SPORT · (Juventus Turin), Corsq (Internazionale) ganz hervorragende Spieler, besonders dann, wenn...

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NEUE ZÜRCHER ZEITUNG SPORT Freitag, 16. Februar 1962 Blatt 6 Mittagausgabe Nr. 60d Fußballmosaik fit. Nach der Rückkehr aus Italien, wo er mit seiner Elf ein Trainingsspiel gegen eine italienische B-Auswahl bestritt, unterhielten wir uns mit dem Trainer von La Chaux-de-Fonds, Kurt Sommerlatt. Der deutsche Spielertrainer, der sich im internatio- nalen Fußball gut auskennt, verfolgte auch als aufmerksamer Beobachter das nachfolgende Treffen des Schweizer Meisters Servette gegen die effektive italienische Nationalmannschaft, die bekanntlich ziemlich mühelos 6:0 gewann. Die Spielstärke der Italiener interessiert uns jetzt natürlich besonders, nachdem wir mit ihnen in Santiago am 7. Juni die Klingen kreuzen werden. Nach der Meinung Som- merlatts sind die Italiener und hier besonders die Stürmer Mora (Juventus Turin), Maschio (Ata- lanta Bergamo), Altafini (AC Milan), Sivori (Juventus Turin), Corsq (Internazionale) ganz hervorragende Spieler, besonders dann, wenn man ihnen den Gefallen erweist, sie spielen zu lassen. Gegen eine verstärkte WM-Deckung seitens der deutschen Nationalmannschaft oder einen Riegel, Konstruktion Rappan, werden es die Supertechni- ker aber weit schwieriger haben, denn wir folgen den Ausführungen Sommerlatts sie sind Indivi- dualisten geblieben, die zu viel allein machen wol- len, sich zu spät vom Ball trennen und in keinem Spiel darauf verzichten, unter Beweis zu stellen, daß ihr hoher persönlicher Marktwert zu Recht be- steht. Es sind Artisten, die es nicht lieben, \vcnn ihre persönliche Vorstellung zeitlich beschnitten wird. An einem guten Tag, bei schwächerer Gegen- wirkung, finden sich solche Individualisten sicher auch einmal zu hervorragender Mannschaftsarbeitj aber die Möglichkeit, daß ein solches Team bei hartem Widerstand oder unglücklichem Spielverlauf auseinanderbricht, ist doch viel größer als bei Mannschaften, die innerlich gefestigt sind, sich als Ganzes durchsetzen wollen und wo jeder sein Kön- nen und seinen Einsatz in den Dienst der Elf stellt. Sicher ist, daß dieser «Schaufußball» der Italie- ner in Chile beim Publikum mehr Anklang finden wird als eine gut harmonierende, eingespielte, aber nüchterne und nur auf den Endzweck ausgerichtete Mannschaft. Weltmeisterschaftsspiele sind aber andern Gesetzen unterworfen; daran wird auch die Einstellung des Publikums in Santiago nichts ändern, das von körperlichen Zweikämpfen, von scharfer Manndeckung und hartem Einsatz nicht viel zu halten scheint. Von schweizerischer Spiel- art, die einen Vergleich mit der Nationalmann- schaft zuließe, sahen die italienischen Beobachter in Bologna wenig. Die Internationalen Antenen, Frigerio und Wüthrich waren abwesend, so daß der zweite Zweck dieser Trainingsspiele nicht erfüllt wurde. In zehn Tagen werden zwei deutsche Club- mannschaften ihre Visitenkarte in Italien abgeben: Schwarzweiß Essen und Borussia Neunkirchen. Da deutsche Sparringpartner in der Regel auch an solchen Testspielen mit dem körperlichen Einsatz nicht zurückhalten, werden die Italiener über die Stärke ihrer A-Mannschaft dann schon eher Be- scheid wissen, von der bekannte Kritiker behaupten, daß an ihrer Zusammensetzung nicht mehr viel zu ändern scL Mit der Austragung der Cup-Viertelfinals wird am 18. Februar die kurze Winterpause ihr Ende finden. Man muß in der Cupgeschichte weit zu- rückblättern, um eine qualitativ so starke Vertre- tung unter den letzten acht feststellen zu können wie in diesem Jahr. Die in der Meisterschaft best- placierten Teams haben es auch verstanden, sich im Cup durchzusetzen. Außer dem FC Luzern, Cup- sieger 1960, sind sämtliche Mannschaften der obe- ren Ranglistenhälfte der Nationalliga A noch ver- treten: Servette, Lausanne-Sports, La Chaux-de- Fonds, Grasshoppers, Basel und die Young Boys. Das illustre Feld wird ergänzt durch die B-Clubs aus Bellinzona und Winterthur. Jetzt schon hat das Los finalwürdige Paarungen gebracht. So wird die Pontaise beim Schlagerspiel Lausanne-Sports - Servette wieder Großbesuch haben, wobei sich die Organisatoren wohl besser vorsehen werden als in der Meisterschaft, als sie von 32 000 Zuschauern geradezu überrannt wurden. Servette, bestens fun- dierter Anwärter auf einen weiteren Meistertitel, streckt seine Hand diesmal auch nach dem Cup und damit gleichzeitig nach dem Double aus. Dieser Erfolg ist dem Genfer Team, von Trainer Jean Snella sorgfältig aufgebau t und betreut, zuzu- trauen. Die Waadtländer werden ihnen das Vor- haben und die Revanche aber nicht leicht machen. Das Spiel ist in der Westschweiz heute schon Tages- gespräch. Das zweite große Treffen findet auf dem Hardturmsportplatz statt. Die Grasshoppers, immer noch Cup-Rekordhalter, aber im letzten Jahrzehnt nicht mehr so strahlend wie zuvor, empfangen den Cupsieger des Vorjahrs, La Chaux-de-Fonds. Die Gäste muß man wenn man sie im Cup eliminie- ren will vor dem Finalspiel schlagen, denn wenn sie dieses erreichen, wird es auch gewonnen. Die Elf von Trainer Sommerlatt stellte das sechsmal unter Beweis. Sie ist wegen ihres gepflegten Spiels in Zürich ein stets gern gesehener Gast, wobei man diesmal neben den Internationalen Kernen, Ante- nen und Frigerio auch auf die Leistung des ehema- ligen Blue-Stars-Spiclers Trivellin gespannt ist, der sich in den letzten Meisterschaftspartien besonders hervortat. Die Grasshoppers sind handicapiert, denn es steht fest, daß Bäni leider nicht mittun kann. Er zog sich in Genf beim Trainingsspiel der Nationalmannschaft erneut eine Zerrung zu die alte Verletzung war anscheinend noch nicht richtig ausgeheilt und wird nun eine längere Pause ein- schalten müssen. Er wird den Zürchern fehlen. Sonst sind alle Spieler fit. Citherlet befindet sich allerdings in der Rekrutenschule, wird aber sicher Urlaub erhalten. Trainer Vuko schätzt die Spiel- stärke von La Chaux-de-Fonds sehr hoch ein, das sich in den letzten Meisterschaftsspielen wesentlich gesteigert hat und absolut das Format besitzt, den Cup erfolgreich zu verteidigen. In der Meister- schaft ist für beide Teams nicht mehr viel zu holen, um so mehr wird es um die Halbfinalqualifikation zu einem erbitterten Kampf kommen. Die Spiele zwischen diesen beiden Mannschaften gehören seit Jahren zu den Leckerbissen der Zürcher Fußball- saison. Es wird auch diesmal eine große Anzie- hungskraft ausüben, um so mehr als die Grass- hoppers im Cup die letzte Trumpf karte derLimmat- stadt sind. Die Young Boys auf dem Wankdorf gegen Winterthur und der FC Basel auswärts in Bellin- zona dürften sich die günstige Gelegenheit nicht entgehen lassen, mehr oder weniger «schmerzlos» unter die letzten vier vorzurücken. Die Halbfinals 'inden bereits am 21. März, also an einem Mitt- woch , statt (vermutlich als Nachtspiele), während das Finalspiel endlich wieder am Ostermontag ;ur Austragung gelangt, ein Termin, auf den man auch künftighin unbedingt wieder zurückkommen sollte, denn eine gewisse Tradition bildet vor allem im Cup den halben Erfolg. Sportbrief aus Amerika Der letale der «magischen» Rekorde «Der Flug in den Weltraum ist uns zwar noch nicht geglückt», schrieb eine New Yorker Zeitung, «aber gestern abend hat sich im Madison Square Garden ein junger Mann so hoch in die Luft ge- schwungen, wie keiner zuvor Die amerikanischen Sportjournalisten führen mit- unter eine schwungvolle Sprache. Besonders wenn hr Enthusiasmus entfesselt ist. Sie haben den Be- triff der «magischen Rekorde» geschaffen, der die Phantasie des Lesers wundersam beflügelt. Die Vier- Vlinuten-Meile, der Sieben-Fuß-Hochsprung (2,128 Meter), die 60-Fuß-Distanz im Kugelstoßen (20,283 Meter) und der Stabhochsprung von 16 Fuß (4,876 Meter) fallen in diese Kategorie. Die Sport- reporter Amerikas werden sich nun um eine neue stilistische Prägung umsehen müssen. Denn die magischen Rekorde haben ihre Magie verloren. Sie fielen wie Blätter im herbstlichen Wind. Nun ist auch der letzte gefallen. Und zwar gleich zweimal hintereinander. In New York und in Boston. Ein Berliner Junge, der als Elfjähriger 1949 in die Staaten kam, hat das Wunder voll- bracht. Er hat mit einem Stabhochsprung von 4,895 Metern bereits jene Wolke gekratzt, auf der in tfebelschrift zu lesen steht: «Sprunghöhe: 5 Meter h Und es war wie ein Symbol, daß ihm als erster Dr. Roger Bannister gratulierte, der Mann, der am 7. August 1954 die erste Wundermeile lief. Banni- ster hat inzwischen 70 Mitläufer gefunden .. Johann (jetzt John) Uelses war in der Welt des amerikanischen Sports gestern noch so gut wie un- bekannt. Heute weiß jeder, daß der 24jährige in Miami (Florida) zu Hause und gegenwärtig Korpo- ral der amerikanischen Marine ist. Die Zeitungen wagen sich sogar an den unlösbaren Versuch heran, ihre Lese r zu lehren, wie Uelses auszusprechen ist Und sie erzählen, was John Uelses über das schwere Los des Stabhochspringers zu sagen wußte: «Ein Läufer kann seine. Dornenschuhe schön eingepackt mit sich nehmen, ein Diskuswerfer kann seine Scheibe in die Aktentasche stecken, aber ein Stab- hochspringer kann mit seinem Stab nicht einmal in einen Taxi steigen!» Seit Tagen springt uns Uelses' Weltrekord aus allen Zeitungen Amerikas entgegen, und zwar in allen Phasen. Es sind aufregende Photos. Sie zeigen den neuen Star, wie er nach verblüffend kurzem, keineswegs allzuschnellem Anlauf den sehr hoch ge- faßten Stab aufsetzt, der sich unter seinem Gewicht (170 Pfund) fast um 90 Grad verbiegt. Dann folgt der entscheidende Sekundenbruchteil: ein Auf- wärtsruck des Athleten, um den gebogenen Stab au entlasten, und dieser springt, nahezu wie bei einem Peitschenschlag zurück und trägt, nein: schleudert den Springer zur Erfüllung seiner wahrlich hoch- fliegenden Pläne. «Der Stab ist's, nicht der Springer», sagte Don Bragg, der amerikanische Olympiasieger, mit etwas verbittertem Unterton. «Mit einem normalen Stab kommt Uelses nicht über 4,50 Meter!» Don Bragg, dem sein vielbestaunter 4,70-ra- Triumph von Rom später eine Filmrolle als Tarzan eingetragen hat, spielt damit auf die Zauberkünste des neuen Stabes aus Fiberglas an, über die wir schon berichtet haben. Die Katapultwirkung des Stabes ist tatsächlich erstaunlich. Und Uelses er- weist sich als ein Meister in der nicht ganz ein- fachen Beherrschung des neuen Gerätes. Dem alten Stab aus Bambusrohr, mit dem auch Wcltrekordler nicht mehr als 4,35 Meter schufen, ist bekanntlich der Stab aus Metall gefolgt, der die Höchstleistung: auf über 4,70 Meter schnellen ließ. Nun hat ihn der Fiberglasstab abgelöst, der neue Horizont e eröffnet. Da seine Verwendung offiziell anerkannt wird, zäh- len Don Braggs Einwände nicht. Kein Zweifel: daß neue Katapult-Akrobaten dem ersten, John Uelses. folgen werden, wie in acht Jahren nicht weniger als 70 Athleten ihrem Vorläufer Roger Bannister in der Bezwingung der 4-Minuten-Meile gefolgt sind. Es scheint keine Grenzen mehr zu geben . . Ruhmeshallen des Sports Eine ganze Anzahl amerikanischer Sportzweige haben irgendwo im Land ihre «Ruhmeshallen» er- richtet. Sie sind ein Mittelding aus sportlichem Museum und sportlicher Madam Toussaud. Die ganz Großen der betreffenden Sportdisziplin werden dort in Wort und Bild und manchmal auch in Wachs verewigt, ihre Taten werden aufgezeichnet, auf daß künftige Sportgenerationen keinen Mangel an leuchtenden Vorbildern leiden. Jedes aktiven Sportlers aber auch jedes prominenten sport- lichen Vorkämpfers schönster Traum ist es. in dieser Ruhmeshalle Aufnahme zu finden. Das höchste Zie l aber ist, dieser Auszeichnung teilhaftig zu werden, solange man sich ihrer noch erfreuen kann, also, gewissermaßen noch bei Lebzeiten un- sterblich zu werden. Dieser höchste Triumph war dieser Tage dem Baseballspieler Jackie Robinson beschieden. Jackie Robinson war 1946 der erste Neger, der in eine führende Baseballmannschaft aufgenommen wurde. Der große Manager der Brooklyn Dodgers, Mr, Branch Rickey, unternahm den damals noch als waghalsig geltenden Schritt, der großen Basebail- gemeinde Amerikas einen dunkelhäutigen Spieler zu präsentieren. Man befürchtete Zwischenfälle man befürchtete Publikumsboykott. Aber Rickey behielt recht. Jackie Robinson- eroberte sich all- gemeine Sympathien: durch sein bescheidenes Auf- treten sowohl als durch sein grandioses Spiel. Nun ist Jackie Robinson der erste Neger, der in die Baseball-Ruhmeshalle einzieht. Er hat sich inzwi- schen längst vom aktiven Sport zurückgezogen, isi ein sehr wohlhabender Mann geworden, der für <;h>; Anerkennung seiner Rassengenossen großzügige Propaganda entfaltet. Ein neuer Frauensport Billard Der Verband der Billardzimmerbesitzer Ameri- kas so etwas gibt es startete dieser Tage zu einer großen Werbeaktion. Er will nicht nur die Jugend 'gewinnen, die von der Billardkugel vor der Gefahren der Straße gerettet werden soll. Er wil auch den Frauen Appetit auf das Billardspiel Kegeln ein uraltes Volksvergnügen Eines der volkstümlichsten und ältesten sport- lichen Vergnügen, sowohl der ländlichen als auch der städtischen Bevölkerung, stellt das Kegeln dar. Das Spiel, auch «Keigeln», «Kögln», «Kugeln», «Bosseln» oder «Malen» genannt, war als Werfen und Schieben runder Steine schon bei den alten Germanen üblieh; und viele Volkskundeförscher glauben, daß es ein Bestandteil kultischer Feste *r- ...... <;5oui!fßi} unb Sttontag ben 25. mtb 26. §nü int 23efrage *>;on Sr* 200 auf ©cluiiin uiid JSci-lufl bei btr äöirtljfdjaft SS ti l e r in Si o q 3 u>; t) (. Crbcnbaftibft %an% am ©onntag ben 25. 3«n, ttoju jrcmiMufm einfobet 2Bt)tcr, Wnil). Äegeif cf) ich tu um Sr. 100 in SBaat iitib SRontag« btn 26. unb 20. Quü 1380, ra -I ti a tu ij 1. <;?» tobet fcaj.t jremiöliihft (in 3lnbr. Leiermann. Kegelinserate aus dem Bernbiet. Schon vor achtzig Jahren war das Spiel offenbar kein reiner Amateur- sport mehr. Immerhin ist ein Wirt fair genug, auch auf das Risiko des Verlustes hinzuweisen. gewesen sei. Die älteste urkundliche Erwähnung findet sich in dem Lehrgedicht «Der Renner» von Hugo von Trimberg, der von 1260 bis 1306 Rektor im bayrischen Bamberg war. Das Spiel war damals unter dem Namen «Heidenwerfen» bekannt, und gerade diese Bezeichnung läßt gewisse Schlüsse auf seinen Ursprung zu. Auffallenderweise sind in verschied -ien allon Kirchen und Kirchtürmen Kegel eingemauert worden, zum Beispiel am Dom zu Ratzeberg, dem von St. Annaberg in Sachsen und in der Turmstube des Stefansdoms zu Wien. Es wäre also wohl möglich, daß die Kegel Symbole einer heidnischen* Gottheit gewesen sind, wie die in vielen Gotteshäusern eingemauerten Götzenmänn- lein Symbole eines früheren Glaubens waren. Eine logische Verbindung führt vom Begriff Kegel zu Keil der Donnerkeule des Donar oder des Herakles. Andere Volkskundeforscher wiederum sehen im Kegel eine phallische Darstellung des Fruchtbarkeitskultes. Die Zusammenhänge mit heidnischen Kulten etwa dem Kegeln mit Toten- köpfen, wie er noch in den Märchen geschildert wird , vor allem aber der energische Kampf der geistlichen und weltlichen Obrigkeit gegen dieses Spiel scheint die Vermutung, es handle sich um Relikte eines vorchristlichen Kultes, zu bestätigen. Von den ältesten schweizerischen Quellen, die das Kegeln erwähnen, ist ein Verbot des Kegeins auf dem Kirchhof von Luzern überliefert. Im Luzernbiet war es bis in die jüngste Vergangen- heit üblich, daß man* sich nach einer Beerdigung zu einem Kegelschub vereinte, wobei die eine Partei den Himmel, die andere die Hölle zu repräsentieren hatte. Ein Ratserlaß aus dem Jahre 1397 aus Lei- den verbot das Kegeln bei einer Strafe von 32 SchilLng, während in Regensberg viele andere Spiele um Geld verboten waren, 1393 aber das «Chugelslahen auf dem veld in dem wird und im graben» erlaubt wurde. In Zürich kam 1421 eine Spielordnung heraus, nach welcher Kegeln, Kar- tenspiel und Brettspiele in den offenen Trinkstuben gestattet waren, dagegen mußte im Jahr 1438 in Ulm ein allzu passionierter Spieler öffentlich schwören, daß er seiner Lebtag nimmer karten- nnd kegelspielen wolle. Die Einsätze beim Kegeln müssen oft unverhältnismäßig hoch gewesen sein; denn 1442 verlor in der Umgebung von Frank- furt a. M. ein Bauer nicht nur ein vierspänniges Pferdegespann samt Wagen und Getreide, sondern sogar Haus und Hof beim Kegeln; und vielleicht deswegen verfügte der Rat dieser Stadt 1443 und 1447, daß sich dio Schützen des Wcttkegelns ent- halten sollten. Gerade bei Schützenfesten bildeten ja das Kegeln, die Wcttläufe und die Glücksspiele eine willkommene Unterhaltung für Zuschauer und Schützen, und vielenorts spendeten die Räte sogar Preise für derartige Unterhaltungen. In der Schweiz war das Kegeln als Volksver- gnügen im 15. Jahrhundert schon allgemein ver- breitet und beliebt, kursierte doch schon damals das Sprichwort «die wollen keinen schimpf verguot haben; so wollen keigeln, aller kein kcigcl uff- setzen», womit jene Mitbürger anvisiert wurden, die gerne andere neckten, aber selbst kein Hänseln vertrugen. Als in Basel das Konzil tagte, hatte man in Anbetracht der vielen anwesenden geistlichen Würdenträger uas «heidnische» Kegeln untersagt Dann fir.det sich aber bis zur Reformation nur noch das Gebot, daß die Wachtmannschaft nicht vor den Toren kegeln dürfe. Sonst gab es keine Einschränkungen mehr; als 1540 eine Musterung in Licstal stattfand, wurden die Zünfte angehalten, für Kurzweil zu sorgen, und zwar durch Sprin- gen, Steinstoßen. Schießen und Kegeln, und dafür Gaben bereitzustellen. 1514 wurde auf dem teil- weise zugefrorenen Rhein ein Kegelries aufgestellt. In den "lechnungen der Webernzunft waren von Verschiedenartige Kegel und Kugeln aus Frankreich. 1562 bis 1609 alljährlich Ausgabeposten für neue Kugeln und Kegel aufgeführt. Als die Sitten- mandate der Reformationsherren das Spielen, dar- unter auch ' das Kegeln, als unchristliches Ver- gnügen verboten, umgingen die Freunde des Kegel- sports die Verordnungen, indem sie im Walde kegelten. Heißt vielleicht deshalb ein Ort in der Nähe des thurgauischen Pfyn «Kegelries», oder eine Anhöhe bei Bauma im Tößtal «Kegelplatz», oder ?ehcn diese Bezeichnungen noch in vorchrist- liche Zeiten zurück? Trotz den vielen Einschränkungen und Verboten ließ sich ein so urwüchsiges Spiel nicht unter- drücken. Es hat bis in unsere Zeit hinein seine Freunde behalten ; sowohl die höchsten Magistraten des Landes wie die einfachen Bürger ergötzen sich nach des Tages Müh und Lnst an einem Kegel- schub; und manchem Landarbeiter geht es noch heute so wie jenem Schlaumeier, der sagte: «Vom Vorusse-schaffe isch mer 's Chemie am liebschte!» F. K. Mathys machen. Und er will dieses Ziel dadurch erreichen, daß er den Billardsalon salonfähig macht. Die schlecht oder gar nicht ventilierten Räume rund um den grünbespannten Billardtisch waren bisher die letzte Zufluchtsstätte jener markigen Männer, die es liebten, zwischen kräftigen Billardstößen unge- hindert einen kräftigen Witz zu erzählen; die un- behindert von der mahnenden Stimme der Gattin hier nach einem letzten Schluck Whisky noch einen allerletzten genießen durften und auch mit dem schlimmsten Pfeifentabak wollüstig «Atmosphäre» schufen. Das soll jetzt alles anders werden. Eine Photo der englischen Königinmutter Elisabeth, die sie vergnügt beim Billardspiel zeigt, gilt als vornehm- lichstes Propagandamaterial der Billardreformer. Alte, hartgesottene Billardspieler haben gedroht, die Kreide hin- und den Stock für immer aus der Hand zu legen, sollten solch traditionsmordende "Neuerungen wirklich Gestalt annehmen .. Arthur Steiner. New York Laufphänomen Peter Snell kfr. Als der Neuseeländer Peter Snell an den Olympischen Spielen 1960 in Rom die 800 m überraschend vor dem belgischen Weltrekordläufer Roger Moens und der übrigen Weltelite in 1:46,3 gewann und hinter der Ziellinie völlig erschöpft auf den Rasen wankte, glaubte man, daß dieses Rennen in Rom der Höhepunkt und die erzielte Zeit die Leistungsgrenze für den Neuseeländer ge- wesen sei. Kürzlich bewies Snell jedoch, daß sein Römer Sieg über 800 m erst der Anfang seiner Laufkarriere gewesen ist; denn der 23jährige, 1,83 m große und zähe Läufer stellte über 800 m und eine Meile neue Weltrekorde auf. Die 800 m durcheilte er in der phantastischen Rekordzeit von 1:44,3; den alten Weltrekord hiel t der Belgier Moens mit 1:45,7. Ueber eine Meile lief Snell die glänzende Zeit von 3:54,4 Und ent- riß damit dem australischen Olympiasieger Herb Elliot den Weltrekord (3:54,5). Der Neuseeländer is t ein Laufphänomen, von dem sein Trainer Arthur Lydia rd sagte: «Peter kann die Meile spä- ter einmal in 3:48 laufen. Er ist auf dieser Di- stanz ja noch ein Anfänger. Ich glaube sogar, daß Snell über 'drei und sechs Meilen und selbst auf der Marathonstrecke hervorragende Leistun- gen erzielen kann.» Uebrigens erreichte Snell im Dezember 1961 in seinem ersten Marathonlauf gute 2:42:00. Da ist also ein Mitteldistanzier, der von 800 m aufwärts bis zur Marathonstrecke alle Laufdiszi- plinen bestreitet und dabei über 800 m und eine Meile Weltrekorde erzielte. Schnelligkeit und Ausdatier muß ein Klasseläufer beim heutigen hohen Leistungsstand in der Leichtathletik auf- weisen. Diese beiden Faktoren sind bei Peter Snell vorhanden und harmonisch abgestimmt. Immer wieder kann man es verfolgen, daß sich Läufer zu sehr spezialisieren und im Lauf zu ein- seitig sind. Auch der deutsche Mittel- und Lang- streckentrainer Herbert Schade plädiert immer wieder für Vielseitigkeit. Daß er recht hat, zeigt das Beispiel Snell. Es ist verkehrt, wenn jemand glaubt, er dürfe nicht über seine Spezialstrecke im Wettkampf hinausgehen, da seine Schnelligkeit darunter leiden würde. Der deutsche . 800-m-Meister Paul Schmidt machte vor drei Jahren den Versuch über 1500 m und erzielte auf Anhieb die gute Zeit von 3:42,5. Leider ließ er die 1500 m wieder fallen und wid- mete sich nur noch den 800 m. Aber kein Mittel- streckler Westdeutschlands ist so prädestiniert, den Anschluß an die Weltelite über 1500 m wie- derherzustellen, wie Schmidt. Er kommt wie der Neuseeländer Snell von der 800-m-Strecke, ver- fügt also über die notwendige Schnelligkeit und bewies in einem 1500-m-Rennen, daß er auch Aus- dauer besitzt. Vielleicht hat ihn Snell angespornt, neben den 800 m in Zukunft auch die 1500 m zu bestreiten. Neuordnung im Berufsreiterverband Si. Der Schweizerische Verband der Berufs- reiter und Reitschulbesitzer, um den es in letzter Zeit still war, ist unter der Leitung des neuen. Präsidenten GSrard.Haceius zu neuem Leben er- weckt worden. Es wurde eine Statutenrevision vorgenommen und beschlossen, ein schweizerisches Reiterabzeichen zu schaffen, das nur durch erfolg- reiches Bestehen einer vielseitigen, alle reitsport- lichen Belange umfassenden Prüfung erworben werden kann. Ferner wird ein schweizerisches Championat der Reitschulen eingeführt; die wei- tere Tätigkeit des Verbandes erstreckt sich auf die Ausbildung von qualifiziertem Stall- und Lehr- personal. Neue Zürcher Zeitung vom 16.02.1962

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NEUE ZÜRCHER ZEITUNG SPORT Freitag, 16. Februar 1962 Blatt 6Mittagausgabe Nr. 60d

Fußballmosaikfit. Nach der Rückkehr aus Italien, wo er mit

seiner Elf ein Trainingsspiel gegen eine italienischeB-Auswahl bestritt, unterhielten wir uns mit demTrainer von La Chaux-de-Fonds, Kurt Sommerlatt.Der deutsche Spielertrainer, der sich im internatio-nalen Fußball gut auskennt, verfolgte auch alsaufmerksamer Beobachter das nachfolgende Treffendes Schweizer Meisters Servette gegen die effektiveitalienische Nationalmannschaft, die bekanntlichziemlich mühelos 6:0 gewann. Die Spielstärke derItaliener interessiert uns jetzt natürlich besonders,nachdem wir mit ihnen in Santiago am 7. Juni dieKlingen kreuzen werden. Nach der Meinung Som-merlatts sind die Italiener und hier besonders dieStürmer Mora (Juventus Turin), Maschio (Ata-lanta Bergamo), Altafini (AC Milan), Sivori(Juventus Turin), Corsq (Internazionale) ganzhervorragende Spieler, besonders dann, wenn manihnen den Gefallen erweist, sie spielen zu lassen.Gegen eine verstärkte WM-Deckung seitens derdeutschen Nationalmannschaft oder einen Riegel,Konstruktion Rappan, werden es die Supertechni-ker aber weit schwieriger haben, denn wir folgenden Ausführungen Sommerlatts sie sind Indivi-dualisten geblieben, die zu viel allein machen wol-len, sich zu spät vom Ball trennen und in keinemSpiel darauf verzichten, unter Beweis zu stellen,daß ihr hoher persönlicher Marktwert zu Recht be-steht. Es sind Artisten, die es nicht lieben, \vcnnihre persönliche Vorstellung zeitlich beschnittenwird. An einem guten Tag, bei schwächerer Gegen-wirkung, finden sich solche Individualisten sicherauch einmal zu hervorragender Mannschaftsarbeitjaber die Möglichkeit, daß ein solches Team beihartem Widerstand oder unglücklichem Spielverlaufauseinanderbricht, ist doch viel größer als beiMannschaften, die innerlich gefestigt sind, sich alsGanzes durchsetzen wollen und wo jeder sein Kön-nen und seinen Einsatz in den Dienst der Elf stellt.

Sicher ist, daß dieser «Schaufußball» der Italie-ner in Chile beim Publikum mehr Anklang findenwird als eine gut harmonierende, eingespielte, abernüchterne und nur auf den Endzweck ausgerichtete

Mannschaft. Weltmeisterschaftsspiele sind aberandern Gesetzen unterworfen; daran wird auch dieEinstellung des Publikums in Santiago nichtsändern, das von körperlichen Zweikämpfen, vonscharfer Manndeckung und hartem Einsatz nichtviel zu halten scheint. Von schweizerischer Spiel-art, die einen Vergleich mit der Nationalmann-schaft zuließe, sahen die italienischen Beobachterin Bologna wenig. Die Internationalen Antenen,Frigerio und Wüthrich waren abwesend, so daß derzweite Zweck dieser Trainingsspiele nicht erfülltwurde. In zehn Tagen werden zwei deutsche Club-mannschaften ihre Visitenkarte in Italien abgeben:

Schwarzweiß Essen und Borussia Neunkirchen. Dadeutsche Sparringpartner in der Regel auch ansolchen Testspielen mit dem körperlichen Einsatznicht zurückhalten, werden die Italiener über dieStärke ihrer A-Mannschaft dann schon eher Be-scheid wissen, von der bekannte Kritiker behaupten,

daß an ihrer Zusammensetzung nicht mehr viel zuändern scL

Mit der Austragung der Cup-Viertelfinals wirdam 18. Februar die kurze Winterpause ihr Endefinden. Man muß in der Cupgeschichte weit zu-rückblättern, um eine qualitativ so starke Vertre-tung unter den letzten acht feststellen zu könnenwie in diesem Jahr. Die in der Meisterschaft best-placierten Teams haben es auch verstanden, sich imCup durchzusetzen. Außer dem FC Luzern, Cup-sieger 1960, sind sämtliche Mannschaften der obe-ren Ranglistenhälfte der Nationalliga A noch ver-treten: Servette, Lausanne-Sports, La Chaux-de-Fonds, Grasshoppers, Basel und die Young Boys.

Das illustre Feld wird ergänzt durch die B-Clubsaus Bellinzona und Winterthur. Jetzt schon hatdas Los finalwürdige Paarungen gebracht. So wirddie Pontaise beim Schlagerspiel Lausanne-Sports -

Servette wieder Großbesuch haben, wobei sich dieOrganisatoren wohl besser vorsehen werden als inder Meisterschaft, als sie von 32 000 Zuschauerngeradezu überrannt wurden. Servette, bestens fun-dierter Anwärter auf einen weiteren Meistertitel,streckt seine Hand diesmal auch nach dem Cup unddamit gleichzeitig nach dem Double aus. DieserErfolg ist dem Genfer Team, von Trainer JeanSnella sorgfältig aufgebaut und betreut, zuzu-trauen. Die Waadtländer werden ihnen das Vor-haben und die Revanche aber nicht leicht machen.Das Spiel ist in der Westschweiz heute schon Tages-gespräch. Das zweite große Treffen findet auf demHardturmsportplatz statt. Die Grasshoppers, immernoch Cup-Rekordhalter, aber im letzten Jahrzehntnicht mehr so strahlend wie zuvor, empfangen denCupsieger des Vorjahrs, La Chaux-de-Fonds. DieGäste muß man wenn man sie im Cup eliminie-ren will vor dem Finalspiel schlagen, denn wennsie dieses erreichen, wird es auch gewonnen. DieElf von Trainer Sommerlatt stellte das sechsmalunter Beweis. Sie ist wegen ihres gepflegten Spiels

in Zürich ein stets gern gesehener Gast, wobei mandiesmal neben den Internationalen Kernen, Ante-nen und Frigerio auch auf die Leistung des ehema-ligen Blue-Stars-Spiclers Trivellin gespannt ist, dersich in den letzten Meisterschaftspartien besondershervortat. Die Grasshoppers sind handicapiert,

denn es steht fest, daß Bäni leider nicht mittunkann. Er zog sich in Genf beim Trainingsspiel derNationalmannschaft erneut eine Zerrung zu diealte Verletzung war anscheinend noch nicht richtigausgeheilt und wird nun eine längere Pause ein-schalten müssen. Er wird den Zürchern fehlen.Sonst sind alle Spieler fit. Citherlet befindet sichallerdings in der Rekrutenschule, wird aber sicherUrlaub erhalten. Trainer Vuko schätzt die Spiel-

stärke von La Chaux-de-Fonds sehr hoch ein, dassich in den letzten Meisterschaftsspielen wesentlichgesteigert hat und absolut das Format besitzt, denCup erfolgreich zu verteidigen. In der Meister-schaft ist für beide Teams nicht mehr viel zu holen,

um so mehr wird es um die Halbfinalqualifikationzu einem erbitterten Kampf kommen. Die Spiele

zwischen diesen beiden Mannschaften gehören seitJahren zu den Leckerbissen der Zürcher Fußball-saison. Es wird auch diesmal eine große Anzie-hungskraft ausüben, um so mehr als die Grass-hoppers im Cup die letzte Trumpfkarte derLimmat-stadt sind.

Die Young Boys auf dem Wankdorf gegen

Winterthur und der FC Basel auswärts in Bellin-zona dürften sich die günstige Gelegenheit nichtentgehen lassen, mehr oder weniger «schmerzlos»unter die letzten vier vorzurücken. Die Halbfinals

'inden bereits am 21. März, also an einem Mitt-woch, statt (vermutlich als Nachtspiele), währenddas Finalspiel endlich wieder am Ostermontag;ur Austragung gelangt, ein Termin, auf den man

auch künftighin unbedingt wieder zurückkommensollte, denn eine gewisse Tradition bildet vor allemim Cup den halben Erfolg.

Sportbrief aus AmerikaDer letale der «magischen» Rekorde«Der Flug in den Weltraum ist uns zwar noch

nicht geglückt», schrieb eine New Yorker Zeitung,«aber gestern abend hat sich im Madison SquareGarden ein junger Mann so hoch in die Luft ge-schwungen, wie keiner zuvor I»

Die amerikanischen Sportjournalisten führen mit-unter eine schwungvolle Sprache. Besonders wennhr Enthusiasmus entfesselt ist. Sie haben den Be-triff der «magischen Rekorde» geschaffen, der diePhantasie des Lesers wundersam beflügelt. Die Vier-Vlinuten-Meile, der Sieben-Fuß-Hochsprung (2,128Meter), die 60-Fuß-Distanz im Kugelstoßen (20,283Meter) und der Stabhochsprung von 16 Fuß(4,876 Meter) fallen in diese Kategorie. Die Sport-reporter Amerikas werden sich nun um eine neuestilistische Prägung umsehen müssen. Denn diemagischen Rekorde haben ihre Magie verloren. Siefielen wie Blätter im herbstlichen Wind.

Nun ist auch der letzte gefallen. Und zwargleich zweimal hintereinander. In New York undin Boston. Ein Berliner Junge, der als Elfjähriger1949 in die Staaten kam, hat das Wunder voll-bracht. Er hat mit einem Stabhochsprung von 4,895Metern bereits jene Wolke gekratzt, auf der intfebelschrift zu lesen steht: «Sprunghöhe: 5 MeterhUnd es war wie ein Symbol, daß ihm als ersterDr. Roger Bannister gratulierte, der Mann, der am7. August 1954 die erste Wundermeile lief. Banni-ster hat inzwischen 70 Mitläufer gefunden . .

Johann (jetzt John) Uelses war in der Welt desamerikanischen Sports gestern noch so gut wie un-bekannt. Heute weiß jeder, daß der 24jährige inMiami (Florida) zu Hause und gegenwärtig Korpo-ral der amerikanischen Marine ist. Die Zeitungenwagen sich sogar an den unlösbaren Versuch heran,ihre Leser zu lehren, wie Uelses auszusprechen istUnd sie erzählen, was John Uelses über das schwereLos des Stabhochspringers zu sagen wußte: «EinLäufer kann seine. Dornenschuhe schön eingepacktmit sich nehmen, ein Diskuswerfer kann seineScheibe in die Aktentasche stecken, aber ein Stab-hochspringer kann mit seinem Stab nicht einmal ineinen Taxi steigen!»

Seit Tagen springt uns Uelses' Weltrekord ausallen Zeitungen Amerikas entgegen, und zwar inallen Phasen. Es sind aufregende Photos. Sie zeigen

den neuen Star, wie er nach verblüffend kurzem,keineswegs allzuschnellem Anlauf den sehr hoch ge-faßten Stab aufsetzt, der sich unter seinem Gewicht(170 Pfund) fast um 90 Grad verbiegt. Dann folgtder entscheidende Sekundenbruchteil: ein Auf-wärtsruck des Athleten, um den gebogenen Stab auentlasten, und dieser springt, nahezu wie bei einemPeitschenschlag zurück und trägt, nein: schleudertden Springer zur Erfüllung seiner wahrlich hoch-fliegenden Pläne.

«Der Stab ist's, nicht der Springer», sagte DonBragg, der amerikanische Olympiasieger, mit etwasverbittertem Unterton. «Mit einem normalen Stabkommt Uelses nicht über 4,50 Meter!»

Don Bragg, dem sein vielbestaunter 4,70-ra-Triumph von Rom später eine Filmrolle als Tarzaneingetragen hat, spielt damit auf die Zauberkünstedes neuen Stabes aus Fiberglas an, über die wirschon berichtet haben. Die Katapultwirkung desStabes ist tatsächlich erstaunlich. Und Uelses er-weist sich als ein Meister in der nicht ganz ein-fachen Beherrschung des neuen Gerätes. Dem altenStab aus Bambusrohr, mit dem auch Wcltrekordlernicht mehr als 4,35 Meter schufen, ist bekanntlichder Stab aus Metall gefolgt, der die Höchstleistung:

auf über 4,70 Meter schnellen ließ. Nun hat ihn derFiberglasstab abgelöst, der neue Horizonte eröffnet.Da seine Verwendung offiziell anerkannt wird, zäh-len Don Braggs Einwände nicht. Kein Zweifel: daßneue Katapult-Akrobaten dem ersten, John Uelses.folgen werden, wie in acht Jahren nicht weniger als70 Athleten ihrem Vorläufer Roger Bannister inder Bezwingung der 4-Minuten-Meile gefolgt sind.Es scheint keine Grenzen mehr zu geben . .

Ruhmeshallen des Sports

Eine ganze Anzahl amerikanischer Sportzweige

haben irgendwo im Land ihre «Ruhmeshallen» er-richtet. Sie sind ein Mittelding aus sportlichemMuseum und sportlicher Madam Toussaud. Dieganz Großen der betreffenden Sportdisziplin werdendort in Wort und Bild und manchmal auch inWachs verewigt, ihre Taten werden aufgezeichnet,

auf daß künftige Sportgenerationen keinen Mangel

an leuchtenden Vorbildern leiden. Jedes aktivenSportlers aber auch jedes prominenten sport-lichen Vorkämpfers schönster Traum ist es. indieser Ruhmeshalle Aufnahme zu finden. Dashöchste Ziel aber ist, dieser Auszeichnung teilhaftigzu werden, solange man sich ihrer noch erfreuenkann, also, gewissermaßen noch bei Lebzeiten un-sterblich zu werden.

Dieser höchste Triumph war dieser Tage demBaseballspieler Jackie Robinson beschieden. JackieRobinson war 1946 der erste Neger, der in eineführende Baseballmannschaft aufgenommen wurde.Der große Manager der Brooklyn Dodgers, Mr,Branch Rickey, unternahm den damals noch alswaghalsig geltenden Schritt, der großen Basebail-gemeinde Amerikas einen dunkelhäutigen Spielerzu präsentieren. Man befürchtete Zwischenfälleman befürchtete Publikumsboykott. Aber Rickey

behielt recht. Jackie Robinson- eroberte sich all-gemeine Sympathien: durch sein bescheidenes Auf-treten sowohl als durch sein grandioses Spiel. Nunist Jackie Robinson der erste Neger, der in dieBaseball-Ruhmeshalle einzieht. Er hat sich inzwi-schen längst vom aktiven Sport zurückgezogen, isiein sehr wohlhabender Mann geworden, der für <;h>;

Anerkennung seiner Rassengenossen großzügigePropaganda entfaltet.

Ein neuer Frauensport BillardDer Verband der Billardzimmerbesitzer Ameri-

kas so etwas gibt es startete dieser Tage zueiner großen Werbeaktion. Er will nicht nur dieJugend 'gewinnen, die von der Billardkugel vor derGefahren der Straße gerettet werden soll. Er wilauch den Frauen Appetit auf das Billardspiel

Kegeln ein uraltes Volksvergnügen

Eines der volkstümlichsten und ältesten sport-lichen Vergnügen, sowohl der ländlichen als auchder städtischen Bevölkerung, stellt das Kegeln dar.Das Spiel, auch «Keigeln», «Kögln», «Kugeln»,«Bosseln» oder «Malen» genannt, war als Werfenund Schieben runder Steine schon bei den altenGermanen üblieh; und viele Volkskundeförscherglauben, daß es ein Bestandteil kultischer Feste

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3lnbr. Leiermann.Kegelinserate aus dem Bernbiet. Schon vor achtzigJahren war das Spiel offenbar kein reiner Amateur-sport mehr. Immerhin ist ein Wirt fair genug, auch

auf das Risiko des Verlustes hinzuweisen.

gewesen sei. Die älteste urkundliche Erwähnungfindet sich in dem Lehrgedicht «Der Renner» vonHugo von Trimberg, der von 1260 bis 1306 Rektorim bayrischen Bamberg war. Das Spiel war damalsunter dem Namen «Heidenwerfen» bekannt, undgerade diese Bezeichnung läßt gewisse Schlüsseauf seinen Ursprung zu. Auffallenderweise sind inverschied -ien allon Kirchen und KirchtürmenKegel eingemauert worden, zum Beispiel am Domzu Ratzeberg, dem von St. Annaberg in Sachsenund in der Turmstube des Stefansdoms zu Wien.Es wäre also wohl möglich, daß die Kegel Symboleeiner heidnischen* Gottheit gewesen sind, wie die invielen Gotteshäusern eingemauerten Götzenmänn-lein Symbole eines früheren Glaubens waren. Einelogische Verbindung führt vom Begriff Kegel zuKeil der Donnerkeule des Donar oder desHerakles. Andere Volkskundeforscher wiederumsehen im Kegel eine phallische Darstellung desFruchtbarkeitskultes. Die Zusammenhänge mitheidnischen Kulten etwa dem Kegeln mit Toten-köpfen, wie er noch in den Märchen geschildertwird , vor allem aber der energische Kampf dergeistlichen und weltlichen Obrigkeit gegen diesesSpiel scheint die Vermutung, es handle sich umRelikte eines vorchristlichen Kultes, zu bestätigen.

Von den ältesten schweizerischen Quellen, diedas Kegeln erwähnen, ist ein Verbot des Kegeinsauf dem Kirchhof von Luzern überliefert. ImLuzernbiet war es bis in die jüngste Vergangen-heit üblich, daß man* sich nach einer Beerdigung zueinem Kegelschub vereinte, wobei die eine Parteiden Himmel, die andere die Hölle zu repräsentierenhatte. Ein Ratserlaß aus dem Jahre 1397 aus Lei-den verbot das Kegeln bei einer Strafe von32 SchilLng, während in Regensberg viele andereSpiele um Geld verboten waren, 1393 aber das«Chugelslahen auf dem veld in dem wird und imgraben» erlaubt wurde. In Zürich kam 1421 eineSpielordnung heraus, nach welcher Kegeln, Kar-tenspiel und Brettspiele in den offenen Trinkstubengestattet waren, dagegen mußte im Jahr 1438 inUlm ein allzu passionierter Spieler öffentlichschwören, daß er seiner Lebtag nimmer karten-nnd kegelspielen wolle. Die Einsätze beim Kegelnmüssen oft unverhältnismäßig hoch gewesen sein;

denn 1442 verlor in der Umgebung von Frank-furt a. M. ein Bauer nicht nur ein vierspännigesPferdegespann samt Wagen und Getreide, sondernsogar Haus und Hof beim Kegeln; und vielleichtdeswegen verfügte der Rat dieser Stadt 1443 und1447, daß sich dio Schützen des Wcttkegelns ent-halten sollten. Gerade bei Schützenfesten bildetenja das Kegeln, die Wcttläufe und die Glücksspieleeine willkommene Unterhaltung für Zuschauer undSchützen, und vielenorts spendeten die Räte sogarPreise für derartige Unterhaltungen.

In der Schweiz war das Kegeln als Volksver-gnügen im 15. Jahrhundert schon allgemein ver-breitet und beliebt, kursierte doch schon damalsdas Sprichwort «die wollen keinen schimpf verguothaben; so wollen keigeln, aller kein kcigcl uff-setzen», womit jene Mitbürger anvisiert wurden,die gerne andere neckten, aber selbst kein Hänselnvertrugen. Als in Basel das Konzil tagte, hatte manin Anbetracht der vielen anwesenden geistlichenWürdenträger uas «heidnische» Kegeln untersagtDann fir.det sich aber bis zur Reformation nurnoch das Gebot, daß die Wachtmannschaft nichtvor den Toren kegeln dürfe. Sonst gab es keineEinschränkungen mehr; als 1540 eine Musterungin Licstal stattfand, wurden die Zünfte angehalten,für Kurzweil zu sorgen, und zwar durch Sprin-gen, Steinstoßen. Schießen und Kegeln, und dafürGaben bereitzustellen. 1514 wurde auf dem teil-weise zugefrorenen Rhein ein Kegelries aufgestellt.In den "lechnungen der Webernzunft waren von

Verschiedenartige Kegel und Kugeln aus Frankreich.

1562 bis 1609 alljährlich Ausgabeposten für neueKugeln und Kegel aufgeführt. Als die Sitten-mandate der Reformationsherren das Spielen, dar-unter auch

'

das Kegeln, als unchristliches Ver-gnügen verboten, umgingen die Freunde des Kegel-sports die Verordnungen, indem sie im Waldekegelten. Heißt vielleicht deshalb ein Ort in derNähe des thurgauischen Pfyn «Kegelries», odereine Anhöhe bei Bauma im Tößtal «Kegelplatz»,oder ?ehcn diese Bezeichnungen noch in vorchrist-liche Zeiten zurück?

Trotz den vielen Einschränkungen und Verbotenließ sich ein so urwüchsiges Spiel nicht unter-drücken. Es hat bis in unsere Zeit hinein seineFreunde behalten ; sowohl die höchsten Magistratendes Landes wie die einfachen Bürger ergötzen sichnach des Tages Müh und Lnst an einem Kegel-schub; und manchem Landarbeiter geht es nochheute so wie jenem Schlaumeier, der sagte: «VomVorusse-schaffe isch mer 's Chemie am liebschte!»

F. K. Mathys

machen. Und er will dieses Ziel dadurch erreichen,daß er den Billardsalon salonfähig macht. Dieschlecht oder gar nicht ventilierten Räume rund umden grünbespannten Billardtisch waren bisher dieletzte Zufluchtsstätte jener markigen Männer, diees liebten, zwischen kräftigen Billardstößen unge-hindert einen kräftigen Witz zu erzählen; die un-behindert von der mahnenden Stimme der Gattinhier nach einem letzten Schluck Whisky noch einenallerletzten genießen durften und auch mit demschlimmsten Pfeifentabak wollüstig «Atmosphäre»schufen.

Das soll jetzt alles anders werden. Eine Photoder englischen Königinmutter Elisabeth, die sievergnügt beim Billardspiel zeigt, gilt als vornehm-lichstes Propagandamaterial der Billardreformer.Alte, hartgesottene Billardspieler haben gedroht,die Kreide hin- und den Stock für immer aus derHand zu legen, sollten solch traditionsmordende"Neuerungen wirklich Gestalt annehmen . .

Arthur Steiner. New York

Laufphänomen Peter Snellkfr. Als der Neuseeländer Peter Snell an den

Olympischen Spielen 1960 in Rom die 800 müberraschend vor dem belgischen WeltrekordläuferRoger Moens und der übrigen Weltelite in 1:46,3gewann und hinter der Ziellinie völlig erschöpftauf den Rasen wankte, glaubte man, daß diesesRennen in Rom der Höhepunkt und die erzielteZeit die Leistungsgrenze für den Neuseeländer ge-wesen sei. Kürzlich bewies Snell jedoch, daß seinRömer Sieg über 800 m erst der Anfang seinerLaufkarriere gewesen ist; denn der 23jährige,1,83 m große und zähe Läufer stellte über 800 mund eine Meile neue Weltrekorde auf.

Die 800 m durcheilte er in der phantastischenRekordzeit von 1:44,3; den alten Weltrekord hieltder Belgier Moens mit 1:45,7. Ueber eine Meilelief Snell die glänzende Zeit von 3:54,4 Und ent-riß damit dem australischen Olympiasieger HerbElliot den Weltrekord (3:54,5). Der Neuseeländeri st ein Laufphänomen, von dem sein TrainerArthur Lydia rd sagte: «Peter kann die Meile spä-

ter einmal in 3:48 laufen. Er ist auf dieser Di-stanz ja noch ein Anfänger. Ich glaube sogar,daß Snell über 'drei und sechs Meilen und selbstauf der Marathonstrecke hervorragende Leistun-gen erzielen kann.» Uebrigens erreichte Snell

im Dezember 1961 in seinem ersten Marathonlaufgute 2:42:00.

Da ist also ein Mitteldistanzier, der von 800 maufwärts bis zur Marathonstrecke alle Laufdiszi-plinen bestreitet und dabei über 800 m und eineMeile Weltrekorde erzielte. Schnelligkeit undAusdatier muß ein Klasseläufer beim heutigenhohen Leistungsstand in der Leichtathletik auf-weisen. Diese beiden Faktoren sind bei PeterSnell vorhanden und harmonisch abgestimmt.

Immer wieder kann man es verfolgen, daß sichLäufer zu sehr spezialisieren und im Lauf zu ein-seitig sind. Auch der deutsche Mittel- und Lang-streckentrainer Herbert Schade plädiert immerwieder für Vielseitigkeit. Daß er recht hat, zeigtdas Beispiel Snell. Es ist verkehrt, wenn jemandglaubt, er dürfe nicht über seine Spezialstreckeim Wettkampf hinausgehen, da seine Schnelligkeitdarunter leiden würde.

Der deutsche . 800-m-Meister Paul Schmidtmachte vor drei Jahren den Versuch über 1500 mund erzielte auf Anhieb die gute Zeit von 3:42,5.Leider ließ er die 1500 m wieder fallen und wid-mete sich nur noch den 800 m. Aber kein Mittel-streckler Westdeutschlands ist so prädestiniert,den Anschluß an die Weltelite über 1500 m wie-derherzustellen, wie Schmidt. Er kommt wie derNeuseeländer Snell von der 800-m-Strecke, ver-fügt also über die notwendige Schnelligkeit undbewies in einem 1500-m-Rennen, daß er auch Aus-dauer besitzt. Vielleicht hat ihn Snell angespornt,neben den 800 m in Zukunft auch die 1500 m zubestreiten.

Neuordnung im BerufsreiterverbandSi. Der Schweizerische Verband der Berufs-

reiter und Reitschulbesitzer, um den es in letzterZeit still war, ist unter der Leitung des neuen.Präsidenten GSrard.Haceius zu neuem Leben er-weckt worden. Es wurde eine Statutenrevisionvorgenommen und beschlossen, ein schweizerischesReiterabzeichen zu schaffen, das nur durch erfolg-reiches Bestehen einer vielseitigen, alle reitsport-lichen Belange umfassenden Prüfung erworbenwerden kann. Ferner wird ein schweizerischesChampionat der Reitschulen eingeführt; die wei-tere Tätigkeit des Verbandes erstreckt sich aufdie Ausbildung von qualifiziertem Stall- und Lehr-personal.

Neue Zürcher Zeitung vom 16.02.1962