Soziale Ungleichheit und Geschlecht · PDF fileCarol Gilligan: Kohlbergs Modell zur...

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  • Universitt Augsburg WS 2006/2007 Soziologie 11. Dezember 2006 Proseminar: Soziologie der sozialen Ungleichheit Dozent: Sasa Bosancic Referentinnen: Angela Elsner, Olesja Donhauser

    Soziale Ungleichheit und Geschlecht

    Feministische Sozialtheorien: Ziel: Kritik an Macht- und Herrschaftsverhltnissen, welche Frauen diskriminieren oder unterdrcken Befreiung der Frau aus diesen Verhltnissen Herausarbeiten und Aufzeigen der Folgen und Vorraussetzungen des Geschlechterverhltnisses in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen (v.a. durch Autorinnen):

    ungleiche Strukturierung des Arbeitsmarktes wie und wann, die fast nur von Frauen verrichtete Hausarbeit keine gesellschaftliche Annerkennung/

    Entlohnung erfhrt wie und welche wohlfahrtsstaatlichen Manahmen Frauen an Heim und Kind gebunden haben welche Mechanismen noch heute eine adquate politische Prsentation der Frauen verhindern

    In den 80ern im Mittelpunkt: Bedeutung der Gleichheit zwischen Geschlechtern; die Frage, wie entsprechende Frderung der Frauen aussehen muss; woran Unterschiede zwischen Mann und Frau aktuell festgemacht werden

    einerseits: Betonung der unverrckbare Differenz zwischen den Geschlechtern und Dominanz des Mannes; andererseits: die Frage nach der Entstehung des Unterschiedes im Alltagsleben

    somit wurden immer auch Kernprobleme der trad. Sozialtheorie angeschnitten: was ist eigentlich weibl./ ------- mnnl. Handeln, was ist ihr Subjekt, wie und wodurch reproduziert sich die Ordnung der Geschlechter zwei sehr unterschiedlichen Typen der Argumentation: maximalistische Position: Unterschied zwischen Mann und Frau, auch durch Verweis auf geschlechtsspezifische psychologische Entwicklungsprozesse minimalistische Position: groe hnlichkeit der Geschlechter und bestehende Geschlechterunterschiede nicht unverrckbar, sondern historisch variabel und sozial konstruiert In den 70ern/80ern maximalistische Position grere Aufmerksamkeit: v.a.: zwei Autorinnen: Nancy Chodorow und Carol Gilligan Nancy Chodorow: Mdchen: Ausbildung der Geschlechtsidentitt in engem Bezug zur Mutter; Identifikation mit Mutter und ihren Handlungsformen Jungen: entwickeln/ erleben sich als Gegenpol zur Mutter

    mnnl. Entwicklung vollzieht sich viel strker unter dem Gesichtspunkt der Individuation der Ausbildung berscharfer Ich- Grenzen

    Mdchen: strkere Ausprgung einer Individualitt Fhigkeit auf Bedrfnisse und Gefhle anderer einzugehen

    durch neue Form der Arbeitsteilung knnte die Bildung der Geschlechtsidentitt abgeschwcht werden! Carol Gilligan: Kohlbergs Modell zur Moralentwicklung: Drei Moralniveaus:1.prkonventionelles, 2.konventionelles und 3.postkonventionelles Niveau

    Menschen durchlaufen im Laufe ihrer Sozialisation diese Niveaus Frauen knnen kaum das 3. Niveau erreichen, das war Gilligans Entdeckung und gleichzeitig ihre Kritik an Kohlberg Mnner: i.d.R. denken und handeln sie nach abstrakten Prinzipien Frauen: urteilen eher kontextbezogen und narrativ

  • Whrend weibliche Moralvorstellungen das Gefhl fr Verantwortung und Beziehungen in den Mittelpunkt stellen, wrden Mnner eher einer abstrakten Moral der Fairness zuneigen, die auf Rechten und Spielregeln basiert. Gilligans Modell: Stufenmodell der Frsorglichkeit

    Kritik: Moral der Frsorge eine Variante der Sklavenmoral Frage, ob diese Sicht eine einer liberalen Feministin ist, der Machtverhltnisse schlicht fremd sind

    In den 1980er Jahren minimalistische Position wird angesteuert

    Betonung der hnlichkeit zwischen den Geschlechter Unterscheidung zwischen sex und gender

    sex: das biologisch bestimmte und bestimmbare Geschlecht gender: sozial und kulturell erworbener Geschlechtsstatus

    dt.: biologisches vs. Soziales Geschlecht Unterschiede zwischen den Geschlechtern als ein Ergebnis historisch gewachsener

    Unterdrckungs- und Diskriminierungseffekte, also kein Resultat eines natrlichen und biologischen Unterschieds

    sex gender Debatte: es gibt kein biologisches Geschlecht, nur eine Konstruktion Beginn der Debatte:

    Suzanne J. Kessler / Wendy Mc Kennas Gender. An Ethnomethodological Approach (1978)

    gender als soziale Konstruktion Wie werden Menschen als weiblich, bzw. mnnlich klassifiziert? Auf welcher Basis erfolgt gender attribution?

    - in westlichen Gesellschaften: Biologie als Basis fr die Zuschreibung von Geschlecht -> soziales Geschlecht hat seinen Ursprung im biologischen Geschlecht

    - in anderen Kulturen: biolog. Frau kann Mann sein. Wenn sie z.B. mnnliches Verhalten/ mnnliche Rollenmuster zeigt -> nicht nur zwei, sonder drei oder mehr Geschlechter

    es gibt keine vllig klaren wissenschaftlichen Kriterien zur Geschlechtsbestimmung

    - Kessler / Mc Kennan: biolog. Geschlecht nicht eindeutig, sonder eine soziale Konstruktion

    Null Hypothese - Existenz von zwei dichotomen Geschlechtern -> Hierarchisierung Aufhebung der Dichotomisierung -> Chance zur Gleichberechtigung (?)

    - Gildemeister / Wetterer -> immer unklarer, welches politische Ziel ein feministischer Ansatz verfolgt -> Wer ist Frau? - kann hierarchisches Denken wirklich verschwinden? Vervielfltigung von Kategorien schtzt nicht vor Hierarchisierung, sonder erhht die Zahl der Differenzierungs- und Hierarchisierungsmglichkeiten

  • Klasse, Stand und Individualisierung

    soziale Ungleichheit und Geschlecht im Kontext zu bestehenden Theorien

    unterschiedliche klassentheoretische Anstze

    Frauen als soziale Klasse o aus Diskriminierung der Frau erwchst Kollektivbewusstsein

    Familie als Einheit o Ehemann mageblich fr Klassenzugehrigkeit o Frau als Zuverdienerin

    Kritik: Klassentheorien zu berufszentriert, lassen andere Faktoren fr soziale Ungleichheit nicht zu

    Stand "stndische Geschlechtslage" Kritik: zu verallgemeinernd, Frauen zu heterogen

    Individualisierung Analyse anhand versch. Dimensionen anerkannter Bedrfnisse Kritik: Benachteiligung der Frauen als gesamtgesellschaftliches Phnomen wird nicht deutlich

    Soziale Schlieung privilegierte Gruppen hindern andere Gruppen am Zugang zu Lebenschancen und Ressourcen -->

    Zugang muss erkmpft werden Gruppierungen die bei der Verteilung von Ressourcen weniger bercksichtigt werden haben weniger

    Mglichkeiten sich gegen die Benachteiligung zu wehren

    Rollenerwartungen und Fragmentierung

    Benachteiligungen entsprechen oft dem traditionellen Frauenbild und werden deshalb auch von Frauen mitgetragen

    vielfltige soziale Lagen verhindern Kollektivbewusstsein (Fragmentierung), trotz gleichzeitiger gegenlufiger Tendenzen die das kollektivbewusstsein frdern knnten

    Geschlechstspezifische Arbeitsmarktstrukturierung Asymmetrie zw. Kapital und Arbeit (primres Machtgeflle) verschiedene Erwerbsklassen (sekundres Machtgeflle)

    --> Wirkungsweise der Machtasymmetrien bisher als geschlechtsindifferent dargestellt

    --> geschlechtsspezifische Ungleichheiten knnen also nur durch marktexterne Faktoren

    erklrt werden: Qualifikationsniveau, direkte Diskriminierung, Arbeitsmarktsegregation, Zeitfaktor

    historische Vorraussetzungen traditionelle Rollenverteilung in der europischen Sozialgeschichte soziale Trennung von Produktions- und Reproduktionssphre im Zuge der Entwicklung der

    marktwirtschaftlichen Gesellschaftsform

    --> normativ abgesttztes System geschlechtlicher Asymmetrie

  • Das Konzept der doppelten Vergesellschaftung

    Polaritt des Lebens: private Haushaltsfhrung (Reproduktionssphre) vs. kapitalistisch organisierte Erwerbsttigkeit (Produktionssphre) = allgemeine Strukturtatsache

    diese Vergesellschaftung vollzieht sich klassenbergreifend, Sozialisationsprozesse sind auf die Integration in diese Bereiche ausgerichtet bzw. finden auch

    weitgehend dort statt Mnner und Frauen sind mit der Ambivalenz der beiden Logiken des Produktions- bzw.

    Reproduktionshandelns konfrontiert,arrangieren sich aber unterschiedlich mit den strukturellen Bedingungen (abstraktes Geschlechterverhltnis)

    --> das Geschlechterverhltnis an sich impliziert also bereits Hierarchisierungen

    das Klassen- und das Geschlechterverhltnis als zwei aufeinander bezogene strukturelle Asymmetrien

    --> Unterordnung der Reproduktionssphre; Hierarchisierung der gesellschaftl. Sphren

    und damit zusammenhngend auch der Geschlechter

    die dreifache Vergesellschaftung:

    erweitert die Theorie noch um die Kategorien Ethnie und Nationalitt

    Quellen: Hans Joas, Wolfgang Knbel "Sozialtheorie - zwanzig einfhrendeVorlesungen",Suhrkamp

    Petra Frerichs, Margareta Steinrcke "Soziale Ungleichheit und Geschlechterverhltnisse",

    Leske + Budrich,Opladen 1993

    Ursula Beer, "Geschlecht, Struktur, Geschichte",Campus Verlag, Frankfurt 1991

    Statistisches Bundesamt, Datenreport 2004, Bonn 2004