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Springer-Lehrbuch

Ulrich Kück • Gabriele Wolff

Botanisches Grundpraktikum

2., überarbeitete und aktualisierte Auflage

Mit 103 Abbildungen und 11 Tabellen

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ISBN 978-3-540-88648-8 e-ISBN 978-3-540-88649-5

DOI 10.1007/978-3-540-88649-5

Springer Lehrbuch ISSN 0937-7433

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© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2002, 2009

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Einbandgestaltung: WMX-Design GmbH, Heidelberg

Zeichnungen von Hans-Jürgen Rathke, Gabriele Frenßen-Schenkel und Kai Wolff

Einbandabbildung: Querschnitt durch Holz und Bast von Tilia cordata (Linde)im Bereich des Cambiums als Strichzeichnung und Foto (Abb. 2.16)

Gedruckt auf säurefreiem Papier

9 8 7 6 5 4 3 2 1

springer.de

Prof. Dr. Ulrich KückLehrstuhl für Allgemeine und Molekulare BotanikFakultät für BiologieUniversität BochumUniversitätsstr. 15044801 [email protected]

Dr. Gabriele WolffLehrstuhl für Allgemeine und Molekulare BotanikFakultät für BiologieRuhr-Universität BochumUniversitätsstraße 15044801 [email protected]

Der Text dieser zweiten Auflage wurde so überarbeitet, dass wir allen inhaltlichen Hinweisen zur Verbesserung nachgegangen sind. An dieser Stelle danken wir allen Kollegen und Kolleginnen, die uns ihr Interesse für das Botanische Grundpraktikum entgegen gebracht haben. Die zweite Auflage bildet vor allen Dingen für Bache-lorstudenten neben einem theoretischen Hintergrund eine praktische Anleitung, um die Histologie von Pflanzen kennen zu lernen und aufzunehmen. Diese Grundlagen sind entscheidend für das Verständnis von komplexen pflanzlichen Entwicklungs-prozessen, die durch unterschiedliche Zelltypen und Gewebe mit verschiedenen Aufgaben gekennzeichnet sind. Völlig neu sind in dieser Auflage die Farbigkeit der Abbildungen sowie Aufnahmen von mikroskopischen Präparaten. Während die far-bigen Schemata den theoretischen Hintergrund didaktisch verstärken, werden weit-gehend alle Zeichnungen der Objekte durch die entsprechenden farbigen mikrosko-pischen Bilder ergänzt. Wir haben dabei bewusst einfache Schnitttechniken gewählt, um praxisnahe Abbildungen zu erhalten. Die Gegenüberstellung der zeichnerischen Abbildung mit den mikroskopischen Präparaten ermöglicht es den Studierenden, die mikroskopischen Bilder abstrahierend in Zeichnungen umzusetzen.

Auch diese Auflage des Buches wurde nur möglich, weil viele Menschen zum Gelingen beigetragen haben: Herr Hans-Jürgen Rathke, der die Grundlage für die Zeichnungen gelegt hat sowie Frau Gabriele Frenßen-Schenkel und Herr Kai Wolff, die wesentlich zur Illustration dieser zweiten Auflage beigetragen haben. Wir dan-ken außerdem Frau Melanie Mees für die Bearbeitung des Textes und Dr. Ines Engh, Dr. Stephanie Glanz, Dr. Birgit Hoff, Dr. Danielle Janus und PD Dr. Minou Now-rousian für die Anfertigung der mikroskopischen Bilder.

Dem Springer-Verlag danken wir für die Möglichkeit zur Herstellung einer zweiten Auflage und hier insbesondere Frau Stefanie Wolf und Herrn Dr. Dieter Czeschlik für die ständige Unterstützung.

Bochumim Oktober 2008 Die Autoren

Vorwort zur zweiten Auflage

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Das Biologiestudium wird heute weitgehend modular angeboten, damit Studierende schrittweise zu einer umfassenden Ausbildung gelangen können, die der Fülle des vorhandenen Wissens gerecht wird. Besonders Studienanfänger haben oft Schwie-rigkeiten, anhand sehr umfangreicher Lehrbücher den Überblick zu wahren.

Das „Botanische Grundpraktikum“ ermöglicht Studierenden des ersten oder zweiten Semesters, die morphologischen und histologischen Grundlagen der Bota-nik durch eine Kombination von Lehrbuchtext und Praktikumsanleitung kennen zu lernen. Der Lehrtext enthält komprimierte Informationen, die für das Grundstudium der Botanik relevant sind. Die Anleitungen zu praktischen Übungen veranschau-lichen und vertiefen den Lehrstoff.

Das Buch wendet sich auch an Studierende, welche keinen Biologieunterricht in den Abschlussklassen der weiterführenden Schulen hatten. Weitere Zielgruppen sind Nebenfachstudenten (z. B. der Agrar- und Geowissenschaften), die aufgrund des Gesamtumfanges ihres Studiums das Fach Botanik nur zeitlich limitiert studie-ren können.

Der Einsatz von durchdachten Lehrabbildungen und einfachen Strichzeichnun-gen unterstützt die Verknüpfung von Vorlesung und Praktikum. Die Beschriftungen der Abbildungen wurden so gewählt, dass sie ein Erlernen der Begriffe in Verbin-dung mit den praktischen Befunden erleichtern. Zur Vertiefung des Erlernten wer-den zusammenfassende Tabellen und Diagramme angeboten und in jedem Kapitel einfache Aufgaben gestellt; die entsprechenden Lösungen finden sich im Anschluss an den Text. Wichtige botanische Begriffe werden in einem Glossar definiert. Das Pflanzen- und das Sachverzeichnis ermöglichen einen schnellen Zugriff auf rele-vante Informationen.

Das Buch erhebt nicht den Anspruch, Lehrbücher der Botanik zu ersetzen. Vielmehr soll es eine gute Grundlage zum Studium der pflanzlichen Entwicklungs-biologie, Genetik, Molekularbiologie und Physiologie legen.

Wir danken allen, die zum Gelingen dieses Buches beigetragen haben: Hans-Jürgen Rathke, dessen hervorragende Zeichnungen wesentlich für die Gestaltung des Buches sind; Karl Esser, der Kontakte zum Springer-Verlag geknüpft hat; Kai Wolff, der entscheidend an der elektronischen Umsetzung von Text und Abbil-dungen beteiligt war; allen Studierenden, die bei der Erstellung des Pflanzen- und

Vorwort zur ersten Auflage

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Sachverzeichnisses geholfen haben; Florian, Katinka und Felix Wolff für ihre Geduld sowie den Mitarbeitern des Springer-Verlages für Ihr großes Interesse und Ihre Unterstützung, insbesondere Frau Iris Lasch-Petersmann, Frau Stefanie Wolf und Herrn Karl-Heinz Winter.

Bochumim Januar 2002 Die Autoren

viii Vorwort zur ersten Auflage

Inhaltsverzeichnis

1 Die Pflanzenzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1 Grundlagen zum Aufbau der pflanzlichen Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1.1.1 Pflanzliche Organisationstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.1.2 Ausgewählte Organisationsformen bei Pilzen . . . . . . . . . . . . . 71.1.3 Epidermiszellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

1.2 Intrazelluläre Bewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141.3 Plastiden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171.4 Zellwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251.5 Wasserhaushalt und Plasmolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291.6 Zellformen und Parenchyme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321.7 Festigungsgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341.8 Haare und Emergenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371.9 Drüsenzellen und Sekretionsgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401.10 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

2 Die Sprossachse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452.1 Bildungsgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462.2 Anatomie der primären Sprossachse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462.3 Leitbündel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492.4 Anatomie der sekundären Sprossachse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

2.4.1 Holz und Bast der Nadelbäume. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 642.4.2 Holz und Bast der Laubbäume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

2.5 Periderm und Borkenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 772.6 Axilläre Verzweigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 832.7 Metamorphosen der Sprossachse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 842.8 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

3 Das Blatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 913.1 Anordnung und Abfolge an der Sprossachse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 923.2 Anatomie des typischen Laubblattes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 953.3 Aufbau von Spaltöffnungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 983.4 Herkunft und Anordnung der Blattgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

ix

3.5 Blattmetamorphosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1103.6 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

4 Die Wurzel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1154.1 Primärer Bau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1154.2 Seitenwurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1224.3 Endodermis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1234.4 Sekundäres Dickenwachstum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1294.5 Metamorphosen der Wurzel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1424.6 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

5 Fortpflanzung und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1475.1 Blüte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

5.1.1 Androeceum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1535.1.2 Gynoeceum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

5.2 Aufbau und Entwicklung des Samens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1595.3 Vergleich von Gymnospermen und Mono- bzw. Dikotylen . . . . . . . . 1655.4 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

6 Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

7 Lösungen zu den Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1717.1 Die Pflanzenzelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1717.2 Die Sprossachse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1727.3 Das Blatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1747.4 Die Wurzel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1757.5 Fortpflanzung und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

Pf lanzenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195

x Inhaltsverzeichnis

1U. Kück, G. Wolff, Botanisches Grundpraktikum,DOI 10.1007/978-3-540-88649-5_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2009

Die Zelle ist die kleinste lebensfähige Einheit, die selbstständig die Steue-rung und Koordination ihrer physiologischen Prozesse wahrnimmt. Bei der einzelligen Organisationsform, die als ursprünglich angesehen werden kann, laufen alle zu Wachstum und Vermehrung notwendigen biochemischen Reak-tionen aufeinander abgestimmt ab. Die Entwicklung höherer Formen führte zu einer Arbeitsteilung innerhalb des Organismus: Zelltypen mit unterschied-lichen Funktionen und entsprechenden morphologischen Besonderheiten ermöglichen den komplexen Aufbau von Tieren und Pflanzen. In Geweben sind Zellen gleicher Funktion und Morphologie zu organisierten Einheiten zusammengeschlossen.

In den folgenden Abschnitten werden zunächst die Besonderheiten der pflanzlichen Zelle im Vergleich zur tierischen Zelle betrachtet, wobei den spe-zifisch pflanzlichen Organellen und Strukturen vermehrte Aufmerksamkeit zukommt (Abb. 1.1). Die Untersuchung des Aufbaus einfacher pflanzlicher Gewebe ermöglicht Einblicke in die funktionelle Morphologie und Anatomie der Sprosspflanzen, welche in den folgenden Kapiteln weiter vertieft werden.

1.1 Grundlagen zum Aufbau der pflanzlichen Zelle

Die Gestalt der pflanzlichen Zelle ist zumeist durch die Zellwand, eine pflan-zentypische Struktur, festgelegt. Aufbau und Entstehung der Zellwand wer-den später gesondert betrachtet. Der Protoplast ist gegen die Zellwand durch eine Biomembran, das Plasmalemma, abgegrenzt. Zum Protoplasten gehören das hyaline Cytosol sowie verschiedene Organellen und Systeme, welche die Zelle kompartimentieren (Abb. 1.1). Der Zellkern, dessen Kernhülle mit dem endoplasmatischen Reticulum in Verbindung steht, besitzt den größten Anteil genetischer Information in der Zelle. Die Mitochondrien und die typisch

1 Die Pflanzenzelle

2 1 Die Pflanzenzelle

Abb. 1.1 Darstellung der elektronenmikroskopisch erkennbaren Strukturen der pflanzlichen und tierischen Zelle im Vergleich. Gemeinsame Strukturen sind in der Mitte bezeichnet. Der Besitz von Chloroplasten, einer Vakuole und die Ausbildung einer Zellwand mit Plasmodesmen sind charakteristisch für Pflanzenzellen. Tie-rische Zellen weisen ein ausgeprägtes Cytoskelett und eine extrazelluläre Matrix auf, die stabilisierende Zellwand fehlt. (Nach Alberts et al. 1995, verändert)

Plasmalemma

Cytoplasma

Mitochondrion

Golgi-Apparatmit Vesikeln(Dictyosom)

Zellkern(Nucleus)

Nucleolus

Kernpore

endoplas-matischesReticulum

Ribosom

Peroxisom

Lysosom

Cytoskelett-filamente

extrazelluläreMatrix

Tierische Zelle

Pflanzliche Zelle

Zellwand

Mittellamelle

Interzellulare

Chloroplast

Vakuole

Tonoplast

primäresTüpfelfeld

Plasmodesmos

Desmotubulus

pflanzlichen Plastiden sind Organellen, die durch eine Doppelmembran und durch den Besitz eigener Genome gekennzeichnet sind. Das endoplasmatische Reticulum, der Golgi-Apparat, die Lysosomen und Peroxisomen sowie ver-schiedene andere Vesikel stehen als Organellen mit Einfachmembran über den Membranfluss untereinander und mit Membranen, die gegen den nichtplasma-tischen Raum abgrenzen, in ständiger Verbindung. Als selfassembly-Systeme gehören auch noch die Bestandteile des Cytoskeletts sowie die Ribosomen zum Protoplasten. Ergastische, das heißt nichtprotoplasmatische Bestandteile der pflanzlichen Zelle sind die Zellwand, verschiedene Reservestoffe (wie z. B. Stärke, Öle, Aleuron) und die Vakuole (Abb. 1.1).

Der Zellsaftraum (Vakuole) ist als typisch pflanzliche Struktur für den Was-serhaushalt und als Speicherraum von Bedeutung. Die Heterogenität der gespei-cherten Stoffe, die meist dem Sekundärstoffwechsel der Pflanze entstammen, ist sehr groß. Da der Inhalt der Vakuole ein wässriges Milieu ist, sind die abge-lagerten Stoffe wasserlöslich oder in wasserlösliche Formen überführt worden. Im Verlauf der Zelldifferenzierung kommt es zur Bildung kleiner Vakuolen, die sich später zu einer großen Zentralvakuole vereinigen (Abb. 1.2). Die Gesamt-heit der Vakuolen einer Zelle wird als Vakuom bezeichnet. Der Protoplast bleibt als dünner, an der Zellwand haftender Belag erhalten. Plasmafäden durchzie-hen den Raum der Zentralvakuole. Der Zellkern ist in eine wandständige oder zentrale, an Plasmafäden aufgehängte Plasmatasche eingebettet. Der Tonoplast grenzt als selektivpermeable Membran die Vakuole gegen den Protoplasten ab. Plasmalemma und Tonoplast sind typische Biomembranen, die sich aber z. B. in ihrer Permeabilität deutlich unterscheiden. Viele Stoffe passieren ungehindert das Plasmalemma, während der Tonoplast für sie impermeabel ist.

Bei der Entwicklung des pflanzlichen Gewebes bleiben plasmatische Verbin-dungen, die Plasmodesmen, zwischen den Protoplasten erhalten. Die Plasmo-desmen durchziehen die Zellwand als röhrenförmige Struktur und dienen u. a. dem Transport von Proteinen und Nukleinsäuren. In der Mitte der Plasmodes-men verläuft der Desmotubulus, ein Strang des endoplasmatischen Reticulums. Die derart miteinander in Verbindung stehenden Protoplasten bilden in ihrer Gesamtheit den Symplast. Die Gesamtheit des Zellwandraumes wird Apoplast genannt. Der Stoff- und Wassertransport im Raum des Symplasten wird größten-teils durch die selektive Permeabilität der beteiligten Biomembranen bestimmt. Im Bereich des Apoplasten beeinflussen die physikochemischen Eigenschaften der Zellwand den Stoff- und Wassertransport.

1.1.1 Pflanzliche Organisationstypen

Die einfachsten pflanzlichen Organisationstypen werden von einzelligen Formen und Zellverbänden eingenommen. Diese Formen kommen sowohl

1.1 Grundlagen zum Aufbau der pflanzlichen Zelle 3

4 1 Die Pflanzenzelle

bei prokaryotischen als auch bei eukaryotischen Organismen vor. Dem stark kompartimentierten Aufbau der eukaryotischen Zelle steht die einfachere prokaryotische Struktur gegenüber: Der von einer Biomembran umschlos-sene Protoplast enthält bei den Cyanobakterien (Blaualgen) das bakterielle Genom, Ribosomen und Membranstapel, die der bakteriellen Photosynthese dienen, sowie zahlreiche Enzymkomplexe. Die prokaryotischen Ribosomen sind im Vergleich zu Ribosomen der Eukaryoten anders gestaltet und kön-nen experimentell durch Ausnutzung der unterschiedlichen Sedimentations-koeffizienten getrennt werden. Organellen wie Peroxisomen, Mitochondrien, Plastiden und Zellkern fehlen (Tabelle 1.1). Die Zellwand besteht aus ande-ren Grundsubstanzen als die Wände der eukaryotischen Zellen. Ein wichtiger Bestandteil prokaryotischer Zellwände ist das Makromolekül Murein, das ausN-Acetylglucosamin und N-Acetylmuraminsäure zusammengesetzt ist.

Abb. 1.2 a–d Vakuolisierung pflanzlicher Zellen. Die Differenzierung der Meris-temzelle (a) zur Parenchymzelle (d) ist schematisch abgebildet. Ausgehend von sehr kleinen Vakuolen (b), die zu größeren Einzelvakuolen (c) zusammenfließen, resultiert dann die Ausbildung der Zentralvakuole (d)

Tonoplast

Einzelvakuole

Zellkern Nucleolus

Cytoplasma

Plasmalemma

Meristemzelle

Parenchymzelle

Zentralvakuole

a b

c d

Mitochondrien und Plastiden, typische Organellen der eukaryotischen Zelle, ähneln in vielen Eigenschaften den Prokaryoten (Tabelle 1.1). In der Endo-symbiontentheorie geht man davon aus, dass sich die DNA-haltigen Organel-len aus phagozytierten Prokaryoten entwickelt haben, die in der Wirtszelle als Endosymbionten überleben konnten (Abb. 1.3).

Möglicherweise hat ein anaerober Vertreter der Archaea (Archaebakte-rien) durch Phagocytose ein aerobes Bakterium aufgenommen, das sich zum Endosymbionten entwickelte. Es wird angenommen, dass die Mitochondrien von den α-Proteobakterien und die Plastiden von den Cyanobakterien (Blau-algen) abstammen. Durch Reduktion des bakteriellen Genoms und Abgabe wesentlicher Steuerungsfunktionen an die Wirtszelle ist eine Evolution vom Endosymbionten zum DNA-haltigen eukaryotischen Organell denkbar. Sowohl Mitochondrien als auch Plastiden besitzen im Vergleich zu den frei-lebenden Bakterien ein deutlich reduziertes Genom, das meist eine zirkuläre Struktur aufweist.

Pro- und eukaryotische Zellen haben ähnliche Organisationsformen ent-wickelt, die sowohl Einzelzellen als auch fädige bzw. flächige Zellverbände umfassen. Die Ausbildung echter Mehrzelligkeit mit der Entwicklung von Geweben und deutlicher Arbeitsteilung der ausdifferenzierten Zellen ist in der Evolution mehrfach entstanden und nicht auf Eukaryoten beschränkt.

Bei Cyanobakterien sind neben Einzelzellen auch einfache Zellverbände zu beobachten. Diese Coenobien sind Verbände unspezifischer Gestalt, bei denen die Tochterzellen nach den Zellteilungen meist durch eine gemeinsam ausgeschiedene Gallerte miteinander verbunden bleiben. Werden die Zelltei-lungen in einer bestimmten Richtung fortgesetzt, so kommt es zur Ausbildung von unverzweigten Zellfäden. Dieser Organisationstypus ist bei Cyanobakte-

1.1 Grundlagen zum Aufbau der pflanzlichen Zelle 5

Tabelle 1.1 Vergleich von Prokaryoten, Mitochondrien und Plastiden sowie Eukary-oten

Prokaryoten Mitochondrien, Plastiden

Eukaryoten

Organisation desGenoms

meistens zirkuläre Moleküle

meistens zirku-läre Moleküle

mehrere lineareMoleküle (Chromosomen)

Zellkern mit Kernhülle nein nein jaMembranen und Kompartimentierung

selten vorhanden zahlreich

Exo- und Endocytose, Membranfluss

nein nein ja

Größe der Ribosomen (Untereinheiten)

70 S (30 S, 50 S)

70 S (30 S, 50 S) 80 S (40 S, 60 S)

S: Svedberg-Einheit (Sedimentationskoeffizient)

6 1 Die Pflanzenzelle

rien und vielen eukaryotischen Algen verbreitet. Wenn sich im Zellfaden aber durch Änderung der Teilungsrichtung um 90° zwei nebeneinander liegende Tochterzellen bilden, die beide durch Spitzenwachstum zu Fäden auswachsen können, so hat sich ein verzweigter Zellfaden entwickelt. Auch ein flächiges, blattartiges Wachstum des Vegetationskörpers von eukaryotischen Algen ist recht weit verbreitet. Es werden aber keine echten Gewebe ausgebildet, obwohl die Scheingewebe durchaus äußerlich Ähnlichkeiten zu den analogen Strukturen der höheren Pflanzen zeigen.

Abb. 1.3 Schematische Darstellung der möglichen Entstehung der modernen eukary-otischen Zelle nach der Endosymbiontentheorie. Die Wirtszelle nimmt Prokaryoten durch Phagocytose auf. Neben der Zellverdauung kommt es aber auch zur Endo-cytobiose mit Etablierung der Prokaryoten als Endosymbionten in der Wirtszelle (Erläuterungen im Text)

Archaea

Aerobes Bakterium

Wirtszelle mitaeroben

Endosymbionten

Cyano-bakterium

Photoautotrophe eukaryotische Zelle

Chloroplast

Zellkern

Mitochondrion

AnaeroberStoffwechsel

AeroberStoffwechsel

AeroberStoffwechsel

Photosynthese

AeroberStoffwechsel

undPhotosynthese

PrimäreEndocytobiose

Phylogenetischsekundäre Endocytobiose