Steffens Rezension Duden Redewendungen 1994

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Steffens Rezension Duden Redewendungen 1994

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  • Duden: Redewendungen und sprichw rtliche Redensarten. W rterbuch der deutschen Id io m atik. Bearbeitet von G nter Drosdowski u. W erner Scholze-Stubenrecht; Mannheim/ LeipzigAVien/Zrich: Dudenverlag 1992 ( = D er Duden in 12 Bnden, Bd. 11), geb., 864 Seiten.

    Das bekannte zehnbndige >de/j-Standard- werk hat Zuwachs erhalten. Mit der Nr. 11 stellt der Verlag jetzt seinen Band Redewendungen und sprichwrtliche Redensarten vor. Ein interessantes Unterfangen, will es doch eine Lcke innerhalb der Dudenreihe schlieen, darber hinaus aber auch seinen Platz finden neben den allgemeinsprachlichen B e deutungswrterbchern einerseits (z .B . Wrterbuch der deutschen Gegenwartssprache, hg. von R. Klappenbach/W. Steinitz, 1964-77; Duden. Das groe Wrterbuch der deutschen Sprache, hg. von G. Drosdowski, 1976-81; Duden. Deutsches Universalwrterbuch, hg. von G. Drosdowski, 1983, und Handwrterbuch der deutschen Gegenwartssprache, unter Ltg. von G. Kempcke, 1984) und den idiomatischen Wrterbchern andererseits (z .B . W. Friederich, Moderne deutsche Idiomatik, 1966 u. 1976; H. Grner, Redensarten, 1979; K. Kr- ger-Lorenzen, Deutsche Redensarten und was dahinter steckt, 1986; L. Rhrich, Das groe Lexikon der sprichwrtlichen Redensarten, 1991-92).

    Die Bearbeiter spannen den Bogen sehr weit. Sie wollen sich nicht auf den Kernbereich der mehrgliedrigen festen Wortverbindungen festlegen lassen, der sich dadurch auszeichnet, da die Wendungen in mindestens einer ihrer Komponenten umgedeutet, in Struktur und lexikalischer Besetzung relativ stabil sind und als sprachliche Einheit gelernt werden mssen (z.B . in die Brche gehen), sondern sie wollen auerdem periphere Bereiche, angefangen von den Funktionsverbgefgen (z .B . zu Bruch gehen) ber Routineformeln (z. B. [aber] sonst gehts dir danke?) bis zu den Sprichwrtern (z. B . Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht), bercksichtigen.

    Eine solche Vorgehensweise ist legitim. Sie wird wesentlich von der angestrebten Stichwortzahl beeinflut worden sein. Allerdings htte man sich gerade in diesem Wrterbuch auch eine bewutere Umsetzung theoretischer Erkenntnisse vorstellen knnen. Auf jeden

    Fall liegt in der Flle des Materials die G efahr, da bestimmte Aspekte, deren Beachtung man in einem solchen Spezialwrterbuch erwartet, nicht die ntige Sorgfalt erfahren. Wie wird zum Beispiel der Zugriff geregelt, welche Stichwortauswahl wird getroffen, und wie wird insbesondere der Gebrauch dargestellt? D er neue Band 11 des Dudens ordnet die Wendungen alphabetisch, indem das sinntragende Wort (S. 17) einer Wendung ermittelt, zum Stichwort erhoben und der Wendung vorangestellt wird. Die Auffassung, da eine solche fr die Gesamtbedeutung der Wendung wesentliche Komponente auszumachen ist, zwingt dazu, ein grozgiges V erweissystem einzurichten (was in der Tat geschehen ist), um den Wrterbuchbenutzern das Auffinden der entsprechenden Wendung auch dann zu ermglichen, wenn sie sich zur Bestimmung einer solchen sinntragenden Komponente nicht in der Lage sehen. Gut geregelt ist die Reihenfolge der Wendungen innerhalb eines Stichwortes, und dies ist wichtig, denn bei groen Blcken (Wendungen mit Hand fllen 9, solche mit K o p f 7 Seiten) kann die Suche nach einer bestimmten Wendung schon sehr aufwendig sein.Kleinster gemeinsamer Nenner fr die Auswahl der im Wrterbuch bercksichtigten Gruppen ist die Festigkeit der Verbindung. Wenn man dieses Kriterium zugrunde legt, bleiben bei Stichproben in bezug auf Vollstndigkeit kaum Wnsche offen. Allerdings fehlen solche Wendungen neuerer Prgung wie au f etw. machen, Platte machen. B ei sich einen K o p f (um etw./ber etw.) machen sowie (einen) B ock haben vermit man einen Hinweis auf die sehr gebruchlichen Negationen, null B ock haben taucht immerhin im Beispielsatz auf. Andererseits wurden beraus reichlich solche Wendungen aufgenommen, die allesamt die Stilebene >vulgr< verdient htten, aber nur die Kennzeichnung >derb< zugewiesen bekamen. berhaupt scheinen mir die Verwendungsbedingungen zu knapp markiert, z .B . verlangt aufpassen wie ein Heftelmacher unbedingt den Hinweis auf regionalen G ebrauch.Die Bedeutungserklrungen haben gegenber denen in den groen einsprachigen Bedeutungswrterbchern sichtlich keine przisierende berarbeitung erfahren. Die Verfasser erwarten wohl, da ihre Beispiele und Belege

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  • ausreichen, dem Benutzer, besonders dem Nichtmuttersprachler, Aufschlu ber den regelgerechten Gebrauch zu geben. Wie stellt sich dies z .B . bei dnn gest sein (selten sein, nicht hufig Vorkommen) dar? Erst die Kontextbeispiele (gute Auenstrmer, wirklich gute Stellen) machen den Lesern, sofern sie aufmerksam sind, klar, da die Wendung nur dann korrekt gebraucht wird, wenn der angezeigte Mangel zu bedauern ist; Pocken kommen in unserer Zeit zwar selten vor, es ist aber nicht korrekt, wenn man sagte, sie seien dnn gest. Die Benutzer sind also auf weitere Informationen angewiesen, damit sie Texte nicht nur verstehen, sondern auch neue regelgerecht produzieren knnen. Hier wurden Mglichkeiten einer verbesserten lexi- kographischen Beschreibung gerade der festen Wortverbindungen leider verschenkt. Immerhin sind die Kontextbeispiele im allgemeinen treffend gewhlt und knnen damit den genannten Kritikpunkt zum groen Teil wettmachen. Hufig sind dabei Zitate verwendet, die aus einem reichen Quellenverzeichnis schpfen (S. 847 ff.).Benutzerfreundlich und informativ sind die Erklrungen des sprachgeschichtlichen Hintergrunds bestimmter Wendungen, den auch das krzlich neu erschienene G roe Lexikon der sprichwrtlichen Redensarten von Lutz Rhrich fr die Wendungen bietet, die kulturhistorisch interessant sind bzw. aufgrund eines aus heutiger Sicht ggf. nicht mehr herstellbaren realen Bezuges einer Erklrung bedrfen. Band 11 des Dudens hat gegenber diesem Werk den Vorteil, gelufige Wendungen relativ vollstndig zu erfassen und ihren gegenwrtigen Sprachgebrauch zu dokumentieren. Nicht zuletzt die Verbindung aus lebendigem Sprachgebrauch und knappgefater sprachhi- storischer Erluterung wird dazu beitragen, da sich dieser Band 11 seinen Platz neben den einschlgigen Wrterbchern sichert und sich als Nachschlagewerk bewhrt. Gibt er doch einen guten berblick ber Wendungen im weitesten Sinne, ist handlich, optisch ansprechend gestaltet und mit einem umfassenden Verweissystem versehen. Das macht ihn auch fr wenig gebte Benutzer geeignet und regt zum Blttern und Weiterlesen an.

    Dr. Doris Steffens Institut fr deutsche Sprache

    R 5, 6-13, 68161 Mannheim

    Buchbesprechungen Mutterspr. 3/94 277

    2013-06-26T12:27:30+0200Preflight Ticket Signature