zu befreien, wobei er bald erkennen mußte, daß seineAnstrengungen sinnlos waren. Schließlich wurde erauf das Loch in seinem Schirm aufmerksam, dochseine Gegenwehr verstärkte nur die gewaltigen Ent-ladungen, ohne daß er den Energiestrahl zu brechenvermochte. Seine Leute, im Kampf ebenso erfahrenwie er, nahmen sich der heranschießenden Projektilean, doch ihre Zahl war zu groß. Und obwohl er sei-nen Antrieb auf Höchstbeschleunigung schaltete,

vermochte sich Roger aus dem tödlichen Griff desTraktorstrahls nicht zu befreien. Die Hülle seinesSchiffes war den Angriffen der Boise noch immerschutzlos ausgesetzt.

Und so konnte das Ende nicht lange ausbleiben.Ein Sprengkopf berührte die Stahlplatten, und esfolgte eine atomare Explosion. Mit aufgerissener Au-

ßenhülle konnte sich das Piratenschiff nicht längerzur Wehr setzen, und seine Schirme brachen zusam-men. Weitere Geschosse fanden ihr Ziel und vollen-deten das Werk der Vernichtung.

»... der Widerstand war so heftig, daß wir Atom-und Korrosionswaffen einsetzen mußten, so daßSchiff und Besatzung völlig aufgelöst wurden«,

schrieb Rodebush später in das Logbuch der Boise.»Obwohl es demnach keine identifizierbaren Überre-ste gibt, kann kein Zweifel daran bestehen, daß Rogerund seine Männer getötet wurden, da die Umständedes Kampfes ein Überleben völlig ausschließen.«

Zwar wurde der Körper Rogers vernichtet – dochdas, was diesen Körper beseelt hatte, war für äußereEinwirkungen unangreifbar. Das Wesen, von dem

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Roger in den letzten Monaten geleitet worden war,Gharlane von Eddore, war auf seinen Heimatplane-ten zurückgekehrt, noch ehe Rodebush die Überrestedes Piratenschiffes untersucht hatte.

Der Innere Kreis trat zusammen und beriet über je-des Detail und jede Konsequenz der neuentdecktenWahrheit. Nachdem eine Zeitspanne vergangen war,die einem Menschen sehr lange vorgekommen wäre,hatten sich die Eddorier mit ihrem neuen Gegnervertraut gemacht, und der Erste Herrscher berief eine

geistige Zusammenkunft sämtlicher Eddorier ein.»... aus diesem Grunde kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Arisier zwar eine gewaltige latenteIntelligenz besitzen, daß sie aber im Grunde weichund daher unfähig sind«, sagte er. »Sie sind nichtschwach, das darf nicht übersehen werden, sondernstecken nur voller Skrupel und unrealistischer Vor-

stellungen – und wenn wir uns diese Charaktereigen-schaften zunutze machen, werden wir doch noch sie-gen!«

»Eure Hoheit«, wagte ein einfacher Eddorier zu sa-gen, »wäre es vielleicht möglich, einige Einzelheitender vorgesehenen Aktionen darzustellen? Einige vonuns haben noch keine rechte Vorstellung von den

Schritten, die zu unternehmen sind.«»Natürlich sind unsere Pläne im einzelnen noch

nicht ausgearbeitet, aber es stehen bereits einigeGrundzüge unseres Vorgehens fest – zum Beispiel ei-nige rein militärische Unternehmungen, die in diesemZusammenhang aber von geringerer Bedeutung sind.Dagegen werden sich politische Aktivitäten jeder Art– gegründet auf subversive Elemente und starkeMinderheiten – als sehr nützlich erweisen. Unsere

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größte Hoffnung setzen wir jedoch auf die Arbeitkleiner, gut organisierter Gruppen, deren Aufgabe essein wird, gegen die Bollwerke all dessen anzugehen,was die schwachen Anhänger der galaktischen Zivili-sation als gut und richtig empfinden – Liebe, Wahr-heit, Ehre, Treue, Reinheit, Menschlichkeit – und soweiter.«

»Ja, die Liebe – ein sehr interessantes Thema, EureHoheit. Insbesondere der Aspekt, der als Sex be-zeichnet wird«, unterbrach Gharlane. »Was für eine

sinnlose Sache! Ich habe mich zwar eingehend damit befaßt, bin aber noch nicht ausreichend informiert,um hier einen vollständigen und schlüssigen Berichtvorzulegen. Ich weiß jedoch, daß wir uns dieses Phä-nomens bedienen können und werden. In unserenHänden werden Verbrechen und Laster zu einermächtigen Waffe werden – Rauschgift ... Habsucht ...

Spielleidenschaft ... Erpressung ... Lust ... Attentate...«»Genau. Es wird für unseren Erfindungsreichtum

genügend Spielraum geben. Ich möchte jedoch schon jetzt darauf hinweisen, daß wir uns in die Aktionennur im Notfall persönlich einschalten dürfen. Die Ar- beit muß von den anderen getan werden – von un-

zähligen Wesen anderer Rassen, die in einer genaufestgelegten Rangfolge einzusetzen sind. Diese Heer-scharen bis ins letzte Detail zu organisieren, ist unserevordringliche Aufgabe, wenn wir die Aktionen auf den zahllosen Welten im Griff behalten wollen. Je hö-her die Kommandogewalt, desto weniger Einzelwe-sen werden eingesetzt; eine straff organisierte Hierar-chie wird entstehen, an deren Spitze wir selbst ste-hen. Der Verantwortungsbereich jedes einzelnen Be-

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vollmächtigten wird genau festgelegt, und seine Auf-stiegschancen hängen allein von seinen Fähigkeitenab, denn er ist auf seinem Gebiet voll verantwortlich.Die Erfolgreichen werden bald befördert, und ihreWünsche werden sich schnell erfüllen; Versager wer-den sterben.

Da die auf den niedrigeren Organisationsstufeneingesetzten Wesen nur von geringer Bedeutung sindund leicht ersetzt werden können, brauchen wir beiihnen noch keinen Wert auf Geheimhaltung zu legen.

Der direkt unter unserer Aufsicht arbeitende Stab –und hierbei denke ich an die Plooraner, die ich fürdiese Aufgabe vorsehen möchte –, darf jedoch unterkeinen Umständen nach unten durchdringen lassen,welchem Zweck das Unternehmen dient. DieserPunkt ist lebenswichtig für uns, und jeder sollte sichvor Augen führen, daß unsere eigene Sicherheit nur

auf diesem Weg gewahrt bleibt. Jeder, der diese Regelverletzt, hat den sofortigen Tod verdient.Die Ingenieure unter euch werden nicht müde

werden, neue Waffen zu konstruieren, die wir gegendie Arisier einsetzen können. Die Psychologen wer-den neue Methoden ersinnen, mit denen wir sowohlgegen die Arisier als auch gegen ihre geistig schwä-

cheren Untertanen vorgehen können. Jeder Eddorierwird die Aufgabe erhalten, die seinen Fähigkeitenentspricht. Das ist alles.«

Auch auf Arisia wurde eine Zusammenkunft abge-halten. Während sich einige der jüngeren Wächter zufreuen schienen, daß die Zeit des offenen Konflikts,auf den sie sich so lange vorbereitet hatten, endlichherangekommen war, waren die Arisier in ihrer Ge-

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samtheit weder froh noch bedrückt über die neueEntwicklung. Im großen Ablauf der Dinge, im Rah-men des kosmischen Schicksals, war diese Angele-genheit nur ein sehr unbedeutender Zwischenfall,den man vorhergesehen hatte und der schließlicheingetreten war. Es konnte nicht lange dauern, bis erauch wieder vorüber war.

»Eigentlich hat sich die Situation nicht verändert«,sagte Eukonidor, nachdem die Weisen Arisias ihreVision erneut vor der Öffentlichkeit ausgebreitet

hatten. »Anscheinend muß das Morden weitergehen– das unsichere Tasten zahlreicher Rassen, das sinn-lose Auf und Ab ihrer manipulierten Geschichte, diesinnlosen Verbrechen, das Blutvergießen. All dasscheint kein Ende zu nehmen. Warum? Es will mirscheinen, daß es viel besser, einfacher und wirksamerwäre, wenn wir aktiv eingriffen, wie es die Eddorier

getan haben. Damit könnten wir mancher Rasse un-sägliches Leid ersparen.«»Einfacher wäre es, Jüngling, vielleicht auch weni-

ger blutig. Ob es aber besser wäre, ist zu bezweifeln,denn ein Ende wäre niemals abzusehen. Junge Zivili-sationen bewähren sich an auftretenden Schwierig-keiten, deren Überwindung zwar Mühe und Leiden

kostet, aber auch Triumphe bringt. Natürlich könntenwir die Tätigkeit der eddorischen Handlanger unter- binden, wir könnten unsere Lieblings-Rassen so be-schützen und abschirmen, daß kein Krieg mehr statt-finden und kein Gesetz mehr gebrochen würde. Aberwas wäre die Folge? Wenn du weiter darüber nach-denkst, Jüngling, wirst du erkennen, daß in einemsolchen Fall die Entwicklung dieser Rasse empfind-lich gestört wäre, daß keine Rasse mehr jene Fort-

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schritte machen würde, zu denen sie heute alleindurch die Gegenwart der Eddorier gezwungen ist.

Hieraus ließe sich folgern, daß wir die Eddorierniemals besiegen könnten und daß auch ein Unent-schieden in unserer Auseinandersetzung unmöglichist. Und das träfe zu, wenn wir den Eddoriern ausrei-chend Zeit ließen. Doch wenn sich jeder Arisier an dieRichtlinien hält, die in unserer Vision festgelegt sind,kann es keine Probleme geben.«

»Schau mal, Fred«, rief Cleveland und deutete auf den Bildschirm, auf dem Rogers Planetoidenfabrik abgebildet war. Die seltsamen Planetenbewohner wa-ren eifrig damit beschäftigt, ihre Wut an den Überre-sten der gigantischen Metallstadt auszutoben. »Ichwollte eben vorschlagen, die Überreste des Planetoi-den zu beseitigen. Aber die Arbeit scheinen wir uns

sparen zu können.«»Ich hätte große Lust, die Wesen noch ein wenig zustudieren, aber wir dürfen unsere Nevianer nichtvergessen.« Und mit diesen Worten steuerte er dieBoise ins All hinaus und auf die Fluchtroute der Am-phibienwesen zu.

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Wohl wissend, daß der Kontakt mit Artgenossen zuden größten Bedürfnissen jedes intelligenten Wesensgehört, hatten es die Nevianer zugelassen, daß dieErdbewohner ihre Ultrastrahl-Sender behielten. Co-stigans Verbindung zu Clio und Captain Bradley waralso nicht abgerissen. Er erfuhr, daß die beiden inverschiedenen nevianischen Städten als Schauobjekte

untergebracht worden waren. Das Interesse der ne-vianischen Bevölkerung war nach wie vor sehr groß.Die Gefangenen wurden täglich von einem Speziali-sten aufgesucht, der sich sehr darum bemühte, seinePfleglinge in bester Verfassung zu halten.

Costigans Stimmung verschlechterte sich von Tagzu Tag. Er rührte sich nicht mehr vom Fleck und er-

mattete zusehends. Er verweigerte die Nahrungsauf-nahme, und als ihn der Arzt auszufragen versuchte,verlangte er die Freiheit. Diese Forderung war natür-lich sinnlos, und so bat er gleich darauf, endlich et-was tun zu dürfen. Doch man wies ihn darauf hin,daß es in einer Zivilisation, wie sie auf Nevia exi-stierte, sehr wenig für ihn zu tun gab, doch man ver-

sprach ihm bei der Überwindung seiner seelischenNiedergeschlagenheit zu helfen. Schließlich erklärteer sich zur Beendigung seines Hungerstreiks bereit,wenn man ihm dafür ein kleines Laboratorium in sei-nem Wohnkäfig einrichtete, mit dessen Hilfe er For-schungen fortsetzen wollte, die er auf seinem Hei-matplaneten begonnen hatte. Überraschenderweisestimmten die Nevianer diesem Vorschlag zu, und sokam es schließlich eines Tages zu dem folgenden Ge-

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spräch zwischen den drei Gefangenen:»Clio! Bradley! Ich habe euch etwas zu berichten!

Ich bin vor einigen Tagen in den Hungerstreik getre-ten und habe die Nevianer gezwungen, mir ein voll-ständiges kleines Labor einzurichten. Als Chemiker bin ich immer ganz erfolgreich gewesen ... glückli-cherweise hilft mir das Seewasser sehr ...«

»Moment!« schnappte Bradley. »Vielleicht hört uns jemand zu!«

»Keine Sorge – das können sie nicht, ohne daß ich

es sofort merke. Ich werde sofort das Thema wech-seln, wenn sich jemand einzuschalten versucht. Umwieder zur Sache zu kommen – die Produktion vonWT-Gas ist eigentlich sehr einfach, und ich habe be-reits jedes erreichbare Gefäß damit gefüllt ...«

»Wie hast du das geschafft?« fragte Clio.»Oh, die Nevianer wissen gar nicht, was ich hier

tue. Sie haben mich natürlich eine Zeitlang beobach-tet, und ich habe mir die wildesten und buntestenMischungen einfallen lassen. Dann gelang es mir,Sauerstoff und Stickstoff zu trennen, nachdem ich ei-nen ganzen Tag verzweifelt probiert hatte; und als siemerkten, daß ich offensichtlich keine Ahnung hatte,ließen sie mich in Ruhe. Sie halten mich jetzt für einen

Dummkopf oder so etwas. Auf diese Weise konnteich in aller Ruhe kilogrammweise flüssiges und gas-förmiges WT produzieren. Ich werde hier in etwadreieinhalb Minuten ausbrechen und komme natür-lich sofort zu euch, und zwar in einem neuen, eisen-angetriebenen Raumgleiter, von dessen Existenz ichunbefugterweise weiß. Sie haben das Boot geradeeingeflogen, und es ist wirklich eine Wucht!«

»Aber Conway, Liebling, du kannst mich unmög-

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lich hier herausholen!« sagte Clio mutlos. »Tausendevon Nevianern sind um meinen Käfig versammelt.Bitte versuche zu fliehen, wenn du es schaffst ... Eshat keinen Sinn ...«

»Ich habe gesagt, daß ich dich holen werde, unddas wird geschehen. Eine Prise von dem Zeug kanntausend Nevianer ausschalten, wenn es nötig ist. Ichhabe mir eine Gasmaske gemacht, da ich mich imverseuchten Gebiet bewegen muß, aber ihr werdetkeine brauchen. Das Gift ist wasserlöslich. Bitte legt

euch ein angefeuchtetes Tuch vor die Nase – dasmüßte genügen. Ich gebe euch rechtzeitig das Start-zeichen. Wir werden es schaffen! Es gibt zwischenhier und Andromeda nicht genug Amphibienwesen,die uns auf die Dauer wie Zootiere gefangenhaltenkönnen! Aber gerade kommt mein Arzt, der mir denSchlüssel zur Freiheit liefern wird. Es geht los. Bis

später!«Der nevianische Arzt richtete seinen Schlüssel-strahler auf die durchsichtige Wand des Käfigs. So-fort erschien eine Öffnung, die sich hinter ihm wiederschloß. Im gleichen Augenblick öffnete Costigan ei-nen Hahn und aus verschiedenen Behältern ergoßsich das tödliche WT in das Wasser der Lagune und

in die Luft der Stadt. Als sich der Nevianer seinemGefangenen zuwandte, erstarrte er, zuckte zusammenund stürzte reglos zu Boden. Draußen breiteten sichdie Ströme mit einer Geschwindigkeit aus, wie sie fürWT typisch ist. Hunderte von Nevianern sanken auf der Stelle um, ohne zu wissen, was mit ihnen ge-schah. Costigan hielt den Atem an und blickte sichvorsichtig um. Als sich in der Nähe des Käfigs nichtsmehr rührte, setzte er seine Gasmaske auf, schnallte

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sich einen großen Behälter auf den Rücken und sagtehöhnisch:

»Ich bin also ein unwissender Affe, der gern mitseinen Apparaten herumspielt!« Er nahm den Strah-ler des Arztes auf und öffnete die Tür seines Gefäng-nisses.

Er hechtete durch die Öffnung ins Wasser undschwamm auf die nächstliegende Rampe zu. Wiederan Land, erreichte er bald einen der Korridore, die dieLandwege der nevianischen Stadt bildeten. Offen-

sichtlich hatte sich das Gas bereits bis hierher ausge- breitet, denn zahlreiche zusammengesunkene Nevia-ner säumten seinen Weg – von einer Bewußtlosigkeitergriffen, aus der sie nicht wieder erwachen würden,wenn sie durch das Gegenmittel nicht wieder zumLeben erweckt würden. Costigan sprang hastig überdie regungslosen Körper, nahm sich aber noch die

Zeit, sein tödliches Gas in die Seitenkorridore zusprühen, die er passierte. Sein Ziel war die großeVentilationsanlage der Stadt. Kein Nevianer ver-mochte ihn aufzuhalten. Er erreichte das Hauptrohrder Luftversorgung, schnallte den großen Behälter abund entleerte seinen entsetzlichen Inhalt in den le- bensspendenden Luftstrom der nevianischen Stadt.

Überall in den Gebäuden sanken Nevianer zu-sammen Geschäftsleute fielen lautlos über ihre Papie-re, Handelsreisende und Boten stürzten zu Bodenoder erstarrten in den vergifteten Gewässern zwi-schen den Gebäuden. In den Randbezirken wunder-ten sich vereinzelte Nevianer über die Lähmung, vonder die ganze Stadt plötzlich ergriffen schien, dochdann wurden auch sie von dem Giftgas heimgesuchtund erlagen ihrem Schicksal.

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Durch die stillen Korridore bewegte sich Costiganauf einen Lagerraum zu, in dem er mit aller gebote-nen Vorsicht seinen altvertrauten Raumanzug anleg-te. Clios und Bradleys Ausrüstung rollte er zu einemumfangreichen Bündel zusammen, das er hinter sichherzog. So näherte er sich dem Dock, an dem das ne-vianische Raumschiff festgezurrt war.

 Jetzt wurde es problematisch. Die Mannschaft desSchiffes befand sich an Bord und war, da das Schiff eine eigene Luftversorgung hatte, wahrscheinlich

noch bei Bewußtsein. Sie hatte außerdem Waffen undwar vermutlich in höchster Alarmbereitschaft. Mit ih-ren Ultrastrahl-Geräten konnten ihn die Nevianerorten. Er konnte nur hoffen, daß er sich bereits zu na-he am Boot befand, um von den Ortungsschirmen er-faßt zu werden. Vorsichtig kauerte er sich in seinerDeckung nieder und starrte durch die Spionbrille. Er

 behielt den Korridor hinter der Luftschleuse desBootes im Blick. Er kannte die Türkombination undwartete auf eine günstige Gelegenheit.

Im nächsten Augenblick sprang er vor, öffnete dasSchott und warf eine Glasampulle in das Schiff. DieAmpulle zerbrach an einer Metallwand, und Costi-gan betrat das Schiff und beförderte die leblose

Mannschaft hinaus. Dann sprang er an die Kontrollenund manövrierte den kleinen Kreuzer an seinen ehe-maligen Käfig, wo er sich mit weiteren Gasbehälternversorgte.

Nach einer schnellen Erkundung der Lage riß erdann das Schiff im Steilflug in den Himmel undsetzte sich erst mit seinen Begleitern in Verbindung.

»Clio, Bradley – alles in Ordnung. Ich hab's ge-schafft. Ich komme dich jetzt holen, Clio.«

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»Wie wunderbar, Conway«, rief das Mädchen.»Aber du solltest dich zuerst um Captain Bradleykümmern! Wenn dann etwas passieren sollte, könnteer dir wenigstens helfen, während ich ...«

»Ich werde ihm einen Tritt versetzen, wenn er zu-erst zu mir kommt«, knurrte der Captain.

»Keine Sorge«, fuhr Costigan fort. »Du bist zuerstdran, Clio. Aber mein Spionstrahl ist nicht stark ge-nug, um dich zu erreichen; du bist zu weit entfernt.Ich möchte die Schiffseinrichtung aus Sicherheits-

gründen nicht benutzen. Bitte sprich also weiter, da-mit ich dich orten kann.«»Darin bin ich bestimmt nicht schlecht«, lachte Clio

erleichtert. »Wenn Sprechen als Musik  gewertet würde,wäre ich eine ganze Kapelle!« Und munter plaudertesie über die verschiedensten Dinge, bis Costigan sieunterbrach und ihr mitteilte, daß er sie geortet hätte.

»Tut sich etwas bei euch?« fragte er.»Soweit ich sehen kann, nein«, erwiderte sie. »Wie-so – ist damit zu rechnen?«

»Ich hoffe nicht, aber ich könnte mir vorstellen, daßsie bald die richtigen Schlüsse ziehen und die ande-ren Städte vor meinem Auftauchen warnen. Anderer-seits dürften sie ziemlich durcheinander sein und

noch nicht wissen, wer eigentlich für die Katastropheverantwortlich ist. Aber die Nevianer sind keine Nar-ren – sie werden spätestens aufmerksam, wenn ichdich geholt habe – vielleicht sogar schon vorher. Ichglaube, ich kann deine Stadt sehen.«

»Wie willst du vorgehen?«»Wie bei meinem eigenen Ausbruch, wenn mög-

lich. Ich werde Luftversorgung und Wasser verseu-chen und ...«

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»Conway«, schrie das Mädchen. »Sie müssen eseben erfahren haben, denn sie verlassen das Wasserund verschwinden hastig in den Gebäuden!«

»Ich bin jetzt direkt über dir«, erwiderte er grim-mig. »Die Klimaanlage der Stadt ist nicht zu überse-hen. Die Nevianer haben ein Dutzend Schiffe darumstationiert und in den Korridoren Wächter postiert,die Schutzmasken tragen. Schlaue Burschen, dieseAmphibienwesen! Sie scheinen das WT-Gas also dochzu kennen und haben sofort richtig reagiert. Das än-

dert natürlich meine Pläne, Mädchen! Wenn wir'shier mit WT versuchen, haben wir bei Bradley keineChance mehr! Mach dich zum Aufspringen fertig,wenn ich deine Tür aufmache!«

»Beeil dich, Liebling. Sie kommen schon!«Costigan hatte die beiden Nevianer, die sich Clios

Käfig näherten, bereits gesehen. Augenblicklich riß er

sein schnelles Raumschiff in den Sturzflug.Er verrechnete sich etwas, und anstatt sanft aufzu-setzen, landete das Boot mit einer Geschwindigkeit,die das Wasser hoch aufspritzen ließ. Doch Gravitati-onsanlage und Schiffshülle überstanden den Auf-prall. Kaum war das Schiff zur Ruhe gekommen, alsCostigan seinen Türstrahler bereits auf Clios Käfig

richtete – doch vergeblich.»Andere Kombination«, bellte er. »Mädchen, ich

muß dich hier herausholen. Achtung! Deckung!«Clio kauerte sich in einer Ecke des Käfigs nieder,

und ein Energiestrahl durchbrach die Käfigwand. Se-kunden später zog Costigan das Mädchen zu sich indie Luftschleuse, ließ das Schott wieder zuklappenund sprang an die Kontrollen. Das schnelle Boot jagtedavon.

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»Dein Raumanzug liegt da drüben, Clio. Es ist bes-ser, wenn du ihn anziehst. Und bitte überprüfe dieLewistons – wer weiß, was noch alles passiert!«schnappte er, ohne den Blick von den Bildschirmenzu nehmen. »Bradley, sagen Sie etwas ... gut, gut – ichhabe Sie schon. Halten Sie Ihren Atemschutz bereitund machen Sie sich auf etwas gefaßt. Jede Sekundezählt, wenn wir ankommen. Wir fliegen schon mitHöchstgeschwindigkeit; doch vielleicht ist das nichtschnell genug.«

»Nicht ganz«, erwiderte Bradley ruhig. »Sie kom-men schon.«»Bitte verhalten Sie sich ruhig – vielleicht entgehen

Sie dann dem Lärmstrahl. Sprechen Sie leise weiter,damit ich immer weiß, wo Sie sich aufhalten.«

»Hat keinen Sinn, Costigan«, sagte Bradley mittonloser Stimme. »Sie wollen sich offenbar auf nichts

einlassen. Sie werden mich ...« Und der Lautsprecherverstummte.Fluchend schaltete Costigan den mächtigen Ultra-

strahl-Projektor des Raumbootes ein und richtete ihnauf Bradleys Gefängnis. Es kümmerte ihn wenig, daßihn die Nevianer jetzt orten konnten. Sie wußten oh-nehin, wohin er wollte. Jedenfalls konnte er die Ne-

vianer beobachten, die den reglosen Körper desCaptains in ein kleines Boot trugen, das bald in einemder größten Gebäude der Stadt verschwand. Bradleywurde in einem riesigen Saal auf eine Couch gelegt.Costigan wandte sich unschlüssig an seine Begleite-rin. Gequält verzog sich sein Gesicht. Er fuhr sich mitder Zunge über die Lippen und setzte zweimal ver-geblich zum Sprechen an.

»Natürlich dürfen wir jetzt nicht aufgeben«, sagte

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sie leise. »Ich weiß, daß du am liebsten mit mir flie-hen möchtest – aber wenn du das tätest, würde ichdir nicht mehr ins Gesicht blicken können, und duwürdest mich dein ganzes Leben lang hassen.«

»Das ist es nicht.«Seine Stimme war heiser und erregt, doch seine

Hände ließen das Boot keinen Millimeter vom Kursabkommen. »Ich würde dem Teufel meine Seele ver-pfänden, wenn ich dich aus dieser Sache heil heraus- bekäme, aber wir stecken bis zum Hals drin, und wir

können nicht heraus. Wenn sie ihn umbringen, ver-schwinden wir. Wir beide und auch Bradley wissen,daß ich dich aus diesem Grunde zuerst geholt habe,aber solange wir drei am Leben sind, kommen wirentweder alle drei davon – oder keiner!«

»Natürlich«, sagte sie leise. »Wir schaffen es! Dumußt vergessen, daß ich eine Frau bin. Wir sind drei

Menschen, die gegen eine Welt voller Ungeheuerkämpfen. Ich bin einer von uns dreien. Ich werde dasSchiff steuern, die Projektoren bedienen oder dieBomben abwerfen – was soll ich tun?«

»Bomben abwerfen«, erwiderte Costigan. Er hattesich einen Plan zurechtgelegt, der eine kleine Erfolg-schance hatte. »Ich werde ein Loch in das Gebäude

 bombardieren, durch das du einige WT-Behälter ab-werfen kannst. Das wird die Burschen gehörig inSchach halten.«

»Aber was ist mit Captain Bradley?« fragte sie be-sorgt.

»Das läßt sich nicht ändern. Ich habe das Gegen-mittel bei mir, und wenn wir es innerhalb von einerStunde anwenden, ist alles in Ordnung. Wir haben al-so etwas Zeit, denn wenn wir in zehn Minuten nicht

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wieder verschwunden sind, können wir sowieso un-ser Testament machen. Ich könnte mir vorstellen, daßihre Streitkräfte bald auf dem Plan erscheinen, undwenn wir denen nicht davonlaufen, geht es uns anden Kragen! Los!«

Das Raumboot schwebte jetzt direkt über dem Ge- bäude, in dem Bradley gefangengehalten wurde. Seingewaltiger Strahl richtete sich senkrecht nach unten,durchtrennte säuberlich eine Metalldecke nach deranderen und erreichte schließlich die riesige Zentral-

halle, in der Bradley bewacht wurde. Der Strahl er-losch, und zwei WT-Kanister fielen durch den künst-lichen Schacht und erfüllten die Atmosphäre mit ih-rem tödlichen Gas. Wieder flitzte der Strahl auf und begann, langsam hin und her schwenkend, das riesi-ge Gebäude in Schutt und Asche zu legen; eine Etagenach der anderen klaffte auf und stürzte ein. Das

Raumboot schoß vor und landete in der jetzt offendaliegenden Halle. Langsam senkte es sich auf Tischeund Bänke herab, die unter seinem Gewicht krachendzusammenbrachen.

Die Nevianer hatten ein Großaufgebot an Wächternabkommandiert, von denen die meisten nicht einmalmit Atemschutzmasken ausgerüstet waren. Diese

fielen dem Gas sofort zum Opfer. Andere jedochvermochten sich gegen das Gas zu schützen, und einekleine Gruppe trat sogar in vollem Schutzanzug ge-gen das Raumschiff an. Doch gegen seine Waffen wa-ren auch sie machtlos.

»Mit dem schweren Geschütz heißt es vorsichtigumgehen«, erklärte Costigan, »damit ich Bradleynicht treffe. Ich werde die übrigen Nevianer am be-sten mit den Handwaffen erledigen. Bleib bitte hier

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und gib mir Feuerschutz.« Und er wollte die Luft-schleuse öffnen.

»Unmöglich! Das kann ich nicht!« rief Clio. »Ichkenne die Kontrollen nicht – ich würde dich oderCaptain Bradley glatt umbringen. Laß mich mitkom-men!« Und dicht hinter ihm verließ sie das schützen-de Schiff.

Mit feuerspeienden Handwaffen erkämpften sichdie beiden durch Spezialanzüge geschützten Gestal-ten ihren Weg zu Bradley, der jetzt – von seinen

Feinden paralysiert, von seinen Freunden vergiftet –doppelt hilflos war. Im ersten Ansturm wichen dieNevianer zurück, doch dann stellten sich ihnen sechsschwerbewaffnete Gestalten in den Weg, von derenSchutzschirmen Strahlen und Explosivgeschosse glei-chermaßen abprallten. Hinter diesen besonders aus-gerüsteten Wächtern nahmen etwa zwanzig andere

maskengeschützte Nevianer Aufstellung. Gleichzeitig begannen sich ganze Abteilungen schwerbewaffneterAmphibienwesen in die Halle zu drängen.

Kurzentschlossen rannte Costigan zum Schiff zu-rück.

»Weitermachen«, rief er Clio zu. »Ich werde mir diesechs Burschen vom Boot aus vornehmen und mich

auch um die Verstärkung da drüben kümmern. Dusorgst bitte für die übrigen und ziehst Bradley hierherüber, ja?«

An seine Kontrollen zurückgekehrt, schickte er sei-nen Energiestrahl aus, und einer nach dem anderen brachen die sechs gepanzerten Gestalten zusammen.Er wußte, daß es Clio mit den übrigen Nevianernaufnehmen konnte, und wandte sich den Verstär-kungen zu, die jetzt von allen Seiten vordrangen.

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Immer wieder blitzte der tödliche Strahl auf, und woer traf, blieb kein Nevianer am Leben. Aber nicht nurNevianer fielen seinen Angriffen zum Opfer – auchWände, Fußböden und Rampen verschwanden imFeuersturm der Energien. Nachdem er sich auf dieseWeise etwas Luft verschafft hatte, wollte er Clio wie-der zu Hilfe eilen – doch sie hatte ihre Gegner inzwi-schen im Alleingang beseitigt und war damit be-schäftigt, Bradley über den zerschossenen Fußbodenzum Raumschiff zu ziehen.

Costigan half ihr, den schweren Mann in die Luft-schleuse zu befördern. »Hinein mit dir«, sagte er.»Jetzt geben wir Fersengeld!«

Aber das Verlassen der jetzt völlig zerstörten Hallewar nicht ganz so einfach, wie es sich Costigan vorge-stellt hatte. Kaum hatte er seine Luftschleusen ge-schlossen, als ein weiterer Teil des Gebäudes zusam-

menbrach und dem Boot den Rückzug abschnitt.Gleichzeitig verstärkten nevianische Luftboote undUnterwasserfahrzeuge ihre Angriffe auf das zerstörteGebäude, um die Fremden in den Trümmern einzu-schließen. Es gelang Costigan nur mit Mühe, sich ei-nen Weg freizuschießen, und da die Nevianer inzwi-schen Zeit gehabt hatten, sich auf seinen Ausbruch

vorzubereiten, stieß er auf einen konzentrierten Walltödlicher Energien, als er aus den Trümmern auf-tauchte.

Doch er hatte für seine Flucht nicht umsonst diesesRaumboot gewählt, das nach den beiden interstella-ren Raumschiffen das kampfstärkste nevianischeSchiff überhaupt war. Und nicht umsonst hatte erwährend der langen Tage und Nächte seiner einsa-men Gefangenschaft jedes Detail der Kontrollen stu-

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diert. Er hatte das Boot mit seinen Spionstrahlen ver-folgt, hatte es bei seinen Testflügen beobachtet undwar mit seinen Möglichkeiten bis ins letzte vertraut.Und es war wirklich ein erstaunliches Schiff! DieAtomgeneratoren seiner Schutzschirme hielten demnevianischen Angriff mit Leichtigkeit stand, seinepolyzyklischen Schirme bildeten einen wirksamenSchutz gegen Explosivgeschosse aller Art, und seineWaffen suchten ihresgleichen. Costigan setzte dievolle Kampfkraft des Bootes ein; seine Angriffsstrah-

len trafen auf die Nevianer, deren Verteidigungs-schirme wild aufflammten und zusammenbrachenund die Schiffe den Energien schutzlos preisgaben.

Immer wieder rasten Nevianer auf das Raumbootzu und versuchten es zu rammen – vergeblich. Alsletzten Ausweg errichtete eine Gruppe von Unter-wasserschiffen von der Meeresoberfläche aus ein

dunkelrotes Traktorfeld, das den fliehenden Raum-kreuzer umgab und ihn langsam nach unten zog.»Was soll das, Conway?« fragte Clio ängstlich. »Sie

können doch nichts gegen uns ausrichten ...«»Das wollen sie auch nicht – sie wollen uns zu-

nächst nur an der Flucht hindern. Aber da kenne ichein Gegenmittel.« Und mit diesen Worten betätigte er

sich an seinen Kontrollen, und ein knisterndes Ener-gieband trennte den mächtigen Traktorstrahl. MitHöchstgeschwindigkeit schoß das Boot aufwärts und jagte zwischen den wenigen Booten hindurch, diesich noch zwischen ihm und der Freiheit befanden.

»Geschafft! Conway! Wir haben es geschafft«, ju- belte Clio. »O Conway, das ist einfach toll!«

»Noch ist gar nichts geschafft«, beschwichtigte sieCostigan. »Das Schlimmste steht uns noch bevor –

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Nerado. Seinetwegen hat man uns aufhalten wollen,und seinetwegen müssen wir uns jetzt beeilen. SeinRaumschiff kann uns gefährlich werden, und wirmüssen möglichst weit weg sein, wenn er sich zurühren beginnt.«

»Und du glaubst, daß er uns verfolgen wird?«»Ob ich es glaube? Mädchen, ich weiß es! Die Tat-

sache, daß wir außerordentlich seltene Versuchstieresind und daß er uns nach unserer letzten Flucht soeindringlich verwarnt hat – allein das reicht aus, um

ihn nicht wieder loszuwerden. Außerdem haben wirden Nevianern bei unserer Flucht gehörig zugesetztund wissen zu viel, als daß man uns einfach gehenlassen kann. Ganz abgesehen von dem Boot, das sieganz bestimmt nicht aus den Fingern lassen möchte.Kann da noch ein Zweifel bestehen, daß uns Neradoverfolgen wird?«

Er schwieg und konzentrierte sich auf seine Kon-trollen. Nach kurzer Zeit hatten sie die AtmosphäreNevias hinter sich gelassen. Als die Instrumente zuseiner Zufriedenheit eingestellt waren und das Schiff mit ständig zunehmender Geschwindigkeit auf dieSonne zuhielt, legte Costigan seinen Raumanzug abund kümmerte sich um den hilflosen Bradley.

»Er sieht so ... so ... tot aus, Conway! Bist du wirk-lich sicher, daß es noch nicht zu spät ist?«

»Absolut. Wir haben noch viel Zeit.« Aus einer ver-siegelten Tasche seines Anzugs nahm er ein kleinesPaket, das eine Injektionsspritze und drei Ampullenenthielt. Vorsichtig, injizierte er eine klare Flüssigkeit.»So, das wäre alles, Clio. Jetzt können wir nur nochabwarten.« Sie betteten den leblosen Captain auf einegepolsterte Liege. »Er wird in fünf bis sechs Stunden

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erwachen. Die Lähmung dürfte schon vorher abge-klungen sein.«

»Glaubst du, daß wir eine Chance haben, Conway,ich meine ... werden wir ...?«

»Vielleicht haben wir eine Chance, vielleicht«, er-widerte Costigan ernst. »Das hängt von zwei Dingenab. Erstens von dem Vorsprung, den wir herausho-len. Nerados Kreuzer ist schneller und größer als je-des andere Schiff, das ich kenne, und wenn er eswirklich eilig hat – woran ich in unserem Fall nicht

zweifle –, wird er uns auf jeden Fall eingeholt haben,ehe wir der Erde überhaupt nahe gekommen sind.Zweitens habe ich Rodebush einige interessante Da-ten übermittelt, die er und Cleveland beim Baum desSuperschiffes vielleicht noch berücksichtigen konn-ten. Und wenn das der Fall sein sollte, werden sie bald hier in der Gegend auftauchen. Und sie werden

gegen Nerado einiges aufzubieten haben! Aber dar-über brauchen wir uns jetzt noch nicht die Köpfe zuzerbrechen. Dazu ist es noch früh genug, wenn sichetwas auf unseren Schirmen rührt.«

»Wenn uns Nerado erwischt, wirst du ...« Sie hielterschrocken inne.

»Mich wehren? Ich glaube, das hat keinen Sinn. Ich

 bin fast der Meinung, daß er uns nichts antun würde.Bei Roger wäre das etwas anderes – aber Neradoscheint auf seine Art ein aufrechter alter Bursche zusein, der irgendwie einen ganz guten Eindruck macht. Die Vorstellung, daß ich mich mit diesemFisch vielleicht einmal anfreunden könnte, kommtmir gar nicht mehr so unmöglich vor – wenn wir nurirgendwie als Gleichgestellte miteinander sprechenkönnten ...«

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»Mit ihm anfreunden? Niemals«, erklärte das Mäd-chen entschieden. »Es macht mich ganz kribbeligwenn ich ihn nur anschaue – seine Schuppen, seinFischkörper, sein Gestank ...«

Costigan lachte. »Das sind nur Äußerlichkeiten,Mädchen. Ich habe Leute gesehen, die sehr ehrbaraussahen und wie ein Blumenladen rochen, denenman aber keinen Zentimeter über den Weg trauenkonnte.«

»Aber überlege doch, was er uns angetan hat!«

wandte sie ein. »Und man hat nicht versucht, unseinzufangen – man wollte uns umbringen!«»Das war unter den Umständen eigentlich völlig

gerechtfertigt, Clio. Was hätten sie sonst tun sollen?«fragte er. »Du darfst nicht vergessen, daß wir unsauch nicht gerade rücksichtsvoll verhalten haben.Aber irgendwie war es für beide Seiten nicht zu um-

gehen, das zu tun, was getan werden mußte – undwir werden uns das gegenseitig nicht vorhalten. Ne-rado ist ein fairer Kämpfer, davon bin ich überzeugt!«

»Das mag ja sein, aber ich kann ihn nicht ausste-hen. Wir wollen nicht mehr von ihm sprechen. Wirwollen lieber über uns reden.«

»Ja. Gern«, sagte er und küßte sie zärtlich. »Aber

du siehst aus, als hättest du ein marsianisches Pick-nick hinter dir. Wann hast du zuletzt gegessen?«

»Ich weiß nicht. Heute morgen vielleicht.«»Oder vielleicht gestern abend oder gestern mor-

gen? Das habe ich mir doch fast gedacht! Bradley undich können einiges vertragen, aber du mußt auf dei-nen Magen aufpassen. Ich werde mich mal umsehen.Vielleicht kann ich dir etwas zurechtmachen.«

Costigan durchsuchte die Lagerabteile und machte

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sich kurz darauf an die Zubereitung eines schmack-haften Fleischgerichts. Nach dem Essen schickte erClio zu Bett, während er an Bradleys Seite wachte, bisdieser nach einigen Stunden das Bewußtsein wieder-erlangte.

Mehrere Tage vergingen ereignislos, während daskleine Raumboot mit Höchstgeschwindigkeit durchdie Unendlichkeit eilte. Seine Ortungsschirme regi-strierten kein unbekanntes Objekt.

»Ich weiß nicht, ob ich mich davor fürchten soll,

daß wir etwas orten, oder davor, daß wir nichts or-ten«, sagte Costigan mehr als einmal. Schließlich stie-ßen die unfehlbaren mechanischen Wächter doch auf ein Hindernis. Costigans Gesicht verhärtete sich, alsauf dem Schirm ein Punkt auftauchte, der nur Nera-dos Schiff sein konnte. Sie wurden verfolgt!

»Auf geht die Jagd«, sagte er. »Er wird einige Tage

 brauche, bis er uns ... aber was ist das?« Der Alarmdes Ortungsgerätes war erneut angeschlagen, und einzweiter Punkt erschien auf den Schirmen – diesmal inder entgegengesetzten Richtung. Costigan schickteeinen gezielten Spionstrahl aus und erblickte einzweites nevianisches Raumschiff, das ihnen mit un-glaublicher Geschwindigkeit entgegenkam.

»Scheint das Schwesterschiff zu sein, das aus unse-rem Sonnensystem zurückkommt«, sagte er. »Es istwahrscheinlich so schwer mit Eisen beladen, daß wirihm vielleicht ausweichen können. Der Bursche hataußerdem eine derartige Geschwindigkeit drauf, daßer für die Abbremsung mindestens drei Tage brau-chen würde. Wenn sich unser Superschiff in der Ge-gend herumtreibt, wäre jetzt der richtige Augenblick zum Eingreifen!«

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»Ruhig, Fred! Ich glaube, ich höre etwas! Da scheintsich etwas zu rühren!« rief Cleveland. Seit Tagen wardie Boise durch die Unendlichkeit des Weltalls gerast,und es sah so aus, als ob sich die Expedition endlichihrem Ende zuneigte. Rodebush stellte den Antriebab, und durch das Knacken und Knistern des Emp-fangsgerätes war eine leise Stimme zu hören.

»... brauchen dringend Hilfe! Samms ... Cleveland... Rodebush ... wer immer mich hören kann! Hierspricht Costigan. Ich befinde mich mit Miß Marsdenund Captain Bradley an Bord eines nevianischenBootes. Wir steuern, wie ich hoffe, auf unsere Sonnezu. Genaue Position und Entfernung unbekannt –möglicherweise mehrere Lichtjahre. Richtung ist etwa

Raumsektor 17 Dx ... dreizehn Grad. Mein Funk-spruch müßte zu orten sein. Wir werden von einemnevianischen Schiff verfolgt, während uns ein zweitesaus Richtung Sonnensystem direkt entgegenkommt.Wir können ihm vielleicht ausweichen, aber nurvielleicht. Jedenfalls brauchen wir dringend eure Hil-fe. Samms ... Rodebush ... Cleveland ... wer immer

mich hören kann ...«Die schwache Stimme wiederholte ihren Spruch,

doch Rodebush und Cleveland hatten sich bereits auf andere Dinge konzentriert. Empfindliche Ultrastrah-len streckten ihre Fühler aus, und die Boise folgte ei-nem vorläufig errechneten Kurs mit einer Geschwin-digkeit, die sie bisher noch nicht erreicht hatte – mitder unvorstellbaren Geschwindigkeit trägheitsloserMaterie, die vom Höchstschub der Generatoren

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durch ein nahezu vollkommenes Vakuum bewegtwurde. Für die Boise schrumpften Entfernungen zueinem Nichts zusammen, während ihre Ortungs-strahlen nach den drei Menschen suchten, die ver-zweifelt um Hilfe riefen.

»Hast du eine Vorstellung, wie hoch unsere Ge-schwindigkeit ist?« fragte Rodebush und wandte denBlick  von seinem Beobachtungsschirm. »Da wir Costi-gan gehört haben, müßten wir ihn auch sehen können.Außerdem ist unsere Reichweite bestimmt größer.«

»Nein. Ohne exakte Angaben kann ich die Ge-schwindigkeit nicht ausrechnen. Jedenfalls fliegen wirschneller, als ich es jemals für möglich hielt. Und wirsind so schnell, daß du dich lieber wieder um deinenSchirm kümmern solltest. Auch wenn wir sie sehenkönnen, werden wir vielleicht gar nicht wissen, wosie sich befinden, denn wir kennen die Einflüsse

nicht, denen unsere Strahlen ausgesetzt sind. Esdürfte überhaupt schwer sein, Entfernungen abzu-schätzen.«

»Falls wir aber schneller sind als unsere Ortungs-strahlen, sehen wir überhaupt nichts«, bemerkte Ro-debush. »Das wäre ein richtiges Manövrierkunst-stück.«

»Was wollen wir tun, wenn wir es schaffen?«»Wir werden die beiden Schiffe direkt zusammen-

führen und die drei an Bord nehmen. Wenn derKampf aber schon begonnen hat ... Da sind sie ja!«

Und auf dem Bildschirm erschien das Bild einesfremdartigen Kontrollraums, und Costigans Stimmetönte aus dem Lautsprecher.

»Hallo, Fred! Hallo, Cleve! Willkommen im Bunde!Wo seid ihr?«

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»Wissen wir nicht!« schnappte Cleveland. »Undwir kennen auch deine Position nicht. Ohne genaueDaten ist die Orientierung verflixt schwierig. Jeden-falls freut es mich, daß du noch am Leben bist. Wostecken die Nevianer? Wieviel Zeit haben wir noch?«

»Es wird nicht reichen, fürchte ich. So wie die Din-ge liegen, werden sie in ein paar Stunden hier sein.Und ihr seid noch nicht einmal im Bereich meinerOrtungsschirme.«

»Mehrere Stunden?« lachte Cleveland erleichtert.

»Das ist mehr als genug. Wir könnten in dieser Zeitdie ganze Galaxis durchqueren ...« Er unterbrach sich,als Rodebush ihn anstieß.

»Weitersenden, Knirps! Weitersenden!« schrie derPhysiker, als Costigans Bild plötzlich vom Bildschirmverschwand.

Rodebush legte die Neutralisatoren still und brachte

die Boise damit augenblicklich zum Stillstand. Dochdie Verbindung war unterbrochen. Die Geschwindig-keit des Superschiffes war so groß gewesen, daß es andem Raumboot vorbeigeschossen war und sich unge-zählte Millionen Kilometer wieder von ihm entfernthatte. Aber Cleveland erfaßte die Lage sofort. SeineFinger flogen über die Tasten des Computers.

»Auf Gegenkurs! Maximumbeschleunigung sieb-zehn Sekunden«, ordnete er an. »Das wird natürlichnicht genau stimmen, aber wir werden uns dann mitden Detektoren weiterhelfen können.«

Siebzehn Sekunden lang wurden die Antriebskräfteder Boise aktiviert, siebzehn Sekunden lang raste sieauf dem Kurs zurück, den sie eben genommen hatte,und als sie erneut gestoppt wurde, erschien das Bilddes nevianischen Raumbootes auf den Bildschirmen.

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»Als Computer bist du einmalig«, sagte Rodebushanerkennend. »Die Entfernung ist jetzt so gering, daßwir mit normalen Projektoren manövrieren müssen,wenn wir nicht noch einmal an ihnen vorbeischießenwollen.«

»Und doch sind wir nicht nahe genug, um sie im›trägen‹ Flug rechtzeitig zu erreichen.«

»Moment«, sagte Rodebush. »Da fällt mir etwas ein.«Und er wandte sich zum Mikrophon. »Costigan!

Wir werden dich mit einem sehr leichten Traktor-

strahl einfangen, den du unter keinen Umständenunterbrechen darfst – sonst schaffen wir es nicht. Undlaß dich nicht täuschen. Unsere Annäherung wird dirzwar im ersten Augenblick wie eine Katastrophe vor-kommen – aber sei unbesorgt. Es passiert nichts!«

»Ein trägheitsloser Traktorstrahl?« fragte Cleveland.»Warum nicht?« Rodebush wandte sich zu seinen

Kontrollen, drosselte die Strahlenergie auf den Min-destwert und legte den Hebel um.Obwohl der Traktorstrahl nur einen sehr geringen

Zug ausübte, sprang die Boise mit einer derartigenGeschwindigkeit auf das kleinere Fahrzeug zu, daßsie die gewaltige Entfernung von mehreren hundert-tausend Kilometern in Sekundenbruchteilen zurück-

legte. Die Schiffe vergrößerten sich so schnell auf denBildschirmen, daß die automatische Schärfeeinstel-lung ihrer Aufgabe nicht mehr gerecht wurde.Cleveland fuhr zusammen und umklammerte seineArmstützen, als ihm bewußt wurde, was da auf denBildschirmen passierte, und sogar Rodebush hielt er-schrocken den Atem an.

Und wenn sich die beiden Männer, die beim Baudes Superschiffes mitgewirkt hatten, kaum beherr-

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schen konnten – wie mußte es dann um die drei Pas-sagiere des kleinen Raumbootes bestellt sein, die vonden Fähigkeiten des Wunderschiffs keine Ahnunghatten! Clio starrte mit schreckgeweiteten Augen auf den Bildschirm und stieß einen durchdringendenSchrei aus. Bradley fluchte laut und hob abwehrendden Arm. Costigan, der seinen Augen nicht traute,hastete auf seine Kontrollen zu, um den Traktorstrahltrotz der Warnung zu unterbrechen. Doch zu spät.Ehe seine Finger den Kopf berühren konnten, war die

Boise heran, die – obwohl sie ihre unvorstellbare Ge-schwindigkeit nicht zu bremsen schien – das Raum- boot ohne die geringste Erschütterung berührte.Übergangslos paßte sie sich der Geschwindigkeit deskleineren und langsameren Schiffes an. Clio schluchzteerleichtert auf, und Costigan, der einen Arm um siegelegt hatte, schloß seufzend die Augen.

»He, ihr Raumratten«, brüllte er. »Wie ich michfreue, euch mal wieder zu sehen! Aber was fällt euchein, uns so zu Tode zu erschrecken! Das ist also euerSuperschiff. Mann, was für ein Kahn!«

»Hallo, Murph! Tag, Knirps«, tönte es aus denLautsprechern.

»Murph? Knirps? Was soll das?« fragte Clio, die

sich von ihrem Schock zu erholen begann. Es war of-fensichtlich, daß sie noch nicht recht wußte, ob ihr dieSpitznamen gefielen, mit denen ihr Conway bedachtwurde.

»Mein zweiter Vorname ist Murphy, also hat manmich Murph genannt, seit ich in den Windeln lag.Wart's nur ab, die hängen mir noch ganz andere Na-men an.«

»Knirps? Es ist nett, daß dich die Männer mögen –

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aber das ist ja auch kein Wunder.« Und lächelndlehnte sie den Kopf an seine Schulter, während Rode- bush das Wort ergriff.

»Ich hatte keine Ahnung, daß sich die Annäherungauf den Schirmen so entsetzlich machen würde; ich bin genauso erschrocken wie ihr. Tut mir leid. Aber jedenfalls haben wir es geschafft! Die Sache funktio-niert – nicht zuletzt wegen eines gewissen ConwayCostigan, der jetzt so schnell wie möglich zu uns anBord kommen sollte. Pack deine Sachen zusammen

und ...«»›Sachen‹ ist gut!« lachte Costigan, und Clio ki-cherte.

»Wir sind in der letzten Zeit so oft umgezogen, daßwir kein eigenes Gepäck mehr haben«, erklärte Brad-ley. »Aber wir kommen jetzt.«

»Seid ihr irgendwie an dem Schiff interessiert?«

fragte Costigan.»Eigentlich ja, aber unsere Luftschleusen sind nichtgroß genug – und wir haben jetzt nicht die Zeit füreine eingehende Untersuchung. Du kannst die Kon-trollen abschalten, damit wir den Flitzer notfalls wie-derfinden.«

»In Ordnung.« Drei Gestalten in Raumanzügen

traten in die offene Schleuse der Boise , der Traktor-strahl wurde abgeschaltet, und die beiden Schiffetrennten sich.

»Die Formalitäten sollten wir auf später verschie- ben«, unterbrach Captain Bradley die allgemeine Be-grüßung. »Ihr habt mir mit eurem Wunderschiff ei-nen gehörigen Schrecken eingejagt, und vielleicht binich überempfindlich. Aber der Nevianer da drübenist bestimmt kein leichter Brocken!«

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»Das kann man wohl sagen«, fügte Costigan hinzu.»Wie sieht es aus? Können wir es mit ihm aufneh-men? Wie dem auch sei – schnell genug zum Fliehensind wir bestimmt.«

»Fliehen?« lachte Cleveland. »Wir haben mit demBurschen noch ein Hühnchen zu rupfen, Conway. Esist noch nicht so lange her, da hatten wir das Schiff dadrüben fast zu Schrott geschossen, als uns ein SatzGeneratoren durchbrannte – und nach der Reparaturwaren wir jetzt wieder hinter ihm her. Schaut euch

das an! Er gibt Fersengeld!«Der Nevianer hatte sich zur Flucht gewandt. Of-fenbar hatte der fremde Kommandant das riesigeSchiff erkannt, das den Flüchtlingen aus dem Nichtszu Hilfe gekommen war, und da er dem Superschiff einmal nur mit knapper Not entronnen war, hatte erwenig Lust, es auf einen zweiten Kampf ankommen

zu lassen. Doch er bemühte sich vergeblich. Einschwacher Traktorstrahl zuckte vor und brachte die beiden Schiffe dicht zusammen. Diesmal vermochteder Nevianer den tödlichen Strahl nicht zu durchbre-chen; vergeblich setzte er seine Energiewand ein, diesich in Rodebushs Traktorstrahl festbiß.

Und wieder wurden Explosivgeschosse aller Art

abgefeuert, infernalische Makrostrahlen bestürmtendie nevianischen Schirme, die einer nach dem ande-ren zusammenbrachen. In letzter Verzweiflung ließder Gegner seine sämtlichen Energien in einem gi-gantischen polyzyklischen Schirm zusammenfließen,der jedoch von Clevelands Bohrstrahl in Sekunden-schnelle durchbrochen wurde. Der hohle Strahl wur-de diesmal durch einen SX7-Strahl von innen herausnoch verstärkt, dessen erster Stoß ein Loch durch das

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nevianische Raumschiff bohrte. In dieses Loch diri-gierte Adlington seine Geschosse. Im nächsten Au-genblick brachen sämtliche Schirme zusammen, dasnevianische Schiff detonierte und verging in einersich schnell vergrößernden Gaswolke.

Das war das Ende des nevianischen Raumschiffes,das Pittsburgh überfallen hatte. Augenblicklichwandte sich Rodebush dem Kreuzer Nerados zu.Doch dieser hatte die Ereignisse genau verfolgt undzog es vor, einem Kampf auszuweichen, der für ihn

hoffnungslos gewesen wäre. Seine Geräte hatten dieWaffen und Schirme der Boise analysiert, und wäh-rend er die Geschwindigkeit seines Schiffes verrin-gerte und es in einer gewaltigen Schleife auf Gegen-kurs brachte, waren seine Wissenschaftler bereitsdamit beschäftigt, die Bewaffnung und Generatorenzu verstärken, damit sie dem Ansturm des fremden

Schiffes gewachsen waren.»Bringen wir ihn gleich zur Strecke, oder lassen wirihn noch ein wenig schwitzen?« fragte Costigan.

»Ich denke, wir warten noch ein bißchen«, erwi-derte Rodebush. »Oder was meinst du?«

»Warten wir!« sagte Cleveland, der den Gedankenseines Freundes erriet. »Vielleicht führt er uns nach

Nevia – ohne einen Lotsen würden wir seinen Hei-matplaneten bestimmt nicht finden. Bei der Gelegen-heit können wir es seiner Rasse ein für allemal aus-treiben, sich bei uns im Sonnensystem auszutoben.«

So paßte die Boise ihre Geschwindigkeit der Be-schleunigung des nevianischen Raumschiffes an undnahm die Verfolgung auf, wobei sie den Eindruck vermittelte, nicht schnell genug zu sein, um den Vor-sprung der Nevianer zu verringern.

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Während das nevianische Schiff weiter unter Beob-achtung gehalten wurde, machten sich auch die Liga-Wissenschaftler daran, die Bewaffnung der Boise zuverstärken. Costigan kannte und respektierte die Fä-higkeiten des nevianischen Kommandanten, und auf seine Vorschläge hin wurden zahlreiche Verbesse-rungen angebracht.

Am zweiten Tag der Verfolgung begannen die Ne-vianer plötzlich abzubremsen.

»Was ist?« fragte Rodebush. »Wir werden den

Wendepunkt doch noch nicht erreicht haben?«»Nein«, Cleveland schüttelte den Kopf. »Das dürftenoch etwas dauern.«

»Ich nehme an, daß sich auf  Nevia etwas zusammen- braut«, schaltete sich Costigan ein. »Wie ich den Bur-schen kenne, hat er seine Ankunft angemeldet, und jetzt nimmt das Begrüßungskomitee Aufstellung. Wir

sind zu schnell, also bremst er uns. Sehr geschickt.«»Allerdings«, stimmte Rodebush zu. »Aber warumsollen wir ihm den Gefallen tun, wenn wir jetzt unse-ren Weg allein finden können?«

»Bleibt immer noch die Frage, ob wir uns zuerstdas Raumschiff vornehmen.«

»Du kannst es ja versuchen«, sagte Costigan. »Aber

du solltest dich vorher überzeugen, ob du auchschnell genug fliehen kannst, wenn es nötig seinsollte.«

»Fliehen?« fragte Rodebush entgeistert.»Genau! Ich kenne die Nevianer besser als du.

Glaube mir, Fred, sie wissen, was sie tun.«»Kann sein«, gab Rodebush zu. »Wir werden also

kein Risiko eingehen.«Die Boise stürzte sich mit flammenden Waffen auf 

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den Nevianer, doch erwartungsgemäß war NeradosSchiff auf den Angriff vorbereitet. Im Gegensatz zuseinem Schwesterschiff hatte es Wissenschaftler anBord, die mit den Grundtheorien ihrer Waffen be-stens vertraut waren. Gewaltige Energiefelder undStrahlen wurden von beiden Seiten ausgeschickt,Verteidigungsschirme flammten auf und versprühtenihre Energie. Geschosse aller Art wurden abgefeuertund explodierten mitten im All oder verschwandeneinfach, ohne Schaden angerichtet zu haben. Auch

Clevelands Bohrstrahl erwies sich als nutzlos. BeideSchiffe waren mit dem besten Kriegsmaterial ausge-rüstet, das ihre Erbauer hervorbringen konnten, beidehatten eine Mannschaft aus fähigen Wissenschaftlern,die ihren Waffen das höchste abverlangte. Die beidenRaumschiffe waren einander ebenbürtig.

Die Boise gab den sinnlosen Kampf auf und er-

reichte nach wenigen Minuten Nevia. Ohne weitereVerzögerung trat sie in die rote Atmosphäre ein undnäherte sich der Stadt, die Nerados Heimathafen be-herbergte.

»Moment«, sagte Costigan. »Das gefällt mir nicht!«Im gleichen Augenblick wurden mitten aus der

Stadt unzählige leuchtende Energiekugeln auf die

Boise abgeschossen. Offenbar war es den Nevianerngelungen, die Todeswaffe der Tiefseefische nachzu- bauen, und mit ihrer Neuentdeckung entfesselten sie jetzt einen wahren Energiesturm unter dem uner-wünschten Eindringling.

»Was gefällt dir nicht – diese lächerlichen Dinger?«fragte Rodebush. Die Energiebälle prallten wir-kungslos von den polyzyklischen Schutzschirmen derBoise ab.

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»Nein, das dort drüben.« Und Costigan deutete auf einen sphärischen Schutzschirm, der einige größereGebäude umspannte. »Gebäude und Schirm sind neuin dieser Stadt. Nerado hat unsere Ankunft also tat-sächlich verzögern wollen. Aber wir sind trotzdem zufrüh gekommen, denn zum Glück scheint man nochnicht fertig zu sein.«

Nerado hatte sich mit den Wissenschaftlern seinerHeimatstadt in Verbindung gesetzt und sie angewie-sen, Konverter und Generatoren zu bauen, die stark 

genug waren, um die Verteidigungsschirme des Su-perschiffes zu bezwingen. Doch die übermächtigenWaffen waren noch nicht fertig.

»Werft ein paar Bomben auf den Schirm«, wies Ro-debush seine Spezialisten an.

»Unmöglich«, erwiderte Adlington sofort. »Es hatkeinen Sinn. Gegen einen polyzyklischen Schirm

kommen wir nicht an. Aber wenn Sie ein Loch hin-einbohren könnten, hätte ich eine ganz besondereBombe für Sie – die wird uns die Arbeit abnehmen,wenn wir sie richtig zünden können.«

»Ich werd's versuchen«, erwiderte Cleveland. »Ne-rados polyzyklischer Schirm war zu stark für mich,weil ich ihn nicht rammen konnte – das Schiff wich

vor meinem Ansturm immer zurück. Doch derSchirm da unten kann nicht zurückweichen. HaltenSie Ihre Spezialbombe bereit. Festhalten!«

Die Boise zog sich bis in die Ausläufer der neviani-schen Atmosphäre zurück, dann setzte sie zu einemSturzflug an und raste durch einen Sturm von Ener-giebällen, Strahlen und Explosivgeschossen auf dengewaltigen Schutzschirm zu – und wurde abrupt ge-stoppt, als ihr Bohrstrahl auf die schützende Halbku-

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gel aus reiner Energie traf. Der Strahl bohrte sich,unterstützt von dem gewaltigen Bewegungsmomentdes Raumschiffes, in die feindlichen Energien hinein,und ein unvorstellbares Kräftemessen begann. Es warein Glück für das Liga-Schiff, daß es ausreichend Ei-sen an Bord hatte und daß seine gewaltigen Konver-ter und Generatoren weiter verstärkt worden waren.Denn die ozeanische Festung wehrte sich mit allenKräften. Doch hinter dem Angriff der Boise steckte je-des Watt Energie, das sie aufbringen konnte.

So durchstieß der Bohrstrahl den polyzyklischenSchirm der Nevianer, und augenblicklich wurde Ad-lingtons Spezialbombe abgeworfen, die derart mitsensitiviertem Eisen geladen war, daß kein Angreiferes gewagt hätte, sie auf einem Planeten einzusetzen,der ihm etwas bedeutete. Die Bombe verschwand inder schützenden Energieröhre und unter der Wasser-

oberfläche.»Ab!« brüllte Adlington, und als der schillerndeBohrstrahl erlosch, drückte er auf den Zündknopf.

Im ersten Augenblick schien nichts zu passieren.Von der Explosion, die den Planeten Nevia bis in sei-ne Grundfesten erschüttern sollte, war nur ein leisesGrollen zu hören, und dem Auge bot sich nur eine

leichte Bewegung des Wassers. Doch dann hob sichder Wasserspiegel und teilte sich über einem riesigenAbgrund, der in den Meeresboden gerissen wordenwar. Immer höher stiegen diese Wasserberge undzerschlugen die nevianische Stadt.

Die Wasserwogen wurden nach außen gedrücktund entblößten kilometerweit den felsigen Meeres-grund. Die gewaltige Luftturbulenz erschütterte so-gar das Raumschiff, das die Explosion aus großer

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Höhe beobachtete. Wenig später kamen die ver-drängten Wassermassen kurz zum Stillstand, ehe siein den neugeschaffenen Abgrund zurückstürzten undihr Vernichtungswerk an der nevianischen Stadt voll-endeten. Reißende Ströme von unwiderstehlicher Ge-stalt rissen alles mit sich in die Tiefe, als die MillionenTonnen von Wasser einen Ausgleich suchten, als siein riesigen Sturzseen vor und zurück schwappten – inSturzseen, die den gewaltigen Planeten halb umkrei-sten, ehe sie verebbten.

Die Stadt war für immer zum Schweigen gebracht.»Mein Gott«, sagte Cleveland und unterbrach da-mit als erster das Schweigen, das sich im Kommando-raum der Boise ausgebreitet hatte. »Aber ... aber was blieb uns anderes übrig? Und im Vergleich zu ihremAngriff auf Pittsburgh ... Die Stadt war sicherlich bisauf die Militärbesetzung evakuiert ...«

»Natürlich«, sagte Rodebush. »Was machen wir jetzt? Ich möchte mich eigentlich noch ein wenig um-sehen, um festzustellen, ob sich noch andere Städteauf unseren Besuch vorbereitet haben ...«

»O nein! Costigan«, schluchzte Clio. »Ich kann die-sen Anblick nicht noch einmal ertragen!«

»Ruhig, Clio«, sagte Costigan und legte beruhigend

den Arm um sie. »Wir müssen uns natürlich umse-hen. Aber ich glaube nicht, daß wir etwas finden. Ei-ne bewaffnete Stadt hätte völlig ausgereicht, wenndie Pläne der Nevianer gelungen wären.«

Mehrmals umkreiste die Boise den Planeten, ohneauf weitere Befestigungen zu stoßen. Überraschen-derweise kam es auch zu keinen weiteren Feindselig-keiten.

»Ich möchte wissen, warum«, überlegte Rodebush.

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»Natürlich verhalten wir uns ebenfalls ruhig, aberman könnte doch annehmen ... Glaubt ihr, daß sie auf Nerado warten?«

»Wahrscheinlich«, erwiderte Costigan. »Wir solltenseine Ankunft ebenfalls abwarten. Wir können dieSache nicht einfach so auf sich beruhen lassen.«

»Aber was sollen wir ...?« fragte Cleveland beun-ruhigt.

»Irgendwie müssen die offenstehenden Fragen ge-regelt werden – so oder so«, erklärte Costigan. »Wir

sollten es zuerst am Verhandlungstisch versuchen –und ich habe da so eine Ahnung ... Jedenfalls kann esuns nicht schaden, und ich weiß, daß Nerado uns hö-ren und verstehen kann.«

Nach einigen Stunden erreichte auch Nerado sei-nen Heimatplaneten, doch anstatt anzugreifen, hingsein Schiff bewegungslos im All – etwa zwei Kilome-

ter von der ebenso untätigen Boise entfernt. Rodebushergriff die Initiative.»Kapitän Nerado. Mein Name ist Rodebush, und

ich komme aus dem System der Dreiplaneten-Liga.«»Ich möchte mit Ihnen sprechen«, tönte die Stimme

des Nevianers aus dem Lautsprecher. »Wie ich fest-stellen muß, gehören Sie einer wesentlich höheren

Intelligenzstufe an, als ich bisher angenommen hatte;einer Entwicklungsstufe, die der unseren entsprechenkönnte. Es ist bedauerlich, daß wir es bei unserer er-sten Annäherung an Ihren Planeten versäumt haben,diesen Tatbestand nachzuprüfen – denn dann wäredieses Blutvergießen vermieden worden. Aber dieVergangenheit läßt sich nicht ändern. Als vernunft- begabte Wesen werden Sie meiner Meinung sein, daßes sinnlos ist, einen Kampf fortzusetzen, bei dem kei-

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ne der beiden Seiten gewinnen kann. Es dürfte natür-lich keine Schwierigkeit für Sie sein, weitere neviani-sche Städte zu vernichten, woraufhin ich zur Erdefliegen und dort ähnliche Verwüstungen anrichtenmüßte. Aber wir sind uns hoffentlich einig darüber,daß ein solches Vorgehen der reinste Wahnsinn wä-re.«

Rodebush unterbrach die Verbindung.»Meint er es ernst?« fragte er Costigan. »Das alles

klingt sehr vernünftig, aber ...«

»Zu vernünftig, um wahr zu sein«, unterbrachCleveland.»Er meint es ernst«, versicherte Costigan. »Jede Sil-

 be! Ich hatte mir fast gedacht, daß er sich so verhaltenwürde. So sind diese Wesen – vernünftig und leiden-schaftslos. Seltsam – ihnen fehlt manche Eigenschaft,die wir besitzen, aber sie haben Gaben, die ich in grö-

ßerem Maße auch uns Menschen wünschen würde.Laß mich ans Mikrophon – ich werde für die Ligasprechen.« Und die Verbindung wurde wieder herge-stellt.

»Kapitän Nerado«, begrüßte er den nevianischenKommandanten. »Da ich mich lange genug bei Ihnenund Ihrem Volk aufgehalten habe, weiß ich, daß Ihre

Worte ernst gemeint sind und daß Sie im Namen Ih-rer Rasse sprechen. Ich meinerseits glaube für den Ratder Liga sprechen zu können – der Regierung vondrei Planeten unseres Sonnensystems –, und ichmöchte betonen, daß für eine weitere Auseinander-setzung zwischen unseren beiden Rassen kein Grund besteht. Auch ich war durch äußere Umstände ge-zwungen, gewisse Dinge zu tun, die ich inzwischen bereue, aber wie Sie bereits gesagt haben – die Ver-

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gangenheit läßt sich nicht korrigieren. Unsere Rassenkönnen durch eine Zusammenarbeit auf allen Gebie-ten nur gewinnen. Ich biete Ihnen daher die Freund-schaft der Liga an. Wollen Sie Ihre Schirme abschal-ten und zu uns herüberkommen, damit wir ein ent-sprechendes Abkommen formulieren?«

»Meine Schirme sind abgeschaltet. Ich komme.«Widerstrebend deaktivierte auch Rodebush seineSchirme, und ein nevianisches Rettungsboot machtean der Hauptschleuse der Boise fest.

Und dann wurde an einem Tisch im Kontrollraumdes Liga-Schiffes der erste Freundschaftsvertrag zwi-schen zwei Sonnensystemen geschlossen. Auf der ei-nen Seite saßen drei Nevianer – Amphibienwesen mitkonischen Köpfen, schuppigen Hälsen und vier Bei-nen; auf der anderen Seite Menschen zweibeinigeWesen, rundköpfig und glatthäutig. Doch so groß der

äußere Unterschied auch war – die nun folgendenVerhandlungen ergaben, daß eine solide Grundlagefür ein dauerhaftes gegenseitiges Verständnis vor-handen war.

Die Nevianer hatten Pittsburgh vernichtet; dagegenhatte Adlingtons Bombe eine wichtige nevianischeStadt von der Planetenoberfläche verschwinden las-

sen. Und ein nevianisches Schiff hatte eine ganze Li-ga-Flotte vernichtet; dagegen hatte Costigan eineStadt auf Nevia entvölkert, eine zweite beschädigtund zahlreiche nevianische Schiffe vernichtet. DieVerluste an Lebewesen und Material ließen sich alsoin etwa ausgleichen. Das Sonnensystem war reich anEisen, das den Nevianern jetzt in angemessenenMengen überlassen werden sollte. Dafür besaß NeviaBodenschätze, die auf der Erde sehr selten und trotz-

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dem von größter Bedeutung waren. Einem regenHandel stand also nichts im Wege. Auch auf anderenGebieten wurde eine enge Zusammenarbeit verein- bart – so im Austausch von Wissenschaftlern undStudenten.

So wurde ein Vertrag zwischen Nevia und demDreiplaneten-System geschlossen. Man begleitete diedrei Nevianer höflich zu ihrem Schiff, und die Boisenahm Kurs auf die Erde, der sie die freudige Nach-richt überbringen konnte, daß die nevianische Gefahr

für immer gebannt war.Und Clio, die als erfahrene Raumfahrerin inzwi-schen auch das Schwindelgefühl der Trägheitslosig-keit gemeistert hatte, kuschelte sich in Costigans Armund lachte ihn an.

»Du kannst sagen, was du willst, Conway MurphyCostigan, aber ich kann diese Biester nicht ausstehen.

Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich sie nur anse-he. Ich will ja gern glauben, daß sie im Grundefreundlich sind – daß sie intelligent sind und Kulturhaben. Aber ich möchte trotzdem wetten, daß es sehrlange dauern wird, bis wir Menschen uns richtig ansie gewöhnt haben.«