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27 Das Schwarze Barett Nr. 48 EINSÄTZE DER BUNDESWEHR WO STEHEN WIR? – BEITRAG: OBERST A.D. BERND-GÜNTER KÖPCKE Oberst i.G. Jürgen Joachim v. Sandrart bei seinem Vortrag E insatzbetrachtungen sind zum Tag der Panertruppen ein MUSS. Dankenswerterweise hat Panzer- kamerad Oberst i.G. v. Sandrart aus dem BMVg, Abteilung Strategie & Einsatz, Referatsleiter II 1 und damit zuständig für MilPol & Einsatz, Region Asien und Ozeanien, die Aufgabe übenommen, das Plenum hinsichtlich der Frage: „Wo stehen wir bei den Ein- sätzen?“ ins Bild zu setzen. In seinem Referat wird derzeit mit Schwerpunkt die Lage in Afghanistan bearbeitet und von daher ist er be- sonders prädestiniert, zu dortigen Ent- wicklung vorzutragen. Bevor er aber zu seiner Tour d´horizon über die Einsatzgebiete „startete“, gab er zunächst einmal einen kurzen Über- blick über die Struktur der Abteilung Stategie & Einsatz, definierte die Auf- gabe, die Verantwortlichkeiten, beschrieb die verschiedenen Organisations- und Ablaufprozesse sowie prozedurale Vor- gehensweisen und ressortübergreifende Arbeitsweisen.

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Die Zukunft Der Ausbildung

auf den Ausbildungsrhythmus entwickeln werden. M.E. wird das bei der Geräte-ausstattung am stärksten der Fall sein.

Grundsätzlich können nur die Verbände in der EVA und im Einsatz

voll ausgestattet werden.

In den übrigen Phasen steht den Verbän-den Großgerät nur so zur Verfügung, dass auf der TE- und Einheits-Ebene ausge-bildet werden kann, planerisch 30%.Die Lage kann dann besser werden, wenn wir nur wenig oder keine Kräfte des Heeres im Einsatz haben. Dann könnte den Verbänden ggf. auch mehr Großgerät und Zusatzgerät zur Ver- fügung stehen. Darüber ist derzeit aber noch nicht abschließend entschieden.

Abgesehen vom inhaltlichen Ausbil-dungsrhythmus wird deshalb eine Regelung zu treffen sein, wie das Gerät im Rahmen des dynamischen Ver-fügbarkeitsmanagements der Truppe zur Verfügung gestellt wird. Dazu ist eine stetig fortzuschreibende Planung mit einem Horizont von 24 Monaten durch Kdo H unter Berücksichtigung der Einsatzbindung erforderlich. Hierin ist festzulegen, welche Brigaden in

welcher Phase der Ausbildung welches Gerät erhalten. Die Aufteilung des Geräts auf die Verbände ist dann Sache des Truppenführers, weil nur er die jeweilige Personal-, Erfahrungs-, Auf-trags- und Ausbildungslage in seinen Verbänden beurteilen kann.

Aus meiner Sicht kommt es nicht darauf an, dass in einer bestimmten Phase der Ausbildung jede Kompanie 30% oder 100% des Geräts hat. Es kommt dar-auf an, dass in der Gestaltung der Aus-bildung in Vorbereitung und zu den Ausbildungshöhepunkten das not-wendige Gerät vorhanden ist. Egal auf welcher Ebene. Nur kein Schema!

Alles zusammen bedeutet, dass es in den Verbänden auch Zeiten geben kann, in denen sehr wenig Großge-rät für die Ausbildung vorhanden ist. Dann sind diese Zeiten eben anders zu nutzen: Simulationsgestützte Ausbil-dung, erlebnisorientierte Ausbildung, Lehrgangsbeschickung, Ausbildung für Zweitfunktionen, Führerweiterbil-dung. Dabei muss es auch Phasen ge-ben, in denen Zeiten hoher zeitlicher Belastung konsequent ausgeglichen werden können.

Die aufgeführten Aspekte haben auch Einfluss auf die Übungen der Großver-bände. Die beschriebenen Forderun-gen erfordern ein intensives beüben der BrigadeHQ durch die Divisionen, die gleichzeitig dafür Sorge zu tragen haben, dass diese in der Lage sind, in Operationen im Rahmen Krisen- und Konfliktbewältigung als Kern eines multinationalen HQ zu führen. Darüber hinaus müssen die Div in der Lage sein, im Rahmen der Bündnis- und Landesverteidigung zu führen.

Da eine rasche Verfügbarkeit für Einsätze gefordert ist, muss auf beiden Ebenen die Führungsfähigkeit im gesamten Aufgabenspektrum so hergestellt sein, dass bei einem Einsatz nur noch eine möglichst kurze Ausrichtung auf die für den konkreten Einsatz geltenden Besonderheiten notwendig ist.Der Übungsrhythmus ist dabei im Ein-klang mit der Truppenausbildung und des damit verbundenen Fähigkeitszu-wachses der nachgeordneten Verbände in einem Zeitraum von 24 Monaten zu planen.Mit diesen Aspekten möchte ich es bewenden lassen und stehe für Fragen zur Verfügung. �

EINSÄTZE DER BUNDESWEHR

– WO STEHEN WIR? –

BEITRAG: OBERST A.D. BERND-GÜNTER KÖPCKE

Oberst i.G. Jürgen Joachim v. Sandrart bei seinem Vortrag

Einsatzbetrachtungen sind zum Tag der Panertruppen ein MUSS. Dankenswerterweise hat Panzer-

kamerad Oberst i.G. v. Sandrart aus dem BMVg, Abteilung Strategie & Einsatz, Referatsleiter II 1 und damit zuständig für MilPol & Einsatz, Region Asien und Ozeanien, die Aufgabe übenommen, das Plenum hinsichtlich der Frage: „Wo stehen wir bei den Ein-sätzen?“ ins Bild zu setzen. In seinem Referat wird derzeit mit Schwerpunkt die Lage in Afghanistan

bearbeitet und von daher ist er be-sonders prädestiniert, zu dortigen Ent-wicklung vorzutragen. Bevor er aber zu seiner Tour d´horizon über die Einsatzgebiete „startete“, gab er zunächst einmal einen kurzen Über-blick über die Struktur der Abteilung Stategie & Einsatz, definierte die Auf- gabe, die Verantwortlichkeiten, beschrieb die verschiedenen Organisations- und Ablaufprozesse sowie prozedurale Vor-gehensweisen und ressortübergreifende Arbeitsweisen.

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Führung-Ausbildung-Technik

Fazit:In der Abteilung Stategie & Einsatz nehmen Einsätze der Bundeswehr einen zentralen Platz im Aufgabenspek-trum ein. Für diese Aufgabe ist sie in der Summe mit einem umfassenden Sachverstand ausgestattet, der sowohl durch eine breite Aufstellung der Ab- teilung als auch durch die Verfügbarkeit von externen Verbindungsoffizieren- und Beamten verschiedenster Ministe-rien gewährleistet wird. Das Ziel der Neustrukturierung, insbesondere die Konzentration auf Kernaufgaben, eine klare Definition der Verantwortlich- keiten, dabei Aufgabe, Verantwortung und Kompetenz in einer Hand, so-mit Reduzierung von Schnittstellen, scheint gegeben.

Im zweiten Teil seiner Ausführun-gen trug Oberst i.G. v. Sandrart mit

kurzen Überblicken zu ausgewählten Einsätze der Bundeswehr aus Sicht der Abteilung Strategie und Einsatz vor. Die Wiedergabe des Vortrags erfolgt auszugsweise auch in wörtlicher Rede.

Aktuell beteiligt sich die Bundeswehr mit rund 6.800 Soldaten an zwölf Ein-sätzen auf drei Kontinenten.Dazu müssen noch ca. 4.000 Soldaten gerechnet werden, die für mögliche Einsätze im Rahmen von Verpflichtun-gen gegenüber der NATO (ca. 1.500 Soldaten) und EU (ca. 1.000 Soldaten) sowie zur nationalen Krisenvorsorge (ca. 1.200 Soldaten) bereitgehalten werden.

Zur internationalen Konfliktver-hütung und Krisenbewältigung

müssen streitkräftegemeinsam, eskala-tions- und durchsetzungsfähige Kräfte gleichzeitig für Einsätze in unterschied-lichen Einsatzgebieten, gegebenenfalls unter Abstützung auf externe Unter-stützung, gestellt werden können.Dafür sind zeitgleich rund 10.000 Sol-datinnen und Soldaten durchhaltefähig vorzuhalten.Zur Bündnisverteidigung ist ein streit-kräftegemeinsames Kräftedispositiv be-reit zu stellen, das multinational zur schnellen, wirksamen und zeitlich be-grenzten Reaktion befähigt ist. (MJO)Eine derartige Operation kann die

Entscheidung zum Abbruch parallel laufender Stabilisierungseinsätze not-wendig machen.Die in diesem Kräftedispositiv ent- haltenen deutschen Anteile der NATO Response Force und der EU Batt-legroup bilden auch weiterhin den Nukleus des deutschen Beitrags für die schnelle Reaktion im Nordatlantischen Bündnis und in der Europäischen Union.

Seit den Unruhen im Sommer 2011 ist der KFOR-Einsatz wieder stärker in das Bewusstsein der DEU Bevölkerung durch die Medien gerückt.Lassen Sie mich kurz wesentliche Punkte darstellen, die die Lage und Herausfor-derungen skizzieren.KFOR ist ein militärischer Stabilisie-rungseinsatz in seiner späten Phase. Die militärischen Aufträge sind grundsätz-lich erledigt und wir nehmen im Kosovo eher polizeiliche Aufgaben wahr.KFOR war und ist noch immer erfolg-reich bei der Stabilisierung weiter Teile des Kosovo.

Nur im relativ kleinen nördlichen Teil des KOS gibt es Kräfte, die an einer Instabilität Interesse haben. Gründe hier-für sind teils serbisch-nationalistische, teils pragmatische, wie etwa die Ein-nahmen aus illegalen Geschäften (z.B. Schmuggel).

Die Regierung in Pristina ist derzeit nicht in der Lage, Ihren Souveränitäts-anspruch vollumfänglich im Norden des Landes durchzusetzen. Falls Sie dies doch versucht (z.B. durch die Entsen-dung von Sonderpolizei), dann ist eine Eskalation der Gewalt wie Sommer 2011 die Folge.

Daher geht DEU zwei Wege: Wir for-dern Belgrad zur Mäßigung auf und wir ermahnen Pristina mit mehr Finder- spitzengefühl im Nord-KOS vorzugehen und wollen dadurch eine Annäherung der Streitparteien erreichen.

Leider ist die EULEX Mission mit Ihren zu geringen und wenig respek-tierten Polizeikräfte dort auch nicht wirklich in der Lage, für Ordnung und Stabilität zu sorgen. Diese Gemengelage führt dazu, dass KFOR eben nicht als „third responder“ eingesetzt wird, sondern sich im Nord-KOS als „first resonder“ wieder findet.DEU ist sich seiner Verantwortung für die Stabilität des Balkans, sprich einer Region unmittelbar vor unserer Haustür, bewusst und wir leisten daher weiterhin einen signifikanten Beitrag für KFOR.

2012 mit Generalmajor Volker Halbauer zum vierten Mal in Folge den COM KFOR. Dessen

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Einsätze

HQ in Pristina wird durch uns auch weiterhin mit Personal unter- stützt.

Truppensteller bei KFOR und haben neben dem gerade wieder verlegten DtA des ORF-Bataillons auch ein Einsatzlazarett auf Kreis- krankenhausniveau in Prizren und eine DEU Einsatzkompanie in NOVO SELO.

Damit haben wir zur Zeit über 1.000 DEU Soldaten vor Ort.

Lassen Sie mich im Folgenden näher auf die Truppenstärke für KFOR

eingehen:Zum 01. März 2011 erfolgte der Übergang in die zweite Phase (Gate 2) des Einsatzprofils „Deterrent Presence“, (DP). Dieses bedeutete für KFOR eine Verringerung der Truppenstärke auf ca. 5.500 Soldaten, davon etwa 900 DEU Soldaten. Mit einer weiteren Truppen-reduzierung ist derzeit nicht zu rechnen.

Eher zeigt die Realität, dass wir uns in einer Gate 2+ Phase befinden, denn die dauerhafte Verlegung des ORF-Btl führt de facto zu einer Erhöhung der Kräfte.Dies ist weder in unserem Sinne noch sendet es politisch auf Dauer das an-gemessene Signal für eine Mission, die eigentlich auf eine sich zunehmend stabilisierende Lage ausgerichtet ist.

Angestrebt ist eine Anpassungen auf Grundlage der bestehenden Kräfte-struktur, um die Effizienzgewinnung (z.B. Verringerung der Feldlager) und Schwerpunktbildung im Nord-KOS zu befördern. Es herrscht große Einigkeit in der NATO, dass man das ORF-Btl bis Weihnachten abziehen möchte, falls die Sicherheitslage dies zulässt.Insgesamt bietet aber die Lage gegen-wärtig keine belastbare Grundlage, um zu einer Kräftereduzierung in der Phase DP Gate 3 vor Mitte 2013 zu gelangen.

Daher sind alle genannten Elemente der DEU Beteiligung für 2013 ausge-plant und wir werden einen planeri-schen Vorhalt auch für 2014 schaffen.

Wir haben mit KFOR und der erneuten Entsendung des ORF-Btl den politisch Verantwortlichen Zeit erkauft.

Wesentlich für die Zukunft der Region bleibt die Entwicklung

von politischen Lösungen im SRB-KOS Dialog und Fortschritten bei der KOS Minderheitenpolitik (KOS- Serben) in Nord-KOS.

Anmerkung der Radaktion:Danach berichtete der Vortragende über den Sachstand und die Ent-wicklung sowohl der maritimen Operationen Unifil, Atalanta und Active

Endeauver als auch über die VN/EU Missionen in Afrika. Dort sind keine signifikanten Veränderungen gegeben, sodass auf eine Wiedergabe zugunsten aktuellerer sicherheitpolitischer Ent-wicklungen verzichtet wird..

Mission MALI, neues Mandat am Horizont?

Mali ist ein Binnenland und ca. dreiein-halbmal so groß wie Deutschland. Der unter Kontrolle islamistischer Gruppen stehende Norden des Landes ist doppelt so groß wie Deutschland, verfügt über nur wenige Verkehrswege und besteht zum größten Teil aus Wüste. Nennens- werte Ortschaften und zugleich Provinzhauptstädte im Norden sind TIMBUKTU, GAO und KIDAL.Mali hat 15 Mio. Einwohner, davon lebten bislang ca. 1,5 Mio. in den Provinzen TIMBUKTU, GAO und KIDAL. Die malische Bevölkerung besteht aus ca. 30 Ethnien. Den größten Anteil bilden mit 41% die Mande, Schwarzafrikaner, die überwiegend im Südwesten Malis und damit auch in der Hauptstadt- region um BAMAKO siedeln.Arabischstämmige Mauren mit 4% und Tuareg mit 5% bilden nur Minderheiten in der Gesamtbevölkerung, lediglich im dünnbesiedelten Norden Malis stellen sie die Mehrheitsbevölkerung. In Mali dominiert der Islam sunnitischer Richtung, der in ganz Mali bislang mehrheitlich in gemäßigter Form prak-tiziert wird.Im Herbst 2011 kehrten ca. 1.500 im Kampf für Gaddafi erfahrene Tuareg samt Waffen, Fahrzeugen und Muni-tion aus Libyen in ihre Heimatregion Nordmali zurück. Ein Teil dieser Kämpfer erhob sich gegen die malische Zentralregierung in BAMAKO und errang bis April 2012 die Kontrolle über die nordmalischen Provinzen TIMBUKTU, GAO und KIDAL.Parallel zu den Tuareg-Rebellen be-teiligten sich islamistische Gruppierun- gen am Kampf gegen die malische Armee. Während die Tuareg-Kämpfer die Armee bis nördlich der darge- stellten Linie verfolgten, übernahmen die Islamisten die Kontrolle über die größeren Ortschaften Nordmalis.

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Führung-Ausbildung-Technik

Eine zeitweilige Allianz zwischen den Tuareg-Rebellen und den Islamisten scheiterte, mittlerweile dominieren die Islamisten den Norden Malis politisch wie militärisch. Im Süden Malis führte die Rebellion im Norden zu einem Militärputsch. Mittler- weile wurde eine „Regierung der Natio-nalen Einheit“ gebildet. Diese umfasst 31 Minister, unter denen auch Vertreter der ehemaligen Militärjunta sind.

Anmerkung Redaktion:Eine politische Entscheidung zu einer Beteiligung deutscher Kräfte für eine Mission, voraussichtlich unter einem EU Mandat, steht noch aus. Aber in den politischen Gremien und sicher-heitspolitischen Zirkeln sowohl der Regierung wie auch dem Deutschen Bundestages ist Mali ein Thema. Trotz aller Ungewissheit zeichnet sich folgen-der ‘Tenor für die Mission ab: In erster Linie sind die “Afrikaner” gefordert. Kampftruppen von DEU-Seite scheinen ausgeschlossen, von Ausbildungs- und logistischer Unterstützung ist die Rede.

Afghanistan:Gegenwärtig sind ungefähr 132.000 Soldaten aus 50 Nationen (Stand 14. September 2012, alle 28 NATO Mitgliedstaaten sowie 22 Nicht- NATO-Staaten) an ISAF beteiligt. DEU ist mit einer Gesamtstärke von

derzeit 4400 Soldaten drittgrößter Truppensteller der beteiligten Natio- nen nach den USA und GBR. Der DEU Beitrag konzentriert sich dabei unverändert auf die nördliche ISAF-Region.Insbesondere der Süden aber auch mehr und mehr der Osten AFG bilden den Schwerpunkt von COM ISAF.Der Schwerpunkt in der Operations-führung im Regionalkommando Nord ist unverändert die Stabilisierung des KUNDUZ-BAGHLAN-Korridors.

Insgesamt sind in der Nordregion AFG 18 Nationen präsent mit rund 9.500 Soldaten, davon sind rund 4.400 deutsche Soldaten/-innen (DEU Ge- samtstärke in AFG: 4.600).

Die Grundzüge des deutschen Engagements folgen dem “Ver-

netzten Ansatz” oder “Comprehensive Approach”.

Die Lösung des Konflikts kann nur gelingen, wenn die Beteiligten ihre Beiträge koordinieren und dabei alle zivilen und militärischen Mittel ge-nutzt werden. Im Vernetzten Ansatz werden entsprechend die wesentlichen Elemente und Methoden miteinander verbunden.Das Auswärtige Amt, das Innenmin-isterium sowie das Ministerium für

wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sind durch Vertreter im Hauptquartier des Regionalkomman-dos Nord und in den Provincial Rekon-struction Teams (PRT) vertreten.

Darüber hinaus erfolgt die enge Zu- sammenarbeit und der Austausch hier in Berlin über die Runde der Staats- sekretäre zu Afghanistan und durch den Austausch von Verbindungsbeamten zwischen den beteiligten Ressorts.Somit sind diese wichtigen Elemente für die Stabilisierung und den Wieder- aufbau mit der militärischen Führung zusammengeführt. Der militärischen Auftrag lautet, ein stabiles und sicheres Umfeld als Voraussetzung für Wiederaufbau und

Die Rolle ISAF wandelt sich seit dem Jahreswechsel 2011 auf 2012 vom der-zeit noch robusten Partnering hin zur Unterstützung und Befähigung im Sinne des Security Force Assistance Concept (SFA-Concept). Mit der Umsetzung des SFA-Konzepts und der qualitativen Verbesserung der ANSF (Afghanische Sicherheitskräfte)verändert sich die Rolle ISAF von einer Unterstützung im Gefecht hin zu einer zunächst taktisch-operativen, dann strategischen Beratung.

Hierzu gliedern unsere Kräfte ab dem dritten Quartal 2012 um. Dies ist zu-gleich die Ausgangslage für das „Post-ISAF“ Engagement der NATO.

Im Rahmen der Anpassungen wurde das mittlerweile zivil geleitete PRT Faizabad im Oktober 2012 aufgelöst. Das PRT Kunduz wurde am 15. Ok-tober 2012 in zivile Leitung übergeben. Das Provincial Advisory Team (PAT) Taloqan wurde bereits am 15. Februar 2012 von seinen Aufgaben entbunden.

Sie sehen, der vernetzte Ansatz ist nicht nur ein konzeptionelles Gebilde, sondern wird auch in der Praxis – vor Ort – zunehmend erfolgreich ange- wendet. Der „Comprehensive Approach“ hat sich nach unserer Überzeugung be-währt, er ist alternativlos.

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Einsätze

Die Einstiegsgröße als „Abholpunkt“ für ein Folgemandat des Deutschen Bundestages beläuft sich auf 4.400 Sol-daten. Das folgende Schaubild zeigt das „Prinzip“ der Reduzierungsdarstellung.

In Anbetracht der Präsidentschafts-wahlen in AFG muss aber auch über mögliche “Rückbaufenster” nachge-dacht werden. Ebenso ist die der Winterperiode folgende Kampfperiode zu berücksichtigen. Das heißt: Die militärische Umsetzung der Zielgröße 3.300 erfordert die Ab-wicklung der Standorte Observation Point NORTH und Kunduz sowie eine Streichung bzw. Reduzierung von „Fähigkeitspaketen“.

Auch gilt es sich auf eine Anpassung des Mandatsgebietes vor dem Hintergrund einer ggf. zu erwartenden Neuordnung der Kommandostruktur (z.B. Zusammen- legung der operativen Hauptquartiere (ISAF Joint Command und NATO Training Mission-Afghanistan in Bagram) bereits für das Mandat 2013 einzustel-len.

Die Stärke der afghanischen Sicher- heitskräfte (ANSF) beträgt aktuell AFG-weit: (Sept 2012): 345.000 = 98% der Sollstärke.Die afghanische Armee (ANA) hat im RC N: 26 von 29 Vbd aufgestellt

(es fehlen noch Korpstruppen (Militäry Intelligence, ELOKA- und Pionier-truppenteile), die im I. Quartal 2013 folgen.

Alles Handeln in AFG folgt dem sequentiellen Ansatz (Aufbau der Sicherheitskräfte, Transition, (Über-gabe der Sicherheitsverantwortung an AFG) Kräftereduzierungen, PRT Weiterentwicklung, Rückverlegung).Der Rückbau der DEU Liegenschaften erfordert sequentielles / schrittweises Vorgehen:

Die AFG Partner müssen „mitge- nommen“ werden, sowohl zivil wie militärisch. Eine gleichzeitige Schließung ist aus operationellen, logistischen und kommunikationsstrategischen Gründen nicht sinnvollDie Auflösung der Einsatzgebiete OP NORTH / Kunduz muss im Zu- sammenhang mit dem durch Ungarn geführten PRT Pol-e Khomri gesehen werden. Dies sind wesentliche Stand- orte im strategisch relevanten Kundus-Baghlan Korridor.Zudem sind die logistische Leistungs-fähigkeit und die Rückführungskapa-zitäten begrenzt.

Von Bedeutung für ein geordnetes Planungsverfahren zur Übergabe

der Verantwortung an die AFG sind darüber hinaus auch die Entwick-lungen die sich aus dem Verlauf der Kampfsaison, dem Winter und den Wahlen ergeben. Das bedeutet: Die Folgeschritte für eine Übergabe der Sicherheitsveranwor- tung an die AFG sind derzeit derzeit in der Abfolge : PEK – OP N – KDZ, geplant.Daraus folgt: eine späte und gleich- zeitige Schließungen aller Einrichtun-gen verbieten sich! und die Prozesse müssen vor dem Winter 2013 abge-schlossen sein.

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Führung-Ausbildung-Technik

Erheblichen Einfluss auf den Ver-lauf der Entwicklung sind die derzeit bereits laufenden Prozesse der Kräfte- reduzierungen und Kräftekonzentra-tionen:Im Bereich des RC N reduzieren die NORDIC Nations (SWE, NOR, FIN, Lettland) im Westen, die USA Surge Recovery auf gesamter Breite und DEU imOsten (Faysabad, Taloqan und Hasrate-Sultan).Dabei wird konsequent dem Prozess der Transition und dem Aufbau des Fähigkeitsprofils der afghansichen Sicherheitskräfte gefolgt.

Der COM ISAF trug im NATO-Rat am 5. September 2012 vor: „Rückführung der USA-Kräftereduzierung erfolgt planmäßig, ca. 60% der landesweit betriebenen militärischen Stützpunkte konnten bereits geschlossen werden“ISAF schloss bis Ende August 2012 ins- gesamt 202 Basen und übergab 300 weitere an die ANSF.„Fähigkeitspakete“ und Standorte am 1. Februar 2013 als Einstieg in das Folgemandat.DEU bringt duch TIGER (Dezember 2012) und NH 90 (II. Quartal 2013)neue Fähigkeiten in den Einsatz.

Annahmen für 2013: Die Militärische Lage erlaubt weitere Reduzierungsschritte. ANSF hat Sollstärke und „Rating“ („Independent with Advisors“) erreicht; die notwendige ISAF Unterstützung kann phasenweise durch “enabler” und Beratertätigkeit erfolgen.

Unterstützende Rolle auf Kandak- Ebene (Btl-Ebene) kann in 2013 zu- nehmend gekürzt und auf Brig-Ebene noch mindestens bis Anfang 2014 erhal- ten werden. Die Korpsebene und die Verbindung (für Situational Awareness“) zu den Führern der afghanischen Sicherheitskräfte müssen langfristig aufrecht erhalten bleiben.

Kräftekonzentration und Eigenständig- keit der ANSF führt zu einer militä- rischen Konzentration auf einen deutlich kleineren Raum von westlich Mazar e-Sharif und ostwärts Kunduz-Baghlan.

Spezialkräfteoperationen im gesamten Einsatzraum werden weiterhin ein wichtiger Faktor sein, um gegen die Führungsstrukturen der Aufständischen vorzugehen.Die Nordregion hat eine hohe logisti- sche Bedeutung; insbesondere, wenn die Südroute über PAKISTAN ge-fährdet ist. Im Raum Kunduz-Baghlan ist deshalb die “Dichte” an Sicher- heitskräften (ANSF und lokale Sicher-heitsstrukturen) im gesamten Norden am höchsten.

Die Planung erfolgt allerdings unter be- stehenden Unwägbarkeiten, die jeweils einzeln strategische Auswirkungen auf den weiteren Verlauf von ISAF bzw. der Folgemission ITAAM auslösen können.Dazu zählen die Entscheidung der USA über die weiteren Reduzierungsschritte USA von 68.000 auf XX.XXX sowie über Stationierungsorte und Schwer-punktbildung.

Wir gehen davon aus, dass die Redu- zierung US auf 28.000 in 2 Jahren

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Einsätze

= 13.500 p.a. erfolgen wird und die Reduzierung der Multinationalen Kräfte um 50% in 2 Jahren = 10.000 p.a. betragen wird.

Die NATO-Planungen konkreti-sieren sich über die CONOPS-

Erarbeitung (Operationskonzept bis Februar 2013), bis hin zur Entwicklung des NATO-OP-Plans im Juni 2013.

Der Fortgang der materiellen Rück-verlegung ist u.a. abhängig von der

Kooperation der Anrainerstaaten (insb. Usbekistan und Pakistan).

Die Rückverlegung kann je nach Ent-wicklung der politischen Konstellationen auf verschiedenen Wegen. über den Lamd, Luft und /oder Seeweg erfolgen. Ebenso könnten die Wahlen von 17 truppenstellenden Nationen im RCN in 2013 und 2014 den Gesamtkurs in der Nordregion beeinflussen – im schlechtesten Falle – auch die Kohäsion der NATO gefährden. (z.B. SWE

09/14; NOR 09/13; HUN 04/14; NLD neu gewählt am 12.9.2012)

Die Präsidentschaftswahlen in AFG in 2014 beeinflussen bereits jetzt

die Planungsabsichten ISAF und die Zu- sammenarbeit mit der AFH-Regierung. Insbesondere der Wahlkampf in AFG kann die Akzeptanz von ISAF und insbe- sondere den Standort Kabul gefährden.

Qualitative einsatzbereite und –fähige ANSF bleiben die Stütze für inner- afghanische Stabilität.

DEU ist als Lead Nation RC North gefordert: Reserven, Absprachen

mit USA und mit Partnern, die mehr als Force Protection bereitstellen können, Reserven / Handlungsspiel-raum bei Obergrenzen, Fähigkeiten, Rückverlegung all dies gilt es einver- nehmlich und verlässlich zu regeln, damit die Rückverlegung geordnet und gesichtswahrend gewährleistet werden kann.

Für die Gestaltung der Post-ISAF-Mission zeichnen sich für den

deutschen Beitrag folgenden Entwick-lungslinien ab. (siehe dazu auch Bild unten links.)DEU hat sich international für eine langfristige finanzielle Unterstützung gebunden. Ebenso für einen weiteren Verbleib von militärischen Kräften, die dann aller- dings ausschließlich unterstützenden Charakter für die afghanischen Sicher-heitskräfte haben sollen. AFG wird nicht sich selber überlassen, ein Rück-fall in frühere Verhältniss soll unter allen Umständen vermieden werden, auch wenn die Unterstützung wahr- scheinlich noch längere Zeit in An-spruch nehmen wird.

Oberst i.G. Jürgen Joachim v.Sandrart war Kommandeur PzLBtl 93, Referent im BMVg FüS III und G3 1.PzDiv. Seit 22. Februar 2011 RefLtr im BMVg, Berlin