Staat und Governance

29
Staat und Governance Birgit Sauer, Universität Wien 25.11.2009

description

Staat und Governance. Birgit Sauer, Universität Wien 25.11.2009. Was ist der Staat?. Ordnung der Gesellschaft, des Zusammenlebens Ordnung braucht „Unter-Ordnung“ = Herrschaft? Garantie von Sicherheit Herrschaft durch einen Herrscher oder durch ein System von Herrschaft. Was ist der Staat?. - PowerPoint PPT Presentation

Transcript of Staat und Governance

Page 1: Staat und Governance

Staat und Governance

Birgit Sauer, Universität Wien25.11.2009

Page 2: Staat und Governance

Was ist der Staat?

Ordnung der Gesellschaft, des Zusammenlebens

Ordnung braucht „Unter-Ordnung“ = Herrschaft?

Garantie von SicherheitHerrschaft durch einen Herrscher oder durch ein System von Herrschaft

Page 3: Staat und Governance

Was ist der Staat?Herrscher: Gott => religiöse, christliche Begründung von Herrschaft

Christliche Begründung auch von weltlicher Herrschaft (mittelalterliche Staatstheorie)

Herrscher: Weltliche Person„L‘état c‘est moi“, Louis XIV„moderner Staatsgedanke“: Herrschaft durch Institutionen („subjektlose Gewalt“, Heide Gerstenberger)

Page 4: Staat und Governance

Was ist der Staat?

Subjektlose Herrschaft: Staatsgewalt umfasst Institutionen, Bürokratie, Geld, Militär, Polizei, Symbole => Staatsapparat,

Dreigliedriger Staatsbegriff:TerritorialitätStaatsvolkStaatsgewalt (Potestas, violentia)

Staat = legitime Form der Herrschaftsausübung

Page 5: Staat und Governance

Staat als Zentralkategorie

der Politikwissenschaf

tStaat als Gefüge von Institutionen, das verbindliche Entscheidungen zur Gestaltung gesellschaftlicher Ordnung trifft und durchsetzt (Normen)

Demokratischer Staat = Volksherrschaft

Politik = Staat? (= Normgenese und Normdurchsetzung)

Page 6: Staat und Governance

Staat als Zentralkategorie der Politikwissenschaft

Mittel staatlicher Herrschaftsausübung: GesetzeBürokratiePolizeiMilitärGeld

Physisches GewaltmonopolSouveränitätCitizenship (Rechte und Zugehörigkeit)

Page 7: Staat und Governance

Staatsanalyse - Staatstheorie

Staatsanalyse untersucht Institutionen, Politikprozesse, Normen => Staatstätigkeitsforschung, Policy-Forschung

Staatstheorie sucht nach Begründungen und Erklärungen für den Staat/Staatlichkeit:

Warum gibt es/braucht man überhaupt einen Staat?

Historische und systematische Erklärungen

Page 8: Staat und Governance

StaatsbegründungTheorien des Gesellschaftsvertrags (Hobbes, Locke) – Denkfigur

Freiwillige Unterwerfung unter den Leviathan, das staatliche Gewaltmonopol

Sicherheit (des Lebens, des Eigentums) als Zweck des Staates, als Legitimation des Staates

Säkulare Begründung des Staates

Page 9: Staat und Governance

Staatsbegründung

Begründung „subjektloser Herrschaft“ (Heide Gerstenberger) – im Unterschied zu personaler feudaler Herrschaft

Feministische Kritik: Staat als sexueller Unterwerfungsvertrag, als persönliche Herrschaft (in der Familie) (Carole Pateman)

Page 10: Staat und Governance

Konjunkturen politischer und

politikwissenschaftlicher Staatsdebatte

1970er Jahre: Sozialdemokratischer Politiktyp: Expansion staatlicher Regulierung

Verzicht auf ein politikwissenschaftliches Staatskonzept => politisches System, Policy-Prozess, politisches Verhalten

Gefahr: Verlust gesamtgesellschaftlicher, herrschaftskritischer Orientierung; Verlust der Weber‘schen Sicht

Page 11: Staat und Governance

Konjunkturen politischer und

politikwisenschaftlicher Staatsanalyse

Seit Mitte 1980er Jahre:„Bringing the state back in“ (Evans/Rueschemeyer/Skocpol 1985)

Staatstheoretische Renaissance (Voigt)Politische Verabschiedung des Staates unter neoliberalen Vorzeichen:

Erosion?Zerfaserung?Rückkehr des Staates: Post-Neoliberalismus?

Page 12: Staat und Governance

Dimensionen der Staatsanalyse

Genese und historische EntwicklungTerritorialstaat/Gewaltstaat (16. Jhd. ff)=>Westfälischer StaatRechtsstaat, Nationalstaat (19. Jhd. ff)Liberaler StaatSozialstaat (20. Jhd.)=>Regulatorischer Staatneoliberaler Staat=>Postmoderner Staat

Page 13: Staat und Governance

Dimensionen der Staatsanalyse

Funktionen/Aufgaben des Staates:Grenzen sichern (Souveränität nach außen)Eigentum sichernAllgemeinwohl herstellenUmverteilung Gleichstellung

Verhältnis von Staat und Gesellschaft: Warum gibt es/braucht es den Staat? => zentrale Frage der Staatstheorie

Page 14: Staat und Governance

Wie lässt sich das Verhältnis von Staat und Gesellschaft erklären?

Politikwissenschaftliche Ansätze

Institutionalismus/Neo-Institutionalismus: Autonomie des Staates (Theda Skocpol)

(Neo-)Marxismus: Antonio Gramsci, Nicos Poulantzas, Bob Jessop

Feminismus und Geschlechterforschung

Page 15: Staat und Governance

Neo-Institutionalismus

Bringing the State Back In (Theda Skocpol)

Abgrenzung vom Behavioralismus und Strukturfunktionalismus

Weberianische Staatssicht (Herrschaft, Gewaltmonopol)

Neuer Institutionenbegriff (staatliche Institutionen sind nicht gegeben, sondern entstehen in Kräftefeld)

These: Es besteht ein Zusammenhang zwischen Gesellschaft und staatlichen Akteuren/Institutionen

Page 16: Staat und Governance

Neo-Institutionalismus

Aber: Keine Determination staatlicher Institutionen durch Gesellschaft

Staat als autonomer Akteur: Politics does matter

Staat als Regierung (enger Staatsbegriff)

Frage nach Staatskapazitäten: Regierbarkeit?

Vergleichende StaatsanalysenHistorische Staatsanalysen

Page 17: Staat und Governance

Staat als Herrschaftsverhältni

s, Neo-MarxismusKeine kohärente Staatstheorie von Marx und Engels

Essential: Totalität sozialer Verhältnisse. Zusammenhang zwischen spezifischer Staatsform (bürgerlicher Staat) und sozialen, ökonomischen Verhältnissen (Widersprüche kapitalistischer Gesellschaften)

Funktion des bürgerlichen Staates als „besonderte“ Institution: Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung des Mehrwerts managen

Page 18: Staat und Governance

Neo-MarxismusStaat als Instrument der herrschenden Klasse, als „geschäftsführender Ausschuss“ des Kapitals

Funktion des bürgerlich-kapitalistischen Staates: Aufrechterhaltung kapitalistischer Verhältnisse

Johannes Agnoli: Aufgabe des Staates ist Bündelung der Interessen der fragmentierten Kapitalisten

Page 19: Staat und Governance

Neo-MarxismusStaat als Funktion ökonomischer Strukturen

Staat als Selektionsmechanismus, als „Filtersystem“ (Claus Offe 1972), das Interessen privilegiert oder negiert

Offes Demokratiekritik: Demokratisches Prozedere dementiert den Klassencharakter des Staates

Page 20: Staat und Governance

Neo-MarxismusAntonio Gramsci (1881-1937):Erweiterter Staatsbegriff/integraler Staat: Staat = Hegemonie gepanzert mit Zwang

Zivilgesellschaft, politische Gesellschaft, Staat im engeren Sinne

Ausarbeitung von Hegemonie (= common sense) in der Zivilgesellschaft

Molekulare Prozesse von Staatlichkeit

Page 21: Staat und Governance

Neo-MarxismusNicos Poulantzas: Staat ist Verdichtung eines Kräfteverhältnisses =

Staat ist die Arena für soziale Dynamiken, Interessen

Staatlicher Verdichtungsprozess ist stets instabil, umkämpfte Kompromisse

Staat partiell autonom von gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen, weil widersprüchlich

Page 22: Staat und Governance

Staat als Gouvernementalität

- FoucaultMichel Foucault (1926-1984):Staatsphobie Mikrophysik der Macht verortet Macht NICHT NUR im Staatsapparat

Staat ist keine besonderte Form, sondern eine spezifische Machtform

Herausbildung des modernen Staates als spezifische Machtform

Page 23: Staat und Governance

Staat als Gouvernementalität

: FoucaultModerner Staat ist neue Form der Macht – jenseits des Staatsapparates (z.B. Ökonomie, z.B. des Ehemanns über Ehefrau)

Vielfältige machtvolle Kräfteverhältnisse, die sich im Staatsapparat kristallisieren

Staatsapparat als Kodifizierungsinstanz von Machtverhältnisse

Wichtig: Staatsdiskurse, die „wahr-sprechen“

Page 24: Staat und Governance

Staat als Gouvernementalität:

Foucault

Gouvernementalität: moderner Staat ist eine neue Regierungsform=>

Selbstregieren, Selbsttechnologie

Staat als Praxis der Subjektkonstitution

Regieren durch Freiheit

Page 25: Staat und Governance

Patriarchatskritik – männlicher Staat

Seit den 1980er JahrenVergeschlechtlichung des vermeintlich neutralen Staates (engendering)

Der Staat hat ein Geschlecht, er ist nicht neutral

Staat als Männerbund:positionale Männlichkeitsubstantielle/systemische Männlichkeit

Page 26: Staat und Governance

Transformation des Staates

Erosion und/oder Ausfransen des Staates?

Ausfransen des Staates: Auseinandersentwickeln von Territorialität und Gewalt

Vom Keynesianischen Wohlfahrtsstaat (Fordismus) zum Schumpeterianischen Workfare-Staat (Post-Fordismus) (Bob Jessop)

Uploading – downloading – lateral loading – offloading (Banazack/Beckwith/Rucht)

Governance versus Government?

Page 27: Staat und Governance

GovernanceNeuartige Entscheidungsmuster auf lokaler (Runde Tische), nationaler und globaler Ebene (UN-Weltkonferenzen, Klimakonferenz, Frauenkonferenz)

Re-Skalierung von EntscheidungskompetenzNationalstaaten sind nicht mehr dominante politische Akteure, sie verloren das Monopol auf Problemdefinition und Problementscheidung

Page 28: Staat und Governance

GovernanceTransformation staatlicher Ordnungs- und Entscheidungsmuster:

Weniger Hierarchie, sondern:Netzwerke (Einbezug von NGOs)Gemeinschaften (Wissen)Wettbewerb/Markt

Neue Ordnungsmechanismen:Verhandeln, Dialog, Bargaining, Benchmarking, Best-Practice

Page 29: Staat und Governance

Governance Public-Private-Partnership Governacne als Konzept, das auf Wandel

des Staates hinweist Problem von Governance: Alte

Herrschaftsformen in neuem Gewand? Governance als „internationalisierter“,

neoliberaler Staat Governance als politische Regulation neo-

liberaler Verhältnisse Zumindest: Governance Umarbeitung von

Staatlichkeit unter neoliberalem Vorzeichen

Gefahr der Informalisierung von Politik