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R. L. Stine Gänsehaut Doppelschocker 26

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R. L. Stine

GänsehautDoppelschocker 26

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DER AUTOR

R. L. Stine wurde 1943 in einem kleinenVorort von Columbus/Ohio geboren.Bereits mit neun Jahren entdeckte erseine Liebe zum Schreiben. Seit 1965 lebter in New York City, wo er zunächst alsLektor tätig wurde. Seine ersten Bücherwaren im Bereich Humor angesiedelt.Seit 1986 hat sich R. L. Stine, der sein Büro mit einem Skelett und einigenafrikanischen Masken teilt, jedoch ganzden Gruselgeschichten verschrieben.1992 kam für ihn mit der Kindergrusel-serie »Gänsehaut« der ganz große undweltweite Erfolg.

DIE SERIE

»Gänsehaut« ist Kult! Bisher in 16 Sprachen übersetzt, wird »Gänsehaut«(GOOSEBUMPS) weltweit als beliebtesteKinderbuchserie gefeiert. Die ZeitungUSA Today hat 1999 ermittelt, dass R. L. Stine der erfolgreichste Kinderbuch-autor aller Zeiten ist. Wie lässt sich dieseraußergewöhnliche Erfolg erklären? Ganz einfach. R. L. Stine erzählt nicht nurgruselige Geschichten, sondern bringtseine Leser auch zum Lachen. Mit dieserbesonderen Mischung hat er erreicht,dass – dies belegen zahlreiche Briefe anden Autor – viele Kinder, die sich bis datonicht sonderlich für Bücher interessierthaben, zu Lesern geworden sind.

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R. L. Stine

GänsehautDoppelschocker 26

Der Geist ohne Kopf

Das Geisterpiano

Aus dem Amerikanischen von Katarina Ganslandt und Günter W. Kienitz

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OMNIBUS ist der Taschenbuchverlag für Kinderin der Verlagsgruppe Random House

Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100 Das für dieses Buch verwendete FSC-zertifizierte Papier Munken Printliefert Arctic Paper Munkedals AB, Schweden.

1. Auflage August 2006Gesetzt nach den Regeln der RechtschreibreformDie Originalausgaben erschienen unter den Titeln»Goosebumps # 37: The Headless Ghost« und »Goosebumps # 13: Piano Lessons can be Murder« bei Scholastic Inc., New York© 1995 und 1993 by The Parachute Publishing, Inc.All rights reserved.Published by arrangement with Scholastic Inc.,555 Broadway, New York, NY 10012, USA.»Goosebumps«™ and »Gänsehaut«™ and its logos are registered trademarks of The Parachute Press, Inc.© 2001 und 1998 für die deutsche ÜbersetzungOmnibus Taschenbuch Verlag/cbj, München in der Verlagsgruppe Random House GmbHDie deutschsprachigen Erstausgaben erschienen in der Serie »Gänsehaut« unter den Titeln »Der Geist ohne Kopf« und »Das Geisterpiano«.Alle deutschsprachigen Rechte dieser Ausgabe,insbesondere auch am Serientitel »Gänsehaut«,vorbehalten durch OMNIBUS TaschenbuchVerlag/cbj, München.Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH,Garbsen.Übersetzung: Katarina Ganslandt und Günter W. KienitzLektorat: Janka PanskusUmschlagkonzeption: Atelier Langenfass, IsmaningAR · Herstellung: CZ Satz: Uhl + Massopust, AalenDruck und Bindung: GGP Media GmbH, PößneckISBN-10: 3-570-21657-8ISBN-13: 978-3-570-21657-6Printed in Germany

www.omnibus-verlag.de

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InhaltDer Geist ohne Kopf 7

Das Geisterpiano 125

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1Stephanie Alpert und ich spuken oft bei uns in derNachbarschaft herum. Die Idee dazu kam uns letztesHalloween.

In unserer Gegend wohnen viele Kinder und esmacht echt Spaß, sie abends als Geister heimzusuchenund zu erschrecken. Manchmal schleichen wir unsspätabends verkleidet aus dem Haus und starren in dieFenster der Kinderzimmer. Oder wir deponieren abge-trennte Hände oder einzelne Finger aus Gummi aufden Fensterbrettern. Gelegentlich werfen wir auch ir-gendwelche ekligen Sachen in die Briefkästen.

An anderen Tagen verstecken wir uns im Gebüschoder hinter Bäumen und geben total gruselige Lautevon uns – Raubtierschreie oder geisterhaftes Stöhnen.Stephanie kann ein markerschütterndes Werwolfheu-len imitieren. Und wenn ich den Kopf in den Nackenlege und schrill und laut kreische, zittern sogar dieBlätter an den Ästen.

Die Kinder in unserer Gegend sind ganz schön ein-geschüchtert. Morgens sehen wir häufig welche, dieerst mal ängstlich zur Tür hinausspähen, bevor sie he-

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rauskommen. Und abends trauen sich sowieso die we-nigsten noch allein nach draußen. Wir sind ganz schönstolz auf uns.

Tagsüber sind wir einfach Stephanie Alpert undDanny Comack, zwei ganz gewöhnliche Zwölfjährige.Aber sobald es Nacht wird, verwandeln wir uns in dieGrauen erregenden Gruselgeschwister von WheelerFalls.

Aber das weiß niemand. Keine Menschenseele.Wir sehen aus wie alle anderen Sechstklässler, die

mit uns auf die Wheeler-Highschool gehen. Wir habenbeide braune Haare und braune Augen. Und wir sindbeide groß und dünn. Stephanie scheint nur deshalbein paar Zentimeter größer zu sein, weil ihr Haar mehrVolumen hat.

Manche Leute, die uns zusammen sehen, halten unsfür Bruder und Schwester. Sind wir aber gar nicht. Wirhaben beide keine Geschwister und das macht unsauch überhaupt nichts aus.

Stephanie wohnt gegenüber von mir. Wir gehen mor-gens zusammen zur Schule und tauschen immer unserePausenbrote, obwohl wir von unseren Eltern beidemeistens Brote mit Erdnussbutter und Marmelade ein-gepackt bekommen.

Wir sind normal. Total normal.Das einzig Ungewöhnliche an uns ist unser gehei-

mes, nächtliches Hobby.

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Wie wir auf die Idee kamen, als die Grauen erregen-den Gruselgeschwister aufzutreten? Tja, das ist einelange Geschichte.

Letztes Halloween war eine sternenklare, kühle Nacht.Über den kahlen Baumkronen schwebte ein riesigerVollmond.

Ich hatte mich als Sensenmann verkleidet und michvor das Fenster von Stephanies Zimmer gestellt. AufZehenspitzen versuchte ich in ihr Zimmer zu spähen,um einen Blick auf ihr Kostüm zu erhaschen.

»He – weg da, Danny! Gucken gilt nicht!«, brülltesie durch das geschlossene Fenster nach draußen. Dannzog sie das Rollo runter.

»Ich hab gar nicht geschaut. Ich habe mich nur einbisschen gestreckt!«, brüllte ich zurück.

Ich war echt gespannt auf Stephanies Kostüm. Siehat immer die genialsten Einfälle für Halloween. ImJahr davor kam sie zum Beispiel von Kopf bis Fuß dickin grünes Klopapier gewickelt aus dem Haus gewa-ckelt. Man sah sofort, dass sie ein lebender Eissalatsein sollte.

Aber dieses Jahr rechnete ich mir gute Chancen aus,sie zu übertrumpfen. Ich hatte mir mit meinem Sensen-mannkostüm aber auch wirklich Mühe gegeben. Ichtrug hohe Plateauschuhe – so hoch, dass ich Stephaniedamit locker überragen würde. Dazu einen langen

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schwarzen Kapuzenumhang, der am Boden schleifte.Meine braunen Locken hatte ich unter einer Gummi-maske versteckt, die meinen Kopf wie einen knochigenTotenschädel aussehen ließ. Und ich hatte mir ekelhafteSchminke ins Gesicht geschmiert, die die Farbe vonschimmeligem Brot hatte.

Mein Dad wollte mich überhaupt nicht anschauen.Er sagte, bei meinem Anblick würde ihm speiübel.

Wenn das kein Erfolg war!Ich konnte kaum erwarten zu sehen, wie es Stepha-

nie speiübel wurde, und klopfte deshalb mit meiner lan-gen Sense gegen die Scheibe. »He, Steph – Beeilung!«,brüllte ich. »Ich kriege langsam Hunger. Ich brauchewas Süßes!«

Ich wartete und wartete. Irgendwann begann ich imVorgarten auf und ab zu gehen. Mein langer Umhangstrich raschelnd über den mit trockenem Laub bedeck-ten Rasen.

»He! Wo bleibst du denn?«, rief ich wieder.Aber Stephanie blieb stumm.Ich stöhnte ungeduldig und wandte mich dem Haus

zu.In diesem Moment sprang mich ein riesiges behaar-

tes Tier von hinten an und biss mir den Kopf ab.

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2Na ja, nicht richtig.

Aber es versuchte es.Es knurrte bösartig und wollte sich mit seinen schim-

mernden Reißzähnen in meiner Kehle festbeißen.Ich stolperte rückwärts. Das Wesen sah aus wie

eine riesige schwarze Katze, von Kopf bis Pfote mitstruppigem, schwarzem Pelz bedeckt. Aus den haari-gen Ohren und der schwarzen Nase sickerte gelblicherSchleim und seine langen, spitzen Zähne blitzten in derDunkelheit auf.

Das Tier knurrte wieder und streckte mir eine be-haarte Pfote entgegen. »Süßigkeiten … her mit allendeinen Süßigkeiten!«

»Stephanie …!«, stieß ich mit erstickter Stimme her-vor. Das war doch Stephanie, oder?

Als Antwort rammte mir das Tier seine Klauen inden Bauch. Und da sah ich an seinem behaarten Ge-lenk Stephanies Mickymaus-Armbanduhr glänzen.

»Wahnsinn, Stephanie! Du siehst hammermäßig aus.Echt, du …« Weiter kam ich nicht. Stephanie ducktesich hinter eine Ecke und zerrte mich mit sich zu Boden.

Meine Knie schrappten über die harte Erde. »Aua!Hast du einen Knall?«, beschwerte ich mich. »Was sollder Quatsch?«

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In diesem Moment zog eine Gruppe verkleideterKinder an uns vorbei. Stephanie sprang hinter der He-cke hervor. »Arrgrrrh!«, knurrte sie.

Die kleinen Kinder erschraken total. Sie drehten sich sofort um und stürmten hysterisch kreischend davon. Drei von ihnen verloren bei der Flucht ihreSüßigkeitentüten, die Stephanie gierig aufsammelte.»Mhmmmm, lecker!«

»Ha, die haben sich fast in die Hose gemacht!«, riefich und sah den davonrennenden Kindern hinterher.»Wahnsinn!«

Stephanie begann zu lachen. Sie hat so ein hohesglucksendes Lachen, das total ansteckend ist. Es hörtsich an wie ein Huhn, das gekitzelt wird. »Ja. Das warecht ziemlich witzig«, stimmte sie mir zu. »Witziger alsvon Haus zu Haus gehen und von den ErwachsenenSüßigkeiten zu erpressen.«

Also verbrachten wir den Rest des Abends damit,kleine Kinder zu erschrecken. Viele Süßigkeiten hattenwir am Ende nicht, aber dafür eine Menge Spaß.

»Oh Mann, wär das nicht super, wenn wir das jedenAbend machen könnten!«, begeisterte ich mich aufdem Nachhauseweg.

»Können wir doch«, behauptete Stephanie grinsend.»Ich wüsste nicht, wo geschrieben steht, dass man Kin-der nur an Halloween erschrecken kann – falls du ver-stehst, was ich meine.«

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Ich verstand genau, was sie meinte.Sie warf ihren struppigen Kopf in den Nacken und

krähte ihr Hühnerlachen. Ich fiel mit ein.Das war der Beginn unseres Spuktreibens in der Ge-

gend.Spätabends schlagen die Grauen erregenden Grusel-

geschwister zu und terrorisieren die Nachbarschaft.Wir sind überall! Na ja … fast überall.

Es gibt nur einen Ort in der Gegend, an dem sogarStephanie und ich eine Gänsehaut bekommen. Undzwar ist das ein uraltes Haus, das ein paar Straßen wei-ter steht. Es wird das Hill House genannt, weil es aufeinem hohen Hügel in der Hill Street steht.

Ich weiß, ich weiß – es gibt eine Menge angeblicherSpukhäuser.

Aber im Hill House spukt es wirklich.Stephanie und ich wissen das mit Sicherheit.Denn dort ist uns der Geist ohne Kopf erschienen.

3Hill House ist die größte Touristenattraktion in Whee-ler Falls und – um ehrlich zu sein – die Einzige.

Womöglich habt ihr ja selbst schon mal von demHaus gehört. Es ist schon in vielen Büchern beschrie-

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ben worden. Dort finden stündlich Besichtigungstou-ren statt. Die Führer tragen unheimliche schwarze Uni-formen, benehmen sich so, dass man echt Angst kriegt,und erzählen gruselige Geschichten über das Haus. Beimanchen von ihren Gespenstergeschichten läuft mir einkalter Schauder über den Rücken.

Stephanie und ich nehmen echt gern an den Führun-gen teil, besonders wenn Otto an der Reihe ist. Ottomacht es unserer Meinung nach am besten.

Er ist groß, glatzköpfig und Furcht erregend, mitwinzigen schwarzen Augen, die direkt durch einen hin-durchzublicken scheinen. Und er hat eine dunkle, dröh-nende Stimme, die aus der Tiefe seiner massigen Brustertönt.

Wenn Otto uns von einem Zimmer des alten Hausesin das nächste führt, senkt er seine Stimme manchmalzu einem Flüstern. Er spricht dann so leise, dass manihn kaum noch versteht. Und dann treten seine winzi-gen Augen hervor, er streckt den Zeigefinger aus undbrüllt: »Da ist der Geist! Da!«

Stephanie und ich kreischen jedes Mal auf.Sogar Ottos Lächeln macht einem Angst.Stephanie und ich haben die Führung so oft mitge-

macht, dass wir sie praktisch schon selbst übernehmenkönnten. Wir kennen jedes einzelne der gruseligen al-ten Zimmer. Und jeden Ort, an dem schon mal Geistergesehen wurden.

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Echte Geister!Wir finden das Haus einfach genial.Wie das Haus zu einem Spukhaus geworden ist?Also gut, hier ist die Geschichte, die Otto, Edna und

die übrigen Führer erzählen:

Hill House ist zweihundert Jahre alt. Und es ist prak-tisch schon von dem Moment an verflucht gewesen, alsdie ersten Steine zu seinem Bau aus dem Steinbruch ge-holt wurden.

Ein junger Schiffskapitän ließ das Haus für seinefrisch angetraute Braut errichten. Aber genau an demTag, an dem es fertig gestellt war, lief sein Schiff aus.

Seine junge Frau zog ganz allein in das riesige Haus.Es war kalt und dunkel. Die Korridore schienen endlosund es gab zu viele Räume, um sie alle zu bewohnen.

Monatelang starrte sie aus dem Fenster ihres Schlaf-zimmers, das auf den Fluss blickte. Sie wartete gedul-dig auf die Rückkehr ihres Kapitäns.

Der Winter kam und ging. Dann der Frühling.Schließlich der Sommer.

Aber der Kapitän kehrte nie mehr zurück.Das Meer hatte ihn in die Tiefe gerissen und ver-

schluckt.Ein Jahr nach dem Verschwinden des Kapitäns wur-

den die langen Flure von Hill House erstmals voneinem Geist heimgesucht. Es war der Geist des jungen

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Kapitäns. Er hatte sein nasses Grab verlassen, um nachseiner Frau zu suchen.

Nacht für Nacht schwebte er durch die langen, ver-winkelten Korridore. Er schwang eine Laterne und rieflaut den Namen seiner Frau. »Annabell! Annabell!«

Doch Annabell blieb stumm.Voller Trauer war sie aus der riesigen Villa geflohen

und nie mehr gesehen worden.Schließlich zog eine neue Familie in das Haus. Im

Laufe der Jahre behaupteten mehrere Personen, dienächtlichen Rufe des Geistes gehört zu haben. »Anna-bell! Annabell!«, habe es durch die verwinkelten Flureund kalten Zimmer des Hauses gehallt. »Annabell!Annabell!«

Die Menschen hatten die klagenden Rufe zwar ge-hört, aber gesehen hatte den Geist niemand.

Vor hundert Jahren wurde das Haus schließlich voneiner Familie namens Craw gekauft. Die Craws hatteneinen dreizehnjährigen Sohn, Andrew.

Andrew war ein bösartiger Junge. Er hatte großenSpaß daran, der Dienerschaft grausame Streiche zuspielen und sie zu Tode zu erschrecken.

Einmal schleuderte er eine Katze aus dem Fensterund war sehr enttäuscht, als sie den Sturz überlebte.

Nicht einmal Andrews eigene Eltern wollten etwasmit ihrem bösen Sohn zu tun haben. Also musste ersich allein die Zeit vertreiben. Er durchstreifte das alte

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Gemäuer und überlegte sich, wie er anderen Schadenzufügen konnte.

Eines Tages entdeckte er durch Zufall ein Zimmer,in dem er noch nie gewesen war. Er stieß eine schwereHolztür auf, die mit lautem Knarren aufschwang.

Dann trat er ein.Auf einem kleinen Tischchen glomm schwach eine

Schiffslaterne. Andere Möbel sah der Junge in dem ge-räumigen Zimmer nicht. Am Tisch saß niemand.

Merkwürdig, dachte er. Was macht denn die ange-zündete Laterne in dem leeren Zimmer?

Andrew ging auf die Laterne zu. Als er sich über siebeugte, um den Docht niedriger zu drehen, erschiender Geist. Der Kapitän!

Über die Jahre war der Geist gealtert und hatte sich in eine Furcht erregende Kreatur verwandelt. Seineweißen Fingernägel waren so lang geworden, dass siespiralförmig wuchsen. Hinter den geschwollenen, auf-gesprungenen Lippen blitzten schwarze, geborsteneZahnstümpfe hervor. Und sein Gesicht war von einemzotteligen weißen Bart überwuchert.

Der Junge starrte ihn voller Entsetzen an. »Wer –wer bist du?«, stammelte er.

Der Geist sagte kein Wort. Er schwebte im fahlgelbenLicht der Laterne und sah den Jungen hasserfüllt an.

»Wer bist du? Was willst du? Was machst du hier?«,fragte der Junge erneut.

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Als der Geist wieder nicht antwortete, drehte An-drew sich um und versuchte zu fliehen.

Aber er hatte noch keine zwei Schritte gemacht, alser auch schon den eisigen Atem des Geistes im Nackenspürte.

Andrew wollte nach der Tür greifen, doch der Geistwirbelte um ihn herum. Wirbelte wie ein Strudel schwar-zen Rauchs inmitten des schwachen gelben Scheins derLaterne.

»Nein! Hör auf!«, kreischte der Junge. »Lass michgehen!«

Da öffneten sich die Lippen des Geistes und gabenden Blick auf ein schwarzes Loch frei. Und endlichsprach er auch – mit einer Flüsterstimme, die klang wiedas Rascheln welker Blätter. »Jetzt, wo du mich gese-hen hast, kann ich dich nie mehr gehen lassen.«

»Nein!«, schrie der Junge. »Lass mich gehen! Lassmich gehen!«

Aber der Geist achtete nicht auf seine Schreie. Erwiederholte nur noch einmal, was er geflüstert hatte:»Jetzt, wo du mich gesehen hast, kann ich dich nichtmehr gehen lassen.«

Der alte Geist hob die knochigen Arme und nähertesich dem Jungen. Seine eiskalten Finger berührten An-drews Gesicht. Umklammerten es. Packten es.

Und dann?

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4Der Geist riss dem Jungen den Kopf von den Schul-tern – und versteckte den Kopf irgendwo im Haus! Da-nach stieß er einen allerletzten Schrei aus, der so mark-erschütternd war, dass er sogar die massiven Stein-mauern erzittern ließ – »Annabell! Annabell!« – undverschwand für immer.

Aber das bedeutete nicht, dass Hill House die Geis-ter los gewesen wäre. Denn ab jetzt spukte ein neuesGespenst durch die endlosen, verschlungenen Korri-dore.

Andrew!Jede Nacht durchforscht seitdem der Geist des armen

Jungen die Flure und Zimmer auf der Suche nach sei-nem verschwundenen Kopf.

Otto und die anderen Führer behaupten, dass man die Schritte des kopflosen Geistes hören kann, wenn ersucht und sucht.

Aber auch die anderen Zimmer des Hauses habenalle ihre eigene Furcht erregende Geschichte.

Ob sie wahr sind?Also, Stephanie und ich glauben jedenfalls da-

ran. Deswegen machen wir die Führung auch so oftmit.

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Wir beide müssen schon an die hundert Mal in demalten Haus gewesen sein.

Hill House ist für uns einfach das Größte.Vielleicht sollte ich eher sagen, es war das Größte –

bis Stephanie einen ihrer genialen Einfälle hatte.Danach hat das Haus ziemlich viel von seiner Anzie-

hungskraft auf uns verloren.Es wurde zu einem echten Ort des Grauens.

5Das Ganze begann vor ein paar Wochen, als Stephanieplötzlich anfing sich zu langweilen.

Es war ungefähr zehn Uhr abends und wir spuktenmal wieder in der Nachbarschaft herum. Vor Mary Jef-fers Schlafzimmerfenster stießen wir unser schauerli-ches Wolfsheulen aus. Danach gingen wir zu Terri Abelund warfen ein paar Hühnerknöchelchen in den Brief-kasten – es ist ganz schön gruslig, wenn man seineBriefe rausholen will und stattdessen nackte, kalteKnochen berührt. Anschließend schlichen wir uns überdie Straße zu Ben Fuller rüber.

Ben war unser letztes Opfer. Er geht in unsere Klasseund wir hatten einen ganz besonderen Horror für ihnvorbereitet.

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Ben hat nämlich Angst vor Krabbeltierchen und istdadurch besonders einfach zu erschrecken.

Obwohl es schon ziemlich kalt war, schlief er wieimmer bei offenem Fenster. Stephanie und ich ziehenuns öfter mal am Fensterbrett hoch und werfen Gum-mispinnen auf den schlafenden Ben.

Die winzigen Gummispinnen kitzeln ihn im Gesicht,er wacht auf und brüllt sofort los.

Es funktioniert jedes Mal.Er hält die Spinnen immer für echt und versucht

schreiend aus dem Bett zu springen. Dabei verheddert ersich unweigerlich in seiner Decke und knallt – rumms –auf den Boden.

Stephanie und ich beglückwünschen uns danach immer zu unserem erfolgreichen Coup und gehen an-schließend nach Hause ins Bett.

Aber diesmal drehte sich Stephanie, nachdem wirdie Spinnen durchs Fenster geworfen hatten, zu mir um und flüsterte: »Mir kommt da eben eine genialeIdee!«

»Was …?« Ich wollte gerade antworten, da unter-brach mich Bens Kreischen.

Wir lauschten seinen Schreien und dann dem Rumms,als er auf den Boden plumpste.

Stephanie und ich klatschten zufrieden unsereHandflächen aneinander und flohen dann durch denstockdunklen Garten. Unsere Turnschuhe erzeugten

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