Stadtmarketing in Münster – mehr als Werbung! · der Projektentwicklung ist die ISM- ......

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Stadtmarketing in Münster – mehr als Werbung! 122 Geographische Kommission für Westfalen In Münster standen beim Stadtmarke- ting von Beginn an strategische Fragen der Zukunftsentwicklung im Vorder- grund. In einem kooperativen Prozess wurden ein zukunftsorientiertes Profil entworfen und profilbildende Projekte mit Partnern entwickelt. Ihre Realisie- rung erfolgt in öffentlich-privater Zusammenarbeit. Das Stadtmarketing verfolgt somit in enger Kooperation mit der Stadtentwicklung einen ganzheitli- chen Ansatz, der eine klare strategische Ausrichtung mit hoher Umsetzungsori- entierung verbindet. Institutionalisierung des Stadtmarke- ting: Münster Marketing Im Jahr 2001 wurde das Stadtmarketing institutionalisiert, um Münster im Wett- bewerb der Städte und Regionen zu pro- filieren und zu stärken. Münster Marke- ting ist in zwei Geschäftsbereichen tätig: . Citymanagement und Stadtteilmarke- ting, Veranstaltungsmanagement, Wis- senschaftsbüro, . Tourismus-, Kongressmarketing, Stadtwerbung und Öffentlichkeitsarbeit. Konstitutiv für das Stadtmarketing in Münster sind der kooperative Ansatz und die Arbeit in Netzwerken. Das Stadtmarketing agiert dabei als Modera- tor, knüpft Allianzen, bündelt Kräfte und letztlich auch Geld. Alle Geschäftsfelder von Münster Marketing sind als Netz- werke organisiert. Das Wissenschaftsbü- ro ist beispielsweise „Knoten“ im Netz- werk „Stadt der Wissenschaft“, das City- management moderiert den „Runden Tisch der Innenstadtkaufleute“. Münster Marketing steht darüber hinaus auch für den organisierten Dialog mit den Bürgern, allen gesellschaftlichen Gruppen und nicht zuletzt mit allen, die sich mit Münster verbunden fühlen. Ein wichtiges Dialogformat war der Inte- grierte Stadtentwicklungs- und Stadt- marketingprozess (ISM) in den Jahren 2002 bis 2004, der in den Münsteraner Zukunftsgesprächen fortgesetzt wird. Quo vadis Münster? – Der ISM-Pro- zess Angesichts der erodierenden Funktio- nen Münsters als „Schreibtisch Westfa- lens“ bestand im strategischen Bereich eine wesentliche Aufgabe darin, eine systematische Zukunftsdebatte als „Integrierten Stadtentwicklungs- und Stadtmarketingprozess (ISM)“ zu orga- nisieren. Mit Unterstützung von Profes- sor Heribert Meffert (Institut für Marke- ting der Universität Münster) wurden unter breiter Einbeziehung der Bürger- schaft und vieler gesellschaftlicher Gruppen innerhalb eines Jahres tragfä- hige Zukunftsperspektiven für Münster erarbeitet. Münsters Antwort auf den Struk- turwandel ist ein klares Bekenntnis zur Wissenschaft. Der Kern des Münster- profils besteht aus der besonderen Bil- dungs- und Wissenschaftslandschaft und der ausgezeichneten Lebensquali- tät als „Lebenswerteste Stadt der Welt“ (2004), womit gleichzeitig gute Grundlagen für eine positive Wirt- schaftsentwicklung gegeben sind. Wei- tere Profilanker sind das unverwech- selbare Stadtbild in Kombination mit den besonderen Qualitäten als Han- delszentrum sowie das besondere kul- turelle Klima, in dem auch internatio- nale Spitzenleistungen (z. B. Skulptu- renprojekte) gedeihen. Orientiert an dem Zukunftsprofil „Wissenschaft und Lebensart“ will Münster die Heraus- forderungen des Standortwettbewerbs meistern und in Zukunft als Regional- hauptstadt europäische Wahrnehmung erreichen. „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ Eine wesentliche Stärke des Stadtmar- ketings ist seine hohe Umsetzungsorien- tierung, die allerdings kein Selbstzweck im Sinne einer Aktions- und Werbeori- entierung ist, sondern sich immer als langfristige strategische Arbeit an Stadt- identität und Stadtprofil verstehen muss. Dieser Ansatz soll durch ausgewählte Beispiele aus den einzelnen Geschäfts- feldern illustriert werden (vgl. SPIN- NEN/HAUFF 2006, Stadt Münster – Münster Marketing 2005, 2006). Abb. 1: Ein anderer Blick auf Münster – Wissenschafts- und For- schungseinrichtungen stehen im Mittelpunkt (Quelle: Illustration v. D. HENNING im Auftrag der Technologiepark Münster GmbH, 2000) Gebiet und Identität Naturraum Bevölkerung Siedlung Wirtschaft und Verkehr Bildung und Kultur Gesellschaft und Politik

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Page 1: Stadtmarketing in Münster – mehr als Werbung! · der Projektentwicklung ist die ISM- ... Immobilien- und Standortgemeinschaft Bahnhofsviertel. ... Initiierung der Münsterschen

Stadtmarketing in Münster – mehr als Werbung!

122 Geographische Kommission für Westfalen

In Münster standen beim Stadtmarke-ting von Beginn an strategische Fragender Zukunftsentwicklung im Vorder-grund. In einem kooperativen Prozesswurden ein zukunftsorientiertes Profilentworfen und profilbildende Projektemit Partnern entwickelt. Ihre Realisie-rung erfolgt in öffentlich-privaterZusammenarbeit. Das Stadtmarketingverfolgt somit in enger Kooperation mitder Stadtentwicklung einen ganzheitli-chen Ansatz, der eine klare strategischeAusrichtung mit hoher Umsetzungsori-entierung verbindet.

Institutionalisierung des Stadtmarke-ting: Münster MarketingIm Jahr 2001 wurde das Stadtmarketinginstitutionalisiert, um Münster im Wett-bewerb der Städte und Regionen zu pro-filieren und zu stärken. Münster Marke-ting ist in zwei Geschäftsbereichen tätig: . Citymanagement und Stadtteilmarke-ting, Veranstaltungsmanagement, Wis-senschaftsbüro,. Tourismus-, Kongressmarketing,Stadtwerbung und Öffentlichkeitsarbeit.

Konstitutiv für das Stadtmarketing inMünster sind der kooperative Ansatzund die Arbeit in Netzwerken. DasStadtmarketing agiert dabei als Modera-tor, knüpft Allianzen, bündelt Kräfte undletztlich auch Geld. Alle Geschäftsfeldervon Münster Marketing sind als Netz-werke organisiert. Das Wissenschaftsbü-ro ist beispielsweise „Knoten“ im Netz-werk „Stadt der Wissenschaft“, das City-management moderiert den „RundenTisch der Innenstadtkaufleute“.

Münster Marketing steht darüberhinaus auch für den organisierten Dialogmit den Bürgern, allen gesellschaftlichenGruppen und nicht zuletzt mit allen, diesich mit Münster verbunden fühlen. Einwichtiges Dialogformat war der Inte-grierte Stadtentwicklungs- und Stadt-marketingprozess (ISM) in den Jahren2002 bis 2004, der in den MünsteranerZukunftsgesprächen fortgesetzt wird.

Quo vadis Münster? – Der ISM-Pro-zessAngesichts der erodierenden Funktio-nen Münsters als „Schreibtisch Westfa-lens“ bestand im strategischen Bereich

eine wesentliche Aufgabe darin, einesystematische Zukunftsdebatte als„Integrierten Stadtentwicklungs- undStadtmarketingprozess (ISM)“ zu orga-nisieren. Mit Unterstützung von Profes-sor Heribert Meffert (Institut für Marke-ting der Universität Münster) wurdenunter breiter Einbeziehung der Bürger-schaft und vieler gesellschaftlicherGruppen innerhalb eines Jahres tragfä-hige Zukunftsperspektiven für Münstererarbeitet.

Münsters Antwort auf den Struk-turwandel ist ein klares Bekenntnis zurWissenschaft. Der Kern des Münster-profils besteht aus der besonderen Bil-dungs- und Wissenschaftslandschaftund der ausgezeichneten Lebensquali-tät als „Lebenswerteste Stadt der Welt“(2004), womit gleichzeitig guteGrundlagen für eine positive Wirt-schaftsentwicklung gegeben sind. Wei-tere Profilanker sind das unverwech-selbare Stadtbild in Kombination mitden besonderen Qualitäten als Han-

delszentrum sowie das besondere kul-turelle Klima, in dem auch internatio-nale Spitzenleistungen (z. B. Skulptu-renprojekte) gedeihen. Orientiert andem Zukunftsprofil „Wissenschaft undLebensart“ will Münster die Heraus-forderungen des Standortwettbewerbsmeistern und in Zukunft als Regional-hauptstadt europäische Wahrnehmungerreichen.

„Es gibt nichts Gutes,außer man tut es“Eine wesentliche Stärke des Stadtmar-ketings ist seine hohe Umsetzungsorien-tierung, die allerdings kein Selbstzweckim Sinne einer Aktions- und Werbeori-entierung ist, sondern sich immer alslangfristige strategische Arbeit an Stadt-identität und Stadtprofil verstehen muss.Dieser Ansatz soll durch ausgewählteBeispiele aus den einzelnen Geschäfts-feldern illustriert werden (vgl. SPIN-NEN/HAUFF 2006, Stadt Münster –Münster Marketing 2005, 2006).

Abb. 1: Ein anderer Blick auf Münster – Wissenschafts- und For-schungseinrichtungen stehen im Mittelpunkt(Quelle: Illustration v. D. HENNING im Auftrag der Technologiepark Münster GmbH, 2000)

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Stadtmarketing in Münster

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Citymanagement: „Arbeit am Ge-sicht“Dem Citymanagement kommt in Müns-ter eine wichtige strategische Funktionzu, da die Innenstadt wesentlichesAlleinstellungsmerkmal und gleichzei-tig zentrales Zukunftsfeld ist. Grundlageder Projektentwicklung ist die ISM-Leitorientierung City. Netzwerkpartnersind Kaufleute, Gastronomen, Immobi-lienbesitzer sowie zahlreiche städtischeÄmter. Wichtige Projekte, die als PublicPrivate Partnership finanziert werden,sind: . Einrichtung eines „Runden Tischesder Innenstadtkaufleute und Straßen-sprecher“ mit einem gemeinsam verant-worteten Marketingbudget,. Entwicklung und partnerschaftlicheUmsetzung eines „Masterplans Licht“für die Altstadt,. Initiierung und Unterstützung vonStadtteilmarketingprozessen durch Aus-lobung von Wettbewerben,. Begleitung und Unterstützung derImmobilien- und StandortgemeinschaftBahnhofsviertel.

Veranstaltungsmanagement: Stadt-raum inszenieren und Geschichteerlebbar machen Im „Veranstaltungsmanagement“ wer-den profilbildende Veranstaltungen ent-wickelt, unterstützt und durchgeführt,die sich an den Stärken Münsters undden Zielen des ISM-Prozesses orientie-ren. Exemplarisch zeigen dies folgendeVeranstaltungen:. Mit der Veranstaltungsreihe „Westfäli-scher Frieden – gestern.heute.morgen“interpretiert Münster seine herausragen-de historische Rolle als dauerhaftenAuftrag für humanitäres und friedenssi-cherndes Handeln.. Die „Hansetafel“ als Geste der Gast-freundlichkeit verbindet die Hansege-schichte Münsters mit seiner heutigenStärke als Einkaufstadt.. Mit der Veranstaltung „Schauraum –Das Fest der Museen und Galerien“wird die Innenstadt bereits seit 1999zum „Schaufenster“ für Kunst, Kulturund Lebensart. . Die Veranstaltungen im Rahmen von„COOLisse“ erschlossen die Innenstadtbesonders für „Kids“ und führten zur

Einrichtung einer dauerhaften Kurzzeit-betreuung für Kinder.

Wissenschaftsbüro: Netzwerkknotenund KooperationsmanagementEine Stadt, die ihre Zukunft auf Wissen-schaft und Lebensart aufbaut, darf ihreBeziehungen zu den Hochschulen nichtdem Zufall überlassen. Daher fungiertdas „Wissenschaftsbüro“ als zentraleAnlaufstelle für Hochschulen und wis-senschaftliche Einrichtungen. Arbeits-schwerpunkte und mit Partnern reali-sierte Projekte sind: . Aufbau und Ausbau des Netzwerkes„Stadt der Wissenschaft“ (z. B. Vorbe-reitung einer „Konzertierten AktionWissenschaftsstadt Münster“),. Positionierung und Profilierung derWissenschaftsstadt nach innen undaußen (z. B. Präsentation des Netzwerksauf dem NRW-Tag 2006 mit dem The-ma „In Münster dreht sich die Welt umdie Wissenschaft“),. Verankerung des Themas Wissen-schaft in der Stadtgesellschaft (z. B.Präsentation der Wissenschaftsschiffeim Hafen, Initiierung der MünsterschenSicherheitsgespräche).

Stadtwerbung: Profilbildung durchKommunikationDie Stadtwerbung entwickelt Kommu-nikations- und Werbestrategien für eige-ne Projekte und für Kooperationspro-jekte. Einen bisher in Deutschland ein-zigartigen Ansatz stellt beispielsweisedas Projekt „ElternAlarm“ dar (Abb. 2).Wer die Wissenschaft in der Stadt zumZukunftspotenzial erklärt, muss sichauch um die 50 000 Studierenden undihre Angehörigen kümmern. Das Pro-jekt wird getragen von den acht mün-sterschen Hochschulen, einer Lokalzei-tung und Münster Marketing, diegemeinsam die Eltern der Studierendennach Münster einladen.

Tourismusmarketing – Nutzung derPotenziale als Tourismus- und Kon-gressdestination Das Tourismusmarketing arbeitet in kon-sequenter Netzwerkarbeit mit der Hotel-lerie, der Gastronomie, dem FlughafenMünster-Osnabrück, der Halle Münster-land und den Hochschulen zusammen.

Der Schwerpunkt liegt in der Verbesse-rung der Serviceorientierung sowie derBearbeitung ausländischer Quellmärkte.Ein wichtiges Schlüsselprojekt sind dieGründung der Kongressinitiative und dieEinrichtung des Kongressbüros, dasMünster verstärkt als Veranstaltungsortwissenschaftlicher Kongresse positionie-ren wird.

Münster ist mit seinem Stadt- undTourismusmarketing nicht nur fürMünster selber aktiv, sondern auch Part-ner für das Münsterland. Aufgrund derregionalspezifischen Themen (z. B.Fahrradtourismus, Pferderegion) ist esnahe liegend, dass die touristische Ver-marktung in großen Teilen gemeinsammit dem Münsterland im Sinne einesRegionalmarketings erfolgt.

Herausforderungen und PerspektivenStadtmarketing in Münster setzt mitganzheitlicher Ausrichtung und öffent-lich-privaten Partnerschaften auf lang-fristige Arbeit an der Stadtidentität undam Stadtprofil statt auf kurzfristige undaustauschbare Events. Wie eine aktuelleWürdigung des Münsteraner Ansatzesdurch das Deutsche Institut für Urbanis-tik und die Prämierung des Projektes„Eltern-Alarm“ beim Wettbewerb„Land der Ideen“ beispielhaft zeigen, istdas Stadtmarketing in Münster damitauf einem guten Weg. Die Herausforde-rungen des Standortwettbewerbs wer-den weiterhin verstärkte Anstrengungenerfordern, um Münster als Stadt desWissens und der Bildung mit einerbesonderen Lebensart zu entwickelnund zu profilieren.

THOMAS HAUFF,BERNADETTE SPINNEN

Abb. 2: Sieger-Logo zum studen-tischen Design-Wettbewerb„ElternAlarm 2005“(Quelle: Design von S. AVERBECK nachwww.elternalarm.de/logo/html)

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