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Studie Eine Studie der ÖKOTEC Energiemanagement GmbH und der Prognos AG im Auftrag der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Stand: Juli 2012, 1. Auflage www.vbw-bayern.de Energieeffizienz in der Industrie

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Studie

Eine Studie der ÖKOTEC Energiemanagement GmbH und der Prognos AG im Auftrag der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Stand: Juli 2012, 1. Auflage www.vbw-bayern.de

Energieeffizienz in der Industrie

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Vorwort X

Vorwort Energieeffizienz in der Industrie

Die Energiewende besteht aus drei zentralen Aufgaben: Dem Umbau der Energieer-zeugung auf erneuerbare Energien, verbunden mit neuen Reservekraftwerken und -speichern, dem Ausbau der Stromnetze und der Einsparung von Energie in den Sek-toren Gebäude, Verkehr und produzierendes Gewerbe. Zu zahlreichen Themenbereichen hat die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirt-schaft e. V. umfangreiche Gutachten veröffentlicht. Ziel ist es, für den Standort Bayern eine sichere, wettbewerbsfähige und umweltgerechte Stromversorgung zu gewährleis-ten. Aktuell hat die vbw von der ÖKOTEC Energiemanagement GmbH und der Prognos AG untersuchen lassen, wie viel Energie in den vergangenen Jahren in der Industrie be-reits eingespart wurde und welche Einsparpotenziale noch bestehen. Schwerpunktmä-ßig betrachtet werden Produktionsprozesse in den Branchen Metallerzeugung, Metall-erzeugnisse, Maschinenbau, Elektrogeräte, Elektrische Ausrüstungen und Automotive. Ein positives Resultat der Studie ist, dass kurzfristig realisierbare Einsparpotenziale bestehen. Sie beruhen im Wesentlichen auf systemübergreifenden Optimierungen. Mittelfristige Potenziale erschließen sich durch neue, energieeffiziente Technologien. Diese Maßnahmen sind im Rahmen üblicher Reinvestitionszyklen wirtschaftlich um-setzbar. Derzeit werden politisch bei der Ausgestaltung der EU-Energieeffizienzrichtlinie und beim Spitzenausgleich in der Strom- und Energiesteuer verbindliche Einsparziele dis-kutiert. Die Studie zeigt klar auf, dass politisch verbindliche Energieeffizienzziele nach Branchen oder nach Unternehmensgruppen keinesfalls sinnvoll sind. Jeder Betrieb hat entsprechend seiner Produktionsmethode, dem Investitionszyklus seiner Anlagen und dem Anteil physikalischer Prozesse ganz spezifische Einsparpotenziale. Je weiter die-se Einsparpotenziale bereits in der Vergangenheit ausgeschöpft wurden, desto auf-wändiger ist es, weitere Potenziale zu verwirklichen. Dies muss bei der Diskussion um Energieeffizienzvorgaben dringend berücksichtigt werden. Bertram Brossardt 23. Juli 2012

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Inhalt X

Inhalt

1 Executive Summary ..................................................................................... 1

2 Ausgangslage und Zielsetzung ................................................................... 4

2.1 Ausgangslage ................................................................................................. 4

2.2 Kernfragen und Vorgehensweise ................................................................... 5

2.3 Abgrenzung der Untersuchung ....................................................................... 6

3 Methodische Grundlagen ............................................................................ 8

3.1 Was treibt den Energieverbrauch? ................................................................. 8

3.2 Wie kann man Energieeffizienz messen? ...................................................... 9

3.3 Wie viel Energie kann man noch sparen? – der Potenzialbegriff ................. 10 3.3.1 Potenzialbegriff aus wissenschaftlicher Sicht ............................................... 12 3.3.2 Potenzialbegriff aus praktischer Sicht .......................................................... 14 3.3.3 Die Grenzen des Potenzialbegriffs ............................................................... 15

3.4 Was muss man für mehr Energieeffizienz tun? – Der Maßnahmenbegriff ... 17

3.5 Kompatibilität der statistischen Grundlagen ................................................. 17 3.5.1 Abgrenzung in der amtlichen Statistik (WZ 2008) ........................................ 18 3.5.2 Abgrenzung in der Energiebilanz ................................................................. 18

4 Die Entwicklung der Energieeffizienz in der Industrie ........................... 19

4.1 Der Energieverbrauch der Industrie ............................................................. 19 4.1.1 Der Energieverbrauch insgesamt ................................................................. 19 4.1.2 Energieverbrauch nach Energieträgern ........................................................ 20 4.1.3 Energieverbrauch nach Verwendungszwecken ........................................... 22 4.1.4 Energieverbrauch nach Branchen ................................................................ 23

4.2 Wirtschaftliche Entwicklung der Industrie ..................................................... 24 4.2.1 Bruttowertschöpfung..................................................................................... 24 4.2.2 Produktivität .................................................................................................. 26 4.2.3 Investitionen ................................................................................................. 27

4.3 Energieproduktivität und Energieintensität ................................................... 28

4.4 Veränderung des Energieverbrauchs nach Einflussfaktoren – Faktoranalyse ..................................................................................................................... 29

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Inhalt X

5 Potenziale der Energieeffizienz ................................................................. 32

5.1 Einsparpotenziale der ausgewählten Branchen ........................................... 32

5.2 Einsparpotenziale aus wissenschaftlicher Sicht ........................................... 32 5.2.1 Referenzszenario: Business as usual .......................................................... 32 5.2.2 Ambitioniertes Szenario: Optimale Potenzialausschöpfung ......................... 34 5.2.3 Fazit .............................................................................................................. 37

5.3 Einsparpotenziale aus praktischer Sicht ....................................................... 38 5.3.1 Potenziale ausgewählter Branchen .............................................................. 38 5.3.2 Potenziale nach Anwendungsbereichen ...................................................... 39 5.3.3 Wirtschaftlichkeit der Potenziale ................................................................... 40 5.3.4 Streubreite der Potenziale ............................................................................ 41 5.3.5 Einfluss der Bearbeitungsdauer ................................................................... 42 5.3.6 Fazit .............................................................................................................. 44

5.4 Gegenüberstellung der Ergebnisse .............................................................. 44

5.5 Einsparpotenziale der wichtigsten Maßnahmenkategorien .......................... 48

5.6 Zusammenfassung und Fazit ....................................................................... 52

6 Fazit und Schlussfolgerungen .................................................................. 53

Glossar ......................................................................................................................... 55

Literatur......................................................................................................................... 56

Abbildungsverzeichnis .................................................................................................. 57

Anhang ......................................................................................................................... 59

Ansprechpartner / Impressum ...................................................................................... 60

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Executive Summary 1

1 Executive Summary Die Ergebnisse im Überblick

Die Energiewende ist eine Herausforderung für alle Bereiche unserer Wirtschaft. Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie sowie dem Ausbau von erneuerbaren Energien und Stromnetzen steht dabei meist der Umwandlungssektor im Vordergrund. Ausgeblendet wird häufig, dass die Ziele und Anforderungen in den energieverbrauchenden Sektoren (Haushalte, Gewerbe, Industrie, Verkehr) ebenfalls sehr ambitioniert sind. Insbesonde-re für die Industrie sind aktuelle Gesetzesnovellen zur Beförderung der Energieeffizi-enz geplant und in Diskussion. Vor diesem Hintergrund widmet sich die vorliegende Studie folgenden Fragen: 1. Methodische Grundlagen: Was ist Energieeffizienz und wie kann man sie messen? 2. Entwicklung der Energieeffizienz: Wie viel Energie wurde in der Industrie schon

eingespart? 3. Einsparpotenziale nach Branchen: Wo kann in der Industrie noch Energie einge-

spart werden? 4. Maßnahmen und Anwendungen: Was kann die Industrie noch für Energieeffizienz

tun? 5. Herausforderungen für die Politik: Warum ist das Energiesparen in der Industrie

nicht so einfach? Zur Beantwortung dieser Fragen wurde ein Ansatz verfolgt, der zwei unterschiedliche Sichtweisen auf die Entwicklung der Energieeffizienz und die noch vorhandenen Po-tenziale kombiniert und zusammenführt. Diese beiden Sichtweisen werden in dieser Studie als wissenschaftliche und praktische Sichtweise bezeichnet. Was ist Energieeffizienz und wie kann man sie messen? Im Rahmen dieser Studie wird Energieeffizienz definiert als Relation zwischen der in monetären Einheiten gemesse-nen Bruttowertschöpfung (BWS, in konstanten Preisen), als Indikator für den wirt-schaftlichen Nutzen und dem in physischen Einheiten gemessenen Endenergiever-brauch. Die Energieeffizienz lässt sich einerseits als Energieproduktivität ausdrücken, die besagt, welche Wertschöpfung je eingesetzter Einheit Energie erreicht wird und meist in Milliarden Euroreal je Petajoule (PJ)1 angegeben wird. Andererseits wird sie als Energieintensität definiert, die angibt, wie viel Energie erforderlich ist, um eine Einheit BWS zu erwirtschaften und meist in PJ je Milliarden Euroreal ausgedrückt wird. Eine

1 Reale Preisangaben sind inflationsbereinigte Preisangaben.

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Executive Summary 2

steigende Energieeffizienz ist gleichbedeutend mit einer steigenden Energieproduktivi-tät und einer sinkenden Energieintensität. Wie viel Energie wurde in der Industrie schon eingespart? Schon in der Vergangenheit hat sich die Energieeffizienz in der Industrie deutlich verbessert: Zwischen 1990 und 2010 hat sich die Energieintensität um 35 Prozent verringert, hauptsächlich aufgrund der rückläufigen Brennstoffintensität. Bereinigt um Wachstums- und Struktureffekte wurden in den letzten 20 Jahren in der Industrie 32 Prozent (960 PJ) Endenergie ein-gespart. Die Energieeffizienz nahm seit 1995 / 1996 um durchschnittlich drei Prozent pro Jahr zu. Wo kann in der Industrie noch Energie eingespart werden? In den betrachteten Bran-chen Metallerzeugung, Metallerzeugnisse, Maschinenbau, Elektrogeräte, Elektrische Ausrüstungen und Automotive wurden deutliche Einsparpotenziale identifiziert: Wenn die Politik ein positives Umfeld schafft, können in den betrachteten Branchen im Mittel 15 Prozent des Primärenergieverbrauchs bis 2020 eingespart werden. Bei Fortschrei-bung aktueller Politiken sind die Einsparpotenziale mit zehn Prozent eher moderat. Bei Querschnittstechnologien sind die Potenziale größer, bei Kernprozessen kleiner. Was kann die Industrie noch für Energieeffizienz tun? Die Beratungspraxis zeigt kurz-fristig hohe erreichbare Potenziale auf, die wesentlich auf systemübergreifenden Opti-mierungen wie Wärmerückgewinnungsmaßnahmen und Bedarfsanpassungen wie Re-gelungsmaßnahmen beruhen. Diese Maßnahmen können aufgrund ihrer hohen Wirt-schaftlichkeit zügig umgesetzt werden. Wissenschaftliche Studien weisen hohe mittelfristige Potenziale durch die Diffusion neuer, energieeffizienter Technologien wie zum Beispiel den Ersatz alter Pressenstra-ßen durch aktuell am Markt verfügbare Anlagen auf. Diese Maßnahmen können inner-halb der üblichen Reinvestitionszyklen wirtschaftlich umgesetzt werden. Warum ist das Energiesparen in der Industrie nicht so einfach? Auch innerhalb einzel-ner Branchen sind die Potenziale sehr heterogen: Entscheidend für ihre Realisierung sind die betriebsindividuellen Voraussetzungen, die branchenübergreifenden Konjunk-turzyklen, die betriebliche Wertschöpfungstiefe sowie die schon erreichte und die theo-retisch erreichbare Energieeffizienz. Der Handlungsspielraum der Unternehmen be-schränkt sich auf die systemgerechte Implementierung bestverfügbarer Technik unter Berücksichtigung unternehmensüblicher Wirtschaftlichkeitsvorgaben. Daher gehen pauschale Anforderungen an eine Steigerung der Energieeffizienz an der Realität vorbei. Unternehmen erhielten dadurch teilweise wirtschaftlich nicht erreichba-re, nicht angepasste und teilweise zu hohe oder zu niedrige Zielsetzungen. Insbeson-dere „early movers“, die die Effizienz ihrer Anlagentechnik bereits durch Anwendung der bestverfügbaren Technik gesteigert haben, erleiden einen Nachteil gegenüber Un-ternehmen, die – möglicherweise aus Unkenntnis oder aufgrund konjunkturell ungüns-tiger Phasen – weniger investiert haben. Die Unternehmen sollten eine systematische Planungs- und Entscheidungsgrundlage für die Realisierung von Effizienzmaßnahmen

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Executive Summary 3

schaffen, um auf dieser Basis unternehmerische und eigenverantwortliche Entschei-dungen für die Zukunft zu treffen. Externe Energieberatungen oder (ab bestimmten Unternehmensgrößen) Energiemanagementsysteme können solche Entscheidungs-grundlagen liefern.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Ausgangslage und Zielsetzung 4

2 Ausgangslage und Zielsetzung Motivation zur Studie

2.1 Ausgangslage

Neben dem Ausstieg aus der Kernenergie sowie dem Ausbau von erneuerbaren Ener-gien und Stromnetzen ist die Energieeffizienz der vierte Eckpfeiler der deutschen Energiewende. Insbesondere in der Industrie sollen die Effizienzpotenziale noch sys-tematischer erschlossen werden. Der Fokus richtet sich dabei auf wirtschaftliche Maß-nahmen, um die Kostenbelastung der Unternehmen möglichst gering zu halten. In die-sem Sinne hat sich die Bundesregierung im Energiekonzept zur Fortführung des Spit-zenausgleichs bekannt, wenn die Unternehmen mehr für Energieeffizienz tun (Ener-giekonzept 2010). Konkret ist geplant, „den Spitzenausgleich im Rahmen der Energie- und Stromsteuer nur noch (zu) gewähren, wenn die Betriebe einen Beitrag zu Energie-einsparungen leisten. Der Nachweis der Einsparung kann durch die zertifizierte Proto-kollierung in Energiemanagementsystemen oder durch andere gleichwertige Maßnah-men erfolgen“. Aus der Industrie wurde grundsätzlich die Bereitschaft für ein kooperati-ves System zur weiteren Verbesserung der Energieeffizienz signalisiert. In den jüngsten Vorschlägen zur Novellierung des Spitzenausgleichs verlangt die Bun-desregierung neben der verbindlichen Verpflichtung zur Energieberatung (für kleine und mittlere Unternehmen) und zur Einführung von Energiemanagementsystemen (für große Unternehmen) nicht nur einen Nachweis von Einsparungen, sondern gibt dar-über hinaus jährlich zu erreichende Mindest-Einsparwerte vor. Hierzu wurde ein Kata-log von branchenspezifischen Einsparwerten vorgelegt. Für Brennstoffe und Wärme soll jährlich eine Einsparung in der Größenordnung von ca. einem Prozent und für Strom von ca. zwei Prozent nachgewiesen werden. Dass in der Industrie weitere Energieeinsparungen möglich sind, wird auch von Bran-chenexperten nicht ernsthaft bezweifelt. Allerdings erscheint in diesem Zusammen-hang die Frage berechtigt, ob eine wissenschaftliche Studie, die die Einsparpotenziale überwiegend auf Basis von Modellsimulationen für einzelne Branchen ermittelt, über-haupt auf die unternehmerische Praxis anwendbar ist. Selbst, wenn die wissenschaftli-chen Analysen in teilweise hoher Auflösung Einsparprognosen machen, ist nicht gesi-chert, ob der ermittelte Durchschnittswert auch in der betriebsindividuellen Praxis zu erreichen ist. Es wird ebenfalls kaum bestritten, dass qualifizierte Energieberatungen und Energiemanagementsysteme sinnvolle Unterstützung bei der Energieeinsparung bieten. Es besteht jedoch Anlass zur Skepsis, ob brancheneinheitliche Einsparwerte der Heterogenität und den unterschiedlichen Voraussetzungen der Unternehmen ge-recht werden. Und werden nicht gerade „early movers“, also Unternehmen, die in der Vergangenheit viel für Energieeffizienz getan haben, durch branchenspezifische Vor-gaben benachteiligt?

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Ausgangslage und Zielsetzung 5

Um das grundlegende Verständnis sowohl für die wissenschaftliche Sichtweise wie auch für die industrielle Praxis zu vertiefen, nutzt die vorliegende Studie die Fachkom-petenz zweier renommierter Institute: Die Prognos AG kennt und analysiert die Ent-wicklung der Energieeffizienz und der Potenziale aus wissenschaftlicher Sicht, wäh-rend die ÖKOTEC Energiemanagement GmbH diesen Befunden zahlreiche Daten und Ergebnisse aus über 250 Betrieben und 4.500 Einzelmaßnahmen gegenüberstellt. Beide Institute nähern sich so von unterschiedlichen Seiten den oben aufgeworfenen Fragen.

2.2 Kernfragen und Vorgehensweise

Vor diesem Hintergrund werden die folgenden Kernfragen in fünf Kapiteln behandelt: 1. Methodische Grundlagen: Was ist Energieeffizienz und wie kann man sie messen? 2. Entwicklung der Energieeffizienz: Wie viel Energie wurde in der Industrie schon

eingespart? 3. Einsparpotenziale nach Branchen: Wo kann in der Industrie noch Energie einge-

spart werden? 4. Maßnahmen und Anwendungen: Was kann die Industrie noch für Energieeffizienz

tun? 5. Herausforderungen für die Politik: Warum ist das Energiesparen in der Industrie

nicht so einfach? Zur Beantwortung dieser Fragen wurde ein Ansatz verfolgt, der zwei unterschiedliche Sichtweisen auf die Entwicklung der Energieeffizienz und die noch vorhandenen Ein-sparpotenziale kombiniert und zusammenführt. Diese beiden Sichtweisen werden in dieser Studie als wissenschaftliche Sichtweise und praktische Sichtweise bezeichnet. – Die wissenschaftliche Sichtweise basiert auf der modellgestützten Analyse der Ent-

wicklung des industriellen Energieverbrauchs und der wirtschaftlichen Entwicklung der Industrie. Der Energieverbrauch unterliegt verschiedenen Einflussgrößen: Ne-ben der technologisch induzierten Entwicklung der Energieeffizienz sind dies im Wesentlichen Mengen-, Witterungs- und Struktureffekte. Um die historische Ent-wicklung der Energieeffizienz aufzuzeigen, wird die Methode der Effektzerlegung angewendet. Dazu werden neben den offiziellen Daten zum Energieverbrauch in der Industrie die branchenbasierten Modelle der Prognos AG genutzt. Mit ihrer Hilfe wird gezeigt, welche Effizienzfortschritte die untersuchten Branchen in den letzten 20 Jahren gemacht haben.

– Die bis 2020 erschließbaren Energieeffizienz-Potenziale werden in der hier vorlie-

genden Studie aus wissenschaftlicher Sicht – basierend auf den in der einschlägi-gen Literatur genannten Einsparoptionen – abgeleitet. Dabei basiert der wissen-schaftliche Potenzialbegriff insbesondere auf der Marktdurchdringung bester ver-fügbarer Technologien in kohortenbasierten Modellen. In den Modellläufen werden die alten Anlagen und Geräte nach Erreichen vorgegebener Lebenszeiten durch die neuesten und besten verfügbaren Technologien ersetzt. Damit erreicht man die

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Ausgangslage und Zielsetzung 6

optimale Effizienzentwicklung, die sich regelmäßig und schnell an den möglichen technischen Horizont anpasst.

– Die praktische Sichtweise basiert auf der Auswertung von Energieberatungsprojek-

ten, die von ÖKOTEC durchgeführt wurden. Insgesamt umfasst dies die Untersu-chung von 261 Industriebetrieben mit insgesamt 4.604 Maßnahmen zur Energieein-sparung. Diese Maßnahmen wurden energetisch wie wirtschaftlich quantifiziert und mittels branchenspezifischer Aggregation zur Ableitung kurzfristiger Effizienzpoten-ziale verwendet. Die auf Basis der vorliegenden Verbrauchsdaten berechneten pro-zentualen Energieeinsparungen wurden genutzt, um im Zuge von Hochrechnungen die Einsparpotenziale auf Branchenebene zu ermitteln.

Für die Auswertung und den Vergleich beider Sichtweisen wurde ein gemeinsames Untersuchungsraster (Branchen, Anwendungsbereiche, Energieträger) entwickelt. Auf diese Weise wird ein direkter Vergleich der Ergebnisse möglich, was nach aktuellem Kenntnisstand bisher noch nicht in diesem Umfang durchgeführt wurde.

2.3 Abgrenzung der Untersuchung

Der zugrunde liegende Begriff der Industrie sowie der im Einzelnen betrachteten Bran-chen folgt der Abgrenzung der Wirtschaftszweigklassifikation, wie sie seit 2008 in der amtlichen Statistik Deutschlands verwendet wird (kurz WZ 2008, siehe Literatur) Die WZ 2008 erfasst im Produzierenden Gewerbe neben dem Verarbeitenden Gewerbe auch den Bergbau, die Energie- und Wasserversorgung sowie das Baugewerbe. In der vorliegenden Studie wird unter Industrie ausschließlich das „Verarbeitende Gewerbe“ verstanden. Die Begriffe Industrie, Industriesektor und Verarbeitendes Gewerbe wer-den im Folgenden synonym verwendet. Ferner konzentriert sich die vorliegende Untersuchung in enger Abstimmung mit dem Auftraggeber auf fünf ausgewählte Branchen. Mit der Metallerzeugung wird auch ein bedeutender Wirtschaftszweig der energieintensiven Grundstoffindustrie betrachtet. Die übrigen vier betrachteten Branchen Metallbearbeitung (Metallerzeugnisse), Elektro, Maschinenbau und Kraftfahrzeugbau bilden für Bayern (und Deutschland) einen Quer-schnitt wichtiger Branchen in der weiterverarbeitenden Industrie.

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Ausgangslage und Zielsetzung 7

Tabelle 1 Einordnung der betrachteten Wirtschaftszweige nach der Klassifizierung der Wirtschaftszweige (WZ 2008)

Sektor/Branche WZ 2008 Bezeichnung WZ 2008

Industrie C Verarbeitendes Gewerbe darunter

Metallerzeugung 24 Metallerzeugung und -bearbeitung Metallerzeugnisse 25 Herstellung von Metallerzeugnissen Elektrotechnik 26 und

27 Siehe unten

Darunter Elektrogeräte

26

Herstellung von Datenverarbeitungsgerä-ten, elektronischen und optischen Er-zeugnissen

Elektrische Ausrüstungen 27 Herstellung von elektrischen Ausrüstun-gen

Maschinenbau 28 Maschinenbau Automotive 29 Herstellung von Kraftwagen und Kraft-

wagenteilen Der jeweilige Energieverbrauch der Industrie und der einzelnen Branchen wird von der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) aus der Industriestatistik übernommen und um den Energieträgereinsatz in großen stromerzeugenden Kraftwerken sowie dem Energiesektor (Umwandlungssektor) bereinigt. Da die Branchenabgrenzungen beider statistischer Quellen nicht in allen Fällen identisch sind, sind Umrechnungen erforder-lich.

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Methodische Grundlagen 8

3 Methodische Grundlagen Wissenschaft und Praxis

3.1 Was treibt den Energieverbrauch?

Der Endenergieverbrauch unterliegt einer Reihe von Einflussgrößen, die bei der Be-trachtung von Energieeffizienz und Energieeinsparpotenzialen zu berücksichtigen sind. Aus strategischer Sicht interessiert dabei die Frage, welche Effekte man grund-sätzlich beeinflussen und daher in die Potenzialbetrachtung einbeziehen möchte und welche Faktoren nicht beeinflusst werden können. Der Einfluss dieser Effekte wird in der Analyse in der Regel durch Normalisierungsverfahren ausgeschaltet. Vereinfacht sind folgende Einflussgrößen wirksam: – der Mengeneffekt – der Einfluss von Qualität und Komfort – der Struktureffekt – der Einfluss von Klima und Witterung (sowie sonstige exogene Effekte) – Preisimpulse – der Effizienzeffekt Mengeneffekt Der Energieverbrauch ist abhängig von den eingesetzten, genutzten oder hergestellten Mengen. Dies können zum Beispiel hergestellte Produkte, beheizte Flächen oder transportierte Güter sein. Damit ist der Energieverbrauch abhängig von der Anzahl der Bevölkerung, der Erwerbstätigen, der Haushalte, der Studenten oder Schülern, von der Produktion, der Bruttowertschöpfung, der Fahr- oder Transportleistung etc. Qualität und Komfort Hohe Komfortstandards (wie etwa gut geheizte / gekühlte) Betriebsräume können zu mehr Energieverbrauch führen. In der Regel ist das Komfortniveau als Zielgröße in der Industrie weniger wichtig, sondern es geht in der Regel um betriebsnotwendige Min-destparameter (Be- / Entlüftung, Be- / Entfeuchtung), die einzuhalten sind. Struktureffekt Neben dem Mengeneffekt spielt in der Industrie vor allem der interindustrielle Struktur-wandel eine Rolle. Das sektorale Wachstum verteilt sich nicht gleichmäßig auf alle Branchen. In manchen Branchen findet ein überdurchschnittliches Wachstum statt. In anderen Branchen geht hingegen die Industrieproduktion zurück. Der Struktureffekt quantifiziert den Einfluss der branchenspezifischen Entwicklung der Wirtschaftsleistung auf den sektoralen Energieverbrauch.

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Methodische Grundlagen 9

Witterung und sonstige, exogene Effekte Der Energieverbrauch wird beeinflusst von weiteren exogenen, teilweise periodisch, teilweise stochastisch auftretenden (Stör-) Größen. Insbesondere können dies Witte-rung und klimatische Einflüsse sein, die in der Regel in der Industrie aber nicht so aus-geprägt sind wie etwa im Bereich der privaten Wohngebäude. Preiseffekt Der Energieverbrauch ist abhängig vom Preis der eingesetzten Energieträger wie Heizöl, Gas, Kohle, Koks, Fernwärme, Strom, Benzin, Schiffsdiesel oder Flugbenzin etc. Die inkrementelle Reaktion des Endenergieverbrauchs einer bestimmten Verbrau-chergruppe auf eine inkrementelle Änderung des Verbraucherpreises wird als Prei-selastizität bezeichnet. Preisimpulse können kurzfristig zu verhaltensbedingten Effizi-enzeffekten führen („Licht aus“), die aber mittel- bis langfristig meist in technologische Effizienzeffekte überführt werden („Bewegungsmelder“). Daher wird in der vorliegen-den Studie nicht unterschieden, ob die Änderung des Energieverbrauchs auf einen Preisimpuls, auf zusätzliche Fördermittel, ein Informationsgespräch des Energiever-sorgungsunternehmens, aufgrund einer unternehmerischen Investitionsentscheidung oder aufgrund regulatorischer Vorgaben eingetreten ist. Der Effekt von Technik und Technologie, kurz: der Effizienzeffekt Der Energieverbrauch ist abhängig von der Effizienz der eingesetzten Technologie. In dieser Studie wird insbesondere das Verhältnis zwischen erzieltem Nutzen, wie zum Beispiel der Wertschöpfung oder der Fläche des klimatisierten Raumes und dem ener-getischem Aufwand, verwendet. In der technischen Vorkette wird dieses Verhältnis meist als Wirkungsgrad oder Nutzungsgrad bezeichnet.

3.2 Wie kann man Energieeffizienz messen?

Die Energieeffizienz setzt den Energieverbrauch in Bezug zu einer wirtschaftlichen Nutzengröße. Das kann der Umsatz sein, die wertmäßige oder mengenmäßige Pro-duktion, die Wertschöpfung oder eine Gewinngröße. Im Rahmen dieser Studie wird Energieeffizienz definiert als Relation zwischen der in Euro ausgedrückten Bruttowert-schöpfung (BWS, in konstanten Preisen) als Indikator für den wirtschaftlichen Nutzen und dem in physischen Einheiten gemessenen Endenergieverbrauch. Die Energieeffizienz lässt sich einerseits als Energieproduktivität definieren, die besagt, welche Wertschöpfung je eingesetzter Einheit Energie erwirtschaftet wird und meist in Milliarden Euro je PJ angegeben wird. Andererseits kann die Energieeffizienz in Form der Energieintensität definiert werden. Sie gibt an, wie viel Energie erforderlich ist, um eine Einheit BWS zu erwirtschaften und wird meist in PJ je Milliarden Euro ausge-drückt. Eine steigende Energieeffizienz ist gleichbedeutend mit einer steigenden Energiepro-duktivität und einer sinkenden Energieintensität. Bei der Betrachtung von Energieinten-sitäten ist es sinnvoll, die Stromintensität (Stromeinsatz pro Einheit BWS) von der Brennstoffintensität (Einsatz von Brennstoffen und Wärme pro Einheit BWS) systema-

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Methodische Grundlagen 10

tisch zu unterscheiden. Zum Einen unterliegen die Strom- und Wärmemärkte einer energiewirtschaftlich (sehr) unterschiedlichen Logik, zum Anderen unterscheiden sie sich aufgrund des Primärenergieeinsatzes in ihrer Vorkette. Durch die Verbindung einer Wertgröße (Euro) mit einer physischen Mengengröße (Joule), beeinflussen auch Veränderungen der so genannten Wertdichte die Energieef-fizienz. Falls die wertmäßige Produktion zum Beispiel schneller zunimmt als die physi-sche Mengenproduktion, sinkt die Energieintensität, ohne dass sich die technische Effizienz im engeren Sinne verändert hätte. Das kann beispielsweise durch den stei-genden Markenwert eines Pkw zustande kommen, wodurch für das sonst identische Fahrzeug ein höherer Preis erzielt werden kann.

3.3 Wie viel Energie kann man noch sparen? – der Potenzialbegriff

Zur Beantwortung dieser Frage werden die Einsparpotenziale aus zwei unterschiedli-chen Perspektiven betrachtet, die im Folgenden als wissenschaftliche und praktische Sichtweise bezeichnet werden. Im Kern unterscheiden sich diese Sichtweisen wie in Abbildung 1 dargestellt durch den Umsetzungshorizont der Energieeffizienzpotenziale. Während die wissenschaftliche Sicht überwiegend Potenziale durch die Diffusion neu-er, energieeffizienter Technologien im Rahmen üblicher Ersatzzyklen ermittelt, fokus-siert sich die Beratungspraxis auf unmittelbar wirtschaftlich umsetzbare Effizienzpoten-ziale. Die hier ermittelten Potenziale bestehen überwiegend aus der Optimierung be-stehender Systeme und Anlagen. Im Gegensatz dazu stehen Potenzialen aus der Dif-fusion neuer Technologien, die nur bei guter Kenntnis der untersuchten Anlagen be-lastbar ermittelt werden können. Die Potenziale beider Sichtweisen sind bis zu einem nicht zuverlässig quantifizierbaren Grad additiv. Deshalb wird in diesem Bericht kein Gesamtpotenzial ausgewiesen. Abbildung 1 Differenzierung der Energieeffizienzpotenziale aus wissenschaftlicher und praktischer Sicht

Potenziale aus wissenschaftlicher Sicht Potenziale aus praktischer Sicht

Mittelfristige Umsetzung Umsetzung im Rahmen üblicher Ersatzzyklen. Effizienzpotenziale überwiegend durch die

Diffusion neuer, energieeffizienter Technologien.

Kurzfristige Umsetzung Umsetzung innerhalb von zwei Jahren. Effizienzpotenziale überwiegend aus der

Optimierung bestehender Systeme und Anlagen.

Wissenschaft Praxis

Quelle: Prognos AG / Ökotec Energiemanagement GmbH 2012

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Methodische Grundlagen 11

Der Potenzialbegriff wird üblicherweise in verschiedenen Begriffskombinationen (theo-retisch, technisch, wirtschaftlich, realisierbar) verwendet. Bei der Potenzialermittlung spielen Faktoren wie der betrachtete Zeithorizont, die zugrunde liegenden Mengen und Nutzungsgerüste eine entscheidende Rolle. Theoretisch-idealtypisch existieren An-wendungsbereiche, in denen der Energieverbrauch langfristig komplett beziehungs-weise physikalisch annähernd komplett eingespart werden kann (zum Beispiel „Nul-lenergiehaus“). In der vorliegenden Studie wird jedoch vorrangig der Begriff des techni-schen, wirtschaftlichen und realisierbaren Potenzials verwendet. Welcher Anteil des ausgewiesenen Potenzials dann wirklich eingespart werden kann, hängt stark von den individuellen Gegebenheiten am jeweiligen Produktionsstandort ab, die in Abbildung 2 zur weiteren Systematisierung aufgeführt sind. Abbildung 2 Übersicht der Einflussfaktoren auf Effizienzpotenziale aus Sicht von Einzelunternehmen

Reales Potenzial

1. Personelle Ressourcen2. Planungssicherheit bezüglich der Produktpalette,

der Produktionsanlagen und des Standortes

Wirtschaftliches Potenzial

1. Kostenfaktoren wie beispielsweise- allgemeine Konjunktursituation: Material- und Energiepreise, Lohnkosten, ...- zeitliche Übereinstimmung mit sowieso erforderlichen Ersatzmaßnahmen- zusätzliche Kosten für Umbaumaßnahmen aufgrund laufender Produktion

2. Nutzenfaktoren wie beispielsweise- Auslastung bzw. jährliche Benutzungsdauer der Anlagen- Qualität der Planung und Umsetzung der Maßnahmen

3. Verfügbarkeit von Eigenkapital und Zugang zu Fremdkapital4. Mögliche Förderung durch Land oder Bund

Technisches Potenzial

1. Naturwissenschaftliche Grenzen und Stand der Technik2. Qualität und Quantität der Produkte3. Fertigungstiefe bzw. Ausgangsprodukte4. Standortbedingungen wie Klima und verfügbare Endenergien5. Effizienz der Anlagen zum Ausgangszeitpunkt (Early Movers, …)

Quelle: Ökotec Energiemanagement GmbH / Prognos AG 2012

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Methodische Grundlagen 12

Das technische Potenzial ergibt sich, wenn man alle technischen Möglichkeiten zur Effizienzerhöhung an einem vorhandenen Standort ausnutzt. Der Rahmen wird von der Zweckbestimmung eines Industriebetriebs gesetzt, nämlich aus bestimmten Aus-gangsmaterialien und Vorprodukten bestimmte Produktmengen und -eigenschaften zu erzeugen. Das technische Potential ist beispielsweise begrenzt durch Naturgesetze, die beste verfügbare Technik, die verfügbaren Endenergien und das Klima am Stand-ort. Das wirtschaftliche Potenzial ergibt sich bei zusätzlicher Berücksichtigung wirtschaftlich primärer Faktoren wie der Wirtschaftlichkeit, im engeren Sinne also ein angemessenes Verhältnis von Kosten und Nutzen2. Sekundäre wirtschaftliche Faktoren wie die Ver-fügbarkeit von Eigenkapital, Zugang zu Fremdkapital, die allgemeine Konjunktursituati-on, die betriebsindividuellen Erwartungen der Auslastung, Verfügbarkeit von Fördermit-teln, spielen darüber hinaus eine wichtige Rolle bei der betriebsindividuellen Entschei-dung und können dazu führen, dass eine ansonsten (hoch) rentable Investition trotz-dem nicht getätigt wird. Selbst wenn die primären und sekundären wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind spielen häufig weitere Hemmnisse eine Rolle. Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen kann auch die mangelnde Verfügbarkeit von personellen Ressourcen der Umsetzung von Maßnahmen entgegenstehen. Die trotz aller Einflussfaktoren er-reichbare Einsparung entspricht dem realen Potenzial.

3.3.1 Potenzialbegriff aus wissenschaftlicher Sicht

Der hier verwendete wissenschaftliche Potenzialbegriff orientiert sich an dem am Markt verfügbaren Stand der Technik und richtet sich nach marktüblichen Reinvestitionszyk-len. Dabei werden die Zyklen beibehalten und unterstellt, dass gegenüber dem Refe-renzzustand ein verbesserter Zustand aufgrund der Einführung marktverfügbarer effizi-enter Anlagen auf dem Stand der Technik erreicht wird. Dies folgt der vorherrschenden Modernisierungspraxis und berücksichtigt, dass außerhalb eines Reinvestitionszyklus ein Anlagenersatz aus rein energetischen Gründen selten wirtschaftlich ist. Vor dem Hintergrund des absehbaren Zeitrahmens und der konkreten und unmittelbar umzusetzenden Maßnahmen wird jeweils nur der bereits heute am Markt verfügbare Stand der Technik betrachtet, beispielsweise die bereits heute verfügbaren effizientes-ten Anlagen und Geräte. Dabei wird auf einen Begriff des Standes der Technik abge-

2 Die Wirtschaftlichkeit wird in der Regel aufgrund einschlägiger statischer oder dynamischer Berechnungsverfahren ermittelt. In vielen Betrieben spielt – neben einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals – mit Blick auf die angestrebte Flexibilität in der Produktion eine geringe Amortisationszeit eine wichtige Rolle. Dieses Kriterium spricht eher gegen kapitalintensive Infrastrukturinvestitionen mit einer langen wirtschaftlichen Lebensdauer.

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Methodische Grundlagen 13

stellt, wie er in der Umweltgesetzgebung gebräuchlich ist (vergleiche hierzu auch § 3 BImSchG). Die aus wissenschaftlicher Sicht identifizierten Energieeffizienzpotenziale basieren auf einer umfassenden Literaturanalyse. Für die Recherche bietet sich eine Vielzahl von Quellen an: bottom-up-basierte Studien3, Leitfäden und best-practice-Studien4 sowie top-down-orientierte Studien wie ex-post-Analysen des Energieverbrauchs oder mo-dellbasierte Prognosen und Szenarien5. Für die durchgeführte Potenzialabschätzung wurden ausgewählte Quellen weiter ausgewertet. Hauptkriterium für die Auswahl war die Vergleichbarkeit der Ergebnisse der einzelnen Studien. Folgende Studien bilden aufgrund ihrer Differenzierung die zentrale Basis zur Bestim-mung der Effizienzpotenziale in den ausgewählten Branchen: – ifeu et.al. 2011: Wissenschaftliche Begleitforschung zu übergreifenden technischen,

ökologischen, ökonomischen und strategischen Aspekten des nationalen Teils der Klimaschutzinitiative (NKI): Mit der wissenschaftlichen Begleitforschung der NKI wurden Effizienz- und Klimaschutzoptionen in Deutschland hinsichtlich der techni-schen und wirtschaftlichen Potenziale, der angesprochenen Akteursgruppen, der Exportchancen und der Lücken in der politischen Instrumentenlandschaft analysiert. Zudem wurden die wesentlichen Hemmnisse identifiziert, die der Erschließung der Potenziale entgegenstehen.

– Prognos / basics 2007: Potenziale für Energieeinsparung und Energieeffizienz im Lichte aktueller Preisentwicklungen: Die im Mai 2006 in Kraft getretene „Richtlinie zu Endenergieeffizienz und zu Energiedienstleistungen“ (EDR) verpflichtete die Bun-desregierung, einen „Energieeffizienz-Aktionsplan“ (EEAP) vorzulegen. Für dieses politische Vorhaben wurden im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) Energieeinspar- und -effizienzpotenziale systematisch identifi-ziert und bewertet.

Aus den Studien wurden folgende Informationen gewonnen: – Die Energieeffizienzpotenziale können differenziert sowohl nach Branchen als auch

nach Anwendungssystemen dargestellt werden. Damit ist ein direkter Vergleich der in den Branchen vorhandenen Potenziale möglich. Die Differenzierung nach An-wendungssystemen erlaubt eine technologische Schwerpunktsetzung.

– Die Energieeffizienzpotenziale bis 2020 liegen sowohl für eine Referenzentwicklung vor, die die Fortschreibung aktueller Politiken vorsieht („business as usual“), als auch für eine ambitionierte Entwicklung, die ein auf allen Seiten unter Energieeffi-

3 bottom-up basierte Studien richten den Blick in der Regel auf einzelne Maßnahmen. 4 Leitfäden, Best-Practices enthalten anwendungsorientierte Effizienzpotenziale auf Technologie- und Unternehmens-ebene. Die hier dargestellten Potenziale gelten für die Umsetzung im Einzelfall und können nicht unmittelbar auf eine ganze Branche oder einen ganzen Sektor übertragen werden. 5 Modellbasierte Analysen dienen in der Regel der Analyse oder Prognose des Energieverbrauchs von Sektoren und Branchen. Genutzt werden Modelle mit hoch aggregierten Daten (top-down).

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Methodische Grundlagen 14

zienzgesichtspunkten optimales Verhalten unterstellt. Diese Szenarien können je-weils einer Entwicklung ohne technologischen Fortschritt („frozen efficiency“) ge-genübergestellt werden, um so die Potenziale im business-as-usual-Szenario wie auch im ambitionierten Szenario abzuleiten.

3.3.2 Potenzialbegriff aus praktischer Sicht

Die Steigerung der Energieeffizienz ist nicht nur ein ökologisch erstrebenswertes Ziel, sondern dient vor allem der Kostensenkung und Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit. Zu diesem Zweck greifen große wie kleine Unternehmen zunehmend auf externe Bera-tung zurück. Die Bandbreite reicht dabei von einfachen Initialberatungen über detaillier-te Energieanalysen und Energiekonzepte bis hin zur Umsetzungsplanung und -begleitung6. In den Beratungsprojekten werden für den jeweilig untersuchten Standort die notwen-digen Maßnahmen7, das Energieeinsparpotenzial8 und der erforderliche Investitions-aufwand identifiziert. Dazu erfolgt eine wirtschaftliche Bewertung von Aufwand und Nutzen. Die Wechselwirkungen zwischen einzelnen Maßnahmen werden dabei weit-gehend berücksichtigt. Diese Bewertung ist für die Unternehmen insbesondere für die Priorisierung der umzusetzenden Maßnahmen von Interesse. Als Datenbasis dient dabei in der Regel – der abgerechnete Endenergiebezug mit den entsprechenden Kosten im

Referenzjahr9, – technische Dokumentationen, – Begehungen, – Interviews und – Messungen. Im Rahmen dieser Studie wurden insgesamt 4.604 Einzelmaßnahmen an 261 Standor-ten des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschland ausgewertet, um praktische Effizi-enzpotenziale für einen mittelfristigen Zeithorizont von 2010 bis 2020 zu beziffern. Die Einsparpotenziale der Maßnahmen werden energieträgerspezifisch dokumentiert und können mittels Umrechnungsfaktoren (siehe Anhang) in Primärenergie und CO2-Emissionen ausgedrückt werden. Die identifizierten Potenziale wurden über die Bran-chenzugehörigkeit der jeweils betrachteten Unternehmen zu Brancheneinsparungen aggregiert. Die Daten zum Ist-Verbrauch der jeweiligen Unternehmen liegen im glei-chen Raster vor, so dass das Einsparpotenzial einer Branche als Summe der Einspar- 6 Energie-Contracting spielt dabei auch eine Rolle, fließt aber nicht in die weitere Auswertung ein. 7 Maßnahme bezeichnet die konkrete Handlung, wie die Energieeinsparung erreicht werden kann. Die verwendete Kategorisierung der Maßnahmen wird in Abschnitt 2.4 erläutert. 8 Der praktische Potenzialbegriff entspricht der Antwort auf die Frage, wie viel Energie durch die konkrete Maßnahme eingespart werden kann. 9 Als Referenzjahr wird in den meisten Fällen das der Untersuchung vorhergehende Kalenderjahr ausgewählt.

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Methodische Grundlagen 15

potenziale ins Verhältnis zum Gesamtverbrauch gesetzt werden kann. Der so ermittelte Prozentsatz entspricht dem angegebenen Potenzial aus praktischer Sichtweise. Für die Angabe von absoluten Potenzialen wurde dieser Prozentsatz mit dem statistischen Branchenverbrauch multipliziert. Dieses Vorgehen setzt implizit voraus, dass die untersuchten Unternehmen in Wert-schöpfung, Mitarbeiterzahl, Produktionstechnik, usw. repräsentativ für ihre Branche sind. Diese Voraussetzung wurde statistisch nicht geprüft, da keine dieser Kenngrößen durchgängig für alle Unternehmen vorlag. Der Energieverbrauch ist die einzige Größe, die für den gesamten Datensatz einheitlich vorhanden ist. Unabhängig von der Bran-che weist dieser eine starke Streuung auf (siehe Abbildung 21). In keiner der Branchen wurden allein große bzw. kleine Unternehmen beraten, so dass davon ausgegangen werden kann, dass ein vielseitiger Querschnitt jeder Branche abgedeckt wurde, auch wenn dieser nicht mit dem spezifischen Branchenschnitt übereinstimmen muss.

3.3.3 Die Grenzen des Potenzialbegriffs

Der Energieverbrauch kann aufgrund von Grenzen, die durch Naturgesetze und die aktuell beste verfügbare Technik gegeben sind, in der Regel nicht beliebig abgesenkt und die Effizienz deshalb nicht beliebig gesteigert werden. In der Abbildung 3 wird dies am Beispiel der Drucklufterzeugung veranschaulicht: bei einem geforderten Druckverhältnis ist die Effizienz – hier beschrieben als die maximale mögliche erzeugte Druckluftmenge pro Stromeinsatz – aufgrund thermodynamischer Gesetzmäßigkeiten begrenzt. Unterhalb dieser naturwissenschaftlichen Grenze gibt es die technische Grenze, die durch die effizientesten erhältlichen Druckluftkompressoren bestimmt wird.

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Methodische Grundlagen 16

Abbildung 3 Beispiel Drucklufteffizienz über Druckhöhe

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2

4

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8

10

12

14

16

18

20

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20

Druckhöhe

Dru

cklu

ftmen

ge p

ro S

trom

eins

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schlechter Bereich

guter Bereich

thermodynamisch unmöglich

theoretisch möglich

Quelle: Ökotec Energiemanagement GmbH / Prognos AG 2012

Damit sind die physikalischen Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung im Bereich der Drucklufterzeugung grundsätzlich beschrieben. Als weitere Stellschraube bleibt jedoch die Anpassung von Anforderungen an die Druckluftparameter: Beispielsweise kann durch die Modifikation von Produktionsmaschinen der Volumenstrom oder die Druck-höhe und damit der Stromverbrauch für die gesamte Druckluftversorgung abgesenkt werden. Diese Grenzen werden durch die aktuell verfügbare Prozesstechnik beschrie-ben. Die Entwicklung der Anforderungen der Prozesstechnik kann in vielen Fällen nur schwer vorausgesagt werden. Wie das Beispiel Spritzguss zeigt, kann durch neue Fer-tigungsverfahren der Druckluftbedarf auch komplett eingespart werden. Auf die Entwicklung der Prozesstechnik haben die produzierenden Unternehmen als Anwender in der Regel nur einen geringen Einfluss. Ihr Handlungsspielraum kon-zentriert sich auf den Einsatz der besten verfügbaren Technik. Die Ausschöpfung die-ses Potenzials wird dann im Wesentlichen durch wirtschaftliche Gesichtspunkte deter-miniert. Aufgrund der beschriebenen Grenzen der Effizienz haben so genannte „early movers“, die die Effizienz großer Teile ihrer Anlagentechnik durch Anwendung der bestverfügbaren Technik bereits gesteigert haben, einen deutlichen Nachteil, sofern der Gesetzgeber pauschale Energieeinsparvorgaben vorschreibt.

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Methodische Grundlagen 17

3.4 Was muss man für mehr Energieeffizienz tun? – Der Maßnahmenbegriff

Um die Einsparpotenziale zu realisieren, sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Die Zusammenstellung von Maßnahmen im Rahmen von Beratungsprojekten und die Zu-ordnung zu den Branchen wurden bereits beschrieben. Für die technologische Schwerpunktsetzung der Einsparpotenziale wurden die Maßnahmen den entsprechen-den Anwendungssystemen zugeordnet. Die Einteilung wurde in Anlehnung an die ver-wendeten Studien (ifeu et.al. 2011 sowie Prognos/basics 2007) vorgenommen. Die Maßnahmen werden denjenigen technischen Systemen zugeordnet, denen die Energie zugeführt wird, unabhängig von der Art des Energieträgers. Tabelle 2 Liste der berücksichtigten Anwendungssysteme

Bezeichnung Kurze Beschreibung Prozesswärme ohne Pumpen Bereitstellung thermischer Energie für Produktionsprozesse, wie

zum Beispiel Trocknung, Galvanik, induktive Erwärmung von Pro-duktvorstufen

Raumwärme ohne Pumpen Bereitstellung thermischer Energie für die Einstellung der thermi-schen Behaglichkeit in Gebäuden, unabhängig davon, wie diese Energie eingetragen wird (Heizflächen, Heizregister in Lüftungsanla-gen, Strahlungsheizungen etc.)

Kälte ohne Pumpen Systeme zur Abführung thermischer Energie aus Prozessen oder Gebäuden. Diese sind nicht beschränkt auf Kompressionskältema-schinen, sondern beinhalten auch Maßnahmen an Kühlsystemen mit Trockenkühlern oder Nasskühltürmen.

Pumpen Förderung viskoser Medien mittels Pumpen. Hierin sind auch die Pumpen der Wärmeversorgungen und Kühlsysteme enthalten.

Druckluft Bereitstellung komprimierter Luft mit jeglicher Art von Verdichter Ventilatoren Förderung von Luft oder anderer Gase inklusive Abgasen, haupt-

sächlich zu Lüftungszwecken. Sonstige mechanische Energie Sonstige Aggregate, die mechanische Energie bereitstellen, welche

nicht unter die anderen Kategorien fallen Beleuchtung Bereitstellung von Licht IKT Informations- und Kommunikationstechnik – alle Systeme, die der

elektronischen Datenverarbeitung und Kommunikation dienen.

3.5 Kompatibilität der statistischen Grundlagen

Aufgrund ihrer unterschiedlichen Herkunft ist die Kompatibilität von Daten und Informa-tionen aus mehreren Quellen nur bedingt gegeben. Ein einheitliches Klassifikationssys-tem wie die Klassifizierung der Wirtschaftszweige (kurz WZ 2008, siehe Literatur) hilft dabei, möglichst große Schnittmengen aus allen Daten zu extrahieren.

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Methodische Grundlagen 18

3.5.1 Abgrenzung in der amtlichen Statistik (WZ 2008)

Die Abgrenzung von Wertschöpfung und Beschäftigung im Verarbeitenden Gewerbe sowie in den im Einzelnen betrachteten Branchen folgt der Wirtschaftszweigklassifika-tion nach WZ 2008. Die Branchenabgrenzung in der amtlichen Statistik wurde im Laufe der Zeit mehrfach geändert (SYPRO, WZ 1993, WZ 2003, WZ 2008). Mit Hilfe von Um-rechnungsschlüsseln lassen sich konsistente Zeitreihen bis zurück ins Jahr 1990 er-zeugen, die für die Analysen in dieser Studie benötigt werden. Die amtliche Statistik des Verarbeitenden Gewerbes wird oft durch Angaben Dritter ergänzt. Dabei werden Umsetzungstabellen genutzt, die den Zusammenhang zwischen den in den Ergänzun-gen verwendeten Branchenklassifikationen und der WZ 2008 herstellen.

3.5.2 Abgrenzung in der Energiebilanz

Wichtigste Datenquelle für den Energieverbrauch der Industrie und ihrer Branchen ist die Energiebilanz der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen, kurz EBIL (Energiebilanz der Bundesrepublik Deutschland, AG Energiebilanzen e. V., 1990 bis 2009). In der EBIL ist der Endenergieverbrauch10 konsistent und nach Energieträgern differenziert ausgewiesen. Um konsistente Beziehungen zwischen Energieverbrauch und wirtschaftlichen Größen (BWS, Beschäftigung) herzustellen, wurde die in der EBIL verwendete Branchenab-grenzung in das WZ 2008-Schema überführt. Dazu wurde der Endenergieverbrauch der – meist höher aggregierten – Branchen der EBIL anhand der vom Statistischen Bundesamt nach WZ 2008 differenziert veröffentlichten Bruttowertschöpfung den Un-terbranchen zugeordnet. Der Endenergieverbrauch des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt bleibt dabei unverändert.

10 Die Endenergie im Sinne der Energiebilanz beschreibt die Energiemenge, welche energetisch nach Umwandlung in der Industrie genutzt wird. Primärenergieträger, die branchenintern zur Erzeugung von Strom oder Fernwärme einge-setzt werden, werden nicht dem Endenergieverbrauch zugeordnet, sondern als Energieträgereinsatz im Umwandlungs-sektor verbucht. Die Endenergie ist inhaltlich von der Nutzenergie zu unterscheiden, die unmittelbar zur Bereitstellung einer Energiedienstleistung benötigt wird [Vorwort zu den Energiebilanzen, AGEB 2010].

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Die Entwicklung der Energieeffizienz in der Industrie

19

4 Die Entwicklung der Energieeffizienz in der Industrie

Wie viel wurde bereits gespart

4.1 Der Energieverbrauch der Industrie

Dieser Abschnitt beschreibt die Entwicklung des Energieverbrauchs und relevanter wirtschaftlicher Rahmendaten des verarbeitenden Gewerbes. Der betrachtete Zeitraum umfasst die Jahre von 1990 bis 2010, wobei für das Jahr 2010 teilweise nur Schätzun-gen vorliegen. Markante Strukturen werden herausgearbeitet, die Entwicklung der Energieeffizienz wird quantifiziert.

4.1.1 Der Energieverbrauch insgesamt

Nach Angaben der AG Energiebilanzen lag der Energieverbrauch der Industrie 2010 um rund 14 Prozent niedriger als im Basisjahr der Betrachtung 199011. In der Ver-brauchsentwicklung lassen sich im Wesentlichen zwei Phasen unterscheiden: – Die Jahre 1990 bis 1993 waren geprägt durch einen deutlichen Verbrauchsrückgang

(minus 18 Prozent), der vor allem durch die wirtschaftliche Umstrukturierung und den damit verbundenen Rückgang der Wirtschaftsleistung in Ostdeutschland be-dingt war.

– Zwischen 1993 und 2010 hat sich der Verbrauch insgesamt nur wenig verändert, sieht man von einem statistisch bedingten Sprung zwischen 2002 und 2003 ab, der sich durch eine andere Behandlung der Erneuerbaren Energieträger und der Fern-wärme ergibt (Abbildung 4). Dabei waren die wirtschaftlichen Rezessionsphasen Anfang der 2000er Jahre und 2008 / 2009 mit deutlichen Rückgängen des Energie-verbrauchs verbunden, denen in den jeweils anschließenden Aufschwungphasen (2003 und 2010) ein markanter Mehrverbrauch folgte.

Lässt man die konjunkturell bedingten Schwankungen sowie den statistisch bedingten Anstieg 2002 / 2003 außer Acht, war der Endenergieverbrauch der Industrie seit etwa 1993 weitgehend konstant.

11 Dieser Wert ergibt sich ohne Bereinigung um den statistischen Sprung zwischen den Jahren 2002 und 2003. Ursache des Sprungs ist die Erweiterung des Berichtskreises bei den Energieträgern Fernwärme, Biomasse und Abfälle. Berei-nigt man die Daten mit einem einfachen Verfahren um den Effekt der Berichtskreiserweiterung, liegt der Verbrauchs-rückgang in einer Größenordnung von 21 Prozent. Die Ergebnisse der Faktoranalyse im Abschnitt 3.2.6 wurden ohne Berücksichtigung der Energieträger Fernwärme und Erneuerbare abgeleitet, um die Aussagekraft zu erhöhen. Für die Interpretation der Ergebnisse ist dieses Vorgehen unproblematisch, da die Anteile der nicht berücksichtigten Energie-träger vergleichsweise klein sind.

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Die Entwicklung der Energieeffizienz in der Industrie

20

Abbildung 4 Endenergieverbrauch der Industrie insgesamt sowie ohne erneuerbare Energien und ohne Fernwärme

1990 bis 2010, in PJ

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1500

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2500

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3500

1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010Endenergieverbrauch (alle Energieträger)Endenergieverbrauch (ohne Erneuerbare und Fernwärme)

Quelle: Prognos AG / Ökotec Energiemanagement GmbH 2012

4.1.2 Energieverbrauch nach Energieträgern

Innerhalb des Energieverbrauchs der Industrie haben sich zum Teil erhebliche Ver-schiebungen ergeben. Sieht man von den strukturellen Anpassungen im Zuge der Deutschen Einheit ab und betrachtet den Zeitraum von 1993 bis 2010, zeigen sich fol-gende Trends: – Der in der Industrie bedeutendste Energieträger ist das Erdgas. Sein Anteil am Ge-

samtverbrauch lag 1993 wie 2010 bei 35 Prozent, zwischenzeitlich war er bis auf 39 Prozent angestiegen. In absoluten Größen lag der Erdgasverbrauch im Jahr 2010 mit 896 PJ um fünf Prozent höher als 1993 (und auf demselben Niveau wie 1990).

– Hinter Erdgas nimmt Strom den zweiten Rang ein. Im Jahr 2010 wurden von der Industrie mit 801 PJ rund 23 Prozent mehr Strom verbraucht als 1993. Anders als beim Erdgas weist der Anteil von Strom am Energieverbrauch einen im Zeitverlauf steigenden Trend auf (1993: 27 Prozent, 2010: 31 Prozent). Dieser Bedeutungsge-winn ist nicht zuletzt auf die zunehmende Kapitalintensität und Automatisierung in-dustrieller Prozesse zurück zu führen. In den verarbeitenden Industrien nahm der Strom anteilig über die Jahre zu und war 2010 der wichtigste Energieträger mit ei-nem Anteil von meist über 50 Prozent. Ein weiterer Grund für die wachsende Be-deutung der Elektrizität ist die Substitution thermischer durch elektrische Prozesse (zum Beispiel Infrarot-Trocknung).

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Die Entwicklung der Energieeffizienz in der Industrie

21

– Kohlen haben als Energieträger in der Industrie an Bedeutung verloren. Im Jahr 2010 deckten sie rund 13 Prozent (346 PJ) des industriellen Energiebedarfs, 1993 waren es noch 20 Prozent (490 PJ) gewesen. In den ersten Jahren nach der Wende ging der Einsatz von Kohlen als Folge der Umstrukturierung der ostdeutschen Wirt-schaft drastisch zurück (von 871 PJ im Jahr 1990 auf 478 PJ im Jahr 1993). Seit Ende der 1990er Jahre bewegte sich der Verbrauch mit abnehmender Tendenz zwischen 345 PJ und 410 PJ. Diese Sockelbildung ist insbesondere durch den Be-darf an Koks bei der Herstellung von Eisen bedingt. In der Metallerzeugung stellt Kohle dementsprechend mit rund 40 Prozent den größten Anteil am Energieträger-mix, in anderen Branchen wird Kohle kaum noch eingesetzt (Anteil unter einem Pro-zent).

– Einen deutlichen Anteilsrückgang im Energieträgermix der Industrie verzeichnen die Mineralöle. Trugen sie im Jahr 1993 noch mit rund 15 Prozent (390 PJ) zur Deckung des Energiebedarfs bei, lag der Anteil im Jahr 2010 nur noch bei sechs Prozent (150 PJ).

Abbildung 5 Endenergieverbrauch der Industrie nach Energieträgern 1990 bis 2010 insgesamt

(in PJ und Anteile in Prozent)

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1000

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3500

0%10%20%30%40%50%60%70%80%90%

100%

1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010Kohle MineralöleGase ErneuerbareStrom FernwärmeEndenergieverbrauch

Quelle: Prognos AG / Ökotec Energiemanagement GmbH 2012

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Die Entwicklung der Energieeffizienz in der Industrie

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– Aufgrund der unterschiedlichen statistischen Berichtskreise ist es sinnvoll, die Nut-zung von Fernwärme in zwei Zeitabschnitten zu betrachten. Zwischen 1990 und 2002 ging der Einsatz von Fernwärme in der Industrie von 101 PJ auf 43 PJ zurück, unter anderem als Folge der Umstrukturierung der ostdeutschen Industrie. Seit der Erweiterung des Berichtskreises erhöhte sich der Fernwärmeverbrauch von 107 PJ (2003) auf 175 PJ (2010). Damit trug Fernwärme zuletzt mit rund acht Prozent zur Deckung des Energieverbrauchs der Industrie bei. Deutlich vom Durchschnitt ab-weichende Anteile weist die Metallerzeugung mit zwei Prozent und die Branche Au-tomotive mit 14 Prozent auf.

– Sinnvolle Aussagen zur Bedeutung der erneuerbaren Energien lassen sich erst ab 2003 treffen. Vorher wurden die Erneuerbaren von der Statistik als unzureichend er-fasst (vgl. Abschnitt 4.1.1). Mit 119 PJ trugen erneuerbare Energien im Jahr 2003 rund fünf Prozent zur Deckung des industriellen Energieverbrauchs bei. Bis 2010 erhöhte sich der Anteil auf acht Prozent (196 PJ). Innerhalb der Erneuerbaren hat als Brennstoff eingesetzte Biomasse die weitaus größte Bedeutung12.

4.1.3 Energieverbrauch nach Verwendungszwecken

In der Industrie wird Energie für die Erzeugung von Prozesswärme, Raumwärme und Warmwasser, die Bereitstellung mechanischer Energie (zum Beispiel für Antriebe), den Betrieb von Informations- und Kommunikationsgeräten sowie Beleuchtungszecke ein-gesetzt. Während Strom im Prinzip für alle Verwendungszwecke genutzt werden kann, beschränkt sich der Einsatz von Brennstoffen auf die Wärmeerzeugung. – Der weitaus größte Teil der Energie wird bei der Erzeugung von Prozesswärme ver-

braucht. Seit Mitte der 1990er Jahre liegt der entsprechende Anteil bei rund 65 Pro-zent des gesamten industriellen Energieverbrauchs. Die dominierende Bedeutung der Prozesswärme spiegelt den hohen Anteil der (prozesswärmeintensiven) Grund-stoffindustrie im Verarbeitenden Gewerbe Deutschlands wider.

– Vergleichsweise gering war im Betrachtungszeitraum der Energieeinsatz für die Erzeugung von Raumwärme (rund zehn Prozent) und Warmwasser (gut ein Pro-zent).

– Unter den reinen Stromanwendungen ist die Bereitstellung mechanischer Energie von größter Bedeutung. Auf sie entfielen zwischen 1990 und 2010 knapp zwei Drit-tel des Stromverbrauchs und rund 20 Prozent des gesamten Energieeinsatzes.

– Weit weniger bedeutend war der Energiebedarf für den Betrieb von IT-Geräten und für Beleuchtungszwecke (jeweils rund fünf Prozent des Stromverbrauchs und ein Prozent bis zwei Prozent des gesamten Energieverbrauchs).

12 Die Aussagen beziehen sich auf den Endenergieverbrauch. Deshalb werden zur Stromerzeugung genutzte Windkraft und Sonnenenergie (Photovoltaik) nicht berücksichtigt. Sie werden im Umwandlungssektor erfasst.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Die Entwicklung der Energieeffizienz in der Industrie

23

Abbildung 6 Endenergieverbrauch der Industrie nach Verwendungszwecken 1990 bis 2010 insgesamt

(in PJ und Anteile in Prozent )

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1500

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2500

3000

3500

0%10%20%30%40%50%60%70%80%90%

100%

1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010Raumwärme WarmwasserProzesswärme Mechanische EnergieInformation und Kommunikation BeleuchtungEndenergieverbrauch

Quelle: Prognos AG / Ökotec Energiemanagement GmbH 2012

4.1.4 Energieverbrauch nach Branchen

Der industrielle Energieverbrauch wird durch wenige Branchen dominiert (Abbildung 7). Im Betrachtungszeitraum entfielen jeweils rund 65 Prozent des Gesamtverbrauchs auf die Grundstoffindustrien (Papierherstellung, Grundstoffchemie, Glas-, Keramik- und Zementherstellung, Metallerzeugung). Eine besondere Rolle nimmt die Metallerzeu-gung ein, die allein zwischen 25 Prozent und 30 Prozent der gesamten in der Industrie verbrauchten Energie benötigte. Die Grundstoffindustrien trugen zusammen zwischen 15 Prozent und 18 Prozent zur Bruttowertschöpfung der Industrie bei, die Metallerzeu-gung zwischen fünf Prozent und sechs Prozent. Der Energieverbrauch der übrigen in dieser Studie analysierten Branchen lag im Be-trachtungszeitraum zusammen genommen zwischen 13 und 15 Prozent. In den einzel-nen Branchen bewegte er sich in einem Bereich von zwei bis fünf Prozent.

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Die Entwicklung der Energieeffizienz in der Industrie

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Abbildung 7 Endenergieverbrauch der Industrie nach Wirtschaftszweigen 1990 bis 2010 insgesamt

(in PJ und Anteile in Prozent)

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1000

1500

2000

2500

3000

3500

0%10%20%30%40%50%60%70%80%90%

100%

1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010Metallerzeugung (WZ 24) Metallerzeugnisse (WZ 25)Elektrotechnik (WZ 26/27) Maschinenbau (WZ 28)Automotive (WZ 29) Restliche BranchenEndenergieverbrauch

Quelle: Prognos AG / Ökotec Energiemanagement GmbH 2012

4.2 Wirtschaftliche Entwicklung der Industrie

4.2.1 Bruttowertschöpfung13

Das Verarbeitende Gewerbe stellt den Kern der deutschen Wirtschaft dar und erwirt-schaftete im Durchschnitt der Jahre 2009 bis 2011 rund 20 Prozent der gesamten Brut-towertschöpfung. Der Anteil der Erwerbstätigen lag in diesen Jahren bei etwa 17 Pro-zent. – Im Zeitraum 1990 bis 2008 erhöhte sich die reale Bruttowertschöpfung der Industrie

um 21 Prozent, was einer Zuwachsrate von 1,2 Prozent p. a. entspricht. Mit jeweils rund sieben Prozent waren 2000, 2006 und 2007 die in diesem Zeitraum wachs-tumsstärksten Jahre.

13 Für die Analyse wurde die Bruttowertschöpfung (BWS) zu Faktorkosten in Preisen des Jahres 2005 genutzt. Gegen-über der BWS zu Marktpreisen enthält die BWS zu Faktorkosten keine Produktionssteuern und Subventionen und ist deshalb ein besserer Indikator für die Mengenentwicklung. Die BWS zu Faktorkosten liegt nur in jeweiligen Preisen vor. Deshalb wurden die Werte mit dem realen Produktionsindex – ausgehend von dessen Basisjahr 2005 – ex post und ex ante fortgeschrieben.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Die Entwicklung der Energieeffizienz in der Industrie

25

– Im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise brach die Wirtschaftsleistung des Verar-beitenden Gewerbes im Jahr 2009 um fast 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr ein. Aufgrund des starken Wachstums in den beiden Folgejahren übertraf die BWS 2011 wieder das Vorkrisenniveau.

Die im Rahmen dieser Studie näher analysierten Branchen Metallindustrie, Elektroin-dustrie, Maschinenbau und Fahrzeugbau erwirtschafteten seit Ende der 1990er zu-sammen ca. 55 Prozent der Bruttowertschöpfung des Verarbeitenden Gewerbes. Abbildung 8 Entwicklung der Bruttowertschöpfung der Industrie 1991 bis 2011,

(in Milliarden Euro (reale Preise) und jährliche Veränderung in Prozent)

-30%

-20%

-10%

0%

10%

20%

30%

0

100

200

300

400

500

600

700

1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011

Metallerzeugung (WZ 24) Metallerzeugnisse (WZ 25) Elektrotechnik (WZ 26/27)Maschinenbau (WZ28) Automotive (WZ29) Sonstige Industriejährliche Veränderung der BWS

Quelle: Prognos AG / Ökotec Energiemanagement GmbH 2012 auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamts

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Die Entwicklung der Energieeffizienz in der Industrie

26

Abbildung 9 Anteile der Branchen an der Bruttowertschöpfung der Industrie 1990 bis 2010

(in Prozent)

0%2%4%6%8%

10%12%14%16%18%20%

1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010Metallerzeugung (WZ 24) Metallerzeugnisse (WZ 25)Elektrotechnik (WZ 26/27) Maschinenbau (WZ 28)Automotive (WZ 29) Grundstoffindustrie (WZ 17, 20.1, 23, 24)

Quelle: Prognos AG / Ökotec Energiemanagement GmbH 2012 auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamts

Die – an der Bruttowertschöpfung gemessene – Branchenstruktur der Industrie hat sich im Betrachtungszeitraum moderat verändert. Trendmäßig an Bedeutung gewonnen haben die Elektrotechnik und die Automobilbranche. Trugen sie Anfang der 1990er Jahre noch mit jeweils rund 12,5 Prozent zur industriellen Wertschöpfung bei, lag ihr Anteil zuletzt bei 18 Prozent (Elektrotechnik) bzw. 16 Prozent (Automotive). Beide Branchen wuchsen langfristig rund viermal so schnell wie die übrige Industrie. Von den untersuchten Branchen nahm der Beitrag zur Wertschöpfung nur in der Me-tallerzeugung trendmäßig leicht ab. Zwischen 1990 und 2011 verringerte er sich von sechs Prozent auf fünf Prozent.

4.2.2 Produktivität

Von 1991 bis 2011 ist die Produktivität14 in der Industrie mit durchschnittlich 4,8 Pro-zent p. a. mehr als doppelt so schnell gestiegen wie die Bruttowertschöpfung. Steige-rungsraten mit zum Teil weit über zehn Prozent waren in den Jahren 1994 sowie 2000 und 2006 zu verzeichnen, in denen auch die industrielle Wertschöpfung besonders 14 Die Produktivität wird hier berechnet als Verhältnis von Bruttowertschöpfung und Erwerbstätigen.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Die Entwicklung der Energieeffizienz in der Industrie

27

schnell expandierte. Vorübergehend unterbrochen wurde der trendmäßige Anstieg der Produktivität durch den Produktionseinbruch im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise (Abbildung 10). Abbildung 10 Entwicklung der Produktivität der Industrie (Bruttowertschöpfung / Erwerbstäti-ge) 1991 bis 2011

(in Euro und jährliche Veränderung in Prozent)

-40%

-30%

-20%

-10%

0%

10%

20%

30%

40%

0

10.000

20.000

30.000

40.000

50.000

60.000

70.000

80.000

90.000

1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011

Quelle: Prognos AG / Ökotec Energiemanagement GmbH 2012 auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamts

4.2.3 Investitionen

Die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Daten zu den Bruttoanlageninvestiti-onen der Industrie unterscheiden zwischen Investitionen in Anlagen, Investitionen in Ausrüstungen und sonstige Anlagen und Investitionen in Bauten, die einen vergleichs-weise kleinen Teil ausmachen. In der Entwicklung der Bruttoanlageinvestitionen seit 1991 zeigen sich deutlich die Konjunkturzyklen. Zwischen 1991 und 1994 gingen die Investitionen zunächst erheblich zurück, ebenso zwischen 2001 und 2005, jeweils ge-folgt von einer anschließenden Ausweitung der Investitionstätigkeit. Vor Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise erreichten die Investitionen im Jahr 2008 mit über 170 Milliarden Euro ihren vorläufigen Höchststand (Abbildung 11). Die ausgewählten Branchen Metallindustrie, Elektroindustrie, Maschinenbau und Fahr-zeugbau trugen zusammen seit Ende der 1990er Jahre mehr als 50 Prozent zu den Bruttoanlageinvestitionen des Verarbeitenden Gewerbes bei. Ursächlich hierfür war

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Die Entwicklung der Energieeffizienz in der Industrie

28

insbesondere die Kapazitätsausweitung bei Automotive, im Maschinenbau und in der Elektrotechnik ab Mitte bzw. Ende der 1990er Jahre. Abbildung 11 Entwicklung der Investitionen des Industriesektors

(in Milliarden Euro zu realen Preisen)

020406080

100120140160180200

1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009

Metallerzeugung (WZ 24) Metallerzeugnisse (WZ 25) Elektrotechnik (WZ 26/27)Maschinenbau (WZ 28) Automotive (WZ 29) Sonstige Industrie

Quelle: Prognos AG / Ökotec Energiemanagement GmbH 2012 auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamts

4.3 Energieproduktivität und Energieintensität

In der Industrie stieg die Energieproduktivität zwischen 1990 und 2010 um etwa ein Viertel von 0,584 auf 0,716 Milliarden Euro / PJ. Überwiegend ist dies auf die effiziente-re Nutzung von Brennstoffen15 zurück zu führen. Um die Bedeutung von Brennstoffen einerseits und Strom andererseits für die Wert-schöpfung zu veranschaulichen, eignet sich die Energieintensität. Sie misst, wie viel Energie (Brennstoffe bzw. Strom) erforderlich ist, um eine Einheit Bruttowertschöpfung zu erstellen. Die Energieintensität stellt den Kehrwert der Energieproduktivität dar. Eine sinkende Energieintensität ist gleichbedeutend mit einer steigenden Energieproduktivi-tät. Wurde eine Milliarde Euro BWS im Jahr 1990 noch mit 6,8 PJ Brennstoffen erwirt-

15 Brennstoffe sind alle Energieträger außer Elektrizität.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Die Entwicklung der Energieeffizienz in der Industrie

29

schaftet, so waren 2010 hierzu nur noch 4,4 PJ nötig. Die Brennstoffintensität verrin-gerte sich in diesem Zeitraum um 35 Prozent. Der entsprechende Stromeinsatz ging von 2,3 PJ auf 2,0 PJ zurück, die Stromintensität sank um 13 Prozent. Mit zunehmen-den Verbesserungen der Energieproduktivität wird es immer schwieriger bzw. teurer, weitere Einsparungen zu realisieren. Zum Teil nähert sich der spezifische Energiever-brauch der physikalischen Untergrenze, wie dies bei der Metallerzeugung der Fall ist. Abbildung 12 Energieintensität der Industrie 1990 bis 2010 insgesamt

(in PJ / Milliarden Euro anteilig nach Brennstoffen und Strom)

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010

Strom Brennstof fe

Quelle: Prognos AG / Ökotec Energiemanagement GmbH 2012

4.4 Veränderung des Energieverbrauchs nach Einflussfaktoren – Faktoranalyse

Mit Hilfe der in Abschnitt 3.2 beschriebenen Faktoranalyse wurde die Entwicklung des Energieverbrauchs der Industrie zwischen 1990 und 2010 hinsichtlich ihrer Bestim-mungsfaktoren untersucht. Das Ergebnis der Analyse zeigt folgendes Bild (Abbildung 13): – Der Mengeneffekt (Einfluss der BWS-Entwicklung) führte für sich genommen in den

ersten Jahren nach der Deutschen Einheit und dem Umbau der Industrie in Ost-deutschland zunächst zu einem deutlich rückläufigen Energieverbrauch. Nach 1993 wirkte der Mengeneffekt im Trend verbrauchssteigernd. Einen starken Verbrauchs-rückgang verursachte die Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009. Über den Ge-samtzeitraum betrachtet, bewirkte der Mengeneffekt eine Ausweitung des Energie-verbrauchs in der Industrie um 13 Prozent (386 PJ) zwischen 1990 und 2010.

– Im Struktureffekt zeigt sich der interindustrielle Strukturwandel weg von den energie-intensiven Branchen und hin zu den weniger energieintensiven Industriezweigen.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Die Entwicklung der Energieeffizienz in der Industrie

30

Bei isolierter Betrachtung verringerte sich der Energieverbrauch als Folge dieser Veränderungen langfristig um fünf Prozent (139 PJ). Im Krisenjahr 2009 und auch 2010 bewirkte der Struktureffekt einen Anstieg des Energieverbrauchs. Dahinter steht, dass die Grundstoffindustrien weniger stark vom globalen Nachfrageeinbruch betroffen waren als die verarbeitenden Branchen.

– Klimaeffekt (plus 97 PJ) und Joint-Effekte (minus 58 PJ) spielten im Betrachtungs-zeitraum für die Entwicklung des Energieverbrauchs eine untergeordnete Rolle.

– Einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung des industriellen Energieverbrauchs leistete im Betrachtungszeitraum die Energieeffizienz. Durch ihren Anstieg verrin-gerte sich der Verbrauch zwischen 1990 und 2010 um rund ein Drittel (960 PJ). Be-sonders deutlich erhöhte sich die Energieeffizienz in den ersten Jahren nach der deutschen Einheit. In einzelnen Jahren führte ein Absinken der Energieeffizienz zu steigenden Verbräuchen. Darin zeigt sich unter anderem eine zwischenzeitliche Un-terauslastung von Produktionsanlagen mit der Folge, dass der Energieverbrauch weniger stark zurückging als die Bruttowertschöpfung.

Bei Betrachtung der Industrie insgesamt wurde langfristig die wachstumsbedingte Ausweitung des Energieverbrauchs durch die verbrauchssenkenden Effekte der sich verändernden Branchenstruktur sowie vor allem der steigenden Energieeffizienz über-kompensiert. Als Folge wurde in der Industrie im Jahr 2010 knapp ein Viertel weniger Energie verbraucht als im Basisjahr 199016.

16 Bei dieser Betrachtung wurden Fernwärme und erneuerbare Energien nicht berücksichtigt, da sich für sie durch Veränderungen der Statistik keine langen Reihen bilden lassen. Bezieht man diese beiden Energieträger ohne die notwendige Bereinigung in die Betrachtung ein, beträgt der Verbrauchsrückgang 14 Prozent. Bereinigt um den statisti-schen Sprung beläuft sich die Verbrauchsabsenkung auf 21 Prozent.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Die Entwicklung der Energieeffizienz in der Industrie

31

Abbildung 13 Veränderung des Endenergieverbrauchs in der Industrie gegenüber 1990 nach Einflussfaktoren 1990 bis 2010

(kumuliert über die Zeit, in PJ)

-1200-1000-800-600-400-200

0200400600800

1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010Effizienzeffekt MengeneffektStruktureffekt KlimaeffektJoint-Effekte Gesamteffekt

Quelle: Prognos AG / Ökotec Energiemanagement GmbH 2012

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 32

5 Potenziale der Energieeffizienz Wie viel Energie bis 2020 eingespart werden könnte

5.1 Einsparpotenziale der ausgewählten Branchen

Nachfolgend werden die Energieeffizienzpotenziale aus zwei Sichtweisen dargestellt und zusammengeführt. Wie in Kapitel 3.3 beschrieben, unterscheiden sich die beiden Sichtweisen „Wissenschaft“ und „Beratungspraxis“ maßgeblich durch den Umset-zungshorizont der Energieeffizienzpotenziale: – Die wissenschaftliche Sicht beschreibt vorwiegend mittelfristig realisierbare Potenzi-

ale durch die Diffusion neuer, energieeffizienter Technologien im Rahmen üblicher Ersatzzyklen.

– Die Beratungspraxis konzentriert sich auf unmittelbar wirtschaftlich umsetzbare Effi-zienzpotenziale, die überwiegend aus der Optimierung bestehender Anlagen resul-tieren.

Da sich die Potenziale der beiden Sichtweisen zu einem gewissen Grad überschnei-den, werden die jeweiligen Ergebnisse zwar miteinander verglichen, es wird aber kein Gesamtpotenzial ausgewiesen.

5.2 Einsparpotenziale aus wissenschaftlicher Sicht

Zur Ermittlung der aus wissenschaftlicher Sicht vorhandenen Potenziale für Energieef-fizienz wurden wie in Kapitel 3.3.1 beschrieben aktuelle Potenzialstudien ausgewertet. Aus den Studien konnten folgende Informationen gewonnen werden: – Die Energieeffizienzpotenziale können differenziert sowohl nach Branchen als auch

nach Anwendungssystemen dargestellt werden. – Die Energieeffizienzpotenziale bis 2020 liegen einerseits für eine Referenzentwick-

lung vor, die die Fortschreibung aktueller Politiken und Handlungsweisen unterstellt, als auch für eine ambitionierte Entwicklung, die von einem auf allen Seiten unter Energieeffizienzgesichtspunkten optimalen Verhalten ausgeht.

Im nachfolgenden Abschnitt werden die Energieeffizienzpotenziale bezogen auf den Primärenergieeinsatz angegeben. Dabei wurde die Endenergie mit Hilfe von Primär-energiefaktoren primärenergetisch bewertet. Für alle Brennstoffe wurde ein Primär-energiefaktor von 1,1 und für Strom ein solcher von 2,5 angenommen.

5.2.1 Referenzszenario: Business as usual

Im Referenzfall beläuft sich das wirtschaftlich realisierbare Energieeffizienzpotenzial in den betrachteten Branchen auf eher moderate 85 PJ. Das entspricht rund fünf Prozent ihres Primärenergieverbrauchs im Jahr 2008.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 33

Abbildung 14 zeigt die wirtschaftlich realisierbaren Potenziale für die betrachteten Branchen im Referenzfall. Auf der Ordinate ist das relative Effizienzpotenzial aufgetra-gen, bezogen auf den Primärenergieverbrauch der jeweiligen Branchen, auf der Abs-zisse der Primärenergieverbrauch. Die Kreisfläche repräsentiert die Größe des jeweili-gen Effizienzpotenzials in PJ. Die Metallerzeugung (WZ 24) verbraucht mit 1.000 PJ knapp 60 Prozent der in allen betrachteten Branchen eingesetzten Energie und weist im Referenzfall mit 3,5 Prozent das geringste Energieeffizienzpotenzial aller betrachte-ten Branchen auf. Aufgrund des großen absoluten Energieverbrauchs verfügt die Me-tallerzeugung mit 34 PJ dennoch über das größte absolute Einzelpotenzial. In allen anderen betrachteten Branchen liegt das relative Energieeffizienzpotenzial zwischen sieben Prozent und acht Prozent des Primärenergieverbrauchs. Die Automo-tive-Branche (WZ 29) weist mit 16 PJ das nach der Metallerzeugung zweitgrößte abso-lute Einsparpotenzial auf, es folgen Metallerzeugnisse (WZ 25) und Maschinenbau (WZ 28) mit jeweils zwölf PJ. Die kleinsten absoluten Potenziale bieten im Referenzfall die Branchen Elektrogeräte (WZ 26) und Elektrische Ausrüstungen (WZ 27) mit jeweils fünf PJ. Abbildung 14 Energieeffizienzpotenziale in den ausgewählten Branchen 24 bis 29 für den Referenzpfad

(in PJ und Prozent)

Metallerzeugung34 PJ

Metallerzeugnisse12 PJ

Elektrogeräte5 PJ

Elektrische Ausrüstungen

5 PJ

Maschinenbau12 PJ

Automotive16 PJ

0%

2%

4%

6%

8%

10%

50 200 800

Ein

spar

pote

nzia

l [%]

Primärenergieverbrauch, logarithmische Skalierung [PJ]

Quelle: Prognos AG / Ökotec Energiemanagement GmbH 2012

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 34

5.2.2 Ambitioniertes Szenario: Optimale Potenzialausschöpfung

In Abbildung 15 werden die Energieeffizienzpotenziale des ambitionierten Pfades dar-gestellt. Das unter optimalen Voraussetzungen gesamte wirtschaftlich realisierbare Energieeffizienzpotenzial liegt bei 246 PJ bzw. 15 Prozent des Primärenergiever-brauchs der betrachteten Branchen. Die Struktur der Abbildung bleibt weitgehend un-verändert. Die Metallerzeugung stellt mit 107 PJ auch in diesem Fall das größte abso-lute Einzelpotenzial. Bezogen auf den Primärenergieverbrauch bleibt die Metallerzeu-gung jedoch die Branche mit dem geringsten spezifischen Einsparpotenzial von gut zehn Prozent. In den anderen Branchen liegen die Energieeffizienzpotenziale mit 19 Prozent bis 23 Prozent wiederum in einem sehr engen Bereich. Die Branche Automotive stellt mit 44 PJ das zweitgrößte absolute Einzelpotenzial, gefolgt von Metallerzeugnissen und Ma-schinenbau (33 PJ bzw. 32 PJ). Die Branchen Elektrogeräte und Elektrische Ausrüs-tungen haben Einsparpotenziale von 15 PJ und 13 PJ. Abbildung 15 Energieeffizienzpotenziale in den ausgewählten Branchen 24 bis 29 für den ambi-tionierten Pfad

(in PJ und Prozent)

Metallerzeugung107 PJ

Metallerzeugnisse33 PJ

Elektrogeräte15 PJ

Elektrische Ausrüstungen

13 PJ

Maschinenbau32 PJ

Automotive44 PJ

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

50 200 800

Ein

spar

pote

nzia

l [%]

Primärenergieverbrauch, logarithmische Skalierung [PJ]

Quelle: Prognos AG / Ökotec Energiemanagement GmbH 2012

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 35

Die vorliegenden Datenquellen erlauben neben der Auswertung nach Branchen zu-sätzlich eine (branchenweise) Differenzierung des Energieverbrauchs nach einzelnen Anwendungssystemen. Diese lassen sich unterteilen in prozessorientierte Verbraucher wie „mechanische Energie“ und „Prozesswärme“ sowie in Querschnittstechnologien, die vorrangig den peripheren / infrastrukturellen Systemen zuzuordnen sind. Hierzu zählen Druckluft, Pumpen, Ventilatoren, Kälte ohne Pumpen, Beleuchtung, Informa-tions- und Kommunikationstechnologien (IKT) und Raumwärme ohne Pumpen. Abbildung 16 zeigt die wirtschaftlich realisierbaren Potenziale nach Anwendungssys-temen für alle betrachteten Branchen im Referenzpfad. Auf der Ordinate ist das relative Effizienzpotenzial bezogen auf den Primärenergieverbrauch des jeweiligen Anwen-dungssystems und auf der Abszisse der jeweilige Primärenergieverbrauch aufgetra-gen. Die Kreisfläche repräsentiert wie in den vorherigen Darstellungen die Größe des jeweiligen Effizienzpotenzials in PJ. Der prozessorientierte Energieverbrauch (Mecha-nische Energie und Prozesswärme) macht mit 1.126 PJ gut zwei Drittel des gesamten Energieverbrauchs der betrachteten Branchen aus. 814 PJ entfallen auf die Erzeugung von Prozesswärme und 312 PJ auf mechanische Energie. Die größten Effizienzpotenziale liegen im Referenzpfad im Bereich der Wärme. Auf Raumwärme entfällt ein Potenzial von 15 PJ (neun Prozent des entsprechenden PEV) und auf Prozesswärme ein solches von 24 PJ (drei Prozent des entsprechenden PEV). Die mechanische Energie folgt mit einem Effizienzpotenzial von 17 PJ (fünf Prozent) auf Rang drei. Bei der relativen Betrachtung fällt auf, dass beim prozessorientierten Energieverbrauch mit drei Prozent (Prozesswärme) und fünf Prozent (Mechanische Energie) vergleichsweise kleine Potenziale liegen. Da in diesen Bereichen jedoch der Großteil des Energieverbrauchs der betrachteten Branchen liegt, sind die absoluten Potenziale dennoch hoch. Die Querschnittstechnologien Druckluft, Pumpen, Ventilatoren, Beleuchtung und IKT weisen spezifische Einsparpotenziale zwischen 7,5 Prozent und 10,5 Prozent auf. Die absoluten Potenziale liegen im Bereich zwischen jeweils vier PJ und sieben PJ. Die Effizienzpotenziale im Bereich Kälte werden mit 2,5 Prozent des Primärenergiever-brauchs bzw. ein PJ deutlich niedriger eingeschätzt als bei den übrigen Anwendungs-systemen.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 36

Abbildung 16 Energieeffizienzpotenziale nach Anwendungssystemen in den ausgewählten Branchen 24 bis 29 für den Referenzpfad

(in PJ und Prozent)

Raumwärme ohne Pumpen15 PJ

IKT4 PJ

Beleuchtung5 PJ

Kälte ohne Pumpen

1 PJ

Ventilatoren 7 PJ

Druckluf t7 PJ

Mechanische Energie17 PJ

Prozesswärme ohne Pumpen

24 PJ

Pumpen5 PJ

0%

5%

10%

15%

30 150 750

Ein

spar

pote

nzia

l [%]

Primärenergieverbrauch, logarithmische Skalierung [PJ]

Quelle: Prognos AG / Ökotec Energiemanagement GmbH 2012

Unter optimalen Voraussetzungen ergeben sich die in Abbildung 17 dargestellten wirt-schaftlich realisierbaren Energieeffizienzpotenziale des ambitionierten Pfades. Die mit Abstand größten Potenziale liegen auch hier mit 63 PJ im Bereich der Prozesswärme (acht Prozent des PEV) und der mechanischen Energie mit 59 PJ (19 Prozent des PEV). Das Energieeffizienzpotenzial im Bereich der Raumwärme liegt mit 29 PJ an dritter Stelle. Mit Ausnahme von IKT und Kälte liegen die Potenziale aller anderen Querschnittstechnologien zwischen 15 und 25 PJ. Das größte relative Einzelpotenzial liegt mit 36 Prozent bei der Druckluft, gefolgt von der Beleuchtung mit 29 Prozent und Pumpen mit 27 Prozent. Die kleinsten relativen Einsparpotenziale finden sich in den Bereichen Kälte und Prozesswärme mit jeweils acht Prozent bezogen auf den Primär-energieverbrauch.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 37

Abbildung 17 Energieeffizienzpotenziale nach Anwendungssystemen in den ausgewählten Branchen 24 bis 29 für den ambitionierten Pfad

(in PJ und Prozent)

Raumwärme ohne Pumpen29 PJIKT

7 PJ

Beleuchtung19 PJ

Kälte ohne Pumpen

4 PJ

Ventilatoren 23 PJ

Druckluf t24 PJ

Mechanische Energie59 PJ

Prozesswärme ohne Pumpen

63 PJ

Pumpen17 PJ

0%

10%

20%

30%

40%

30 150 750

Ein

spar

pote

nzia

l [%]

Primärenergieverbrauch, logarithmische Skalierung [PJ]

Quelle: Prognos AG / Ökotec Energiemanagement GmbH 2012

5.2.3 Fazit

Die hier betrachteten Branchen decken knapp zwei Drittel des PEV des Sektors Indust-rie ab. Die Metallerzeugung ihrerseits stellt mit 999 PJ knapp 60 Prozent des PEV der betrachteten Branchen. Deutlich wird dabei, dass der prozessorientierte PEV insbe-sondere in der Grundstoffindustrie deutlich dominiert. Über 80 Prozent des PEV für Wärmeanwendungen entfällt auf Prozesswärme, und ein Drittel des Stromverbrauchs fließt in die Bereitstellung mechanischer Energie. Bei diesen Kernprozessen – insbe-sondere bei der Prozesswärme – sind allerdings die relativen Potenziale eher gering. Aufgrund des hohen Gesamtverbrauchs liegt hier dennoch das absolut größte Potenzi-al aller Anwendungssysteme, gefolgt von der mechanischen Energie. Die prozentual größten Energieeffizienzpotenziale finden sich bei den Querschnitts-technologien, die vorrangig den peripheren und infrastrukturellen Systemen in den In-dustriebetrieben zuzuordnen sind.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 38

Deutlich wird auch, dass unter optimalen Bedingungen in der Industrie erheblich größe-re Energieeffizienzpotenziale bestehen als bei der Fortschreibung der aktuellen Politik. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass das ambitionierte Szenario aus wissen-schaftlicher Sicht eher die obere Grenze darstellt, da unabhängig von der wirtschaftli-chen Situation der Branche oder des Unternehmens jede Ersatzinvestition unter Be-rücksichtigung des besten verfügbaren Standes der Technik getätigt werden müsste. Dieser oberen Grenze stehen jedoch in der Praxis informatorische, organisatorische oder auch finanzielle Hemmnisse entgegen.

5.3 Einsparpotenziale aus praktischer Sicht

Für diese Studie wurden die Erfahrungen aus zehn Jahren Energieberatung und 4.604 Energieeffizienzprojekten an 261 Standorten des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschland ausgewertet. Alle durchgeführten Projekte wurden systematisch hinsicht-lich der identifizierten Einsparpotenziale erfasst und dann branchen- und anwendungs-spezifisch aggregiert. Das Auswertungsraster ist dabei mit dem der wissenschaftlichen Betrachtung identisch. Das Vorgehen ist detaillierter in Abschnitt 3.3.2 beschrieben.

5.3.1 Potenziale ausgewählter Branchen

Abbildung 18 Einsparpotenziale Primärenergie aus praktischer Sicht für die ausgewählten Branchen

72 PJ

14 PJ

18 PJ

32 PJ

6 PJ

4 PJ

0%

5%

10%

15%

20%

50 200 800

Eins

parp

oten

zial

Prim

ären

ergi

e [%

]

Primärenergieverbrauch, logarithmische Skalierung [PJ/a]

Metallerzeugung

Automotive

Maschinenbau

Metallerzeugnisse

Elektrische Ausrüstungen

Elektrogeräte

Quelle: Ökotec Energiemanagement GmbH / Prognos AG 2012

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 39

Die Einsparpotenziale bezogen auf Primärenergie sind für die untersuchten Branchen in Abbildung 18 dargestellt. Je weiter rechts die Kreise im Diagramm liegen, umso grö-ßer ist der Energiebedarf dieser Branche. In Summe ergibt sich ein Primärenergiever-brauch von 1.660 PJ in den ausgewählten Branchen, der 66 Prozent des Gesamtver-brauchs der Industrie entspricht (2.529 PJ). Die Potenziale sind sowohl relativ durch die Lage auf der Ordinate als auch absolut17 durch die Fläche der Kreise dargestellt. Das identifizierte Gesamtpotenzial liegt bei zehn Prozent, was einer absoluten Einspa-rung von 147 PJ Primärenergie entspricht. Die relativen Potenziale streuen stark zwischen sechs Prozent und 15 Prozent, wobei für die Automobilbranche der größte Wert ermittelt wurde. Absolut wurde das größte Potenzial mit 72 PJ in der Branche Metallerzeugung identifiziert. Aufgrund des hohen Anteils am gesamten Energieverbrauch der untersuchten Branchen führen auch kleine prozentuale Einsparungen hier zu großen absoluten Einsparungen. Das relativ kleinste Einsparpotenzial der Metallerzeugung kann auf den großen Anteil der jeweils spezifischen Prozesstechnik am Gesamtenergieverbrauch zurückgeführt werden, wie er für Branchen der energieintensiven Grundstoffindustrie typisch ist. Das Energieeinsparpotenzial einer Prozessanlage der Grundstoffindustrie auszuschöpfen, rechnet sich häufig nur in Verbindung mit einer sowieso anstehenden Investition in die Änderung oder Erneuerung der Anlagen. Die Identifikation dieser mittelfristig erreichba-ren Potenziale ist jedoch in der Regel nicht Zielsetzung der von den Unternehmen be-auftragten Energieanalysen.

5.3.2 Potenziale nach Anwendungsbereichen

Die Energieeffizienz verbessert sich durch den Einsatz aktuell verfügbarer Produktions- und Versorgungsanlagen zwar automatisch (Diffusion), kann aber durch Systemopti-mierung, also durch die Optimierung des Zusammenspiels verschiedener Anlagen, weiter gesteigert werden. Ein Beispiel dafür ist die Abwärmenutzung aus der Druckluf-terzeugung für die Raumbeheizung. Diese Aussage lässt sich durch eine Differenzierung der Potenziale nach Anwen-dungsbereichen bestätigen, wie aus Abbildung 19 hervorgeht. Danach liegen die größ-ten Potenziale hauptsächlich in den Bereichen Wärme und Ventilatoren. Beispielswei-se lässt sich Brennstoff einsparen, indem die Abwärme von Produktionsprozessen für die Gebäudeheizung nutzbar gemacht wird. Darüber hinaus trägt eine Vielzahl von Maßnahmen dazu bei, Energie durch den bedarfsgerechten Betrieb der bestehenden Anlagen einzusparen. Für die Beschreibung der wichtigsten Maßnahmenkategorien sei

17 Die absoluten Werte wurden als Multiplikation der identifizierten relativen Potenziale mit dem Energieverbrauch der gesamten Branche bestimmt.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 40

auf Abschnitt 5.5 verwiesen. Weiterhin wurden signifikante Potenziale im Bereich der Kälte- und Druckluftsysteme identifiziert. Gering, aber nicht zu vernachlässigen, sind die Bereiche Pumpen, Beleuchtung und mechanische Energie. Abbildung 19 Einsparpotenziale Primärenergie aus praktischer Sicht nach Anwendungs-bereichen

52 PJ

32 PJ13 PJ

14 PJ

4 PJ

1 PJ

4 PJ

0 PJ

26 PJ

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

30 150 750

Eins

parp

oten

zial

e Pr

imär

ener

gie

[%]

Primärenergieverbrauch, logarithmische Skalierung [PJ/a]

Prozesswärme

Mechanische Energie

Raumwärme

Ventilatoren

Druckluf t

Kälte

Pumpen

Beleuchtung

IKT

Quelle: Ökotec Energiemanagement GmbH / Prognos AG 2012

Als Fazit lässt sich festhalten, dass die relativ größten Potenziale aus praktischer Sicht in den Anwendungsbereichen Ventilatoren, Raumwärme und Kälte liegen. Prozess-wärme hat das größte absolute Potenzial bei moderatem prozentualen Potenzial.

5.3.3 Wirtschaftlichkeit der Potenziale

Die Potenziale aus praktischer Sicht sind per se wirtschaftlich, da der Fokus bei Ener-gieberatungen von vornherein auf wirtschaftlichen Maßnahmen mit möglichst kurzer Amortisationszeit liegt. Je nach Kundenanforderung kann auch die interne Verzinsung als Entscheidungsmerkmal herangezogen werden – in den meisten Fällen ist jedoch die Amortisationszeit das bevorzugte Kriterium.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 41

Abbildung 20 Effizienzpotenziale der betrachteten Wirtschaftszweige nach Wirtschaftlichkeit

sehr wirtschaf tlich

(AZ < 3 Jahre)81%

wirtschaf tlich (AZ < 6 Jahre)16%

weniger wirtschaf tlich

(AZ<10 Jahre)

3%technisch (AZ>10 Jahre)

0%

Einsparpotenzial Primärenergie:

11 %

Quelle: Ökotec Energiemanagement GmbH / Prognos AG 2012

Im Folgenden ist dargestellt, wie sich das insgesamt identifizierte primärenergetische Potenzial anhand der Amortisationszeit (AZ) der Einzelmaßnahmen aufteilen lässt (Abbildung 20). Über 80 Prozent des Potenzials rechnen sich demnach in weniger als drei Jahren. Weitere 16 Prozent der Maßnahmen können mit einer Amortisationszeit zwischen drei und sechs Jahren umgesetzt werden. Nur ein Bruchteil des Potenzials benötigt länger als sechs Jahre, um sich auszuzahlen. Trotz der guten Wirtschaftlichkeit zeigt die Er-fahrung aus der Praxis, dass die langfristigen Maßnahmen nur bei stabilen Rahmen-bedingungen in Angriff genommen werden. Im Gegensatz zur wissenschaftlichen Sichtweise, die auf hochaggregierten Daten ba-siert, wurden für die praktische Betrachtung Potenziale einzelner Unternehmen und Standorte analysiert. Individuelle Unterschiede fallen somit stärker ins Gewicht.

5.3.4 Streubreite der Potenziale

Um einen Eindruck von der Streubreite zu erhalten, sind die Potenziale auf Unterneh-mensebene in Abbildung 21 über dem jeweiligen Primärenergieverbrauch für das Be-zugsjahr dargestellt.

10 %

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 42

Die Potenziale liegen dabei in einem Bereich von zwei Prozent bis maximal 43 Pro-zent18 Einsparung Primärenergie. Auch unter Vernachlässigung mehrerer Maximalwer-te als Ausreißer stellt dies eine signifikante Streuung dar. Grund sind zum einen die Unterschiede der Unternehmen an sich. Sie unterscheiden sich in ihrer Größe und Energieintensität, wofür hier der Primärenergieverbrauch als Maß verwendet wird. Die-ser hat eine Spanne von sieben TJ/a bis 2.985 TJ/a. Da der Zeitbedarf für die Be-standsaufnahme vor Ort und die Projektbearbeitung nicht in ähnlichem Maße steigt, kommt der Projektumfang als weitere Einflussgröße hinzu. Der Projektumfang ist in Abbildung 21 mittels der Angabe des Projekttyps qualitativ enthalten, so dass der posi-tive Zusammenhang zwischen Bearbeitungsdauer und Potenzial zu erkennen ist. Abbildung 21 Streuung der Einsparpotenziale der Einzelunternehmen aus praktischer Sicht

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

1 10 100 1.000 10.000Primärenergieverbrauch der Unternehmen TJ / a

Eins

parp

oten

zial

Prim

ären

ergi

e

IB Initialberatung EA Energieanalyse EK Energiekonzept

Quelle: Ökotec Energiemanagement GmbH / Prognos AG 2012

5.3.5 Einfluss der Bearbeitungsdauer

Den kürzesten Zeitrahmen für die Bearbeitung haben hierbei die Initialberatungen (IB), welche 67 Prozent aller Projekte ausmachen. In der Regel stehen hierfür drei bis sechs Tage Bearbeitungszeit zur Verfügung, davon ein Tag Bestandsaufnahme vor Ort.

18 Der Maximalwert gehört zu einem Maschinenbauunternehmen mit einschichtiger Produktion, welches nach starker Schrumpfung der Belegschaft einen deutlich überdimensionierten Produktionsstandort mit mehreren Hallen betreibt. Damit gingen sehr hohe Bereitschaftsverluste im Bereich Raumwärme, Ventilatoren und Druckluft einher.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 43

Die Projektbearbeitung ist teilweise standardisiert, trotzdem gilt stets die Maßgabe „Qualität vor Quantität“: Wenn große Unsicherheit bei der Datengrundlage für Effizi-enzmaßnahmen besteht, werden diese im Zweifel nur als Idee angegeben. Sollten Maßnahmen offensichtlich nur auf Schätzungen beruhen, so wurden sie für diese Stu-die von der Auswertung ausgeschlossen. 27 Prozent der Projekte sind Energieanalysen (EA), die im Wesentlichen wie Initialbe-ratungen ablaufen, aber je nach Unternehmen acht bis 14 Tage Bearbeitungszeit mit zwei bis drei Tagen Bestandsaufnahme vor Ort umfassen. Damit ist eine detaillierte Analyse der Betriebsweise möglich, so dass auch teilweise regelungstechnische Ver-besserungen quantifiziert werden können. Den größten Projektumfang haben die Energiekonzepte (EK), worunter auch Umsetzungsprojekte einsortiert wurden. Diese machen sechs Prozent aller ausgewerteten Projekte aus. Die Bearbeitungsdauer ist durchweg größer als bei IB und EA und sehr unternehmensspezifisch. Aus Abbildung 22 geht hervor, dass die identifizierten Potenziale im Mittel19 mit der Bearbeitungsdauer zunehmen. Damit ist die Streuung zwischen den Projekttypen auf-geklärt. Die Unterschiede innerhalb der einzelnen Kategorien lassen sich damit haupt-sächlich auf die unterschiedliche Effizienzsituation in den Einzelunternehmen zurück-führen.

19 Es wird zwischen gewichtetem und ungewichtetem Mittelwert unterschieden. Beim gewichteten Mittelwert gehen die Unternehmen mit hohem Verbrauch stärker ein. Diese Art der Mittelwertbildung wird in dieser Studie vorrangig verwen-det, da sie im Gegensatz zum ungewichteten Mittelwert auch für Hochrechnungen geeignet ist.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 44

Abbildung 22 Einfluss der Bearbeitungsdauer auf ausgewiesene Potenziale in Energie-effizienzprojekten

13%12%

24%

9%

21%

14%

0%

5%

10%

15%

20%

25%

IB - Initialberatung EA - Energieanalyse EK - Energiekonzept

steigende Bearbeitungsdauer

Eins

parp

oten

zial

Prim

ären

ergi

e

Mit Verbrauch gewichteter Mittelwert ungewichteter Mittelwert

Quelle: Ökotec Energiemanagement GmbH / Prognos AG 2012

5.3.6 Fazit

Die Streuung ist nur zu einem kleinen Teil auf die Projektbearbeitung zurückzuführen. Sie unterstreicht viel mehr die individuellen Unterschiede der Effizienzsituation in den Einzelunternehmen. Die vorhandenen Potenziale könnten insgesamt auch noch etwas höher liegen, da bei Initialberatungen nicht alle Bereiche des Unternehmens detailliert betrachtet werden.

5.4 Gegenüberstellung der Ergebnisse

Nach der Vorstellung und Diskussion der Potenziale aus beiden Betrachtungsweisen werden die Ergebnisse einander im Folgenden gegenüber gestellt.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 45

Abbildung 23 Vergleich der Potenziale beider Betrachtungsweisen für die ausgewählten Branchen

8%

6%

8%7%

12%

16%

10%11%

21% 21%22% 21%

19%

15%

0%

5%

10%

15%

20%

25%

Metall-erzeugung

Metall-erzeugnisse

Maschinenbau Automotive Elektrogeräte ElektrischeAusrüstungen

Branchen 24-29GESAMT

Branchen

Eins

parp

oten

zial

Prim

ären

ergi

e

praktische Potenziale wissenschaftliche Potenziale (optimale Bedingungen) wissenschaftliche Potenziale (Referenz)

Quelle: Ökotec Energiemanagement GmbH / Prognos AG 2012

In Abbildung 23 wurden die primärenergetisch bewerteten Einsparpotenziale aus prak-tischer und wissenschaftlicher Sicht für die ausgewählten Branchen nebeneinander gestellt. Zusätzlich sind ganz rechts in der Abbildung die jeweiligen Mittelwerte über die sechs betrachteten Branchen eingefügt. Die zwei Pfade der wissenschaftlichen Sicht (vergleiche Abschnitt 3.3.1) sind unterschiedlich schattiert. Für die dunkler dargestellte Referenzentwicklung20 ergeben sich geringere Einsparungen, während der ambitionier-te Pfad21 hohe, aber immer noch wirtschaftliche Potenziale aufzeigt. Bei direktem Vergleich lassen sich folgende Aussagen ableiten: – Die wissenschaftlichen Potenziale unter optimalen Bedingungen sind in allen Bran-

chen größer als die praktischen Potenziale und weisen – abgesehen von der Me-tallerzeugung – geringe Unterschiede zwischen den Branchen auf.

20 Die Referenzentwicklung entspricht einer Fortschreibung aktueller Politiken und Handlungsweisen. 21 Der ambitionierte Entwicklungspfad unterstellt allen Seiten ein für die Energieeffizienz optimales Verhalten, ohne jedoch wirtschaftlich irrationale Entscheidungen zu treffen.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 46

– Die praktischen Potenziale streuen stärker und liegen in allen Branchen außer „Elektrische Ausrüstungen“ höher als die wissenschaftlichen Potenziale der Refe-renzentwicklung.

– Die größten praktischen Potenziale liegen in den Branchen „Maschinenbau“ und „Automotive“. Hier erreichen die praktischen Werte mehr als die Hälfte der ambitio-nierten Werte aus wissenschaftlicher Sicht.

Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Potenziale der Referenzentwicklung durch die Erfahrungen aus der Praxis bestätigt und in einigen Branchen sogar übertroffen wurden. Der ambitionierte Pfad ist mit 15 Prozent Gesamtpotenzial eher optimistisch. Die Praxis bestätigt Einsparungen von zehn Prozent, die sich überwiegend in weniger als drei Jahren amortisieren. Vor dem Vergleich auf Ebene der Anwendungsbereiche ist auf einen wichtigen Aspekt hinzuweisen, in dem sich die Ergebnisse beider Sichtweisen unterscheiden. Für eine übersichtliche Darstellung der Ergebnisse wurden die Potenziale bisher in Primärener-giegrößen ausgedrückt, wobei Stromeinsparungen mit dem Faktor 2,5 und Wärme- bzw. Brennstoffeinsparungen mit dem Faktor 1,1 bewertet werden. Auch wenn die pri-märenergetisch bewerteten Einsparungen identisch sind, können diese auf unter-schiedlichen Einsparpotenzialen für Strom und Brennstoffe beruhen. Abbildung 24 Vergleich der kumulierten Potenziale für die Branchen 24 bis 29

20%

8%

16%15%

10%9%

0%

5%

10%

15%

20%

aus wissenschaftlicher Sicht aus praktischer Sicht

Betrachtung

Eins

parp

oten

zial

e [%

]

Strom Brennstoffe/Wärme Primärenergie (PE)

Quelle: Ökotec Energiemanagement GmbH / Prognos AG 2012

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 47

Abbildung 24 zeigt, wie sich die primärenergetischen Potenziale beider Betrachtungs-weisen22 aus Strom- und Brennstoff- bzw. Wärmeeinsparungen zusammensetzen. Da-bei fällt auf, dass sich aus wissenschaftlicher Sicht das ambitionierte primärenergeti-sche Potenzial aus einem hohen Einsparpotenzial bei Strom und einem eher kleinen Einsparpotenzial an Brennstoffen bzw. Wärme zusammensetzt. Im Gegensatz dazu sind aus praktischer Sicht die identifizierten Stromeinsparungen kleiner als die mögli-chen Brennstoff- bzw. Wärmeeinsparungen. Daraus lässt sich die Aussage ableiten, dass die in der Beratungspraxis dominierende Systemoptimierung verstärkt Wärmepo-tenziale aufspürt, während im regulären Anlagenersatz und technologischen Fortschritt verstärkt Effizienzpotenziale im Strombereich vorliegen. Dieses Bild bestätigt sich auch mit Blick auf die einzelnen Anwendungssysteme in Ab-bildung 25. Hier werden die primärenergetischen Potenziale der beiden Sichtweisen in den untersuchten Anwendungsbereichen gegenübergestellt. Aus Gründen der Über-sichtlichkeit wurde hierbei auf die Darstellung des Referenzpfads der wissenschaftli-chen Betrachtung verzichtet. Die Anwendungsbereiche sind – in Übereinstimmung mit den Abbildungen der vorhergehenden Abschnitte – anhand ihres Anteils am Endener-gieverbrauch aufsteigend von links nach rechts sortiert. Gegenüber der nach Branchen strukturierten Potenziale zeigt sich hier bei beiden Betrachtungsweisen eine stärkere Streuung. Die wissenschaftlichen Potenziale reichen von acht bis 36 Prozent, während die praktische Betrachtung eine Spanne von einem bis 27 Prozent ergibt.

22 Aus wissenschaftlicher Sicht sind hier die Potenziale des ambitionierten Pfades angegeben.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 48

Abbildung 25 Vergleich der Potenziale Primärenergie, differenziert nach Anwendungsbereichen

27%

1%1%

22%

6%8%

18%

22%

8% 8%8%

36%

18%

24%

19%

27%

15%

29%

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

IKT

Kälte o

hne Pumpen

Beleuchtung

Pumpen

Drucklu

ft

Ventila

toren

Raumwärme

ohne Pumpe

n

Mechanis

che Energ

ie

Proze

sswärm

e ohne Pumpen

Anwendungsbereiche

Eins

parp

oten

zial

Prim

ären

ergi

e [%

]

Potenziale aus praktischer Sicht Potenziale aus wissenschaftlicher Sicht (optimale Bedingungen)

Quelle: Ökotec Energiemanagement GmbH / Prognos AG 2012

Hohe spezifische Potenziale findet die Beratungspraxis vorwiegend in den Anwen-dungsbereichen Ventilatoren, Raumwärme und Kälte. Hier sind die Effizienzpotenziale der praktischen Sichtweise ähnlich hoch bzw. im Fall der Kälte sogar deutlich höher als die der wissenschaftlichen Sichtweise. Dies ist auf den hohen Anteil von Maßnahmen der Systemoptimierung und der Bedarfsanpassung in diesen Anwendungsbereichen zurückzuführen. Mit Ausnahme des Bereichs Ventilatoren liegen die Effizienzpotenziale in allen stromorientierten Anwendungssystemen aus wissenschaftlicher Sicht höher als aus praktischer Sicht. Dies ist wiederum darauf zurückzuführen, dass die Potenziale durch die Diffusion neuer, energieeffizienter Technologien im Rahmen des Anlagener-satzes in der kurzfristigen Sichtweise der Beratungspraxis eine geringere Rolle spielen.

5.5 Einsparpotenziale der wichtigsten Maßnahmenkategorien

Die Potenziale innerhalb der verschiedenen Anwendungssysteme wurden im vorher-gehenden Abschnitt im Gesamtüberblick gezeigt. Für konkrete Hinweise auf besonders attraktive Maßnahmen lohnt sich ein Blick auf die Maßnahmenkategorien aus den

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Potenziale der Energieeffizienz 49

Praxisprojekten, die am stärksten zum Gesamtpotenzial beitragen. In anderen Studien über Energieeffizienz werden diese Einsparpotenziale als „low hanging fruits“ bezeich-net, da sie mit geringem Aufwand und Risiko zu heben sind. Abbildung 26 Wichtigste Maßnahmenkategorien in den untersuchten Wirtschaftszweigen (24 bis 29)

Wichtigste Maßnahmenkategorien in ausgewählten Branchen (WZ 24 bis 29)

0% 1% 2% 3% 4% 5% 6%

Ventilatoren: Bedarfsgerechte Anpassung Volumenstrom

Prozesswärme: WRG aus Abgas von Prozessanlagen

Druckluft: WRG einsetzen

Kälte: WRG aus Verbraucherabwärme

Raumwärme: WRG zwischen Zu- und Abluft

Kälte: Freie Kühlung einsetzen

Druckluft: Leckagen im Netz beseitigen

Prozesswärme: zusätzl. Abgaswärmetauscher Dampfkessel

Pumpen: Erhöhung Temperaturspreizung im Kältenetz

Prozesswärme: Vorwärmung der Verbrennungsluft

Druckluft: Startvorgänge und Leerlaufanteile reduzieren

Raumwärme: Prozessabwärme zur Luftvorwärmung

Ventilatoren: Einsatz effizienterer Aggregate

Prozesswärme: Ersatz / Erneuerung TNV bzw. RNV

Pumpen: Bedarfsgerechte Regelung im Kältenetz

Anteil der Maßnahme an Gesamteinsparung Primärenergie (ESP gesamt: 10%)

Ventilatoren Prozesswärme (ohne Pumpen) Druckluft

Kälte (ohne Pumpen) Raumwärme (ohne Pumpen) Pumpen

Quelle: Ökotec Energiemanagement GmbH / Prognos AG 2012

Um hierzu eine Aussage zu erhalten, wurde jede der 4.604 Einzelmaßnahmen einer Maßnahmenkategorie zugeordnet, die möglichst genau beschreibt, wie die Einsparung zustande kommt. Dann wurden die Einsparpotenziale aller Maßnahmen innerhalb jeder Kategorie aufsummiert und ins Verhältnis zum Gesamtpotenzial gesetzt. Bei abstei-gender Sortierung ergibt sich die in Abbildung 26 dargestellte Reihenfolge, die nach den 15 wichtigsten Maßnahmenkategorien abgeschnitten wurde. Die Länge der Balken und die Skala zeigen den Anteil der Kategorie am Gesamtpotenzial, nicht das Potenzi-al selbst23.

23 Die Potenziale der Maßnahmen in den Kategorien sind sehr gering, für die größte Kategorie „Ventilatoren: …“ ergibt sich nur ein Wert von 5,35 Promille (5,35 Prozent Anteil x 10 Prozent Gesamtpotenzial).

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 50

Im Folgenden werden die 15 wichtigsten Maßnahmenkategorien in der eben gezeigten Reihenfolge kurz beschrieben. Dabei fällt auf, dass diese sich teilweise sehr ähnlich sind. Diese Unschärfe rührt daher, dass die Ausgangssituation von Unternehmen zu Unternehmen eine etwas andere ist und die Maßnahmen individuell angepasst werden. Deswegen entsprechen die Kategorien eher der Kernidee der jeweiligen Maßnahme. 1. Ventilatoren: Bedarfsgerechte Anpassung Volumenstrom (Einsparung: Strom)

Hierunter fallen striktes Abschalten der Lüftungsanlage außerhalb der Produktions-zeiten, permanente oder geregelte Reduktion des Volumenstromes durch Nachrüs-tung eines Frequenzumrichters (FU).

2. Prozesswärme: Wärmerückgewinnung (WRG) aus Abgas Prozessanlagen (Einspa-

rung: Brennstoff) Allgemeinnutzung heißer Abgase von Prozessanlagen (Öfen, Trocknern, Heißka-nälen, etc.) innerhalb von Prozessen wie zum Beispiel für Gutvorwärmung, bzw. für andere Prozesse oder für Heizzwecke.

3. Druckluft: WRG einsetzen (Einsparung: Brennstoff)

Nutzung der Abwärme aus den Kompressoren zur Heizungsunterstützung oder Warmwasserbereitung. Circa 80 Prozent des Stromverbrauchs kann bei Tempera-turen bis 85 Grad Celsius thermisch genutzt werden.

4. Kälte: WRG aus Verbraucherabwärme (Einsparung: Brennstoff)

Direkte Nutzung des warmen Rücklaufes des Kühlkreises für Heizzwecke. Mögli-che Wärmequelle ist zum Beispiel die Hydraulikkühlung von Spritzgussmaschinen. Modifikationen an Maschinen und neue Heizregister sind notwendig.

5. Raumwärme: WRG zwischen Zu- und Abluft (Einsparung: Brennstoff)

Wärmetransfer in Lüftungsgeräten von der warmen Abluft zur kühlen Zuluft mittels Kreuzstromwärmetauscher, Wärmerad oder Kreislaufverbundsystem.

6. Kälte: Freie Kühlung einsetzen (Einsparung: Strom)

Nutzung von Trocken oder Hybridkühlern in der kalten Jahreshälfte zur Entlastung der Kompressionskältemaschinen. Voraussetzung ist ein geeignetes Tempera-turniveau des Kühlsystems.

7. Druckluft: Leckagen im Netz beseitigen (Einsparung: Strom)

Regelmäßige Suche und Beseitigung von Leckagen im Druckluftnetz, um den Druckluftbedarf zu senken.

8. Prozesswärme: Zusätzliche Abgaswärmetauscher am Dampfkessel (Einsparung:

Brennstoff) Nachrüstung eines zusätzlichen Wärmetauschers (Economizer) zur besseren Aus-nutzung der thermischen Energie des Abgases.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 51

9. Pumpen: Erhöhung Temperaturspreizung im Kältenetz (Einsparung: Strom) Reduzierung des Durchsatzes des Kühl-/Kältemediums am Verbraucher mittels Regelventilen, wodurch der Leistungsbedarf der Pumpen sinkt und die höhere Rücklauftemperatur freie Kühlung ermöglicht.

10. Prozesswärme: Vorwärmung der Verbrennungsluft (Einsparung: Brennstoff)

Nutzung der heißen Abluft aus Prozessöfen, Trocknern etc. zur Vorwärmung der Verbrennungsluft, zum Beispiel mittels Rekuperations-Brennern.

11. Druckluft: Startvorgänge und Leerlauf reduzieren (Einsparung: Strom)

Reduktion der Leerlaufanteile durch Nachrüstung einer übergeordneten Steuerung bzw. Modifikation der Einstellungen oder Anschaffung eines zusätzlichen Kom-pressors für eine bessere Staffelung.

12. Raumwärme: Prozessabwärme zur Luftvorwärmung (Einsparung: Brennstoff)

Nutzung der Abwärme aus Produktionsmaschinen aber auch Niedertemperaturan-wendungen zur Vorwärmung der Zuluft in Lüftungsanlagen.

13. Ventilatoren: Einsatz effizienterer Aggregate (Einsparung: Strom)

Teilweiser Austausch von Ventilatoren oder anderer Teile der Lüftungsanlage ge-gen neue, effizientere Aggregate, die besser an realen Betriebspunkt angepasst sind; enthält auch Drehzahlregelung mit FU24.

14. Prozesswärme: Ersatz / Erneuerung der TNV bzw. RNV (Einsparung: Brennstoff)

Austausch / Modifikation der bestehenden Thermischen Nachverbrennung bzw. Regenerativen Nachverbrennung für eine effizientere Brennstoffnutzung.

15. Pumpen: Bedarfsgerechte Regelung im Kältenetz (Einsparung: Strom)

Nachrüstung von FU, um Pumpen bedarfsgerecht regeln zu können, zum Beispiel Konstant-Druck-Regelung; umfasst auch Druckabsenkung nach Beseitigung von Netzengpässen.

Die hier vorgestellte Liste ist aufgrund der branchenübergreifenden Betrachtung nicht in jedem Unternehmen umzusetzen. Sie zeigt aber nochmals detailliert, woraus sich die signifikanten Potenziale in den Bereichen Prozess- und Raumwärme, Ventilatoren und Druckluft zusammensetzen und wie diese gehoben werden können. Auch die teil-weise Überschneidung der wissenschaftlichen und praktischen Betrachtungsweise zeigt sich hier, da auch „Austausch“ oder „Ersatz“ von Anlagen(teilen) in den Potenzia-len aus der Beratungspraxis enthalten sind.

24 FU = Frequenzumrichter

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Potenziale der Energieeffizienz 52

5.6 Zusammenfassung und Fazit

Die in diesem Bericht untersuchten Branchen decken knapp zwei Drittel des Primär-energieverbrauchs der Industrie ab, wobei die Metallerzeugung mit 999 PJ knapp 60 Prozent des PEV der hier betrachteten Branchen benötigt. Die Prozessenergie domi-niert den PEV der betrachteten Branchen deutlich. Über 80 Prozent des PEV für Wär-meanwendungen entfällt auf Prozesswärme, und ein Drittel des Stromverbrauchs fließt in die Bereitstellung mechanischer Energie. Aus wissenschaftlicher Sicht liegen die größten spezifischen Energieeffizienzpotenziale in den vorrangig peripheren und infrastrukturellen Systemen zuzuordnenden Quer-schnittstechnologien. In der Beratungspraxis werden die größten spezifischen Effizi-enzpotenziale vor allem in den Anwendungsbereichen Ventilatoren, Raumwärme und Kälte gefunden. Bei den prozessorientierten Anwendungssystemen – hier insbesonde-re bei der Prozesswärme – sind die relativen Potenziale aus beiden Sichtweisen ver-gleichsweise gering. Aufgrund des großen Gesamtverbrauchs liegt hier dennoch das absolut größte Einsparpotenzial aller Anwendungssysteme, gefolgt von der mechani-schen Energie. Die größten Potenziale in der Beratungspraxis weisen Maßnahmen der Wärmerück-gewinnung zu Heizzwecken sowie Anpassungen des Betriebs von Lüftungsanlagen an den aktuellen Bedarf auf. Die Auswertung der Projekte aus der Beratungspraxis zeigt auch, dass die in den ein-zelnen Unternehmen identifizierten Potenziale unabhängig von der Beratungsdauer stark streuen. Dies verdeutlicht, dass Energieeffizienz und Effizienzpotenziale unter-nehmensindividuelle Eigenschaften sind. Die in den wissenschaftlichen Arbeiten untersuchten Szenarien belegen, dass bei Fort-schreibung der aktuellen Politiken der letzten Jahre die Höhe der in der Industrie wirt-schaftlich realisierbaren Energieeffizienzpotenziale moderat ist. Nur durch Schaffung optimaler Rahmenbedingungen für die Energieeffizienz lassen sich beträchtliche Po-tenziale realisieren. Diese stammen sowohl aus kurzfristig realisierbaren Potenzialen durch die Optimierung bestehender Anlagen und Systeme als auch aus den mittelfristig realisierbaren Effizienzgewinnen durch die Diffusion neuer, energieeffizienter Techno-logien im Rahmen des Anlagenersatzes.

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Studie – Energieeffizienz in der Industrie vbw – Juli 2012

Fazit und Schlussfolgerungen 53

6 Fazit und Schlussfolgerungen Warum das Energiesparen nicht so einfach ist und was man für mehr Energieeffizienz tun kann

– Energieintensive Branchen, für die der Energiebezug einen Großteil ihrer Kosten bestimmt, haben schon bisher großes Gewicht auf Energieeinsparungen gelegt. Ei-ne weitere Steigerung der Energieeffizienz ist hier deshalb schwierig.

– Kurzfristig bestehen Potenziale zur Steigerung der Energieeffizienz durch system-

übergreifende Optimierung und Bedarfsanpassung bei der Wärme- und Kältever-sorgung. Diese Potenziale sind meist rentabel und können kurzfristig gehoben wer-den.

– Mittelfristig liegen die bedeutenden Potenziale für Energieeinsparungen bei Quer-

schnittstechnologien. Sie lassen sich realisieren, wenn beim Ersatz alter Anlagen oder bei Neuanschaffungen in die jeweils verfügbare effizienteste Technologie in-vestiert wird.

– Energieeffizienz und Einsparpotenziale sind betriebsindividuell und können sehr

unterschiedlich sein. Brancheneinheitliche Einsparvorgaben werden deshalb der Unternehmenspraxis nicht gerecht. Nachteile entstünden bei einheitlichen Vorgaben auch für early movers, also für Unternehmen, die bereits früh in Energieeffizienz in-vestiert haben.

– Unternehmen investieren zu unterschiedlichen Zeiten und Phasen. Deshalb sind zu

einem bestimmten Zeitpunkt je nach Betrieb mehr oder weniger Komponenten auf neuestem Stand der Technik und die verbleibenden Potenziale unterschiedlich groß.

– Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Unternehmen einer Branche zwar ähn-

lichen Konjunkturzyklen unterliegen (sofern sie in regional vergleichbaren Märkten tätig sind), aber aus verschiedenen Gründen zu sehr unterschiedlichen Zeiten inves-tieren. Dies ist in der Regel betriebsindividuellen Voraussetzungen, wie dem Stand-ort, der Unternehmensgröße, dem Marktanteil, der Eigentumsform, der Liquidität, der Bonität, der Verfügbarkeit von Eigenkapital und / oder dem Zugang zu Fremd-kapital geschuldet.

– Unterschiede bestehen zwischen Unternehmen der gleichen Branche auch, weil sie

unterschiedliche Fertigungstiefen aufweisen können. Zwei Betriebe mit identischem Produktfolio haben allein schon deshalb einen sehr unterschiedlichen Energiever-brauch, wenn in einem Fall die Vorfertigung zum Betrieb gehört, im anderen Fall in ein anderes Unternehmen ausgelagert wurde.

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Fazit und Schlussfolgerungen 54

– Physikalische Prozesse, wie zum Beispiel Schmelzen, Gießen, Trocknen, bedürfen naturgesetzlich vorgegebener Energiemengen. Diese Prozesse besitzen keine Ein-sparpotenziale und können deshalb nicht in Effizienzpotenziale von Unternehmen einbezogen werden.

– Wie in der Studie dargestellt, hat jedes Unternehmen seine spezifische Situation bei

Energieeinsatz und Energieeffizienz, deshalb sind einheitliche politische Effizienz-vorgaben nicht umzusetzen und können für Unternehmen bestandsgefährdend sein.

– Steuerliche Maßnahmen, wie Sonderabschreibungen, erhöhen die Anreize für

Energieeffizienzmaßnahmen. Aber auch hier muss die Umsetzung der Maßnahmen in der alleinigen Entscheidung der Unternehmen stehen.

– Effizienzziele bei Energieeinsparung und CO2-Minderung müssen gemeinsam be-

trachtet und in einem einheitlichen politischen Rahmen für die betroffenen Unter-nehmen zusammengeführt werden. Widersprechende Effizienzziele bei Energie und CO2 führen zu Kosten und zusätzlicher Bürokratie.

– Die Wertschöpfungsketten in Bayern und Deutschland sind auch zukünftig auf ener-

gieintensive Industrien angewiesen. Bei überzogenen politischen Anforderungen besteht die Gefahr der Abwanderung dieser Industrien ins Ausland.

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Glossar 55

Glossar

BWS Bruttowertschöpfung

EBIL Energiebilanz der AG Energiebilanzen

Faktorkosten Kosten abzüglich Steuern zuzüglich Subventionen

PE Primärenergie

PEV Primärenergieverbrauch

SYPRO Systematik des Produzierenden Gewerbes veraltete WZ-Klassifikation der BRD

WZ Klassifikation der Wirtschaftszweige der BRD, Varianten WZ 1993, 2003 und 2008

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Literatur 56

Literatur

AG Energiebilanzen e.V. (AGEB), 2011

Auswertungstabellen zur Energiebilanz Deutschland 1990 bis 2010

EWI, Prognos AG, 2005 Energiereport IV: Die Entwicklung der Energiemärkte bis zum Jahr 2030; Energiewirtschaftliche Referenzprognose. Köln

Institut Wohnen und Umwelt (IWU), 2012

Gradtagszahlen in Deutschland

Statistisches Bundesamt, 2008a

Klassifikation der Wirtschaftszweige mit Erläuterungen 2008. Wiesbaden

Statistisches Bundesamt, 2008b

Umsteigeschlüssel zwischen der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 (WZ 2003), und der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ 2008) und umgekehrt

Statistisches Bundesamt, 2012

GENESIS-Online.,URL https://www-genesis.destatis.de/

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Abbildungsverzeichnis 57

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Differenzierung der Energieeffizienzpotenziale aus wissenschaftlicher und praktischer Sicht

Abbildung 2 Übersicht der Einflussfaktoren auf Effizienzpotenziale aus Sicht von Ein-zelunternehmen

Abbildung 3 Beispiel Drucklufteffizienz über Druckhöhe

Abbildung 4 Endenergieverbrauch der Industrie insgesamt sowie ohne erneuerbare Energien und ohne Fernwärme

Abbildung 5 Endenergieverbrauch der Industrie nach Energieträgern 1990 bis 2010 insgesamt

Abbildung 6 Endenergieverbrauch der Industrie nach Verwendungszwecken 1990 bis 2010 insgesamt

Abbildung 7 Endenergieverbrauch der Industrie nach Wirtschaftszweigen 1990 bis 2010 insgesamt

Abbildung 8 Entwicklung der Bruttowertschöpfung der Industrie 1991 bis 2011

Abbildung 9 Anteile der Branchen an der Bruttowertschöpfung der Industrie 1990 bis 2010

Abbildung 10 Entwicklung der Produktivität der Industrie (Bruttowertschöpfung / Erwerbs-tätige) 1991 bis 2011

Abbildung 11 Entwicklung der Investitionen des Industriesektors

Abbildung 12 Energieintensität der Industrie 1990 bis 2010 insgesamt

Abbildung 13 Veränderung des Endenergieverbrauchs in der Industrie gegenüber 1990 nach Einflussfaktoren 1990 bis 2010

Abbildung 14 Energieeffizienzpotenziale in den ausgewählten Branchen 24 bis 29 für den Referenzpfad

Abbildung 15 Energieeffizienzpotenziale in den ausgewählten Branchen 24 bis 29 für den ambitionierten Pfad

Abbildung 16 Energieeffizienzpotenziale nach Anwendungssystemen in den ausgewähl-ten Branchen 24 bis 29 für den Referenzpfad

Abbildung 17 Energieeffizienzpotenziale nach Anwendungssystemen in den ausgewähl-ten Branchen 24 bis 29 für den ambitionierten Pfad

Abbildung 18 Einsparpotenziale Primärenergie aus praktischer Sicht für die ausgewähl-ten Branchen

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Abbildungsverzeichnis 58

Abbildung 19 Einsparpotenziale Primärenergie aus praktischer Sicht nach Anwendung-bereichen

Abbildung 20 Effizienzpotenziale der betrachteten Wirtschaftszweige nach Wirtschaftlich-keit

Abbildung 21 Streuung der Einsparpotenziale der Einzelunternehmen aus praktischer Sicht

Abbildung 22 Einfluss der Bearbeitungsdauer auf ausgewiesene Potenziale in Energieef-fizienzprojekten

Abbildung 23 Vergleich der Potenziale beider Betrachtungsweisen für die ausgewählten Branchen

Abbildung 24 Vergleich der kumulierten Potenziale für die Branchen 24 bis 29

Abbildung 25 Vergleich der Potenziale Primärenergie, differenziert nach Anwendungsbe-reichen

Abbildung 26 Wichtigste Maßnahmenkategorien in den untersuchten Wirtschaftszweigen (24 bis 29)

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Anhang 59

Anhang

Verwendete Emissions- und Primärenergiefaktoren

Energieträger

Emissionsfaktor (GEMIS 4.7)

g CO2 equiv./kWh Primärenergiefaktor

(DIN 4701)

Strom 621 2,5* Erdgas 253 1,1 Fernwärme (mix D) 277 0,7 Flüssiggas 269 1,1 Heizöl 314 1,1 Kohle 449 1,1 Holzhackschnit-zel 29 0,2 Quelle: Nationaler Energieeffizienz Aktionsplan NEEAP

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Studie – Energieeffizeinz in der Industrie vbw – Juli 2012

Ansprechpartner / Impressum 60

Ansprechpartner

Stefan Albat Stv. Hauptgeschäftsführer Abteilung Wirtschaftspolitik

Telefon 089-551 78-251 Telefax 089-551 78-249 [email protected]

Impressum

Alle Angaben dieser Publikation beziehen sich grundsätzlich sowohl auf die weibliche als auch auf die männliche Form. Zur besseren Lesbarkeit wurde meist auf die zusätzliche Bezeichnung in weiblicher Form verzichtet.

Herausgeber: Weitere Beteiligte:

vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Max-Joseph-Straße 5 80333 München www.vbw-bayern.de

Knut Grabowski ÖKOTEC Energiemanagement GmbH

Telefon 030-53 63 97-26 Telefax 030-53 63 97-90 [email protected]

Friedrich Seefeldt Prognos AG

Telefon 030-52 00 59 236 Telefax 030-52 00 59 288 236 [email protected]

© vbw Juli 2012