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2/2013 GEORDNETES STAMMDATENMANAGEMENT: DIE MDM-STEUERUNG MITHIL- FE EINES ORDNUNGSRAHMENS VEREINFACHEN legenden Geschäftsobjekten: den Stamm- daten. Die Analysten von BARC stellen fest: „Mehr als die Hälfte aller IT-Experten sieht in der Datenqualität […] die größten Herausforderungen“ (vgl. [BAR11], S. 28). Weiter heißt es dort, dass „75 % der Teilnehmer im Stammdatenmanagement (Master Data Management) den wichtig- sten Trend für ihr Unternehmen sehen“ (vgl. [BAR11], S. 35). Begriffsbildung Im allgemeinen IT-Sprachgebrauch besteht ein gemeinsames Grundverständnis zu Master Data (bzw. Stammdaten) und zu deren Bedeutung für das Unternehmen und die beteiligten IT-Systeme. Sämtlichen Geschäftsaktivitäten eines Unternehmens und deren Geschäftsprozessen liegen Stammdaten zu Grunde. Stammdaten beschreiben die grundlegenden Geschäfts- objekte eines Unternehmens und stellen somit das virtuelle Kapital eines Unter- nehmens dar (vgl. [Los09]). In seinem Vortrag auf dem 7. Stuttgarter Software- technik Forum im September 2011 forder- te Prof. Dieter Spath sogar, dass Infor- mationen und daher auch die Stammdaten als Asset, ähnlich den Anlagen und Maschinen in einem Unternehmen, aufge- fasst werden sollen und somit einem Asset- Management unterliegen (vgl. [Spa11]) müssten. Das Stammdatenmanagement organisiert den Umgang mit den Stamm- daten, die jedes Unternehmen zur Durch- führung seiner Geschäftsprozesse benötigt. In der Literatur findet man eine Vielzahl von Definitionen für Stammdaten und für deren Management (vgl. [Ber11], [Dre08], [Ott09], [Los09]). In diesem Artikel ver- wende ich die folgende Definition: Stammdatenmanagement (synonym: Master Data Management (MDM)) ist das Management zur Sicherstellung der Stammdatenqualität. Es verfolgt den Die Planung und Implementierung des Stammdatenmanagements erfolgt zumeist in einem unternehmensweiten Kontext. Hierfür müssen Unternehmen die Geschäftsprozesse und IT- Systeme hinsichtlich der veränderten Verwendung der Stammdaten anpassen. Ferner müssen die Initiativen und Projekte des Stammdatenmanagements selbst durch ein Führungssystem überwacht und gesteuert werden. Letztendlich bettet sich die Strategie für das Stammdaten- management in die generelle Unternehmensstrategie ein und trägt so mittelbar zu einer Verbesserung der Wertschöpfung bei. Die Einführung eines Stammdatenmanagements und der nachhaltige Betrieb bedingen somit eine Transformation der bisherigen Arbeitsabläufe und meist auch der Zuständigkeiten. Der Artikel stellt einen Ordnungsrahmen für die Strukturie- rung des Stammdatenmanagements vor. mehr zum thema: opitz-consulting.com/mdm opitz-consulting.com/bpm Unterschiedliche Datenstrukturen und -formate bei Stammdaten. Unterschiedliche Ausprägungen und divergentes Verständnis bezüglich der Stammdatenwerte in den beteiligten Organisationseinheiten. Unterschiedliche Validierungen und Plausibilitäten (Datenqualität). Unterschiedliche Prozesse und Zustän- digkeit bezüglich der Datenhoheit. Unterschiedliche Geschäftsprozesse mit teilweise widersprüchlicher Funktio- nalität in den Anwendungssystemen. Unterschiedliche Organisationseinhei- ten mit verschiedenen Systemen zur Pflege der Stammdaten. Zahlreiche Beispiele belegen diese Heraus- forderung: angefangen bei kleineren Fehlern, die eher amüsant oder ärgerlich sind, wie etwa Werbung für Brustimplantate an männ- liche Adressaten, bis hin zu schwerwiegen- den Fehlern aus der Datenqualität, wie etwa Aktienverkäufe zu falschen Preisen oder die Übermittlung technischer Werte mit falschen Referenzdaten (Inches vs. Zentimeter). Meist aber werden die Herausforderungen der Datenqualität „nur“ durch höhere Prozess- kosten deutlich – aufgrund der Notwen- digkeit von umfangreichen, meist manuellen Datenkorrekturen. Als Ergebnis dieser Arbeitsweise entste- hen inkonsistente Informationen zu grund- Zunehmender Wettbewerbsdruck erfordert in immer kürzer werdenden Zyklen Anpassungen der Geschäftsmodelle und der unterstützenden Geschäftsprozesse. Gleichzeitig wird durch die Globalisierung und digitale Vernetzung der Unternehmen die Interaktion mit externen Geschäfts- partnern immer komplexer. Ein verläss- licher Informationenaustauch mit qualita- tiv hochwertigen Daten wird entscheidend, um Effizienzsteigerungen in Prozessen zu ermöglichen. Hieraus ergibt sich die zen- trale Fragestellung nach der Qualität der Information und somit nach deren Ver- lässlichkeit in Transaktionen, Auswer- tungen und Berichten. Sobald ein Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, eine konsistente und konsolidierte Sicht auf seine zentralen Geschäftsobjekte zu liefern, ist es sinnvoll, einen unternehmensweiten Ansatz für die zentrale Stammdaten- verwaltung (Master Data Management, MDM) zu implementieren. Leider können die IT-Systeme in vielen Unternehmen heute dem raschen Wandel bei Organisation, Geschäftsmodellen und sogar Technologie nicht folgen, sodass auf der Unternehmensseite ein Flechtwerk an Systemen mit den bekannten Integrations- problemen besteht und wächst. Diese Heterogenität bedingt eine Vielzahl an Herausforderungen bei der Nutzung der Stammdaten: fachartikel Rolf Scheuch ([email protected]) ist Chief Strategy Officer bei der Firma Opitz Consulting. Darüber hinaus ist er als Management- Coach tätig und in Bereichen wie BPM, SOA oder Business-Information-Management als Autor diver- ser Bücher und Publikationen bekannt. der autor

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GEORDNETES

STAMMDATENMANAGEMENT:

DIE MDM-STEUERUNG MITHIL-

FE EINES ORDNUNGSRAHMENS

VEREINFACHEN

legenden Geschäftsobjekten: den Stamm -daten. Die Analysten von BARC stellenfest: „Mehr als die Hälfte aller IT-Expertensieht in der Datenqualität […] die größtenHerausforderungen“ (vgl. [BAR11], S. 28).Weiter heißt es dort, dass „75 % derTeilnehmer im Stammdaten management(Master Data Management) den wichtig-sten Trend für ihr Unternehmen sehen“(vgl. [BAR11], S. 35).

BegriffsbildungIm allgemeinen IT-Sprachgebrauch bestehtein gemeinsames Grundverständnis zuMaster Data (bzw. Stammdaten) und zuderen Bedeutung für das Unternehmen unddie beteiligten IT-Systeme. SämtlichenGeschäftsaktivitäten eines Unternehmensund deren Geschäftsprozessen liegenStammdaten zu Grunde. Stammdatenbeschreiben die grundlegenden Geschäfts -objekte eines Unternehmens und stellensomit das virtuelle Kapital eines Unter -nehmens dar (vgl. [Los09]). In seinemVortrag auf dem 7. Stuttgarter Software -technik Forum im September 2011 forder-te Prof. Dieter Spath sogar, dass Infor -mationen und daher auch die Stammdatenals Asset, ähnlich den Anlagen undMaschinen in einem Unternehmen, aufge-fasst werden sollen und somit einem Asset-Management unterliegen (vgl. [Spa11])müssten. Das Stammdatenmanagementorganisiert den Umgang mit den Stamm -daten, die jedes Unternehmen zur Durch -führung seiner Geschäftsprozesse benötigt.

In der Literatur findet man eine Vielzahlvon Definitionen für Stammdaten und fürderen Management (vgl. [Ber11], [Dre08],[Ott09], [Los09]). In diesem Artikel ver-wende ich die folgende Definition:

Stammdatenmanagement (synonym:Master Data Management (MDM)) ist dasManagement zur Sicherstellung derStamm datenqualität. Es verfolgt den

Die Planung und Implementierung des Stammdatenmanagements erfolgt zumeist in einemunternehmensweiten Kontext. Hierfür müssen Unternehmen die Geschäftsprozesse und IT-Systeme hinsichtlich der veränderten Verwendung der Stammdaten anpassen. Ferner müssendie Initiativen und Projekte des Stammdatenmanagements selbst durch ein Führungssystemüberwacht und gesteuert werden. Letztendlich bettet sich die Strategie für das Stammdaten -management in die generelle Unternehmensstrategie ein und trägt so mittelbar zu einerVerbesserung der Wertschöpfung bei. Die Einführung eines Stammdatenmanagements undder nachhaltige Betrieb bedingen somit eine Transformation der bisherigen Arbeitsabläufe undmeist auch der Zuständigkeiten. Der Artikel stellt einen Ordnungsrahmen für die Struktu rie -rung des Stammdatenmanagements vor.

m e h r z u m t h e m a :opitz-consulting.com/mdmopitz-consulting.com/bpm

■ Unterschiedliche Datenstrukturen und-formate bei Stammdaten.

■ Unterschiedliche Ausprägungen unddivergentes Verständnis bezüglich derStammdatenwerte in den beteiligtenOrganisationseinheiten.

■ Unterschiedliche Validierungen undPlau si bilitäten (Datenqualität).

■ Unterschiedliche Prozesse und Zustän -digkeit bezüglich der Datenhoheit.

■ Unterschiedliche Geschäftsprozesse mitteilweise widersprüchlicher Funktio -nalität in den Anwendungssystemen.

■ Unterschiedliche Organisations einhei -ten mit verschiedenen Systemen zurPflege der Stammdaten.

Zahlreiche Beispiele belegen diese Heraus -forderung: angefangen bei kleineren Fehlern,die eher amüsant oder ärgerlich sind, wieetwa Werbung für Brust implantate an männ-liche Adressaten, bis hin zu schwerwiegen-den Fehlern aus der Datenqualität, wie etwaAktienverkäufe zu falschen Preisen oder dieÜbermittlung technischer Werte mit falschenReferenz daten (Inches vs. Zentimeter). Meistaber werden die Herausforderungen derDaten qualität „nur“ durch höhere Prozess -kosten deutlich – aufgrund der Notwen -digkeit von umfangreichen, meist manuellenDaten korrekturen.

Als Ergebnis dieser Arbeitsweise entste-hen inkonsistente Informationen zu grund-

Zunehmender Wettbewerbsdruck erfordertin immer kürzer werdenden ZyklenAnpassungen der Geschäftsmodelle undder unterstützenden Geschäftsprozesse.Gleichzeitig wird durch die Globalisierungund digitale Vernetzung der Unternehmendie Interaktion mit externen Geschäfts -partnern immer komplexer. Ein verläss-licher Informationenaustauch mit qualita-tiv hochwertigen Daten wird entscheidend,um Effizienzsteigerungen in Prozessen zuermöglichen. Hieraus ergibt sich die zen-trale Fragestellung nach der Qualität derInformation und somit nach deren Ver -lässlichkeit in Transaktionen, Auswer -tungen und Berichten. Sobald einUnternehmen nicht mehr in der Lage ist,eine konsistente und konsolidierte Sicht aufseine zentralen Geschäftsobjekte zu liefern,ist es sinnvoll, einen unternehmensweitenAnsatz für die zentrale Stammdaten -verwaltung (Master Data Management,MDM) zu implementieren.

Leider können die IT-Systeme in vielenUnternehmen heute dem raschen Wandelbei Organisation, Geschäftsmodellen undsogar Technologie nicht folgen, sodass aufder Unternehmensseite ein Flechtwerk anSystemen mit den bekannten Integration s -problemen besteht und wächst. DieseHeterogenität bedingt eine Vielzahl anHerausforderungen bei der Nutzung derStammdaten:

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Rolf Scheuch

([email protected])

ist Chief Strategy Officer bei der Firma Opitz

Consulting. Darüber hinaus ist er als Management-

Coach tätig und in Bereichen wie BPM, SOA oder

Business-Information-Management als Autor diver-

ser Bücher und Publikationen bekannt.

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Zweck, die Eignung der Stammdaten -objekte bei ihrer Verwendung in allen wert-schöpfenden Prozessen des Unternehmenssicherzustellen. MDM beinhaltet alle hier-zu notwendigen operativen und steuerndenProzesse, die eine qualitätsgesicherte Defi -ni tion herbeiführen oder die Pflege undVerwaltung der Stammdatenobjekte sicher-stellen. Zudem stellt MDM die IT-Komponenten zur Abbildung dieser Prozes se. Somit nimmt MDM eine unter -stützende Rolle bei der Wertschöpfung einund der Beitrag zur Verbesserung derWertschöpfung durch MDM erfolgt impli-zit aus zwei Richtungen:

■ Das Datenqualitätsmanagement ver-bessert die Qualität der Stammdatenkontinuierlich und optimiert somit denWert der Information.

■ Durch die Nutzbarkeit der Stamm -datenobjekte in allen Kernprozessenverbessert sich auch die Wertschöpfungin den optimierten Kernprozessen.

Stammdatenobjekte sind offizielle undgrundlegende Geschäftsobjekte im Unter -nehmen, die in den wertschöpfenden Pro -zessen verwendet werden. Ein Stamm -datenobjekt wird durch seine Struktur(Bauplan), seine Anforderungen an dieDatenqualität (Validierungen, erlaubteWerte innerhalb der Struktur usw.) unddurch sein Verhalten definiert.

Spricht man mit Anwendern, so haltendiese oftmals die Referenzdaten (Werte -listen, List-of-Values) für die eigentlichenStammdaten des Unternehmens. Ein typi-sches Beispiel sind standardisierte Werte -listen wie ISO-Country-Codes bzw. ISO-Currency-Codes. Die Stammdaten nutzendiese als Grundlage bei der Bildung vonGruppierungen, Hierarchien und Klassi -fika tionen. Stammdaten werden in diesemArtikel als die Ausprägung der Stamm -datenobjekte verstanden, zu denen auch dieReferenzdaten gehören.

Das Geschäftsobjekt „Rechnung“ ist inder Regel kein Kandidat für ein Stamm -datenobjekt, weil es einige notwendigeEigen schaften nicht ausreichend erfüllt:Zum einen ist die Rechnung in ihrerExistenz abhängig von anderen Geschäfts -objekten (Kunde, Produkte etc.) und zumanderen ist die Relevanz im Wert -schöpfungsprozess gering, da die Rechnungnur punktuell als Abschluss der abrechen-baren Leistung in Erscheinung tritt. Jedochverändert sich diese Sichtweise, falls das

Unternehmen sich beispielsweise auf For -derungsmanagement spezialisiert hat. Nunwird die Rechnung plötzlich zum zentralenObjekt der Wertschöpfung. Unterschied -liche Branchen und Geschäftsmodellebewerten die Geschäftsobjekte naturgemäßanders. Eine Autovermietung betrachtetden Mietwagen als entscheidendes Produktfür die Wertschöpfung – von der Be -schaffung des Wagens bis hin zur Rech -nungsstellung. Sie wird den Wagen daherals Stammdatenobjekt ansehen. Dagegenist der Dienstwagen in einer Firma mitanderem Geschäftszweck nur ein Ver -mögenswert und damit für die Wert -schöpfung nicht relevant. Das Fahrzeugerscheint dort allenfalls als Ausprägung desAttributs „Firmenwagen“ im Stamm -datenobjekt „Mitarbeiter“ und eventuellals Teil des Segments „Vergütung“. Ineinem Logistik-Unternehmen wiederumstellt jeder Lastkraftwagen ein rollendesLager und Produktionsmittel dar und istsomit ein Kandidat für ein Stamm daten -objekt.

OrdnungsrahmenDie MDM-Implementierung erfolgt gemäßder Definition in einem unternehmenswei-ten Kontext. Hierzu überdenken Unter -nehmen ihre Geschäftsprozesse und IT-Systeme hinsichtlich der verändertenVerwendung der Stammdaten. Ferner wer-den die MDM-Initiativen und -Projekteselbst durch ein Führungssystem über-wacht und gesteuert. Letztlich bettet sichdie Strategie für das MDM in die generelleUnternehmensstrategie ein und trägt somittelbar zu einer Verbesserung der Wert -schöpfung bei.

Im angelsächsischen Raum entwickeltesich das MDM zumeist aus dem Vertriebs-und Marketing-Umfeld mit einer ge -wünschten 360-Grad-Sicht auf den Kundenmit dem Ziel, zusätzliches Verkaufs -potenzial zu erkennen und Maßnahmenzur Verbesserung der Kundenzufriedenheitgezielter einzuleiten. In Deutschlandkommt das MDM eher aus dem Kontextdes Produkt-Lebenszyklus-Managementsvor dem Hintergrund, dieses zu beschleuni-gen und es effizienter und transparenter zugestalten. Ein spezifisches und absolut IT-lastiges Beispiel ist das Identity Manage -ment (IdM), mit dem Administratoren dieBenutzer der unterschiedlichen IT-Systemeeindeutig identifizieren und dessen Eigen -schaften sie verwalten. IdM soll die IT-

Sicherheit erhöhen und ein effizienteresProfiling der Benutzerrechte erleichtern.

In der Regel sollte MDM kein Projektsein, das die IT initiiert und durchführt,sondern ein Vorhaben des Fachbereichs.Der Begriff „Vorhaben“ meint in diesemZusammenhang die Generalisierung dermöglichen organisatorischen Vorgehens -weisen beim MDM. Je nach Größe undKomplexität kann es als Projekt, Pro -gramm oder durch organisatorischeRichtlinien umgesetzt werden. Die IT lie-fert Infrastruktur und Anwendungen undwirkt am Vorhaben mit, die Steuerung undInitiierung übernimmt jedoch der Fach -bereich.

Generell dienen Ordnungsrahmen zurStrukturierung und Kommunikation vonkomplexen Zusammenhängen. Der hiervorgestellte Ordnungsrahmen strukturiertdie wesentlichen MDM-Elemente unddient in der Folge als Rahmen für dieVorgehensweise. Die folgenden Ausfüh -rungen basieren auf dem Konzept des„Business Engineering“, einem am Institutfür Wirtschaftsinformatik der UniversitätSt. Gallen entwickelten Ansatz zurGestaltung von Geschäftstransforma -tionen, die auf dem strategischen Einsatzvon IT-Systemen basieren. „Kernaussagedes Business Engineering ist, dass solcheGeschäftstransformationen auf drei ver-schiedenen Betrachtungsebenen zu gestal-ten sind, nämlich auf Strategieebene, aufEbene der Organisation und der Geschäfts -prozesse sowie auf Systemebene“ (vgl.[Ott09] und [Öst03]). Die Ausgestaltungdieser Bereiche ist für die erfolgreicheDurchführung einer Geschäftstransfor ma -tion im Allgemeinen und somit auch imRahmen der Planung und Durchführungdes Stammdatenmanagements notwendig. In diesem Artikel erweitere ich den Ord -nungsrahmen um den Gestaltungsbereichder Stammdaten, weil die Normierung, diegemeinsame Semantik und ein abgestimm-tes Regelwerk für die Sicherung derStammdatenqualität für das Gelingen desVorhabens wichtig sind und dieses übereinen eigenständigen Gestaltungsbereichdokumentiert wird (siehe Abbildung 1).

StrategieBei der Kommunikation und Steuerung vonzumeist mittel- oder langfristigen Vorhabenmit organisatorischen Veränderungen wer-den die Instrumente der Visions- undStrategieformulierung eingesetzt. Das ein-gesetzte Team entwirft für die Organisation

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OrganisationMDM ist ein Querschnittsthema im Unter -nehmen – daher sind Tätigkeiten, Prozesse,Funktionalität und Strukturen des MDMüber die unterschiedlichen Geschäfts -bereiche eines Unternehmens hinweg zukoordinieren. Um das zu erreichen benötigtdas MDM ein eigenes Führungssystemsowie eine spezifische Ablauf- und Auf -bauorganisation, um nachhaltig den Erfolgzu sichern. Ferner werden durch die Ver -folgung der Ziele auch Anpassungen an derAblauf- und Aufbauorganisation der ope-rativen Unternehmenseinheiten nötig.Grundlage der Gestaltung der Ablauf- undAufbauorganisation – sowohl für dasMDM selbst als auch für die operativenUnternehmenseinheiten – sind die Anfor -derungen, die in der Funktionsarchitekturfestgehalten werden.

Das MDM-Führungssystem operationa-lisiert die Strategievorgaben. Neben denSteuerungs- und Kontrollaufgaben be -stimmt das Führungssystem die Ausgangs -situation vor der Etablierung des MDM,legt die Prozesse und die Organisation festund trifft die Zuordnung der Kennzahlenzu den relevanten Geschäftsprozessen undden Aspekten der Datenqualität.

Die Standards und Vorgaben im Umgangmit Stammdaten müssen in operative undwiederkehrende Arbeitsabläufe im Unter -nehmen eingebettet werden. Das betrifftdie operativen Kernprozesse und derenAktivitäten, die Anwender im Rahmenihrer Linienfunktion bzw. Rollen durchfüh-ren. Ferner müssen MDM-spezifische,

Dieser Managementprozess für das MDMsteuert und überwacht das Vorhaben be -züglich der Verfolgung der Strategie undsomit der gesetzten Ziele.

und das Management ein Leitbild (Vision)für das MDM. Dieses Leitbild vermitteltden Zweck des MDM, motiviert die Ver -änderung, skizziert die Ziele und beschreibtLeitlinien für Handlungen. Hierbei istsicherzustellen, dass das MDM-Leitbildnicht im Widerspruch zu den etabliertenUnternehmenszielen steht.

Aus der Vision erfolgt das Opera -tionalisieren auf einer abstrakten Ebene,indem eine Strategie mit Initiativen für dasMDM formuliert wird. Die Strategie legtdie Aktivitätsfelder fest und spiegelt dieWünsche sowie Wertvorstellungen derbestimmten Entscheidungsträger wider. InVerbindung mit der Vision beschreibt dieStrategie die Erwartungen an einen mög-lichen zukünftigen Zustand. Letztlich ent-wickelt das verantwortliche Team imRahmen der Strategie eine Roadmap inklu-sive Meilensteine und hält Initiativen fürein begleitendes Veränderungsmanagementfest.

Die in Tabelle 1 zusammengefassten Er -geb nisse der Ebene Strategie werden an dasFührungssystem für das MDM übergeben.

Abb. 1: Ordnungsrahmen für das Stammdatenmanagement (MDM).

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Ergebnis Aufgabe

Vision und Leitlinien Formulierung einer gemeinsam im Unternehmen

abgestimmten und durch die Stakeholder getragenen Vision

und Leitlinien für das MDM-Vorhaben.

Strategie und Initiativen Ausarbeitung einer durch Initiativen formulierten Strategie.

KPIs Aufbau eines Kennzahlensystems für das MDM.

Veränderungsmanagement Erstellung eines Vorgehens zur Kommunikation des MDM

und den notwendigen begleitenden Change-Management-

Maßnahmen.

Roadmap Erstellung der grundlegenden Roadmap für das Vorhaben

mit den grundlegenden Meilensteinen.

Governance Implementierung eines MDM-Boards zur Abstimmung und

Klärung strittiger Punkte und zum permanenten Abgleich

mit anderen strategischen Initiativen und Programmen im

Unternehmen.

Tabelle 1: Ergebnisse der Strategie.

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admi nistrative Prozesse sowie die Gover -nance implementiert werden, um die Funk -tionsfähigkeit und Verbesserung des MDMsicherzustellen.

Grundlage der Prozesse ist eine adäquateAufbauorganisation. Die Mitarbeiter wer-den entsprechend ihren Rollen in denProzessen disziplinarisch in die Aufbau -organisation eingebunden. Das kann inihrer ursprünglichen Linienfunktion oderin einer fachlichen Berichtslinie, etwa inForm eine Matrix-Organisation, erfolgen.Die Funktionsarchitektur strukturiert diefachlichen Anforderungen an das MDM

und dient als Grundlage für Architektur -entscheidungen und Planung der benötig-ten Prozesse und IT-Komponenten desMDM. Tabelle 2 fasst die Ergebnisse derOrganisation zusammen.

ArchitekturUm die MDM-Implementierung zu vertret-baren operativen Kosten zu ermöglichen,benötigt man eine IT-Unterstützung derProzesse. Diese bezieht sich zum einen aufdie eher manuellen Prozesse des MDMselbst (insbesondere die Arbeit der sogenannten Data Stewards bei der Sicherung

der Datenqualität), zum anderen auch aufdie automatisierten Prozesse der Datenauf -bereitung und -verteilung. Hierzu sind eineklare Systemarchitektur sowie die Transpa -renz der Auswirkungen und Interdepen -denzen der Systeme untereinander notwen-dig. Die Systemarchitektur für das MDMbe schreibt sowohl die Ist-Situation als auchdie geplante Soll-Architektur. Folgt manden Enterprise-Architektur-Ansätzen (vgl.[Stä09]), sind folgende Ergebnisse für dasMDM notwendig:

■ IT-Bebauungsplan mit Schwerpunktauf der Infrastruktur.

■ Landkarte der Stammdaten mit Daten -modellen und -haltung.

■ Übersicht der Datenflüsse mit den be -nötigten Transformationen (DataLineage).

■ Prozesslandkarte der operativen Pro -zesse, die das MDM berühren.

■ Benötigte IT-Anwendungssysteme zurUnterstützung des MDM.

Dieser Gestaltungsbereich umfasst die Anwen dungsarchitektur mit den notwendi-gen MDM-spezifischen Systemen, dieunterstützenden IT-Komponenten, die Inte -gra tionsarchitektur für die Stammdaten -logis tik und die grundlegende System infra -struktur. Das MDM-Team prüft dieAnwendungssysteme auf die Verwendungvon Stammdaten, untersucht die Kandi -daten und prüft und bewertet diese mitgeeigneten Kriterien hinsichtlich der Bereit -stellung der Funktionalität. Die Anwen -dungs- und auch Integrationskomponentenbasieren auf einer Infrastruktur-Plattform,die das beauftragte Team bei derInfrastrukturarchitektur gesondert betrach-tet. Tabelle 3 fasst die Ergebnisse der Archi -tektur zusammen:

StammdatenDie Datenarchitektur beschreibt dieStamm datenstrukturen, deren Assozia tio -nen, Attribute, Verhalten und Vali -dierungsregeln. Die Bedeutung von Datenund Metadaten des MDM erfordert derenVerankerung als Gestaltungsbereich imOrdnungsrahmen. Die Modelle der Daten -architektur unterstützen die übrigen Ge -stal tungsbereiche, die in Abbildung 1 aufder rechten Seite dargestellt sind:

■ Auf der strategischen Ebene werden diezu betrachtenden Geschäftsobjekte undAnwendungsdomänen festgehalten und

Ergebnis Aufgabe

Baseline Als Grundlage der Messung des Erfolgs und zur Planung der

Maßnahmen (Soll/Ist-Vergleich) wird eine Baseline für das MDM

formuliert. Diese beschreibt die Ausgangslage und bildet die Grundlage

zur Messung des Fortschritts (initiale Kennzahlen). Ferner dient sie als

Basis von Impact-Analysen zur Planung von Maßnahmen.

Führungssystem Definition und Implementierung der Organisation, Rollen und Prozesse

für die Steuerung des MDM.

Governance Implementierung des MDM-Boards für die Abstimmung/Abgrenzung

des MDM mit bestehenden IT-Initiativen und der IT-Governance.

Organisation Beschreibung der notwendigen Rollen, Strukturen und Verantwort-

lichkeiten im Rahmen des MDM-Programms bezüglich der Auswirkungen

auf operative Prozesse und spezifische MDM-Prozesse.

Prozesse Erarbeitung einer Prozessarchitektur inklusive der Veränderung bei den

bestehenden Prozessen durch die MDM-Aktivitäten.

Anforderungen Spezifikation der fachlichen Anforderungen an das MDM in einer

Funktionsarchitektur, inklusive der Funktionsbeschreibung der MDM-

Aktivitäten und deren Auswirkung auf die Organisation.

Tabelle 2: Ergebnisse der Organisation.

Ergebnis Aufgabe

Anwendungsarchitektur Übersicht über betroffene Anwendungssysteme und Bewertung

der Funktionalität hinsichtlich der Erweiterungen/

Veränderungen für das MDM.

Datenhaltung Übersicht über Datenquellen und deren Infrastruktur sowie die

notwendige Architektur der Datenhaltung im MDM.

Input: Informationsarchitektur der IT-Ebene.

Integrationsarchitektur Übersicht über Funktionalität und Systeme zur

Implementierung der Stammdatenlogistik sowie Festlegung

auf die Systemarchitektur.

Infrastruktur Übersicht über betroffene IT-Infrastrukturen und die geplante

Infrastruktur sowie Festlegung auf die Systemarchitektur.

Tabelle 3: Ergebnisse der Architektur.

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Kandidaten für die Stammdaten festge-legt.

■ Auf der organisatorischen Ebene be -schreibt das Informationsmodell dieorganisatorischen Zusammenhänge.Die operativen Prozesse verwendenStammdatenobjekte und deren Attri -bute, sodass diese Abhängigkeiten fest-gehalten werden. Ferner hält dasInformationsmodell auch die Regelnfür Stammdatenvalidierung und -quali-tätskriterien verbindlich fest. Auf derOrganisationsseite ist für das Daten -qualitätsmanagement (DQM) eineorganisatorische Zuständigkeit bzw.Ver ant wortung für Stammdatenseg -mente nötig.

■ Auf der IT-Ebene beschreibt das Infor -mationsmodell die den Stammdaten zuGrund liegenden physischen Daten -modelle. Hierzu gehört ebenfalls – inVerbindung mit der Integrations archi -tektur – die Beschreibung der Daten -trans formations- und Datenvertei -lungs prozesse. Tabelle 4 fasst dieEr geb nisse der Stammdaten zusammen.

Die Rolle von MDM imUnternehmenMDM bildet das Fundament für wesentli-che unternehmensweite Initiativen der ITund der Fachbereiche. Auf der anderenSeite partizipiert es an den Ergebnissen undAnsätzen der benachbarten Initiativen: Soliefert MDM als Querschnittsfunktion ver-lässliche, konsistente und vollständige

Daten zu den Stammdatenobjekten bzw.eine abgestimmte und gesicherte Semantikzu den Stammdatenobjekten. Damit unter-stützt es eine Vielzahl unterschiedlicherInitiativen, deren Ziele wiederum verschie-dene Geschäftstreiber voranbringen. Aufdiese Weise wirkt sich MDM mittelbarpositiv auf die Wertschöpfung aus.

Zum Erreichen von Synergien und zurVermeidung von Ineffizienz sollten dieMDM-Verantwortlichen sich bei der Pla -nung und Durchführung von Maßnahmenmit den bestehenden Initiativen abstimmenund neben den organisatorischen auchtechnische Rahmenbedingungen der Ini -

tiativen berücksichtigen. Abbildung 2 zeigteinige typische Initiativen, die durch MDMfundamental unterstützt werden. In[Scheu12] erfolgt eine genaue Unter -suchung des Nutzens und der Grenzen vonMDM und seines Abstimmungsbedarfs mitden geschäftlichen Initiativen.

In der Regel ist es organisatorisch nichtsinnvoll, das MDM einer einzelnenInitiative aus der Liste aller existierendenInitiativen zuzuordnen, da die Ziele desMDM unternehmensweit gelten und somitdie Ziele einer Initiative überschreiten. Esgibt jedoch Ausnahmen, die durch Priori -sierung und Pragmatik entstehen. Ist etwaeine Initiative dominant, hoch priorisiertund bedarf dringend der Stammdaten, soist es sinnvoll, das MDM dieser Initiativeunterzuordnen. Typische Beispiele sind dieHarmonisierung der CRM/ERP-Land -schaft (Customer Relation Management,Enterprise Resource Planning, dt: Unter -nehmensressourcenplanung) oder die Ein -beziehung neuer IT-Systeme im Zuge einesMergers. Häufig ist MDM jedoch nichtpunktuell ausgerichtet, sondern unterstütztzahlreiche existierende, meist parallele,Initiativen. Die übergreifenden MDM-Synergien stehen hierbei im Vordergrund.

Nutzung desOrdnungsrahmensDer Ordnungsrahmen stellt mit den Hand -lungsfeldern und deren Kernaufgaben einstatisches Modell dar. Für die Anwendungdes Ordnungsrahmens eignet sich ein be -sonderes Vorgehensmodell. Das im Folgen -den näher beschriebene Vorgehensmodell

Ergebnis Aufgabe

Informationsmodell Aufbau eines Ebenen übergreifenden Informationsmodells.

Glossar Definition der verwendeten Geschäftsobjekte und deren

betriebswirtschaftliche Bedeutung, inklusive ihres

Zusammenhangs mit den Stammdaten.

Metadatenmodell Modellierung der im MDM-Kontext verwendeten Metadaten und

deren Bedeutung für das MDM.

Datenverteilung Modellierung der Datenverteilungsprozesse inklusive der

Transformationenregeln.

Datenqualität Festhalten des Regelwerks zur Sicherung der Datenqualität bei

Validierung und Prüfung der Ausprägung der Stammdatenwerte.

Datenmodelle Festhalten logischer und physischen Datenmodelle, inklusive der

Assoziationen der Attribute untereinander (als Grundlage für die

Zusammenführung, Dubletten-Prüfung und Harmonisierung

der Stammdaten)

Tabelle 4: Ergebnisse der Stammdaten.

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Abb. 2: MDM und typische Initiativen.

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legt den Fokus auf den Planungsprozessund endet mit der Ausarbeitung derRoadmap als Entscheidungsvorlage undLeitlinie bei der Implementierung. Somitlässt es sich als Referenzprozess für diePlanung des MDM verstehen. Im Einzelfallkann eine Anpassung des Vorgehens -modells an die individuellen Rahmenbe din -gungen nötig sein.

Für die erfolgreiche Umsetzung solltenProzesse, Fachbereiche und IT in engerAbstimmung agieren und die beteiligtenMenschen sollten von der Vision und demNutzen des MDM überzeugt sein, diesesaktiv unterstützen und nicht durch zu enga-gierte Pläne frühzeitig ausbrennen. Über diegesamte Laufzeit – unter Umständen mehre-re Jahre – muss MDM seinen Mehr wert undNutzen für die Organisation darstellen unddiesen auch nachweisen. Diese Meinung tei-len die Analysten von Gartner: „Before laun-ching into a master data management pro-gram, devote the necessary time and effortto building an agreed-upon vision, strategyand road map, based on established best

practices. Your chances of succeeding will bemuch higher” (vgl. [Rad11]).

Entscheider und Budgetgeber benötigenfür die Mittelfreigabe und den Start desProgramms eine aussagefähige Entschei -dungs vorlage. Diese Entscheidungsvorlagedient als Roadmap. In Analogie zum klassi-schen Programmmanagement besteht dieRoadmap im Wesentlichen aus der Planungder Programmorganisation, dem Pro gramm -plan mit Meilensteinen und Roll-out-Pla -nung, der Kalkulation sowie einem Risiko-und Nutzen-Management (vgl. [PMI06]).

Das dargestellte Vorgehensmodell basiertauf Ansätzen von [Ber11], [Schm10] sowiepersönlichen Erfahrungen aus Programmenin den letzten Jahren. Hierzu wird derProzess zur Planung und Initialisierung desProgramms in drei Phasen unterteilt (sieheAbbildung 3).

■ Die Phase Ziele festlegen beschreibt dieEntwicklung der Vision und der Zieledes MDM sowie den Weg zur Er -reichung einer Zustimmung in der

Organisation. Frühzeitig erfolgt dieImplementierung eines Stakeholder-Managements, um die Abstimmungund Unterstützung über alle betroffe-nen Organisationseinheiten und Ent -schei dungsträger zu erlangen. Grund -lage der MDM-Ziele sind abgestimmteHandlungsfelder, die sich aus Unter -neh menszielen und analysiertenSchwach stellen ergeben. Bereits in derfrühen Phase empfiehlt es sich, dasVorhaben als ein Programm aufzuset-zen und den Fokus auf die typischenErfolgsfaktoren nach PMI, also aufStakeholder, Veränderungs manage -ment, Risiken und Benefits-Manage -ment zu legen (vgl. [PMI06]).

■ In der Phase Strategie ausarbeiten erfolgtdie detaillierte Ausarbeitung derStrategie durch die Formulierung vonInitiativen und Maßnahmen, inklusivederen Ziele. Hierzu gehören die Ist-Analyse der aktuellen Situation, dieFormulierung der Soll-Architekturbezüglich der Ablauf- und Aufbau -

Abb. 3: Vorgehensmodell für die Planung des Programms.

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organisation und der IT-Bebauung. EineGap-Analyse dient als Grundlage für dieBestimmung der Hand lungs felder derStrategie und die Formu lierung vonInitiativen und Maß nahmen zurErreichung der Ziel vor stellung.

■ Der Planungsabschluss erfolgt in derPhase Roadmap entwickeln. Basis hierfürsind die Vorarbeiten und die Initiativenund Maßnahmen. Jedoch benötigt dasUnternehmen nun eine Roadmap für dasmeist mehrere Jahre andauerndeProgramm. Das zuständige Team prüftImplikationen auf die Organisation,bespricht das erstellte Lastenheft mitHerstellern und Lieferan ten und plant desRollout und die Ein führungsstrategie,während die Buch halter aus demFinanzbereich eine Investi tionsrechnungfür das Vorhaben durchführen. DasErgebnis bildet eine Entscheidungs -grundlage für die Frei gabe undInitialisierung des meist mehrjährigenProgramms zur Einfüh rung eines MDM.

Jede Phase nutzt die Ergebnisse der vorhe-rigen Phase als Input und liefert alsErgebnis die Grundlage für eineEntscheidung. Die Entscheidung über dieFreigabe der nächsten Verfeinerungsstufeerfolgt durch ein definiertes Gremium (bei-spielsweise einen Lenkungsausschuss fürdas MDM-Programm) bzw. letztlich durchdie Geschäftsleitung. Die Phasen sind ein-trittsinvariant oder wiedereintrittsfähig -was bedeutet, dass die Phasen gleichzeitigablaufen und „betreten“ und „verlassen“werden können, sodass auf Anmerkungenoder notwendigen Nachbesserungen rea-giert werden kann. Mit der Freigabe (Go)beginnt der nächste Schritt der Ver -

Literatur & Links

[BARC11] BARC, Data Warehousing 211 – Status quo, Herausforderungen und Nutzen. White

Paper, BARC Institut 2011

[Ber11] A. Berson, L. Dubov, Master Data Management and DataGovernance (2nd Ed.),

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[Dre08] A. Dreibelbis, E. Hechler, I. Milman, M. Oberhofer, P. van Run, D. Wolfson, Enterprise

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[Schem09] J.W. Schemm, Zwischenbetriebliches Stammdatenmanagement, Springer-Verlag 2009

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f achar t i ke l

feinerung, eine Ablehnung (No Go) been-det das jeweilige MDM-Vorhaben.

FazitDie MDM-Implementierung ist ein meistmehrjähriges Programm, das durch dieFachbereiche getrieben werden sollte. In vie-len Fällen bewirkt es eine Geschäfts -transformation mit einem hohen Anteil anIT-Unterstützung. Dieser Artikel beschreibteinen Ordnungsrahmen für generelle IT-lasti-

ge Geschäftstransformationen, zeigt Gestal -tungsbereiche und notwendige Hand lungs -felder auf und adaptiert diesen Ordnungs -rahmen für das MDM. Da diese eherstatische Sicht für eine sinnvolle Anwendungnoch ein Vorgehensmodell benötigt, stellt derBeitrag ein phasenorientiertes Vorgehens -modell vor, das die Planung des MDMerleichtert. MDM benötigt Ordnung, damites erfolgreich geplant und nachhaltig imple-mentiert werden kann. ■