Spuren des Türkischen : Vom Gastarbeiterdeutsch zu einem neuen Ethnolekt des Deutschen Merkmale des...
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Spuren des Türkischen : Vom „Gastarbeiterdeutsch“ zu einem neuen
Ethnolekt des Deutschen
Merkmale des TürkischenEin Sprachvergleich
Erkan Türkoglu21.12.2009
Vortragsreihe „Sprachspuren“
Allgemeines
Türkisch gehört zu der großen Sprachgruppe der Türksprachen
Türkisch ist seit 1923 Staatssprache der Türkei. Die Hochsprache basiert auf dem Istanbuler Dialekt.
1928 wird im Zuge der Reformen Atatürks die lateinische Schrift eingeführt.
Lautsystem
Das türkische Alphabet hat 29 Buchstaben. Davon 8 Vokale und 21 Konsonanten. Türkische Buchstaben, die im Deutschen Alphabet nicht vorhanden sind.Ç ç – Ğ ğ – I ı - Ş ş
Buchstaben, die im Türkischen nicht
vorkommen.Ww – Ää – Xx- Qq - ß
Lautsystem
Zur Aussprache (vom Deutschen abweichend) c stimmhaftes dsch (wie in Dschungel) ç stimmloses tsch (wie in Tschechisch) e meist kurz und offen (kurzes ä) (wie in ändern) ğ sog. yumuşak ğ (yumuşak=weich), Kehllaut,
der den vorangehenden Vokal dehnt
Lautsystem
Zur Aussprache (vom Deutschen abweichend) h am Silbenanfang wie im Deutschen, am
Silbenende schwaches ch ı kurzes e (wie Auge, kommen) j wie in Journal s stimmloses s ( wie in Glas) ş sch (wie in schön) y j (wie in Jacke) z stimmhaftes s (wie in Sonne)
Lautsystem
Die türkische Sprache ist eine vokalharmonische Sprache.Vokalharmonie besagt, dass mit wenigen Ausnahmen ein türkisches Wort entweder nur vordere (e,i,ö,ü) oder nur hintere ( a,ı,o,u) Vokale enthält. Die erste Silbe eines Wortes legt schon fest, ob der Vokal der folgenden Silbe ein vorderer oder hinterer wird.
Lautsystem
Im türkischen kennt man 2 Vokalharmonien: Die große und die kleine Vokalharmonie.
Lautsystem
Die kleine Vokalharmonie. (Im Plural-,Dativ-, Lokativ-, Infinitiv-, Ablativsuffix)
e - i - ö - ü e (-ler, -de, -den, -e, -mek...)
a - ı - o - u a (-lar, -da, -dan, -a, -mak...)
Ev (Haus) evler (Häuser)Masa (Tisch) masalar (Tische)Vermek (geben), koşmak (laufen)Evde (zu Hause) okulda (in der Schule)Eve (nach Hause) okula (in die Schule)Evden (aus dem / von zu Hause) okuldan (aus der Schule)
Lautsystem
Die große Vokalharmonie. (Im
Genetiv-,Akkusativ-, Possessiv-, Personal-, Fragesuffix) .
Evin (des Hauses) okulun , Ahmet‘in , Otobüsün Bu ev mi? Bu araba mI? Bu okul mu? Bu kötü mü?
letzter Vokal im Wortstamm a oder ı o oder u e oder i ö oder ü
Vokal in der Endung ı u i ü
Lautsystem
Die Unterscheidung zwischen langen (oder gespannten) und kurzen (oder ungespannten) Vokalen ist nicht (wie im Deutschen) bedeutungs-unterscheidend. Lange Vokale finden sich in Lehnwörtern.
ağaç (ğ wird nicht ausgesprochen)ayran (Längung durch y)yollar (doppelkonsonanz)
Lautsystem
Die türkischen Konsonanten teilen sich in
stimmhafte und stimmlose auf. Doppelkonsonanz ist selten (anne 'Mutter'), sie führt zu zweifacher Artikulation.
Lautsystem
Die Silbenstruktur zeigt eine Nähe zur
universellen Konsonant-Vokal-Struktur: Türksprachen zeigen i.d.R. weder am Silbenanfang noch am Silbenende Konsonantengruppen.
Lautsystem
Der Wortakzent tendiert zur Endsilbe
(Ausnahmen sind einige Namen, Verwandtschaftsbezeichnungen wie anne, abla, teyze, Fremdwörter (fare), oder ein Adverb wie şimdi).
Morphologie Die türkische Sprache ist eine
agglutinierende (anleimende) Sprache. Hier verändert sich der Wortstamm nicht. Es werden Suffixe/Endungen an den Wortstamm angehängt. Neue Wörter und grammatische Formen werden durch Nachsilben gebildet. (z.B. adam (der Mann) – adam-lar (die Männer).Ob ein Suffix angehängt ist, ist klar zu erkennen.
Morphologie İyileştiremediklerimizden misiniz? İyi-leş-tir-eme-dik-ler-i-miz-den mi-siniz?
Sevmek (lieben) Stamm + Bindevokal + Tempuskennung + Personalendung 1. Typs
sev – i – yor – um ( ich liebe )
Morphologie Göz-lük-çüHasta-y-kenYemek ye-r-kenÖğretmen-kenVer-giÖr-güGir-işSev-in-mek, sev-mek, sev-il-mek
Morphologie
„ Ein Wort – ein Satz“: Wir sind in unseren Häusern : Evlerimizdeyiz. (ev-ler-i-miz-de-y-iz)
Präfixe kommen im Türkischen kaum vor. Erst neuerdings unter dem Einfluss europäischer Sprachen werden Wörter gebildet wie ön-görmek ‘vorsehen, voraussehen’ (= Präfixbildungen). Sie sind aber sehr selten.
Morphologie Statt Präpositionen finden sich mehr
Kasusendungen (vgl. auch Finnisch): ev-e ('nach Hause', Dativ), Berlin'de ('in Berlin', Lokativ'), Berlin'den ('aus Berlin, Ablativ). Ferner hat Türkisch eine Hand voll Postpositionen, die einen Kasus regieren: arkadaş-ım-la 'mit meinem Freund' und entsprechende nominale Konstruktionen: ev-in ön-ün-de 'des Hauses (Genitiv) an seiner (Poss.) Vorderseite (Lokativ)', 'vor dem Haus'.
Morphologie Kongruenzbeziehungen sind nicht
ausgeprägt: Wir finden keine Genus-, keine Numerus-, keine Kasuskongruenz.
Die(fem.) schöne (fem.) Frau (fem.) bekam ein Geschenk.Güzel bayan bir hediye aldı.
Morphologie Türkisch hat - anders als Deutsch - ein
reichhaltiges verbales Aspektsystem. Beispielsweise gibt es eine Verlaufsform, die das Deutsche nur umgangssprachlich besitzt: Sezer hanım ütü yap-makta 'Frau Sezer ist am/beim Bügeln.' Die miş-Form kann eine Information als bloß vom Hörensagen oder erschlossen kennzeichnen: gelmişsin es wird gesagt/ ist anzunehmen, dass du gekommen bist'.
Syntax Türkisch ist eine von den SOV (Subjekt-
Objekt-Verb) Sprachen. Der Satz endet zumeist mit dem Ausdruck der Prädikation (i.d.R.Verb). Da die Objekte - als verbnähere Satzteile - dem Subjekt folgen, ergibt sich als Grundfolge Subjekt - Objekt - Verb. Ali sinemaya gitti.Ali ging ins Kino
Syntax Sprachen mit der Grundfolge S - O - V
haben typologisch weitere Merkmale: - sie verwenden statt Präpositionen Postpositionen ; - die Attribute werden dem Bezugsnomen, Komplemente/ Objekte dem Verb vorangestellt.Arabayla mit dem Auto
Syntax Die deutsche Wortstellung ist gerade mit
den drei Positionsmöglichkeiten des Verbs (Erststellung: Sag mal...), Zweitstellung (Sie sagte was), Endstellung im Nebensatz (dass sie was sagte) sehr auffällig.
Syntax Es gibt - wie in semitischen Sprachen
(Arabisch, Hebräisch) - Nominalsätze (ohne ein Kopulaverb wie ist): Çocuk-lar çalışkan 'Die Kinder (sind) fleißig.'
Syntax Es existiert kein bestimmter Artikel. Die
Determination wird durch Kasusendungen (bestimmter Akkusativ, Possessivkonstruktionen wie tren-in hareket-i 'des Zuges seine Abfahrt' oder frühe Realisierung des thematisch Bestimmten angezeigt.
Syntax Kausativ, Passiv, Reflexiv, Modalität,
Negation, Aspekt erscheinen nicht als eigene Ausdrücke, sondern als Suffixe, die den Verbstamm modifizieren.
Im Deutschen: Negationspartikel, eigene Verbsysteme (Hilfsverb, Modalverb),
Das Buch wird gelesen. Kitap okunuyor. Okumak (lesen) okunmak (gelesen werden)
Syntax Türkisch gilt als "Pro-Drop-Sprache":
Pronomina/Proterme sind nicht obligatorisch zu realisieren, da das Personsuffix am Verb ausreicht (so auch im Lateinischen und Italienischen). „Geliyorum“ ich komme , (ben =ich)„arabam“ mein Auto (benim = mein)
Syntax Türkisch hat keine Anapher (deutsch er/ sie/
es), nur Zeigwörter (bu, şu, o).Im Deutschen ist jedes Substantiv durch sein Genus gekennzeichnet. Daran orientieren sich Adjektive und Artikel (den schönen Tag, die schöne Frau) und Anapher (Personalpron. 3. Ps.) (Ein Mann und eine Frau: Er liebt sie).
Zusammenfassung 1- Die türkische Sprache gehört zu der großen
Sprachgruppe der Türksprachen. Dazu gehören unter anderem auch Aserbaidschanisch , Turkmenisch, Usbekisch.
2- Die türkische Sprache ist eine agglutinierende (anleimende) Sprache. Hier verändert sich der Wortstamm nicht. Es werden Suffixe/Endungen an den Wortstamm angehängt. Neue Wörter und grammatische Formen werden durch Nachsilben gebildet.
Zusammenfassung 3- Die türkische Sprache ist eine
vokalharmonische Sprache.Vokalharmonie besagt, dass mit wenigen Ausnahmen ein türkisches Wort entweder nur vordere (e,i,ö,ü) oder nur hintere ( a,ı,o,u) Vokale enthält.
4- Türkisch kennt kein grammatisches Geschlecht wie das Deutsche, das die Substantive nach „Maskulinum, Neutrum und Femininum“ einteilt.
Zusammenfassung 5- Türkisch kennt auch keine bestimmte
(der, die, das) und unbestimmte (ein, eine, ein) Artikel.
6- Türkisch ist eine regelmäßige Sprache. Es gibt wenige Ausnahmen.
7- Türkisch ist eine von den SOV (Subjekt-Objekt-Verb) Sprachen. Verb kommt zum Schluss.
Die Rechtschreibung ist einfach.
Gastarbeiterdeutsch Folgende Regelmäßigkeiten lassen sich in der
Gastarbeitersprache feststellen: 1.Verwendung von 'Einwortsätzen' 2.Häufung von Adverbien bzw. Adverbialphrasen 3.Ausfall von Präpositionen 4.Ausfall von Pronomina 5.Ausfall von Kopula 6.Ausfall von Flexionsmorphemen 7.Ausfall des bestimmten Artikels 8.Verwendung von subjektlosen Sätzen 9.Verwendung von verblosen Sätzen 10.“nix” ersetzt die Bedeutung von “nichts”, “nicht” und
“kein”
vielen Dank !