Soziale Dienstleistungen, Qualitätsdiskurse und die Entpolitisierung des Sozialstaats. Ein...

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© (1996) Swiss Political Science Review 2(4): 1-273 Soziale Dienstleistungen, Qualitätsdiskurse und die Entpolitisierung des Sozialstaats. Ein inhaltsanalytischer Drei-Länder-Vergleich Rudolph BAUER Zusammenfassung Der Beitrag vergleicht Debatten und Diskurse, die den Fragen der Qua- lität Sozialer Dienstleistungen und ihrer Sicherung gelten. Der erste Teil der Untersuchung berichtet über die Befunde einer inhaltsanalyti- schen Auswertung von fachlichen Diskussionsbeiträgen zum Thema. Im zweiten Teil werden die unterschiedlichen Ergebnisse aus den drei deutschsprachigen Ländern systematisch zusammengefasst und im Sinne einer landesspezifischen Synthese je verdichtet. Der dritte Teil thematisiert den länderübergreifenden Konsens hinsichtlich des Kri- teriums der ökonomischen Effizienz. Diese Übereinstimmung wird als Ausdruck eines in allen drei Ländern anstehenden Prozesses interpre- tiert, der die Einbeziehung Sozialer Dienstleistungen in das wirt- schaftliche Marktgeschehen zum Inhalt hat. Die damit einhergehenden Veränderungen werden am Beispiel der Bundesrepublik exemplarisch aufgezeigt, wo der Prozess der Ökonomisierung des Sozialwesens zur Entpolitisierung des Sozialstaats führt. Einleitung In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland war die Frage der Quali- tät von Sozialen Dienstleistungen über Jahrzehnte hinweg kein Gegenstand der Politik. Nach dem Ende des nationalsozialistischen Regimes und des Zweiten Weltkrieges galt die Berufung auf humanitäre Grundsätze und auf Prinzipien der christlichen Moraltradition, wie sie vor allem von den Kir- chen vertreten und durch die grossen konfessionellen Wohlfahrtsverbände verkörpert wurden, 1 als Ausweis selbstloser Liebestätigkeit und mithin als 1 D.h. das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche Deutschlands (DW) und der Deutsche Ca- ritasverband (DCV). Beide Verbände gehen auf Gründungen im 19. Jahrhundert zurück. Sie unterla-

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© (1996) Swiss Political Science Review 2(4): 1-273

Soziale Dienstleistungen, Qualitätsdiskurse und die Entpolitisierung des Sozialstaats.

Ein inhaltsanalytischer Drei-Länder-Vergleich

Rudolph BAUER

Zusammenfassung Der Beitrag vergleicht Debatten und Diskurse, die den Fragen der Qua-lität Sozialer Dienstleistungen und ihrer Sicherung gelten. Der erste Teil der Untersuchung berichtet über die Befunde einer inhaltsanalyti-schen Auswertung von fachlichen Diskussionsbeiträgen zum Thema. Im zweiten Teil werden die unterschiedlichen Ergebnisse aus den drei deutschsprachigen Ländern systematisch zusammengefasst und im Sinne einer landesspezifischen Synthese je verdichtet. Der dritte Teil thematisiert den länderübergreifenden Konsens hinsichtlich des Kri-teriums der ökonomischen Effizienz. Diese Übereinstimmung wird als Ausdruck eines in allen drei Ländern anstehenden Prozesses interpre-tiert, der die Einbeziehung Sozialer Dienstleistungen in das wirt-schaftliche Marktgeschehen zum Inhalt hat. Die damit einhergehenden Veränderungen werden am Beispiel der Bundesrepublik exemplarisch aufgezeigt, wo der Prozess der Ökonomisierung des Sozialwesens zur Entpolitisierung des Sozialstaats führt.

Einleitung

In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland war die Frage der Quali-tät von Sozialen Dienstleistungen über Jahrzehnte hinweg kein Gegenstand der Politik. Nach dem Ende des nationalsozialistischen Regimes und des Zweiten Weltkrieges galt die Berufung auf humanitäre Grundsätze und auf Prinzipien der christlichen Moraltradition, wie sie vor allem von den Kir-chen vertreten und durch die grossen konfessionellen Wohlfahrtsverbände verkörpert wurden,1 als Ausweis selbstloser Liebestätigkeit und mithin als

1 D.h. das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche Deutschlands (DW) und der Deutsche Ca-ritasverband (DCV). Beide Verbände gehen auf Gründungen im 19. Jahrhundert zurück. Sie unterla-

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Garantie für die qualitative Unbedenklichkeit ihrer Leistungen (vgl. Bauer und Hansen 1995). Erst in den 70er Jahren wurden für den Bereich der sta-tionären Unterbringung Erwachsener ordnungsrechtliche Regelungen ge-troffen,2 die sich – wenn auch noch nicht explizit – auf Aspekte der Qualität in Diensten und Einrichtungen beziehen. Das Thema der Dienstleistungsqualität wurde erstmals 1989 im Rahmen der Gesundheitsreform in eines der sozialleistungsrechtlichen Gesetze der Bundesrepublik aufgenommen.3 Inzwischen enthalten auch weitere wichtige Sozialleistungsgesetze – das Bundessozialhilfegesetz4 und das Pflege-Ver-sicherungsgesetz5 – Regelungen zur Qualitätssicherung. Neuerdings sind demnach die Vertragspartner – d.h. die Leistungsanbieter Sozialer Dienst-leistungen einerseits und die Kostenträger andererseits – gesetzlich ver-pflichtet, sich über die Qualität der zu erbringenden Leistungen zu einigen. Ferner unterliegen die Anbieter der Gesetzesvorschrift, sich an Massnah-men der Qualitätssicherung zu beteiligen.

gen während der Zeit des Nationalsozialismus keinem Verbot und dienten nach Kriegsende aufgrund ihrer weitgehend intakten Infrastruktur als inländische Brückenköpfe für Hilfssendungen aus dem Ausland (vgl. Degen 1975).

2 1974 wurde das Gesetz über Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige (HeimG) beschlossen. (Es trägt seit dem im Jahre 1990 beschlossenen Ersten Gesetz zur Änderung des Heimgesetzes die Bezeichnung "Heimgesetz (HeimG)".) Dem Gesetz folgten 1976 die Verordnung über die Mitwirkung der Heimbewohner in Angelegenheiten des Heimbetriebes (HeimMitwVO), 1978 die Verordnung über bauliche Mindestanforderungen für Altenheime, Altenwohnheime und Pflege-heime für Volljährige (HeimMindBauVO), ebenfalls 1978 die Verordnung über die Pflichten der Trä-ger von Altenheimen und Pflegeheimen für Volljährige im Falle der Entgegennahme von Leistungen zum Zwecke der Unterbringung eines Bewohners oder Bewerbers (HeimsicherungsVO) sowie 1993 die Verordnung über personelle Anforderungen für Heime (HeimPersVO).

3 Das Sozialgesetzbuch V (SGB V) regelt in § 132 des Gesundheitsreformgesetzes von 1986 die "Versorgung mit häuslicher Krankenpflege und Haushaltshilfe". Zu deren Gewährung kann die Kran-kenkasse entweder geeignete Personen anstellen oder andere geeignete Personen, Einrichtungen oder Unternehmen in Anspruch nehmen. Ist letzteres der Fall, dann hat die Krankenkasse “über Inhalt, Um-fang, Vergütung sowie Prüfung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Dienstleistungen Verträge zu schliessen.” (Eigene Hervorhebung.)

4 § 93 (2) des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) besagt: “Der Träger der Sozialhilfe ist zur Über-nahme von Aufwendungen für die Hilfe in einer Einrichtung nur verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung oder seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leis-tungen sowie über die dafür zu entrichtenden Entgelte besteht; ... In den Vereinbarungen sind auch Regelungen zu treffen, die den Trägern der Sozialhilfe eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Quali-tät der Leistungen ermöglichen.” (Eigene Hervorhebungen.)

5 Das Sozialgesetzbuch XI (SGB XI) regelt in § 80 des Pflege-Versicherungsgesetzes (PflegeVG) die "Qualitätssicherung" wie folgt: “(1) Die Spitzenverbände der Pflegekassen, die Bundesarbeitsge-meinschaft der überörtlichen Sozialhilfe, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene vereinbaren gemeinsam und ein-heitlich Grundsätze und Massstäbe für die Qualität und die Qualitätssicherung der ambulanten und stati-onären Pflege sowie für das Verfahren zur Durchführung von Qualitätsprüfungen. ... (2) Die zugelasse-nen Pflegeeinrichtungen sind verpflichtet, sich an Massnahmen zur Qualitätssicherung zu beteiligen; ...” (Eigene Hervorhebungen.)

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Die neuen Regelungen im Sozialleistungsbereich sollen in Verbindung mit der gleichzeitig eingeführten Zulassungspflicht der Leistungserbringer ge-währleisten, dass nur diejenigen Anbieter eine Chance auf dem "Sozialmarkt" erhalten, welche die Qualität ihrer Angebote sicherstellen. Indem Umfang, Inhalt und Qualität der Leistungen festgelegt werden und das Qualitätsni-veau verbindlich beschrieben wird, “wird unmittelbar Einfluss auf das Kos-tenniveau ausgeübt, vor allem soweit es um Strukturmerkmale der Einrich-tungen und Dienste geht, etwa Personalschlüssel” (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung Baden-Württemberg 1995: 22). Die aktuelle Rechtslage hat bei den nicht-staatlichen Trägern Sozialer Dienstleistungen in der Bundesrepublik Deutschland Beunruhigung und Diskussionen ausgelöst, in deren Mittelpunkt Fragen der Qualität und der Qualitätssicherung stehen. Gegenwärtig werden diese Fragen auch in der Schweiz und Österreich erörtert. Die Qualitätsdebatten beziehen sich in den drei deutschsprachigen Ländern auf folgende Fragen: Was ist unter Qualität zu verstehen? Wer ist verantwortlich für die Erbringung von Qualität? Wie kann Qualität beurteilt werden? Die Beantwortung dieser Fragen ist ein Thema des folgenden Beitrags. Das erste Kapitel der Darstellung basiert auf der inhaltsanalytischen Auswertung6 einer Reihe von Veröffentlichungen7 zum Thema "Soziale Dienstleistungsqualität".8 Dabei zeigt sich ein auf den ersten Blick überra-

6 Die Inhaltsanalyse beinhaltet eine systematische Auswertung der vorhandenen Literatur (siehe Fussnote 7) unter Berücksichtigung derjenigen Fragestellungen, welche auch die Gliederung von Teil 1 strukturieren.

7 Da das Thema relativ neu ist und es zunächst vor allem in Fachkreisen der Wohlfahrtspflege dis-kutiert (und oft nicht einmal dokumentiert) wird, kann hier nicht der Anspruch erhoben werden, sämt-liche Diskussionsbeiträge berücksichtigt und alle einschlägigen Veröffentlichungen umfassend gesich-tet und ausgewertet zu haben. Für Literaturhinweise und Beschaffungshilfen danke ich besonders Ernst Blümle und seinen Mitarbeitern vom Forschungsinstitut für Verbands- und Genossenschaftsma-nagement der Universität Fribourg, Antonin Wagner von der Schule für Soziale Arbeit Zürich, Chri-stoph Badelt von der Sozialpolitischen Abteilung der Wirtschaftsuniversität Wien, Reinbert Schauer vom Institut für Betriebswirtschaftslehre der gemeinwirtschaftlichen Unternehmen an der Johannes Kepler Universität Linz sowie dem Europäischen Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung in Wien. Die Auswahl der Literatur und selbstverständlich die Interpretationen des Materials verant-wortet der Verfasser; Lücken bei der Recherche gehen ebenso zu seinen Lasten.

8 Die Arbeit entstand als vorbereitende Studie im Rahmen der geplanten Beteiligung an einem europä-isch vergleichenden Forschungsverbund. Dieser befasst sich unter Federführung von Norman Johnson, University of Portmouth (UK), mit dem Thema "Voluntary Sector and Public Policy: A Comparison of Regulatory Regimes and the Search for Quality Assurance". Am Verbund ist auf deutscher Seite unter Mitarbeit von Eckhard Hansen das "Institut für Lokale Sozialpolitik und Nonprofit-Organisationen" be-teiligt, eine Wissenschaftliche Einheit des Fachbereichs 11 (Human- und Gesundheitswissenschaften) der Universität Bremen. Die Fragestellung des deutschen Projektanteils soll untersuchen, wie sich die neue Sozialgesetzgebung auf die stationären und ambulanten Angebote der Altenhilfe, der Behindertenhilfe, der Hilfe für psychisch Kranke und der Lernbehindertenhilfe auswirkt. Diese Untersuchung wird – be-zogen auf Einrichtungen in Bremen und im niedersächsischen Umland – gegenwärtig durch eine studen-tische Arbeitsgruppe des Lehrprojekts "Qualitätssicherung und Nutzer/innen-Kontrolle" im Studiengang Sozialpädagogik (Sozialarbeitswissenschaft) der Universität Bremen vorbereitet.

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schendes Ergebnis: Es gibt im Drei-Länder-Vergleich nur eine "grosse Ge-meinsamkeit" – die Betonung des Kriteriums der Effizienz, d.h. der ko-stengünstigen und wirtschaftlichen Erbringung Sozialer Dienstleistungen. Im übrigen aber weichen die Antworten in einer Reihe von inhaltlichen Aussagen deutlich voneinander ab. Die Positionen, welche in der Schweiz und Österreich entwickelt werden, weisen spezifische Divergenzen auf. Sie unterscheiden sich aber auch von den in Deutschland diskutierten Ansichten. Im zweiten Kapitel, das sich thematisch eingehend mit der Unterschied-lichkeit der Qualitätsdiskurse in den deutschsprachigen Ländern befasst, werden zunächst die Ergebnisse der Inhaltsanalyse unter systematischen Aspekten zusammengefasst. Anschliessend wird versucht, die Aussagen der Qualitätsdebatten im Sinne von länderspezifischen Synthesen zu verdichten und das Profil des jeweiligen landesspezifischen Diskurses generalisierend zu verdeutlichen. Das dritte Kapitel thematisiert die Übereinstimmung hinsichtlich des Kriteriums der ökonomischen Effizienz. Die Effizienzforderung wird als Ausdruck eines in allen drei Ländern anstehenden Prozesses interpretiert, der die Einbeziehung Sozialer Dienstleistungen in das wirtschaftliche Marktge-schehen zum Inhalt hat. Soziale Dienstleistungen verlieren ihre funktionale "Unschuld" als sozialstaatlich gewährte und interaktiv erbrachte Hilfeleistung. Sie werden zu einem Bestandteil des gesamtökonomischen Entwicklungs-prozesses. Die damit einhergehenden Veränderungen werden am Beispiel der Bundesrepublik exemplarisch aufgezeigt. Die Frage indes, ob an-gesichts der unterschiedlich strukturierten Qualitätsdiskurse die Ökonomi-sierung des Sozialwesens in der Schweiz und in Österreich einen anderen Verlauf nimmt, muss offen bleiben. Für beide Länder dürfte sich jedoch ein ähnliches Problem stellen wie in der Bundesrepublik: die schleichende, mit dem Prozess der Ökonomisierung des Sozialwesens einhergehende Entpoli-tisierung des Sozialstaats.

Soziale Dienstleistungsqualität: Ergebnisse einer Inhaltsanalyse

Was unter Qualität verstanden wird

Aussagen darüber, was unter Qualität verstanden wird, lassen sich zum ei-nen aus den Diskussionen über die damit verbundenen Zielsetzungen er-schliessen. Zum anderen kann vom Referenzrahmen der Qualitätsdiskussio-nen auf das Qualitätsverständnis geschlossen werden. Drittens geben auch die in den Debatten geäusserten Aussagen über Qualitätskriterien Auf-schluss über das ihnen zu Grunde liegende Qualitätsverständnis.

Zielsetzungen der Qualitätsdiskussion

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In Deutschland betonen die Aussagen zur Qualität der Sozialen Dienstleis-tungen vor allem das Ziel der Qualitätssicherung und der Qualitätskontrolle ("Controlling"). Qualität wird als "Controllingproblem" erörtert (vgl. Reiss 1995: 68). Verwiesen wird auf die Notwendigkeit “effiziente(r) Betriebsstruk-turen” (Allemeyer 1995b: 3). Anzustreben seien Marktanalysen, Mass-nahmen zur Personalentwicklung und zur Ausbildung einer Corporate Iden-tity, transparente Kosten- und Leistungsstrukturen sowie entsprechende Or-ganisationsformen und -strategien. In der österreichischen Diskussion wird "Qualitätssicherung" ebenfalls als Ziel benannt (vgl. Badelt 1995b: 96 und 100). Allerdings spielen bei der Erörterung der Frage, worauf Qualität abziele, auch die Klientenrechte eine wichtige Rolle. Es wird zwar für eine "Qualitätssicherung von oben" plä-diert, aber auch für "Qualitätsbestimmung von unten" (vgl. Hauke 1995: 85). Das Ziel der Sicherung von Qualität wird ferner mit dem Ziel ihrer Förderung und Steigerung verbunden (vgl. Badelt 1995b: 99f.). Ein weiterer Aspekt in der österreichischen Qualitätsdiskussion zielt ab auf die sozialpo-litische Steuerung der Qualität von Hilfe und Pflege – Thema einer vom Ös-terreichischen Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderten Ta-gung über Klientenrechte (s. Evers, Leichsenring und Strümpel 1995). Im Unterschied zur österreichischen und vor allem zur deutschen Diskus-sion kommt dem Ziel der "Sicherung" oder "Kontrolle" von Qualität in der Schweizer Debatte keine nennenswerte Bedeutung zu. Ähnlich wie in den Niederlanden (vgl. Giebing 1995) wird in der Schweiz die Qualität im Be-reich Sozialer Dienstleistungen hauptsächlich als Aufgabe des Qualitätsma-nagements von Nonprofit-Organisationen (NPO) thematisiert. Es reiche “nicht mehr aus, die Qualität als die Erfüllung von technischen Standards zu begreifen” (Limacher 1995: 62). In der Qualitätsdebatte sei “die konsequente Sichtweise "von aussen" erforderlich. Sie stellt den Leistungsempfänger und sein Umfeld in den Mittelpunkt.” (Ebd.; Hervorhebung im Original.)

Bezugsrahmen der Qualitätsdiskussion In der schweizerischen Diskussion gelten dementsprechend die Leistungs-empfänger, ihr Umfeld und – in letzter Instanz – der gesellschaftliche Wan-del als entscheidende Bezugsgrössen für die Bestimmung von Qualität. Es wird hervorgehoben, dass sich gegenwärtig die “Anforderungen an die Qua-lität ... sehr stark gegenüber den herkömmlichen Vorstellungen (wandeln)” (Limacher 1995: 62; Hervorhebung im Original). Dieser Wandel mache sich fest an Veränderungen der “Anspruchsträger, die deutlich differenzie-ren und individuellere Leistungen fordern” (ebd.). Als Referenzgrössen für die Bestimmung von Qualität werden in Deutschland hingegen die Konkurrenz und der Wettbewerb betont. Qualität

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und die Notwendigkeit der Qualitätssicherung werden in Abhängigkeit von den Qualitätsvorgaben der übrigen Dienstleistungsanbieter gedacht: “Auch bei Sozialen Diensten ist die marktliche Wettbewerbssituation zunehmend vom Umgang mit dem Erfolgsfaktor "Qualität" gekennzeichnet.” (Reiss 1995: 59) Als Controlling-Strategien zur Qualitätssicherung werden vor allem solche genannt, welche “auf (die) Stellung der Einrichtung im jeweiligen Marktsegment zielen” (a.a.O.: 61). Im Tagungsband der oben erwähnten ös-terreichischen Konferenz über Klientenrechte wurden die beiden deutschen Beiträge (Heinemann-Knoch und Kardorff 1995; Hartmann 1995) bezeich-nenderweise unter der Überschrift "Qualität durch Konkurrenz?" veröffent-licht. In der österreichischen Qualitätsdiskussion gilt die staatliche Sozialpoli-tik als entscheidender Referenzrahmen zur Qualitätssicherung. Bezüglich des Ziels der Qualitätsverbesserung wird auch die Notwendigkeit (staatlicher) Reformen des Ausbildungswesens hervorgehoben. Qualitätsverbesserung setze eine bessere Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor-aus. Im Interesse der Qualität wird plädiert für die “Professionalität und die moralische Verantwortung jener Personen und Institutionen ..., die für die Qualität einer Sozialen Dienstleistung verantwortlich sind” (Badelt 1995b: 96; eigene Hervorhebungen). Ferner wird unterstrichen, dass “sich aus sozi-alpolitischer Sicht die Qualitätsproblematik nicht nur auf der Ebene der ein-zelnen Dienstleistung (stellt), sondern auch auf der Ebene eines Versor-gungssystems insgesamt”. Als qualitätsrelevante Massstäbe zur Beurteilung des Versorgungssystems werden genannt: die "optimale Güterversorgung"; das "Kriterium der Gerech-tigkeit"; das Kriterium der "(sozialen) Sicherheit der Klienten"; die "Verläss-lichkeit der Anbieter einer Sozialen Dienstleistung" und das Kriterium "flä-chendeckender Versorgung" (Badelt 1995b: 96 ff.). Im Interesse der Quali-tätssicherung sei von politischer Seite ein breites Instrumentarium an quali-tätsfördernden Massnahmen zur Verfügung zu stellen. Dazu gehöre auch “die Setzung bestimmter Rahmenbedingungen für die einzelwirtschaftliche Produktion”. Ferner bedürfe es geeigneter “Vorschriften bezüglich des Mindesstandards einer Leistung”. Im Interesse der Qualität müsse von den Sozialen Diensten "verstärkt Bewusstseinsarbeit betrieben werden": “Inhalt dieser Bewusstseinsarbeit muss die Werbung für den Gedanken der Qualitätssicherung sein, was letzt-lich auf einen Appell zur Solidarität für benachteiligte Gruppen der Gesell-schaft – die typischen Klienten Sozialer Dienstleistungen – hinausläuft”.

Kriterien der Qualitätsdiskussion

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Im Mittelpunkt der deutschen Diskussion über Kriterien der Qualität stehen Aussagen zur Effizienz. Die Bestimmung der Qualität von Sozialen Dienst-leistungen wird gleichgesetzt mit deren kostengünstigen und wirtschaftli-chen Erbringung auf einem standardisierten Niveau. “Qualitätssicherung sagt damit noch nichts über das Niveau der Qualität, sondern nur dass ein Niveau festgelegt und Dienstleistungen geprüft werden, ob sie das Niveau erreichen. Kostenbegrenzungsinteressen stehen ebenso hinter der Regelung zur Qualität und Qualitätssicherung im Sozialleistungsrecht wie die Anlie-gen, Qualitätsreserven und -ressourcen auszuschöpfen.” (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung Baden-Württemberg 1995: 22) Die erste einschlägige Publikation zum Qualitätsthema in Deutschland trägt in bezeichnender Weise den Titel “Wirtschaftlichkeit und Qualitätssicherung in sozialen Diensten” (Knappe und Burger 1994; eigene Hervorhebung). In der österreichischen Qualitätsdebatte wird wie in Deutschland das Kriterium der ökonomischen Effizienz hervorgehoben. Daneben wird aber auch das politische Kriterium der Gerechtigkeit thematisiert. Dabei gehe es “um die Frage, inwieweit Soziale Dienstleistungen gerecht verteilt werden. ... Im Allgemeinen wird ein System nur dann als gerecht bezeichnet, wenn Menschen bestimmte Grundbedürfnisse (z.B. die Pflege oder Betreuung im Krankheitsfall) unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erfüllt erhalten.” (Badelt 1995b: 97) Wie in Deutschland und Österreich, so gilt auch in der Schweizer Diskus-sion Effizienz als eines der Kriterien von Qualität. Es zeigt sich mithin, dass das Kriterium der Wirtschaftlichkeit die "grosse Gemeinsamkeit" in den Qualitätsdiskussionen der drei Länder darstellt. Neben der Effizienz wird in der Schweiz allerdings auch der Stellenwert der Effektivität Sozialer Dienstleistungen betont. d.h. es wird Wert gelegt auf den zweckmässigen und wirkungsvollen Einsatz der vorhandenen Mittel. Nonprofit-Organisationen müssten “sich auf ein neues Qualitätsverständnis einlassen, das neben wirtschaftlicher Effizienz auch sehr viel Platz für die Qualität der Wirkung lässt” (Buss 1995: 68; Hervorhebungen im Original). “Qualität misst sich am Nutzen für den Leistungsempfänger, für das Klientsystem: nicht beraterische Modeströmungen, sondern die Wirkung, das Veränderungspotential einer Dienstleistung ist Qualitätsindikator.” (Brack 1995: 11; eigene Hervorhebung.) “Qualität kann bei NPO nicht einfach als festgelegte Norm, die für alle und alles gilt, dargestellt werden. ... Die NPO setzen in ihrem Qualitätsdenken ganz unterschiedliche Schwerpunkte und geben dem Begriff Qualität auch ganz unterschiedliche Inhalte. Folglich entspricht ihnen auch eine ganz andere Qualitätsdefinition als in der Wirtschaft.” (Buss 1995: 68; Hervorhebungen im Original.)

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Wer für die Erbringung von Qualität verantwortlich ist

Die Frage, wer für die Erbringung von Qualität verantwortlich ist, wird in den drei deutschsprachigen Ländern unter einer Reihe von Gesichtspunkten diskutiert: Wer sind die verantwortlichen Akteure der Qualitätsproduktion? Gibt es eine zentrale Instanz mit Qualitätsverantwortung? Welche Rolle spielen die MitarbeiterInnen? Welchen Stellenwert haben die AdressatInnen bei der Qualitätserbringung?

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Verantwortliche Akteure der Qualitätsproduktion Als Akteure der Qualitätsproduktion werden in Deutschland vor allem die gemeinnützigen Träger von Einrichtungen für Soziale Dienstleistungen ge-nannt: "frei-gemeinnützige Träger", "Freie Träger", "Freie Träger der Wohl-fahrtspflege" bzw. "Wohlfahrtsverbände" (vgl. Allemeyer 1995a). Seltener werden "private und öffentliche Träger" genannt oder "Soziale Ein-richtungen" generell (vgl. Allemeyer 1995b) bzw. "Soziale Dienste" (vgl. Reiss 1995). In der Schweiz gelten vor allem die Nonprofit-Organisationen als rele-vanter Handlungstypus zur Qualitätsproduktion im Bereich der Sozialen Dienstleistungen (vgl. Buss 1995; Limacher 1995). In Österreich werden allgemein die Sozialen Dienste als die relevanten Akteure der Qualitätspro-duktion hervorgehoben (vgl. Badelt 1995a und 1995b; Matul 1995). Eine genauere Differenzierung nach Akteuren in öffentlicher bzw. frei-gemein-nütziger Trägerschaft unterbleibt. Der Rechtsstatus des jeweiligen Trägers erscheint nachrangig.

Zentrale Instanzen der Qualitätsverantwortung Die deutsche Qualitätsdiskussion betont die besondere Verantwortung der Anbieter Sozialer Dienstleistungen, und hier insbesondere die herausragen-de Rolle der Führung oder Leitung dieser Anbieter (vgl. Allemeyer 1995a; Reiss 1995). Im Unterschied dazu wird in der Schweizer Diskussion den "Menschen an der Grenze" eine zentrale Verantwortungsrolle zuerkannt (vgl. Limacher 1995: 62). D.h. die Qualitätsverantwortung liegt vor allem bei den in der Dienstleistungsproduktion unmittelbar Beschäftigten. Be-gründet wird dies mit dem Hinweis, sie repräsentierten “durch ihr Tun die Qualität der Organisation. Ihr Wissen und Können, ihr Erfahrungsschatz, ihre Motivation und Kreativität spielen dabei eine zentrale Rolle.” (Ebd.; Hervorhebung im Original.) Es sei deshalb “von fundamentaler Bedeutung, die Verpflichtung auf die Qualität in die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter "einzubauen"” (ebd.). Ähnlich gelten in Österreich in erster Linie die Professionellen und Praktiker als hauptverantwortlich für die Qualitätsproduktion. Im allgemei-nen wird dabei aber nicht unterschieden, ob es sich um leitende Kader, wie in Deutschland, oder, wie in der Schweiz, um die MitarbeiterInnen "an der Grenze" handelt. Als entscheidend werden der Praxisbezug und die berufli-che Qualifikation angesehen sowie die professionelle Verankerung berufs-ethischer Grundsätze (vgl. Badelt 1995a und 1995b). Auch der Zusammen-arbeit und Koordination der in der Praxis tätigen Professionellen wird grosse Beachtung zuteil. Kooperation und Koordination seien verantwortlich und

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ausschlaggebend bei der Qualitätsentwicklung (vgl. Wintersberger 1995; Schaffenberger 1995; Farkas 1995). Eine wichtige und mitentscheidende Rolle bei der Stärkung von professioneller Verantwortung wird der Perso-nalentwicklung (vgl. Ernst 1995) sowie der Aus- und Fortbildung (vgl. Bahr 1995) beigemessen.

MitarbeiterInnen als verantwortliche Qualitätsproduzenten Im Zentrum der Qualitätsdiskussion in Österreich steht die Forderung nach einer besseren Qualifikation der Professionellen (vgl. Badelt 1995b: 96). Damit verbunden ist die zusätzliche Forderung nach ihrer höheren Entloh-nung: “Soziale Arbeit findet bisweilen immer noch in einer Atmosphäre statt, in der hochprofessionelle Tätigkeiten fälschlicherweise als wohltätiges Hobby interpretiert werden. Eine solche Atmosphäre ist dem Anliegen der Qualitätssicherung abträglich. Voraussetzung jeder Qualitätssicherungsstra-tegie ist daher auch das Selbstbewusstsein der Praktiker, hochqualifizierte Arbeit zu leisten. ... Das Selbstbewusstsein, mit dem Praktiker für ihre in hohem Masse professionelle soziale Arbeit eine adäquate und wesentlich bessere Bezahlung verlangen, als dies gegenwärtig der Fall ist, wird lang-fristig der Idee der Qualitätssicherung dienlich sein.” (Badelt 1995b: 102). In der Schweiz steht die Qualitätsverantwortung der MitarbeiterInnen und insbesondere deren berufsbegleitende, individuelle Qualifizierung im Vordergrund der Diskussion: “Alle Mitarbeiter haben individuelle Qualität-sentwicklungs- und Qualifizierungspläne mit entsprechenden Umsetzungs- und Kontrollprozeduren. ... Individuelle Qualifizierungspläne bringen die Be-teiligten zu Anstrengungen, ihre Arbeit besser zu verrichten und Fehler zu vermeiden. Mit Qualitätszirkeln oder Anleitungen in QS-[= Qualitätssiche-rungs-; R.B.] Handbüchern erreicht man dies nicht.” (Limacher 1995: 65) Im Unterschied zur Betonung der individuellen Qualifizierung bzw. zur Forderung nach besserer professioneller Qualifikation und höherer Ent-lohnung hebt die deutsche Diskussion darauf ab, dass es im Interesse der Qualität erforderlich sei, seitens der Leitung den besseren Einsatz der Po-tentiale der MitarbeiterInnen sicherzustellen (vgl. Reiss 1995: 70). Es wird als unabdingbar erachtet, vor allem eine effiziente Betriebsstruktur (vgl. Al-lemeyer 1995a) bzw. “eine Infrastruktur zu schaffen, die das Hervorbringen und die erfolgreiche Umsetzung neuer Ideen nachhaltig beeinflusst” (Reiss 1995: 70; Hervorhebung im Original). Den operativ-funktionalen Stellenwert der MitarbeiterInnen unterstreicht der Hinweis, “dass das Personal den Er-folgsfaktor schlechthin für soziale Dienstleistungsorganisationen darstellt” (Reiss 1995: 69).

AdressatInnen und Qualität

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Bei der Produktion Sozialer Dienstleistungen handelt es sich um einen in-teraktiven Prozess, der dem "Uno-actu"-Prinzip unterliegt (vgl. Herder-Dorneich 1996: 442). Ohne die Mitwirkungsbereitschaft der AdressatInnen oder NutzerInnen ("Co-Akteure") sind Soziale Dienstleistungen zum Schei-tern verurteilt. Es ist deshalb von Interesse, ob und wie der Status der AdressatInnen in den Qualitätsdebatten umschrieben wird und ob sich dar-aus Anhaltspunkte dafür ergeben, dass deren Mitwirkung bei der Qualitäts-produktion als notwendig erachtet wird. In der schweizerischen Qualitätsdiskussion ist nicht selten von "Kunden" die Rede (vgl. Limacher 1995, 65). Konzeptionell entstehe "Qualität durch Kundenfreundlichkeit" (Valoti 1995: 243). Der Begriff des Kunden impli-ziert "Kundensouveränität" sowie ein gewisses Mass von Entscheidungs- und Mitwirkungsfreiheit. Gelegentlich spricht man in der Schweiz aber auch von "Leistungsempfängern" oder "Bedienten" (vgl. Limacher 1995, 62; Hervorhebung im Original). Von "Leistungsempfängern" ist z.T. ebenso in der deutschen Diskussion die Rede, vereinzelt auch von "Konsumenten". Hauptsächlich wird jedoch die Bezeichnung "Klientel" oder "Klienten" gebraucht (vgl. Reiss 1995: 61). Dieser Begriff hat “vielfach eine negative Konnotation: der Klient erscheint als Bittsteller, Hilfesuchender, Abhängiger von sozial- und gesundheitspoli-tischen Leistungen” (Grunow 1996: 1159). Die Idee einer Mitwirkungs-möglichkeit im Rahmen der Qualitätsproduktion oder gar der Gedanke einer Einflussnahme durch NutzerInnen-Kontrolle ist im Zusammenhang dieser dem Modell einer Patronagebeziehung entlehnten Begrifflichkeit nur schwerlich auszumachen. Auch in Österreich wird, ähnlich wie in Deutschland, der Klientenbegriff verwendet, häufig aber auch die Bezeichnung "Konsumenten" (vgl. Badelt 95: 91 und 94). Die Benennung als "KlientInnen" oder "PatientInnen" begeg-net vor allem im Rahmen derjenigen Erörterungen, die deren Rechtsstatus behandeln ("Klientenrechte"; vgl. Eiersebner 1995; Pfeil 1995; Pichler 1995; Richter 1995; Seidl 1995) oder anwaltschaftliche Überlegungen in die Quali-tätsdebatte einbringen. Der Konsumentenbegriff beinhaltet, im Unterschied zum Kundenbegriff in der Schweiz, einen gewissen Grad der konsumenten-seitigen Abhängigkeit von der anbieterseitigen Qualitätserbringung.

Wie Qualität beurteilt werden kann

Die Antworten auf die Frage, wie Qualität beurteilt werden kann, lassen sich verschiedenen Diskussionskomplexen zuordnen. Ein erster Komplex beinhaltet Aussagen über das Vorgehen bei der Gewinnung von Kriterien zur Qualitätsbeurteilung. Eine zweite Annäherung an das Problem der Qua-litätsbeurteilung ergibt sich aus den Aussagen über die als anwendbar er-

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achteten oder vorgeschriebenen Methoden und Instrumente. Schliesslich sind den Diskussionen Angaben darüber zu entnehmen, auf welcher Ebene Integrations- und Transformationsleistungen erbracht werden können, die sich im Rahmen der Qualitätsbeurteilung als innovativ für die Quali-tätsproduktion erweisen können.

Der Prozess der Kriteriengewinnung In der bundesdeutschen Diskussion wird Qualität vorwiegend deduktiv als "ein komplexes Mass" entwickelt, “das sich aus verschiedenen vorher defi-nierten Eigenschaften der Gesamtleistung einer Organisation ergibt” (Reiss 1995: 62f.). Auf zentraler Ebene sei "ein wissenschaftlich fundiertes In-strumentarium" zu entwickeln, welches Standards und Kriterien der Qualität vorgibt, deren "Anpassung und Umsetzung" anschliessend dezentral zu er-folgen habe (vgl. "Gemeinsame Grundsätze und Massstäbe zur Qualität und Qualitätssicherung einschl. des Verfahrens zur Durchführung von Quali-tätsprüfungen nach § 80 SGB XI in der ambulanten Pflege vom 10. Juli 1995"). Im Unterschied zur deutschen Qualitätsdiskussion wird in der schweize-rischen ein induktives Vorgehen bevorzugt. Der Prozess der Kriterienge-winnung habe dezentral auf der Ebene der Dienstleistungserbringung anzu-setzen. “Nicht die Politik, die Ziele oder die Funktionen werden herunter-gebrochen. Vielmehr werden jene Tätigkeiten identifiziert, die für die höhe-re (d.h. qualitätssensitive; R.B.) Arbeitsleistung relevant sind. Die Optionen sind keine festen Dienstleistungsskripten (vorschriftsmässige Beschreibung von Arbeitsabläufen). Vielmehr unterstützt die spezielle Struktur der Optio-nen die Handlungsplanung so, dass qualitativ hochwertige Arbeit entstehen kann” (Limacher 1995: 64; Hervorhebung im Original). Die Diskussionsbeiträge in Österreich kombinieren den Aspekt der zent-ralen politischen Qualitätsverantwortung mit dem professionsgesteuerten Verfahren einer dezentralen Kriteriengewinnung. Qualität und Qualitätssi-cherung seien in erster Linie ein normatives Problem (vgl. Badelt 1995b: 99). Dienstleistungsqualität habe die "Qualität des Versorgungssystems" zur Vorbedingung (Badelt 1995b: 96). Andererseits spiele aber auch die Praxis eine wichtige Rolle: “Praktiker bzw. Professionelle der sozialen Arbeit müs-sen für ihre eigene Arbeit Qualitätsindikatoren definieren und diese für die "Aussenwelt" (z.B. die Verwaltung oder die Politik) nachvollziehbar ma-chen” (Badelt 1995b: 101).

Methoden und Instrumente der Qualitätsbeurteilung In der Schweizer Diskussion nimmt die Methode der Selbstevaluation und Selbstbewertung einen verhältnismässig hohen Rang ein (vgl. Brack 1995).

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Im Unterschied zur Fremdevaluation und Zertifizierung durch externe Gut-achten sind bei der in der Schweiz präferierten Methode der Qualitätsbeurtei-lung “die Untersuchungseinheiten ... zwar kleiner, dafür die Untersuchungszeit-räume länger und Gegenstand sind vor allem die Routineabläufe” (Brack 1995: 14). Im Rahmen der Selbstbewertung spielen auch die Methoden des von der "European Foundation for Quality Management (E.F.Q.M.)" entwi-ckelten Total Quality Management (TQM) eine wichtige Rolle (vgl. Lima-cher 1995: 65 ff.). Ein weiteres der für NPO empfohlenen Verfahren ist die 2Q-Methode – "2Q" als Akronym für "Qualität" und "Qualifizierung" (vgl. Limacher 1995: 64 f.). Diese Methode ist mit dem Instrument der "individuel-len Qualifizierungspläne" verbunden und wird bereits in rd. 60 Einrichtun-gen der Schweiz erprobt (Limacher 1995: 64). Wie in der Schweiz, so wird auch in der österreichischen Qualitätsdebat-te dem Instrument der Selbstevaluation der Vorzug gegeben (vgl. Badelt 1995: 101). Als eine weitere Methode der dezentral ansetzenden Qualitäts-beurteilung wird die durch Praktiker und Professionelle vorzunehmende Definition von Qualitätsindikatoren angesehen (vgl. ebd.). Schliesslich werden zur Qualitätsbeurteilung spezifische Kosten-Effektivitäts-Analysen vorgeschlagen und in Anwendung gebracht (vgl. Badelt 1994). Die Liste der in der deutschen Diskussion relevanten Instrumente und Methoden zur Qualitätsbeurteilung ist sehr umfassend und reicht vom stan-dardisierten Routine-Berichtswesen und der Leistungsdokumentation (vgl. Reiss 1995: 73), über "qualitätssichernden Teams" (Reiss 1995: 85), hin zu ISO- und DIN-Kennzahlen (ISO 9000ff.), sonstigen Kennzahlensystemen, Kostenrechnungen und zum Kostenmanagement (Reiss 1995: 74 ff.). Ein vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge am 07. 12. 1995 beschlossenes Dokument mit "Empfehlungen ... zur Qualitätssicherung in der ambulanten, teilstationären und stationären Altenpflege" nennt folgende Verfahren der Qualitätsbeurteilung: "... Qualitätszirkel ... Qualitätsprü-fung(en) im Einzelfall und das Nursing audit ... Assessmentrunden, Ring-versuche, Kolloquien ... Checklisten und Nutzerbefragungen ..." (zit. nach: Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Für-sorge 1/1996: 2). Hinsichtlich interner Qualitätssicherungsmassnahmen wird ferner die Einsetzung von Qualitätsbeauftragten empfohlen, und als zusätzliche externe Massnahmen gelten "Kollegiale Besuchergruppen" so-wie "Qualitätssicherungskonferenzen" (vgl. Ministerium für Arbeit, Ge-sundheit und Sozialordnung Baden-Württemberg 1995: 18).

Integrations- und Transformationsebene Wenn es um die Beantwortung der Frage geht, auf welcher Ebene Inte-grations- und Transformationsleistungen zu erbringen seien, die sowohl für

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die Qualitätsproduktion als auch für die Qualitätsbeurteilung eine herausra-gende Bedeutung haben, wird in der schweizerischen Qualitätsdiskussion ein personales Konzept vertreten. Besonders hervorgehoben wird die Rolle der MitarbeiterInnen. Deren "qualitätssensitiven Tätigkeiten und Arbeitslei-stungen" wird grösste Bedeutung beigemessen: “Die konkrete Arbeitsleistung jedes einzelnen ist Integrationsort und Transformationsstelle für die Quali-tätserzeugung.” (Limacher 1995: 64; Hervorhebungen im Original.) Hinge-gen wird numerischen Kennzahlen und ISO-Normen, "massgeschneiderten" TQM-Systemen, Zertifikaten oder "Standards irgendwelcher Qualitätssiche-rungssysteme" mit relativ grosser Skepsis begegnet (vgl. Buss 1995: 69 f.). Der schweizerische Grundsatz lautet, "über die Mitarbeiter zur Qualität" (Limacher 1995: 64; Hervorhebung im Original). Die deutsche Qualitätsdiskussion hebt in der Frage des Integrations- und Transformationsfaktors hingegen den hohen Stellenwert des Prozessmana-gements hervor. Als charakteristisch könnte die Warnung gelten, "dass das Verhalten der Menschen der grösste Hemmschuh für die Realisierung dieses Prozessmanagements ist" (vgl. Reiss 1995: 86)! Entscheidend seien Visio-nen, sichtbare Leitbilder (vgl. Reiss 1995: 68), eine "Revolution des Den-kens" (Reiss 1995: 87), die Corporate Identity (vgl. Allemeyer 1995b), fer-ner Management und Controlling (vgl. Reiss 1995: 60), die betriebliche Inf-rastruktur und die Unternehmensführung. Die Qualitätsdiskussion in Österreich bringt erwartungsgemäss zwei In-tegrations- und Transformationsfaktoren ins Gespräch: einen politischen und einen qualifikatorischen. Für die Qualitätsproduktion ebenso wie für die Qualitätsbeurteilung seien einerseits die Ebene der professionellen Aus- und Fortbildung sowie andererseits die politische Ebene eines gerechten Versorgungssystems von ausschlaggebender Bedeutung (vgl. Badelt 1995b).

Die Unterschiede in den Qualitätsdiskursen: Zusammenfassung und länderspezifische Profile

Versuch einer generalisierenden Zusammenfassung

Im folgenden werden die Ergebnisse der Inhaltsanalyse zunächst unter der Frage zusammengefasst, ob sie sich auf allgemeine kategoriale Unterschei-dungen beziehen lassen. Diesem Vorgehen liegt die Annahme zu Grunde, dass die unterschiedlichen Aussagen in den Qualitätsdebatten der drei Län-der nicht einem Zufall geschuldet sind, sondern auf einen allgemeinen, län-derspezifischen Diskurs über Soziale Dienstleistungen verweisen. Unter Diskurs wird dabei die kategoriale Synthese von Argumenten, wertenden Positionen und Normbezügen verstanden. Diese finden ihren Ausdruck in

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den unterschiedlichen Aussagen zum Verständnis von Qualität, zur Quali-tätsverantwortung und zur Qualitätsbeurteilung.

Zum Qualitätsverständnis: Kriterien und Bezüge Die Inhaltsanalyse der Qualitätsdebatten deutet auf eine Gemeinsamkeit im Qualitätsverständnis der drei deutschsprachigen Länder hin. Sowohl in der Schweiz als auch in Österreich und Deutschland wird bei der Frage, was un-ter Qualität zu verstehen sei, das Kriterium der wirtschaftlichen Effizienz betont. Diese Übereinstimmung schliesst jedoch landesspezifische Varian-ten nicht aus. Während die Wirtschaftlichkeit im deutschen Qualitätsverständnis eine bemerkenswert herausgehobene und beherrschende Rolle einnimmt (Kriteri-um der Effizienz), scheint dieses Kriterium in der Schweiz und Österreich dadurch etwas modifiziert zu werden, dass auch andere Massstäbe genannt werden: in der Schweiz das Kriterium der Effektivität, in Österreich das der Gerechtigkeit. In den schweizerischen Aussagen gesellt sich zum Wirt-schaftlichkeitskriterium die "Qualität der Wirkung", die auf den indivi-duellen Leistungsempfänger abstellt (Kriterium der Effizienz plus Kriterium der fallbezogenen Wirkung). In der österreichischen Diskussion wird das Effizienzkriterium durch das der Gerechtigkeit ergänzt, welches zusätzlich den Stellenwert staatlicher Sozialpolitik betont (Kriterium der Effizienz plus Kriterium der sozialen Gerechtigkeit). Deutlicher schon lassen sich die Unterschiede im Qualitätsverständnis der drei Länder markieren, wenn der jeweilige Referenzrahmen der Argu-mentation einbezogen wird. In Österreich, wo der Qualitätsförderung und Verbesserung der jeweiligen Einzelleistung eine wichtige Bedeutung zu-kommt, umfasst der Bezugsrahmen sowohl die sozialpolitischen Rahmen-bedingungen (politisch-normativer Bezug) als auch die qualifikationspoliti-schen Aspekte der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Sozialen Diensten (professionell-qualifikatorischer Be-zug). Im Unterschied dazu berücksichtigen die schweizerischen Überlegun-gen zum Qualitätsmanagement das gesellschaftliche Bezugssystem und den sozialen Wandel (gesellschaftlich-dynamischer Bezug). Die auf Qualitäts-sicherung und -kontrolle insistierende Argumentation in der Bundesrepu-blik erkennt indes vorwiegend den Konkurrenzmechanismus und den Wett-bewerbscharakter der Sozialmärkte als Bezugsrahmen an (wirtschaftlich-instrumenteller Bezug).

Zur Qualitätsverantwortung: Zuständigkeiten, Aufgaben, NutzerInnen-Modelle

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Die Gegenüberstellung der in den Qualitätsdebatten als zuständig hervorge-hobenen Akteure der Produktion Sozialer Dienstleistungen zeigt, dass in Ös-terreich der Besonderheit des Handlungstypus kaum ein Gewicht beigemes-sen wird. Als zuständige Akteure gelten die Dienstleistungsinstitutionen und -produzenten generell, gleichgültig ob es sich dabei um ein Amt bzw. eine Be-hörde oder um einen Verband bzw. Verein handelt (allgemeine institutionelle Zuständigkeit). Dagegen liegt die Betonung in Deutschland und der Schweiz primär auf den formell nicht-staatlichen Akteuren. Der "deutsche Blick" ist primär auf die Freien Träger der Wohlfahrtspflege ausgerichtet (besondere Zuständigkeit der Wohlfahrtsverbände), während diesen in den schweizeri-schen Überlegungen keine besondere Rolle zukommt. Hier wird vielmehr die Qualitätszuständigkeit der Nonprofit-Organisationen thematisiert (besondere Zuständigkeit der Nonprofit-Organisationen). Konkret wird in der deutschen Diskussion die Qualitätsverantwortung als eine Aufgabe den oberen Leitungsebenen bestimmt (Führungsaufgabe). In der Schweiz ist die Aufgabe der Qualitätsverantwortung auf der mittleren und unteren Ebene der hauptamtlichen und freiwilligen MitarbeiterInnen angesie-delt (Aufgabe der MitarbeiterInnen plus "Milizverantwortung"). In Österreich hingegen wird allgemein die professionelle Qualitätsverantwortung der Prak-tikerInnen unterstrichen (Aufgabe der Professionellen), wobei den Aus- und Weiterbildungsinstitutionen für Soziale Dienstleistungsberufe zusätzlich eine hohe Bedeutung zukommt (Aufgabe der dienstleistungsberuflichen Bildungs-stätten). Die Gegenüberstellung der Befunde hinsichtlich der Rolle der NutzerIn-nen im Rahmen der Sozialen Dienstleistungsproduktion lässt ebenfalls Unter-schiede erkennen. In der Schweiz erscheint die Nachfrageseite mit einer ge-wissen Kundensouveränität, Wahl- und Entscheidungsfreiheit ausgestattet zu sein (Kundenmodell). Im Deutschland konnotiert die Bezeichnung "Klientel" mit unterschwelligen Vorstellung ihrer Abhängigkeit, Unselbständigkeit und eines anwaltschaftlichen Vertretungsbedarfs (Klientenmodell). In Österreich wird den "Klienten" zum Teil auch der Verbraucherstatus zugesprochen (Konsumentenmodell).

Zur Qualitätsbeurteilung: Methodeneinsatz, Instrumente und Ansätze Das methodische bzw. instrumentelle Inventar zur Qualitätsbeurteilung scheint in den untersuchten Ländern unterschiedlich konzipiert und bislang noch un-einheitlich entwickelt zu sein. Die meisten Vorschläge werden gegenwärtig in der Bundesrepublik diskutiert bzw. zur Anwendung gebracht. Dabei handelt es sich vor allem um Verfahren des organisationsinternen Controlling und der zertifizierenden Fremdevaluation (betriebswirtschaftliche Instrumente). Sie gelangen vielfach aufgrund zentraler Entscheidungen zur Anwendung und

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verweisen hinsichtlich ihrer Herkunft auf den industriellen Produktionsbe-reich (zentraler Methodeneinsatz). Anders die Gewichtung in den beiden Nachbarländern. In der Schweiz wird bei der Qualitätsbeurteilung der dezen-tralen Schnittstelle zwischen KundInnen und Nonprofit-Organisation eine ho-he Bedeutung beigemessen (dezentraler Methodeneinsatz / nutzer- und pro-fessionsgesteuerte Instrumente, z.B. Selbstevaluation). Mehr noch als in der schweizerischen Diskussion wird in der österreichischen die Rolle der profes-sionellen Praktiker betont (Methodeneinsatz auf Mikro- bzw. Meso-Ebene / professionsgesteuerte Instrumente). In der Frage der Gewinnung von Beurteilungskriterien scheint in Deutsch-land die Auffassung vorzuherrschen, sie habe "wissenschaftlich fundiert" auf zentraler Ebene zu erfolgen ("top-down"-Ansatz). Dezentral handle es sich dann lediglich nur noch um die Umsetzung und Anpassung der so ge-wonnenen Standards und Kriterien sowie um die Kontrolle ihrer Einhaltung. In der Schweiz scheint der auf dezentraler Ebene ermittelten NutzerInnen-Resonanz ein Einfluss auf den Prozess der Qualitätsbeurteilung eingeräumt zu werden ("bottom-up"-Ansatz). Die österreichische Qualitätsdiskussion deutet darauf hin, dass für die Qualitätsbeurteilung dort sowohl die professionellen Kriterien der Praktiker an der Basis als auch die politisch vorgegebenen Rahmenbedingungen ausschlaggebend sind ("bottom-up"/"top-down"-Ansatz).

Das Profil der Qualitätsdiskurse: Versuche zur länderspezifischen Synthese

Im folgenden werden die Aussagen zu den verschiedenen, in den Qualitäts-debatten erörterten Themen im Sinne von landesspezifischen Synthesen verdichtet. Ziel der Synthesebildung ist es, möglichst komprimiert und pointiert ein markantes Profil und die Kernstruktur des jeweiligen Quali-tätsdiskurses wiederzugeben. Anliegen dieser Darstellungsweise ist es, die Unterschiede im Drei-Länder-Vergleich deutlicher, als sie gemeinhin be-wusst sind, herauszuarbeiten und zur Diskussion zu stellen.9

Der Schweizer Qualitätsdiskurs: Die "Qualität der Wirkung" von und für Menschen im gesellschaftlichen Wandel In der Schweiz wird die Dienstleistungsqualität im Bereich des Sozialen vorwiegend als eine Frage des Qualitätsmanagements, d.h. der qualitätsbe-zogenen Aufgabenerledigung, thematisiert. Als entscheidende Bezugsgrössen

9 Diese Vorgehensweise verlässt zwar nicht den Boden der empirischen Befunde, wie sie in-haltsanalytisch ermittelt wurden. Allerdings müssen bei dem gewählten methodischen Verfahren, die dis-kursive Kernstruktur herauszuarbeiten, die Erwartungen an eine in differenzierender Absicht "ausgewoge-ne" Darstellungsweise enttäuscht werden. Letztere würde zur Folge haben, dass die wesentlichen Unter-schiede nivelliert und bis zur Unkenntlichkeit eingeebnet werden.

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gelten die Leistungsempfänger, ihr Umfeld und – in letzter Instanz – der ge-sellschaftliche Strukturwandel. Der Referenzrahmen des Qualitätsdiskurses kann somit als ein gesellschaftlich-dynamischer charakterisiert werden. Als Erfolgskriterium gilt neben der Effizienz gleichrangig auch die Effektivität, d.h. der durch das Qualitätsmanagement gesteuerte, zweckmässige und wir-kungsvolle Einsatz vorhandener Mittel. Aufgrund des Kriteriums der fallbe-zogenen Effizienz ist die "Qualität der Wirkung" vor allem auf den indivi-duellen Leistungsempfänger ausgerichtet. Der schweizerische Qualitätsdiskurs thematisiert die Nonprofit-Organisa-tionen als relevanten Handlungstypus im Bereich der Sozialen Dienstleis-tungsproduktion. Die AdressatInnen oder NutzerInnen der NPO werden häufig als "KundInnen" bezeichnet, die mit einer gewissen Wahl- und Ent-scheidungssouveränität ausgestattet sind. Entsprechend dem Kundenmodell trägt die untere Ebene der MitarbeiterInnen die qualitätsentscheidende Ver-antwortung. Die "Menschen an der Grenze" – d.h. die in der Dienstleis-tungsproduktion am Kunden unmittelbar Beschäftigten – repräsentieren durch ihr Tun die Qualität der Organisation. Es sei deshalb von fundamen-taler Bedeutung, die Verpflichtung auf die Qualität in die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter "einzubauen". Die berufsbegleitende, individuelle Qualifi-zierung der MitarbeiterInnen steht daher im Vordergrund. Die Schweizer Aussagen zur Kriteriengewinnung verweisen insgesamt auf einen induktiven, laien- und nutzergesteuerten "bottom up"-Prozess. Dieser setzt als Prozess der Selbstevaluation auf der Ebene der dezentralen Dienstleistungserbringung an und berücksichtigt in hohem Masse die Nut-zerInnen-Sicht. Die Vorschläge zur Qualitätsbewertung, z.B. das TQM-Modell und die 2Q-Methode, sind auf die Erfordernisse von Nonprofit-Organisationen – im Gegensatz zu betrieblichen For-Profit-Organisationen – ausgerichtet. Beim "helvetischen Prinzip" ("über die Mitarbeiter zur Qua-lität") handelt es sich um ein personales Konzept, demzufolge vorrangig der MitarbeiterInnen- und Milizverantwortung eine Integrations- und Transfor-mationsfunktion für qualitative Innovationen zukommt.

Der deutsche Qualitätsdiskurs: Konkurrenzbedingte Qualitätskontrolle in expertokratischer Führungsverantwortung für eine dependent gedachte "Klientel" In Deutschland konzentrieren sich die Aussagen zur Qualität Sozialer Dienstleistungen auf die Frage ihrer Sicherung und Kontrolle. Bei der Be-stimmung des Referenzrahmens wird der betriebswirtschaftlich-instrumentelle Aspekt der Konkurrenz und des Wettbewerbs betont. Im Mittelpunkt der Aussagen über Ergebniskriterien steht deshalb die Effizienz, d.h. die ko-

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stengünstige und wirtschaftliche Erbringung Sozialer Dienstleistungen. Im deutschen Qualitätsdiskurs dominiert das Wirtschaftlichkeitskriterium. Die deutschen Akteursbenennungen heben vor allem auf die nicht-staatlichen Träger und hierbei primär auf die Träger der Freien Wohlfahrts-pflege ab. Mit der Betonung der Rolle der Wohlfahrtsverbände einerseits korrespondieren der herausragende Stellenwert und die besondere Ver-antwortung der oberen Leitungsebene andererseits. Zur Führungsverantwor-tung gehört die Verbesserung des Einsatzes der Potentiale der Mitarbeite-rInnen. Als notwendig wird vor allem eine effiziente Betriebsstruktur erach-tet. Den MitarbeiterInnen kommt im deutschen Diskurs der operativ-funktionale Stellenwert eines Erfolgsfaktors zu. Die vorherrschende Be-zeichnung der NutzerInnen als "Klientel" verweist implizit auf deren Status der Abhängigkeit und Unselbständigkeit bzw. auf die Notwendigkeit ihrer anwaltschaftlichen Vertretung durch die Träger. Der deutsche Qualitätsdiskurs weist präskriptive und expertokratische Elemente auf. Qualität wird deduktiv als ein komplexes Mass definiert, das sich aus verschiedenen vorher definierten Eigenschaften der Gesamtleistung einer Organisation ergibt. Dementsprechend überwiegt die Auffassung, die Kriteriengewinnung habe wissenschaftlich fundiert auf zentraler Ebene zu er-folgen. Bei den meisten der Instrumente und Methoden zur Qualitätsbeurtei-lung (Berichtswesen, Dokumentation, Kennzahlen, Qualitätszirkel, Kosten-management) handelt es sich um solche, die ursprünglich in der Wirtschaft und im industriellen Produktionsbereich entwickelt wurden. Das be-triebswirtschaftliche Instrumentarium kommt vielfach aufgrund zentraler Ent-scheidungen zur Anwendung, und sein Einsatz hat nicht selten den Charakter der zertifizierenden Fremdevaluation. Hinsichtlich der Integrations- und Transformationsebene gibt die deutsche Position den institutionellen und lei-tungsmanageriellen Organisationsfaktoren den Vorrang. Innovation wird als interner, auf der Leitungsebene induzierbarer Prozess begriffen.

Der österreichische Qualitätsdiskurs: Qualitätssicherung und -förderung durch Professionalisierung und staatliche Sozialpolitik im Interesse der Verbrauchergerechtigkeit In Österreich sind die Aussagen zum Thema "Qualitätssicherung" verknüpft mit einer Reihe von Überlegungen zur sozialpolitischen Steuerung qualitativer Sozialer Dienste, zur Ausgestaltung der Klientenrechte sowie zur Qualitätsförderung, -steigerung und -verbesserung seitens der in den Sozialen Diensten professionell Beschäftigten. Der entsprechende Bezugsrahmen lässt sich konzeptionell als politisch-normativ kennzeichnen. Ein wichtiges Ergebniskriterium ist neben der Wirtschaftlichkeit das Kriterium der sozialen Gerechtigkeit. In der Frage der Qualitätssicherung stellt die staatliche Sozialpolitik eine entscheidende Bezugsgrösse dar, in der Frage der

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scheidende Bezugsgrösse dar, in der Frage der Qualitätsverbesserung die (staatliche) Reform des Ausbildungswesens mit dem Ziel der besseren Quali-fizierung und Professionalisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Als relevante Akteure der Qualitätsproduktion gelten in Österreich all-gemein "die Sozialen Dienste". Innerhalb derselben wird der Gruppe der Praktiker und Professionellen eine wichtige Verantwortung zuerkannt. Für sie fordert der Qualitätsdiskurs neben einer besseren Qualifikation zu-sätzlich auch eine höhere Entlohnung. Ferner wird die Qualitätszuständig-keit der dienstleistungsberuflichen Bildungsstätten betont. Ähnlich wie in Deutschland wird auch in Österreich der Klientenbegriff verwendet. Daneben attestiert die Bezeichnung "KonsumentInnen" eine Art staatsbür-gerlichen Verbraucherstatus, welcher im Gerechtigkeitsgrundsatz seine politisch-normative Entsprechung findet. Der österreichische Diskurs kombiniert die Forderung einer zentralen poli-tischen Qualitätsverantwortung mit dem Postulat der professionsgesteuerten Kriteriengewinnung auf dezentraler Ebene. Bei der Kriteriengewinnung "von unten" – allerdings nicht durch die NutzerInnen selbst, sondern seitens der Professionellen – werden Instrumente bevorzugt, die auf die besonderen Erfor-dernisse der Sozialen Dienste ausgerichtet sind: u.a. die Selbstevaluation, die Definition von Qualitätsindikatoren durch Praktiker und Professionelle sowie die Qualitätsbeurteilung mit Hilfe der Kosten-Effektivitäts-Analyse. Die öster-reichische Antwort auf die Frage nach der Integrations- und Transformations-ebene, d.h. dem Ort neuer Qualitätskonzepte, hat sowohl eine politische als auch eine qualifikatorisch-professionelle Dimension.

Die Übereinstimmung in den Qualitätsdiskursen: Interpretation, Folgen und Ausblick

Das gemeinsame Kriterium der ökonomische Effizienz

Neben vielen Unterschieden zeigt sich beim Drei-Länder-Vergleich der Qualitätsdiskurse eine "Gemeinsamkeit": die Übereinstimmung in der Frage der Effizienz als eines entscheidenden Kriteriums der Qualität. Die Bedeu-tung, welche der Frage der kostengünstigen und wirtschaftlichen Erbrin-gung Sozialer Dienstleistungen in der Schweiz und Österreich ebenso wie in Deutschland zukommt, bedarf einer Erklärung, die im folgenden aus poli-tisch-ökonomischer Sicht vorgeschlagen wird. Die Regelungen zur Qualität und Qualitätssicherung, welche im deut-schen Sozialleistungsrecht gegenwärtig anzutreffen sind, bringen das An-liegen des Gesetzgebers zur Geltung, im Sozialwesen “Qualitätsreserven und -ressourcen auszuschöpfen” (vgl. Ministerium für Arbeit, Gesundheit

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und Sozialordnung Baden-Württemberg 1995: 22). Vor allem aber korres-pondieren sie mit staatlichen "Kostenbegrenzungsinteressen" (vgl. ebd.; ei-gene Hervorhebung). Diese lassen sich auf eine Vielzahl von Gründen zu-rückführen: z.B. auf die angespannte Haushaltslage bei Bund, Ländern und Gemeinden; auf die "Kosten der Wiedervereinigung"; auf die Folgekosten der Massenarbeitslosigkeit; auf die "Kostenexplosion" im Gesundheitswe-sen; auf eine weitere, angesichts der demographischen Veränderungen zu erwartende "Kostenlawine" (sog. "Altenlast"); auf die steigende Belastung der im Berufsleben stehenden Versicherten durch Sozialabgaben.

Ökonomisierung und Intensivierung im Bereich Sozialer Dienstleistungen Was immer die Argumente sind, die im Rahmen des "Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung" die politische Notwendigkeit von "Mass-nahmen im sozialpolitischen Bereich" begründen (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 1996), die Frage, warum Qualität am Effi-zienzkriterium gemessen wird, beantwortet sich aus dem Zusammenhang zwischen dem staatlichen Interesse an einer Kostenbegrenzung im Sozial-wesen einerseits und den zu diesem Zweck vom Gesetzgeber geforderten Massnahmen zur Qualitätssicherung andererseits. Entsprechend den staatli-chen Massgaben verstehen sich die Träger Sozialer Dienstleistungen zu-nehmend als konkurrierende Anbieter auf einem "Sozialmarkt" bzw. in den entsprechenden Segmenten desselben. Die Sozialen Dienstleistungen sind damit aber im Begriff, ihre funktionale "Unschuld" als sozialstaatlich ge-währte, interaktiv erbrachte Hilfeleistungen zu verlieren. Ihre Erbringung wird sukzessive in die Prozesse der Gesamtökonomie integriert. Die Ökonomisierung Sozialer Dienstleistungen ist nicht auf die Bundes-republik Deutschland beschränkt. Anzeichen und Beispiele dafür, dass die Einrichtungen des Sozialwesens zu betriebswirtschaftlich geführten Sozial-unternehmen mutieren – bzw. dass dieser Wandel allmählich auch das Be-wusstsein der Akteure bestimmt – lassen sich auch in der Schweiz und Ös-terreich beobachten. Die Qualitätsdiskurse in beiden Ländern sind lediglich ein Indikator dieses Veränderungsprozesses, der u.a. darauf beruht, die Me-thode der Arbeitsintensivierung auf das Sozialwesen zu übertragen (vgl. Bauer 1988 und 1993). Diese Methode und ihre Instrumente wurden ur-sprünglich im Rahmen der industriellen Produktion entwickelt und dienen dort dem Ziel, die Produktivität zu erhöhen. Die industriebetrieblichen Strategien der Intensivierung machen sich die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse organisatorischer, betriebs-wirtschaftlicher, psychologischer und pädagogischer Art zunutze. Da es sich im Sozialbereich um Dienstleistungen am und für Menschen handelt, nicht jedoch – wie in der Industrie – um die Herstellung von Gegenständen,

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sind die industriebetrieblich angewandten Massnahmen zur Intensivierung in der Regel nicht linear – im Massstab "eins zu eins" – auf den Sozialbe-reich übertragbar. Dieser wesentliche Aspekt muss bei der Anpassung und Implementation von kostenbegrenzenden Massnahmen zur Intensivierung Sozialer Dienstleistungen berücksichtigt werden. Das wiederum findet sei-nen Niederschlag in einer Reihe von Neuerungen im Sozialbereich.

Qualität und Qualitätssicherung durch Management, Controlling, Con-sulting, Coaching usw. Zum einen erfolgt eine Veränderung in begrifflicher, fachlich-termino-logischer Hinsicht. Sie ist Gegenstand dieses Beitrags: An die Seite bzw. an die Stelle des sozialstaatlichen Gewährleistungs- und Hilfediskurses tritt der Qualitätsdiskurs. Innerhalb desselben werden Soziale Dienstleistungen zu "Waren", für die "Preise" zu vereinbaren sind, ihre Erbringer werden zu "Anbietern", einzelne und/oder Gruppen, deren “physische und psychische Lebens- und Erlebnisfähigkeit sowie ... Sozialfähigkeit ... wieder herzustel-len oder zu verbessern (ist)” (Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung 1981, 23), werden zu "Kunden" oder "Konsumenten", und das gesamte Ge-schehen wird zu einem "Markt", zum "Sozialmarkt", (v)erklärt. Zum anderen etabliert sich infolge der kostenbegrenzenden Anforderun-gen und Entwicklungsnotwendigkeiten eine neue Kategorie von Dienstleis-tungen innerhalb des Sozialwesens : das Management ("Sozialmanagement" oder "Qualitätsmanagement"). Zu dessen Aufgabenbereich gehört es, vor allem Verfahrensweisen der “organisatorische(n) Rationalisierung (Berger und Offe 1984: 252) einzuführen und zu überwachen. Die von Seiten des Qualitätsmanagements initiierten Organisationsveränderungen stehen in der Bundesrepublik – wie entsprechende Beispiele zeigen – im Zusammenhang der gesetzliche Auflagen zur Qualitätssicherung.10 Sie beziehen sich sowohl auf die Struktur der Organisation Sozialer Dienstleistungen im Ganzen als auch auf die interne Struktur der Einrichtungen als auch auf deren Kombina-tion und territoriale Vernetzung. Strukturreformen allgemeiner Art betreffen insbesondere die Verteilung der Sozialen Dienstleistungen auf stationäre, teil-stationäre, ambulante, mobile und häusliche Erbringungsformen. Bei den or-ganisatorisch-strukturellen Massnahmen innerhalb der Einrichtungen kommen vor allem betriebliche Managementkonzepte zum Tragen. Um die Organisationsstrukturen zu modernisieren und die internen Ar-beitsabläufe besser aufeinander abzustimmen, werden bei den Verbänden

10 Im folgenden wird Bezug genommen auf eine noch unveröffentlichte Studie "Hier geht es um

Menschen, dort um Gegenstände". Zur Begriffssystematik und zur politisch-ökonomischen Erklärung der gegenwärtigen Entwicklungslinien Sozialer Dienstleistungen in der Bundesrepublik. Das Manu-skript kann beim Autor (Universität Bremen, FB 11, PF 330440, D-28334 Bremen) angefordert werden.

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und in den Einrichtungen Qualitätsbeauftragte eingesetzt. Zertifizierungs-aufträge werden erteilt; 1995 soll in der Bundesrepublik die erste TÜV-Plakette11 an ein "zertifiziertes" Heim vergeben worden sein (vgl. Ministeri-um für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung Baden-Württemberg 1995: 15). Mittlere und grössere Einrichtungen des Sozialwesens engagieren Con-sultingfirmen, die bei der Umstrukturierungen ihrer Heime und Dienste be-ratend und moderierend mitwirken. Besondere Aufmerksamkeit wird vor al-lem der Auswahl des Leitungspersonals zuteil. Der Einsatz von Prüf- und Controlling-Methoden zur Qualitätssicherung soll dazu beitragen, die Arbeit auf der mittleren Leitungsebene der Einrich-tungen und bei den Mitarbeiter/inne/n zu verdichten und intensiver zu machen. Der interne Informationsaustausch und die Methoden der internen Kommuni-kation sollen modernisiert werden. Die Kombination unterschiedlicher Sozia-ler Dienstleistungen, wie etwa bei der Einrichtung von Sozialstationen, sowie die Bemühungen um Vernetzung und um eine effektivere Öffentlichkeitsarbeit sollen die externe Kooperation intensiver gestalten und optimieren. Bei den meisten der Massnahmen zur Intensivierung gelangen nicht nur organisationssoziologische und betriebswirtschaftliche Forschungsergebnisse und Erfahrungen zur Anwendung, sondern ebenso Erkenntnisse aus der Psychologie und der Pädagogik. Kurse und Seminare zur Fort- und Weiter-bildung sollen die Qualifikation des einzelnen verbessern, seine Arbeitsmo-tivation erhöhen und sein Durchsetzungsvermögen steigern ("Coaching"). Psychologische und sonstige Arbeitsanreize sollen zum Einsatz kommen, Einzel- oder Gruppensupervision angeboten werden. Nicht zuletzt sollen vermehrt Anstrengungen unternommen werden, das Marketing zu ver-bessern, die Öffentlichkeitsarbeit zu modernisieren und neue Methoden des Fundraising anzuwenden.

Folgen und Ausblick

Die Ökonomisierung der Sozialen Dienstleistungen durchsetzt und verändert das Sozialwesen im Prozess seiner Einbeziehung in die Gesamtökonomie. Dieser These stehen die Ergebnisse der vergleichenden Inhaltsanalyse ge-genüber, aus der hervorgeht, dass die landesspezifischen Qualitätsdiskurse markante Eigenheiten und Differenzen aufweisen. Was folgt aus dieser Dis-krepanz? Hat die Ökonomisierung Sozialer Dienstleistungen möglicherwei-se verschiedene "Gesichter"? Empirisch-vergleichende Untersuchungen der Frage, welche praktische Tragweite sich aus dem Befund der landesspezifisch unterschiedlichen Qua-

11 TÜV ist die Abkürzung für den "Technischer Überwachungs-Verein", der in Deutschland be-

sonders dadurch bekannt ist, dass er die Fahrtüchtigkeit von Automobilen überprüft.

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litätsdiskurse ergibt, könnten aufschlussreiche Erkenntnisse zu Tage för-dern.12 Sie würden zur Klärung der noch offenen Frage beitragen, ob, in welcher Weise und in welchem Umfang die unterschiedlichen Qualitätsdis-kurse die Implementation und Ausgestaltung kostenbegrenzender Mass-nahmen beeinflussen. Haben in der Schweiz die NutzerInnen mehr Einfluss als in Deutschland? Führt das Prinzip der sozialen Gerechtigkeit in Öster-reich zu einer ausgeglicheneren Verteilung des Angebots Sozialer Dienstlei-stungen? Werden die österreichischen PraktikerInnen und Professionellen in die Lage versetzt, bestimmend auf die Qualität Sozialer Dienstleistungen einzuwirken? Entwickelt sich in Deutschland ein neuer Zweig der Exper-tenherrschaft? Bleibt die Dominanz der Wohlfahrtsverbände im deutschen Sozialsektor weitgehend uneingeschränkt?

12 Studien, die ein und dieselbe Einrichtungsart (z.B. Altenheime, Behinderteneinrichtungen) oder

ambulante Dienste im Drei-Länder-Vergleich untersuchen, liegen bislang nicht vor.

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Auf dem Weg zur Entpolitisierung des Sozialstaats Angesichts der Ökonomisierung Sozialer Dienstleistungen besteht die Ten-denz einer schleichenden Entpolitisierung des Sozialstaats. Diese Entwick-lung macht sich zum einen daran fest, dass ökonomische Effizienz kein po-litisches Kriterium darstellt, über welches parlamentarisch-demokratisch zu entscheiden ist. Das Urteil über Effizienz wird auf dem Markt, in der Kon-kurrenz gegen die Mitbewerber, gefällt. Sozialstaatliche Politik wird damit allenfalls Mittel zum Zweck – nämlich zum Zweck der Eroberung oder Ausweitung von Marktanteilen durch die Behinderung13 oder Verdrängung14 von konkurrierenden Mitbewerbern. Zum anderen macht sich die Entpolitisierung des Sozialstaats daran fest, dass die sozialpolitische Diskussion von den Parlamenten auf andere Gre-mien, Organisationen oder Zirkel verlagert wird. Aufgrund der Bedeutung, welche der Qualität und der Qualitätssicherung Sozialer Dienstleistungen gegenwärtig zukommt, gewinnen jenseits der Politik diejenigen Akteure an Bedeutung, welche an den Aushandlungsprozessen über Finanzierung, Qua-litätserbringung und Qualitätssicherung beteiligt sind. Indem die politische Seite zusätzlich Ausgaben- und Kostendeckelungen beschliesst, enthebt sie sich der Notwendigkeit, sozialpolitische Entschei-dungen zu Gunsten der einen Interessengruppe und/oder zu Lasten einer anderen selbst treffen und öffentlich vertreten zu müssen. Es bleibt somit dem Verhandlungsgeschick der unmittelbar beteiligten Akteure anheim-gestellt, möglichst vorteilhafte Vereinbarungen zu treffen und günstige Ab-schlüsse zu tätigen. Da die Akteure – formell die Wohlfahrtsverbände in Deutschland, die Nonprofit-Organisationen in der Schweiz und die Sozialen Dienste in Öster-reich – darüber hinaus jedoch über keinerlei Drohpotential verfügen und keine Exit-Wahl zu treffen in der Lage sind, bleibt ihnen lediglich die Mög-lichkeit, auf ihren Märkten zu obsiegen und die Konkurrenz auszuschalten. Sozialstaatliche Politik wird auch hier allenfalls Mittel zum Zweck der Be-nachteiligung oder Ausschaltung von Konkurrenten (siehe oben). Ein auf diesem Wege "sozial entleerter" Sozialstaat wird zur blossen demokratie- und politikleeren Hülse. Indem sich sein Zweck darauf be-schränkt, die korporatistischen Systemstrukturen zu stabilisieren, mutiert er

13 Ein Beispiel dafür enthält das bundesdeutsche SGB XI. Gemäss § 34 (1) PflegeVG besteht kein

Leistungsanspruch, "solange sich Versicherte im Ausland aufhalten". Damit ist es den Versicherten verwehrt, die Dienste konkurrierender Anbieter ausserhalb der Bundesrepublik in Anspruch zu nehmen.

14 Ein Beispiel dafür ist die Absicht des bundesdeutschen Gesetzgebers, die bisher von den Kran-kenkassen finanzierte Förderung von Selbsthilfegruppen zu unterbinden. Selbsthilfegruppen im Ge-sundheitsbereich werden auf diesem Wege als Konkurrenten ausgeschaltet.

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zum "Sicherungsstaat" (vgl. Nullmeier und Rüb 1993). Indem er zum Adres-saten von konkurrierenden Soziallobbyisten wird, refeudalisiert er.

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Services sociaux, discours sur la qualité et dépolitisation de l'Etat social. Une comparaison analytique du contenu de trois pays L'article compare des débats et des discours qui se rapportent aux ques-tions de la qualité des services sociaux et de leur préservation. La pre-mière partie de cette analyse informe des résultats d'une évaluation ana-lytique du contenu des contributions spécifiques aux discussions tou-chant à ce thème. Dans la deuxième partie, les résultats différents carac-térisant trois pays germanophones sont systématiquement rassemblés et, ensuite, résumés dans le but d'une synthèse spécifique à chaque pays. La troisième partie thématise le consensus allant au-delà des frontières en regard du critère de l'efficience économique. Cet accord est interprété comme un processus en cours dans les trois pays qui a pour objet la prise en compte des services sociaux au sein de la réalité du marché économi-que. Les changements qui vont de pair sont démontrés avec l'illustration du cas de la République fédérale allemande où le processus de marchan-disation du social conduit à une dépolitisation de l"Etat social. Social Services, Quality Discourses and the Depolitisation of the Welfare State. A Content Analytic Comparison of Three Coun-tries The article compares debates and discourses on the quality of social ser-vices and their assurance. The first part of the analysis presents the find-ings of a content analysis of professional discussions on the subject. In the second part, the author summarizes the results from the three German speaking countries and condenses them into country-specific syntheses. The third part focuses on the consensus among the three countries with respect to the criterion of economic efficiency. This correspondence is interpreted as the consequence of a common tendency in all three coun-tries to introduce the social services into the market sphere. Finally, the German Federal Republic is chosen to exemplify the resulting changes. Here, the process of introducing economic principles into the social wel-fare system leads to a depolitisation of the welfare state.

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Rudolph BAUER, Prof. Dr., Institut für Lokale Sozialpolitik und Non-profit-Organisationen, Universität Bremen, FB 11, Postach 33 0440, D-28334 Bremen; E-mail: [email protected]. Paper submitted 21 February 1996; accepted for publication 6 August 1996.

© (1996) Swiss Political Science Review 2(4): 31-xxx