Stellungnahme der Pfarrerinitiative

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PFARRER – INITIATIVE Stellungnahme zur zentralistischen Ernennung von Bischöfen Die PFARRER – INITIATIVE sieht in zentralistischen Bischofsernennungen vor allem einen Verzicht auf die Erfahrungen und das Wissen an der Basis der Kirche. In den Pfarren besteht der intensivste und kontinuierlichste Kontakt der Kirche zu den Menschen und ihren Erwartungen an die Kirche. Hier wird auch besonders spürbar, ob und wie die Botschaft der Kirche beim Alltag der Menschen anknüpfen kann. Dementsprechend gibt es vor allem in den Pfarren ein Gespür für die Gaben und Eignungen, über die ein Bischof verfügen muss, um sein Amt für die Gemeinden und die Menschen hilfreich und förderlich ausüben zu können. Daher ist der Einbezug der Gemeinden, der Pfarrgemeinderäte und der Pfarrer in die Auswahl von Bischofskandidaten unverzichtbar. Für die Pfarrer und die mit ihnen verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter sind Bischöfe mit pastoraler Ausgewogenheit von großer Bedeutung. Die Bischöfe haben in ihren Diözesen – wie die Pfarrer in ihren Gemeinden – für die Moderation und Koordination verschiedener kirchlicher und spiritueller Akzente und Ausrichtungen zu sorgen. Spaltende Bischofs – ernennungen spalten werden zur Belastung statt zum Dienst an den Gemeinden. Daher ist bei der Auswahl von Bischofskandidaten und Bischöfen darauf zu achten, dass diese die ganze Breite des kirchlichen und spirituellen Lebens im Blick haben. Führen baut auf der Akzeptanz und dem Vertrauen derer auf, die geführt wer- den sollen. „Wer allen vorstehen soll, muss auch von allen gewählt werden“ (Papst Leo I.!). Auch wenn nicht bestritten werden soll, dass Akzeptanz und Vertrauen auch nachträglich erworben werden können (und von so manchen Bischöfen immer wieder nachträglich erworben wurden): in einer gegenüber Großstrukturen und deren Entscheidungen gegenüber sehr viel kritischer ge- wordenen Gesellschaft ist mitgebrachtes Vertrauen einer Mehrheit bei der Übernahme eines Leitungsamtes von großer Bedeutung. Daher sind zentralisti- sche Bischofsernennungen auch eine erhebliche Belastung für die Ernannten. Wien, 14. 12. 2010

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Bei einer Pressekonferenz am 13.12.2010 in Wien äußerten sich Vertreter von "Wir sind Kirche", "Priester ohne Amt", "Pfarrerinitiative" und "Laieninitiative" besorgt über aktuelle Modalitäten von Bischofsernennungen und präsentierten Stellungnahmen.

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PFARRER – INITIATIVE

Stellungnahme zur zentralistischen Ernennung von Bischöfen

Die PFARRER – INITIATIVE sieht in zentralistischen Bischofsernennungen

vor allem einen Verzicht auf die Erfahrungen und das Wissen an der Basis

der Kirche. In den Pfarren besteht der intensivste und kontinuierlichste Kontakt

der Kirche zu den Menschen und ihren Erwartungen an die Kirche. Hier wird

auch besonders spürbar, ob und wie die Botschaft der Kirche beim Alltag

der Menschen anknüpfen kann. Dementsprechend gibt es vor allem

in den Pfarren ein Gespür für die Gaben und Eignungen, über die ein Bischof

verfügen muss, um sein Amt für die Gemeinden und die Menschen hilfreich

und förderlich ausüben zu können. Daher ist der Einbezug der Gemeinden,

der Pfarrgemeinderäte und der Pfarrer in die Auswahl von Bischofskandidaten

unverzichtbar.

Für die Pfarrer und die mit ihnen verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mit-

arbeiter sind Bischöfe mit pastoraler Ausgewogenheit von großer Bedeutung.

Die Bischöfe haben in ihren Diözesen – wie die Pfarrer in ihren Gemeinden –

für die Moderation und Koordination verschiedener kirchlicher und spiritueller

Akzente und Ausrichtungen zu sorgen. Spaltende Bischofs – ernennungen

spalten werden zur Belastung statt zum Dienst an den Gemeinden. Daher ist

bei der Auswahl von Bischofskandidaten und Bischöfen darauf zu achten, dass

diese die ganze Breite des kirchlichen und spirituellen Lebens im Blick haben.

Führen baut auf der Akzeptanz und dem Vertrauen derer auf, die geführt wer-

den sollen. „Wer allen vorstehen soll, muss auch von allen gewählt werden“

(Papst Leo I.!). Auch wenn nicht bestritten werden soll, dass Akzeptanz und

Vertrauen auch nachträglich erworben werden können (und von so manchen

Bischöfen immer wieder nachträglich erworben wurden): in einer gegenüber

Großstrukturen und deren Entscheidungen gegenüber sehr viel kritischer ge-

wordenen Gesellschaft ist mitgebrachtes Vertrauen einer Mehrheit bei der

Übernahme eines Leitungsamtes von großer Bedeutung. Daher sind zentralisti-

sche Bischofsernennungen auch eine erhebliche Belastung für die Ernannten.

Wien, 14. 12. 2010