Studie: Verkehrstelematik - der Mensch und die Maschine

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Verkehrstelematik – der Mensch und die Maschine Überblick über Verkehrstelematiksysteme und psychologische und sozialwissenschaftliche Überlegungen zum Thema Verkehr und Telematik Karin Ausserer Ralf Risser Christine Turetschek Viktoria Reiss-Enz Feber 2006

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Verkehrstelematik – der Menschund die Maschine

Überblick über Verkehrstelematiksystemeund psychologische und sozialwissenschaftliche

Überlegungen zum Thema Verkehr und Telematik

Karin AussererRalf Risser

Christine TuretschekViktoria Reiss-Enz

Feber 2006

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Verkehrstelematik – der Menschund die Maschine

Überblick über Verkehrstelematiksysteme, psychologische und sozialwissenschaftliche

Überlegungen zum Thema Verkehr und Telematik

Auftragnehmerin:FACTUM Chaloupka & Risser OHG, Verkehrs- und Sozialanalysen

A-1040 Wien, Danhausergasse 6/4Kontakt: Mag.a Karin Ausserer, Univ. Prof. Dr. Ralf Risser

Tel.: 43 1 504 15 46 Fax: 43 1 504 15 48e-mail: [email protected]

www.factum.at

Auftraggeber:Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit)

Sektion IIA-1011 Wien, Stubenring 1

Kontakt: DI Viktoria Reiss-Enz, MASTel.: 43 1 711 00 55 27

e-mail: [email protected]

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VorwortWenn man in die europäische und auch in die nationalen Forschungslandschaftenin Europa schaut, fallen einem unweigerlich alle Ausschreibungen, Projekte,Workshops usw. auf, die sich mit Telematik befassen. Besonders intensiv behan-delt man dieses Thema im Verkehrsbereich. Neue elektronische Systeme undAusrüstungstypen erregen aus unterschiedlichsten Gründen die Interessen vielerMenschen. Sie haben spontan betrachtet das Potential, Aufgaben einfacher undsicherer zu machen und sind gleichzeitig mit dem Flair des Spielerischen und Er-staunlichen verbunden. Eher selten stoßen sie auf Ablehnung, häufig auf interes-sierte Zustimmung bei den VerkehrsteilnehmerInnen. Aus kaufmännischer Sichtist es daher naheliegend für Auto bzw. Fahrzeughersteller, Infrastrukturbereitstellende Institutionen und Firmen, Zulieferindustrie usw. usf., sich mitVerkehrstelematik zu befassen und ständig neue Lösungen zu lancieren und aufden Markt zu bringen. Dazu komplementär sehen manche WissenschafterInnen-und ForscherInnengruppen in der Telematik die Möglichkeit zur Lösung vieler mitTransport und Verkehr verbundener Probleme, quasi analog zu denVerkehrsteilnehmerInnen, aber in differenzierterer und wissenschaftlich-systematischerer Form. Sicherheit, Umweltschutz, Lebensqualität, Komfort usw.könn(t)en diesen Gruppen zufolge mit Hilfe der Verkehrstelematik verbessertbzw. erhöht werden. Auch jene WissenschafterInnen und ForscherInnen, die derTelematik skeptisch gegenüberstehen, finden in ihr ein Betätigungsfeld insofern,als das Thema "unerwünschte Nebeneffekte" ja ebenfalls behandelt werdenmuss: Es steht heute außer Streit, dass jeder Eingriff in komplexe Systeme – seies nun der menschliche Körper oder das sozio-technische System Verkehr –Nebeneffekte haben kann, auch negative bzw. unerwünschte.

Aus diesen Überlegungen heraus ergab sich die Aufgabe, eine Skizze über denBereich Telematik anzufertigen – nämlich den vorliegenden Bericht. Er gibt einengroben Überblick über am Markt befindliche und marktnahe System- und Ausrüs-tungstypen, stellt in Kürze ihre potentiellen und nachgewiesenen positivenWirkungen dar, diskutiert mögliche unerwünschte Wirkungen an. Nicht zuletztenthält der Bericht Überlegungen, wie man neue System- und Ausrüstungstypenbzgl. ihrer Auswirkungen in der Praxis untersuchen kann: Das soll ja erfolgen,ehe Probleme auftreten, Probleme sollen verhindert werden. Insbesondere imStraßenverkehrsbereich besteht für eine solche prognostische Evaluation keineTradition. Einige Überlegungen bzw. Untersuchungen dazu liegen aber vor, undauch über sie wird berichtet.

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ZusammenfassungImmer mehr Menschen und Waren sind rund um den Globus unterwegs.Umweltschäden, Unfälle, Staus sind die negativen Konsequenzen dieser meist„automobilen“ Lebensform. Viele VerkehrsplanerInnen, WissenschafterInnen undPolitikerInnen erhoffen sich durch den Einsatz von Telematik im Verkehr eineLösung vieler mit Transport und Verkehr verbundener Probleme.

Unter Verkehrstelematik versteht man das Erfassen, Übermitteln, Verarbeitenund Nutzen von verkehrsbezogenen Daten mit dem Ziel der Organisation, Infor-mation und Lenkung des Verkehrs. Durch Verkehrstelematik soll das gesamteVerkehrssystem bestmöglich gestaltet werden, wobei der intermodalen Mobilitäteine Schlüsselrolle zukommt. Intelligente Verkehrssteuerungssysteme und intel-ligente Fahrzeuge bzw. Ausrüstung sollen dazu beitragen die Verkehrssicherheitzu erhöhen, die Nutzung des Verkehrssystems hinsichtlich Kapazität, Verfügbar-keit, Benutzerfreundlichkeit und Zuverlässigkeit zu optimieren, unnötigen Ver-kehr zu reduzieren und den Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel zufördern. Der Einsatz von Telematik im Verkehrswesen hat dabei stets additivenund integrativen Charakter. D.h. es ersetzt kein bestehendes System, sondernsoll vielmehr nur unterstützend bei der Umsetzung nachhaltigerVerkehrsstrategien wirken.

In der europäischen Verkehrspolitik ist Verkehrstelematik schon seit einigen Jah-ren ein fixer Bestandteil. An europäischen telematischen Netzwerken wird gear-beitet. Es gibt etliche Forschungs- und Entwicklungsprogramme mit verkehrstele-matischen Schwerpunkten. Betrachtet man sich die am Markt befindlichen tele-matischen Systeme, so erkennt man, dass es bereits ein Fülle von unter-schiedlichen Systemen und Ausrüstungstypen für fast alle Verkehrsträger gibt.

Der motorisierte Individualverkehr wird telematisch durch kollektive (Verkehrs-beeinflussungsanalgen, Parkleitsysteme, etc.) und individuelle Systeme gema-nagt (Informations- und Assistenzsysteme, etc.) mit dem primären Ziel, die Ver-kehrssicherheit zu erhöhen und den Verkehrsfluss zu verbessern. Im öffentlichenVerkehr dienen Systeme, die den Verkehrsablauf beschleunigen (z.B. Betriebs-leitsysteme), Informationsdienste (z.B. Fahrplanauskunft) und Serviceleistungen(z.B. elektronisches Ticketing) zur Attraktivierung dieser Fortbewegungsmög-lichkeit. Auch für den Fußgänger- und Radverkehr gibt es vereinzelt Systeme, dieSicherheit und Komfort der Fußgänger und Radfahrer erhöhen können. Im Flot-ten- und Frachtenmanagement soll vor allem durch eine verbesserte Warenzu-stellung die Belastung von Bevölkerung und Umwelt durch den Verkehr reduziertwerden.

Die hohen Erwartungen, die an den Einsatz von Verkehrstelematik geknüpft sind,werden aber wahrscheinlich nur zum Teil erfüllt werden. Verkehr ist ein komp-lexes dynamisches System und besteht aus einer Summe von Einzelhandlungen.Menschen formen den Verkehr und machen ihn aus. Auch bei telematischen Sys-temen wird der Wirkungsgrad im wesentlichen davon abhängen, in welcher Artund Weise der einzelne Verkehrsteilnehmer bzw. die einzelnen Verkehrsteil-nehmerin sich das System zu Nutzen macht.

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Aus psychologischer und sozialwissenschaftlicher Sicht ergeben sich daherfolgende Handlungsschritte, die generell beim Einsatz neuer telematischerSysteme berücksichtigt werden sollten (siehe auch anschließende Graphik 1):

• Nutzenidee steht über der technologischen InnovationsideeUnabhängig davon, für welchen Verkehrsträger ein neues System entwickeltwird, ist es wichtig, dass die Nutzenidee stets über der technologischenInnovationsidee steht. D.h. man sollte bei der Entwicklung stets vor Augenhaben, dass dem Endverbraucher bzw. der Endverbraucherin ein tatsächlicherVorteil durch die Verwendung eines Systems entsteht.

• Glaubwürdigkeit und SorgfaltGlaubwürdigkeit und Sorgfalt der Anbieter ist eine der wichtigstenVoraussetzungen der adäquaten Verwendung von Systemen durch dieVerkehrsteilnehmerInnen: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht!“Telematische Systeme müssen für den Nutzer bzw. die Nutzerin glaubwürdigerlebt werden. Wenn das GPS-Navigationssystem jedes zweite Mal einefalsche Route angibt, wenn das aktive Gaspedal auch in unkritischenSituationen die Geschwindigkeit zurücknimmt, wenn dieGeschwindigkeitsreduktion bei der Section Control jedes zweite Mal nichtnachvollziehbar ist, etc. wird dem System kein Vertrauen entgegengebrachtwerden. Dies hat negative Auswirkungen auf das Verhalten. D.h. Systeme,die auf den Markt kommen, müssen technisch ausgereift sein, die Bedienungder Systeme z.B., von Verkehrsbeeinflussungsanlagen muss nach klarfestgelegten Regeln erfolgen, die Wirkung muss fair und verlässlich sein.

• Interdisziplinärer AnsatzBei der Entwicklung eines neuen Systems und bei der Erforschung derAuswirkungen, ist ein interdisziplinärer Zugang unumgänglich. Nur wennExpertInnen unterschiedlicher Fachbereiche an der Entwicklung beteiligt sind,kann garantiert werden, dass nur jene Systeme auf den Markt kommen, dieauch tatsächlich eine Verbesserung des Verkehrssystems bedeuten.

• Interdisziplinäre MethodikAuswirkungen eines Systems müssen mit interdisziplinären Methodenevaluiert werden. Aber auch innerhalb der Disziplinen ist es notwendig,verschiedene Methoden in Kombination zu verwenden, um bei der Einführungeines neuen Systems z.B. unerwünschte Verhaltensanpassungen antizipierenzu können (z.B. Phänomen kurzfristiger Verhaltensänderung, dann wiederVeränderung zurück zur Ursprungslage).

• Durchführen von Langzeitstudien (Zeit = Sicherheit)Derzeit werden in den wenigsten Fällen Langzeitstudien über dieAuswirkungen von Systemen z.B. auf das Fahr- und Interaktionsverhalten derNutzerInnen durchgeführt. Viele Aspekte, z.B. der Verhaltensanpassung,treten aber erst nach einer gewissen Zeit, wenn man mit dem Systemvertraut geworden ist, zu Tage. Aus diesem Grund ist es wichtig, dassSysteme erst dann großflächig eingeführt werden, wenn auch tatsächlichnegative Langzeitwirkungen ausgeschlossen werden können.

• Permanente EvaluationNeue Systeme, auch wenn sie bereits in Verwendung sind, müssen einerständigen Evaluation durch den Nutzer bzw. der Nutzerin unterzogen werden.Auf diese Weise wird gewährleistet, dass eine permanente Kommunikationmit dem Nutzer bzw. der Nutzerin stattfindet, und negativeVerhaltensanpassungen rechtzeitig erkannt werden können Vor allem im

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Bereich des motorisierten Individualverkehrs ist es wichtig, ständig zuerforschen, inwieweit Systeme von den BenutzerInnen angenommen werden,inwieweit sie Auswirkungen auf das generelle Fahrverhalten haben undinwieweit sie die Interaktion mit anderen VerkehrsteilnehmerInnenbeeinflussen. Auch bei den kollektiven Verkehrsbeeinflussungsanlagen ist esnotwendig, die Auswirkungen nicht nur partiell z.B. für den jeweiligenStreckenabschnitt zu betrachten, sondern die Auswirkungen auf das generelleFahr- und Interaktionsverhalten zu untersuchen. Kapazitätssteigerungen undSicherheitsgewinn für einen gewissen Streckenabschnitt könnten längerfristigz.B. durch Risikokompensation bzw. durch Problemmigration einen negativenSicherheitseffekt auf nicht-beeinflussten Strecken bedeuten.Im Bereich des öffentlichen Verkehrs ist es ebenfalls wichtig, dieKommunikation mit den KundInnen stets aufrecht zu erhalten und neueSysteme immer wieder Evaluierungen zu unterziehen, damit auch tatsächlichdie Bedürfnisse unterschiedlicher BenutzerInnen berücksichtigt werdenkönnen.

• Telematik soll Chancengleichheit fördernBei den neuen Technolgien sollte besonders darauf geachtet werden, dassschwächere VerkehrsteilnehmerInnen (ältere Menschen, behinderteMenschen, Kinder) auch Nutzen daraus ziehen bzw. keinen Schaden davonhaben. Aus diesem Grund, ist es wichtig auch diese Zielgruppen in denEvaluationsprozess mit einzubeziehen und die Auswirkungen von Systemenauf sie zu bewerten.

Verkehrstelematik ist aus dem heutigen System nicht mehr wegzudenken.Welche Erwartungen, die an die Verkehrstelematik geknüpft sind, auchtatsächlich erfüllt werden, wird zu einem großen Teil davon abhängen, inwieweitdie obigen Punkte berücksichtigt werden.

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WenigerInteraktion undKommunikation

Unglaubwürdigkeitdes Systems

Chancen-gleichheit

Motorisierter Individualverkehr

Verkehrstelematische

Systeme

Erhöhung der Verkehrssicherheit

Verbesserungder

Wirtschaftlichkeit

Vernetzung derVerkehrsträger

Beitrag zurUmwelt-

verträglichkeitVerbesserung derServiceleistungen

Akzeptanz-probleme

Soziale Ausgrenzung

UnerwünschteVerhaltens-anpassung

Objektiver versus subjektiver Nutzen

Ausschluss bestimmterPersonengruppen von derVerwendung des Systems

ElektronischerAnalphabethismus

Barrierefreiheit

Erhöhtes subjektivesSicherheitsgefühl

Risikokompensation

Imitation

GeringeresSituationsbewusstsein

Physische, kognitive,visuelle Ablenkung

Mehrdeutigkeitvon Signalen

Verhaltens-generalisierung

Güterverkehr Umwelt-verbund

= Zielsetzungen

= sozialwissenschafltiche Aspekte

Gesellschaftlicher Nutzen Delegierung vonVerantwortung

Graphik 1: Verkehrstelematik undsozialwissenschaftliche Aspekte

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SummaryMore and more people and goods move/are moved from one place to an otherround the globe. This mobile way of living causes also some problems, not leastenvironmental damages, accidents and congestions. Traffic planners, scientistsand politicians expect to solve many problems in traffic with the help of telemat-ics.

Telematics in traffic are means to collect, transmit, process and make use of datarelevant for traffic in order to organise and manage the traffic system in themost efficient way. Intermodality has a key function in this context. By means ofintelligent traffic systems and intelligent vehicles viz. equipment, traffic safetyshould be increased, the whole traffic system should be optimised with respect tocapacity, availability, usability reliability, etc., as well as car traffic should be re-duced and the use of alternative modes should be promoted.

Telematics is already an essential element of the European traffic policy. Resear-chers all over Europe work on interoperable telematic networks within differentresearch programs. There are lots of various telematic systems for nearly alltransport modes already on the market or close to market implementation.

With respect to motor-vehicle transport telematic systems can be divided intocollective (Traffic management systems, Parking guidance system, etc.) and in-dividual systems (In-Vehicle Information Systems, Advanced Driving AssistanceSystems, etc.). They mainly aim at an increase of traffic safety and at an im-provement of the traffic flow. Traffic information systems (e.g. Electronic timetables), Operation control systems, special services (e.g. Electronic ticketing) tryto make the use of public transport more attractive. There even exist sometelematic systems that make walking and cycling safer and more comfortable.Improved delivery services in freight traffic will, among other things, help to re-duce the burden for residents that are caused by through traffic.

These high expectations that are linked to the use of telematics in traffic arelikely not to be fulfilled completely. Traffic is a complex dynamic system. It con-sists of a large number of single actions. People’s actions are the core of thetraffic system and they are responsible for the character of and the climate intraffic. The efficiency of telematic systems will mainly depend on the sum of be-haviours of all single road users, viz. how they make use of the system.

From a psychological and socio-scientific point of view the following aspects haveto be considered, if you want to implement new telematic systems (see alsographic 1 below):

• The personal importance for the users has to be valued higher than the de-gree of innovationIndependently from the kind of transport mode a system is developed for, theuser needs are of great importance if one wants to achieve acceptance. Thismeans if a system is developed, one should always keep in mind that the usershould have an advantage when making use of the system.

• Credibility and AccuracyCredibility and Accuracy of the provider are main requirements in order toguarantee that road users use telematic systems in an adequate wayUsers have to experience telematic systems in a positive way. They will nottrust in telemactic systems, if for instance navigation systems do not workevery second time, if ISA-systems reduce speed in an uncontrolled way, ifspeed limits displayed by section-control systems are not comprehensible.

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Telematic systems that come on the market shall be functional and reliableand the operation of telematic systems has to be according to fixed rules.

• Interdisciplinary ApproachTechnical features. acceptance and use of telematics are strongly interrelated.It is therefore essential to have an interdisciplinary approach. Only if expertsof different disciplines are involved in different processes of development, itcan be guaranteed that only those systems are implemented, which actuallyimprove the traffic system.

• Interdisciplinary MethodologyEffects of a new system have to be evaluated with interdisciplinary methods.But also within the disciplines it is necessary to use different methods in com-bination in order to anticipate phenomena like, e.g., behaviour adaptation.

• Long term studies (Time = Security)There is little research done with regard to long term effects of differenttelematic systems. Many effects, however, can be only anticipated after atime, when people got used to the system (e.g. changes in communication).For that reason it is very important to implement systems in a large area onlyif negative long term effects can be excluded (make sure in pilot and demon-stration projects).

• Permanent EvaluationImplemented systems have to be evaluated permanently, in order to antici-pate, e.g., behavioural adaptation in time, and in order to guarantee that thesystem can continuously be better adapted to different user-groups' needs.For example effects of traffic influencing systems have to be evaluted not onlyfor a certain influenced section, but effects have to be seen in a broader con-text, e.g., what kind of effect does this system have on the general traffic be-haviour. An increase in capacity and safety on a certain section might e.g.lead to a negative safety impact on non-influenced sections. Also, telematic systems in the public transport area have to be permanentlyadapted to different user-groups`needs.

• Equality of opportunitiesTelematic systems should promote equal opportunities and should help toprevent social exclusion. This means that the needs of various target groupshave to be considered and the effects on „weaker“ road user groups have tobe evaluated, too.

Transport telematics are an irrevocable part of our traffic system. Whether thehigh expectations that are linked to the implementation of new systems andequipment will be fulfilled will depend on the way in which the above mentionedaspects are considered.

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Motorised individual car traffic

Transporttelematic systems

Increase of traffic safety

Increase ofefficiency

Intermodality

Contributionto a

sustainablemobilityIncrease of service

Problems ofacceptance

Social exclusion

Behaviouradaptation

Objective versus subjective advantage

Social exclusion of certaintarget groups Electronic

illiteracy

Accessibility

Increase of people`spersonal feeling of safety

Risk-compensation

Imitation

Reduced situationawareness

Physical, cognitive andvisual distraction

Ambiguity ofsignals

Generalisation ofbehaviour

Commercialtraffic

Othertransport

modes

= aims= socio-scientific aspects

Advantage for the society Delegation ofresponsibility

Less interactionand

Communication

Equality ofopportunities

Not reliable system

Graphic 1: Transport telematics and socio-scientific aspects

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Inhaltsverzeichnis1 Ziele__________________________________________________________ 32 Allgemeine Einführung __________________________________________ 3

2.1 Was ist Verkehrstelematik? __________________________________________ 32.2 Definition _________________________________________________________ 42.3 Anwendungsmöglichkeiten __________________________________________ 42.4 Funktionsweise von Telematiksystemen _______________________________ 42.5 Zielsetzungen von Telematikanwendungen im Verkehr ___________________ 62.6 Zusammenfassung _________________________________________________ 7

3 Einblick in telematische Aktivitäten auf EU-Ebene____________________ 83.1 Forschungs- und Entwicklungsprogramme _____________________________ 83.2 Interessensverbände _______________________________________________ 93.3 Nationale politische Programme _____________________________________ 103.4 Zusammenfassung ________________________________________________ 11

4 Überblick über Telematiksysteme im Verkehr_______________________ 124.1 Management des motorisierten Individualverkehrs______________________ 13

4.1.1 Kollektive Verkehrsbeeinflussung __________________________________________ 134.1.2 Individuelle Verkehrsbeeinflussung_________________________________________ 174.1.3 Gebühreneinhebung ____________________________________________________ 25

4.2 Management des öffentlichen Verkehrs und schwächererVerkehrsteilnehmerInnen ______________________________________________ 26

4.2.1 Öffentlicher Verkehr_____________________________________________________ 264.2.2 Fußgänger- und Radverkehr ______________________________________________ 32

4.3 Flotten und Frachtenmanagement ___________________________________ 344.3.1 Verkehrslenkung _______________________________________________________ 344.3.2 Gebühreneinhebung - Lkw-Maut ___________________________________________ 344.3.3 Verkehrsinformation/Logistik ______________________________________________ 35

4.4 Zusammenfassung ________________________________________________ 36

5 Verkehrstelematik aus psychologischer und sozialwissenschaftlicher __ 385.1 Akzeptanz von Systemen___________________________________________ 395.2 Der motorisierte Individualverkehr - Verhaltensanpassung _______________ 41

5.2.2 Individuelle Verkehrsbeeinflussung – Informations- und Assistenzsysteme__________ 455.2.3 Kollektive Verkehrsbeeinflussung und Gebühreneinhebung______________________ 51

5.3 Öffentlicher Verkehr _______________________________________________ 565.3.1 Allgemeines ___________________________________________________________ 565.3.2 Akzeptanz und Problemfelder einiger telematischer Einrichtungen im Verkehr _______ 56

5.4 Vorgeschlagene Vorgangsweise für die Evaluation______________________ 595.4.1 Literaturstudie _________________________________________________________ 605.4.2 Checklisten ___________________________________________________________ 605.4.3 Verhaltensbeobachtungen________________________________________________ 605.4.4 Fokus Gruppen Interviews (FGI) ___________________________________________ 615.4.5 Tiefeninterviews________________________________________________________ 625.4.6 ExpertInnengespräche – Workshops _______________________________________ 625.4.7 Standardisierte Interviews – Fragebogen ____________________________________ 63

5.5 Zusammenfassung ________________________________________________ 63

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6 Schlussfolgerungen ___________________________________________ 677 Literatur _____________________________________________________ 698 Anhang ______________________________________________________ 76

8.1 HUMANIST – Human centred design for Information Society Technologies __ 768.2 COST 352________________________________________________________ 78

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1 ZieleDie Studie beruht auf einer Literatur- und Internetrecherche, auf einerDesktoparbeit und internen Expertenrunden, d.h. es wurden keine neuenempirische Daten erhoben, sondern mit vorhandenem Material gearbeitet.Folgende Ziele wurden bei der Datensammlung und –aufarbeitung verfolgt:

• Schaffen eines Überblicks über bereits am Markt befindliche Telematik-SystemeDer Überblick bezieht sich hauptsächlich auf den Straßenverkehr und zwarzum größten Teil auf den Pkw-Verkehr. Güterverkehr, öffentlicher Verkehr,Rad- und Fußgängerverkehr werden nur kursorisch behandelt. Luftverkehrund Schifffahrt werden nicht berücksichtigt.

• Schaffen eines Einblicks in die psychologischen und sozialwissenschaftlichenAspekte der VerkehrstelematikDer Einsatz von Telematikanwendungen im Verkehrswesen birgt nicht nurChancen für ein effizienteres sichereres und umweltfreundlicheresVerkehrssystem, sondern auch Risiken. Aus sozialwissenschaftlicher Sicht istvor allem die praktische Anwendung der verschiedenen Telematiksysteme vonInteresse: Menschen sind keine Roboter und man muss daher davonausgehen, dass sie technische Systeme nicht immer gemäß Instruktionverwenden, sondern individuelle Verwendungs- und Interaktionsformenentwickeln.

• Überblick über sozialwissenschaftliche Methoden zur Evaluierung neuerSysteme und Ausrüstungstypen. Der Überblick bezieht sich auf Methoden, die begleitend bei der Entwicklungeines Systems aber auch nach dessen Implementierung verwendet werdenkönnen, um unerwünschten Nebeneffekten vorzubeugen.

2 Allgemeine EinführungVerkehrstelematik ist bei FachexpertInnen ein gängiger Begriff. Trotzdemerscheint es uns wesentlich an den Beginn dieser Studie eine allgemeineBegriffserklärung zu stellen, kurz die Anwendungsmöglichkeiten und dieFunktionsweise von Telematiksystem zu erklären und die Zielsetzungen vonTelematikanwendungen im Verkehr zu erläutern. Dieses "back to the basics" magals trivial erscheinen. Für die Verknüpfung von mit der Verkehrstelematikursprünglich verbundenen Ideen mit einer verhaltenstheoretischen(psychologischen, soziologischen) Perspektive, aus welcher wir das Thema hierbetrachten, ist es aber sinnvoll und notwendig.

2.1 Was ist Verkehrstelematik?Unter dem Begriff Verkehrstelematik subsumiert man eine Vielzahl verschiedenertechnischer Systeme. Das Wort Telematik ist aus den Silben der BegriffeTelekommunikation, Automation und Informatik zusammengesetzt undbeschreibt die Vernetzung der Informationsübertragungssysteme mit derInformationsverarbeitungstechnologie, d.h. Verkehrstelematik macht dieInformationstechnologie für das Verkehrssystem nutzbar.

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2.2 DefinitionIn dieser Studie wird Verkehrstelematik als „Sammelbegriff für die Erfassung,Übermittlung, Verarbeitung und Nutzung von verkehrsbezogenen Daten mit demZiel der Organisation, Information und Lenkung des Verkehrs“ verstanden (Bru-nauer et al. 2004)

2.3 AnwendungsmöglichkeitenDie Anwendungsmöglichkeiten von Verkehrstelematik sind heterogen und breitgestreut. Verkehrstelematik hat weniger Einfluss auf das äussereErscheinungsbild der Fahrzeuge und Verkehrsnetze als vielmehr auf daseigentliche Verkehrsgeschehen. 2003).

Verkehrstelematik beschränkt sich dabei nicht nur auf den motorisiertenIndividualverkehr sondern erstreckt sich auch auf den öffentlichen Verkehr,Güter- Schienen- und Luftverkehr, auf die Schifffahrt und – wenn auch ehermarginal - auf den Fußgänger- und Radverkehr.

2.4 Funktionsweise von TelematiksystemenDer Daten- und Informationsfluss bei Telematiksystemen ist sehr komplex. NeueTechnologien und Systemkonzepte regeln und koordinieren denInformationsaustausch zwischen verschiedenen Transportarten. Daten müssenmöglichst zeitnah erhoben und verbreitet werden.

Das Fahrzeug im Verkehrssystem dient dabei als wichtiger Knoten imInformationsnetzwerk. Komplexe Datenverarbeitungsprozesse werden durchFahrzeuggeräte ausgeführt, wobei auch Daten von ausserhalb der Fahrzeugeeinbezogen und nach aussen übermittelt werden („intelligentes Fahrzeug“). Umjedoch den Datenaustausch und die Datenabstimmung für eine jeweiligspezifische Situation zu gewährleisten, muss mittels Fahrzeug-Navigationfestgestellt werden, wo sich das Fahrzeug im Verkehrsnetz befindet.1

Daten werden auf unterschiedlichen Ebenen gesammelt. Mikroskopische Datengeben Aufschluss über individuelle Elemente des Verkehrssystems (z.B.Geschwindigkeit eines Einzelfahrzeuges; Floating Car Data). Beimakroskopischen Daten handelt es sich um Verkehrszustände, die sich aus demZusammenwirken vieler Elemente ergeben (z.B. Verkehrsstärken, mittlereGeschwindigkeiten mehrerer Fahrzeuge). Zusätzlich werden Daten gesammeltüber den/die Fahrzeugführer/in z.B. dessen physisch-psychischen Zustand,Daten über das Fahrzeug, die Fahrwegbedingungen etc..

Gesammelte Rohdaten müssen so aufgearbeitet werden, dass sie ein möglichstgutes Abbild der gemessenen Situation liefern, um entsprechende Eingriffe in das

1 Die Ortung der Fahrzeuge erfolgt mittels Satelliten. 1989 wurde in der USA das erste serienreifeGPS(Global Positioning System)-Naviagtionssystem für Autos vorgestellt. Die Satelliten werdendabei als Bezugspunkt verwendet um einen gegebenen Standort im Raum genau zu bestimmen.Das GPS-System der USA darf weltweit kostenlos benutzt werden. In Russland wird das GLONASS-System eingesetzt. Beide Systeme werden bislang von militärischen Stellen finanziert undverwaltet. Die Verfügbarkeit der Systeme und ihre Qualität bei der zivilen Nutzung hängen somitvom Militär ab, das die Aussendung des Signals jederzeit einstellen oder die Genauigkeitherabsetzen kann.Die EU investierte daher in ein eigenes Navigationsystem namens GALILEO, welches militärischunabhängig ist und noch präzisere Daten als das GPS-System liefern soll.

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Verkehrsgeschehen abzuleiten. Die Art der Intervention reicht von reinerInformation und Warnung für die VerkehrsteilnehmerInnen überHandlungsempfehlungen und Anordnungen, bis hin zum selbständigenautomatischen Systemeingriff.

Abbildung 1 gibt einen Überblick über den Daten- und Informationsfluss beiTelematiksystemen.

Abb. 1: Daten- und Informationsfluss bei Telematiksystemen

Quelle: Zackor 2003

Umgebung

Verkehrsmittel

AkteureBETRIEB

Datenerhebung InformationEmpfehlung

Daten-verarbeitung

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2.5 Zielsetzungen von Telematikanwendungen im VerkehrTelematiksysteme verfolgen je nach Anwendung in den einzelnenVerkehrszweigen insbesondere folgende Zielsetzungen (siehe BSVI 1999):

• Erhöhung der Verkehrssicherheitdurch Einrichtungen in Fahrzeugen und am Fahrweg, durchgezielte Verkehrsinformation etc.

• Verbesserung der WirtschaftlichkeitErhöhung der Produktivität und Kapazität durch bessere Nutzungder vorhandenen Infrastruktur aller Verkehrsträger

• Vernetzung der Verkehrsträgerum die jeweiligen Systemvorteile entsprechend ausnutzen zukönnen

• Beitrag zur Umweltverträglichkeitdurch Verkehrsvermeidung und –verminderung mittels modernerLeittechnik etc.

• Verbesserung der Serviceleistungen für VerkehrsteilnehmerInnendurch z.B. aktuelle verkehrsträgerübergreifendeInformationsbereitstellung

Im Rahmenplan für den Einsatz von Telematik im österreichischen Verkehrs-system (Pfliegl et al. 2004) wurden unter der Leitung von DI Reiss-Enz bereits imVorfeld vier Leitsätze formuliert (Pfliegl et al. 2001), die die oben erwähntenallgemeinen Ziele von Verkehrstelematiksystemen widerspiegeln, wobei sich derletzte Punkt „Nutzbarkeit“ eher auf notwendige Rahmenbedingungen beimEinsatz von Telematiksystemen bezieht:

• EffizienzDie Nutzung des Verkehrssystems hinsichtlich Kapazität,Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit, etc. soll mittels Verkehrstelematikoptimiert und die Effizienz gesteigert werden. IntermodaleMobilität soll gefördert werden.

• SicherheitDie Sicherheit aller am Verkehr beteiligten Personen soll erhöhtund nachhaltig verbessert werden. Kritische Situationen sollenfrühzeitig erkannt werden. Die Systeme sollen bei der Bewältigungvon Aufgaben unterstützen.

• QualitätDas Verkehrssystem soll mittels Telematik mit ökonomischen,sozioökonomischen und ökologischen Zielen in Einklang gebrachtwerden. Der Zugang zum Verkehrssystem soll verbessert,komfortabler und benutzerfreundlicher und der Energieverbrauchverringert werden.

• NutzbarkeitUm die Ziele Effizienz, Sicherheit und Qualität zu erreichen,müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die dieKompatibilität, die Sytemoffenheit und den gemeinsamen Zugangzu Telematikanwendungen im internationalen Zusammenspielsicherstellen.

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Die Anforderungen an die Telematik sind, wie aus den Zielvorstellungen ersicht-lich ist, sehr hoch. Inwieweit der Einsatz von verkehrstelematischen Einrichtun-gen tatsächlich zur Erreichung der einzelnen Ziele beitragen kann, wird in dieserStudie nur am Rande diskutiert. Welche Probleme sich aus sozialwissen-schaftlicher Sicht vor allem hinsichtlich Verkehrssicherheit ergeben (können),wird jedoch aufgezeigt werden. Das Ziel ist, rechtzeitig gegensteuern zu können,damit die Ziele gemäß BSVI und Pfliegl (siehe oben) auch nicht verfehlt werden.

2.6 ZusammenfassungDie Verkehrstelematik befasst sich mit der Erfassung, Übermittlung, Aufbereitungund Nutzbarmachung von verkehrsbezogenen Informationen, wobei, mit vielenZwischenstufen, sich ergebende Konsequenzen entweder vom System oder vomFahrer bzw. von der Fahrerin umgesetzt werden. Als Basis dienen moderneInformations- und Kommunikationstechnologien, wobei der Daten- undInformationsfluss bei Telematiksystemen sehr komplex ist. Verkehrstelematiksoll dazu beitragen, die Verkehrssicherheit zu erhöhen, die Nutzung desVerkehrssystems hinsichtlich Kapazität, Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit zuoptimieren, unnötigen Verkehr zu reduzieren und den Einsatz vonumweltfreundlichen Verkehrsmitteln zu fördern.

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3 Einblick in telematische Aktivitäten auf EU-EbeneVon Seiten der Europäischen Union laufen eine Vielzahl an Aktivitäten hinsichtlichdes Einsatzes von Telematiksystemen. In diesem Kapitel wird ein groberÜberblick über die Aktivitäten der EU gegeben.

Die Anwendung neuer Technologien im Bereich der Verkehrsleitsysteme ist aufeuropäischer Ebene seit mehr als 15 Jahren aktuell. Etliche Forschungs- und Ent-wicklungsprogramme wurden zur Entwicklung und Erprobung von Telematikan-wendungen ausgeschrieben und gefördert.

3.1 Forschungs- und EntwicklungsprogrammeIm folgenden ein kurzer Überblick über Forschungs- und Entwicklungsprogrammemit verkehrstelematischem Schwerpunkt (siehe Zackor 2003).

Im Jahre 1986 wurde im Rahmen von EUREKA2 das Programm PROMETHEUS(PROgramME for a european Traffic with Highest Efficiency and UnprecedentedSafety) ins Leben gerufen. Es wurde ein integrativer und interdisziplinärerLösungsansatz gesucht, mit dem Ziel einer effizienteren Ausnutzung desVerkehrssystems Straße und einer Reduzierung der negativen Wirkungen. DerSchwerpunkt lag auf fahrzeugseitigen Systemen, es wurden aber auch andereSysteme thematisiert.

Von 1988 –1991 lief das 2. EU-Rahmenprogramm Programm DRIVE (DedicatedRoad Infrastructure for Vehicle safety in Europe) mit dem Ziel, straßenseitigeVerkehrsleitsysteme zu entwerfen.

DRIVE II (1992-1994) beschäftigte sich mit der Umsetzung der entwickeltenTelematik-Techniken in Feldversuchen bzw. mit dem Testen von Prototypen.

Im TAP (Telematics Applications Programme; 1994-1998) waren wirtschaftlicheAspekte von Interesse. Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie iminternationalen Vergleich sollte gestärkt und die Kosten von Telematiksystemengesenkt werden. Die Verkehrstelematikforschung wurde von der Straße und derSchiene auf die Verkehrsträger Luft und Wasser ausgedehnt, wobei v.a. imFlugbereich schon früher telematik-ähnliche Systeme im Einsatz waren, wennauch unter anderem Titel.

TRANSPORT (1994) war ein eigenes Programm mit Bezug zur Verkehrstele-matik der Generaldirektion VII der EU, „Energie und Verkehr“, im 4. Rahmen-programm. Das Ziel war, eine Effizienzsteigerung der einzelnen Verkehrsträgerzu erreichen und in ein europäisches Verkehrsnetz zu integrieren.

TEN-T (Trans-European Network for Transport; 1994) setzte sich zum Ziel, dieeuropäischen Vernetzung nationaler Verkehrsinformations- und Verkehrsleitsys-teme zu unterstützen sowie die Interoperabilität von Verkehrsdiensten zu för-dern. Ein grenzüberschreitendes Verkehrsmanagement und grenzüberschreiten-de Verkehrsdienste sollten aufgebaut werden Es entstanden insgesamt fünf euro-regionale Projekte: CENTRICO, SERTI, CORVETTE, ARTS, VIKING (siehewww.cordis.lu).

2 Siehe auch S 9 Forschungsorganisation EUREKA

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9

Das Programm TEMPO (2001; ergänzt durch das Projekt STREETWISE) verfolgteine Intensivierung der Koordination aller an Telematikvorhaben beteiligter Grup-pen.

Im 5. Rahmenprogramm Programm IST (Information Society Technologies;1998-2002) liegt der Schwerpunkt auf fortgeschrittenen intelligenten Systemenim Verkehr, die für das Management aller Verkehrsträger sowie für damit ver-bundene Teledienste benötigt werden. Auch das Programm GROWTH beinhaltettelematikrelevante Projekte.

Im 6.Rahmenprogramm (2003-2006) wurde der Bereich IST weitergeführt, undauch im Bereich „Nachhaltige Entwicklung, globale Veränderung undÖkosysteme“ findet sich unter dem Unterpunkt „Nachhaltiger Land- undSeeverkehr“ die Telematik wieder.3

Im Zusammenhang mit Forschungs- und Entwicklungsprogrammen der EU sindnoch zwei europäische Forschungsorganisationen anzuführen.

Bei der Forschungsorganisation EUREKA (www.eureka.be/home.do; siehe auchweiter oben) handelt es sich um ein Netzwerk für marktwirtschaftlich orientierteForschung und Entwicklung. 1985 wurde EUREKA als interstaatliche Initiative ge-gründet, mit dem Ziel die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken. Unterneh-men, Forschungsinstitute, Universitäten sollen bei der Entwicklung neuer Pro-dukte, Prozesse und Dienstleistungen unterstützt werden. Insgesamt gibt es 32Vollmitglieder und 5 weitere in Projekte eingebundene Länder.

COST4 (European CO-operation in the field of Scientific and Technical Researchwww.cost.cordis.lu/src/home.cfm) ist eine 1971 gegründet Initiative zurForschungskooperation zwischen verschiedenen Institutionen und Einrichtungen.COST TRANSPORT und COST TELECOMMUNICATION sind zwei technische Komi-tees, die Forschungsvorhaben im Bereich der Verkehrstelematik beaufsichtigen.Insgesamt gib es 34 Mitgliedstaaten.

3.2 InteressensverbändeNeben Forschungsprogrammen und –organsiationen sind folgende Interessens-verbände im Zusammenhang mit Verkehrstelematik von Interesse:

ERTICO (European Road Transport Telematics Implementation Co-ordinationOrganisation; www.ertico.com/index.htm) wurde 1991 gegründet. Es handeltsich dabei um eine europaweit agierende gemeinnützige Partnerschaft zwischender öffentlichen Hand und der Wirtschaft, mit dem Ziel, die Einführung vonintelligenten Verkehrssystemen in den Mitgliedstaaten zu unterstützen. ERTICOfinanziert sich über Mitgliedsbeiträge und Projektgründungen durch Dritte.ERTICO ist Ko-ordinator des 1998 ins Leben gerufene TMC Forums (TrafficMessage Channel). Das TMC Forum ist ein Verein, der sich vorwiegend derVerbreitung und Weiterentwicklung von RDS-TMC (Radio Data System – TrafficMessage Channel) widmet.

POLIS (Promoting Operational Links with Integrated Services; www.polis-online.org) wurde 1989 gegründet. POLIS ist eine Netzwerkinitiative, die unteranderem internationalen Erfahrungsaustausch zwischen den verschiedenenführenden europäischen Städten und Regionen bezüglich der Einführung von

3 Siehe auch Anhang Kapitel 8.1“4 Siehe auch Anhang Kapitel 8.2

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intelligenten Verkehrssystemen lenken soll. Derzeit sind 70 Organisation (lokaleund regionale Behörden, Verkehrsbetriebe, Mobilitäts- und Informationsdienst-leister) aus 18 verschiedenen Ländern Mitglieder.

PIARC (früher: Permanent International Association of Road Congresses; heute:World Road Association; www.piarc.org/en) ist eine weltweite, gemeinnützige Or-ganisation mit Hauptsitz in Paris. PIARC tritt für die Förderung der internationa-len Kooperation in allen Bereichen des Straßenwesens ein.

ASECAP (L’Association Europeene des Autoroutes à Péage, www.asecap.com/)ist die einzige Interessenvereinigung für die Betreiberorganisation und –konsortien gebührenpflichtiger Autobahnen, Brücken und Tunnel in 12europäischen Ländern. ASECAP arbeitet an einem gemeinsamen, interoperablenGebührensystem Europas und besteht derzeit aus 121 Organisationen.

3.3 Nationale politische ProgrammeIm folgenden wird kurz beleuchtet, welche nationalen politischen Programme undInteressensverbände es in den diversen Ländern gibt, ohne näher auf dieseProgramme einzugehen.

In Deutschland wurde bereits 1995 auf Betreiben des Bundesministeriums fürVerkehr (BMV)5 das „Wirtschaftsforum Verkehrstelematik“(www.bmvbw.de/telematik.496.htm) gegründet. In diesem Forum sind hoheVertreterInnen von öffentlichen Verwaltungen, öffentlichenVerkehrsunternehmen, privaten AnbieterInnen von Informationsdiensten und derIndustrie vertreten, die einige Vereinbarungen über die Rollen- undAufgabenverteilung bei der Einführung von Telematikmaßnahmen getroffenhaben.

In Großbritannien wurde 1992 ITS United Kingdom ins Leben gerufen. ITSUnited Kingdom fungiert als zentrale Anlaufstelle für alle Organisationen inGroßbritannien, die in irgendeiner Art und Weise mit Verkehrstelematik zu tunhaben. Die Mitglieder setzt sich aus 100 einzelnen Organisationen zusammen(Systementwicklern, Verkehrsbetreibern, Dienstleistungsunternehmen, regionaleund staatliche Behörden, etc.). Ziel bis 2020 ist es, einen kontinuierlichenFortschritt bei der internationalen Verbreitung von intelligentenVerkehrssystemen zu erreichen und dabei die führende Rolle Großbritanniens inEuropa auszubauen.

Die Ingenieursvereinigung ATEC (Association pour le développement des Tech-niques de transport, Environnement et de Circulation) existiert seit 1973 in Fran-kreich. Innerhalb der ATEC gibt es vier technisch-wissenschaftliche Komitees. EinKomitee davon ist ITS-France (www.atec-tec.net/fr/its_accueil_f7.asp) ,welches sich im Frühjahr 2000 etabliert hat.

In Finnland schuf man 1998 mit dem nationalen Forschungs- und Entwicklungs-programm TETRA die Rahmenbedingungen für weitere Aktivitäten in diesemBereich. Primäres Ziel von TETRA ist es, den Wandel von einer isoliertenprojektbezogenen hin zu einer integrierten Entwicklung von Telematiksystemenzu fördern.

Noch bis zum Jahr 2000 spielte Verkehrstelematik in Italien auf politischer Ebeneeine unbedeutende Rolle. Erst durch den vom Parlament im Jahre 2001 verab-

5 heute BMVBW = Bundesministerium für Verkehr Bau- und Wohnungswesen

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schiedeten Generalverkehrsplan gewann Verkehrstelematik an Bedeutung. ImJahre 1999 wurde der nationale Interessenverband für Verkehrstelematik undSicherheit TTS (Telematica Trasporti Sicurezza; www.ttsitalia.it) ins Lebengerufen, mit dem Ziel, die Leistungsfähigkeit und Sicherheit des Verkehrsnetzesin Italien zu erhöhen. Insgesamt gehören 30 Mitglieder (Organisationen) demInteressenverband an.

ITS Netherlands wurde 1996 in den Niederlanden gegründet, wobei sie seit1999 mit CONNECT und zwei Verkehrsforschungsorganisationen zu einer großenGesellschaft fusioniert wurde (CONNECT-ITS Netherlands). Es handelt sich da-bei um ein von der Regierung, der Wirtschaft und der Industrie unterstütztesKompetenzzentrum mit dem Ziel, das Verkehrssystem durch intelligente Systemeim Bereich des Mobilitätsmanagements und der Verkehrssteuerung zu moderni-sieren. CONNECT ist sowohl in der Forschung tätig als auch bei der tatsächlichenImplementierung von Maßnahmen beteiligt.

In Tschechien wird der Telematikeinsatz im Verkehrsbereich durch den gemein-nützigen von seinen Mitgliedern getragenen Verband ITS Czech Republicforciert. Der Verband ist für alle in- und ausländischen Organisationen, die sich inirgendeiner Weise mit intelligenten Verkehrssystemen beschäftigen, offen unddient als eine Art Forum, um Erfahrungen und Ideen untereinander auszutau-schen. Czech Transport Telematic Association (www.sdt.cz/ str1e/whatistelem1.html) ist ein weiterer nationaler Interessenverband, der im Bereichder Verkehrstelematik Kooperationen verbessern will, um Telematikmaßnahmenschneller umsetzen zu können.

In Österreich erarbeitete die Verkehrstelematikinitiative ITS Austria (www.via-donau.org/index.php) auf Betreiben des Bundesministerium für Verkehr,Innovation und Technologie (bmvit) einen nationalen Rahmenplan für denEinsatz von Telematik im österreichischen Verkehrssystem (Projekt TTS-ATransport Telematik Systeme Austria). Ziel des Telematikrahmenplans ist es,durch Definition eines Maßnahmenkatalogs, der einen priorisierten Einsatz vonTelematik im Verkehr vorsieht, eine Verbesserung des Verkehrssystems inÖsterreich zu bewirken (Pfliegl et al. 2004).

3.4 ZusammenfassungVon Seiten der Europäischen Union laufen seit mehr als 15 Jahren eine Vielzahlvon Aktivitäten hinsichtlich des Einsatzes von Telematik im Verkehr. Es gab undgibt mehrere Forschung- und Entwicklungsprogramme mit verkehrstelematischenSchwerpunkten (PROMETHEUS; DRIVE, TAP, TRANSPORT, TEN-T, etc.). NebenForschungsprogrammen und –organisationen (EUREKA, COST, etc.) unterstützenauch Interessensverbände (ERTICO, POLIS, PIARC, etc.) die Einführung vonintelligenten Verkehrssystemen in Europa. In den meisten europäischen Länderngibt es zusätzlich nationale politische Programme und Interessensverbände(Wirtschaftsforum Telematik, ITS United Kingdom, etc.), die im eigenen Landden vermehrten Einsatz von Telematik im Verkehr vorantreiben sollen.

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4 Überblick über Telematiksysteme im VerkehrDie Anwendungsmöglichkeiten von Verkehrstelematik sind, wie bereits erwähnt,sehr vielfältig und breit gestreut. Grundsätzlich ist der Einsatz von Telematik imVerkehrswesen von additivem und integrativem Charakter. D.h. es ersetzt keinbestehendes System, sondern soll vielmehr unterstützend bei der Umsetzungnachhaltiger Verkehrsstrategien wirken. Hinsichtlich der Untergliederung vonVerkehrstelematiksystemen in diverse Anwendungsbereiche gibt es in der Li-teratur etliche Varianten. Mit dem Hintergrund, Telematiksysteme aus sozial-wissenschaftlicher Sicht zu beleuchten, erscheint uns folgende Einteilung alssinnvoll:

Abb 2: Einteilung der Verkehrstelematiksysteme in Anwendungsbereiche

Management desmotorisierten

Individualverkehrs

Flotten- und Frachten-management

Management desöffentlichen Verkehrs

und schwächererVerkehrs-

teilnehmerInnen

IntegriertesVerkehrsmanagement

KollektiveVerkehrsbeeinflussung

(Verkehrslenkung,Automatische

Verkehrskontrollen etc.)

IndividuelleVerkehrsbeeinflussung

(Assistenzsysteme,Informationssysteme)

Gebühreneinhebung(Maut, Parkgebühr)

Betriebsleit-systeme

Information /Serviceleistungen

Gebühren-einhebung

Verkehrslenkung

Gebühreneinhebung

Verkehrsinformation/ Logistik

TelematischeEinrichtungen fürFußgängerInnen

undRadfahrerInnen

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4.1 Management des motorisierten IndividualverkehrsIn dieser Studie wird, wie bereits in der Einleitung erwähnt, dem Managementdes Individualverkehrs mittels telematischer Einrichtungen besondere Aufmerk-samkeit geschenkt. Der Überblick ist in diesem Bereich aber trotzdem lückenhaftund unvollständig, da einfach zu viele Produkte am Markt sind, um sie imRahmen dieser Arbeit erfassen zu können.

4.1.1 Kollektive VerkehrsbeeinflussungVerkehrsbeeinflussung generell basiert auf einem gesamtheitlichen Regelungs-und Informationssystem, das den Verkehr in Abhängigkeit von aktuellen Ver-kehrsverhältnissen steuern und das Fahrverhalten in eine gewünschte Richtungbeeinflussen soll. Kollektive Leitsysteme im motorisierten Individualverkehr(MIV) sind Systeme, die für alle VerkehrsteilnehmerInnen erkennbar und zumTeil auch verbindlich sind. Verkehrszustände werden automatisch erfasst undprognostiziert. Die Ergebnisse führen zu Empfehlungen, Warnungen,Beschränkungen oder Anordnungen.

4.1.1.1 Verkehrsbeeinflussungsanlagen

Die Basis für eine effektive Verkehrsbeeinflussung stellt eine Verkehrsleitzent-rale dar.

In Wien wird Verkehr bundesweit durch die erst neu errichteteVerkehrsmanagement- und Informationszentrale (VMIZ) in Inzersdorf beein-flusst.

Von hier werden Verkehrsbeeinflussungsanlagen gesteuert und überwacht,verkehrsrelevante Daten aus dem Gesamtnetz der österreichischen Autobahnenund Schnellstraßen gesammelt, aufbereitet und dargestellt, und Verkehrs-informationen verbreitet.

Zur Verkehrslenkung, -leitung und steuerung selbst stehen – primär auf Auto-bahnen angewandt – Verkehrsbeeinflussungsanlagen (VBA) zur Verfügung.Sie dienen ausschließlich der kollektiven Beeinflussung derVerkehrsteilnehmerInnen. Sie haben primär die Funktion, die Leistungsfähigkeitzu erhöhen (Harmonisierung des Verkehrsflusses durch Vereinheitlichung derGeschwindigkeiten, Sortier- und Verflechtungshilfen durch fahrstreifen- oderquerschnittsbezogene Geschwindigkeitsanpassung, etc.), die Verkehrssicherheitzu steigern (Vermeidung von Unfällen, Minimierung der Unfallschwere aufgrundrechtzeitiger Geschwindigkeitsreduktion durch Warnung vor Gefahren wie Stau,Unfall, Nebel, etc.) und die Umweltbelastung zu verringern (Verringerung vonLärm und Abgasen infolge von geringeren Geschwindigkeiten und wenigerStauungen). Gleichzeitig soll das Bewegen im Verkehr einfacher, angenehmerund komfortabler werden.

Bei den Verkehrsbeeinflussungsanlagen werden folgende Systeme unterschieden(BVBW 2003):

• Streckenbeeinflussungsanlagen (SBA)

• Netzbeeinflussungsanlagen (NBA)

• Knotenbeeinflussungsanlagen (KBA)

Streckenbeeinflussungsanlagen regeln die Geschwindigkeit im Autobahnnetz.Über Dektoren werden laufend Verkehrsdaten sowie Witterungsdaten erfasst undüber eine Steuerungslogik werden die Geschwindigkeiten mit Wechselverkehrs-

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zeichen angezeigt. Geschwindigkeitsbeschränkungen werden somit an die jewei-ligen Verkehrs- und Witterungssituation angepasst. Zusätzlich werden die ge-wonnen Daten für den Verkehrsfunk verwendet.

Bei Netzbeeinflussungsanlagen werden durch Wechselwegweisungen Ver-kehrsströme in einem räumlichen begrenzten Autobahnnetz umgeleitet. Hierbeiunterscheidet man zwischen additiven und substitutiven Wechselwegweisungen.Bei additiven Wechselwegweisungen wird dem/der Verkehrsteilnehmer/in durcheinen Umlenkungspfeil lediglich empfohlen auf die Umleitungsstreckeauszuweichen. Bei der substitutiven Wechselwegweisung werden die Ziele undPfeile der normalen Wegweisung ausgetauscht.

Mit Knotenbeeinflussungsanlagen können Verkehrsströme in Autobahnkreu-zen oder –dreiecken verkehrsabhängig geregelt werden, indem z.B. der rechteFahrstreifen einer durchgehenden Fahrbahn kurzfristig gesperrt wird, um einemstarken einfahrenden Strom das Zufahren von den Einfahrtsrampen zuerleichtern.

Eine Sonderform der Knotenbeeinflussungsanlagen sind Zuflussregelungsanla-gen. Bei Zuflussregelungsanlagen werden in Verkehrsspitzenzeiten Autos durchAmpeln an den Zufahrten nur „tröpfchenweise“ auf die Autobahn gelassen. Durchdiese Zufahrtsdosierung wird die Verkehrsstärke auf der Autobahn geregelt undso unterhalb der Überlastungsgrenze gehalten.

Die Temporäre Seitenstreifennutzung wird derzeit nur in Deutschland an-gewandt aber auch in Österreich ist eine temporäre Seitenstreifenfreigabegeplant. Aufgrund einer Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) im Jahre2002 ist in Deutschland auf stark überlasteten Autobahnabschnitten die Mög-lichkeit vorhanden, durch besondere Wechselverkehrszeichen den Seitenstreifenbzw. Pannenstreifen bei Bedarf für den fließenden Verkehr freizugeben.

4.1.1.2 Warnanlagen

Eine andere Form der Verkehrslenkung, welche vor allem die Erhöhung der Ver-kehrssicherheit im Auge hat, stellen Nebelwarnanlagen dar, die auch in denBereich des Notfallmanagements fallen.

Im oberösterreichischen Seengebiet wurde Mitte des Jahres 2004 die erste voll-automatische Nebelwarnanlage in Europa errichtet. Je Fahrtrichtung sind imAbstand von 2 Kilometern 5 Anzeigequerschnitte errichtet die mit Wechselver-kehrszeichen auf LED-Basis ausgestattet sind. Sensoren überwachen das Wetterin diesem Abschnitt. Die Sichtweite entlang der Strecke wird mit speziellen Sicht-weitemessgeräten bei 19 Querschnitten (alle 600 m) gemessen. Sobald dieSichtweite ein bestimmtes Maß unterschreitet, wird automatisch eine Warnungausgelöst. Die AutofahrerInnen werden so rechtzeitig auf die Gefahr einermöglichen Nebelbank hingewiesen. Zusätzlich können aber auch manuelleingegebene Warnungen z.B. Baustellen, Unfälle, Staus oder auchServicearbeiten angezeigt werden.

Bei Nebel wird die Nebelwarn-Zentrale in der Autobahnmeisterei (ABM)Seewalchen alarmiert. Über sechs Videoquerschnitte können sich dieMitarbeiterInnen der ABM einen Überblick verschaffen, die Funktion der Anlageüberprüfen, gegebenenfalls zusätzliche Informationen einblenden oder beiUnfällen rasch die notwendigen Alarmierungen übernehmen. Zusätzlich zu denSichtweitesensoren werden auch über Wetter- und Umweltstationen ergänzendeMessdaten ins System übertragen (siehe www.asfinag.at).

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4.1.1.3 Automatische Verkehrskontrollen

Zu den automatischen Verkehrskontrollen zählen primär ortsfeste und mobileRadaranlagen. Eine besondere Form der Radaranlage stellt die Section Controldar. Im Gegensatz zu ortsfesten Radaranlagen ist mittels Section Control dieÜberwachung eines längeren Straßenabschnittes möglich.

Bei der Section Control wird von jedem Fahrzeug bei der Ein- und Ausfahrt derMessstrecke ein digitales Bild mit Zeitstempel erstellt. Das Fahrzeug wird klassifi-ziert und das Kennzeichen ausgewertet. Gleiche Kennzeichen werden zugeordnetund anhand der Durchfahrtszeit wird die Durchschnittsgeschwindigkeit errechnet.Liegt eine Gesetzesübertretung vor, werden die Daten und Videobilder abgespei-chert über Datenverbindungen der Behörde weitergeleitet. Nicht nur dieGeschwindigkeit, sondern auch gesperrte Fahrstreifen werden kontrolliert. DieSection Control dient primär der Verkehrslenkung. Sie ist für besondersgefährliche Straßenabschnitte gedacht. Durch Wechselverkehrszeichen kann dieGeschwindigkeit dort den jeweiligen Straßenverhältnissen angepaßt werden(www.asfinag.at).

In Österreich gibt es derzeit drei Section Control Anlagen, weitere Anlagen sindgeplant. Die erste Section Control Anlage in Österreich wurde auf der A 22 imWiener Kaisermühlentunnel errichtet und am 12. August 2003 in Betriebgenommen.

4.1.1.4 Parkleitsysteme

Parkleitsysteme dienen vorwiegend dazu, den Parksuchverkehr zu verringern, dieParkräume optimal zu nutzen, um damit den Verkehrsfluss zu verbessern undschädliche Emissionen zu reduzieren.

Generell lassen sich Parkleitsysteme in statische und dynamische Systeme unter-teilen. Bei statischen Parkleitsystemen wird zwar der Weg zu vorhandenenParkmöglichkeiten angezeigt, durch das Fehlen einer dynamischen Anzeige kannjedoch nicht verhindert werden, dass KraftfahrerInnen den Weg zu besetztenParkhäusern wählen.

Bei dynamischen Parkleitsystemen werden die zur Verfügung stehendenStellplätze der Parkbauten über eine Zentrale erfasst und dem Parksuchverkehrwird die aktuelle Situation angezeigt. D.h. der/die Kraftfahrer/in wird mittelseiner Reststellplatz- oder einer "Frei/Besetzt/Geschlossen"-Anzeige über dieParksituation informiert. Dynamische Parkleitsysteme werden nicht nur füröffentliche Parkplätze verwendet, sondern auch Kaufparks, Shoppingcenter undGroßmärkte nutzen vermehrt dieses Instrument (Nilkes 2000).

Die Suche nach einem Parkplatz braucht aber nicht erst in der Stadt durchAnzeigetafeln zu erfolgen. In vielen Städten (z.B. Zürich, Luzern, Münster,Freiburg oder Wien) gibt es Information schon im Vorfeld über das Internet. Inmanchen Städten (z.B. Bregenz, Dresden oder Luzern) besteht zusätzlich dieMöglichkeit, durch ein SMS Auskunft über die Parksituation in der Stadt zubekommen.

Der ADAC hat mit Parkinfo z.B. ein Informationssystem entworfen, welches aufMobiltelefon, im Internet und über das Navigationssystem in Deutschland in 36Städten freie Parkplätze anzeigen kann. Neben der Frage, wo sich der Parkplatzbefindet, erhalten die FahrerInnen auch Hinweise zu Öffnungszeiten, Preisen unddem aktuellen Belegungsgrad der Stellplatzanlage.

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4.1.1.5 Tabellarischer Überblick über telematische Systeme zur kollektivenVerkehrsbeeinflussung

Tab. 1: Telematische Systeme im Überblick

System Kurze Beschreibung primäre Zielsetzung

Verkehrsleit-zentrale

Steuerung und Überwachungtelematischer Verkehrsanlagen,Sammeln, Aufbereitung und Darstellungverkehrsrelevanter Daten(Verkehrsinformation)

Erhöhung der Effizienzund derVerkehrssicherheit /Verringerung derUmweltbelastung

Streckenbeeinflussungsanlagen

Erfassen von Verkehrs- undWitterungsdaten, Anpassung vonGeschwindigkeitslimits an die jeweiligenVerkehrs- und Witterungssituation durchWechselverkehrszeichen, Verwendungder Daten für den Verkehrsfunk

Erhöhung derVerkehrssicherheit /Verbesserung desVerkehrsflusses /Effizienzsteigerung

Netzbeeinflussungsanlagen

Umleitung von Verkehrsströmen durchWechselwegweisungen (additiveWechselwegweisung = Empfehlung undsubstitutiveWechselwegweisung=Anordnung)

Verbesserung desVerkehrsflusses /Effizienzsteigerung

Knotenbeeinflussungsanlagen

Verkehrsabhängige Regelung vonVerkehrsströmen in Autobahnkreuzungdurch z.B. Sperrung eines Fahrstreifens

Verbesserung desVerkehrsflusses /Effizienzsteigerung

Zuflussregelungs-anlagen

Zufahrtsdosierung inVerkehrsspitzenzeiten an denAutobahnzufahrten durch Ampeln

Verbesserung desVerkehrsflusses /Effizienzsteigerung

Nebelwarn-anlagen

Warnung an die AutofahrerInnen fallsSichtweite ein bestimmtes Maßunterschreitet

Erhöhung derVerkehrssicherheit

Section Control Telematische Radaranlage;Überwachung eines längerenStraßenabschnittes

Erhöhung derVerkehrssicherheit

Parkleitsysteme Verringerung des Parksuchverkehrsdurch dynamische Anzeigetafeln, oderdurch Auskünfte über verfügbareParkplätze via Internet oder Mobiltelefon

Verbesserung desVerkehrsflusses /Reduzierung schädlicherEmissionen

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4.1.2 Individuelle VerkehrsbeeinflussungTelematische Anwendungen hinsichtlich individueller Verkehrbeeinflussung kön-nen in zwei große Gruppen eingeteilt werden und zwar in Informations-systeme und Assistenzsysteme (Floudas et al. 2004).6 Die Art derBeeinflussung ist dabei unterschiedlicher Natur. Für gewöhnlich unterstützentelematische Einrichtungen den/die Verkehrsteilnehmerin in folgender Hinsicht:

• InformationInformationen über Geschwindigkeitslimits, über Staus und Unfälle,über Wetterbedingungen etc.

• EmpfehlungEmpfehlungen über die beste Routenwahl, über die zu wählendeGeschwindigkeit, wenn man noch bei Grün in den Kreuzungsbereicheinfahren will, etc.

• WarnungWarnmeldungen bei Überschreiten von Geschwindigkeitslimits, wennein Kollisionsrisiko besteht, wenn man sich einer Kurve zu schnellnähert, etc.

• Automatischer EingriffAutomatischer Eingriff bei Geschwindigkeitsüberschreitungen, zurVermeidung einer Kollision, bei zu geringen Sicherheitsabständen,etc.

Je nach Interventionsgrad sind unterschiedliche Reaktionen und Auswirkungenauf das Fahrverhalten zu erwarten.

4.1.2.1 Informationssysteme

Informationssysteme haben im Gegensatz zu Assistenzsystemen7 meist nureinen empfehlenden bzw. warnenden Charakter. Sie greifen nicht (bzw. kaum)direkt in den Verkehrsablauf ein.

Die Informationssysteme lassen sich in mehrere Kategorien unterteilen:

• Navigationssysteme

• Reise-und Verkehrsinformationsdienste

• Komfort und Infotainmentdienste

Navigationssysteme (NS)

Ein Navigationssystem kann Orts- und Routenplanungen durchführen,Verkehrsinformationen filtern (RDS-TMC – Radio Data System–Traffic MessageChannel) hinsichtlich Route und LenkerInnenprioritäten, und durch Vermeidungvon Unfallstellen z.B. die Vermeidung von Folgekollisionen unterstützen.Fortgeschrittene Systeme berücksichtigen den aktuellen Verkehr bei deroptimalen Routenauswahl (sie sind sozusagen online). Ein Navigationsdisplay

6 Im Englischen wird für Informationssysteme der Begriff In-Vehicle Information System – IVIS verwendet undfür Assistenzsysteme Advanced Driver Assistance System – ADAS. In Fachkreisen verwendet man hauptsächlichdie englischen Termini.7 Für die Kategorisierung und den Überblick über Informationssysteme und Assistenzsysteme siehe Floudas etal. 2004

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kann dem/der Fahrer/in auch beim Einparken helfen, indem mit einer Kamerader hintere Fahrbahnausschnitt gefilmt wird .

Bei den Navigationssystemen werden unter anderem folgende Anwendungenunterschieden:

� Integrierte NavigationDem/der Fahrer/in wird entweder eine Empfehlung oder Warnungübermittelt, wenn z.B. das Geschwindigkeitslimit erreicht wird, wennman sich einem Ort nähert mit einer geringerenGeschwindigkeitsbeschränkung, wenn eine sichere Vorausfahrtgefährdet ist oder wenn ein Kollisionsrisiko besteht.

� Route-guidance-system und Route-navigation-systemSogenannte Route-guidance Systeme ermöglichen dem/derLenker/in, für einen Ort seiner Wahl die optimale Route auswählen zulassen. Das System gibt dem/der Fahrer/in spezifische Instruktionenim Laufe der Reise.Route-navigation Systeme zeigen dem/der Fahrer/in auf einer Kartelediglich derzeitige Position und Destinationen, der/die Fahrer/inmuss jedoch selber Navigationsentscheidungen treffen.

� KreuzungsmanagementEin Kreuzungsmanagementsystem gibt dem/der Fahrer/in beiAnnäherung an eine ampelgeregelte Kreuzung Empfehlungenhinsichtlich der zu wählenden Geschwindigkeit, um Kollisionen zuvermeiden aber auch, um z.B. noch bei Grün in die Kreuzungeinfahren zu können.

Reise- und Verkehrsinformationsdienste

Unter Reise- und Verkehrsinformationsdiensten werden alle jene Systemeverstanden, bei denen mittels Technologie eine Vielzahl von Informationen demReisenden zur Verfügung gestellt wird, der entweder mit dem privaten Pkw, mitöffentlichen Verkehrsmitteln oder mit beiden unterwegs ist. Die Information kannsowohl vor dem Reiseantritt (z.B. via Internet) oder während der Fahrt eingeholtwerden.

Die Information, die vor der Fahrt eingeholt werden kann, bezieht sich auf:

� Informationen, die für alle wichtig sind (z.B. Straßensperren wegenVeranstaltungen).

� Informationen über alternative Routen, die schneller, billiger, kürzer,landschaftlich schöner, etc. sind.

� Reisekriterien (z.B. welches Verkehrsmittel bevorzugt wird) und aufeigenen Fähigkeiten (z.B. Behinderungen, die zu berücksichtigensind).

� Die Möglichkeit, dass Reisende Fahrzeuge mit anderen für den ganzenWeg oder nur Teile des Weges teilen.

Gerade bei der Verkehrs- und Reiseinformation wird es in Zukunft zwei Mediengeben, mit welchen Informationen übermittelt werden: die Rundfunktechnologieund die Mobiltelefontechnologie. Früher wurden Verkehrsinformationen primärüber Radio empfangen. Aufgrund der Informationsüberflutung wird es aberimmer wichtiger werden, Informationen auf den/die Endverbraucher/inzuzuschneiden und unnötige Informationen herauszufiltern.

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Technisch gesehen gibt es bereits unterschiedliche Systeme: RDS-TMC, GSM(Global System for Mobile Communication), DAB (Digital Audio Broadcasting)DVB (Digital Video Broadcasting), IP (Internet Protocol).

RDS-TMC ermöglicht es, Nachrichten nach gewissen Kriterien (z.B. gewählteRoute) herauszufiltern und so werden nur die relevanten Verkehrsinformationenübermittelt. Die Daten über verschiedene Verkehrsereignisse, die über RDS-TMCvermittelt werden, werden in regionalen und nationalen Verkehrsinformations-zentren gesammelt.

Eine Alternative zu RDS stellt das GSM Mobiltelefonsystem dar. Hierbei handeltes sich um eine zweiseitige Kommunikation zwischen Informationszentren undInformationssystemen im Auto. Vor allem ERTICO unterstützt die weltweiteVerfügbarkeit des GSM Mobiltelefonsystems.

Informationen können aber auch über Kommunikationssysteme zwischen demFahrzeug und der Infrastruktur und zwischen zwei Fahrzeugen gesammelt wer-den. Die Information bezieht sich dann meist auf Wetterverhältnisse, Verkehrs-situationen, Verfügbarkeit von Parkplätzen, etc.

Notrufdienste ermöglichen es, dass unmittelbar nach einem Unfall automatischein Notruf an die verschiedenen Rettungsdienste ergeht. Notrufdienste basierenauf einer mobilen Kommunikation, die den/die Fahrerin automatisch mit einerNotruf- bzw. Verkehrsleitzentrale verbindet. Das Kommunikationssystem istrelativ zuverlässig und vermittelt subjektive Sicherheit.

Primäres Ziel von Reise- und Verkehrsinformationsdiensten ist es, den ModalSplit hinsichtlich umweltfreundlicher Verkehrsmittel positiv zu beeinflussen undauf diverse Ereignisse (z.B. Streiks, Sportveranstaltungen) verkehrslenkendbesser eingehen zu können (Franken & Lenz 2004).

Komfort und Infotainmentdienste Einige telematische Anwendungen dienen vorwiegend dem/der Fahrer/in alsangenehme Zusatzdienste, zur Information, Unterhaltung und zum Komfort(siehe auch www.bmwgroup.com).

� TelefondiensteEs gibt GPS in Kombination mit Telefonen, die bei BedarfNotrufdienste aktivieren. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, dass beiDiebstahl die Spur eines Autos verfolgt werden und das Autodeaktiviert werden kann.

� KommunikationsverknüpfungenEs besteht die Möglichkeit, telematische Einrichtungen im Fahrzeugmit externen Informationsquellen, z.B. Freisprechanlagen, Fax, Auto-PC und anderen drahtlosen Verbindungen zu verknüpfen. Auf dieseWeise können E-mails im Fahrzeug geschrieben werden, kann zumWeb Zugang genommen werden, können Fahrkarten eingekauft wer-den, Terminkalender upgedated werden, etc.

� FreihandanlagenDer/die Fahrerin soll, obwohl er verschiedene Dienste in Anspruchnimmt, die Kontrolle über das Fahrzeug nicht verlieren. Dies sollerleichtert werden, indem verschiedene Funktionen durch Sprechenoder über eine taktile Oberfläche am Lenkrad aktiviert werden. Sokönnen z.B. Radio, CD-Player oder das Navigationssystem durch dieStimme des Fahrers bedient werden.

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� Fahreridentifikation und automatische Cockpit-KonfigurationJede/r Fahrer/in hat seine eigenen physischen Charakteristiken, diespezifische Anpassungen des Autos erfordern (Sitzstellung, Seiten-und Rückspiegelausrichtung, Lufttemperatur, etc.). Autos in derhöheren Preisklasse bieten bereits die Möglichkeit an, seine eigenenWünsche, d.h. statische und dynamische Autocharakteristiken,einzuprogrammieren und bei Knopfdruck, stellt sich das Auto auf diefahrende Person ein.

4.1.2.2 Assistenzsysteme

Assistenzsysteme dienen vorwiegend der Sicherheit und der Entlastung des/derFahrers/in und des/der Beifahrers/in. Im Gegensatz zu Informationssystemenkann der Interventionsgrad nicht nur informativer, empfehlender und warnenderNatur sein, sondern es wird auch automatisch in die Fahrhandlung eingegriffen.Folgende Kategorien hinsichtlich Anwendung können unterschieden werden:

• Lateral control (z.B. Überwachung des toten Winkels)

• Longitudinal control (z.B. Distanzhaltende Fahrtregler, Kollisionswarner und Systeme zur Kollisionsvermeidung)

• Umkehr- und Einparkhilfen

• Vision enhancement (Sichtverbesserung)

• Fahrerüberwachung (z.B. Lidschlagsensor)

• Pre-crash Systeme

Lateral control (Seitenkontrolle)

Diese Systeme assistieren dem Fahrer bzw. der Fahrerin bei Spurabweichungenund bei Fahrhandlungen, die ein seitliches Ausscheren des Fahrzeuges notwendigmachen (z.B. Spurwechsel oder Überholmanöver).

� Spurenassistent und WarnungBei starker Spurabweichung lenkt das System entweder automatischdas Fahrzeug in die Mitte der Spur zurück oder der/die Fahrer/in wirdnur gewarnt.

� Überwachung des Toten WinkelsIm Rückspiegel ist eine CCD (= Charge Coupled Device) Kameraintegriert, wodurch überholende Fahrzeuge erkannt werden können.D.h. wenn ein überholendes Fahrzeug registriert wird, wird der/dieFahrer/in durch ein Tonsignal gewarnt. Dasselbe gilt für denSeitenspiegel. Auch dort wird gewarnt, falls der/die Fahrer/in dieSpur wechseln möchte trotz der Anwesenheit anderer Autos. DasSystem der Überwachung des toten Winkels ist sehr effektiv inKombination mit dem Spurenassistent.

Longitudinal control (Längskontrolle)

Es gibt unter anderen die folgenden Systeme, die den/die Fahrer/in beim„normalen“ Geradeausfahren unterstützen:

� Intelligent Speed Adaptation (ISA)Bei ISA unterscheidet man drei Systemtypen:

− Information: Es wird über die bestehendenGeschwindigkeitslimits informiert.

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− Empfehlung, beratende Intervention: Es wird auf dasÜbertreten eines Geschwindigkeitslimits aufmerksam gemacht.

− Automatisches Eingreifen = aktives Gaspedal: DieGeschwindigkeit wird automatisch auf dasGeschwindigkeitslimit reduziert. Sobald der/die Fahrer/inversucht die geltende Geschwindigkeitsbeschränkung zu über-schreiten, wird ein Gegendruck im Gaspedal aktiviert. Durchhärteren Druck auf das Gaspedal kann das System außer Kraftgesetzt werden (kick-down Funktion). ISA funktioniert über einen GPS-Empfänger, der die Positiondes Fahrzeugs identifiziert. Der Empfänger ist an einendigitalen Stadtplan mit exakt eingetragenenGeschwindigkeitslimits gekoppelt. Daher "weiß“ das Systemwelches Limit dort gilt, wo man sich gerade befindet (Kaufmann& Risser 2003).

� Flexible Geschwindigkeits- und Abstandsregelung (ACC = AdaptiveCruise Control)Die Hauptaufgabe des Systems ist es, dem/der Fahrer/in bei derGeschwindigkeitskontrolle und beim Einhalten von Sicherheits-abständen auf der Autobahn zu assistieren. Das System funktioniertbei Geschwindigkeiten zwischen 30 km/h und 160 km/h. Es wird einegewünschte Geschwindigkeit eingegeben und das Systembeschleunigt selbständig. Falls man sich einem langsamervorausfahrenden Fahrzeug nähert, wird automatisch gebremst fallsder Sicherheitsabstand zu gering wird. Wenn der Abstand wiedergrößer wird, beschleunigt das Fahrzeug automatisch. ACC-Systemehaben keine Stop & Go Funktion. Im Gegensatz zumKollisionsvermeider sind sie nicht geeignet, um Notfallsituationenabzuwickeln z.B. Notbremsungen, da die Kontrolle beim Fahrer bzw.bei der Fahrerin bleibt. Das System kann manuell und automatischaktiviert und deaktiviert werden (Risser & Petica 1998) .

� Stop & GoDie Stop & Go Funktion ermöglicht eine automatischeAbstandskontrolle bei langsamen Geschwindigkeiten. Es ist eineErgänzung bzw. Erweiterung zum ACC – System bei langsamem bzw.bei zähflüssigem Verkehr (z.B. im Stadtverkehr). Es gibt zweiVarianten des Stop & Go Systems: vollautomatisch undhalbautomatisch. Bei der vollautomatischen Variante beschleunigtund bremst das Auto automatisch ohne Intervention des Lenkersbzw.der Lenkerin. Bei der halbautomatischen Variante, bremst dasFahrzeug, der Fahrer muss jedoch selber wieder beschleunigen. Beifließendem Verkehr fährt das Auto konstant mit der eingestelltenGeschwindigkeit bis zur nächsten Lenkerintervention.

� KurvenmanagementDabei handelt es sich um Systeme, welche automatisch dieGeschwindigkeit reduzieren (der Grad wird durch den/die Benutzer/inbestimmt), falls man sich einer gefährlichen Kurve nähert. Es kannals Ergänzung zum ACC-System angesehen werden.

� KurvenwarnungIm Rahmen des EU-Projektes In-Arte wurde eine Assistenzfunktionentwickelt namens Curve Warning. Der/die Fahrer/in wird gewarnt,

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falls er sich einer Kurve zu schnell annähert. Die Intervention bestehtnur aus dieser Warnung.

� Kollisionswarnungs- und -vermeidungssystemeDas Risiko eines Unfalls durch ein Hindernis auf der Straße sollverringert werden. Ein Sensor misst die Distanz, die Position und dierelative Geschwindigkeit des Hindernisses. Die Intervention erfolgtentweder automatisch durch Bremsen oder durch eineKollisionswarnung.

� Kollisionsvermeidung in KreuzungenDas System meldet dem/der Fahrer/in falls eine mögliche Kollision imKreuzungsbereich bevorsteht. Die Warnung kann entweder durcheine Stimme erfolgen oder wird auf einem Infoscreen angezeigt.

� Kollisionsvermeidung auf Bahnübergängen Der/die Fahrer/in wird bei einem nicht geregelten Bahnübergang überdas Herannahen eines Zuges informiert, falls er sich im Kollisionskursbefindet. Ursprünglich war diese Einrichtung vor allem für Busse undLkws mit gefährlichen Gütern vorgesehen.

� FußgängeInnen und HinderniserkennungDas System warnt den/die Fahrer/in, wenn ein/eine Fußgänger/in inunmittelbarer Nähe die Fahrbahn betritt bzw. wenn sich ein Hindernisin unmittelbar Nähe befindet.

Umkehr-/Einparkhilfen

Umkehr- und Einparkhilfen sind Geräte mit deren Hilfe Hindernisse bei niedrigenGeschwindigkeiten erkannt werden können. Die Einparkhilfe wird durch den/dieFahrer/in selbst oder durch Einlegen des Rückwärtsganges aktiviert. DieRückmeldung findet durch eine Display oder durch ein akustisches Outputsystemstatt.

Vision Enhancement

Das Ziel von Vision Enhancement Systemen besteht darin, die Sicht des Fahrersbzw. der Fahrerin in bestimmten Situationen z.B. bei eingeschränkter Sicht durchNebel, Regen, Schnee oder Dunkelheit zu verbessern. Für gewöhnlich wird aufeinem Bildschirm das erweiterte Bild der Straße vor dem/der Fahrer/in projiziert .

Eine Untergruppe ist der elektronische Spiegel. Dieses Gerät ersetztherkömmliche Tür- und Innenspiegel durch ein elektronisches Sehgerät, welchesdie Sicht nach hinten mittels eines Bildschirms anzeigt.

Fahrerüberwachung

Dazu zählen alle Geräte, die den physischen Zustand des Fahrers bzw. derFahrerin messen (z.B. Schläfrigkeit, Aufmerksamkeitsmangel, Grad derAlkoholbeeinträchtigung, vermittelt etwa über Augenbewegungen, Herzfrequenz)und das möglich Risiko bei abnormalem Status abschätzen. Falls eine sichereWeiterfahrt aufgrund des physischen Zustandes des Fahrers bzw. der Fahrerinnicht mehr gewährleistet werden kann, ertönt bspw. ein Warnzeichen; es wurdenaber auch schon Systeme diskutiert, die im Krisenfall eingreifen (Risser & Petica1998).

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Pre-crash System

Ein Pre-crash System erkennt, wenn ein Unfall unvermeidbar ist. DieseInformation wird dazu verwendet, um die Folgen des Unfalls zu verringern (z.B.durch Festziehen des Sicherheitsgurtes, durch Auslösen des Airbags, etc.).

4.1.2.3 Tabellarischer Überblick über telematische Systeme zur individuellenVerkehrsbeeinflussung

Im folgenden werden die erwähnten Systeme tabellarisch kurzzusammengefasst:

Tab2.: Telematische Systeme im Überblick

System Kurze Beschreibung Primäre Zielsetzung

INFORMATIONSSYSTEME

Nagivationssysteme:

Integrierte Navigation

Route-guidance oderRoute-nagvigationsSystem

Kreuzungsmanagement

Durchführung von Orts- undRoutenplanungen, Filternvon Verkehrsinformationenzur optimalenRoutenplanung

Anzeigen vonGeschwindigkeitslimits,Warnung bei Kollisionsrisiko

Auswahl der optimalstenRoute mit Instruktionen oderohne Instruktionen nurdurch Anzeigen auf demBildschirm

Bei Annäherung anKreuzungen werdenAngaben zur optimalenGeschwindigkeit gemacht

Erhöhung desVerkehrsflusses

Verbesserung der Verkehrs-sicherheit

Serviceleistung/Erhöhungdes Verkehrsflusses

Verbesserung der Verkehrs-sicherheit

Reiseinformationsdienste(RDS-TMC; GSM, DAB, DVB,IP)

Informationen werden demReisenden vor oder währendder Fahrt zur Verfügunggestellt. Sie werden nachgewissen Kriterien auf denEndverbraucherzugeschnitten

Serviceleistung/Komforter-höhung

Notrufdienste Automatische Verständigungder Rettungsdienste beieinem Unfall

Verbesserung der Verkehrs-sicherheit

Komfort undInfotainmentdienste(Telefondienste,Automatische Cockpit-Konfiguration, etc.)

Dienen dem Komfort undder Unterhaltung desFahrers bzw. der Fahrerin

Serviceleistung/Komforter-höhung

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System Kurze Beschreibung Primäre Zielsetzung

ASSISTENZSYSTEMELateral control:Spurenassistent

Überwachung des totenWinkels

Bei starker SpurabweichungWarnung oderautomatischer Eingriff

Rückspiegel mit integrierterKamera erkenntüberholende Fahrzeuge

Erhöhung der Verkehrs-sicherheit

Erhöhung der Verkehrs-sicherheit

Longitudinal control:ISA (Intelligent SpeedAdaptation)/AktivesGaspedal

Adaptive Cruise Control(ACC)

Kurvenmanagement/Kurvenwarnung

Kollisionswarnung undKollisionsvermeidungs-system (Sonderform: beiKreuzungen und Bahnüber-gängen)

Stop & Go

FußgängerInnen undHinderniserkennung

Drei Arten der Intervention:Information, Empfehlung,automatisches Eingreifensobald einGeschwindigkeitslimitüberschritten wird

Assistiert dem/der Fahrer/inbei derGeschwindigkeitskontrolleund beim Einhalten vonSicherheitsabständen

AutomatischeGeschwindigkeitsreduktionbzw. Warnung beiAnnäherung an einegefährliche Kurve

Distanz, die Position und dierelative Geschwindigkeit desHindernisses wird gemessen

Automatische Abstands-kontrolle bei langsamenGeschwindigkeiten

Erkennen vonFußgängeInnen undHindernissen am Weg

Erhöhung der Verkehrs-sicherheit

Erhöhung der Verkehrs-sicherheit

Erhöhung der Verkehrs-sicherheit

Erhöhung der Verkehrs-sicherheit

Erhöhung der Verkehrs-sicherheit

Erhöhung der Verkehrs-sicherheit

Umkehr-/Einparkhilfen Geräte zum Erkennen vonHindernissen bei niedrigenGeschwindigkeiten

Erhöhung der Verkehrs-sicherheit

Vision Enhancement Verbesserung der Sicht desFahrers bzw. der Fahrerin

Erhöhung der Verkehrs-sicherheit

Fahrerüberwachung Messen des physischenZustandes des Fahrers bzw.der Fahrerin

Erhöhung der Verkehrs-sicherheit

Pre-Crash System Erkennen eines Unfalls undVerringerung der Unfall-folgen

Erhöhung der Verkehrs-sicherheit

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4.1.3 GebühreneinhebungDie Gebühreneinhebung beim motorisierten Individualverkehr bezieht sicheinerseits auf Straßengebühren, andererseits auf zu bezahlende Parkgebühren.In beiden Fällen gibt es bereits die Möglichkeit elektronischer Abrechnung. Dasprimäre Ziel von elektronischen Abrechnungsystemen ist die Gebühreneinhebungso schnell und reibungslos und gleichzeitig so komfortabel wie möglich für denNutzer zu gestalten.

4.1.3.1 Straßengebühren - Pkw-Maut

In vielen Ländern Europas8 wird auch für Pkws eine Autobahngebühr verlangt.Diese Gebühr wird teils in Form einer streckenbezogenen Maut eingehoben, teilsin Form einer für eine bestimmte Zeit gültigen Vignette.

Der Kauf von Vignetten in Österreich erfolgt noch auf herkömmliche Art überdiverse Verkaufsstellen. Elektronische Abrechnungssysteme gibt es in Österreichnicht.

In einigen Städten (Tokio, San Diego, New York, etc.) werden Abgaben fürTunnels und Brücken im Stadtbereich bzw. in den Einfahrtsbereichen verlangt.

Ein interessantes Modell einer Pkw-Maut stellt die Citymaut - „CongestionCharge“ in London dar. Der Bürgermeister von London Ken Livingstone führteim März 2003 eine „Stauabgabe“ im Zentrum von London werktags von 7.00 bis18.30 in Höhe von ca. acht Euro ein. Die Erfassung der Autos, die in die Zonehineinfahren erfolgt elektronisch mittels Kamera. 688 Kameras registrieren dieNummernschilder aller Wagen. Bei Nichtbezahlung der Gebühr wird ein Bußgeldvon 130 Euro fällig. Die Bezahlung der Gebühr kann online, bei einigenausgewählten Geschäften, Tankstellen und Parkplätzen per Post, über Telephonoder durch eine SMS-Nachricht erfolgen (www.profil.at).

Die Citymaut in London löste viele Diskussionen in anderen Städten aus. In Grazaber auch in Salzburg wurde ernsthaft überlegt eine Citymaut nach LondonerVorbild einzuführen. Stockholm hat für das Jahr 2006 eine Citymaut für alleAutos im Stadtzentrum fixiert. Bereits seit Ende der achtziger Jahre ist dieEinfahrt in die Innenstadt in den skandinavische Städten wie Bergen und Oslokostenpflichtig. Auch in Singapur und Hongkong wird der Verkehr in derInnenstadt durch eine Stadtmaut geregelt. In Singapur funktioniert das Systemmittels einer aufladbaren Mautkarte. Auf eine Chipkarte kann Geld aufgeladenwerden, passiert man ein elektrisches Tor vor einer mautpflichtigen Zone wirdmittels Laser der bezahlende Betrag von der Karte abgebucht.

4.1.3.2 Parkgebühren

Als elektronisches System zur Abrechnung von Parkgebühren gibt es einerseitsdie Möglichkeit, den Parkplatz über das Mobiltelefon zu bezahlen.

Eine andere Variante sind Geräte, die im Fahrzeug untergebracht werden. Einkleiner Kasten, in der Größe einer Fernbedienung mit einem Display wirdeingeschaltet und statt eines Parkscheins hinter die Windschutzscheibe gelegt.Wenn der/die Fahrerin den Parkplatz verlässt, wird das Gerät ausgeschaltet. Dieangefallenen Gebühren werden von einem gespeicherten Guthaben im Gerät

8 In Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien, Jugoslawien, Kroatien, Ma-zedonien, Niederlande,Norwegen, Österreich, Portugal, Polen, Schweden, Schweiz, Slowakische Republik, Spanien, Tschechien, Türkeiund Ungarn werden Gebühren verlangt. In Deutschland wird derzeit über eine Pkw-Maut diskutiert (www.kfz-auskunft.de/info/autobahngebuehr.html)

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abgebucht. Die Geräte können von den VerkehrsteilnehmerInnen gekauft odergegen Kaution entliehen werden. Dieses System wird seit einigen Jahren in denNiederlanden und in Skandinavien verwendet (Schäfer 2004).

In beiden Fällen können mit Handcomputer ausgestattete Kontrollorgane durchOnline-Verbindungen die Aktivierung des elektronischen Parkscheins kontrol-lieren.

Studien über die Benutzung eines eigenen Gerätes zur Parkgebühren-Abrechnung zeigen, dass dieser Dienst vorwiegend von Firmen für ihreMitarbeiterInnen und von berufstätigen VielparkerInnen genutzt wird. Wenn einGerät vorhanden ist, wird es für fast alle Parkvorgänge eingesetzt. DieAnschaffung des Geräts zahlt sich für Personen, die nur selten ingebührenpflichtigen Zonen parken, nicht aus.

Als wesentliche Vorteile beider alternativer Systeme (Mobiltelefon bzw. Gerät)werden minutengenaue Abrechnung und, dass die Parkdauer vorher nichtabgeschätzt werden muss, genannt (Schäfer 2004).

In Wien gibt es die Möglichkeit des m-parking (=mittels Mobiltelefon) seitOktober 2003. Durch das Senden einer SMS-Nachricht kann das Parkkonto mitParkstunden aufgeladen werden. Die Bezahlung erfolgt entweder mit Kreditkarte,paybox oder Mobilfunkrechnung. In Wien wurde noch keine Akzeptanzstudie(Zufriedenheitsgrad, Bekanntheitsgrad, etc.) durchgeführt. Laut Magistratsab-teilung 4 wird m-parking aber gut angenommen, wobei sich die bundesge-setzliche Regelung, eine Parkuhr im Fahrzeug anzubringen, dämpfend auf dieZuwachsrate auswirkt (www.wien.gv.at/finanzen/abgaben/parhandy.htm).

4.2 Management des öffentlichen Verkehrs und schwächererVerkehrsteilnehmerInnen9

4.2.1 Öffentlicher VerkehrGerade im öffentlichen Verkehr sind viele telematische Einrichtungen nicht wirk-lich „sichtbar“ und als solche erkennbar. Sie werden durch den Fahrgast vielmehrnur durch eine Verbesserung des Komforts (z.B. dichtere Intervalle, kürzere War-tezeiten) wahrgenommen. Im Gegensatz zu individuellen Telematikanwendungenim motorisierten Individualverkehr, kommen die neuen Technologien im öffent-lichen Verkehr im Prinzip allen VerkehrsteilnehmerInnen gleichermaßen zu Gute.

Im folgenden wird ein sehr grober Überblick über Betriebsleit-, Auskunfts- undGebühreneinhebungssysteme gegeben.

4.2.1.1 Betriebsleitsysteme

In Wien wurde 1995 von den Wiener Linien der Probebetrieb für ein rechnerge-stütztes Betriebsleitsystem (RBL) mit zwei Straßenbahnlinien aufgenommen.Im Jahr 2004 waren bereits 60 Straßenbahn und Autobuslinien erfasst (ca. 390Autobusse und etwa 500 Straßenbahnen sind RBL tauglich). Ziel ist es, bis 2008das System flächendeckend auszubauen. Beim RBL der Wiener Linien handelt essich um ein System, das eine zentrale Leitstelle und 50 weitere Betriebsstellen indie Betriebssteuerung integriert.

9Unter schwächere VerkehrsteilnehmerInnen werden in diesem Bericht FußgängerInnen und RadfahrerInnenzusammengefasst.

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Hauptziel des RBL ist es für regelmäßige Intervalle und Pünktlichkeit zu sorgen,indem Störungen frühzeitig erkannt und Lösungsvorschläge vom System vorge-schlagen werden (Störungsmanagement). Das Störungsmanagement erlaubt,bei Bedarf einen Linien- und Kursnummerwechsel vorzunehmen, an Wendestel-len Linien kurz zu führen und die nächste Fahrt in Gegenrichtung zu beginnen,zusätzliche Fahrten in den laufenden Betrieb einzuführen, Strecken bei Bedarf zusperren, etc.

Zusätzlich wird eine dynamische Anschlusssicherung und eine Verringerung derFahrzeiten durch eine bedarfsgesteuerte Verkehrslichtsignal (VLSA-) Beeinflus-sung ermöglicht.

Die einzige für den Fahrgast „sichtbare“ Auswirkung des RBL stellt die dynami-sche Fahrgastinformation in den Haltestellen dar, die entsprechend der jewei-ligen Verkehrssituation aktualisiert wird (Echtzeitanzeige an den Haltestellen)10.Derzeit gibt es rund 150 Anzeigen in Straßenbahn und Autobushaltestellen,wobei geplant ist, insgesamt 500 Haltestellen mit derartigen Anzeigen auszustat-ten (www.wien.gv.at/verkehr/vema/rbl.htm).

Das RBL ist technisch komplett getrennt vom Betriebsleitsystem der U-Bahn.Eine Vernetzung des RBL mit den übrigen Verkehrssystemen ist geplant.

Auch in Graz gibt es seit 2003 ein Betriebsleitsystem in Probebetrieb. DasSystem beinhaltet eine dynamische Fahrgastinformation an derzeit ca. 100Haltestellen (Straßenbahn und Bus). Die offizielle Inbetriebnahme erfolgt Ende2005. Es ermöglicht eine Anschlusssicherung an Umsteigepunkten, Störungenwerden früher erkannt und es wird schneller darauf reagiert. Ziel ist es, den Ver-kehrsrechner der Stadt Graz mit dem Grazer Verkehrsverbund – Betriebsleitsys-tem zu vernetzen, um den Verkehrsfluss für den Öffentlichen Verkehr, sowie fürden Autoverkehr zu verbessern (integriertes Verkehrsmanagement). Fahrgästesollen durch kürzere Fahrzeiten davon profitieren (www.verkehr.steiermark.at).

In Zürich ist seit 2003 das Leitsystem ZVV (Zürcher Verkehrsverbund) in Probe-betrieb. Es handelt sich um eine zentral gesteuerte, umfassende Vernetzung deröffentlichen Verkehrsmittel (Bus, Tram und Bahn) im Kanton Zürich. Es umfasstInformationssysteme wie Bildschirme in Fahrzeugen und computergesteuerteAnzeigetafeln an ausgewählten Haltestellen. Das Leitsystem ist mit externenPartnern verbunden. Es besteht z.B. eine Schnittstelle zum Kundeninformations-dienst der Schweizer Bundes Bahn. Die Kantonspolizei, die Stadtpolizei Zürichund die Stadtpolizei Winterthur bringen Informationen zum Straßenverkehr insLeitsystem ein. Im Gegenzug dazu profitieren sie von aktuellen Betriebsinfor-mationen des öffentlichen Verkehrs (Mobilissimo Nr. 3/2003).

In der Stadt Salzburg existiert ein Zentralrechner, der automatisch die „Fahrplä-ne“ der angeschlossenen Ampeln bestimmt (Automatische Ampelsteuerung).Insgesamt gibt es 160 geregelte Ampelanlagen in Salzburg, die „Grüne Fahrt“ fürden Bus ermöglichen. Salzburg hat hinsichtlich der Ampelsteuerung das ZürcherModell als Vorbild genommen. Laut Landespressebüro funktioniert das Systemsehr gut. Die Busse sind pünktlicher, die Kunden zufriedener und sogar der Auto-verkehr kommt schneller ans Ziel (www.salzburg.gv.at).

Auch im Eisenbahnverkehr werden Leit- und Sicherheitstechniken verwendet. Be-stehende nationale Zugsicherungs- und Zugbeeinflussungssystem sollen durchein Europäisches Zugbeeinflussungssystem abgelöst werden.

10 siehe auch Kapitel 4.2.1.2

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1996 wurde der Grundstein zur Einführung des interoperablen European TrainControl Systems (ETCS) gelegt. ETCS bildet zusammen mit dem MobilfunksystemGSM-R und dem einheitlichen European Traffic Management System (ETMS) dasEuropean Rail Traffic Management System (ERTMS).

4.2.1.2 Informationsdienste/Serviceleistungen

Information und Serviceleistungen im öffentlichen Verkehr beziehen sich vor al-lem auf Fahrplanauskünfte und Routenwahlen, d.h. mit welchen öffentlichen Ver-kehrsmitteln gelangt man am schnellsten vom Quell- zum Zielort. Die Informa-tionseinholung ist in vielen Fällen sowohl vor Fahrtantritt (pre-trip) als auchwährend der Fahrt (on-trip) möglich.

Elektronische Fahrplanauskunftssysteme (Fahrtroute, Fahrzeiten und Fahr-preise) werden bereits an unterschiedlichen Stellen angeboten. In manchenFahrzeugen werden mittels Bildschirmdialogen z.B. die nächste Haltestelle, aberauch diverse Umsteigemöglichkeiten angezeigt. An Haltestellen und Bahnhöfenkönnen an diversen Info-Säulen und dynamischen Ankunftsanzeigetafeln(Countdownanzeigen) aktuelle Fahrpläne abgelesen werden. Zusätzlich gibt esdie Möglichkeit, zu Hause via Internet und in manchen Städten und Regionenbereits via Mobiltelefon Fahrpläne abzurufen.

Elektronische Fahrplanauskünfte via Internet bieten eine individuelle, durchdie Angabe von Quell- und Zielhaltestellen oder Quell- und Ziel-Adressen be-schriebene Fahrplanauskunft auf Basis der Fahrplan-Sollzeiten. Tarifinformatio-nen sind häufig bereits in das System integriert, wobei Tarifauskünfte meist nurinnerhalb eines Verkehrsverbundes und nicht für Fahrten zwischen mehrerenVerkehrsverbünden erteilt werden. Auch genaue Angaben der Stationenhinsichtlich barrierefreie Zugangsmöglichkeiten sind enthalten (z.B. dieFahrplanauskunft der Wiener Linien gibt genau an, ob die jeweiligen Haltestellenüber einen Lift,. Rolltreppen und Stiegen sowohl auf- als auch abwärtsverfügen.). Verspätungsinformationen (Fahrplan-Istzeiten) werden in der Regelnoch selten weitergegeben.

Eine Fahrplanauskunft über Mobiltelefon ermöglicht es dem Nutzer bzw. derNutzerin nicht nur vor der Fahrt, sondern auch während der Fahrt Informationeneinzuholen.

In Frankfurt ist für die NutzerInnen von Bussen und der Bahn seit Dezember2004 eine Mobiltelefonabfrage der Ist-Fahrzeiten möglich. D.h., Fahrgästekönnen sich zu jeder Zeit und an jedem Ort darüber informieren, wann die Busseund Bahnen an bestimmten Haltestellen in Echtzeiten, also unterBerücksichtigungen möglicher Verspätungen sein werden. Davor war dieFahrplanauskunft nur in Sollzeiten möglich. Laut dem FrankfurterVerkehrsverbund kommt dieses Service bei den KundInnen sehr gut an. Wurdenvor Umstellung auf die Ist-Fahrzeiten 400 bis 500 tägliche Zugriffe registriert,sind es derzeit 1500 bis 1600 pro Tag (Presseaussendung TraffiQ & VGF 2005).

In Dresden gibt es bereits seit 2000 die Möglichkeit, für Verkehrsmittel derDresdner Verkehrsbetriebe Fahrplanauskünfte mittels SMS zu erhalten. Im Juni2002 wurde die Mobiltelefon-Fahrplanauskunft auf den gesamten öffentlichenNahverkehr im Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) erweitert, und im Jahre 2004wurde SMS-Fahrplanauskunft auf Echtzeit umgestellt. Auch VVO spricht von einergroßen und steigenden Akzeptanz des angebotenen Services. Die SMS-Auskunftwurde über 30 000 Mal pro Monat genutzt (Presseinformation intermobil 2003).

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Hinsichtlich Dresden ist noch zu erwähnen, dass sich der/dieVerkehrsteilnehmer/in über das Internetportal DORIS (www.intermobil.org) ineinem System Überblick zur Verkehrssituation sowohl für den ÖPNV als auch fürden Straßenverkehr verschaffen kann: Wann fährt die nächste Straßenbahn? Womuss ich umsteigen? Gibt es Stau? Wo sind momentan Baustellen, etc..

Generell ist geplant, das Fahrplanauskunftssystem durch die Integration vonTarifauskünften und intermodalen Auskünften (z.B. Pkw-Routing zu vorhandenenPark&Ride-Parkplätzen, dynamisches Routing von Zu- und Abgangswegenhinsichtlich Fuß- und Radwegen) zu erweitern.

4.2.1.3 Gebühreneinhebung

Auch im Bereich des Fahrgeldmanagement gibt es unterschiedliche Lösungsan-sätze, um den Kunden den Erwerb eines Fahrscheines noch einfacher und denZugang zum öffentlichen Verkehrsmittel noch komfortabler zu machen.

Seit Herbst 2003 ist es in Wien bei den Wiener Linien möglich, eine digitaleEintageskarte mittels SMS zu kaufen – SMS-Ticketing. Das Handy fungiertdabei als Fahrausweis. Die Bezahlung erfolgt über eine elektronische Zah-lungsplattform "paybox". Der Fahrgast muss vor Fahrantritt per SMS dieFahrkarte erwerben. Seit 2004 wird auch ein Singleticket für 90 Minutenangeboten.

Im Oktober 2004 hat auch Innsbruck das „Handyticket“ eingeführt, wobeizwischen Single- und Dayticket unterschieden wird. Das Singleticket gilt für 45min. Kurz vor Ablauf des Tickets erhält der Fahrgast ein Erinnerungs-SMS undkann bei Bedarf das Single- auf ein Dayticket ändern (Mobilcom Austria 2004).

Die ÖBB bietet bereits seit 2002 die Möglichkeit an, eine Fahrkarte mit SMS zubestellen. Das „virtuelle Ticket“ ist ein 18-stelliger Code am Handy-Display, derim Zug in Verbindung mit einem Lichtbildausweis dem/der Schaffner/in gezeigtwird. Der Fahrpreis wird mit der nächsten Handyrechnung bezahlt.

In den Niederlanden soll bis 2007 landesweit eine Smartcard, eine elektroni-sche Fahrkarte, eingeführt werden. Basierend auf der Funktechnologie RFID(Radio Frequency Identification) wurde in Rotterdam das öffentlicheVerkehrssystem auf Smartcards mit Funkchip umgestellt. Die Smartcards werdenan Kassenautomaten aufgeladen und können berührungslos eingelesen werden.Es wird dadurch möglich, mit einer Fahrkarte zwischen Zügen, Straßenbahnen,U-Bahnen und Bussen in den Niederlanden zu wechseln (Der Standard 9.Jänner2004).

Auch in Deutschland ist die elektronische Fahrkarte geplant bzw. in manchenStädten bereits in Betrieb.

Der Verkehrsverbund Bremen-Niedersachsen VBN (Bremer Straßenbahn AG,der BremerhavenBUS und die Verkehr und Wasser GmbH in Oldenburg) führte2001 erstmals in Deutschland ein flächendeckendes integriertes elektronischesZahlungssystem auf Basis der GeldKarte ein. Dabei wird die Fahrkarte auf demChip der Geldkarte abgespeichert. Alle 400 Fahrzeuge der Bremer StraßenbahnAG (BSAG) sowie die privaten Vorverkaufsstellen wurden mit entsprechendenTicketterminals ausgestattet.

Anfang 2002 hatten die Kunden bereits 40.000 elektronische Fahrkarten gekauft.Im Jahr 2003 wurde zusätzlich ein elektronisches Monatsticket eingeführt.Derzeit werden rund 10% aller Fahrscheine im Fahrzeug über E-Ticketing gelöst.Im Jahr 2005 wurden zusätzlich 165 Fahrzeuge mit neuen Hard- und

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Softwarekomponenten ausgestattet, die es ermöglichen, dem Kunden bzw. derKundin den günstigsten Tagestarif (best price) anzubieten (www.geldkarte.de).

In Dresden wird ein drahtloses Ticket-System erprobt. Dabei erkennt dasFahrzeug automatisch11 die Anwesenheit eines Fahrgastes mit E-Ticket, ohnedass dieser eine Bedienungshandlung setzen muss. Die sogenannte ALLFA-Fahrkarte12 wird beim Betreten des Fahrzeuges aktiviert und beim Verlassendeaktiviert (Be-in/Be-out = BIBO Prinzip), d.h. Einstiegsort, Fahrdauer, Kostenund Ausstiegsort werden automatisch aufgezeichnet.13 Der Fahrgast kann viaInternet selbst abrufen, welche Wege er im öffentlichen Nahverkehr zurückgelegthat (Fuhs 2005).

4.2.1.4 Das Online-Ticket

Neben dem E-Ticketing besteht vorwiegend im europäischen Bahnverkehr dieMöglichkeit, ein Ticket via Internet, das online-Ticket, zu erwerben.

Das Online-Ticket der ÖBB wird gemäß dem im Internet vorgegebenen Ablaufbestellt und mittels Kreditkarte, Vorteilscard mit Zahlungsfunktion oder payboxbezahlt. Als Bestätigung gilt der Internet-Ausdruck in Verbindung mit einemamtlichen Lichtbildausweis.

Das EventTicket14 der ÖBB wird z.B. nur im Internet vertrieben und kann nuronline gebucht werden.

Durch die Einführung des E-Ticketing erwarten sich Verkehrsunternehmen gene-rell zufriedenere und zusätzliche KundInnen, sowie eine Senkung derBetriebskosten durch die Reduzierung von Abwicklungs- und Unterhaltskosten(für Fahrscheindruck, Bargeldhandling, Abrechnung und Logistik). AlsNebeneffekt liefert ein elektronisches Ticketing-System eine ganze Reihe vonDaten, da automatisch Fahrgastzahlen mit Quelle und Ziel ermittelt werden (z.B.an welcher Haltestelle wie viele Leute ein- und aussteigen). Diese Daten werdenderzeit noch in aufwendigen Fahrgastbefragungen erhoben.

4.2.1.5 Das Projekt TAKE-ÖV – Telematik Anwendungen für den Kundenentwickeln im Öffentlichen Verkehr

In Österreich wurde vor allem im Rahmen des fünfjährigen Forschungsprojektes„move- Mobilität und Verkehrstechnologie“ (1999-2003) ein Schwerpunkt aufden öffentlichen Verkehr gelegt. „TAKE-ÖV – Telematik Anwendungen für denKunden entwickeln im Öffentlichen Verkehr“ hatte zum Ziel Informationsdiensteim öffentlichen Verkehr zur Erhöhung des Komforts der Fahrgäste zu entwickeln.

Folgende Themen wurden behandelt:

ASSIST – Austria Information Service for TravellersUmfasst alle Produkte und Dienstleistungen, die dem Reisenden bzw. derReisenden auf mobilen oder festen Geräten in allen Phasen der Tür-zu-TürReisekette elektronische Informationen über aktuelle Reiseumgebung, -verlaufund –ziel zur Verfügung stellen.

11 In den umgerüsteten Straßenbahnen liegen dazu zwei Access-Antennen auf, die mit dem Ticket derfreiwilligen Teilnehmer kommunizieren12 ALLFA steht für „einfach alles fahren“.13 Aus Gründen des Datenschutz werden die Daten nicht personenbezogen abgespeichert.14 Beim Event-Ticket handelt es sich um eine Kooperation zwischen einem Veranstalter (z.B. Konzerte,Fußballmatches) und der ÖBB, wobei die Anreisermäßigung grundsätzlich 30% beträgt.

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BSI – Betriebliche Systeme und intelligente InfrastrukturBestehende betriebliche Systeme (z.B. rechnergestützte Betriebsleitsystem) undTelematik-Anwendungen zur Steigerung der Attraktivität des öffentlichenVerkehrs wurden erweitert und ergänzt.

ÖVAS – Öffentlicher Verkehr Auskunfts-SystemAufbau eines österreichweiten, verkehrsträgerübergreifenden und einheitlichenAuskunftssytems für den öffentlichen Verkehr. Daten sollen integriert und ineinem Call Center über eine einheitliche Servicenummer abgefragt werden.

ÖV-IV – Schnittstelle zwischen öffentlichem Verkehr und IndividualverkehrDer Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel soll durch unterschiedliche Infor-mations- und Transaktionssysteme (Mobiltelefon, Internet) erleichtert werden.

Im Rahmen dieser Themen wurden unter anderem folgende Projekte vom bmvitgefördert:

Con.takt Anschlusssicherung mit Bus und BahnDem Fahrgast soll ein optimaler Anschluss mit Bus und Bahn ermöglicht werden.Das Pilotprojekt wurde in Vorarlberg gestartet. Über moderne Kommunikations-mittel (Datenfunk/GSM=Global System of Mobile Communication) werden An-schlussicherungen automatisch durchgeführt. Über Fahrgastinformationsbild-schirme wird der Fahrgast über etwaige Anschlüsse informiert. Fahrer werdenüber Verspätungen von Zubringern informiert, mit dem Hinweis, ob er die An-schlusshaltestelle verlassen kann oder nicht (z.B. der Zubringer teilt mit, dasskeine Umsteiger im Fahrzeug sind).

Make.it – Informationstechnologie im regionalen NahverkehrDie optimale Kombination von Verkehrskonzept und Informationstechnologie solldie Nutzung des öffentlichen Verkehrs attraktiver machen. Über ein bedarfsge-steuertes Zubringersystem soll dem Fahrgast eine nahtlose Verbindung von Türzu Tür ermöglicht werden.

Dadurch wird auch eine Flächenschließung bei geringer Nachfrage möglich. DieÖV-Nutzung soll dadurch so einfach und flexibel wie möglich gemacht werden.Dem Fahrgast sollen alle mobilitätsbezogenen Informationen und Dienstleistun-gen über einen zentralen Ansprechpartner angeboten werden. Der Fahrgast gibtvia SMS, e-mail, Internet oder telefonisch einem Call Center Standort und Fahrt-ziel an. Make.it informiert über Abfahrts- und Ankunftszeit, Kosten, bucht dieFahrkarte und organisiert Zubringertaxis. Bus- und Taxifahrerinnen werden auchüber Verspätungen informiert, um den Anschluss auch wirklich zu garantieren.Ursprünglich wurde das System in drei Zentralen gegliedert (Mobilitätszentrale,Verkehrskontrollzentrale und Vermittlungszentrale), wobei das Systemmittlerweile strukturell geändert wurde. Das gesamte System ist jetzt Web-basiert, so dass die telefonische Buchung und Information von einem beliebigenCall Center übernommen werden können. Die Disposition des Bedarfsverkehrserfolgt automatisiert. Eine physische Vermittlungszentrale ist daher nicht mehrerforderlich.Im Sommer 2005 wird das Projekt make.it, bevor es in den eigentlichen Probe-betrieb geht, von geschulten BeamtInnen noch hinsichtlich seiner Benutzungs-freundlichkeit getestet.

BEHA – Bedarfshaltestellen im öffentlichen KraftfahrlinienverkehrInsbesondere im ländlichen Bereich ist der öffentliche Personenverkehr durch ge-ringes Fahrgastaufkommen unregelmäßig, zeitlich schwer prognostizierbareNachfrageverteilung und einen hohen Leerfahrtsanteil gekennzeichnet. Durch dasBedarfhaltestellensystem BEHA werden bestehende Bedienungsgebiete im

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regionalen Kraftfahrlinienverkehr effizienter erschlossen bzw. neue Erschlie-ßungsgebiete unter geringeren zusätzlichen Reisezeiten integriert. Für die Ab-wicklung des laufenden Betriebes sind keine zusätzlichen Humanresourcen not-wendig. 5-10 Minuten vor Abfahrt meldet man sich mittels einer Drucktaste ander Haltestelle oder mittels Mobiltelefon oder Internet an. (Beim Anrufsammel-taxi (AST) muss man 45 Minuten vor Fahrbeginn den Abfahrtsort angeben.). DieNachricht wird an die Rechnerzentrale weitergeleitet, die wiederum automatischan den entsprechenden Buslenker eine Benachrichtigung auf einem Mobiltelefonhinterläßt. Der/die Busfahrer/in bestätigt mittels Mobiltelephon die Ankunft ander gewünschten Bedarfshaltestelle und etwaige Verspätungen. Diese Datenwerden dem Fahrgast weitergeleitet.

4.2.2 Fußgänger- und RadverkehrGenerell werden im Fußgänger- und Radverkehr wenig Forschungsgelder aufge-bracht, um Telematik auch in diesen Bereichen großflächig anwenden zu können.Im österreichischen Telematikrahmenplan scheinen FußgängerInnen undRadfahrerInnen als Zielgruppe überhaupt nicht auf. Trotzdem gibt es auch beidiesen Fortbewegunsarten einige telematische Anwendungen, die die Teilnahmeam Verkehr erleichtern und sicherer gestalten sollen.

4.2.2.1 FußgängerInnen

Die wenigen Telematikanwendungen für den Fußgängerverkehr kommen vorallem Kindern, älteren Personen und behinderten Menschen zu Gute.

Fußgängerdetektoren sind bei Fußgängerverkehrslichtsignalanlagen währendder Grünphase für FußgängerInnen aktiv und erkennen, ob sich noch Personenauf dem Übergang befinden. Ist dies der Fall, wird die Grünzeit für Fußgän-gerInnen entsprechend verlängert. Dies trägt erheblich zur objektiven undsubjektiven Sicherheit von FußgängerInnen bei. In Österreich gibt es derzeitnoch keine Ampelanlagen, die mit Fußgängerdetektoren ausgestattet sind. Ineinigen Gemeinden in Deutschland und Schweden sind sie bereits in Verwendung(Altengruber et al. 2004).

Tonsignalgeber bei ampelgesteuerten Fußgängerübergängen ermöglichen seh-behinderten Menschen die Grünphase genau zu erkennen. Tonsignalgeberkönnen sich in der Lautstärke dem Umfeldgeräuschpegel anpassen.

Nicht der Sicherheit, sondern vorwiegend der Information und besseren Routen-planung dienen Mobiltelefon-Navigationslösungen. Mittels GPS auf Mobil-telephonen können FußgängerInnen durch Eingabe der Zieladresse an den ge-wünschten Ort geleitet werden. In die Routenberechnungen können auchneueste Verkehrsinformationen einbezogen werden.

Seit 2004 gibt es in Österreich Mobiltelefone, die das Display vorlesen und damitdie wichtigen Nebenfunktionen, wie SMS, zugänglich machen.15 Zusätzlich wurdevon einer kanadischen Firma ein Gerät entwickelt, das geographische Datenvorlesen kann. Der sogenannte „Trekker“ integriert Sprachausgabe in ein GPS-Navigationssystem. Es wird um den Hals getragen und soll sehbehindertenMenschen die Orientierung erleichtern (Bichler 2004). Mittels „Trekker“ wird dieUmgebung, in der man sich befindet, genau beschrieben (wo sich ein Restaurant,ein Lebensmittelgeschäft, etc., befindet). Derzeit ist das Ziel jedoch nur auf 10m

15 Auch sehbehinderte Menschen können dadurch via SMS mit Freunden kommunizieren, Termine undTelefonnummern aufrufen, etc.

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Genauigkeit zu erreichen. D.h. für einen blinden Menschen stellt es nach wie vorein Problem dar, nur mittels GPS-System einen Eingang zu finden. Zusätzlichfunktioniert der Trekker nicht in geschlossenen Räumen. Laut Martin Mayerhofer,einem sehbehinderten Computerspezialisten, der das Gerät getestet hat, ersetztder „Trekker“ daher weder einen Blindenstock noch einen Blindenhund. Esermöglicht einem blinden Menschen aber, sein Umfeld hinsichtlichInfrastruktureinrichtungen besser kennen zu lernen (Mayerhofer 2005). Der„Trekker von morgen“ soll in ein Smart Phone integriert sein, das die Umgebungbeschreiben kann, indem das Gerät noch zusätzlich mit einer Kameraausgestattet wird.

4.2.2.2 RadfahrerInnen

Auch im Bereich des Radverkehrs gibt es einige telematische Anwendungen, dieden Fahrkomfort und die Sicherheit erhöhen, oder Informationen zur Verfügungstellen.

Bei Smover handelt es sich um ein Fahrrad mit integrierter elektronischer Steu-erung. Je nach Tempo wählt die Elektronik den optimalen Gang. Aber nicht nurdie Gangschaltung, sondern auch die Federung ist automatisch gesteuert. Beischnelleren Fahrten wird die Federung automatisch „weicher“, damit Unebenhei-ten abgefangen werden können.

Auch für den/die Radfahrer/in werden sogenannte Routenplaner in manchenStädten und Regionen via Internet angeboten. So gibt es für München denRadlstadtplan (dream.lrrl.arch.tu-muenchen.de/perl/radlstadtplan), der esermöglicht, die beste Route vor der Fahrt für unterschiedliche Radfahrtypen(RadfahrerInnen, die den direkten Weg bevorzugen, RadfahrerInnen, die sichsicherer am Radweg fühlen, etc.) zu erfragen. Bei der Routenerstellung kannsogar die bevorzugte Durchschnittsgeschwindigkeit eingegeben werden.

Auch für Berlin gibt es einen Routenplaner (BBBike; www.radzeit.de): Wer inganz Deutschland mit dem Rad unterwegs sein will, dem steht ebenfalls ein Rou-tenplaner zur Verfügung (rad-index.de).

In Wien besteht ebenfalls die Möglichkeit, seinen persönlichen Routenplan zu er-stellen. Es wird dabei aber darauf hingewiesen, dass aus technischen Gründendie Routensuche nicht vollständig ist (service.wien.gv.at/wien-grafik). Außerdemkann die Suche nicht nach bestimmten Kriterien eingeschränkt werden (z.B. eherRadwege erwünscht oder schnellste Verbindung bevorzugt).

Weiters gibt es noch die Möglichkeit einer Satellitennavigation mittels GPS-Empfänger im Mobiltelefon-Format. Dabei wird die Route am PC erstellt und aufDisplay mit Kartenfunktion navigiert. Auf diese Weise ist es möglich, auchwährend der Fahrt die Route mittels Mobiltelefon abzurufen. Bis jetzt gibt esjedoch nur eine einzige Internetseite, die Routen zum Herunterlanden anbietet(www.gps-world.net).

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4.3 Flotten und FrachtenmanagementTelematikanwendungen zum Management von Flotten und Frachten haben nebeneiner Erhöhung der Verkehrssicherheit und einer Optimierung der Warenzustel-lung vor allem das Ziel, die Belastung von Bevölkerung und Umwelt durch denTransitverkehr zu reduzieren. Zwischen 1990 und 1999 betrug die Zunahme desVerkehrs auf den europäischen Autobahnen 3,85% pro Jahr bei schwerenNutzfahrzeugen. Gegenwärtig macht der internationale Güterverkehr in großenLändern wie Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien über 30% des Auto-bahnverkehrs aus, in kleineren Ländern sogar bis zu 60 % (Europäische Kommis-sion 2000). Durch eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene einer-seits, und andererseits durch kürzere Wartezeiten für den Güterverkehr (z.B.durch Dosierungssysteme in Tunnels, durch neue Mautabrechnungssysteme),durch das Vermeiden von Verkehrszusammenbrüchen (z.B. durch gezielteVerkehrsinformation und besserer Routenwahl), durch eine verbesserte Logistiketc., soll dieser Entwicklung entgegengewirkt werden.

Telematiksysteme im Flotten und Frachtenmanagement werden im folgendenhinsichtlich des Lkw-Verkehrs kurz besprochen.

4.3.1 Verkehrslenkung16

Die Verkehrslenkung im Güterverkehr ist vor allem an wichtigen Verkehrs-punkten (z.B. Tunnel oder Mautstellen) von Bedeutung. Vor allem in der Schweizgibt es einige Dosiersysteme, die eine Staubildung in Tunnels vermeiden sollen.

Im Gotthardtunnel wurde ein „Tropfenzählersystem“ eingeführt, das eine Fein-dosierung der Lastwagen anordnet. Auf diese Weise werden lediglich 60 bis 150Lkw/Stunde in Abhängigkeit der Pkw-Verkehrsmenge durch geschleusst.Zusätzlich soll ein Reservationssystem eingerichtet werden (nach den gleichenPrinzipien wie bei Fähren, Flugzeugen und Hochgeschwindigkeitszügen). DiesesSystem soll dazu dienen, die Überlastung der Transitachsen durch wartendeFahrzeuge abzubauen und den Transporteuren eine verlässlich planbare Fahrt zuerlauben, indem eine Durchfahrt durch einen Tunnel für einen bestimmten Tagund einen bestimmen Zeitabschnitt im voraus gebucht werden kann (Rapp2003).

4.3.2 Gebühreneinhebung - Lkw-MautMauterhebung gibt es in vielen europäischen Staaten. So wurde eine Lkw-Maut inDeutschland im Jänner 2005 eingeführt und in der Schweiz ist bereits seit Anfang2001 für LKW die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) fällig.

In Österreich wurde im Jänner 2004 die Gebührenpflicht für alle Kraftfahrzeuge,deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, auf allen österreichi-schen Autobahnen und Schnellstraßen eingeführt.17

4.3.2.1 Toll Collect

Seit Jänner 2005 ist, wie bereits erwähnt, in Deutschland nach einer langen An-laufphase ein neuartiges Mautsystem in Betrieb. Das von Toll Collect18 entwickel-

16 Siehe auch Kapitel 4.1.1 und 4.1.217 Siehe Kapitel 4.3.2.2

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te Mautsystem berechnet und erhebt die Gebühren nach der Nutzung von kilo-metergenauen Autobahnstreckenabschnitten. Das satellitengestützte Freeflow-System soll ermöglichen, dass der Verkehrsfluss auf der Autobahn während derMauterhebung nicht behindert wird. Das Toll Collect System erfordert wederGeschwindigkeitsbegrenzungen, noch ein Anhalten der Fahrzeuge oder eineBindung an vorgeschriebene Fahrstreifen.

Die Einbuchung kann automatisch – als Kombination von Mobilfunktechnologie(GSM) und Satellitenortungssystem GPS -, manuell oder via Internet erfolgen.

Voraussetzung für die Teilnahme an der automatischen Einbuchung ist die Regis-trierung des Transportunternehmens und seiner mautpflichtigen Fahrzeuge beiToll Collect (siehe www.toll-collect.de).

Durch einfache Software-Updates ist es möglich, die Maut auf PKWsauszuweiten. Solche Pläne sind von der EU bereits angedacht. Ab 2010/2012 istein europaweites satellitengestütztes Mautsystem auf Basis des europäischenGALILEO-Ortungssystems vorgesehen.

4.3.2.2 Go – Mautsystem für Lkw und Busse

In Österreich gibt es seit Jänner 2004 ein elektronisches Mautsystem für Fahr-zeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen(Lkw, Autobusse und Wohnmobile).

Die österreichische Maut wird auf Basis eines Transponder-Systems abgerechnet.Hinter die Windschutzscheibe jedes Lastwagens muss eine so genannte Go-Boxinstalliert werden. Diese kommuniziert mit entsprechenden Gegenstellen entlangder Autobahnen. Die Go-Box kann bei verschiedenen Werkstätten undTankstellen (auch in Deutschland, Italien und Slowenien) eingebaut werden.

Während bei PKW für die Nutzung des hochrangigen Straßennetzes (Autobahnenund Schnellstraßen) weiterhin Pauschalbeträge eingehoben werden, zahlen dieHalterInnen schwerer Fahrzeuge nun ab 13 Cent netto pro Kilometer. EinAusdehnung der Lkw-Maut auf Bundesstraßen wird derzeit in Österreich dis-kutiert (www.go-maut.at).19

4.3.3 Verkehrsinformation/LogistikIm Güterverkehr können hinsichtlich der Navigation (Routenwahl) und der Ver-kehrsinformation ähnliche Dienste wie im Individualverkehr in Anspruchgenommen werden.

Als Serviceleistung für den Kunden bzw. die Kundin kann das Tracing andTrackingsystem angesehen werden. Das System macht Sendungen vonProdukten durch die ganze Logistikkette transparent. Die Sendung kann anhandverschiedener Kriterien verfolgt werden (z.B. Rechnungsnummer,Versenderreferenz, Empfängerreferenz, Bestellnummer etc.).

18 An dem deutschen Betreiberkonsortium sind neben der Deutschen Telekom Chart (45%) auchDaimlerChrysler Chart (45%) und die französische Cofiroute (10 %) beteiligt.19 Laut Arbeiterkammer Wien ist es durch die Einführung der streckenabhängigen Lkw-Maut in Österreich zwarzu einem minimalen Anstieg der Verbraucherpreise gekommen, von einzelnen Unternehmen (z.B. Post,Molkereien, Holzverarbeiter) sei die Einführung der Maut aber nur als willkommene Ausrede für „Preistreiberei“benutzt worden (www.wien.arbeiterkammer.at).

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Zusätzlich gibt es im Flottenmanagement verschiedene telematische Systeme,die zur Überwachung der Fahrzeuge dienen. Eine Fahrzeugüberwachung desAutos ermöglicht es, beim Auftreten von Schwierigkeiten Probleme zu orten. Manunterscheidet zwei Untergruppen: Statusüberwachung des Fahrzeuges undFahrzeugdiagnostik.

Die Statusüberwachung des Fahrzeuges geschieht über einen Tachographen(Datenschreibgerät), wobei folgende Daten überwacht werden:

� Fahreraktivitäten (z.B. macht der/die Fahrerin eine Pause oderarbeitet er/sie)

� Fahrerstand (EinzelfahrerIn oder mit BeifahrerIn)

� Erfassen von Orten, an denen die täglichen Arbeitsperioden beginnenoder enden (Land und Gebiet)

� Absperrmöglichkeit von firmenrelevanten Daten

Die Fahrzeugdiagnostik wird durch viele sicherheitsrelevante Funktionen ergänzt.Sowohl Diagnosedaten zu Motor, Getriebe und Bremssystem als auch Daten fürSpezialaufbauten (z.B. Ölverbrauch, Hydraulikanlage) können erfasst,weitergeleitet und überwacht werden. Die Auslastung und der Wartungszustandaller Flottenfahrzeuge können so weltweit überprüft werden.

4.4 ZusammenfassungEs gibt ein Fülle von Telematiksystemen im Verkehr. In dieser Arbeit wurden dreigroße Anwendungsgebiet unterschieden: Management des motorisiertenIndividualverkehrs, Management des öffentlichen Verkehrs und schwächererVerkehrsteilnehmerInnen und Flotten- und Frachtenmanagement.

Der motorisierte Individualverkehr wird telematisch durch kollektive undindividuelle Systeme gemanagt. Kollektive Verkehrsbeeinflussungssystemehaben nicht nur informativen, empfehlenden oder warnenden Charakter,sondern sind oft verbindlicher Natur. Systeme wieVerkehrsbeeinflussungsanlagen, Warnanlagen, etc. sollen primär denVerkehrsfluss erhalten und dadurch auch die Sicherheit gewährleisten. Individuelle Verkehrsbeeinflussungssysteme werden in Informations- undAssistenzsysteme eingeteilt. Sie sind nicht verbindlich. Die Nutzung beruht auffreiwilliger Inanspruchnahme. Diese Systeme sollen generell das Risiko vonUnfällen minimieren, den Fahrer bzw. die Fahrerin entlasten und ihm dabeihelfen das Fahrzeug optimal zu lenken. Informationssysteme greifen imGegensatz zu Assistenzsystemen kaum direkt in den Verkehrsablauf ein. Bei denInformationssystemen gibt es Navigationssysteme, Reise- undVerkehrsinformationsdienste und Komfort- und Infotainmentsysteme.Assistenzsysteme werden eingeteilt in lateral control, longitudinal control,Umkehr- und Einparkhilfe, Vision enhancement, Fahrerüberwachung und Pre-crash Systeme. Sowohl bei den Informationssystemen als auch bei denAssistenzsystemen werden ständig neue Produkte entwickelt.Auch zur Abwicklung von Gebühreneinhebung (Maut, Parkgebühren, etc.) gibt eseine Reihe von telematischen Systemen, die den Zahlungsvorgang schnell,reibungslos und so einfach wie möglich gestalten sollen.

Im öffentlichen Verkehr dienen telematische Einrichtungen primär zurAttraktivierung dieser Fortbewegungsmöglichkeit. Es gibt eine große Anzahl vonSystemen, die den Verkehrsablauf (Betriebsleitsysteme, Automatische

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Ampelsteuerungen, Störungsmanagement, etc.) beschleunigen und so einehöhere Intervalldichte, zuverlässigere Abfahrtszeiten, etc. ermöglichen. EtlicheDienste (z.B. elektronische Fahrplanauskunft, elektronisches Ticketing, etc.)bieten die Gelegenheit, auf einfache Art zu Informationen zu gelangen undFahrkarten einzukaufen (via Internet, via Mobiltelefon, etc.).

Telematik im Fußgänger und Radverkehr spielt derzeit noch eineuntergeordnetet Rolle. Aber auch hier gibt es bereits Systeme, die Sicherheit undKomfort der FußgängerInnen und RadfahrerInnen erhöhen können (z.B.Fußgängerdektoren, Tonsignalgeber oder Routenplaner).

Im Flotten- und Frachtenmanagement wird Telematik vorwiegend zurschnelleren, übersichtlicheren, kundenfreundlicheren Abwicklung derWarenzustellung verwendet (z.B. Tracing and Tracking). Hierbei soll vor allemdie Belastung von Bevölkerung und Umwelt durch den Transitverkehr reduziertwerden.

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5 Verkehrstelematik aus psychologischer undsozialwissenschaftlicher Sicht

Die hohen Erwartungen, die an den Einsatz von Telematik im Verkehr geknüpftsind (Erhöhung der Verkehrssicherheit, ökologische Entlastung oderEffizienzsteigerung des Verkehrssystems durch bessere Ausnutzung vorhandenerInfrastruktur), sind aus psychologischer und sozialwissenschaftlicher Sichtdifferenzierter zu betrachten.

Verkehr ist ein komplexes dynamisches System, das durch den Einsatz von Tele-matik unter Umständen noch komplexer und für den einzelnen Menschen immerweniger durchschaubar werden wird. Es ist ein sozio-technisches System, dasaus einer Summe von menschlichen Einzelentscheidungen und Einzelhandlungenunter gegebenen raum-zeitlichen Voraussetzungen entsteht.

Das sozio-technische Verkehrssystem besteht aus:

• einer Vielzahl von Individuen,die sich durch Einstellungen, Werte (z.B. wie geht man mitanderen VerkehrsteilnehmerInnen um, Rücksichtnahme),physische Merkmale (z.B. Alter, Geschlecht), ihre körperliche oderseelische Verfassung (Behinderungen, Gefühl der Trauer,Fröhlichkeit, etc.) und vieles mehr unterscheiden

• Begegnungen mit anderen VerkehrsteilnehmerInnen, mit denen man kommuniziert und interagiert, Konflikte austrägt,etc. (Verkehrsklima)

• vorhandenen Strukturen in der Gesellschaftaus Gesetzen, Regeln und Normen (z.B. wie wird Geschwindigkeitin der Gesellschaft bewertet; welchen Stellenwert habenunterschiedliche Fortbewegungsarten in der Gesellschaft, etc.)

• Infrastrukturfür die unterschiedlichen Verkehrsträger

• den unterschiedlichen VerkehrsmittelnFahrrad, Auto, Bus, Straßenbahn, U-Bahn, etc., und derenEigenschaften

All diese Faktoren stehen in Wechselbeziehung zueinander und beeinflussen dasVerhalten im Verkehr. Abbildung 3 veranschaulicht diese Wechselbeziehung.

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Abb. 3: Das Verkehrssystem

Quelle: Risser 2004

Der vermehrte Einsatz von telematischen Einrichtungen im Verkehr wird dasVerkehrssystem bzw. das Verhalten der einzelnen VerkehrsteilnehmerInnenwesentlich beeinflussen. In welche Richtung sich das menschliche Verhaltenverändern wird, ist jedoch nur bedingt vorhersehbar. Der Mensch agiert nicht wieein Roboter, der aufgrund eines Reizes xy (z.B. Warnung, dass man zu schnellfährt) nur die Handlung z (z.B. man muss langsamer fahren) setzt. Bei einemMenschen kann ein und derselbe Reiz in unterschiedlichen Situationen x-beliebige Reaktionen zur Folge haben (z.B. manchmal wird man die Warnungbeachten, dann hat man es wieder eilig und fährt trotzdem schneller, oder mankann keinen Grund für die Wahl einer niedrigen Geschwindigkeit ausmachen,etc.). Es ist jedoch schwer, dieses Phänomen empirisch ausreichend vor derImplementierung eines neuen Systems zu analysieren. Sogar nach derImplementierung dauert es oft Jahre, bis bestimmte Effekte eines neuenSystems spürbar sind.

5.1 Akzeptanz von SystemenVoraussetzung und Grundlage der Nutzung einer Innovation ist Akzeptanz.Akzeptanz kann im Hinblick auf telematische Einrichtungen definiert werden, alsein Maß, welches angibt, inwieweit potentielle NutzerInnen bereit sind, ein neuesSystem auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Die Akzeptanz eines Systemswird sehr stark davon abhängen, inwieweit dem Einzelnen ein Vorteil durch dieVerwendung eines Systems entsteht. Der Nutzen eines Systems wird durch denVerkehrsteilnehmer bzw. die Verkehrsteilnehmerin subjektiv bewertet. Dietechnischen Möglichkeiten dürfen daher nicht losgelöst von den relevantenzukünftigen Nutzergruppen gesehen werden, im Gegenteil: die „Nutzenidee“muss über der technologischen Innovationsidee stehen. Denn hohe Erwartungen,die an den Einsatz von Verkehrstelematik geknüpft werden, werden sich nur

Individuum

Kommunikation/ Interaktionen

Verkehrsmittel

Gesellschaft/Strukturen

Infrastruktur

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dann erfüllen, wenn eine Mindestanzahl von VerkehrsteilnehmerInnen einenNutzen in einem neuen System erkennen kann.

Bezogen auf das Individuum wird analytisch differenziert nach Einstellungs- bzw.Verhaltensakzeptanz. Unter Einstellungsakzeptanz versteht man die gefühls-mäßige und kognitive Annahme einer Innovation. Die Verhaltensakzeptanz zeigtsich in Form beobachtbaren Verhaltens, wie z.B. Kauf (Franken & Lenz 2004).

Degenhardt (1986) hat ein Akzeptanzmodell entwickelt, in dem er davon aus-geht, dass die wahrnehmbare bzw. wahrgenommene Nützlichkeit eines Systemsden Schlüssel zur Akzeptanz einer Innovation darstellt. Eine Innovation wird nurdann als nützlich wahrgenommen, wenn der potentielle Nutzer bzw. die Nutzerindie angebotenen Funktionen für die in seinem Lebenszusammenhangauftretenden Aufgabenstellungen lohnend einsetzen kann. („Lohnend“ kann auchbedeuten, dass etwas Spaß macht, wie z.B. Spiele; d.h., Telematik, die den Spaßam Autofahren erhöht, ist auch „lohnend“).

Abb. 4: Akzeptanzmodell nach Degenhardt

Quelle: Franken & Lenz 2004

Unter Systemkonfiguration werden technische und gestalterischeAnforderungen an eine Innovation verstanden: Welche Art von Gerät sollverwendet werden? Wie leicht ist es zu bedienen und zu erlernen? etc.

Die Aufgabencharakteristika beschreiben die Funktion von Systemen z.B. beiVerkehrsinformationsdiensten: wann sind für wen, wo und wie oft welcheInformationen wichtig.

Systemkonfiguration:AufgabenkompatibilitätBenutzerfreundlichkeit

Erlernbarkeit

Aufgabencharakteristika:WichtigkeitHäufigkeit

Erledigungsalternativen

Benutzermerkmale:Fähigkeiten, FertigkeitenMotivationale Variablen

Soziales Umfeld

Wahrgenommene Nützlichkeit des SystemsSubjektive Abschätzung von Kosten vs. Nutzen

Individuelle Akzeptanz der Innovation

Akzeptierbarkeit

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Unter Benutzermerkmale fallen soziodemographische und sozioökonomischeAspekte, grundsätzliche Technikaffinitäten des potentiellen Nutzers bzw.Nutzerin, prinzipielle Mobilität (Verkehrsmittelwahl, Fahrzeugverfügbarkeit, etc.),allgemeine Präferenzen des Nutzers bzw. der Nutzerin hinsichtlich seinerMobilität, seines Umganges mit Technologien, etc..

Über Systemkonfiguration, Aufgabencharakteristik und Benutzermerkmalekommt es zur wahrgenommen Nützlichkeit des Systems, zur subjektivenAbschätzung von Kosten20 und Nutzen.

Aus der Summe der Gründe für die Annahme bzw. Ablehnung eines Systemsergibt sich die Akzeptierbarkeit. Aus ihr resultiert die individuelle Akzeptanzder Innovation, die schließlich in die tatsächliche Nutzung münden kann,allerdings nicht zwangsläufig münden muss.

Dieses Akzeptanzmodell veranschaulicht sehr gut die Komplexität einesAkzeptanzprozesses. Gleichzeitig unterstreicht es, dass bei der Entwicklung einesneuen Systems nicht der objektive Nutzen ausschlaggebend ist, sondern dass diesubjektive Sichtweise des potentielle Nutzers von Relevanz für die Akzeptanz ist.Für eine umfassende Akzeptanzforschung ist daher eine Kombination qualitativerund quantitativer Methoden unumgänglich.21

5.2 Der motorisierte Individualverkehr - VerhaltensanpassungDer Straßenverkehr hat in den Industriegesellschaften derzeit die größte sozialeund ökonomische Bedeutung. Er läuft gleichzeitig am wenigsten harmonisch undgeordnet ab und birgt daher große Optimierungspotentiale. Die einzelnenAkteure und Akteurinnen, die aktiv als individuelle Entscheidungsträger amVerkehrsgeschehen mitwirken, sind nicht an einen gemeinsamen Zeitplangebunden, das dichte Netz von Fahrwegen lässt nahezu jede beliebigeRoutenwahl zu. Es eröffnet sich daher ein breites Anwendungsfeld fürVerkehrstelematik, und die Erwartungen an die neuen Technologien sindentsprechend hoch. Aber gerade im Straßenverkehr muss man sich auch derRisiken, die sich durch einen vermehrten Einsatz von Telematik ergeben, bewusstwerden.

5.2.1.1 Unerwünschte Nebeneffekte von Telematik im Verkehr –Verhaltensanpassung

Wie bereits erwähnt, verhält sich das menschliche Wesen nicht wie ein Roboter,dem man Handlungsanweisungen eingeben kann, mit dem Wissen, dass siegenauso ausgeführt werden. Vielmehr zeigt es sich gerade im Straßenverkehr,dass z.B. Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit nicht immer zum tatsächlicherwarteten Sicherheitsgewinn führen. Dies lässt sich sozialwissenschaftlich durchdas Phänomen der Verhaltensanpassung erklären (siehe z.B. Risser & Chaloupka1993).

Unter Verhaltensanpassung versteht man in der Verkehrssicherheitsforschungunerwartete, nicht beabsichtige Verhaltensveränderungen, die in der Folge derÄnderung des Verkehrssystems entstehen. Die Verhaltensänderungen könnenentweder sofort einsetzen, oder aber erst nach einer längeren Zeit (OECD 1990).

20 Bei der Einschätzung der Kosten ist nicht nur der monetäre Aspekt zu beachten, sondern z.B. auch Zeit- undKomfortgewinne bzw. –verluste.21 Siehe auch Kapitel 5.4

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Die Verhaltensanpassung kann sich auf unterschiedliche Aspekte des Fahrens be-ziehen, z.B. bei einer Änderung der Geschwindigkeit, im Abstandhalten, imAufmerksamkeitslevel eines Fahrers bzw. einer Fahrerin, etc.. Sie kann sowohlnegativer, als auch neutraler oder positiver Natur sein. Folgende Phänomenfallen unter Verhaltensanpassung:

• RisikokompensationEine Maßnahme, die eine Erhöhung des eigenen Sicherheitsgefühls bewirkt, ziehtoft ein weniger vorsichtiges Verhalten nach sich. D.h., mögliche objektive Sicher-heitsgewinne werden teilweise oder zur Gänze kompensiert oder sogar überkom-pensiert. Menschen tendieren nämlich dazu, sich weniger um- bzw. vorsichtig zuverhalten, je höher die physische und soziale Sicherheit in der Umgebungempfunden wird. Vor allem eine dauernde kognitive Präsenz einersicherheitsfördernden Maßnahme bewirkt ein höheres subjektivesSicherheitsgefühl (psychische Repräsentanz): Eine Verhaltensadaptation tritt amhäufigsten dann auf, wenn sich der/die Lenker/in einer für die verbesserteSicherheit gedachten Ausrüstung immer bewußt ist (Wilde 1989).

• Delegierung der VerantwortungTechnische Einrichtungen, die das Gefühl vermitteln, dass eine „übergeordneteInstanz“ schwierige Situationen zu meistern scheint, führen oft dazu, dass manweniger Verantwortungsgefühl für die eigenen Handlungen und das Geschehenum sich herum empfindet. Je mehr man sich daran gewöhnt, dass dieVerantwortung für die Sicherheit nicht bei einem selbst liegt, desto schwierigerwird es, bei Systemversagen selbst noch richtig zu reagieren. Eine Vielzahl vonVerkehrsteilnehmerInnen versteht sich selbst nicht als einen wichtigen Teil desSystems Straßenverkehr und ist sich nicht bewusst, dass sie einen wichtigenEinfluss auf das Geschehen im Straßenverkehr haben. Das ist schon seit langembekannt (siehe z.B. Biehl et al. 1970, Getas 1974). Diese Tendenz wird durchtelematische Einrichtungen eher gefördert.

• ImitationDie stärkste Kraft bei unserer Sozialisierung ist die Imitation, das Lernen amModell der anderen Menschen. Die Gefahr besteht darin, dass neue Verhaltens-weisen imitiert werden, ohne noch ausreichend beherrscht zu werden, bzw. dassLenkerInnen ohne Ausrüstung LenkerInnen von ausgerüsteten Fahrzeugenimitieren (z.B. Fahren mit höheren Geschwindigkeiten, obwohl man über keinISA-System verfügt).

• Mehrdeutigkeit von SignalenSignale im Straßenverkehr sind oft nicht eindeutig. Neue Technologien tragen zurVermehrung der Komplexität der Verkehrswelt bei. Je komplexer ein System ist,desto größer ist die Gefahr von Missverständnissen und entsprechenden Folgenfür das Verhalten.

• Verhaltenstransfer/VerhaltensgeneralisierungMenschen neigen dazu, erprobte Verhaltensweisen auf andere Lebensbereiche zuübertragen (z.B. Geschwindigkeiten, an die man sich auf der Autobahn gewöhnthat, nimmt man in das untergeordnete Straßennetz mit, ohne sich einer Gefahrbewusst zu sein, siehe z.B. Chaloupka et al. 1991). Viele verkehrstelematischeEinrichtungen dienen aber der Beschleunigung des Verkehrs. Theoretisch könnteeine Dynamisierung des gesamten Systems dadurch gefördert werden.

• KommunikationViele Entwicklungen im Straßenverkehr führen dazu, dass die interpersonelleKommunikation reduziert wird. Accessoires, die den Autoinsassen von der Au-

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ßenwelt unabhängiger machen (Routenplaner, Internetzugang im Auto, TMC,etc.), reduzieren potentiell die Möglichkeit der sozialen Kommunikation. Ohneinterpersonelle Kommunikation kann ein individuelles Verkehrssystem(=Individualverkehr) aber nicht funktionieren.

Die folgende Abbildung 5 gibt einen Überblick über unbeabsichtigte Nebeneffekteverkehrstelematischer Systeme.

Abb. 5: Unbeabsichtigte Nebeneffekte verkehrstelematischer Systeme

System

ErhöhteRisikobereitschaft

GeringereSensibilität für

Gefahren

Kontrollverlust

Fehleinschätzungdes Systems

Verlernen bestimmterFähigkeiten

Imitation

VeränderteKommunikation

FehlerhafteGeneralisierung

Mehr Sicherheitfür alle

Verhalten funktioniert nurmit dem System →Gefahrensituation

System wird nichtbenützt oderabgeschaltet

Delegierung derVerantwortung

negativ

positiv

Erhöhtes(subjektives)

Sicherheitsgefühl

Unaufmerksamkeit

Nicht-Akzeptanz

Akzeptanz

Ausschluss bestimmterPersonengruppen vonder Verwendung des

Systems

Fehlerhafte Anwendung durchfehlende, mangelhafte oder nichtzielgruppengerechte Symbolik, vorund bei der Nutzung des Systems

Ausfall des Systems

Fehlfunktion des Systems(z.B. falsche

Informationen)

Quelle: Altengruber et al. 2004

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Im Zusammenhang mit den Auswirkungen von neuen Technologien auf dasVerkehrsverhalten ist es noch wichtig, sich bewusst zu machen, wie das Ver-halten im Verkehr entsteht und geformt wird. Hierbei gibt es dreiLernmechanismen, die man berücksichtigen sollte (Risser et al. 2005):

Konsequenzen eines Verhaltens

Die Wahl eines bestimmten Verhaltens in bestimmten Situationen hängt zumgrößten Teil von den erwarteten Konsequenzen ab. Wenn ein bestimmtesVerhalten positive Konsequenz gebracht hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß,dass man dieses Verhalten wiederholt. Im Verkehr hat gesetzwidriges odergefährliches Verhalten (z.B. Falschparken, das Fahren mit hoherGeschwindigkeit) oft keine negative Konsequenzen. Im Gegenteil, oft hat essogar eher positive Konsequenzen. Man wird z.B. als cool angesehen, weil manschnell fährt; das Fahren mit hoher Geschwindigkeit gilt nach wie vor alsKavaliersdelikt. Solange hohe Geschwindigkeiten positiv besetzt sind, wird manweiter schnell fahren.

Soziales Feedback

Die wichtigste Form der Verhaltenskonsequenz ist das soziale Feedback. Im Stra-ßenverkehr ist ein soziales Feedback jedoch nur sehr eingeschränkt möglich. Dieverbale Kommunikation ist auf ein Minimum beschränkt. Für gewöhnlich greiftman auf die Zeichensprache zurück. Aber auch dann hat man sich nicht wirklichvor sozialem Feedback zu fürchten, da Begegnungen mit anderen Verkehrsteil-nehmerInnen sehr kurz sind. D.h., es wird beim Autofahren oft ignoriert, wasandere denken und „sagen“. Viele AutofahrerInnen „vergessen“ daher beimAutofahren, die Anderen "sozial wahrzunehmen", bzw. Rücksicht zu nehmen aufdie Bedürfnisse und Interessen anderer VerkehrsteilnehmerInnen.

Generalisierung eines Verhaltens

Im Laufe des Lernprozesses lernt man, sich in unterschiedlichen Situationenunterschiedlich zu verhalten. Gleichzeitig werden ähnliche Situationen zuSituationstypen zusammengefasst, die gleiche Reaktionen erlauben =Generalisierung. Die Generalisierung eines Verhaltens kann jedoch Problemeverursachen, z.B. wenn eine Fahrer/in es sich allgemein zum Prinzip macht, dassSchnellfahren keine Probleme verursacht. Verhaltenskonsequenzen bzw. sozialesFeedback, welche dem/der Fahrer/in helfen würde, besser zu differenzieren,fehlen im Verkehr meist.

Es ist daher wichtig, bei der Einführung neuer Technologien herauszufinden, inwelcher Weise das System das Lernen, das soziale Feedback und die Verhaltens-generalisierung beeinflusst. Damit kann man etwaigen negativen Folgen mitentsprechenden Maßnahmen vorbeugen.

5.2.1.2 Die Mensch-Maschinen-Schnittstelle22

Der Mensch-Maschine-Schnittstelle, oder auch Mensch-Maschine-Interaktion, istbei der Entwicklung neuer Technologien besondere Aufmerksamkeit zu widmen.Gerade in diesem Bereich ist es erforderlich, nicht nur TechnikerInnen, sondernExpertInnen anderer Disziplinen (PsychologInnen, SoziologInnen, etc.)einzubeziehen. In der Literatur gibt es unterschiedliche Meinungen über dieDefinition der Mensch-Maschine-Schnittstelle. Einige verstehen darunter lediglich

22 Im Englischen Human Machine Interface (HMI)

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die Berührungsfläche, die einen Informationsaustausch zwischen dem Menschenund der Maschine ermöglicht.

In sozialwissenschaftlicher Hinsicht wird die Mensch-Maschine-Schnittstelle bzw.Interaktion weiter gesehen. Sie beinhaltet einerseits die Elemente, die fürInformationsaustausch bzw. Informationsabruf notwendig sind (Bildschirme,akustische Signale23) und andererseits den "Interventionsgrad", also die Art, inwelcher das System in das Fahrverhalten eingreift.24

In Bezug auf die Sicherheit müssen bei der Mensch-Maschine-Schnittstellefolgende Fragen abgeklärt werden (siehe www.doku.net/artikeleugrundsat.htm):

• Wie müssen Informations- und Assistenzsysteme gestaltet undangeordnet werden, damit die Nutzung mit der Lenkung desFahrzeugs auch vereinbar ist?

• Wie müssen Informationen dargestellt werden und abrufbar sein,damit der/die Fahrer/in in seiner Aufmerksamkeit gegenüber demVerkehrsgeschehen auf der Strasse nicht abgelenkt wird, vor allemauch die Interaktion und Kommunikation mit anderenVerkehrsteilnehmerInnen nicht beeinträchtigt wird?

• Wie kann die Interaktion mit dem System so gestaltet werden, dassder/die Fahrer/in unter allen Umständen die Kontrolle über dasFahrzeug behält, sich nicht gestresst fühlt, dem System nicht blindvertraut, um auch auf unerwartete Ereignisse jederzeit sicherreagieren zu können?

5.2.2 Individuelle Verkehrsbeeinflussung – Informations- und Assistenz-systeme

Schon allein die Fülle der am Markt befindlichen Systeme zur individuellenVerkehrsbeeinflussung unterstreicht die vielen Möglichkeiten - Chancen aberauch Risiken -, die sich durch die Einführung neuer Systeme ergeben. Die neuenTechnologien beziehen die Umwelt (Fahrzeug, Verkehrsinfrastruktur, andereStraßenbenutzerInnen) viel stärker in die Interaktion des Fahrers bzw. derFahrerin ein, indem Informationen über die Umwelt vermittelt werden.Telematische Einrichtungen im Auto verändern definitiv die gewohntenFahrbedingungen und auch das Fahrverhalten und zwar bezogen auf diefolgenden Punkte (siehe dazu z.B. OECD 1990, Evans 1985):

• die Aufmerksamkeit des Lenkers bzw. der Lenkerin: dieAufmerksamkeit wird aufgeteilt auf das neue System und auf dastatsächliche Blickfeld des Fahrers bzw. der Fahrerin; Änderungen vonFahrstrategien, Delegieren von Verantwortung an das System, etc.können die Folge sein

• die Interaktion des Lenkers bzw. der Lenkerin mit den anderenVerkehrsteilnehmerInnen: Welche Auswirkung hat ein geändertesVerhalten auf die anderen VerkehrsteilnehmerInnen, wie wird dasVerhalten des „assistierenden“ Lenkers bzw. der „assisitierenden“LenkerIn von den anderen VerkehrsteilnehmerInnen interpretiert;Gefahr der Imitation

23 In Zukunft werden auch der Tast- und Geruchssinn berücksichtigt werden.24 Siehe Kapitel 4.1.2

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• die allgemeinen Verkehrsbedingungen: Veränderungen in derGeschwindigkeit, Stabilität des Verkehrsflusses, etc.

Es ist wichtig, die Art der Veränderung, bzw. die Richtung in die sie gehen kann,zu bestimmen, da dies einen entscheidenden Einfluss auf dieVerkehrscharakteristiken haben wird. Vor allem die Auswirkungen auf dieVerkehrssicherheit sind gründlich zu untersuchen, bevor ein System generellzugelassen wird. 25

Hinsichtlich der Verkehrssicherheit sind drei Bereiche von Relevanz. Innerhalbdieser Bereiche gibt es eine Fülle von Aspekten, die berücksichtigt werdenmüssen:

• SystemsicherheitIn diesem Bereich sind vor allem TechnikerInnen gefragt einsinnvolles, sicheres, zuverlässliches, gut funktionierendes nichtfehleranfälliges System zu kreieren.

• Sicherheit der Mensch-Maschine-SchnittstelleIn diesem Bereich müssen Fragen der Ergonomie, der Leichtigkeit derBedienung, etc. abgeklärt werden26, die sicherheitsrelevant seinkönnen. Hier sind ExpertInnen verschiedener Disziplinen in dieEntwicklung zu involvieren (TechnikerInnen, PsychologInnen,SoziologInnen, etc.).

• Verkehrssicherheit in der Praxis (wenn die neue Technologie von„normalen“ AutofahrerInnen in der Praxis, d.h. im sozio-technischenVerkehrssystem, verwendet wird)Hier geht es um die Klärung vieler grundsätzlicher psychologischerund sozialwissenschaftlicher Fragen:

� Fragen der Wahrnehmung, Auswirkungen auf dieAufmerksamkeit und Konzentration bzw. Ablenkung vonder physischen und sozialen Umwelt (z.B. In welcherWeise wird die Kommunikation zwischen denVerkehrsteilnehmerInnen beeinflusst)

� Fragen der Relevanz von Informationen: Was machenNutzerInnen mit den Informationen? Werden sieberücksichtigt und wenn ja, wie? Wie kann der richtigeGrad an Verständlichkeit, Aufnahmefähigkeit undWichtigkeit gefunden werden?

� Fragen der Anpassung an die Bedürfnisseunterschiedlicher Zielgruppen:. Ist man sich derBedürfnissen unterschiedlicher Zielgruppen bewusst? z.B.junge Leute, erfahrene/unerfahrene LenkerInnen, ältereMenschen

� Fragen hinsichtlich der Auswirkungen auf andereVerkehrsteilnehmerInnen. Hat eine bestimmte Ausrüstungeinen Einfluss z.B. auf FußgängerInnen? Werdenschwächere VerkehrsteilnehmerInnen adäquat bei derEntwicklung von telematischen Systemen berücksichtigt?

25 Siehe Kapitel 5.426 Siehe auch Kapitel 5.2.1.2

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47

5.2.2.1 Verhaltensanpassung am Beispiel der Nutzung von Navigationssystemenund Mobiltelefonen

Die Intervention bei Informationssystemen beschränkt sich auf Information,Empfehlung und Warnung, d.h. in der Regel greift das System nicht selbst in dieFahrweise des Lenkers bzw. der Lenkerin ein. Akzeptanzprobleme wird es dahernur eingeschränkt geben.

Ein grundsätzliches Problem bei Informationssystemen stellt die negative Auswir-kung auf das Situationsbewusstsein dar. Endsley (1988) definiert Situations-bewusstsein als „ the perception of the elements in the environment within a vo-lume of time and space, the comprehension of their meaning and the projectionof their meaning and their status in the near future“27

Endsley unterscheidet drei Stufen des Situationsbewusstseins:

• Stufe 1: Wir schauen und nehmen grundlegende Information auf

• Stufe 2: Wir denken über die aufgenommenen Informationen nachund verstehen den Inhalt der Information

• Stufe 3: Wir nutzen den Inhalt der Information, um vorausschauendeHandlungen setzen zu können.

Ein geringeres Situationsbewusstsein vermindert die Wahrscheinlichkeit, dassrechtzeitig auf kritische Situationen eingegangen werden kann.

Durch Informationssysteme wird der/die Fahrer/in nun in unterschiedlicher Weisevom eigentlichen Verkehrsgeschehen abgelenkt und in seinemSituationsbewusstsein beeinträchtigt.

Die Ablenkung des Fahrers bzw. der Fahrerin kann entweder physisch, kognitivoder visuell erfolgen. Die physische Ablenkung erfolgt, indem z.B. eine Handvom Lenkrad genommen wird, um eine genauere Information über eine Routeabzurufen. Die kognitive Ablenkung erfolgt durch geistige Anstrengung, z.B.indem man sich auf den Inhalt einer Information, Warnung oder Empfehlungkonzentriert, und damit Aufmerksamkeit von der Verkehrsteilnahme abzieht.Visuell wird man abgelenkt, indem man z.B. das Display im Auge hat, um eineNachricht abzulesen. Sowohl physische als auch visuelle Aktivität können einekognitive Ablenkung zur Folge haben.

Navigationssysteme28

Bei einer Studie über Navigationssysteme (Tejerina et al. 1998), in welcher dieAuswirkungen auf das Fahrverhalten bei unterschiedlichen Zielgruppen (Älterevs. Jüngere) untersucht wurden, zeigte sich, dass ältere Personen öfter auf dasNavigationsdisplay schauen müssen, um Informationen aufzunehmen, alsjüngere. Generell werden ältere Personen viel mehr vom eigentlichenStraßengeschehen abgelenkt als jüngere. Zusätzlich wurden bei der Benutzungvon Navigationssystemen negative Effektive auf das Spurhalten bemerkt.Generell wurde die Audioinformation vor der visuellen bzw. manuellenInformation bevorzugt. In anderen Studie wurden keine Effekte auf dasFahrverhalten bemerkt (z.B. Harms et al. 2003).

27 Freie Übersetzung: die Wahrnehmung von Objekten und Geschehnissen in einem räumlich abgegrenztenBereich innerhalb einer gewissen Zeitspanne und das Erfassen der Bedeutung des Wahrgenommen für dieunmittelbare Zukunft.28 Siehe Seite 17 Navigationssysteme

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48

Mobiltelefone29

Mobiltelefone bzw. Handys sind für viele Leute als Informationsquelle nicht mehrwegzudenken. Autofahren und das gleichzeitige Telephonieren mit einemMobiltelefon erhöht jedoch das Unfallrisiko signifikant, da es den/die Fahrer/inablenkt, die Kontrolle über das Fahrzeug beeinträchtigt und das Bewusstseindarüber verringert, was tatsächlich auf der Straße passiert.

In einigen Studien wurde nachgewiesen, dass durch manuelles Wählen die Kont-rolle des Fahrers bzw. der Fahrerin über sein Fahrzeug beeinträchtigt wird, vorallem was das Spurhalten und das Einhalten der Geschwindigkeitslimits betrifft.Es verringert die Aufmerksamkeit des Fahrers bzw. der Fahrerin, was sich u.a.durch eine längere Reaktionszeit und durch eine geringere Verwendung derSpiegel äußert (Department of California Highway Patrol 1987).

Durch Freisprechanlagen wird physische Ablenkung zwar reduziert, Ablenkunggenerell wird dadurch aber nicht ausgeschalten. Das Faktum, dass auchFreisprechanlagen Effekte auf die Aufmerksamkeitsfähigkeit des Fahrers bzw. derFahrerin haben, macht sich etwa durch höhere Bremsreaktionszeiten bemerkbar.Durch die immer noch vorhandene kognitive Ablenkung haben sogar kurzeGespräche bei schwachem Verkehr einen wahrnehmbaren negativenSicherheitseffekt.

Das Benutzen von Handys oder Freisprechanlagen hat dabei kaum eineAuswirkung auf einfache automatische Fahrtätigkeiten, aber es beeinträchtigt dieFahrtüchtigkeit des Lenkers bzw. der Lenkerin hinsichtlich dem Reagieren aufandere Fahrzeuge (Brookhuis et al. 1991), und beeinträchtigt somit dieKommunikation. Es verzögert unter anderem die Reaktionsgeschwindigkeit, beider Anpassung des Fahrtempos an das vorausfahrende Fahrzeug. Auch werdendie Bremslichter des Vordermannes bzw. der Vorderfrau erst späterwahrgenommen. Beim Wählen einer Nummer werden die Lenkradbewegungenunregelmäßig. Außerdem wird das Situationsbewusstsein negativ beeinflusst.Durch das Verwenden eines Mobiltelefons wird die mentale Belastung desFahrers bzw. der Fahrerin eindeutig vergrößert (Alm & Nilsson 1994).

Studien zeigen aber auch, dass die meisten AutofahrerInnen davon ausgehen,dass das Telephonieren während des Autofahrens keinen Effekt auf das eigeneFahrverhalten habe (Boase et al. 1988). Es verzögert unter anderem dieReaktionsgeschwindigkeit, bei der Anpassung des Fahrtempos an dasvorausfahrende Fahrzeug.

Telephonieren beim Autofahren hat nicht nur eine physische und geistigeAblenkung zur Folge, es führt auch zu aggressiver Fahrweise, das sich in dichtemAuffahren, gefährlichen Überholmanövern und Spurenwechseln, dieFußgängerInnen gefährdenden Abbiegemanövern an Kreuzungen und ähnlichemäußert.

Weiters führt es zu einer geistigen Überlastung und zu einem höheren Risiko, ineinen Unfall verwickelt zu werden, da die allgemeine Wahrnehmung des übrigenVerkehrs und somit auch die Reaktionszeit beeinträchtigt sind.

29 Siehe Seite 19 Komfort- und Infotainmentdienste

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49

5.2.2.2 Assistenzsysteme: Akzeptanz und Verhaltensanpassung am Beispiel derzwei Assistenzsysteme ISA und ACC

Gerade bei der Einführung von Assistenzsystemen muss man sich bewusst sein,dass durch Ausrüstungen dieses Typs im Fahrzeug eher nur Symptome, aberkeine Ursachen berührt werden. AutofahrerInnen, die mit ISA oder ACCausgerüsteten Fahrzeugen unterwegs sind, reduzieren vielleicht ihreGeschwindigkeit aufgrund der Rückmeldung oder des Eingriffs des Systems. Obsich ihre generelle Einstellung zu hohen Geschwindigkeiten ändern wird, istfraglich, solange Geschwindigkeit in unserer Gesellschaft so positiv besetzt ist.Wir leben in einer schnellen Gesellschaft und das spiegelt sich auch imStraßenverkehr wider. Ohne intensive bewusstseinsbildende Maßnahmen undpolitische Akzente, wird daher keine Veränderung im Kopf der Menschenstattfinden. Das Ziel, zügig eine verbesserte Verkehrssicherheit zu erreichen,wird damit verzögert. Diskussionen in Österreich, die zum Ausdruck bringen,dass 160km/h auf Autobahnen "durchaus Sinn machen“ könnten, wirken genauin die verkehrte Richtung.

Inwieweit Assistenzsysteme von AutofahrerInnen akzeptiert und angenommenwerden, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Die allgemeinenVerkehrsbedingungen, die Charakteristiken der Verkehrsinfrastruktur, inwieweitdie AutofahrerInnen formale Regeln in ihr Fahrverhalten integriert haben(Internalisierung), welchen Fahrstil30 man wählt, etc. spielen eine wesentlicheRolle, ob man sich für ein Assistenzsystem entscheidet oder nicht.

Die Auswirkungen von Assistenzsystemen auf die Verkehrssicherheit und dasFahrverhalten sind in vieler Hinsicht noch ungewiss (Nilsson et al. 2002). Abereinige kritische Elemente sind bereits identifiziert worden.

Punkto Fahrstil wurde festgestellt, dass AutofahrerInnen, die zu hoherGeschwindigkeit neigen, Assistenzsystemen gegenüber eher wenigerabgewinnen, als AutofahrerInnen, die zu eher niedrigeren Geschwindigkeitenneigen. Zusätzlich zeigen sich Unterschiede in der Art der Verwendung (z.B.Hoedemaeker 1996, Fancher et al. 1998).

Persönliche Charakterzüge, wie der Hang zu hohen Geschwindigkeiten, stehen indirektem Zusammenhang mit Verhaltensanpassungen, entweder in der allge-meinen Tendenz zur Risikokompensation, oder indem man sich zu sehr auf dieTechnik verlässt (= Delegieren von Verantwortung).

Generell ist zu erwähnen, dass es hinsichtlich der Auswirkungen von Assistenz-system auf das Fahr- und Interaktionsverhalten des Nutzers in den wenigstenFällen Langzeitstudien gibt. Viele Aspekte der Verhaltensanpassung kommenaber nicht unmittelbar nach Einführung neuer Maßnahmen, sondern erst nacheiner gewissen Zeit zur Geltung, wenn man mit dem System bereits vertrautgeworden ist.

Zusätzlich führen unterschiedliche Studien zu verschiedenen Ergebnissen. Diesliegt sicherlich nicht zuletzt an den gewählten Methoden und wie diese eingesetztwerden: Ob Verhalten am Simulator oder im Feld beobachtet wurde; wie langedie Fahrer einer Untersuchung unterzogen wurden; in welchen Situationen dieVerhaltensänderungen bemerkt wurden, etc..

30 Fahrstil = die Art und Weise, wie man fährt, Geschwindigkeitswahl, Einhalten von Sicherheitsabständen,Aufmerksamkeitslevel beim Autofahren

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50

ISA – Intelligent Speed Adaptation31

Viele Studien, die hinsichtlich ISA durchgeführt worden sind, waren sehr kurz an-gesetzt, d.h. Langzeiteffekte und Verhaltensänderungen sind meist noch nichtaufgetreten. In den meisten Studien waren die Versuchspersonen 6-11 Monatenmit einem ISA-ausgerüsteten Fahrzeug unterwegs. Die Konzentration bei denUntersuchungen lag auf den Auswirkungen von ISA auf die Geschwindigkeit.

Almqvist & Nygard (1997) stellten eine verbesserte Interaktion zwischenschwächerenn VerkehrsteilnehmerInnen und AutofahrerInnen fest, z.B.häufigeres Anhalten vor Zebrasteifen. Hjälmdahl & Varhelyi (2004) konntennachweisen, dass bei längerer Verwendung des Systems sich dasVorrangverhalten des Lenkers änderte. Aber es gibt dazu auch gegensätzlicheErkenntnisse. Persson (1993) erwähnt, dass die Geschwindigkeiten vorKreuzungen mit ISA höher sind, während Varhelyi und Mäkinen (2001) fanden,dass man sich Kreuzungen eher vorsichtiger nähert.

In einigen Studien wurden Zeichen von „Delegierung von Verantwortung“ wahr-genommen (Varhelyi 2004). So vergaßen z.B. LenkerInnen an Orten, wo dasSystem nicht funktionierte, ihre Geschwindigkeit bei Änderung desGeschwindigkeitslimits zu ändern. Comte & Jamson (1998) stellten fest, dassISA-LenkerInnen in kritischen Situationen, z.B. bei Regen, Nebel oder glattenStraßen – wo man langsamer fahren müsste als es das Limit erlaubt -, schnellerfuhren als ohne System.

Die positiven Ergebnisse sind auf jeden Fall, dass insgesamt eher langsamergefahren wird, mehr Zeit für Interaktionen mit anderen VerkehrsteilnehmerInnenbleibt, die Aufmerksamkeit bezüglich Vorkommnissen am Straßenrand undRücksichtnahme gegenüber FußgängerInnen und RadfahrerInnen steigt und dieLenkerInnen entspannter und ruhiger unterwegs sind (Kaufmann & Risser 2003).

Generell kann festgehalten werden, dass noch mehr Forschung notwendig ist, umtatsächlich Verhaltensänderungen, vor allem langfristig, zu prognostizieren.

Hinsichtlich der Akzeptanz wurde in etlichen Studien belegt, dass die Mehrheitder befragten VerkehrsteilnehmerInnen Maßnahmen zurGeschwindigkeitskontrolle von Fahrzeugen als nötig erachten (Risser & Lehner1998). In diesem Zusammenhang werden Maßnahmen wie ISA als adäquat undweitere Forschung im Bereich von ISA als wichtig empfunden. Wobei sich auchhier zeigte, dass jene Befragten, die bereits vor der Testung eine negativeEinstellung zum System hatten, sich negativ zum aktiven Gaspedal äußerten,welches aktiv die Geschwindigkeit begrenzt: Es führe zu weniger Fahrvergnügenund mehr Stress, man sei ein „Hindernis“ für andere. Solche Personen sindgegen die generelle Einführung von ISA, jedenfalls des eingreifenden Systems,selbst in Stadtgebieten (Kaufmann & Risser 2003).

ACC – Adaptive Cruise Control32

Auch hier gibt es kaum Langzeitstudien. Verhaltensänderungen konnten festge-stellt werden hinsichtlich der Geschwindigkeit, des Spurhaltens , des Einhaltensvon Sicherheitsabständen und der Häufigkeit von Spurwechseln. Die Studienwurden hauptsächlich auf Autobahnen durchgeführt. Sie sind oft widersprüchlich.

Hinsichtlich der Geschwindigkeit wurde in einigen Studien festgestellt, das siesich erhöhte (Ward et al. 1995, Hoedemaker & Brookhuis 1998). In anderen 31 Siehe Seite 20/21 für die Beschreibung des Systems32 Siehe Seite 21 für die Beschreibung des Systems

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51

Studien zeigte sich, dass die Geschwindigkeit gleich blieb (Stanton 1997) odersich verringerte (Hoedemaeker & Kopf 2001).

Auch beim Spurhalten gibt es unterschiedliche Ergebnisse. In einigen Studiengeht man davon aus, dass FahrerInnen mit dem System besser Spur haltenkönnen(Ward et al. 1995, Hoedemaeker and Brookhuis 1998). Andere Studienkamen zu dem Ergebnis, dass die Ausrüstung keinen Effekt auf das Spurhaltenhat (Törrnos et al. 2002, Stanton 1997).

In anderen Studien zeigte sich, dass ACC-FahrerInnen länger im linkenFahrstreifen unterwegs waren und seltener einen Spurwechsel vornahmen (z.B.Nilsson 1995, Saad & Villame 1996).

Nilsson & Nabo (1996) fanden heraus, dass bei ACC-Nutzung die Reaktionszeitlänger war. Nilsson (1995) beobachtete, dass einige ACC-BenutzerInnen beieiner Autoschlange zu spät reagierten und es zu einer Kollision kam und zwarprimär deswegen, weil sie davon ausgingen, dass das ACC-System mit derSituation fertigt wird (=Delegation von Verantwortung).

Risser & Petica (1998) kamen aufgrund von Checklistfragen zur Hypothese, dasssich das vorausschauende Verhalten hinsichtlich dem Erscheinen vonschwächeren VerkehrsteilnehmerInnen verschlechtern könnte. Auch wurdenÄnderungen im Kommunikationsverhalten mit anderen VerkehrsteilnehmerInnenangenommen. Generell würde eventuell eher weniger kommuniziert werden vorallem mit schwächeren VerkehrsteilnehmerInnen.

An sich werden ACC-Systeme relativ gut akzeptiert, wobei das auch vomFahrertyp abhängt. Sie sind relativ leicht zu bedienen und viele FahrerInnenvertrauen auf das System (Nilsson 1995). Jene AutofahrerInnen jedoch, die dieSinnhaftigkeit des Systems anzweifeln, neigen wahrscheinlich weniger zurDelegierung der Verantwortung (Risser & Petica 1998).

Fahren mit ACC führt aber generell zu einer verspäteten Vermeidungsreaktion,zu stärkeren Bremsungen, verringert die Aufmerksamkeit des Fahrers bzw. derFahrerin auf die eigentlichen Fahraufgaben und kann zu überhöhtem Vertrauenauf das System führen. Eine Studie, die diese Effekte zusammenfassend auf derBasis von Beobachtungsfahrten im Feld erhoben hat ist die von Chaloupka et al.(1998).

5.2.3 Kollektive Verkehrsbeeinflussung und Gebühreneinhebung

5.2.3.1 Allgemeines

Kollektive Verkehrsbeeinflussungen unterscheiden sich wesentlich von individuel-len Verkehrsbeieinflussungsmethoden. Während kollektive Verkehrsbeeinflus-sungsmaßnahmen, die den fließenden Verkehr betreffen, meist verbindlich sindund dem einzelnen Fahrer bzw. der einzelnen Fahrerin auch Sanktionen beiMissachtung drohen können, wird bei neuen technischen Ausrüstungen im Autodem/der Autofahrer/in meist die Wahlfreiheit der Nutzung überlassen.Telematische Einrichtungen zur Regelung des ruhenden Verkehrs haben meistauch nur empfehlenden Charakter (z.B. Parkleitsysteme).

Verhaltensadaptation in eine unerwünschte Richtung ist bei kollektiverVerkehrsbeeinflussung dort nur bedingt zu erwarten, wo die Systeme mit Über-wachung gekoppelt sind. Es kann aber auch hier zur Risikokompensationkommen, z.B. in den Bereichen, die nicht durch eine Verkehrsbeeinflussungs-anlage geregelt sind (man fährt dort u.U. schneller). Auch Delegation der

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Verantwortung kann vorkommen, z.B. wenn man sich auf Nebelwarnung verlässtund nicht selber abschätzt, wann eine niedrigere Geschwindigkeit erforderlich ist.Auch Verhaltensgeneralisierung, Änderungen im Kommunikations- undInteraktionsverhalten etc. kommen vor. D.h., mögliche unerwünschteAuswirkungen von telematischen Anwendungen auf die Verkehrssicherheit allerVerkehrsteilnehmerInnen sind auch hier möglich. Will man vermeiden, dass diegewünschten positiven Effekte durch negative Nebeneffekte "aufgegessen"werden, so sollte man letztere vor der Implementierung ausgiebig erforschen.

Zusätzlich ist der Frage der Akzeptanz bei kollektiven Maßnahmen großeAufmerksamkeit zu widmen. Geschwindigkeitsvorgaben, Empfehlungen zurRoutenwahl, Eindämmung des Parksuchverkehrs durch Leitsystem, werden nurdann einen Sinn machen, wenn sie von einem Großteil derVerkehrsteilnehmerInnen auch in Anspruch genommen und akzeptiert werden.

Durch Geschwindigkeitsvorgaben und gleichzeitige automatische Verkehrs-kontrollen erhöht man die Wahrscheinlichkeit, dass Geschwindigkeitlimits aucheingehalten werden, da mit Nichteinhaltung negative Konsequenzen (=Bezahlung einer Geldstrafe) verbunden sind.33 In jenen Fällen, wo nur fallweisemit Sanktionen zu rechnen sein wird, muss man mit größerenAkzeptanzproblemen (und ev. auch Verstärkung des nicht erwünschtenVerhaltens) rechnen (= mangelnde Kontingenz der Konsequenzen).

Generell ist wichtig, dass ein System bei der Einführung technisch ausgereift ist.Ein System, das störungsanfällig ist und den LenkerInnen falsche oderwidersprüchliche Informationen liefert, wird unglaubwürdig34. Dies kann in derFolge zur Reaktanz und zur Mißachtung von Empfehlungen und Warnung führenz.B. wenn trotz freier Parkplatzanzeige alle Parkplätze in einer Parkgarage belegtsind, wird man sich beim nächsten Mal überlegen einem Parkleitsystem zufolgen; oder wenn Autofahrer das Gefühl bekommen, dass die bei der SectionControl vorgegebenen Geschwindigkeitslimits keine Berechtigung haben. 35

Wie schon im Kapitel „5.1 Akzeptanz von Systemen“ betont wurde, soll bereitsbei der Entwicklung eines neuen technischen Produktes eine intensiveAkzeptanzforschung betrieben werden, um sicher zu gehen, dass die Bedürfnisseverschiedener Zielgruppen berücksichtigt werden und man nicht mitunerwünschten Vehaltensanpassungseffekten rechnen muss.

Im Falle von Maßnahmen, die unpopulär erscheinen, sich aber z.B. eindeutigpositiv auf die Verkehrssicherheit aller auswirken, ist bereits vor aber vor allembei und nach der Einführung eine intensive Bewusstseinbildung notwendig, umden Nutzen für alle hervorzustreichen. Längerfristig gesehen, werden Verkehrs-teilnehmerInnen sich selbst vom Nutzen überzeugen können und das Systemakzeptieren und gutheißen (siehe zum Beispiel London Citymaut: die Mehrheitder Bevölkerung war früher gegen diese Citymaut; jetzt gibt es eine Mehrheit,die das Gebiet für die Citymaut ausdehnen möchte).

33 vgl. Seite 44 die drei Lernmechanismen34 Das gilt natürlich auch für technische Ausrüstungen im Auto.35 Auch bei Assistzenzsystemen ist es ganz wichtig, dass sie technisch ausgereift sind, bevor sie auf den Marktkommen. In einem Feldversuch in Lund über die Effekte der Verwendung eines aktiven Gaspedals hat es sichgezeigt, dass die Ausrüstung in der Praxis technisch einwandfrei funktionieren müsste, um auch tatsächlicheinen Absatzmarkt zu finden (Kaufmann & Risser 2003).

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5.2.3.2 Wirksamkeit, Akzeptanz und Akzeptanzprobleme am Beispiel einigertelematischer Einrichtungen zur kollektiven Verkehrsbeeinflussung

Im folgenden werden einige telematische Einrichtungen im Bereich kollektiverVerkehrsbeeinflussung und Gebühreneinhebung hinsichtlich ihrer Wirksamkeit,ihrer Akzeptanz und bezüglich mögliche an sie geknüpfte Problemfelder etwasnäher beleuchtet.

Verkehrsbeeinflussungsanlagen36

Wirksamkeit

Laut Untersuchungen (z.B. Nadler B. 2004, BMVBW 2003, Schick P. 2003) tragenvor allem Streckenbeeinflussungsanlagen erheblich zur Reduzierung von Unfällenbei, wobei der Rückgang der Unfälle von Anlage zu Anlage verschieden ist undvon den jeweiligen örtlichen Besonderheiten abhängt.

Hinsichtlich des Verkehrsablaufes tritt vornehmlich eine Stabilisierung des Ver-kehrsflusses ein. Staus treten erst später auf, werden weniger lang oder lassensich überhaupt verhindern. Die Kapazitätssteigerung gegenüber vergleichbarenAutobahnen ohne Streckenbeeinflussungsanlagen liegt bei 5-10%.

Problemfelder

Bezüglich dem Ziel Effizienzsteigerung, bzw. bessere Auslastung der Verkehrsin-frastruktur, ist es wichtig, dass man sich vor Augen hält, dass durch ver-kehrstelematische Einrichtungen dieses Ziel nur kurzfristig erreicht werden kann.Wie schon der Bau von mehr Straßen immer wieder zeigt, ziehen Maßnahmen,die eine Beschleunigung des Verkehrs und eine Staureduktion zur Folge haben,in der Folge mehr Verkehr an (Knoflacher 1996). Auch Verkehrsbeein-flussungsanlagen, Routenempfehlungen etc. werden nur eine bestimmte Zeitlang den Verkehr flüssig halten können. Geringere Geschwindigkeiten haben abersicherlich eine positive Auswirkung auf die Verkehrssicherheit. Wichtig imZusammenhang mit VBA ist, dass vorgegebene Geschwindigkeitslimits von denAutofahrerInnen nachvollziehbar sind. Wenn Geschwindigkeitslimits z.B. beiguten Witterungsverhältnissen nicht aufgehoben werden, Fahrstreifen z.B. trotzRäumung der Unfallstelle nicht freigegeben werden, kann dies zu einer Reaktanzder AutofahrerInnen führen. Dies kann zur Folge haben, dass AutofahrerInnensich längerfristig nicht an die vorgegebenen Limits halten werden, vor allem dannwenn nicht unmittelbar negative Konsequenzen (z.B. Strafmandat) damitverbunden sind. Zusätzlich sind keine Studie bekannt, die sich damitauseinandersetzen, inwieweit Verkehrsbeeinflussungsanlagen dasGeschwindigkeitsverhalten von AutofahrerInnen nachhaltig beeinflussen. FahrenLenkerInnen auch nach einer Verkehrsbeeinflussungsanlage mit verminderterGeschwindigkeit weiter oder findet eine Risikokompensation statt? Diese Fragensollten unbedingt wissenschaftlich abgeklärt werden.

Section Control37

Wirksamkeit

Wie bereits erwähnt, hat eine Überschreitung der vorgeschriebenen Geschwindig-keitsbegrenzungen bei der Section Control systematisch negative Konsequenzenzur Folge, was sich mitunter positiv auf die Verhaltensakzeptanz dieserMaßnahme auswirken kann (= jedes Fehlverhalten ist betroffen und alle 36 Siehe Kapitel 4.1.1.137 Siehe auch Kapitel 4.1.1.3

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VerkehrsteilnehmerInnen vor Ort sind gleichermaßen betroffen). Auch im WienerKaisermühlentunnel sind die Unfallzahlen unmittelbar nach Einführung derSection Control zurückgegangen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit hat sich umca. 10% vermindert. Aber ein Jahr nach Einführung der Section Control warendie Unfallzahlen fast wieder auf dem Niveau von vor der Installation (Kurier 19.Oktober 2004). Genaue Untersuchungen über die Ursache des erneuten Unfall-anstiegs sind nicht bekannt, da es eine systematische Untersuchung desVerhaltens der VerkehrsteilnehmerInnen nicht gibt, oder jedenfalls nichts publikgemacht wurde, falls solche Daten vorliegen.

Problemfelder

Maßnahmen, die mit Sanktionen für AutofahrerInnen bei Nichteinhaltung desTempolimits verbunden sind, werden von Autofahrerlobbies mitunter negativ be-worben38. D.h. es ist mit gewissen Widerständen auch seitens der Bevölkerung istzu rechnen. Wichtig ist es in diesem Zusammenhang, die Notwendigkeit vonMaßnahmen der Bevölkerung vor Augen zu führen Missstände von Seiten derMinisterien abzuklären (z.B. dass Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht klarund ersichtlich angezeigt werden oder nicht nachvollziehbar sind) und positiveWerbung zu betreiben, damit sich die Akzeptanz nicht nur im Verhalten auf derkontrollierten Strecke äußert, sondern auch in einer Einstellungsakzeptanz. Nurdann werden sich solche Maßnahmen auch positive auf das generelleFahrverhalten auswirken. Ähnlich, wie bei den Verkehrsbeeinflussungsanlagen,sind außerdem keine Studien bekannt, die erforscht haben, inwieweit die SectionControl das allgemeine Fahrverhalten beeinflusst (Risikokompensation vs. Fahrenmit geringeren Geschwindigkeiten). D.h. auch hier ist noch Handlungsbedarfgegeben.

Bei der ersten mobilen Section Control in Österreich (Westautobahn zwischenHaid und Sattledt) stellte sich zusätzlilch ein anderes Problem: Bei diesemmobilen Streckenradar werden durchfahrende Fahrzeuge von hinten gefilmt. Lautdeutschem Recht sind LenkerInnen nicht zu belangen, wenn ein Radarfoto bloßdie Heckansicht ihres Autos zeigt, d.h. deutsche StaatsbürgerInnen können aufdieser Strecke bei Geschwindigkeitsübertretung nicht belangt werden (ÖÖNachrichten 7. März 2005). Solche „Lücken“ im System sollten schon im Vorfelderkannt und „geschlossen“ werden, um eine Gleichbehandlung allerAutofahrerInnen zu garantieren, und vor allem, um teure Leerläufe zuvermeiden.

Parkleitsysteme39

Generell sollen Parkleitsysteme das Parken erleichtern, aber auch strategischunterstützen: Sie sollen beispielsweise bei der Überlegung helfen, ob man dasAuto etwa vor der Stadt auf einem park–and-ride-Platz abstellt und in dieInnenstadt besser mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt, wenn dort kaum nochAbstellmöglichkeiten sind.

Problemfelder

Parkleitsysteme haben als indirekt wirkendes Beieinflussungssystem nur empfeh-lenden Charakter. Die Wirksamkeit hängt daher stark von der Gestaltung derWegweiser ab. Wegweisungen müssen einheitlich, richtig, klar und eindeutig in-terpretierbar sein und rechtzeitig wahrgenommen werden können. D.h., das Sys- 38 Die Strafgeldeinnahmen im Wiener Kaisermühlentunnel, wurde vom ÖAMTC als „Abzock-Aktion“ dargestellt.(www.ots.at/presseaussendung; 10. Februar 2005)39 Siehe auch Kapitel 4.1.1.4

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tem muss selbsterklärend und fehlerfrei sein. Wenn man mehrmals auf der Su-che nach einem Parkplatz fehlerhafte Meldungen bekommt, wird man sich dasnächste Mal nicht mehr zu seinem Parkplatz leiten lassen. Andererseits kanngezieltes Marketing (Aufzeigen der positiven Effekte, z.B. Zeitersparnis, wenigerLärm) die Akzeptanz von Parkleitsystemen steigern (Nilkes 2003).

City Maut40

Wirksamkeit

Die Einführung der City-Maut in London hat positive Effekte gezeigt. Laut einerUntersuchung (siehe Profil 11/05 und www.klipjoint.info/trendfax_deutsch.htm)fahren täglich 50 000 Autos weniger ins Zentrum als vor der Einführung der City-Maut. 60% von diesen 50 000 FahrerInnen benutzen die öffentlichenVerkehrsmittel. Etwa 25% wählen andere Routen. Der Rest fährt mit KollegInnenmit oder mit dem Fahrrad. Die durch Stau hervorgerufenen Wartezeiten habensich um 30% verringert. Auch die Wartezeiten auf Autobusse haben sich ummehr als 30% verkürzt. Der Verkehrsfluss hat sich um 37% beschleunigt und füreine Hin- und Rückfahrt zur und von der City benötigt man heute umdurchschnittlich 13% weniger Zeit. Der Bürgermeister Ken Livingstone erfreutsich nach wie vor großer Beliebtheit. Und die Londoner BürgerInnen haben einerGebührenerhöhung, sowie einer Ausdehnung der Gebührenzone auf die westlicheInnenstadt mehrheitlich zugestimmt. Bei der Erfassung der Fahrzeuge und beider Eintreibung der Bußgelder gibt es jedoch nach wie vor gelegentlichtechnische Probleme.

Problemfelder

Alles was mit Kosten und einer „Belastung der AutofahrerInnen“ zu tun hat, wird,wie schon gesagt, aufgrund der starken Autolobbies oft als negativ bewertet, undstößt damit scheinbar auf Widerstand der Bevölkerung. Scheinbar unpopuläreMaßnahmen zu setzen erfordert Mut. Geringeres Aufkommen an motorisiertemIndividualverkehr steigert aber die Lebensqualität. Aus diesem Grund wird inLondon die City Maut auch positiv aufgenommen. In Wien wurde bereitsmehrmals eine City-Maut andiskutiert, aber bereits im Vorfeld wurde die Idee imKeim erstickt. Die Einhebung von Gebühren für die Straßenbenützung in derStadt stellt aber jedenfalls eine wirksame Lenkungsmaßnahme in Richtungverstärkte Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel dar, wie das Beispiel inLondon zeigt.

40 Siehe auch Kapitel 4.1.3.1

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5.3 Öffentlicher Verkehr

5.3.1 AllgemeinesBeim Einsatz von Verkehrstelematik im öffentlichen Verkehr ist die Zielsetzungsicherlich anders gewichtet als im motorisierten Individualverkehr. Die Effizienz-steigerung steht im Vordergrund und damit verbunden die Attraktivierung desöffentlichen Verkehrs. Die neuen Technologien tragen sicherlich ein hohes Po-tential in sich, Leute zum Umstieg zu bewegen. Dichtere Intervalle, schnelleresReagieren bei Betriebsstörungen durch Leitsystem, bedarfsorientierter Linienver-kehr, komfortable Zahlungssysteme u.v.m sollen die Fahrt mit öffentlichenVerkehrsmittel so schnell, einfach und angenehm wie möglich machen. Wennwirklich mehr Leute öffentlich unterwegs sind und damit weniger Auto gefahrenwird, lösen sich viele Probleme im Straßenverkehr von selbst.

Gerade im öffentlichen Verkehr ist daher eine intensive Einbeziehung der Kundenund potentieller Kunden bei der Entwicklung neuer Systeme unumgänglich.41 Nurwenn die Bedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen entsprechend berücksichtigtwerden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch tatsächlich mehr Menschen zumUmstieg bewegt werden können.

Wichtig beim Einsatz neuer Technologien im öffentlichen Verkehr ist, dass nichtbestimmte Personenkreise benachteiligt und von der Nutzung gewisser Diensteausgeschlossen werden. Bei der Entwicklung neuer Systeme sollte man sich anden schwächsten VerkehrsteilnehmerInnen (Kinder, ältere Personen, behinderteMenschen, etc.) orientieren.42 Auf diese Weise kann man nämlich davonausgehen, dass das Endprodukt auch wirklich für die Gesamtbevölkerungverständlich, leicht zu bedienen und kundenfreundlich ist.

5.3.2 Akzeptanz und Problemfelder einiger telematischer Einrichtungen imVerkehr

Im folgenden werden exemplarisch einige Systeme des öffentlich Verkehrs hin-sichtlich Akzeptanz und möglicher Problemfelder näher betrachtet:

5.3.2.1 Dynamische Fahrgastinformation43

Akzeptanz

Dynamische Fahrgastinformationen werden von den Kunden sehr positiv bewer-tet. Die Annahme, dass sich die subjektive Wartezeit durch eine Zeitangabeverkürzt wurde auch in einer Studie bestätigt. So sind 70 % der Befragten derMeinung, dass sich durch die Fahrgastinformation die Wartezeit verkürzt. 77%schauen auf die Wartezeit, wenn sie die Station betreten und 55% während derWartezeit (Pramreiter 2004). Laut Auskunft der Wiener Linien44 hat auch derFahrgastbeirat die dynamische Fahrgastinformation lobend erwähnt. Nurvereinzelt gibt es negative Rückmeldungen, in dem Sinn z.B., dass die Anzeigenicht mit der tatsächlichen Wartezeit übereinstimmt und ähnliches.

41 siehe Kapitel 5.142 Das gilt natürlich auch für den Individualverkehr43 Siehe Kapitel 4.2.1.144 Telefongespräch mit dem Wiener Linien Kundendienst für Beschwerden und Anregungen durchgeführt am29.4.2005

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Problemfelder

Die Problemfelder sind bei der dynamischen Fahrgastinformation gering.Schwierigkeiten ergeben sich nur, wenn die Anzeige ausfällt bzw. etwas Falschesangezeigt wird. Aber auch diesbezüglich scheint es kaum Beschwerden zu geben.Laut den Wiener Linien ergeben sich „falsche“ Wartezeitinformationen dadurch,dass sich die Angabe immer auf die Minutenentfernung des Zuges von der Sta-tion bezieht.

Da dynamische Fahrgastanzeigen im Haltestellenbereich für sehbehinderteMenschen unbrauchbar sind, sollte das Modell in Linz großflächig angewandtwerden. In Linz wurden mehrere Straßenbahnhaltestellen mit Sprachausgabenausgestattet. Die Sprachansagen sind an das dynamischeFahrgastinformationssystem der Linz Linien angebunden und informieren übernächste bzw. aktuelle Linien, Fahrtrichtung Ankunftszeit, etc. Auf diese Weisewird gewährleistet das Information für alle gleichermaßen zugänglich ist(Janoschek 2005).

5.3.2.2 Elektronische Fahrplanauskunft45

Akzeptanz

Die verschiedenen Möglichkeiten der Fahrplanauskunft, ob via Internet, Mobilte-lephon oder Info-Säulen am Bahnhof werden generell gut angenommen. Lauteiner Studie über Verkehrsinformationsdienste gibt es aber eine starke Diskre-panz zwischen dem Kennen und Verwenden von Informationsdiensten (Franken& Lenz 2004). Vor allem im Bereich der elektronischen Medien Internet undMobiltelefon gibt es große Unterschiede. So gaben 49 % der Befragten an, dieMöglichkeit, Verkehrsinformation (z.B. Fahrplanauskünfte) via Internet abzu-rufen, zu kennen. Nur 8 % machten aber tatsächlich davon Gebrauch. Das In-ternet wird im öffentlichen Verkehr aber häufiger als Informationsmedium heran-gezogen als im Straßenverkehr. Fahrplanauskünfte mit Echtzeiten tragenjedenfalls sicher zur Attraktivierung des Öffentlichen Verkehrs bei, da man sichschon im Vorfeld auf Verspätungen einstellen kann.

Problemfelder

Wie bereits erwähnt, kennen zwar viele die Möglichkeit der elektronischenFahrplanauskunft, relativ wenige scheinen aber davon Gebrauch zu machen. Esist daher intensive Öffentlichkeitsarbeit notwendig, um eine Serviceleistung fürden Kunden bzw. die Kundin auch tatsächlich an den Mann bzw. die Frau zubringen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass man als Verkehrsbetriebdurch ständige Evaluationen am laufenden bleibt, inwieweit Serviceleistungenbeansprucht werden, welche Mängel sie aufweisen, wie sie attraktiver gestaltetwerden können, etc..

Hinsichtlich Fahrplanauskunft via Internet ist zu bemerken, dass laut Auskunftvon ONLINE Schulungs- und Beratungsges.mbH46 die Internetseiten der ÖBB undauch der Wiener Linien nur ansatzweise barrierefrei47 gestaltet sind (z.B.fehlende Orientierungsmöglichkeiten für blinde Menschen, keine

45 Siehe auch Kapitel 4.2.1.246 Bei ONLINE Schulungs- und Beratungsges.mbH handelt es sich um eine Firma, die bedarfsoientierteBildungsangebote sowohl für private Unternehmen, Einzelkunden, als auch Institutionen und öffentlicheEinrichtungen anbietet. Ein Gebiet ist unter anderem die barrierefreie Web-Gestaltung und Programmierung47Richtlinien zur barrierefreien Gestaltung von Internetseiten siehe z.B.: www.teleonline.at;www.barrierefrei.at; www.w3.org./wae;

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Sprachauszeichnungen von Anglizismen, Schrift nur teilweise vergrößerbar).48

Gerade der Einsatz von neuen Technologien bietet aber die Chance, allenVerkehrsteilnehmerInnen, auch behinderten Menschen, Zugang zur Informationzu ermöglichen.

5.3.2.3 Elektronisches Ticketing49

Akzeptanz

Laut Auskunft der Wiener Linien50 gibt es bezüglich des SMS-Ticketing keineUntersuchungen dazu, inwieweit dieses Angebot von den Fahrgästenangenommen und gutgeheißen wird. Aus der Statistik geht jedoch hervor, dassSMS-Ticketing von ca. 100 Fahrgästen/Tag, vor allem von Gelegenheitskunden,die nur kurzfristig auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, genutzt wird. Dasheißt, SMS-Ticketing scheint nicht wirklich zur Attraktivitätssteigerung deröffentlichen Verkehrsmittel beitragen zu können.

Eine im Jahre 2003 durchgeführte Studie des ÖAMTC hat im Gegensatz dazugezeigt, dass sich 25% der Befragten eine Verbesserung der öffentlichenVerkehrsmittel durch die Einführung der SMS-Ticketbestellung und derFahrplanauskunft per Mobiltelephon erwarten (ÖAMTC Akademie 2003). Diesscheint sich nicht bewahrheitet zu haben.

In anderen Städten, z.B. beim Verkehrsverbund Bremen-Niedersachen, werdenimmerhin 10% der Fahrkarten über E-Ticketing gelöst. D.h., es scheint auch hierviel mehr ein Problem des Marketings zu sein, ob ein Produkt angenommen wirdoder nicht.

Problemfelder

Wie bereits mehrmals erwähnt, ist aus Gründen der Akzeptanz bei der Einfüh-rung eines neuen System der Kunde mit einzubeziehen. Wie das Beispiel bei denWiener Linien zeigt, wurde durch das SMS-Ticketing eine zusätzlich Wahl-möglichkeit beim Ticketerwerb geschaffen. Es fehlen aber adäquate Maßnahmen,um diese Möglichkeit einer großen Anzahl von KundInnen schmackhaft zumachen. So fehlen z.B. Daten über die Gründe der Nutzung bzw. derNichtnutzung, Probleme bei der Nutzung etc. . Ein System im öffentlichenVerkehr kann aber nur dann verbessert werden, wenn man die Sichtweise desNutzers bzw. der Nutzerin evaluiert. Wenn Angebote nicht laufend evaluiertwerden, besteht die Gefahr, dass man als Betreiber nicht erkennt, warumAngebote nicht angenommen werden, z.B. weil sie nicht bekannt sind, oder weilsie den Bedürfnissen der KundInnen in einigen wichtigen Punkten nichtentgegenkommen. Auf diese Weise verbaut man sich den Weg, ein an sich gutesProdukt auch tatsächlich zur Attraktivitätssteigerung einzusetzen.

Bedenklich im Zusammenhang mit dem E-ticketing ist es, gewisse Tickets nur viaInternet anzubieten (z.B. EventTicket der ÖBB). Dadurch werden etlichePersonengruppen vom selbstständigen Erwerb dieses Tickets ausgeschlossen(=jene Personen, die sich im Internet, aus welchen Gründen auch immer, nichtzurechtfinden). Ein weiteres Problem, das sich beim Erwerb von E-tickets oftergibt, ist, dass nicht automatisch der günstigste Tarif (Tagesangebote, spezielleTickets) angeboten wird. D.h., man muss mitunter Vorinformationen besitzen,um auch tatsächlich die billigste Fahrkarte zu erwerben.

48 Die Seite www.gv.wien.at erfüllt zum Beispiel alle Kriterien einer barrierefreien Internetseite.49 Siehe auch Kapitel 4.2.1.350 Telefongespräch mit dem Abteilungsleiter „Tarifangelegenheiten“ der Wiener Linien am 08.04.2005

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5.4 Vorgeschlagene Vorgangsweise für die EvaluationEine vermehrte Verwendung telematischer Einrichtungen im Verkehrsbereichsetzt voraus, gute Instrumente bzw. Methoden zu haben, um die Auswirkungen,die neue Technologien im Verkehrsbereich auf die objektive und subjektiveSicherheit,51 auf den Komfort, auf das Verkehrsverhalten, auf die Kommunikationund Interaktion zwischen den VerkehrsteilnehmerInnen, etc. haben, im Vorfeldaber auch nach der Implementierung bewerten und messen zu können.

Vor allem aus Gründen der Sicherheit ist es notwendig einen interdisziplinärenAnsatz zu finden. In der Verkehrssicherheitsforschung zieht man traditionellerWeise Unfallstatistiken zur Überprüfung der Sicherheit heran. Für neuetelematische Einrichtungen gibt es aber meist noch keine Unfallstatistiken, diedie Sicherheit des Systems reflektieren würden. Auch Unfallvorhersagen inVerbindung mit der Verwendung neuer Systeme im Auto sind spekulativ undnicht sehr zuverlässig. Außerdem geben sie keine Auskunft darüber, in welcherRichtung ein System verbessert bzw. weiterentwickelt werden könnte.Sicherheitsprognosen auf der Basis von Verhaltensbeobachtungen undInteraktionsanalysen können Vorhersagen verbessern (HOPES 1995) reichenaber auch alleine nicht aus, um Auswirkungen von neuen technischen Systemenabschätzen zu können. Auf EU-Ebene wurden und werden bereits etliche Projektedurchgeführt, die sich mit interdisziplinären Methoden zur Evaluierung vontelematischen Systemen auseinandersetzen. HUMANIST (= HUMAN centreddesign for Information Society Technologies) und COST 352 „Influence of ModernIn-Vehicle Information Systems on Road Safety Requirements“ (IVIS) sind nurzwei von vielen EU-Projekte, die in diesem Zusammenhang genannt werdenkönnen.52

Aus sozialwissenschaftlicher Sicht ist es also notwendig verschiedene Methodenin Kombination zu verwenden, um bei der Einführung eines neuen Systems z.B.unerwünschte Verhaltensanpassungen bzw. im vorherigen Kapitel angeschnitteneProblemfelder antizipieren zu können. Unter anderem bieten sich folgendeMöglichkeiten an:

• Literaturstudien

• Checklisten (z.B. PROMETHEUS Traffic Safety Checklist)

• Verhaltensbeobachtungen (z.B. Wiener Fahrprobe)

• Fokus Gruppen Interviews

• Tiefeninterviews

• Expertengespräche - Workshops

• Standardisierte Interviews (Fragebogen)

51 Die objektive Sicherheit spiegelt sich in der Unfallstatistik wider. Unter subjektiven Sicherheit versteht mandas persönliche Sicherheitsempfinden (z.B. Auf einer Kreuzung können zwar wenig Unfälle passieren und dieKreuzung kann daher, objektiv gesehen, sicher sein. Subjektiv betrachtet fühlen sich dieVerkehrsteilnehmerInnen unsicher und meiden daher die Kreuzung.)52 Siehe Anhang Kapitel 8.1. und 8.2

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5.4.1 LiteraturstudieEine Literaturstudie – wie sie auch in dieser Arbeit vorliegt – ermöglicht es, einenÜberblick über vorangegangene Forschung zu bekommen So kann z.B. erhobenwerden, welche unerwünschte Nebeneffekte bei ähnlichen Systemen bereitsfestgestellt wurden, welche Aspekte generell bei der Einführung eines Systemshinsichtlich den Bedürfnissen verschiedener VerkehrsteilnehmerInnen(AutofahrerInnen, schwächere VerkehrsteilnehmerInnen, etc.) und Zielgruppen(junge AutofahrerInnen, Ältere, etc.), aber auch hinsichtlich der Kommunikationund Interaktion berücksichtigt werden müssen. Auf eine Reihe von Fragen wirdman bereits in der Literatur Antwort finden. Gleichzeitig werden sich aber eineReihe von Fragen eröffnen, die durch zusätzliche Methoden abgeklärt werdenmüssen.

5.4.2 ChecklistenBei Checklisten handelt es sich um Listen von Fragen, die bei der Evaluationeines neuen Systems als Orientierung, zur Abdeckung möglichst vielersicherheitsrelevanter Aspekte herangezogen werden können. Ein solchesWerkzeug wurde Anfang der 90er Jahre im Rahmen der PROMETHEUS PRO SAFEGruppe entwickelt, wobei mittels Literatur und ExpertInnengesprächen Wissenüber Verhaltensanpassung und mögliche Konsequenzen für dieVerkehrssicherheit zusammengefasst wurde. Die Checkliste ist ein Instrumentzur Prognosenerstellung und ermöglicht es, „intelligente“ Hypothesen bezüglichmöglicher Auswirkungen von neuen technischen Systemen im Auto aufzustellen,die mit entsprechenden qualitativen und quantitativen Methoden überprüftwerden können (z.B. Risser & Petica 1998; Turetschek 2004).

5.4.3 VerhaltensbeobachtungenEin Verfahren für weitgehend standardisierte Fahrverhaltensbeobachtung ist dieWiener Fahrprobe. Diese Methode wurde ursprünglich entwickelt, umSicherheitsmängel in Verkehrsprozessen aufzudecken. Im Zusammenhang mitneuen Systemen im Auto erweist sich die Fahrverhaltensbeobachtung als sehrgute Methode, um Auswirkungen auf das Kommunikations- undInteraktionsverhalten bzw. auf das generelle Verkehrsverhalten zu registrierenund um diesbezügliche Hypothesen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.

Kommunikations- und Interaktionsprozesse haben wesentlichen Einfluss auf denVerkehrsablauf, da das individuelle Verhalten nicht nur durch physischeVoraussetzungen (z.B. Gesundheitszustand) und durch individuelle Variablen(Gedanken, Gefühle, Meinungen und Einstellungen), sondern auch durch dasVerhalten anderer und durch die Kommunikation mit anderen geprägt wird.

Bei der Fahrverhaltensbeobachtung wird ein/eine Testfahrer/in gebeten, einstandardisierte Strecke mit dem Auto zurückzulegen, wobei er von zweiBeobachterInnen begleitet wird.

• Der eine Beboachter bzw. die eine Beobachterin („CodiererIn“) registriertanhand eines standardisierten Kategorienschemas, das eine große Zahlmöglicher Fahrverhaltensweisen ungeachtet ihrer Gefährlichkeit oderFehlerhaftigkeit enthält, alle Fahrerhandlungen entlang einer genaudefinierten Beobachtungsstrecke.

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• Der zweite Beobachter bzw. die zweite Beobachterin („freieBeobachterIn“) erhebt in nicht standardisierter Form Ereignisse, dienicht systematisch vorhersehbar sind:

� Fehler im Fahrverhalten (ungesetzliches, gefährliches odermissverständliches Verhalten)

� Kommunikationsabläufe (jene Prozesse, die zwischen derbeobachteten Person und der sozialen Umwelt ablaufen)und

� Verkehrskonflikte (=Beinaheunfälle, in welche diebeobachtete Person im Zuge der Fahrprobe verwickeltwird)

Alle diese Erhebungen erfolgen pro Streckenabschnitt. Streckenabschnitte sindKreuzungen, Autobahnauf- und –abfahrten, Durchfahrten durchKreisverkehrsanlagen, etc.. Sie machen die Einzelelemente derFahrprobenstrecke aus (Chaloupka & Risser 1995).

Die Wiener Fahrprobe wurde in mehreren größeren nationalen undinternationalen Projekten eingesetzt (z.B. Bewertung des Stuttgarter Dual ModeRoute-Guidance Systems STORM im Rahmen des EU-Projektes HOPES, Risser etal. 1995; Untersuchung der Auswirkungen einer Autonomen Intelligent-Cruise-Control-Einrichtung, Chaloupka et al. 1998; Untersuchung des Verhaltens vonKfz-Lenkern im Lund-Teil des Schwedischen Großversuches zur Untersuchungvon ISA, Hjälmdahl 2002).

5.4.4 Fokus Gruppen Interviews (FGI)Beim Fokus Gruppen Interview handelt es sich um ein offenes Interview miteiner Gruppe von fünf bis acht Leuten. Das Interview ist auf ein Thema fokusiert,wobei ein Interview ein bis zwei, mitunter auch drei Stunden dauern kann.Der/die Interviewer/in bereitet sich in der Regel ein grobes Skript vor. GenerelleFragen werden am Anfang und konkrete Themen gegen Ende des Interviewserörtert. Die TeilnehmerInnen geben nacheinander Antwort auf die diversenFragen, wobei die Antworten der anderen TeilnehmerInnen kommentiert werdenkönnen. Für die Gruppe ist es nicht wichtig, einen gemeinsamen Nenner zufinden. Das Ziel ist es vielmehr, die eigenen Ansichten im Kontext von anderenMeinungen zu betrachten.

Die Gruppe kann bei einem FGI, abhängig von der Zielsetzung, sowohl homogen(z.B. hinsichtlich Wissenstand über ein Thema, Einstellungen, Alter, etc.) alsauch heterogen sein. Wenn man Fakten diskutieren will, wird man eher einehomogene Gruppe auswählen. Wenn Für und Wider erörtert oder möglichst vieleverschiedene Argumente gesammelt werden bzw. kleine Konfrontationenentstehen sollen, etc., dann sollte man sich für eine heterogene Gruppeentscheiden.

FGIs im Zusammenhang mit der Evaluation neuer Systeme helfen, dieBedürfnisse möglicher NutzerInnen zu erforschen bzw. Anforderungen, die an einneues System gestellt werden, zu erfassen. FGIs sind eine relativ billigeMethode, um qualitatives Datenmaterial zu sammeln. Anhand von FGIs könnenHypothesen z.B. hinsichtlich möglicher Verhaltensveränderung bei derVerwendung von neuen Systemen aufgestellt werden. Zusätzlich schaffen sie eingutes Basismaterial für z.B. Tiefeninterviews oder Fragebögen (z.B. Atteslander1995, Krueger 1994, Bewyl 1992, Merton et al. 1956, Morgan & Krueger 1998).

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5.4.5 TiefeninterviewsTiefeninterviews gehen, wie schon der Name sagt, in die Tiefe. Sie könnenunterschiedlich lang dauern (30min bis 3 Stunden), wobei nur eine Person voneinem Interviewer bzw. einer Interviewerin befragt wird.

Der/die Interviewer/in geht anhand eines Interviewleitfadens vor, der zumgrößten Teil aus offenen Fragestellungen, aber auch aus geschlossenen Fragenbesteht. Auch beim Tiefeninterview beginnt man mit generellen Fragen undendet mit konkreten. Der/die Interviewer/in sollte in dem Thema auf jeden Fallvertraut sein. Er muss ein guter Zuhörer bzw. eine gute Zuhörerin sein undVertrauen erwecken. Der/die Interviewte sollte 90% der Zeit sprechen, damitGedankengänge zu Ende gedacht werden können.

Tiefeninterviews eignen sich sehr gut, um individuelle Wahrnehmungen,Meinungen und Fakten oder Reaktionen auf neue Errungenschaften, etc. zubestimmen.

Im Zusammenhang mit neuen Systemen können Tiefeninterviews helfen, dieAnforderungen an ein neues System zu erforschen, Motivationen undWiderstände gegen ein Produkt ausfindig zu machen, Ursachen fürAkzeptanzschwierigkeiten eines Systems zu orten, etc. (siehe z.B. Guion 2001,Gunn 2001).

5.4.6 ExpertInnengespräche – WorkshopsBeim Workshop handelt es sich um eine heuristische Methode. Übersetztbedeutet Workshop „Werkstätte, Arbeitskreis oder Arbeitsgruppe“. Der BegriffWerkstätte bezieht sich hierbei nicht auf ein handwerkliches Produkt, sondern aufein „Denkprodukt“, ein gemeinsam erarbeitetes Ergebnis.

Ein Workshop sollte ein klar definiertes Ziel haben. Man benötigt einen Moderatorbzw. eine Moderatorin, der durch den Workshop führt. Dem/der Moderator/inkommt eine besondere Bedeutung zu, denn er ist für die Methodenkompetenzund die Ablaufplanung verantwortlich, jedoch neutral was die Inhalte anbelangt.Für die Inhalte des Workshops sind die TeilnehmerInnen verantwortlich.Moderationsumgebung, Methodenkenntnisse und die Haltung des Moderatorsbzw. der Moderatorin (z.B. „fragen statt sagen“) sind wesentlicheVoraussetzungen, um einen Workshop aktiv durch die Teilnehmenden gestaltenzu lassen. Wenn mehr als 15 Personen am Workshop teilnehmen, solltenKleingruppen gebildet werden, damit auch wirklich zielorientiert gearbeitetwerden kann. Ergebnisse einer Kleingruppenarbeit werden dann im Plenumpräsentiert und diskutiert (z.B. Petica et al. 2003, Kölbach 1998).

Hinsichtlich der Evaluierung eines neuen Systems eignen sich Workshops sehrgut am Beginn eines Evalutionsprozesses, um ein noch unstrukturiertesThemengebiet zu strukturieren, um Problemfelder zu orten, etc. und am Endeeines Evaluationsprozesses, um Ergebnisse zu diskutieren, z.B. wie gehe ich mitProblemfeldern um, welche Lösungsansätze gibt es, und ähnliches.

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5.4.7 Standardisierte Interviews – FragebogenStandardisierte Interviews sind die in der Forschung am häufigsten verwendetequantitativen Methode zur Sammlung verbaler Daten, um ein neues System zubewerten. Fragebögen können folgende Antwortformate aufweisen:

� Offene Anworten53 (der Befragte schreibt seine Gedanken in eigenenWorten nieder.)

� Eine oder mehrere Antwortmöglichkeiten zur Wahl („multiple choice“)

� Skalierung (der/die Befragte skaliert ein Kommentar auf einervorgegebenen Skala)

Es ist wichtig, dass ein Fragebogen auf den Ergebnissen qualitativer Studienbasiert. Wenn Antwortmöglichkeiten nur auf dem Wissen von FachexpertInnenberuhen und nicht das Ergebnis von Kommunikationsprozessen mit denZielgruppen sind, besteht die Gefahr, dass wichtige Antwortmöglichkeiten fehlenund daher in der Bewertung nicht berücksichtigt werden können.

Fragebögen sollten immer einem Pretest unterzogen werden. Auf diese Weisegarantiert man, dass die Fragen verständlich und auch tatsächlich relevant sind(z.B. Risser 2000, Atteslander 1995).

Bezogen auf die Evaluierung eines neuen Systems eignen sich Fragebögen, umeine Vielzahl von Aspekten abzuklären (z.B. Bedienungsfreundlichkeit,Akzeptanz, Bewusstseinsveränderungen, etc.).

5.5 ZusammenfassungAn den Einsatz von Telematik im Verkehr werden hohe Erwartungen geknüpft,Erwartungen, die wahrscheinlich nicht immer erfüllt werden. Verkehr ist einkomplexes dynamisches System und besteht aus einer Summe vonEinzelhandlungen. Menschen formen den Verkehr und machen ihn aus. Auch beitelematischen Systemen wird der Wirkungsgrad im wesentlichen von der Art undWeise der Nutzung des einzelnen Verkehrsteilnehmers bzw. der einzelnenVerkehrsteilnehmerin abhängen. Für eine sinnvolle Implementierung einesSystems sind aus sozialwissenschaftlicher Sicht im wesentlichen zwei Punkteabzuklären:

• AkzeptanzInwieweit sind potentielle NutzerInnen auch tatsächlich bereit einneues System in Anspruch zu nehmen? Die Akzeptanz eines Systemswird sehr stark davon abhängen, inwieweit dem Einzelnen ein Vorteildurch die Verwendung des Systems entsteht. Es gibt etlichesozialwissenschaftliche Methoden, um die Akzeptanz eines Systemesabzuklären (Fokus Gruppen Interviews, Tiefeninterviews,Standardisierte Interviews, etc.)

• VerhaltensanpassungFührt die Implementierung eines telematischen Systems auchtatsächlich zum erwünschten Erfolg? Das menschliche Wesen handeltnicht wie ein Roboter. Es ist daher schwer vorhersehbar, ob neuetechnische Geräte auch tatsächlich so genutzt werden, wie man es

53 Werden offene und geschlossene Fragen gestellt, spricht man von semi-standardisierten Interviews.

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sich erwartet. In der Verkehrssicherheitsforschung versteht manunter Verhaltensanpassung nicht beabsichtigte Verhaltens-änderungen, die in der Folge der Änderung des Verkehrssystemsentstehen (z.B. Risikokompensation, Delegierung der Verantwortung,Imitation, Verhaltensgeneralisierung). Das Phänomen derVerhaltensanpassung ist vor allem für den Einsatz vonTelematiksystemen im motorisierten Individualverkehr vonInteresse. Etliche sozialwissenschaftliche Methoden ermöglichen inKombination mit Methoden anderer Disziplinen eine gezielteErforschung der Auswirkungen neuer System auf das Verhalten desMenschen (z.B. Checklisten, Verhaltensbeobachtungen, Workshops).

• Soziale AusgrenzungBei der Entwicklung von verkehrstelematischen Einrichtungen ist eswichtig darauf zu achten, dass Verkehrstelematik verbindet,Chancengleichheit schafft und nicht soziale Ausgrenzung fördert

Die folgende Tabelle 3 gibt einen Überblick über diskutierte Systeme,Chancen und vorhandene, mögliche Probleme bei ihrer Nutzung bzw. beieiner großflächigen Implementierung.

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Tab. 3: Positive und mögliche negative Wirkungen einiger telematischer Systemeund Einschätzung der Akzeptanz

System Positive Wirkungen MöglicheProblemfelder

MOTORISIERTER INDIVIDUALVERKEHR

Navigationssysteme � Bessere Routenwahl

� Vermeidung von Stausdurch gefilterteVerkehrsinformation

� Verändertes Situations-bewusstsein

� Negative Effekte auf dasSpurhalten

Komfortdienste-Mobiltelefone

� Abrufen von aktuellenInformationen (z.B.Parksituation, etc.)

� Verändertes Situations-bewusstsein

� Höhere Bremsreaktionszeit

� Mentale Überlastung desFahrers bzw. der Fahrerin� Aggressivere Fahrweise

Intelligent SpeedAdaptation (ISA)

� Insgesamt wird langsamergefahren

� LenkerInnen sind entspannterund ruhiger unterwegs

� Verbesserte Interaktionzwischen schwächeren Ver-kehrsteilnehmerInnen

� Delegierung derVerantwortung: Nicht-registrierung von ge-änderten Geschwindig-keitslimits

� Höhere Geschwindigkeitenin Situationen, wo manlangsamer Fahren müßteals das Limit

Adaptive CruiseControl (ACC)

� Verbessertes Spurenhalten

� Besseres Einhalten vonSicherheitsabständen

� Risikokompensation: er-höhte Geschwindigkeiten

� Delegierung der Ver-antwortung � zu spätesReagieren auf kritischeSituationen

� Verschlechterung derKommunikation mitschwächerennVerkehrsteilnehmerInnen

Verkehrsbeeinflussungs-anlagen (VBA)

� Reduzierung von Unfällen

� Späteres Auftreten von Staus

� Steigerung der Kapazität

� Effizienzsteigerung wirdwahrscheinlich nurkurzfristig eintreten

� Geschwindigkeitsvorgaben,Sperrung von Fahrstreifen,etc. müssen nachvoll-ziehbar sein � Reaktanz,Akzeptanzprobleme

Section Control � Reduzierung von Unfällen

� Verringerung von Durch-schnittsgeschwindigkeiten

� Mit Widerständen seitensder Autolobby ist zurechnen

� Glaubwürdigkeit desSystems muss gewähr-leistet sein � Reaktanz,Akzeptanzprobleme

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System Positive Wirkungen MöglicheProblemfelder

Parkleitsysteme � Erleichterung des Parkens

� Falls keine freien Parkplätzeim innerstädtischen Bereichvorhanden sind ev. Umstiegauf öffentliche Verkehrsmittel

� Wenn Wegweisungen nichteinheitlich, richtig, klarund eindeutig inter-pretierbar sind � Gefahrder Reaktanz und in derFolge Akzeptanzprobleme

City Maut � Weniger Autoverkehr in derInnenstadt � höhere Lebens-qualität

� Höhere Auslastung deröffentlichen Verkehrsmittel

� Geringe Wartezeiten für Bus-und Autoverkehr

� Erhöhung des Verkehrsflusses

� Autolobbies bewerten CityMaut als Belastung fürAutofahrerInnen

� PolitikerInnen müssen sichgegen starke Autolobbydurchsetzen � erfordertMut

ÖFFENTLICHER VERKEHR

DynamischeFahrgastinformation

� Verkürzung der subjektivenWartezeit

� Serviceleistung an denFahrgast � Image

� Kaum Problemfelder.Technisch muss dasSystem noch ausgereiftwerden, damit keine„falschen“ Wartezeitan-gaben entstehen

ElektronischeFahrplanauskuft

� Information der Fahrgästeüber Echtzeiten � man kannsich auf Verspätungen ein-stellen

� Gut für das Image deröffentlichen Verkehrsmittel

� Möglichkeit allen Verkehrs-teilnehmerInnen auch be-hinderten Menschen chancen-gleichen Zugang zu Infor-mationen zu ermöglichen

� Intensive Öffentlichkeits-arbeit ist notwendig, umüber angebotene Service-leistungen zu informieren

� Auf barrierenfreien Zugangvon Internetseiten ist zuachten

� Produkt muss an denBedürfnissen der Ku-ndInnen angepasst sein

ElektronischesTicketing

� Schnellere Abwicklung desAbrechnungssystems

� Gewinnen von Gelegenheits-kunden

� Angebote müssen ent-sprechend vermarktetwerden

� Produkt muss den Bedürf-nissen des Kunden ange-passt sein

� Möglichkeit desherkömmlichen Kaufeseines Tickets sollte ge-wahrt bleiben � sozialeAusgrenzung

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6 SchlussfolgerungenWie der vorliegende Bericht zeigt, spielt Telematik im Verkehr bereits einewesentliche Rolle. Durch den Einsatz von Telematik im Verkehr ergeben sichviele Chancen aber auch Risiken, die zum Teil noch nicht absehbar sind.

Folgende Punkte können zusammenfassend festgehalten werden:

• DefinitionVerkehrstelematik verknüpft Informations- und Kommunikationstechnologienmit Navigations-, Leit- und Regelungstechnik. Man versteht darunter dasErfassen, Übermitteln, Verarbeiten und Nutzen von verkehrsbezogenen Datenmit dem Ziel der Organisation, Information und Lenkung des Verkehrs.

• Verkehrstelematik und ZielvorstellungenEs sind hohe Erwartungen an den Einsatz von Verkehrstelematik geknüpft(Erhöhung der Verkehrssicherheit, Verbesserung der Wirtschaftlichkeit,Beitrag zur Umweltentlastung, etc.), die nur zum Teil erfüllt werden können.Verkehr ist primär ein System, das aus Menschen, und somit ausmenschlichen Interaktionen und Kommunikation besteht. Menschen nutzenvorhandene Einrichtungen nicht immer entsprechend den Instruktionen,sondern entwickeln eigene Strategien. Mittels Telematik werden einigeProbleme gelöst werden, sich längerfristig aber auch neue Probleme auftun.

• Verkehrstelematik und EuropaVerkehrstelematik ist ein fixer Bestandteil in der europäischenVerkehrspolitik. Von Seiten der Europäischen Kommission wird die Forschungim telematischen Bereich vorangetrieben. An europäischen telematischenNetzwerken wird gearbeitet. Es ist jedoch vor allem noch vielsozialwissenschaftliche Forschungsarbeit notwendig, um die Konsequenzendes vermehrten Einsatzes der Verkehrstelematik für den Menschen zuerfassen.

• Telematiksysteme im ÜberblickEs gibt eine Fülle von am Markt befindlichen Systemen. Vor allem für denPkw-Verkehr werden sehr viele Produkte bereits angeboten bzw. sind inEntwicklung. Auch im Güterverkehr und im öffentlichen Verkehr erleichterneine große Anzahl von Systemen die Abwicklung.

• Verkehrstelematik und AkzeptanzDie Akzeptanz von angebotenen Systemen wird stark davon abhängen,inwieweit dem Einzelnen bzw. der Einzelnen ein Vorteil durch dieVerwendungen eines Systems entsteht. Intensive Bedürfnis- undAkzeptanzforschung sind daher notwendig, um ein System auch tatsächlichan den Mann / die Frau zu bringen.

• Verkehrstelematik und unerwünschte NebeneffekteDa der Mensch nicht wie ein Roboter handelt, werden verkehrstelematischeEinrichtungen sicherlich auch Nebeneffekte zur Folge haben, die nichterwünscht waren. Verkehrstelematische Einrichtungen werden das Verhaltender einzelnen VerkehrsteilnehmerInnen auf jeden Fall wesentlichbeeinflussen. In welche Richtung sich das Verhalten verändern wird, ist nurbedingt vorhersagbar. Mit dem Phänomen der Verhaltensanpassung mussman sich insbesondere bei telematischen Einrichtungen für den motorisiertenIndividualverkehr intensiv auseinandersetzen. Zusätzlich ist darauf zu achten,

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dass Verkehrstelematik verbindet, Chancengleichheit schafft und nicht sozialeAusgrenzungen fördert.

• Verkehrstelematik und sozialwissenschaftliche ForschungsmethodenEs gibt eine Reihe von sozialwissenschaftlichen Methoden, die Auswirkungenneuer Systeme und Ausrüstungstypen in der Praxis untersuchen können,damit Probleme und unerwünschte Nebeneffekte verhindert werden können.Gleichzeitig kann auch die Akzeptanz eines Produktes gesteigert werden,wenn man das Produkt durch intensive Motiv- und Bedürfnisforschung denWünschen der KundInnen anpasst. Generell ist es wichtig, dass bei derEntwicklung von telematischen Systemen ein interdisiplinärer Zugang gewähltwird und das System durch die Kombination von mehrerenEvaluierungsmethoden („Integrierte Methoden“) hinsichtlich Akzeptanz,Benutzerfreundlichkeit, unerwünschte Nebeneffekte, etc. überprüft wird.

Verkehrstelematik ist aus dem heutigen System nicht mehr wegzudenken.Welche Erwartungen, die an die Verkehrstelematik geknüpft sind, auchtatsächlich erfüllt werden, wird zu einem großen Teil davon abhängen, inwieweitauch psychologische und sozialwissenschaftliche Aspekte berücksichtigt werden.

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www.atec-tec.net/fr/its_accueil_f7.asp

www.barrierefrei.at

www.bmwgroup.com.

www.bmvbw.de/telematik.496.htm

www.cordis.lu

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www.dream.lrrl.arch.tu-muenchen.de/perl/radlstadtplan

www.doku.net/artikeleugrundsat.htm

www.eureka.be/home.do

www.geldkarte.de

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www.gps-world.net

www.intermobil.org

www.kfz-auskunft.de/info/autobahngebuehr.html

www.klipjoint.info /trendfax_deutsch.htm

www.ots.at/presseaussendung

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www.polis-online.org

www.radzeit.de

www.salzburg.gv.at

www.sdt.cz/str1e/whatistelem1.html

www.service.wien.gv.at/wien-grafik/

www.teleonline.at;

www.toll-collect.de

www.ttsitalia.it

www.verkehr.steiermark.at

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www.via-donau.org/index.php

www.wien.arbeiterkammer.at

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www.wien.gv.at/verkehr/vema/rbl.htm

www.w3.org./wae

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76

8 Anhang

8.1 HUMANIST – Human centred design for Information SocietyTechnologies

Bei HUMANIST handelt es sich um ein EU-Projekt, ein Network of Excellence, im6. Rahmenprogramm Priorität 2 des IST Programmes (Information SocietyTechnologies). HUMANIST soll die Ausgangsbasis für eine langanhaltende,europaweite Zusammenarbeit der einzelnen Partner im BereichVerkehrstelematik, insbesondere in bezug auf "In-Vehicle Information Systems"(IVIS) und "Advanced Driver Assistance Systems" (ADAS), darstellen. ImRahmen des Netzwerkes sollen vorhandene Informationen zu den nachfolgendenThemen zusammengetragen und gleichermaßen für alle Beteiligten verfügbargemacht werden. Themen:

A) Identifikation der Bedürfnisse von AutofahrerInnen in Zusammenhangmit "Intelligent Transport Systems" (ITS) Applikationen

B) Erhebung eines möglichen Zusatznutzens von ITS-Anwendungen

C) Entwicklung eines „Joint-Cognitive models of Driver Vehicle Environmentfor User Centred Design“

D) Analyse der Auswirkungen von ITS-Applikationen auf das Fahrverhalten

E) Entwicklung innovativer Methoden zur Erhebung der Sicherheit undBenutzerfreundlichkeit von ITS-Anwendungen

F) Ausbildung und Training von AutofahrerInnen im Umgang mit ITS-Applikationen

G) Verwendung von ITS-Anwendungen zur Ausbildung von AutofahrerInnen

Weiters soll eine enge Zusammenarbeit der Partner forciert und verbessertwerden, z.B. mittels gemeinsamer Forschungsaktivitäten, Austausch vonForscherInnen, usw.. Zusätzlich besteht das Bestreben das bereits vorhandeneWissen an „Projekt-Externe“ (VerkehrsplanerInnen, IngenieurInnen,PolitikerInnen,...) heranzutragen, um gemeinsam zu neuen Erkenntnissen zugelangen. Großer Wert wird sowohl auf eine bessere Qualifizierung erfahrenerExpertInnen, als auch auf die Aus- und Weiterbildung angehender ForscherInnengelegt. Einen Überblick über sämtliche Aktivitäten, die im Rahmen des Projektsumgesetzt werden sollen, liefert die folgende Grafik.

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Grafik 1: Organisation von HUMANIST

Insgesamt sind 22 Partner aus 14 europäischen Ländern am EU-ProjektHUMANIST beteiligt. Die Laufzeit beträgt vier Jahre. Die Partner kommen ausverschiedenen Sparten mit unterschiedlichen Kompetenzen wie z.B. Humanfactors, Ergonomie, Kognitionswissenschaften, Ingenieurwesen, Psychologie oderSoziologie. Das Ziel ist es, auch nach Projektende die Kooperation der Partner,das Netzwerk aufrechtzuerhalten.

Network of Excellence HUMANIST – HUMAN centred design for InformationSociety technologies, Contract (Nr. 507420), EU (http://www.noehumanist.org)

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8.2 COST 352COST 352 „Influence of Modern In-Vehicle Information Systems on Road SafetyRequirements (IVIS)“ ist eine EU-Aktion im Rahmen der ForschungskooperationCOST (European CO-operation in the field of Scientific and Technical Research).

Insgesamt sind 16 Institutionen und Organisationen aus 10 verschiedeneneuropäischen Ländern an der Aktion beteiligt. Die Laufzeit beträgt vier Jahre.

Das Hauptziel der Aktion ist es die Verkehrssicherheit hinsichtlich IVIS-Systemezu steigern indem:

• eine wissenschaftliche Basis für die Legislation von IVIS-Ausrüstungengeschaffen wird

• Methoden zur Bewertung von Sicherheitsaspekten zusammengetragenund harmonisiert werden

• Regeln für das Fahrtraining und für die richtige Verwendung von IVIS-Systemen aufgestellt werden.

Zusätzlich sollen

• die Auswirkungen und mögliche Langzeiteffekt der IVIS-Systeme sowieder steigenden Informationsbelastung der AutofahrerInnen aufgezeigtwerden und

• es soll im Detail geklärt werden, wie IVIS Systeme AutofahrerInnenvon dem eigentlichen Verkehrsgeschehen ablenken können und sowichtige Informationen für den Fahrer bzw. die Fahrerin verloen gehen.

Die Untersuchungen beziehen sich auf unterschiedliche Fahrertypen und IVIS-Systeme Folgende Systeme werden dabei näher erforscht:

� In-Vehicle Informations- und Navigationssysteme

� Electronic messaging

� Mobiltelephonsysteme

� Unterhaltungssysteme

� Human information processing

Die Ergebnisse der Aktion werden an politische EntscheidungsträgerInnen undwichtigen Personen in der Industrie herangetragen, mit dem Ziel, dass auf diesteigende Anzahl und Verfügbarkeit von IVIS-Ausrüstungen von politischer undindustrieller Seite entsprechend reagiert werden kann.