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FVS Themen 2002 Robert Pitz-Paal Solarturmkraftwerkssysteme 1 Einleitung In Solarturmkraftwerken lenken der Sonne nach- geführte Einzelspiegel (Heliostate) die Sonnen- strahlung auf einen zentralen Wärmetauscher (Receiver), der sich auf einem Turm befindet. Auf diese Weise lässt sich die Sonnenstrahlung einige hundert Mal konzentrieren, sodass sich effizient einige 100 MW an Strahlungsleistung kompakt übertragen lassen. Die konzentrierte Strahlung wird benutzt, um Hochtemperaturwärme bis zu 1100°C bereitzustellen. Seit Anfang der achtziger Jahre wurden weltweit 10 Demonstrationsanlagen in Betrieb genom- men (Abb.1), um die grundsätzliche Machbar- keit der Solarturmtechnik nachzuweisen. Bei allen getesteten Systemen erfolgte die Strom- erzeugung über ein Dampfturbinensystem. Der wesentliche Unterschied bestand in der Wahl des Wärmeträgermediums, das Energie von der Spitze des Turms zum Dampferzeuger transpor- tiert. Es erschien zunächst naheliegend, Wasser- dampf selbst als Wärmeträger zu verwenden, da man damit ohne weiteren Wärmetauscher, bzw. Dampferzeuger direkt das Dampfturbinen- system bedienen konnte. Dieses Konzept zeigte jedoch zwei wesentliche Schwächen: Erstens war die Erzeugung von überhitztem Dampf mit konstanten Dampfparametern unter schwankender solarer Einstrahlung im Receiver- system technisch nicht einfach zu beherrschen, sodass zum Teil erhebliche Anfahrverluste in Kauf genommen werden mussten. Zum zweiten war es technisch nicht möglich, die Energie im Wasserdampf ohne erhebliche thermodynami- sche Verluste zu speichern. Die Amerikaner realisierten nach ihren Erfah- rungen mit Wasserdampf Anfang der neunziger Jahre das erstmals in Frankreich realisierte Kon- zept mit einer Salzschmelze als Wärmeträger und führten es bis zur 10 MW Demonstrations- reife. Schmelzen aus Mischungen von Kalium- und Natrium-Nitrat-Salzen lassen sich in ihren Schmelztemperaturen an die notwendigen Dampfparameter anpassen. Der Vorteil des Konzepts ist, dass das relativ kostengünstige Salz über gute Wärmeübertragungseigenschaften ver- fügt und gleichzeitig auch als Speichermedium (fast) drucklos in großen Tanks aufbewahrt wer- den kann. Dies macht den Wärmetausch zu einem weiteren Speichermedium überflüssig. Nachteilig ist der relativ hohe Schmelzpunkt (120-140 °C), weshalb alle Rohrleitungen elek- trisch beheizbar sein müssen, um ein Ausfrieren und damit eine Verstopfung des Rohrs zum Beispiel beim Anfahren des Systems zu ver- hindern. 23 Dr. Robert Pitz-Paal DLR [email protected] Dr. Reiner Buck DLR [email protected] Dr. Bernhard Hoffschmidt DLR [email protected] Solarturmkraftwerkssysteme Abbildung 1 Übersicht über die bislang weltweit betriebenen Demon- strationsprojekte von Solarturmsystemen Projekt Land Elektr. Leistung Wärmeträger Speichermedium Inbetrieb- in MW nahme SSPS Spanien 0,5 Flüssiges Natrium Natrium 1981 EURELIOS Italien 1 Dampf Nitratsalz/Wasser 1981 SUNSHINE Japan 1 Dampf Nitratsalz/Wasser 1981 Solar One U.S.A. USA 10 Dampf Öl/Gestein 1982 CESA-1 Spanien 1 Dampf Nitratsalz 1983 MSEE/Cat B USA 1 Nitratsalz Nitratsalz 1983 THEMIS Frankreich 2,5 Hitech Salz Hitech Salz 1984 SPP-5 Ukraine 5 Dampf Wasser/Dampf 1986 TSA Spanien 1 Luft keramisches Festbett 1993 Solar Two USA 10 Nitratsalz Nitratsalz 1996

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FVS Themen 2002Robert Pitz-Paal • Solarturmkraftwerkssysteme

1 Einleitung

In Solarturmkraftwerken lenken der Sonne nach-geführte Einzelspiegel (Heliostate) die Sonnen-strahlung auf einen zentralen Wärmetauscher(Receiver), der sich auf einem Turm befindet. Aufdiese Weise lässt sich die Sonnenstrahlung einigehundert Mal konzentrieren, sodass sich effizienteinige 100 MW an Strahlungsleistung kompaktübertragen lassen. Die konzentrierte Strahlungwird benutzt, um Hochtemperaturwärme bis zu1100°C bereitzustellen. Seit Anfang der achtziger Jahre wurden weltweit10 Demonstrationsanlagen in Betrieb genom-men (Abb.1), um die grundsätzliche Machbar-keit der Solarturmtechnik nachzuweisen. Beiallen getesteten Systemen erfolgte die Strom-erzeugung über ein Dampfturbinensystem. Derwesentliche Unterschied bestand in der Wahldes Wärmeträgermediums, das Energie von derSpitze des Turms zum Dampferzeuger transpor-tiert. Es erschien zunächst naheliegend, Wasser-dampf selbst als Wärmeträger zu verwenden,da man damit ohne weiteren Wärmetauscher,bzw. Dampferzeuger direkt das Dampfturbinen-system bedienen konnte. Dieses Konzept zeigtejedoch zwei wesentliche Schwächen: Erstens war die Erzeugung von überhitztemDampf mit konstanten Dampfparametern unter

schwankender solarer Einstrahlung im Receiver-system technisch nicht einfach zu beherrschen,sodass zum Teil erhebliche Anfahrverluste inKauf genommen werden mussten. Zum zweitenwar es technisch nicht möglich, die Energie imWasserdampf ohne erhebliche thermodynami-sche Verluste zu speichern.

Die Amerikaner realisierten nach ihren Erfah-rungen mit Wasserdampf Anfang der neunzigerJahre das erstmals in Frankreich realisierte Kon-zept mit einer Salzschmelze als Wärmeträgerund führten es bis zur 10 MW Demonstrations-reife. Schmelzen aus Mischungen von Kalium-und Natrium-Nitrat-Salzen lassen sich in ihrenSchmelztemperaturen an die notwendigenDampfparameter anpassen. Der Vorteil desKonzepts ist, dass das relativ kostengünstige Salzüber gute Wärmeübertragungseigenschaften ver-fügt und gleichzeitig auch als Speichermedium(fast) drucklos in großen Tanks aufbewahrt wer-den kann. Dies macht den Wärmetausch zueinem weiteren Speichermedium überflüssig.Nachteilig ist der relativ hohe Schmelzpunkt(120-140°C), weshalb alle Rohrleitungen elek-trisch beheizbar sein müssen, um ein Ausfrierenund damit eine Verstopfung des Rohrs zumBeispiel beim Anfahren des Systems zu ver-hindern.

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Dr. Robert Pitz-Paal

DLR

[email protected]

Dr. Reiner Buck

DLR

[email protected]

Dr. BernhardHoffschmidt

DLR

[email protected]

Solarturmkraftwerkssysteme

Abbildung 1Übersicht über diebislang weltweitbetriebenen Demon-strationsprojekte vonSolarturmsystemen

Projekt Land Elektr. Leistung Wärmeträger Speichermedium Inbetrieb-in MW nahme

SSPS Spanien 0,5 Flüssiges Natrium Natrium 1981

EURELIOS Italien 1 Dampf Nitratsalz/Wasser 1981

SUNSHINE Japan 1 Dampf Nitratsalz/Wasser 1981

Solar One U.S.A. USA 10 Dampf Öl/Gestein 1982

CESA-1 Spanien 1 Dampf Nitratsalz 1983

MSEE/Cat B USA 1 Nitratsalz Nitratsalz 1983

THEMIS Frankreich 2,5 Hitech Salz Hitech Salz 1984

SPP-5 Ukraine 5 Dampf Wasser/Dampf 1986

TSA Spanien 1 Luft keramisches Festbett 1993

Solar Two USA 10 Nitratsalz Nitratsalz 1996

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Alternativ dazu gab es bereits in den späten80er Jahren die Überlegung, Luft als Wärmeträ-ger zu verwenden. Luft hat zwar schlechteWärmeübertragungseigenschaften, sie versprachaber eine einfache Handhabbarkeit ohne Tem-peraturbeschränkungen nach oben und unten,unbegrenzte Verfügbarkeit und völlige Ungiftig-keit. Luft eröffnete auch erstmals die Vision, dieSolarenergie nicht nur in einen Dampfturbinen-kreislauf einkoppeln zu können, sondern aufhöherem Temperaturniveau auch Gasturbinen-Kombiprozesse anzutreiben, und so aufgrunddes höheren Wirkungsgrades mit wenigerSpiegelfeld die gleiche elektrische Leistungbereitstellen zu können. In ersten Versuchenübertrug man die Wärme in bestrahlten Rohr-bündeln, doch erst mit der Entwicklung des sogenannten volumetrischen Receivers hatte manein Konzept gefunden, das die geringe Wär-meübertragung der Luft ausreichend kompen-sierte. Man verwendete ein poröses Material(z.B. ein Drahtgeflecht), in das die konzentrier-te Strahlung eindrang und das von Luft durch-strömt wurde. Aufgrund der hohen innerenOberfläche erfolgt die Wärmeübertragung sehreffizient. In einem offenen Kreislauf mit atmo-sphärischem Luftreceiver betrieben ist dasKonzept für den Antrieb von Dampfturbinen-prozessen geeignet. Versieht man einen solchenReceiver mit einer Glasscheibe und betreibt ihnunter Druck kann er Gasturbinensystemeantreiben.

2 Drei Konzepte vonSolarturmkraftwerken drängenin den Markt

2.1 Salzturmkraftwerke

Bei einem Salzturmkraftwerk wird das Salz voneinem Kaltsalzspeicher in den Receiver gepumpt,in dem es sich von 265°C auf 565°C aufheiztund wird dann in einem Heißtankspeichergesammelt. Unabhängig vom solaren Betriebkann heißes Salz zur Dampferzeugung ent-nommen werden, das dann wieder in denKaltspeicher gelangt (Abb. 2). Das amerikani-sche Solar Two Projekt, in dem dieses Konzeptzwischen 1996 und 99 im 10 MW Maßstabtechnisch demonstriert wurde, zeigte sich zwareine große Anfälligkeit gegenüber technischenStörungen, es gab aber auch Hinweise, wie dieaufgetretenen Probleme zu lösen sind. Korro-sionsprobleme führten zur Verwendung neuerWerkstoffe für die Receiverrohre, neue Tauch-pumpen für den Salzkreislauf erlaubten eineerhebliche Vereinfachung der Verschaltung undführten zur Elimination einer Reihe störanfälligerund teurer Ventile. Damit wurde ein sich selbstentleerendes System gewährleistet und Störan-fälligkeiten weiter reduziert. Schließlich werdenin Zukunft modernere und größere Heliostateneingesetzt werden, da die bei Solar Two ver-wendeten aufgrund ihres Alters und Entwick-lungsstandes (sie stammen noch vom Vorgän-gerprojekt Solar One aus den achtziger Jahren)erhebliche Probleme verursacht hatten. Ent-wicklungen und Tests zu diesen neuen Ansät-zen, die in den letzten 3 Jahren in den USAdurchgeführt worden sind, geben den Indu-striepartnern das Vertrauen in die Technologie,das nächste Salzturmkraftwerk als kommerziel-les System schlüsselfertig anzubieten.

2.2 AtmosphärischerLuftreceiver

Bei dieser Technologie wird die konzentrierteSolarstrahlung in einer porösen Struktur absor-biert und in Wärme umgewandelt. Diese wirdan Umgebungsluft übertragen, die durch dieAbsorberstruktur hindurch angesaugt wird undsich dabei auf rund 700°C erhitzt. Als Absorber-24

Abbildung 2Schema des Salzturm-systems; HintergrundDemonstrationskraft-werk Solar Two in Kali-fornien (Quelle: SandiaNational Laboratories)

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materialien werden metallische Drahtgeflechte,keramische Schäume oder Filze und metallischeoder keramische Wabenstrukturen eingesetzt.Besonderes Kennzeichen dieser sogenanntenvolumetrischen Receiver sind ihre vergleichswei-se geringen thermischen Verluste. Maßgeblichhierfür ist, dass die nach außen weisende Ober-fläche des Receivers wesentlich kleiner ist alsdie in der Struktur vorhandene Wärmeübertra-gungsfläche. Zudem soll ihre Temperatur auf-grund der einströmenden kühlen Luft unterhalbder am Receiveraustritt erreichten Lufttempera-tur bleiben.

Ein kostengünstiges Heliostatfeld auf demheutigen Stand der Technik erzeugt in demReceiver Strahlungsflussdichten zwischen 200und 800 kW/m2. Für ein Kraftwerk mit einerNennleistung von 30 MWel führt dies zu einemzylindrischen oder halbzylindrischen Receivermit einer Gesamtfläche von 300-500 m2. ZurDampferzeugung in konventionellen Abhitzekes-seln wird üblicherweise Abgas bei Temperaturenum 630°C genutzt. Unter Berücksichtigung derWärmeverluste in den Heißgasleitungen undeinem eventuell integrierten Speicher sind alsoam Receiveraustritt Lufttemperaturen zwischen700 und 800°C anzustreben.

Da die Absorberelemente selbst nicht gekühltwerden können, müssen Probleme aufgrundder Wärmedehnung durch Einsatz kleinererModule umgangen werden, die einzeln in einerhinreichend gekühlten Stahlstruktur befestigtsind. Die dort abgeführte Kühlleistung solltemöglichst im System weiter genutzt werdenkönnen. Die Halterung sollte einen einfachenAustausch der Module ermöglichen, um beiDefekten Wartungskosten und Stillstandszeitenzu reduzieren. Außerdem kann der Betreiber soauch zukünftige Weiterentwicklungen derAbsorbertechnologien durch einfachen Modul-wechsel nutzen.

Um einen sicheren Betrieb bei hohem Wir-kungsgrad zu gewährleisten, muss der lokaleLuftmassenstrom im Receiver entsprechend derStrahlungsflussverteilung eingestellt werdenkönnen. Ein hoher Wirkungsgrad des Receiversist vordringliches Optimierungsziel. Die durchVerbesserung des Receiverwirkungsgrades um1% mögliche Verkleinerung des Heliostatfeldes

bewirkt eine Kosteneinsparung, die auf dieReceiverfläche bezogen rund 1000 €/m2 ent-spricht. Das heißt, dass zur Erreichung hoherWirkungsgrade auch erhebliche Kostensteige-rungen beim Receiver in Kauf genommen wer-den könnten.

Der Gesamtwirkungsgrad eines derartigenKraftwerks kann durch Nutzung der Abluft ausdem Dampferzeuger, die dort bei 80-150°Canfällt, gesteigert werden. Deshalb sollte dasSystem eine Luftrückführung haben, die diesemöglichst homogen auf der Vorderseite desReceivers verteilt.

Diese Überlegungen wurden im HITREC Recei-ver konsequent umgesetzt (Abb.3). Die Basisdes Receivers ist eine Edelstahl-Doppelmembranhinter den keramischen Absorbermodulen. Diesesind mit ihren Enden in Rohrstücken gelagert,die sowohl in axialer als auch in radialer Rich-tung Spielraum für thermische Expansion lassen.Die Abstände der Absorbermodule unterein-ander sind so gewählt, dass sie sich auch imheißen Zustand nicht berühren. Durch die dortverbleibenden Spalte wird die rückgeführteAbluft aus dem Dampferzeuger ausgeblasen.Sie wird innerhalb der Doppelmembran zuge-führt, wo sie gleichzeitig zur Kühlung derStahlkonstruktion dient. 25

Abbildung 3Schematischer Aufbaudes atmosphärischenLuftreceivers HITREC

Stahlstruktur(Doppelmembran)

Heißluft

Blende

Rückgeführte Luft

Absorberelement

Umgebungsluft

KonzentrierteSolarstrahlung

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Abb. 4 zeigt die dritte Generation dieses Re-ceivertyps, den SOLAIR 200 auf dem 200 kWth-Testbed auf der Plataforma Solar de Almería(PSA) in Spanien.

2.3 DruckaufgeladeneLuftreceiver

Die Einkopplung von Solarenergie in Gasturbi-nensysteme, insbesondere in hocheffizienteKombikraftwerke1, bietet ein hohes Potenzialzur Kostenreduktion solarthermischer Stromer-zeugung. Durch die direkte Erhitzung desArbeitsmediums Luft für die Gasturbine wirddie eingekoppelte Solarenergie mit dem hohenWirkungsgrad des Kombikraftwerkes genutzt.Dies bietet gegenüber der Nutzung in einemDampfprozess eine wesentlich bessere Ausnut-zung der solar erzeugten Wärme. Bei gleichemSolaranteil kann daher die Konzentratorflächeentsprechend reduziert werden, was einerwesentlichen Reduktion der solaren Gesamt-investitionskosten gleichkommt. Die Technikder solaren Lufterhitzung kann in einem breitenLeistungsbereich ab ca. 1 MWe bis zu 100 MWeingesetzt werden, der Solaranteil kann überdie maximale Receivertemperatur definiertwerden.

Druckreceiver-TechnologieFür die solare Lufterhitzung muss der Receiverunter Betriebsbedingungen arbeiten, die vonder Gasturbine definiert werden: Lufteintritts-temperatur 250-400°C, Druck 7-15 bar. DieLuftaustrittstemperatur orientiert sich am ge-wünschten Solaranteil und an den technischenMöglichkeiten. Je höher die mögliche Luftaus-trittstemperatur, desto höher ist der Solaranteil.Zur Erreichung der geforderten Leistung wer-den viele Receivermodule seriell bzw. parallelgeschaltet. Je nach Temperaturanforderungenkönnen unterschiedliche Receivertypen verwen-det werden:

Rohr-ReceiverBei niedrigen Temperaturen können metallischeRohrreceiver als erste Stufe einer Serienschal-tung mehrerer Receiver verwendet werden. Inden solar bestrahlten Rohren wird die Luftdurch konvektive Wärmeübertragung erhitzt.Die Bauart mit hochtemperaturbeständigenMetallrohren ermöglicht für diesen Temperatur-bereich eine kostengünstige Fertigung, die dieGesamtkosten des Receivers senkt. Ein metalli-scher Rohr-Receiver wurde ausgelegt und gefer-tigt. Die Ein- bzw. Austrittstemperatur unterNennbedingungen beträgt 290°C bzw. 500°C,die Nominalleistung liegt bei 400kWth. ZurVerbesserung des Wirkungsgrades wird einSekundärkonzentrator vorgesetzt. Der Receiverbesteht aus einer hohlraumförmigen Anord-nung von 16 parallel geschalteten, gebogenenRohren (Abb. 5).

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Abbildung 5Druckaufgeladenermetallischer Rohrreceiver

Abbildung 4Atmosphärischer-Luftreceiver vom Typ SOLAIR 200

1 In Kombikraftwerken können Dampf- und Gasturbinen kombiniert werden.

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Siliciumcarbid-DruckreceiverEin neuartiges Receiverkonzept nutzt die hoheFestigkeit, gute Formbarkeit und Wärmeleit-fähigkeit kurzfaserverstärkter SiC-Keramik. Eintopfartiges doppelwandiges Druckgefäß (Abb.6)absorbiert die konzentrierte Solarstrahlung aufder Innen- und Außenseite, deshalb kann aufSekundärkonzentratoren verzichtet werden.Durch integrierte Keramikschaum-Strukturenwerden Festigkeit und konvektiver Wärmeüber-gang verbessert. In Vortests im Sonnenofen desDLR wurden mehrere Prototypen eines Recei-vers mit einer Leistung von 10 kW und einemDurchmesser von 130 mm getestet. Dabei wur-den Temperaturen bis 1000°C erreicht. DieBetriebserfahrungen lieferten Hinweise auf not-wendige Verbesserungen, die jetzt umgesetztwerden. Derzeit erfolgt das Upscaling auf eineModulgröße von zunächst 320 mm, später auf500 mm. Mit diesen Modulen sollen Tempera-turen von mindestens 700°C erreicht werden.Eine Vielzahl solcher Module wird mit definier-tem Abstand nebeneinander angeordnet undverschaltet. Ab 2003 werden Module mit einerGesamtleistung von 400 kW auf der PlataformaSolar de Almería in Spanien, getestet.

Volumetrische DruckreceiverVolumetrische Druckreceiver gestatten hohe Aus-trittstemperaturen bei niedrigen Druckverlusten.Der Receiver besitzt eine hochporöse Absorber-struktur, die die absorbierte Energie durch kon-vektiven Wärmeübergang an die durchströmendeLuft abgibt. Der Absorber ist in einem Druckkesseleingebaut, dessen Öffnung mit einem gewölb-ten, hochtransparenten Quarzfenster verschlos-sen ist. Davor ist ein Sekundärkonzentratorangebracht, dessen sechseckige Eintrittsaperturdie lückenlose Anordnung der Module im Brenn-

fleck des Solarturmkraftwerkes ermöglicht. Einvolumetrischer Druckreceiver mit Metallgewebe-Absorber wurde erfolgreich bei Temperaturenbis 845°C getestet. Die Weiterentwicklung zieltauf die Temperaturerhöhung bis 1100°C, wobeiein keramischer Absorber zum Einsatz kommt.

3 Demonstration und Markteinstieg

Da der Strom aus Solarkraftwerken heute nochteurer ist als der aus konventionellen Kraft-werken, werden Markteinführungsprogrammebenötigt, um die Kosten von Herstellung undBetrieb der Anlagen mittelfristig auf das Wett-bewerbsniveau zu senken. Eine wichtige Initiati-ve ist die zum 2. August 2002 verabschiedeteErgänzung des spanischen Stromeinspeisege-setzes, das einen Aufschlag von 12 Cent für diesolarthermische Kilowattstunde auf den aktuel-len Strompreis festlegt.

3.1 Markteinstieg von Salzturmkraftwerken

Zwei Optionen für die kommerzielle Marktein-führung von Salzturmkraftwerken sind zur Zeitin der Diskussion. Initiiert durch die spanischeEinspeisevergütung plant ein spanisch/ ameri-kanisches Konsortium das Projekt „Solar Tres“in der Nähe von Cordoba die technisch über-arbeitete Nachfolge des zwischen 1996 und 99in Kalifornien betriebenen VersuchskraftwerksSolar Two, mit 15 MWel Leistung, 16 h Energie-speicher und einem dreifach größeren Solarfeldals beim Vorgänger. Die Gründung einer ent-sprechenden Projektgesellschaft ist in Vorberei-tung.

Darüber hinaus analysiert der große südafrikani-sche Energieversorger ESKOM die Möglichkeit,mit Solarkraftwerken den Spitzenstrombedarf inden Morgen- und Abendstunden zu bedienen,der von den kohlebefeuerten Grundlastkraft-werken nicht abgedeckt werden kann. Nebender Option der Parabolrinne, ist der Salzturm inder engeren Wahl, weil er ein kostengünstigesEnergiespeicherkonzept anbietet und weil dieTechnologie sich zu einem erheblich größerenAnteil als die Parabolrinne lokal fertigen lässt und 27

Abbildung 6Keramischer Druckre-ceiver (Quelle: ECM)

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Abbildung 7Photoanimation desgeplanten 10 MWSolarturmkraftwerksPS10 mit atmosphäri-schen Luftreceiver(Quelle: SOLUCAR)

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damit zur Kostensenkung beitragen kann. Ende2002 will ESKOM eine Technologieentschei-dung treffen.

3.2 Demonstrationatmosphärischer Luftreceiver

Unter Führung der ABENGOA-Tochter SOLU-CAR soll in der Nähe des südspanischen Städt-chens Sanlúcar la Mayor, ca. 15 km westlich vonSevilla das erste kommerzielle Kraftwerk miteinem offenen volumetrischen Receiver errich-tet und betrieben werden. Mit diesem Demon-strationsprojekt mit 10 MWe Nennleistungsollen jährlich 19,2 GWh netto produziert undin das Netz eingespeist werden. Dabei setztSOLUCAR zunächst auf bewährte Technologienwie Glas/Metall-Heliostaten, den auf der PSA

bereits im 2,5 MWth Maßstab demonstriertenDrahtgeflechtreceiver und keramische Wärme-speicher. Angesichts der jüngsten erfolgreichenEntwicklungen wird aber auch bereits der Ein-satz der SOLAIR Receivertechnologie erwogen.

Um den spanischen Verordnungen zu genügen,wird die Anlage mit einem 1-Stunden Speicherfür reinen Solarbetrieb ausgelegt. Knapp 1000Heliostaten mit je 90 m2 werden nördlich desca. 90 m hohen Turms angeordnet, der einenhalbzylindrischen Receiver mit einer Fläche von rund 170 m2 trägt (Abb. 7). Das PS10 Pro-jekt gilt als Meilenstein für die Kommerziali-sierung der volumetrischen Receiver Techno-logie. Nach erfolgreicher Umsetzung strebtSOLUCAR eine Serie wettbewerbsfähiger Kraft-werke im Leistungsbereich zwischen 30 und50 MWe an.

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Abbildung 83D-Animation undPhoto des 250 kWe

solaren Gasturbinen-experiments auf derPlataforma Solar inAlmería, das die druck-aufgeladene Luftrecei-vertechnologie verwen-det.

NT-Modul

MT-Modul

HT-Modul

Gasturbine

Generator

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3.3 Markteinführung druck-aufgeladener Luftreceiver

Im Rahmen des EU-geförderten SOLGATE-Projektes wird erstmalig ein komplettes solar-hybrides Gasturbinensystem mit Lufterhitzungauf der PSA aufgebaut und betrieben. DerSchwerpunkt liegt dabei auf der Demonstrationder Systemaspekte und der Integration vonReceiverkomponenten und Gasturbine, nichtjedoch auf der Demonstration des hohen Sys-temwirkungsgrades. In der ersten Testphase,die im Oktober 2002 anläuft, wird die Verbren-nungsluft der Gasturbine im Receiver solar auf800°C erhitzt und damit ca. 70% des Brenn-stoffs ersetzt. Abb. 8 zeigt das solar-hybrideGesamtsystem in der Testplattform der PSA. In der zweiten Testphase in 2003 wird dasReceiversystem bei Temperaturen bis 1000°Cbetrieben.

Parallel dazu werden solar-hybride Kraftwerks-systeme auf der Basis geeigneter industriellerGasturbinen ausgelegt und optimiert, zunächstfür drei Leistungsklassen im Bereich 1,4 bis 30MWel. Darauf aufbauend wird eine Demonstra-tionsanlage definiert, die als nächster Schritt inRichtung Markteinführung unter industriellerFührung erstellt werden soll.

4 Zusammenfassung

Solarturmsysteme haben im Gegensatz zu Para-bolrinnensystemen ihre kommerzielle Reifenoch nicht bewiesen. Aussichtsreiche Kandida-ten, die dies in Kürze erreichen können, sinddas Salzturmsystem und zwei Luftreceiversyste-me. Für beide Techniken sind kommerzielleDemonstrationsprojekte unter der Randbedin-gung des spanischen Einspeisegesetzes in Kom-bination mit anderen Fördermechanismen mög-lich geworden, entsprechende Projekte sind inVorbereitung. Die Einkopplung von Hochtem-peraturwärme bis 1100°C in Gasturbinen- oderKombikraftwerke sind eine aussichtsreicheOption, die Kosten der Technik weiter drastischzu senken. Hier konnten in Forschung und Ent-wicklung inzwischen erhebliche Fortschritteerzielt werden, die die grundsätzliche Machbar-keit des Konzepts zeigen.

5 Literaturhinweise

B. Hoffschmidt, V. Fernandez, R. Pitz-Paal,M. Romero, P. Stobbe, F. Téllez: The Development Strategy of the HitRec Volu-metric Receiver Technology – Upscaling from200 kWth via 3 MWth up to 10 MWel, 11th

SolarPACES International Symposium on Con-centrated Solar Power and Chemical EnergyTechnologies, Zürich, Schweiz, September 2002

M. Romero, M.J. Marcos, R. Osuna, V. Fernandez:Design and Implementation Plan of a 10 MWSolar Tower Power Plant based on Volumetric-AirTechnology in Seville (Spain), Proceedings of theSolar 2000 Solar Powers Life-Share the Energy,Madison, Wisconsin, June 2000

W. Meinecke, S. Cordes, I. Merten: Phoebus Technology Program Solar Air Receiver(TSA) – Final Report on Test Evaluation (Volume 1) DLR, Köln, 1994

C. Sugarmen, A. Ring, R. Buck, R. Uhlig,M. Beuter, M.J. Marcos, V. Fernandez: Solar-Hybrid Gas Turbine Power System, Proc.11th SolarPACES Int. Symposium on Concentra-ted Solar Power and Chemical Energy Technolo-gies, 4.-6. September 2002, Zürich, Schweiz

R. Buck, T. Bräuning, T. Denk, M. Pfänder,P. Schwarzbözl, F. Tellez: Solar-Hybrid Gas Turbine-Based Power TowerSystems (REFOS), J. Solar Energy Engineering124 (2002), S. 2-9

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FVS Themen 2002Doerte Laing • Dish-Stirling-Systeme

Einleitung

Dish-Stirling-Systeme sind Anlagen zur dezen-tralen solarthermischen Stromerzeugung, diedirekte Sonnenstrahlung nutzen. Ihre elektri-sche Leistung liegt typischerweise zwischen5 und 50 kW. Durch diesen Leistungsbereichund die Möglichkeit, mehrere Systeme zu einer„Farm“ zusammenzuschalten, sind die Dish-Stirling-Systeme für einen weiten Einsatzbereichgeeignet. Leistungen von 5 kW bis in den MW-Bereich können damit abgedeckt werden undbieten damit einen Ersatz für die heute weit verbreiteten Diesel-Aggregate.

Die wesentlichen Komponenten eines Dish-Stirling-Systems sind in Abb.1 dargestellt. Einerotationssymmetrisch parabolisch gekrümmteKonzentratorschale mit kurzer Brennweite bün-delt Solarstrahlung auf den nahe seines Brenn-punktes angeordneten Receiver mit der Stirling-einheit. Da gerichtete (direkte) Solarstrahlungkonzentriert wird, müssen Konzentrator undStirlingeinheit kontinuierlich zweiachsig der Son-ne nachgeführt werden. Der Receiver absorbiertdie Strahlung und führt sie als Hochtemperatur-wärme dem Stirlingmotor zu, der sie über den

Stirling-Kreisprozess in mechanische Energiewandelt. Ein direkt an die Kurbelwelle desStirlingmotors gekoppelter Generator formtdiese dann in elektrische Energie um.

Bisher ausgeführte Systeme

Anfang und Mitte der 80er Jahre wurden in denUSA in mehreren Projekten (JPL, Vanguard,McDonnel Douglas) die ersten modernen Dish-Stirling-Anlagen mit 25 kW elektrischer Leistunggebaut [1]. Heute arbeiten in den USA dreiKonsortien an der Markteinführung der Dish-Stirling-Technologie. Stirling Engine Systems(SES) ist dabei, zusammen mit Boeing und derschwedischen Firma Kokums, das 25 kW-Modul von McDonnel Douglas zu überarbei-ten. Science Applications International Corpo-ration (SAIC) und Stirling Thermal Motors(STM) entwickeln ein 22 kW-Modul. SandiaNational Laboratories entwickelt ein 10 kW-System für netzunabhängigen Betrieb. EineÜbersicht über die internationale Entwicklungvon Dish-Stirling-Systemen findet sich in[2 und 3]. In Deutschland arbeitet seit 1984 Schlaich Ber-germann und Partner (SBP) an der Entwicklungvon Dish-Stirling Systemen. In Saudi-Arabienwurden zwei Einheiten mit Konzentratoren von17m Durchmesser und 50-kWel-Stirlingmotorenerrichtet. Die weitere Entwicklung bei SBP kon-zentrierte sich auf erheblich vereinfachte undkostengünstigere Anlagen (V 160), mit der nacheinem Prototypen in Stuttgart (1988) [4] fünfEinheiten mit einem 7,5m Durchmesser-Kon-zentrator und 9 kW elektrischer Leistung ver-wirklicht wurden. Drei dieser Systeme wurden1992 im Rahmen des Projektes Distal I auf derPlataforma Solar de Almería in Südspaniengebaut und im Dauerbetrieb getestet [5]. DieseAnlagen markieren mit über 30.000 kumulier-ten Betriebsstunden die weltweit umfangreich-sten Betriebserfahrungen mit solchen Systemen.30

Dish-Stirling-SystemeEine Technologie zur dezentralen solarenStromerzeugung

Abbildung 1Dish-Stirling-Prinzip

Dipl.-Ing. Doerte Laing

DLR

[email protected]

Dipl.-Phys. Wolfgang Schiel

Schlaich Bergermannund Partner (SBP)

[email protected]

Dr.-Ing. Peter Heller

DLR

[email protected]

Konzentrator Schale

Elevations Lager

Ringträger

AntriebsschieneElevation

Schaltschrank

Azimuthantrieb

Stirling Einheit

Stirling Tragwerk

Drehstand

AntriebsschieneAzimut

Fundament

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FVS Themen 2002Doerte Laing • Dish-Stirling-Systeme

1996 wurde im Rahmen des Projektes Distal IIin Almería mit dem Aufbau von drei weiterenEinheiten der nächste Entwicklungsschritt ver-wirklicht [6]. Diese Anlagen sind mit Konzentra-toren von 8,5 m Durchmesser, Stirlingmotorenvon 9 kW elektrischer Leistung und einer vollau-tomatischen Steuerung ausgestattet (Abb.2)und werden seither kontinuierlich betrieben.

Das EuroDish-Projekt

1998 folgte der Startschuss für die nächsteGeneration von Dish-Stirling-Anlagen bei SBP.Zusammen mit sechs weiteren deutschen undspanischen Partnern und unter Förderung derEuropäischen Kommission wurde ein fortge-schrittenes System entwickelt, der EuroDish.Hauptziel dieses Projekts war die Verringerungder hohen Anlagenkosten. Zwei Prototypenwurden bis 2001 auf der Plataforma Solar deAlmería errichtet und befinden sich inzwischenim Erprobungsbetrieb (Abb.3).

Dies sind die wesentlichen Komponenten desSystems:

KonzentratorDie Konzentratoren der vorangegangenenSysteme wurden in Metallmembran-Technikausgeführt. Dabei werden dünne Edelstahlble-che (0,2 bis 0,5 mm) in einem formgebendenLastfall plastisch in die gewünschte Geometrieverformt und im Betrieb durch einen geringenUnterdruck im Konzentratorgehäuse stabilisiert.Mit dieser Technologie können sehr präzise undsteife Konzentratoren gebaut werden, doch derMontageaufwand vor Ort ist beim Bau von ein-zelnen Anlagen sehr hoch. Die damit verbunde-nen Kosten können erst durch Errichtung einergrößeren Anzahl von Systemen an einem Auf-stellort entscheidend verringert werden.Da im Zuge der Markteinführung jedoch dieAufstellung einzelner Anlagen oder kleinererCluster im Vordergrund stehen, wurde beimKonzentrator des EuroDish ein ganz neuer Wegbeschritten. Der Konzentrator mit 8,5 m Durch-messer wird nunmehr als dünnwandige Sand-wichschale aus faserverstärktem Epoxidharzausgeführt. Die Konzentratorschale besteht auszwölf gleichen Segmenten, die auf einem sehr

präzisen Formwerkzeug laminiert, wärmebe-handelt und zur Versteifung rückseitig mit einerRippe versehen werden. Die Vorderseite wirdmit Dünnglasspiegeln (0,9 mm) beklebt, dieeine dauerhaft hohe Reflektivität von rund 94%gewährleisten.

Bei der Montage wird zunächst ein Fachwerk-Ringträger aufgebaut. Die Schalensegmentewerden in einem Container angeliefert und ineiner Drei-Punkt-Lagerung auf dem Ringträgersowie mittig auf einem einfachen Zentrierwerk-zeug montiert, wobei zur Justierung lediglichein optisches Nivellier benötigt wird (Abb.4).Sind alle Segmente montiert, so werden dieseentlang ihrer radialen Kanten verklebt. Durchdie formschlüssige Verbindung entfaltet sich dievorteilhafte Schalentragwirkung und bildet soein sehr steifes und leichtes Bauteil mit hoherFormtreue. 31

Abbildung 2Dish-Stirling SystemDistal II in Almería

Abbildung 3EuroDish-Prototypenauf der PlataformaSolar de Almería,Spanien

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NachführungDa der Konzentrator im Betrieb stets exakt aufdie Sonne ausgerichtet sein muss, wird er in zweiAchsen beweglich montiert. Neben der in denVorgängeranlagen Distal I realisierten polarenAufhängung, bei der eine Achse parallel zur Erd-achse verläuft, die andere senkrecht dazu, kanndiese Bewegung auch mit einer azimuthalenMontierung erfolgen. Beim EuroDish verläufthierbei die Azimuthachse senkrecht und dieElevationsachse parallel zur Erdoberfläche. Einals Rohrkonstruktion ausgeführter sogenannterDrehstand sorgt für die azimuthale Bewegung,indem er auf sechs Rädern auf einem ringförmi-gen Fundament mit dem zentralen Azimuthla-ger abrollt. In 5,7 m Höhe sind auf dem Dreh-stand die Elevationslager angeordnet, in denender Konzentrator aufgehängt ist.

Um die hohen Drehmomente aufzunehmen,die unter Windlast auf den Konzentrator wirken,werden die resultierenden Kräfte über Rollen-

ketten und Antriebsbögen (9,3 m Durchmesser)in die mit Servomotoren ausgestatteten Antrie-be eingeleitet, sodass recht kleine und preis-günstige Getriebe und Motoren verwendet wer-den können (Abb.5). Die aktuelle Position wirdüber hochgenaue Drehgeber an die Steuerungzurückgemeldet.

ReceiverDer Receiver ist das Bindeglied zwischen Kon-zentrator und Stirlingmotor und damit einhochbeanspruchtes Bauteil. Es muss einer Reihevon teilweise gegenläufigen Anforderungengenügen: Einerseits muss die Solarstrahlung zueinem hohen Anteil absorbiert und zugleich dieinfrarote Abstrahlung minimiert werden, zumanderen verlangt der Stirling-Kreisprozess hoheTemperaturen, hohe Arbeitsgasdrücke undeinen kompakten Wärmeaustauscher mit gerin-gem Schadvolumen.

Der eingesetzte Receiver besteht aus 78 Rohren,die über Sammler an den Arbeitsraum desMotors angeschlossen werden. Jedes einzelneRohr besteht aus einer hochtemperatur- undkorrosionsbeständigen Nickelbasislegierung,Außendurchmesser 3 mm, Wandstärke 0,6 mm.Auf der Rückseite sind Thermoelemente zurTemperaturüberwachung angebracht. Diemaximalen Temperaturen auf den bestrahltenRohrvorderseiten liegen bei etwa 900°C beieinem mittleren Arbeitsgasdruck von bis zu150 bar.

Der Receiver befindet sich etwa 15 cm hinterdem Brennpunkt des Konzentrators, wodurch erdeutlich geringeren Strahlungsflussdichten aus-gesetzt ist als im Brennpunkt. Ein wassergekühl-ter Aluminiumzylinder bildet einen Hohlraum32

Abbildung 4Konzentratorschaleund Segmenthandling

Abbildung 5Drehstand undAntriebseinheit mitServomotor undGetriebe

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vor dem Receiver (Cavity), dessen Öffnung inder Brennebene liegt. Dadurch werden die Wär-meverluste durch Konvektion und infraroteAbstrahlung deutlich verringert. Rückseitig istder Receiver mit einer keramischen Isolierungversehen, die vollständig in Edelstahlblechgekapselt ist.

Beim EuroDish wird die Jahresenergieausbeuteder Anlage gesteigert, indem der Konzentratormit rund 25% größerer Fläche ausgelegt wurdeals für die Nennleistung des Stirlingmotors erfor-derlich (solares Vielfaches). Dadurch muss beiEinstrahlungen ab rund 850 W/m2 überschüssi-ge Wärme abgeführt werden, was durch einkleines auf die Receiverrohre gerichtetes Ge-bläse erfolgt. Durch diese Leistungsabregelungwird zwar bei hoher Einstrahlung Energie ver-schenkt. Der Vorteil ist aber, dass der Stirling-motor bei geringer und mittlerer Einstrahlungauch mit hohem Wirkungsgrad betrieben wer-den kann. In der Jahresenergiebilanz führt diesinsbesondere bei Standorten mit relativ weni-gen Stunden mit maximaler Einstrahlung zueinem Gewinn von fast 30% gegenüber einerDimensionierung ohne solares Vielfaches.

Stirling 161Der beim EuroDish eingesetzte Stirling 161 derSolo Kleinmotoren GmbH basiert auf derursprünglich von der schwedischen United Stir-ling AB entwickelten Anlage V 160 und wird seit

1990 von Solo weiterentwickelt und in Prototy-penstückzahlen gebaut [7]. Derzeit wird beiSolo eine Kleinserienfertigung dieser Maschineals gasbetriebenes BHKW aufgebaut.

Der Stirling 161 (Abb. 6) wird mit Helium alsArbeitsgas betrieben und erreicht bei einemmittleren Druck von 150 bar, eine Gastempera-tur von 650°C und mit 1.500 U/min eine elek-trische Leistung von 9 bis 10 kW. Das Kurbel-gehäuse ist drucklos, die Zylinder wassergekühlt.Die Rückkühlung des Kühlwassers erfolgt imgeschlossenen Kreislauf mittels einer Umwälz-pumpe durch einen Wasser/Luftkühler. An derKurbelwelle ist ein Asynchrongenerator ange-flanscht, der direkt ins Netz einspeist.

Die Hauptaufgabe der Mikroprozessor-Motorre-gelung besteht in der Steuerung des Arbeitsgas-druckes im Motor, der über Ventile, einen Kom-pressor und einen Hochdruck-Vorratsbehälterdem jeweiligen solaren Leistungsangebot ange-passt wird.

Testbetrieb und Ausblick

Zwei Prototypen des EuroDish-Systems wurdenim Dezember 2000 und Juni 2001 auf der Plata-forma Solar de Almería errichtet und in Betriebgenommen. Während des Testbetriebs wurdendie Steuerungssoftware verbessert und dieAntriebe weiterentwickelt. Inzwischen sind dieAnlagen im vollautomatischen Betrieb und wer-den vom Personal des DLR betreut.Gegenwärtig wird der nächste Entwicklungs-schritt in Angriff genommen. Mit finanziellerFörderung des Bundesumweltministeriums wer-den drei Arbeitspakete bearbeitet:

• Die beiden EuroDish Prototypen in Almeríawerden weiter betrieben, um Betriebserfahrun-gen zu sammeln. Zudem dienen sie auch dazu,weiterentwickelte Komponenten zu erprobenund zukünftige Anlagenbetreiber zu schulen.

• Weitere Leistungssteigerung der Anlagenund Maßnahmen zur Kostensenkung bei Kom-ponentenherstellung und Montage sollen denÜbergang in eine Kleinserienfertigung ermögli-chen und die bisher noch hohen Systemkostenverringern. 33

Abbildung 6Stirling V161 von SoloKleinmotoren GmbHmit Solarreceiver

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• Bei drei ausgewählten Nutzern (z.B. Energie-versorgungsunternehmen) werden so genannteLänderreferenzanlagen gebaut. Damit könnenMontage, Betrieb und Wartung unter marktna-hen Bedingungen erprobt werden. Außerdemwird die Technik für die Öffentlichkeit undpotenzielle Betreiber sichtbar.

Literatur

[1] Lopez, C. W.; Stone, K.W.:Design and Performance of the SouthernCalifornia Ediosn Stirling Dish. SolarEngineering Vol. 2 ASME, USA 1992.

[2] Stine, W. B.; Diver, R.B.: A Compendium of Solar Dish-Stirling Tech-nology. Sandia-Bericht Sand 93-7026 UC-236, USA 1994.

[3] Schiel, W.; Laing, D.: Survey on Solar-Electric Dish-Stirling Tech-nology. Proceedings of the VDI-GET 10thInternational Stirling Engine ConferenceOsnabrück, ISBN3-931384-38-1, 2001.

[4] Keck, T.; Benz, R.; Schiel, W.: Bau und Test eines 7,5-m-Dish-Stirling-Systems. Abschlussbericht zum Forschungs-vorhaben 0328925C (BMFT), Schlaich Ber-germann und Partner, Stuttgart (1990),unveröffentlicht.

[5] Schiel, W.; Schweizer, A.; Stine, W.: Evaluation of the 9-kW-Dish-Stirling-Systemof Schlaich Bergermann und Partner Usingthe Proposed IEA Dish-Stirling PerformanceAnalysis Guidelines, Proceedings of the29th IECEC, Monterey, CA, August 7-12,1994.

[6] Keck, T.; Schiel, W.; Schweitzer, A.: Auf den Punkt genau. Sonnenenergie(1998), Nr. 3. DGS-ISES, ISSN 0172-3278,München 1998.

[7] Baumüller, A.; Schiel, W.: Single Acting 10 kW (el) Stirling EngineApplication and Results. 8. ISEC, Universityof Ancona, Italien, 1997.

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