Substantivemitstarker Präpositionsbindung ... · Substantiv:Hinweise Präposition:auf...

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Substantive mit starker Präpositionsbindung im Spannungsfeld zwischen Sprachsystem und Sprachgebrauch Exemplarische Analyse sechs ausgewählter Rektionssubstantive Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Dr. phil. der Fakultät für Geisteswissenschaften, Institut für Germanistik (Campus Essen), an der Universität Duisburg-Essen vorgelegt von Barbara Frochte geboren 1976 in Essen Tag der Disputation: 20. Mai 2015 Erstgutachter: Herr Prof. Dr. Ulrich Schmitz Zweitgutachterin: Frau Prof. Dr. Ulrike Haß

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  • Substantive mit starkerPrpositionsbindung

    im Spannungsfeld zwischenSprachsystem und Sprachgebrauch

    Exemplarische Analyse sechs ausgewhlterRektionssubstantive

    Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Dr. phil.

    der Fakultt fr Geisteswissenschaften,Institut fr Germanistik (Campus Essen),

    an der Universitt Duisburg-Essen

    vorgelegt von

    Barbara Frochtegeboren 1976 in Essen

    Tag der Disputation: 20. Mai 2015

    Erstgutachter: Herr Prof. Dr. Ulrich SchmitzZweitgutachterin: Frau Prof. Dr. Ulrike Ha

  • DanksagungEin Fluss schlngelt sich durch die Landschaft. Er entspringt als kleiner Bachlauf an seinerQuelle. An manchen Stellen fliet er zielstrebig dahin, an anderen liegen groe Steine undverkeilte ste in seinem Weg. Gelegentlich muss er seinen Lauf verlassen, um ein geeigne-tes Flussbett zu finden und neue Fliewege zu ergrnden. Irgendwann aber mndet er alsgroer Fluss im Meer. Meine Dissertation hat auch als kleiner Bachlauf begonnen, dochim Gegensatz zum Fluss, der seinen Weg allein finden muss, standen mir viele hilfreicheMenschen zur Seite.Mein ganz besonderer Dank gilt allen Personen, die mich auf meinem langen Weg begleitetund untersttzt haben. Ein groes Dankeschn fr die Anregungen in fachlichen Gespr-chen richte ich an Herrn Prof. Stefan Schierholz und Herrn Dr. Matthias Hlzner sowie frdie technische Beratung per E-Mail an Herrn Rainer Perkuhn, Informatiker am Institutfr deutsche Sprache in Mannheim. Einen regen Austausch unterhielt ich auerdem mitFrau Pavlina Zlateva von der Universitt Sofia in Bulgarien, die sich sprachwissenschaft-lich fr hnliche Fragestellungen interessiert. Fr die hilfreiche Untersttzung im BereichStatistik bedanke ich mich herzlich bei Frau Dr. Sabine Weidauer (FH Dortmund) sowiebei meinem Ehemann Jrg (Professor fr Angewandte Informatik und Mathematik an derFH Bochum).Bei meinem Doktorvater, Herrn Prof. Ulrich Schmitz, mchte ich mich fr das groe Ver-trauen bedanken, das er in mich gesetzt hat, und dafr, dass er mich whrend des Umzugesnach Ostwestfalen, des Referendariats, des Rckzugs in das Ruhrgebiet und nach der Ge-burt meines Sohnes sowie meinem Einstieg in das Schulleben weiter ermutigt und begleitethat. Dass ich meine Weiterarbeit an der Dissertation trotz dieser Zwischenstationen undvorbergehenden Unterbrechungen zielstrebig fortfhren konnte, habe ich vor allem meinerFamilie zu verdanken. Meinen Eltern und Schwiegereltern danke ich besonders fr die lie-bevolle Betreuung meines Sohnes und dafr, dass sie immer, wenn es notwendig war, auchkurzfristig einsprangen. Ein weiteres Dankeschn gilt meinem Schwager, meiner Mutterund meinem Ehemann Jrg fr das Korrekturlesen und allen Freunden und Familienange-hrigen sowie allen Schlern und Studenten, an den Erhebungen teilgenommen haben.

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  • Inhaltsverzeichnis

    Einleitung 71. Wegweiser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72. Entwicklung der konkreten Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123. Terminologie und optische Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184. Gliederung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

    I. Konstruktionen mit Prpositionalphrasen als Attributen 23

    1. Literatur im berblick 241.1. Studien zur Substantivvalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281.2. Deutsch als Fremdsprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321.3. Kurzes Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

    2. Grundbegriffe rund um die PPA-Konstruktion 352.1. Die PPA-Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

    2.1.1. Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362.1.2. Stellung und Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372.1.3. Abgrenzung von PPAreg und PPAadv . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

    2.2. Die Prposition: Begriffsklrung und Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . 39

    3. Die Binnenstruktur der PPAreg-Konstruktion 433.1. Syntagmatische Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

    3.1.1. Valenzvererbung oder Valenzverlust? . . . . . . . . . . . . . . . . . 443.1.2. Rektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473.1.3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

    3.2. Das Rektionssubstantiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513.2.1. Merkmale der Rektionssubstantive . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513.2.2. Beispiel fr Bedeutungsfelder - Rektionssubstantive vor auf . . . . 52

    3.3. Die Prpositionreg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533.3.1. Paradigmatische Beschrnkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533.3.2. Bedeutungsnuancen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563.3.3. Merkmale im berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

    3.4. Der Nachfolger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583.5. Das Zusammenspiel der drei Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

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  • Inhaltsverzeichnis

    4. Methoden 614.1. Zwei Erhebungen mit Informantenbefragung . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

    4.1.1. Erhebung Nr 1: Prpositionserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . 614.1.2. Erhebung Nr.2: Kontexterhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

    4.2. Korpusrecherchen im DeReKo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 704.2.1. Genutzte Archive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 704.2.2. Durchfhrung der Recherchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

    II. Spannungsfeld zwischen Sprachsystem und Sprachgebrauch 73

    5. Fallanalysen der sechs Rektionssubstantive 745.1. Items der Prpositionserhebung im berblick . . . . . . . . . . . . . . . . 745.2. Zentrale These . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 755.3. Chancen auf Erfolg: Chancen, die zum Sieg fhren? . . . . . . . . . . . . . 77

    5.3.1. Einfhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 775.3.2. Entwicklung eines Erklrungsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . 825.3.3. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . 112

    5.4. Haben Sie auch Bedenken gegen Bedenken ber? . . . . . . . . . . . . . . . 1165.4.1. Einfhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1165.4.2. Entwicklung eines Erklrungsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . 1205.4.3. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . 161

    5.5. berblick und Einblick: Prpositionswahl nach bedeutungshnlichen Rektions-substantiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1675.5.1. Einfhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1675.5.2. Entwicklung eines Erklrungsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . 1755.5.3. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . 205

    5.6. Links und Verweise: Hin- und hergerissen zwischen zu und auf . . . . . . . 2105.6.1. Einfhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2105.6.2. Entwicklung eines Erklrungsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . 2185.6.3. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . 247

    6. Die Qual der Prpositionswahl: Sechs Rektionssubstantive im Vergleich 2516.1. Gebrauchsweisen aller untersuchten Prpositionen . . . . . . . . . . . . . . 251

    6.1.1. Abgleich von Sprachsystem und Sprachgebrauch . . . . . . . . . . . 2516.1.2. Bewertungen der Probandenprpositionen im Vergleich . . . . . . . 252

    6.2. Probandenspezifische Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2546.2.1. Warum Probanden keine PPAreg gebildet haben . . . . . . . . . . . 2546.2.2. PPAreg-spezifischer Entwicklungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . 2566.2.3. Leseverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2596.2.4. Korrigierte Prpositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2596.2.5. Die Rolle der Muttersprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262

    6.3. Sprachspezifische Kriterien: Spezialwortschatz, Semantik, Sprachwandel . . 263

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  • Inhaltsverzeichnis

    III. Fazit 265

    7. Mglichkeiten und Grenzen 2667.1. Bewertung der angewendeten Forschungsmethoden . . . . . . . . . . . . . 266

    7.1.1. Untersuchung mittels Erhebungsbogen . . . . . . . . . . . . . . . . 2667.1.2. Verknpfung von Erhebung und Korpusrecherche . . . . . . . . . . 2687.1.3. Die Kombinationsprfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269

    7.2. Schlussfolgerungen fr die Lexikographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2697.3. Bedeutung der Ergebnisse fr den Deutsch- sowie DaF-Unterricht . . . . . 272

    8. Ausblick 275

    Literaturverzeichnis 277

    A. ANHANG 286A.1. Pretests und Prpositionserhebung (Nr.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286

    A.1.1. Pretests I und II: Vorgehensweise und Umfang der Stichproben . . . 286A.1.2. Pretest III: Probanden, Umfang und Ort der Durchfhrung . . . . . 286A.1.3. Prpositionserhebung: Umfang der Stichprobe . . . . . . . . . . . . 287

    A.2. Erhebungsbogen der Kontexterhebung (Nr.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . 290A.3. Statistische Untersuchungen auf der Basis des 2-Tests . . . . . . . . . . . 292A.4. Paradigmatische Tests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294

    A.4.1. Kasusmarkierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294A.4.2. Der Benefaktiv und das finale fr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295A.4.3. Entwicklung der Kombinationsprfung . . . . . . . . . . . . . . . . 296

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  • Einleitung

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  • 1. Werktitel wecken ErwartungenOft glaubt man, zum Beispiel im Rahmen einer Recherche, im Titel eines Werkes Hin-weise auf ein bestimmtes Thema gefunden zu haben, um beim ersten Durchbltternfeststellen zu mssen, dass der gesuchte Sachverhalt dort nicht wie erwartet thematisiertwird. Daher folgen die Abschnitte der Einleitung den Titelstichworten als Wegweiser zumKern der vorliegenden Dissertation. Der Anfang des Titels

    Substantive mit starker Prpositionsbindung

    fhrt zwei der drei wichtigsten Elemente ein und weist darber hinaus mit dem BegriffBindung auf die Existenz einer Zusammengehrigkeit hin. Es gibt Substantive, die engan eine bestimmte Prposition gebunden sind. Der erste Satz der Einleitung dient imgekrzten Beispielsatz 1 der Veranschaulichung:

    1. Oft glaubt man, [...] im Titel eines Werkes Hinweise auf ein bestimmtes Thema gefundenzu haben [...].

    Bei Hinweise handelt es sich um solch ein Substantiv, das stark mit der Prposition auf ver-bunden ist. Im Titel nicht enthalten ist das - im Beispielsatz 1 ebenfalls mit unterstrichene- dritte Element: die Substantivgruppe ein bestimmtes Thema.

    Substantiv: Hinweise Prposition: auf Substantivgruppe: ein bestimmtes Thema

    Zwei Eigenschaften, nmlich zum einen, dass die Substantivgruppe mit der Prpositiongemeinsam attributbildend im Satz wirksam wird, und zum anderen, dass das ersteSubstantiv und die Prposition in manchen Kombinationen fester als in manch anderenFllen aneinander gebunden sind, bilden die Kernaspekte der in dieser Arbeit nachgegan-genen Fragestellungen. Denn das Besondere an diesen Syntagmen ist, dass die Substantiveauf bestimmte Weise zu den ihnen zumeist folgenden Prpositionen gehren.Bei der Bildung einer Prpositionalphrase wird die Prposition in der Regel anhand ihrerklaren Semantik ausgewhlt. Denn Prpositionen stellen Beziehungen zwischen Gegen-stnden, Lebewesen oder Konzepten sprachlich her (semantische Dimension), whrend siegleichzeitig die Funktion erfllen, die betreffenden Elemente formal und - im Gegensatzz.B. zu Genitivattributen - sehr explizit im Satz zu verknpfen (syntaktische Dimensi-on). Fr das Gelingen von Kommunikation spielt die Semantik der Prpositionen in vielenSituationen eine magebliche Rolle (pragmatische Dimension). Wrde beispielsweise imnachfolgend geschilderten Fall vor durch hinter ersetzt werden, ergbe sich - im wahrstenSinne des Wortes - ein anderes Bild. Jemand mchte eine Familie fotografieren und sagt:

    2. Der kleine Junge vor der Gruppe kann so stehen bleiben.

    Die Entscheidung des Fotografen fr vor und gegen hinter richtet sich nach den situativenVoraussetzungen. Stnde der kleine Junge hinter der Gruppe, htte der Fotograf vermut-lich gesagt: Der kleine Junge hinter der Gruppe ist auf dem Foto nicht zu sehen.

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  • Anders verhlt es sich jedoch in Beispiel 1, das in dieser Arbeit als PPAreg-Konstruktionbezeichnet wird; eine Begriffserklrung mit Begrndung folgt am Ende der Einleitung.Beispiel 1 besteht aus einer fixierten Fgung, in der das Substantiv und die Prpositioneng aneinander gebunden sind: Es liegt ein fester Aufbau vor, und die Prposition kann inder Regel nicht ausgetauscht werden, da sie sich semantisch nicht direkt auf die situativenBegebenheiten bezieht, wie folgender Beispielsatz verdeutlicht:

    3. Die Polizei erhielt durch den Anruf einen Hinweis auf den Tter.

    Die Substantive Hinweis und Tter mssen syntaktisch durch eine Prposition verknpftwerden, sofern nicht eine alternative syntaktische Konstruktionen gewhlt wird, wie z.B.das Kompositum Tterhinweis oder der Gliedsatz Hinweis darauf, wer der Tter seinknnte. Doch, um mit Henri Bouillons Worten zu fragen ([13] 1984, S.93): Wieso aufund keine andere Prposition? Natrliche Sprachentwicklung ist ein Aspekt. In der vor-liegenden Arbeit wird auerdem davon ausgegangen, dass zwar nicht konkret-semantische,doch zumindest abstrakt-semantische Einflsse vorliegen.Inhaltlich erfhrt der Leser in Beispiel 3, dass die Polizei per Telefonanruf einen Hinweiserhielt, der zur Verhaftung des Tters fhren knnte. Die ursprngliche lokale Bedeutungder Prposition auf darf hier nicht wrtlich genommen werden. Niemand wrde den Satzdahingehend interpretieren, dass die Polizei, die den Tter bereits gefasst hat, durch denAnruf einen Hinweis auf den Kopf des Tters gelegt bekommt (beachte: Akkusativ!). Diesemantische Beziehung der Prposition zu den Begriffen Hinweise und Tter ist hier alsoeine andere als die zwischen den Satzelementen aus Beispiel 2, das hier die BezeichnungPPAadv-Konstruktion erhlt. Diese unterschiedliche semantische Beziehung bot in derVergangenheit immer wieder Anlass zu der Behauptung, die Sprachproduktion von Stzenwie Nr. 2 sei aufgrund der klaren Semantik einfacher als von Stzen wie Nr. 1 und Nr.3. Anhand der Wortwahl wird bereits deutlich, dass in der nachfolgend prsentiertenUntersuchung auch in PPAreg-Konstruktionen von einer semantischen Leistung der Prpo-sitionen ausgegangen wird, allerdings in abgeschwchter Form.

    Gibt es Regeln darber, warum ein Verb nur mit bestimmten Prpositionen verbundenist? Mit dieser Frage, die sie im weiteren Verlauf ihres Textes auch auf Substantiveund Adjektive bezieht, spricht Margarete Hansen in ihrer Grammatik (nochmal)von Anfang an eines der Probleme von Deutschlernenden an ([46] 2004, S.97): WelchePrposition wird von mir nach diesem Substantiv erwartet? Diese Frage impliziert einetypische Erwartungshaltung von sprachwissenschaftlichen Laien, nmlich, dass Sprachenormativ ist und Abweichungen negativ von der Sprachgemeinschaft bewertet werden.Hansens Antwort auf ihre eigene einleitende Frage lautet: Nein, einige Prpositionensind zwar logisch (z.B. fr, mit, gegen), die meisten muss man aber lernen. Mit manbezieht sich Hansen auf Fremdsprachenlerner. In Teil II der vorliegenden Arbeit wirdsich herausstellen, dass sich auch Muttersprachler diesem Problem stellen mssen unddass das scheinbar so einfache gegen im Einzelfall doch Unsicherheiten hervorrufen kann.In der Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts wurden Stimmen lauter, die forder-ten, dass es nach langer Beschftigung mit dem verwandten Thema Prpositionalobjekte

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  • endlich an der Zeit sei, die Prpositionalphrasen nach Substantiven nher zu beleuchten.Dieser Aufforderung wurde zunchst nur schleppend nachgekommen. Lediglich im BereichDeutsch als Fremdsprache (DaF) erhielten sie aufgrund der Schwierigkeiten und Fragen derLernenden seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts kontinuierlich mehr Aufmerk-samkeit. Erst in jngster Zeit erfhrt das Thema - wie im Forschungsbericht in Kapitel 1nachzulesen ist - endlich einen Aufschwung, vor allem im Bereich der Lexikographie. Docheine einheitliche Terminologie existiert in der aktuellen Forschungsliteratur noch immernicht. Nicht nur, aber auch aus diesem Grund enthlt der Titel die neutrale FormulierungSubstantive mit starker Prpositionsbindung.

    Die Aufschlsselung des nchsten Wegweisers

    im Spannungsfeld zwischen Sprachsystem und Sprachgebrauch

    bringt eine Diskrepanz ans Licht: Er impliziert, dass manche PPAreg-Konstruktionenim wahrsten Sinne des Wortes Spannung zwischen der in Wrterbchern angegebenenVerwendung und der Art und Weise, wie sie von einigen Menschen aktuell benutztwerden, hin- und hergerissen sind, und zwar hinsichtlich der Selektion der Prposition.Als Ursachen werden unterschiedliche Aspekte vermutet, unter anderem Muttersprache,Sprachkompetenz, die andere Art von Semantik der Prpositionen, pragmatische Voraus-setzungen, Varietten, Sprachwandel sowie das Verhltnis der drei beteiligten Elementezueinander:Das folgende Zitat von Schierholz entstammt zwar einem anderen Zusammenhang,doch zeigt es, dass er davon ausgeht, dass Muttersprachler kaum Probleme bei derSelektion der korrekten regierten Prposition haben ([91] 2001, S.52). Auf der anderenSeite besttigt Wiegand: Nichtmuttersprachler haben [...] nachweislich bei der Pro-duktion von deutschen Satzuerungen [...] relativ groe Schwierigkeiten mit dem, wasin dieser Arbeit als PPAreg-Konstruktion bezeichnet wird. Schon 1985 konnte er in einerUntersuchung nachweisen, dass von 3000 Fragen der Deutschlernenden 290 die Auswahlder akzeptierten regierten Prpositionen betrafen ([122] 1996, S.109). Wiegand sei nochnie der Fall begegnet, da jemand, dessen Muttersprache nicht das Deutsche ist, explizitnach der Bedeutung einer primren, regierten Prposition des Deutschen gefragt hat.Muttersprachler tun dies ohnehin nicht, denn der Gebrauch der Prpositionen wird inallen fixierten Gebrauchsweisen von erwachsenen Sprechern problemlos beherrscht ([122]1996, S.140). Demnach fragen Muttersprachler also nicht nach der Bedeutung der regiertenPrpositionen, weil sie diese intuitiv richtig auswhlen, und Nichtmuttersprachler, weilihnen beigebracht wird, dass sie die Phrase nur durch Auswendiglernen beherrschenwerden. Ob Schierholz Zitat und Wiegands letzte Aussage in dessen obigem Zitatauch auf die in dieser Arbeit ausgewhlten Sprachbeispiele und die gewhlten Probanden(Jugendliche/junge Erwachsene, Mutter-/Nichtmuttersprachler) in der Gegenwart zutrifft,werden die Ausfhrungen in Kapitel 5 zeigen.

    Sprache befindet sich im steten Wandel, vorangetrieben durch uns Sprachnutzerselbst als Motoren, und speziell in der heutigen Zeit wird er durch Globalisierung

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  • und technischen Fortschritt beschleunigt. Seit der Etablierung von Wrterbchern undGrammatiken, die Sprachgemeinschaften enger aneinander gebunden haben, werden diesein Zweifelsfllen als Normwerke bemht. Deskriptiv erstellte Wrterbcher aktualisierenden Sprachgebrauch entsprechend gegenwrtigen Entwicklungen. Somit befinden sich vieleWrter oder Phrasen unserer Sprache in solch einem Spannungsfeld. Diesen Umstand hatHugo Moser im Jahre 1957 treffend umschrieben:1 Stetiger Wandel gehrt zum Wesenjedes Kulturgutes, auch der Sprache: Falsches wird stndig richtig, und Richtiges wirdumgekehrt falsch. Provokativ gefragt: Knnen bei der Selektion der Prposition dieUnsicherheiten, auch der erwachsenen deutschen Muttersprachler, dann ausschlielich aufSprachwandelprozesse zurckgefhrt werden?

    Die exemplarische Analyse sechs ausgewhlter Rektionssubstantive

    geht aus den vorangegangenen berlegungen hervor. Dieser letzte Wegweiser fhrt direktzur Hauptthese:Die Selektion der Prposition in manchen PPAreg-Konstruktionen ist nicht nur fr

    Nichtmuttersprachler und Heranwachsende, sondern auch fr erwachseneMuttersprachler problemanfllig. Die vermuteten vielschichtigen sprach- undpersonenspezifischen Ursachen bedrfen einer intensiven Untersuchung.

    In der Thesenformulierung knnte das Adjektiv problemanfllig den Anschein erwecken,dass das Zweifeln bei der Prpositionsauswahl eher als Problem denn als Chance wahr-genommen wird. Dieser Frage widmet sich Christa Drscheid in ihrem Artikel [27]Zweifeln als Chance? Zweifeln als Problem? Sprachliche Zweifelsflle im Deutschunter-richt. Ohne an dieser Stelle allzu tief auf das sicherlich interessante Gebiet der sprachlichenZweifelsflle einzugehen, sollen nachfolgend einige wichtige Aspekte vorgestellt werden, dieim weiteren Verlauf von Bedeutung sein werden. Denn den Kernpunkt der Untersuchungbildet tatschlich das Zweifeln: (D)as Vorkommen eines sprachlichen Zweifelsfalls setztein Zweifeln voraus; umgekehrt ist es aber keineswegs so, dass jedes Zweifeln ein Hin-weis auf einen sprachlichen Zweifelsfall ist ([27] Drscheid 2011, S.155). Wolf PeterKlein nennt sechs Mglichkeiten, sprachliche Zweifelsflle zu identifizieren, neben der In-trospektion auch Umfragen und empirische Untersuchungen ([65] 2003, S.13). Wie auchDrr/Schlobinski in ihrer Einfhrung in die deskriptive Linguistik betonen,ist Introspektion zunchst einmal nichts Negatives, solange sie anhand von Erhebungs-ergebnissen gesttzt werden kann ([26] 1990, S.245). Die Anwendung dieser Methodeninklusive Korpusrecherchen dient in der vorliegenden Untersuchung dazu, den Umstndendes Zweifelns der Deutsch schreibenden Menschen auf die Spur zu kommen, und zwarbezogen auf die Selektion der Prposition nach sechs ausgewhlten Substantiven. In derso genannten Prpositionserhebung (ausfhrlich beschrieben in Kapitel 4.1.1) wurde derProbandengruppe - aus nachfolgend genannten Grnden bestehend aus Schlern und Stu-denten - auf einem Erhebungsbogen Satzbausteine vorgegeben. Aus diesen sollten sie voll-stndige Stze bilden, durch die ihre individuelle Wahl des prpositionalen Anschlusses an

    1Zitiert nach [8] Benes 1974, S.49 in der Festschrift zum 65. Geburtstag Hugo Mosers.

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  • die ausgewhlten Rektionssubstantive Chancen, Bedenken, Einblick, berblick, Links sowieVerweise ermittelt werden konnte. Ein Vergleich der Resultate der Prpositionserhebung,sowohl mit prskriptiv genutzten Wrterbucheintrgen als auch mit Korpusrechercheer-gebnissen, teilweise aus dem DWDS,2 zumeist aber aus dem Deutschen Referenzkorpus(DeReKo) [58] - Schierholz attestiert gute Erfahrungen mit Zeitungstexten im Bereichder Rektionssubstantive ([91] 2001, S.284) - wird dieses Spannungsfeld zwischen Sprachsys-tem und Sprachgebrauch verdeutlichen. Denn: Das Valenzverhalten von Substantiven istnur ber empirische Untersuchungen (z.B. durch Korpusanalysen) angemessen zu eruieren([57] Hlzner 2007, S.304). Die Recherchen werden in aktuellen, zeitlich zusammenge-hrenden Korpora durchgefhrt, mit dem Ziel, herauszufinden, welche Prpositionen dieMenschen heute (synchrone Arbeitsweise) in bestimmten PPAreg-Konstruktionen verwen-den (deskriptives Vorgehen). Die Ergebnisse sind nur in sehr beschrnktem Umfang durchdie Regeln der Syntax vorherzusagen ([113] Teubert 2003, S.824). Wer also analysiert,welche Satzelemente von welchen lexikalischen Einheiten abhngen, muss diese EinheitenStck fr Stck analysieren und beschreiben ([113] Teubert 2003, S.821).Gem Wolf Peter Kleins Definition eines sprachlichen Zweifelsfalls ([65] 2003, S.7)treten diese nur bei kompetenten Sprechern auf, in der Sprachwissenschaft verstanden alsmutter- oder fremdsprachliche Sprecher, deren Spracherwerb bereits als abgeschlossen gilt.Hingegen kann die sprachliche Unsicherheit auch schlicht daher rhren, dass der Sprechernoch nicht ber ausreichende Kenntnisse des Deutschen verfgt ([27] Drscheid 2011,S.159). berspitzt und provokativ formuliert bedeutet dies: Das in der Prpositionserhe-bung beim Ausfllen des Bogens sichtbare Zweifeln eines knapp elfjhrigen Nichtmutter-sprachlers knnte also an mangelnder Kenntnis liegen, das einer 30-jhrigen deutschsprachi-gen Germanistik-Studentin indes an einem ausgeprgten Problem- und Sprachbewusstsein.Ein Zweifelsfall sei ein kollektives Problem, kein Einzelfall. Diesbezglich sind weiterhinKleins Stichworte immer wieder und nennenswerte Anzahl von Sprechern von Bedeu-tung ([66] 2009, S.143f.). Gem seiner Definition muss ein sprachlicher Zweifelsfall bei einernennenswerten Anzahl von Sprechern immer wieder auftreten, um als solcher klassifiziert zuwerden. Ein eindeutiges Feststellen eines sprachlichen Zweifelsfalls bentigt also eine mg-lichst groe Grundgesamtheit sowie eine zeitlich lnger angelegte Untersuchung, um diesenbeiden Anforderungen gerecht zu werden. An den Ausfhrungen wird deutlich: Hauptzielder Prpositionserhebung kann es nicht sein, am Ende feststellen zu knnen, ob es sichbei den untersuchten Fllen um sprachliche Zweifelsflle handelt. Denn weder die als Pro-banden ausgewhlten Nichtmuttersprachler noch die ganz jungen Schler unter 12 Jahrenknnen anhand der ermittelten Informationen als hundertprozentig kompetente Sprecher- in diesem Fall Schreiber - bezeichnet werden. Doch knnen die Ergebnisse Indizien lie-fern, ob es lohnenswert ist, sich ihnen in Zukunft eingehender unter dieser Fragestellung zunhern. Darber hinaus knnen die verschiedenen Facetten des Zweifelns unter Bercksich-tigung unterschiedlicher Probandenvoraussetzungen und sprachlicher Bedingungen durchdie Ergebnisse dieser Untersuchung sichtbar gemacht werden. Zweifeln geht immer einhermit einem Moment des Innehaltens ([65] Klein 2003, S.8). Bei der Auswertung der Pr-

    2[25] Das Digitale Wrterbuch der deutschen Sprache http://www.dwds.de.

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    http://www.dwds.de

  • positionserhebung kann zustzlich ein Umstand genutzt werden, um dem Ergebnis diesesInnehaltens whrend der Prpositionsauswahl nherzukommen, nmlich die sichtbar vor-genommenen schriftlichen Korrekturen der zuerst niedergeschriebenen Prposition.Mit diesem letzten Wegweiser ist der Inhalt der Arbeit anhand der Titelschlagwrter ein-leitend erschlossen. Der Leser mag nun entscheiden, ob die Ausfhrungen seine durch denTitel geweckten Erwartungen getroffen haben.

    2. Entwicklung der FragestellungenDer Nominalstil begnstigt lexikalisch-grammatische StolperfallenSatzgefge werden in der deutschen Sprache verstrkt durch Nominalkonstruktionen er-setzt,3 da jene knapper und konomischer als vollstndige Stze sind ([102] Sommerfeldt1970, S.554). Trotz sprachstilistischer Kritik, z.B. dass der Nominalstil unpersnlich undleserunfreundlich ist, hlt diese Entwicklung an. Denn, wie z.B. Peschel ausfhrt, exis-tieren gengend Grnde, warum der bewusste Einsatz des Nominalstils sinnvoll sein kann([85] Peschel 2002, S.238). Werden dann anstelle von eigenstndigen Satzgliedern wieadverbiellen Bestimmungen und Objekten Prpositionalphrasen als Attribute verwendet,so ergibt sich automatisch die Notwendigkeit, zu entscheiden, welche Prposition geeignetist. So sind einige (k)omplexe Nominalphrasen [...] sowohl linguistisch wie sprachdidak-tisch ein schwieriger Bereich fr Deutschlernende ([85] Peschel 2002, S.250). Historischgesehen existiert in der deutschen Muttersprachdidaktik keine Tradition, sich mit derWahl der Prposition in PPAreg-Konstruktionen zu beschftigen, da sie im Gegensatz z.B.zu Wortarten, Satzgliedern und Satzarten, die ab Klasse 5 im Spiralcurriculum des FachesDeutsch verpflichtend sind, nicht als elementares, sondern eher als fortgeschrittenes, wennnicht sogar ungewhnliches Thema gelten drften.

    Soweit bekannt, gibt es in der Fachliteratur zwar ausfhrliche Untersuchungen zurPrpositionalphrase als Attribut (Droop [22], Schierholz [91]) und zu den Problemenvon Deutschlernenden (Viorel [114], Bouillon [12]), doch keine vergleichbarenFragestellungen, die sich mit den konkreten Unsicherheiten vor allem der deutschenMuttersprachler befassen. Den Ansatzpunkt bildete eine 2003 erstellte Datenbank mit 454Belegen fr fehlerhaften oder ungewhnlichen Gebrauch deutscher Prpositionen. DiesePrpositionsfehlerdatenbank, wie sie im Folgenden bezeichnet wird, wurde zwarnicht verffentlicht, doch war sie Ergebnis der Vorarbeiten zu meiner Examensarbeit mitdem Titel Schwierigkeiten bei der Verwendung deutscher Prpositionen in gebundenerStruktur - Theorie und Beispiele ([38] Frhlich 2003). Meine Beitrag bestand darin,diese von Ulrich Schmitz gesammelten Sprachbelege zu klassifizieren und in die Da-tenbank einzupflegen, um sie in der Examensarbeit vorstellen und analysieren zu knnen.Etwa 70% der Belege (321 Datenstze) dokumentieren Schwierigkeiten bei der Wahl der

    3Vgl. dazu auch: [93] Schmidt 1993, S.1 sowie [22]: Droop hat 1977 anhand von Korpusuntersuchungenherausgefunden, dass die Verwendung von Prpositionalattributen in Wissenschafts- und Verwaltungs-texten zwischen dem 18. und 20. Jahrhundert stark angestiegen ist.

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  • Prposition nach Verben oder Substantiven ([38] Frhlich 2003, S.32f.). Ausgehend vondiesem Befund stand zu Beginn der Arbeit an der Dissertation folgende Frage: WelcheUrsachen liegen diesen dokumentierten Schwierigkeiten zugrunde? Sie werden in zweiunterschiedlichen Bereichen vermutet und durch folgende Fragen konkretisiert:

    1. Welchen Einfluss ben die beteiligten sprachlichen Elemente, meint: das Rektionssubstantivund die Nachfolgerphrase, dabei aus?

    2. Welche personenbezogenen Einflussfaktoren gibt es (Deutschlernende/Muttersprachler,alters- oder bildungsbezogener Entwicklungsprozess von der 5. Klasse bis zum Studium)?

    Methodische Wege zur Ermittlung von SprachkompetenzFolgendes Zitat erinnert an das im Titel genannte Spannungsfeld, das im Verlauf der fol-genden Kapitel immer wieder deutlich wird:

    Richtig ist, was ein kompetenter Sprecher, ein Linguist natrlich im be-sonderen, als richtig definiert. [...] Aber auch in der Muttersprache ist dieeigene Kompetenz kein eindeutiger Mastab. Was der eine Muttersprach-ler als grammatisch korrekt empfindet, ist fr einen anderen falsch ([26]Drr/Schlobinski 1990, S.245).

    Denn tatschlich ist der konkrete Sprachgebrauch weitaus vielgestaltiger und normun-abhngiger [...], als dies standardorientierte Vorstellungen von Sprache nahe legen ([4]Antos 2003, S.36). Gerd Antos unterscheidet diesbezglich zwischen zwei Arten vonSprachkompetenz, die er im Hinblick auf sprachliche Zweifelsflle und in Anlehnung andie kommunikationstheoretische Methodik Gerold Ungeheuers als SZ1 und SZ2 be-zeichnet: Whrend SZ1 eine von Laien bei der Sprachproduktion betriebene kommuni-kationspragmatische Reflexion ber Sprache benennt, also einen Zweifel z.B. bezglichder orthografischen Richtigkeit oder stilistischen Angemessenheit bestimmter Formulie-rungen, nimmt der Linguist im Bereich der SZ2 eine extrakommunikative Reflexion bersprachstrukturelle Inhomogenitten einer Sprache vor ([4] Antos 2003, S.36). ber diesesprachstrukturell bedingten Zweifelsflle, die aus Sprachschwankungen oder sprachhisto-risch entstandenen unregelmigen Formen hervorgehen knnen, reflektieren Laien zwarauch, aber rein pragmatisch in ihre kommunikative Situation eingebettet. Im Sinne derSZ2 beschftigt sich der Linguist jedoch als Nicht-Beteiligter auf der Beobachtungsebenemit dieser sprachstrukturellen Verschiedenartigkeit, die einer der Grnde fr das Zweifelnist. Vor diesem Hintergrund ist es, nicht nur um wissenschaftlichen Ansprchen zu ge-ngen, zwingend erforderlich, die Intuition des einzelnen Sprachwissenschaftlers mithilfemglichst objektiver Verfahren zu belegen. Um dem, wie es Schierholz treffend for-muliert, Defizit der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit vorzubeugen ([91] 2001, S.131)werden das Zweifeln der Probanden und dessen Ursachen dort untersucht, wo sie mit densprachstrukturellen Disparatheiten in Berhrung kommen. Hierzu werden, wie im vorigenAbschnitt bereits angedeutet, hauptschlich folgende methodische Wege beschritten: ZweiSprachtests mit einer modifizierten Informantenbefragung, Korpusanalysen sowie paradig-matische Tests. Die verwendeten Methoden werden in Kapitel 4 ausfhrlich vorgestellt.

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  • Hans Glinz, einer der wichtigsten und anregendsten Grammatiker der Jahrzehnte nachdem zweiten Weltkrieg (Engel im Vorwort zu [110] Tesnires Grundzgen 1980,S.20), schrieb zur Informantenbefragung:

    Wir haben beliebige Informanten, d. h. Sprachteilhaber, die Deutsch in sei-ner heutigen Form sprechen (und zwar als ihre Sprache [...]). [...] Aus den sozu gewinnenden Beobachtungen der Performanz (= der sprachlichen Akte, desVerstehens und Sprechens, Lesens und Schreibens) knnen wir Schlsse zie-hen auf die Kompetenz (= den Sprachbesitz) [...] einem unbewussten geistigenBesitz ([41] 1971, S.14).

    Glinz sowie auch Schmidt ([93] 1993) legten in ihrer Informantenbefragung den Betei-ligten unterschiedliche Stze zur spontanen Bewertung vor, um deren Korrektheitsurteilezu ermitteln ([93] Schmidt 1993, S.194). In der vorliegenden Untersuchung wird mitder Prpositionserhebung eine neue Form entwickelt und erprobt. Es handelt sich dabeium eine Art Konnektivittstest mit anschlieender Sozialdatenabfrage, wobei der BegriffTest nicht implizieren soll, dass die Probanden an einer sprachlichen Norm gemessenwerden. Vielmehr wird mglichst vielen, darunter auch linguistisch gebildeten, Menschenihr Sprachgefhl hinsichtlich einer speziellen syntaktischen Konstruktion entlockt: Inder ersten Erhebung, der Prpositionserhebung (siehe auch Kapitel 4.1.1.6), sollten dieInformanten ihnen korrekt erscheinende deutsche Stze auf der Grundlage vorgegebenersprachlicher Elemente bilden, aus organisatorischen Grnden jedoch ohne weiterenKontext. Obwohl es wnschenswert wre, mglichst natrliche Sprachdaten zu erhalten,knnen in solch einer Art von Untersuchung die Auswirkungen des Beobachterparadoxesnicht ganz unterdrckt werden. Es musste in Kauf genommen werden, dass aus jeglichemKontext herausgerissene (Satz)Beispiele verwendet wurden, um es mit den Worten derrumnischen Deutschdozentin der Universitt Bukarest, Ana Iroaie zu sagen ([61] 2004,S.238). Um diesen Nachteil auszugleichen, wurden die zu erwarteten Erhebungsstzevor der Auswahl aufmerksam auf ihr Vorkommen in der deutschen Schriftsprache hinuntersucht: Sie alle stellen vereinfachte Formen real existierender Stze dar. Nicht zuletztdurch den Vergleich mit authentischen Korpusbelegen sowie die zweite so genannteKontexterhebung (siehe auch Kapitel 4.1.2 sowie Anhangkapitel A.2) konnte dieserNachteil weiter gedmpft werden. In die Planung und Durchfhrung der Kontexterhe-bung flossen einerseits die Erfahrungen aus der Prpositionserhebung ein, andererseitswurde der Versuch unternommen, die abzufragenden sprachlichen Besonderheiten strkerin einen kommunikativen Kontext einzubinden. Vier der sechs Prpositionen wurdenerneut einer Prfung unterzogen und weitere Prferenzen der Informanten erfragt: DieProbanden sollten sich in eine bestimmte Situation hineinversetzen und, indem sie Frageneiner fiktiven Studentin beantworteten, automatisch ihre gewhlten Prpositionen undVorlieben preisgeben.

    In der Prpositionserhebung wurden sprachliche Zweifelsflle im Sinne von SZ1 be-wusst provoziert, die nach Gerd Antos auf einem fehlenden, eingeschrnkten oderunsicheren Wissen von Sprechern/Schreiberinnen (oder bestimmten Sprechergruppen) ber

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  • die sozial akzeptierte Korrektheit oder Angemessenheit der geplanten oder verwendetenFormulierung fr bestimmte kommunikative Aufgaben beruhen ([4] 2003, S.36). Um alsodie gewnschten Erhebungsergebnisse, nmlich Attributkonstruktionen mit regiertenPrpositionen nach den zu untersuchenden Rektionssubstantiven, zu erhalten, musste einegeeignete Methodik zunchst schrittweise erprobt werden, da vergleichbare Untersuchun-gen fehlen.

    Was vor knapp 50 Jahren nicht oder nur umstndlich mglich war, erffnet unsheute der technische Fortschritt: Heinz Glinz Anliegen, das Sprach-bliche ([41]1971, S.14) aus Texten zu extrahieren, um es als aktuelles Sprachgut festhalten zuknnen, kann heutzutage auf einfache Weise mithilfe von Korpusrecherche- und-analyseinstrumenten durchgefhrt werden; und zwar mit einer wesentlich grerenMenge sprachlicher Daten. Im Gegensatz zu Glinz ist die Untersuchung auf das Schriftli-che beschrnkt, da Schrift besser konserviert und dokumentiert werden kann und da sie, soSchmitz, in der Regel konservativer ist und Neuerungen eher zgerlich annimmt ([95]2000, S.85). Nach Abschluss der Erhebung wurde im Deutschen Referenzkorpus [58] nachden fr die Prpositionserhebung ausgewhlten Rektionssubstantiven in Kombinationmit den von den Probanden am hufigsten gewhlten Prpositionen gesucht, um dieUrsachen der Prpositionswahl zu ermitteln. Hierzu wurde das W-Archiv, das Archivder geschriebenen Sprache, verwendet, denn es war nicht notwendig, ein eigenes Korpuszusammenzustellen. Die Suchanfragen brachten fast ausschlielich journalistische Textehervor, was jedoch nicht als nachteilig angesehen wird. Entgegen der korpuslinguistischblichen Sichtweise werden die Verfasser der journalistischen Texte, deren Auszge alsKorpusbelege untersucht und zitiert werden, bei der Analyse mit bercksichtigt. Siewerden als Weiterfhrung der Schler und Studenten betrachtet, deren Sprachgefhl inder Prpositionserhebung ermittelt wurde.

    Auswahl des sprachlichen MaterialsWrde die nahezu geschlossene Klasse der Prpositionen mit der groen Menge der in derdeutschen Sprache vorkommenden Substantive (50 bis 60 Prozent aller Wrter) kombi-niert werden, so entstnde eine unbersichtlich groe Anzahl an PPA. Tatschlich reali-siert wird zwar nur ein Teil von ihnen, dennoch musste davon wiederum aus der Mengeder mindestens 3500 deutschen Rektionssubstantive ([91] Schierholz 2001, S.198) eineAuswahl fr die Untersuchung getroffen werden. Zu Beginn stand die Prmisse, wenigeFlle intensiver zu untersuchen, statt viele nur ansatzweise zu betrachten. Mehrperspekti-vische Vorberlegungen und eine Vorbereitungsphase fhrten zunchst zu einer Auswahlvon zehn Substantiven fr den Erhebungsbogen der Prpositionserhebung. Anschlieendwurden sechs fr die ausfhrliche Untersuchung ausgewhlt. Da die Hauptthese von derExistenz vieler unterschiedlicher Ursachen ausgeht, in denen die Schwierigkeiten der Prpo-sitionswahl wurzeln, sollten sich zu Vergleichszwecken einige der Rektionssubstantive sehrdeutlich voneinander unterscheiden und andere sich wiederum sehr hneln. Nach folgendenKriterien wurden die Rektionssubstantive ausgewhlt:

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  • Die Sichtung der oben genannten Prpositionsfehlerdatenbank in der Examensarbeit lieferteIndizien fr Schwierigkeiten in Bezug auf die Substantive berblick sowie Verweis ([38]Frhlich 2003, S.33).

    Die Ergebnisse der anschlieenden Pretests (siehe Kapitel 4.1.1) lieen ein hohes Potenzialzur Aufdeckung unterschiedlicher Unsicherheitsquellen erahnen (groe Unsicherheit bei derSelektion der Prposition nach Bedenken, Einblick, Chance, Verweis).

    Vergleichsmglichkeiten mit existierenden Forschungsergebnissen, z.B. [91] SchierholzBedeutungsfelder der Prposition auf (Verweis, Link, Chance) sowie Bedeutungsgruppender Rektionssubstantive (Verweis, Chance)

    ltere und neuere Wrter fremdsprachlichen Ursprungs (Chance, Link)

    Fachsprachliche Besonderheiten (Internetsprache Link)

    Verbreitung in der deutschen Schriftsprache (hufig: Chance, Link; selten: Bedenken)

    Bedeutungshnlichkeit (Link - Verweis und Einblick - berblick)

    Auerdem: hnlichlautung der Rektionssubstantive (Einblick - berblick)

    Eine weitere Besttigung, die zwei zuletzt aufgefhrten Kriterien aufzunehmen, liefertunter anderem folgendes Zitat: Einen bislang eigentlich berhaupt nicht bercksichtigtenEinfluss auf die Auswahl und Gestalt [...] nehmen interessanterweise auch andere Wrter,die dem entsprechenden Substantiv semantisch sehr hnlich und/oder morphologischverwandt sind [...]. Die Rolle der Analogie ist hier [...] bislang unterschtzt worden, istaber gerade unter Vermittlungsgesichtspunkten ein wichtiger Aspekt! ([85] Peschel 2002,S.250).

    Antos zufolge knnen sprachliche Zweifelsflle als mgliche Mutanten in der Ver-erbung sprachlicher Formen, Strukturen und Funktionen gesehen werden, die demSprachwandel frderlich sind ([4] 2003, S.37). Trotz des Primats der Synchronie beschfti-gen sich zwei Kapitel in Teil II der vorliegenden Arbeit unter anderem mit der Frage, obes Anzeichen dafr gibt, dass die gewhlten Rektionssubstantive ihre Prpositionspartnerwechseln. Durch ihre Heterogenitt ist Sprache flexibel und offen fr Vernderungen unddamit auch unser Wissen ber sie. Gerd Antos spricht hier von der Imperfektibilittdes sprachlichen Systems einerseits und des Wissens ber sie andererseits: Wissen, das sobeschaffen ist, dass es nicht vervollkommnet werden kann und muss (vgl. [4] 2003, S.36).Im Laufe des Sprachwandels gehen neue Wrter in die deutsche Sprache ein, die sich aufunterschiedliche Weise in das grammatische System des Deutschen integrieren, z.B. dieSubstantive Chance, franzsisch fr Glcksfall, gnstige Gelegenheit ([82] Mller et al.1982, S.139) oder Link, englisch fr Verweis, Verbindung, Verknpfung ([109] leo.org). Kapitel 5.3: Bei Chance handelt es sich um ein Substantiv, das vor lngerer Zeit

    seinen Einzug in die deutsche Sprache genommen hat und bei dem man davon ausge-hen knnen sollte, dass es bereits einen festen Prpositionspartner an sich gebundenhat und dass dieser auch fr alle Anwendungsflle gengt. Ist dem wirklich so?

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    leo.org

  • Kapitel 5.4: Und wenn die Prpositionreg gegen so einleuchtend ist, warum kn-nen dann so groe Unsicherheiten bei der Selektion der Prposition nach Bedenkenattestiert werden?

    Einblick/berblick (Kapitel 5.5) und Link/Verweis (Kapitel 5.6): Bestehen Wech-selwirkungen innerhalb der zwei Substantivpaare, die sich von ihrer Bedeutung undVerwendung her sehr hneln?

    Kapitel 5.6: Mit dem Aufkommen der neuen Medien, insbesondere des Internets,konnte sich das Substantiv Link seinen Weg in das Deutsche bahnen; mit dem Effekt,dass es zur Zeit mit zwei Prpositionen verwendet wird. Sprachwandel oder System?

    An dieser Stelle setzt die linguistische Untersuchung an: Der Vergleich der Ergebnissevon Prpositionserhebung und Korpusrecherchen zielt einerseits darauf ab herauszufinden,welche Prposition die Mehrheit der Informanten (Schler und Studenten) in einheitlicherUmgebung einsetzt, und andererseits, wofr sich die Verfasser der journalistischen Texte inihrem Kontext entschieden haben. Auf dieser Grundlage knnen die mehrperspektivischenUrsachen herausgearbeitet werden.

    ZusammenfassungMithilfe der vorgestellten Untersuchungsmethoden werden in Bezug auf die ausgewhl-ten sechs Rektionssubstantive je Substantiv oder Substantivpaar folgende Fragestellungenbehandelt:

    Wie verteilen sich welche Prpositionen in den fr die Prpositionserhebung ausgewhltenSprachumgebungen?

    Decken sich die Ergebnisse der Prpositionserhebung mit den in den Wrterbchern ange-gebenen Prpositionen? Wenn nein: Warum nicht?

    Welche der ausgesuchten Syntagmen sind besonders anfllig fr Unsicherheiten?Und: Warum ist die Selektion der Prposition bei manchen Substantiv-Prposition-Verknpfungen einfacher und bei anderen wiederum so schwierig?

    Inwiefern kann die Analyse von Korpusbelegen ([58] im DeReKo mit [59] COSMAS II)mgliche Schwierigkeiten der Probanden aufdecken und begrnden helfen?

    Auerdem: Gibt es Unterschiede zwischen unterschiedlichen Informantengruppen (Ge-schlecht, Muttersprache, Alter, Bildungsstand, Leseverhalten)?

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  • 3. Terminologie und optische HilfenDurch die Einhaltung folgender begrifflicher und formaler Konventionen soll das Lesen derArbeit erleichtert werden: Um dem Leser ein flssiges Lesen zu ermglichen, wird im gesamten Text auf

    die gleichzeitige Verwendung mnnlicher und weiblicher Formen der jeweiligen Aus-drcke verzichtet. Grammatisch maskuline Formen werden hier als neutral angesehenund sollen sinngem auch fr weibliche Vertreter gelten.

    Zitate werden, wenn zutreffend, in der alten Rechtschreibung bernommen; Gleichesgilt fr zitierte Korpusbelege. Kurze Zitate werden in Anfhrungsstrichen kursiv undlngere zustzlich eingerckt in den Text eingeflochten. Die Quellennachweise der Zi-tate werden wie folgt angegeben: ([1] Nachname 2000, S.23) oder, wenn der Autorbereits im direkten Vorfeld erwhnt wurde, in der Kurzform ([1] 2000, S.23). Dies er-mglicht es dem Leser, den Titel anhand der Nummer schnell im Literaturverzeichnisnachzuschlagen. Ist es wichtig, den Titel der genauen Quelle zu kennen, wird dieseim Flietext zustzlich erwhnt.Auch alle weiteren Quellennachweise werden, wie oben beispielhaft angegeben, imText angezeigt. Eine Ausnahme bilden die Wrterbcher: Ihre Quellenangaben ent-halten aus Wiedererkennungsgrnden statt der Herausgeber den Titel: ([2] Wrterund Wendungen S.344), gelegentlich um den Verlag ergnzt: ([82] Duden Fremd-wrterbuch S.33).

    Eine begriffliche Unterscheidung zwischen den zwei der Untersuchung zugrunde lie-genden Korpora wird folgendermaen vorgenommen: Die Begriffe Probanden undInformanten beziehen sich auf die Prpositionserhebung (Nr.1) sowie die Kontexter-hebung (Nr.2). Mit dem Ausdruck Erhebungsdatenbank wird auf die Datenbank refe-riert, in der die Ergebnisse der Prpositionserhebung (Nr.1) organisiert sind, whrendmit Prpositionsfehlerdatenbank 2003 ausschlielich die in der Einleitung genannteDatenbank bezeichnet wird, auf der die Examensarbeit [38] beruht. Auf die mithil-fe von [59] COSMAS II durchgefhrten Korpusrecherchen im [58] DeReKo des IDSwird mit der Benennung der jeweiligen Archive Bezug genommen: Das W-Archiv, inKapitel 5.3 zustzlich das TAGGED-C-Archiv, einmal das TAGGED-M-Archiv4. Indiesem Kontext werden die Personen als Verfasser oder Autoren bezeichnet.

    Manche Recherchen sowie die Abfragen der zwei Erhebungen beziehen sich ausschlie-lich entweder auf die Singular- oder auf die Pluralformen der Rektionssubstantive.Die entsprechenden Substantive werden im Text in der Numerusform angegeben, dieaktuell behandelt wird, z.B. Einblick im Singular, Verweise jedoch im Plural. Betriffteine Aussage beide Numeri, so wird die Form Substantiv(e) verwendet. Handelt essich um das Lemma, so wird nur die Singularform genannt.

    4Das am hufigsten genutzte W-Archiv (ffentlich) umfasste im September 2012 insgesamt 18.093.801Texte und 4.704.173.415 Wortformen http://www.ids-mannheim.de/cosmas2/projekt/referenz/archive.html. Ausfhrliche Informationen befinden sich in Kapitel 4.2.

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    http://www.ids-mannheim.de/cosmas2/projekt/referenz/archive.htmlhttp://www.ids-mannheim.de/cosmas2/projekt/referenz/archive.html

  • Grammatikalitt und Akzeptabilitt: Ungrammatische Stze, jene also, dienicht den grammatisch-normativen Regeln des Deutschen entsprechen, werden mit ei-nem gekennzeichnet, whrend sich das (?) auf zwar grammatische, aber semantischinakzeptable oder fragwrdige Formulierungen bezieht. Wenn Stze oder Phrasenin die danach angegebenen Stze oder Phrasen berfhrt werden knnen, werdenLetztere mit einem = markiert; ist dies nicht mglich, mit einem 6=.

    Fachbegriffe werden einheitlich, wie nachfolgend im Abschnitt Begrndung der Ter-minologiewahl vorgestellt, verwendet. Abweichungen von diesem Gebrauch, z.B. umin der Terminologie eines genannten Autors zu bleiben, werden kursiv gekennzeichnet.

    Formatierung der Belege: Pro Ergebniskapitel (5.3 bis 5.6) in Teil II werden dieBelege jeweils durchgehend nummeriert. Dabei wird in der Nummerierung keine Un-terscheidung zwischen Erhebungsbogen- und Korpusbelegen vorgenommen. Optischsind sie daran zu unterscheiden, dass die Zahlen der Erhebungsstze in runden

    (4) Erhebungsbelegund die Nummerierungen der Korpusbelege in eckigen Klammern stehen:

    [5] KorpusbelegDie Formatierung der Bestandteile aller originalen oder modifizierten Korpus- undErhebungsbelege sowie Beispielstze verfhrt stets nach gleichem Muster, um dieLesbarkeit zu erhhen sowie die Zusammengehrigkeiten deutlicher hervorzuheben: Prpositionen sind immer kursiv und Rektionssubstantive und -phrasen sowie Vor-

    gngersubstantive und -phrasen immer fett gedruckt. Zu unterscheiden sind die Prpositionalphrasen an der Art, wie sie unterstrichen sind:

    Die gesamte PPAreg-Konstruktion ist gemeinsam unterstrichen, um ihre Verbunden-heit auszudrcken:

    6. Der Ausschuss erhob massive Bedenken gegen den Ausbau der Autobahn.Da die Prposition in einer PPAadv nicht regiert ist, ist in der PPAadv-Konstruktionauch nur das Attribut unterstrichen:

    7. Der Ausschuss hatte massive Bedenken wegen des nahen Naturschutzgebietes.

    Begrndung der TerminologiewahlSchierholz merkt kritisch an, dass einige Forschungsarbeiten in der jngeren Vergan-genheit zu sehr auf das Erfllen bestimmter theoretischer Anstze ausgerichtet sind unddabei die sprachliche Vielfalt zu sehr vernachlssigen ([91] 2001, S.3). Die vorliegendeUntersuchung legt genau auf den zuletzt genannten Aspekt groen Wert und beschrnktdie theoretische Grundlegung auf das Wesentlichste, weshalb eine Zuschreibung zu einembestimmten bestehenden Modell unterbleibt. Die konzeptionelle Einordnung von Phrasenwie in den Beispielen 1 und 3 ist in der Sprachwissenschaft stellenweise immer nochumstritten. Einen guten berblick ber die drei verschiedenen Hauptperspektiven undBeschreibungsanstze zur Substantivvalenz als Forschungsrichtung, in dessen Bereich

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  • die untersuchten Syntagmen fallen, gibt z.B. Teubert ([113] 2003, S.821-830). In dervorliegenden Arbeit wird der Standpunkt vertreten, den Teubert als Sui-generis-Ansatzbezeichnet ([113] 2003, S.827/830) und der eher den Lexikographen als den Grammatikernzuzuordnen ist. Innerhalb dieses Systems muss jedes einzelne Rektionssubstantiv fr sichanalysiert und beschrieben werden, sofern nicht der Vorteil von Analogien zur Valenzvon Verben und Adjektiven genutzt werden kann. Demnach wird Substantivvalenz hierals Charakteristikum der Rektionssubstantive verstanden, nach syntaktisch-semantischenKriterien die PPAreg auszuwhlen.Dass es sich bei den ausgesuchten Fllen um einen stark eingeschrnkten und heiumstrittenen Gegenstandsbereich handelt, findet man nicht nur bei Wiegand. Er stelltfest, dass viele unterschiedliche Termini zur Bezeichnung der beteiligten Elemente undihrer Verbindung im Prpositionalattribut oder der gesamten Konstruktion existieren([122] 1996, S.109).5 Die lngst nicht erschpfte Auflistung in der letzten Funote entfachtden Wunsch nach Einheitlichkeit, der aus unterschiedlichsten Grnden nicht erfllt werdenkonnte. Um den Terminologiedschungel nicht noch weiter zu verdichten, hatte bei derEntscheidung fr die Termini die Orientierung an bereits eingefhrten Begriffen zwarPrioritt, doch wurden Modifikationen vorgenommen:Zumeist wird in der Literatur mit Prpositionalattribut nur die Prpositionalphrase,nicht aber ihre Verbindung mit der prponierten Substantivgruppe bezeichnet. Da derTerminus in der Fachliteratur nicht einheitlich verwendet wird ([91] Schierholz2001, S.11), meidet Schierholz ihn und fhrt eigene Termini ein. Wie er darlegt, ist- entgegen bisheriger Kenntnislage - eine Unterscheidung von nicht nur zwei, sonderndrei verschiedenen Arten von Prpositionalattributen notwendig ([91] 2001, S.280): Inder Schierholzschen Terminologie gibt es PPA (Prpositionalphrasen als Attribut),die immer eine regierte Prposition, sowie AAB (attributive adverbiale Bestimmungen),die in den allermeisten Fllen nicht-regierte Prpositionen enthalten ([91] 2001, S.11).Seltenere Ausnahmeflle bilden AAB mit regierten Prpositionen. Bei der Verwendungdes Begriffes regierte Prposition kann man folglich nicht automatisch von einer PPA imSchierholzschen Sinne ausgehen.Ich nehme zwischen Prpositionalphrasen wie Bedenken gegen das Kraftwerk (nachSchierholz eine PPA) und Bedenken bezglich der Standsicherheit (nach Schierholzeine AAB) keinen syntaktischen Unterschied an (wie auch z.B. [75] Lauterbach 1993,S.137). Somit handelt es sich sowohl bei gegen das Kraftwerk als auch bei bezglich derStandsicherheit syntaktisch betrachtet um Prpositionalphrasen, die als Attributeverwendet werden, da beide dem Substantiv mithilfe einer Prposition beigefgt sind.Der Aufbau beider Konstruktionen ist aus syntaktischem Blickwinkel gesehen gleich:SUBSTANTIV + PRPOSITIONALPHRASE, die wiederum aus PRPOSITION +SUBSTANTIVGRUPPE besteht. Ein Unterschied ist erst dann erkennbar, wenn dieZusammengehrigkeit der Elemente auf syntagmatischer Ebene bestimmt wird, und zwar

    5Zum Beispiel: Substantiv-Prposition-Verbindung, -Verknpfung oder -Verkettung ; NP-PP-Kombination/-Verbindung, substantivdependente Prpositionalphrase, -gruppe ; prpositionale Syn-tagmen ; Prpositional-, prpositionales Attribut ; Prpositivattribut, -ergnzung ; substantivabhn-gige Prposition, Prpositionalphrase ; postnominale Prpositionalgruppe mit regierter Prposition.

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  • aus semantischer Perspektive (vgl. auch Kapitel 3.1). Da beide Arten von Prposi-tionalphrasen attributiv verwendet werden, wird in dieser Arbeit die Abkrzung PPA frPrpositionalphrase als Attribut als Hyperonym verwendet. Die Forschungsfragestellungenbetreffen sowohl die Substantivgruppe als auch die Bestandteile des ihr folgenden At-tributs, daher wird entsprechend der Begriff PPA-Konstruktion (Konstruktion mit einerPrpositionalphrase als Attribut) verwendet, um die gesamte komplexe Substantivgruppezu bezeichnen. Die nun neu eingefhrten Begriffe, hier weicht die Terminologie abermalsvon Schierholz ab, PPAreg, PPAadv sowie PPAadreg werden im Folgenden nher erlutert:

    Die PPAreg-Konstruktion besteht aus drei Teilen:

    1. Rektionssubstantiv oder Rektions-NP

    2. Regierte Prposition Preg

    3. Nachfolgersubstantiv oder Nachfolger-NP - kurz: Nachfolger

    Preg wird vom Rektionssubstantiv oder von der Rektions-NP regiert. Die Prpositionbildet zusammen mit dem Nachfolger das Attribut, das als Prpositionalphrase alsAttribut mit regierter Prposition bezeichnet und mit PPAreg abgekrzt wird.

    Das Rektionssubstantiv ist die treibende Kraft in der PPAreg, mit der sich die vorlie-gende Untersuchung intensiv auseinandersetzt. Der Begriff Rektionssubstantiv bezeichnetin dieser Arbeit ein Substantiv, das eine Preg regiert und in einer PPAreg steht. Es kannsich auch um eine Rektions-NP handeln, die z.B. einen Artikel oder zustzlich noch einAdjektiv enthlt. In der Prpositionserhebung wurden vereinfachte Syntagmen gewhlt,doch viele der Korpusbelege enthalten tatschlich eine Rektions-NP. Wenn das Substantivinnerhalb der Phrase hervorgehoben werden soll, wird der Begriff Rektionssubstantivverwendet. - Diese ebenfalls von Schierholz bernommene Bezeichnung soll vom vielbenutzten Begriff valentes Substantiv abgrenzen, der ebenso Nicht-Rektionssubstantivebezeichnen kann. Ein Vorteil des Krzels in Prpositionreg fr regierte Prpositionin der PPAreg ist, dass der Ausdruck nun genau der PPAreg sowie der PPAadreg zuge-ordnet werden und dass die Formulierung regierte Prposition aus genannten Grndenvermieden werden kann. Prpositionreg kann vereinfachend auch mit Preg abgekrzt werden.Die PPAadv-Konstruktion besteht ebenfalls aus drei Teilen:

    1. Vorgngersubstantiv oder Vorgnger-NP

    2. Prposition Padv

    3. Nachfolgersubstantiv oder Nachfolger-NP - kurz: Nachfolger

    Die Prposition Padv ist nicht regiert und in der Regel semantisch voll. Sie bildet zu-sammen mit dem Nachfolger das Attribut, das als Prpositionalphrase als adverbialesAttribut bezeichnet und mit PPAadv abgekrzt wird.

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  • Der Begriff Vorgnger ist als deutliche Abgrenzung zum Rektionssubstantiv des erstenTyps zu sehen, um zu betonen, dass es keinerlei Einfluss auf die Wahl der Prposition hat.Auch hier mgen die Vereinfachungen der Begriffe Nachfolger und Vorgnger verziehenwerden, da sie zweckmig sind und die Leserfreundlichkeit erhhen.Die unterstellten Abkrzungen reg und adv erfllen den Zweck, das Regiertsein oderNicht-Regiertsein der Prposition bereits im Begriff hervorzuheben. Ein Nachteil desBegriffs adverbial ist zwar, dass er eine Zugehrigkeit zum Verb suggeriert, doch birgt derBegriff - wie auch Lauterbach besttigt - den Vorteil, dass er gemeinhin verstandenwird als Ausdruck der semantischen Flle der Prpositionen im Sinne der lokalen,temporalen oder kausalen Adverbialbestimmungen ([75] 1993, S.144). Aus diesem ber-zeugenden Grund wurde die Abkrzung adv fr adverbial bernommen, zumal diesezumeist offensichtliche Semantikflle im Kontrast zu den Prpositionen in der PPAreg steht.

    PPAadreg = adverbiale Prpositionalphrase mit regierter Prposition als Attribut

    Schierholz hat nachgewiesen, dass eine Art Mischform zwischen beiden vorge-stellten Typen existiert ([91] 2001, S.284). Sie tritt selten auf und spielt in dieser Arbeitkeine Rolle. Nach vorgestelltem Modell knnte sie als PPAadreg bezeichnet werden. Siezeichnet sich dadurch aus, dass der semantische Ausdruck stark ist wie in einer PPAadvund die Prposition nicht ausgetauscht werden kann wie in einer PPAreg, wie z.B. in DieHecke verhindert einen Einblick in den Garten.

    4. Gliederung der ArbeitDie drei Grundlagenkapitel in Teil I stellen wichtige Werke aus der Forschung vor undlegen, soweit notwendig, grammatiktheoretische Grundsteine. Ein Kapitel setzt auerdemeinen Schwerpunkt auf Valenz und Rektion, erhebt allerdings keinen Anspruch auf Vollstn-digkeit. Bewusst lautet die berschrift von Teil I Konstruktionen mit Prpositionalphrasenals Attributen, da die Darstellungen in Abgrenzung der PPAreg und PPAadv stattfinden. DerBegriff Konstruktion soll darauf hinweisen, dass das Augenmerk strker als bislang in derForschung blich auf alle drei Elemente der Konstruktion sowie ihre Verbindung gerichtetwerden soll: Rektions- oder Vorgngersubstantiv, Prposition und Nachfolger.Den Kern des praktischen Teils II Spannungsfeld zwischen Sprachsystem und Sprachge-brauch bilden die Kapitel 5.3 bis 5.6, in denen die Ergebnisse nach Rektionssubstantivengetrennt vorgestellt werden. Sie beschftigen sich neben der Vorstellung und Interpreta-tion der erhobenen Daten mit semantischen, syntaktischen und pragmatischen Analysensowie Vergleichen zwischen den Probandenstzen der Prpositionserhebung und den Kor-pusbelegen. Die dort identifizierten und vorgestellten Unterschiede und Gemeinsamkeitenzwischen den Rektionssubstantiven werden anschlieend in Kapitel 6 gegenbergestellt.Teil III fasst die Ergebnisse kurz zusammen und enthlt Schlussfolgerungen fr die Lexi-kographie, Forschungsdesiderate sowie einen Ausblick.

    22

  • Teil I.

    Konstruktionen mitPrpositionalphrasen als Attributen

    23

  • 1. Literatur im berblickDas folgende Kapitel enthlt die fr die Arbeit wesentliche Literatur im berblick. Es istso aufgebaut, dass es sowohl den informierten Leser mit Hinweisen als auch den Einsteigermit Hintergrundwissen versorgt, das zum Verstndnis der Arbeit notwendig oder hilfreichist. Ausfhrlichere Darstellungen zum Forschungsstand geben zum Beispiel DominguezVazquez ([116] 2011) zur Substantivvalenz sowie Schierholz ([91] 2001) zu den PPA.Die von Ludwig Eichinger, Eva Breindl und Angelika Wllstein auf den In-ternetseiten des Instituts fr deutsche Sprache verffentlichte Datenbank mit derSpezialbibliografie Prpositionen [14], die am 27. August 2014 genau 1.145 Eintrge ver-zeichnete, erleichterte die Literaturrecherche sehr. Im Vergleich zu der insgesamt ca. 29.000Aufstze und Abhandlungen umfassenden Bibliografie zur deutschen Grammatik[60], welche die oben genannte Spezialbibliografie enthlt, stellen die knapp 1.200 Werkeber Prpositionen im weitesten Sinne nur einen kleinen Bruchteil der Grammatikforschungdar. Nun nehmen die Prpositionen einerseits in der Hierarchie der Wortarten oftmalseinen niedrigen Stellenwert ein, erfllen andererseits jedoch wichtige syntaktische und se-mantische Aufgaben im Satz (vgl. [99] Schrder 2002, S.642). Dies belegen nicht nur dieoben genannten Zahlen, auch ein Blick in die Inhaltsverzeichnisse deutscher Grammatikenund ein Vergleich der fr die einzelnen Themen aufgewendeten Seitenzahlen zeigen diesenUmstand treffend auf.1Sommerfeldt sei, so Teubert, der Erste, der sich ausfhrlich mit dem Prpositional-attribut beschftigt habe, und zwar im Jahre 1968 (vgl. [111] 1979, S.20).2 1977 stellteUlrich Engel in seiner Vorbemerkung zu Droops grammatischer Darstellung und Kor-pusanalyse fest: Die prpositionalen Attribute [...] gehren zu den vielfach erwhnten, aberbislang noch nicht befriedigend beschriebenen Teilbereichen der deutschen Grammatik ([22]Droop 1977, S.1). Lauterbach zufolge nahm das Themengebiet verbale Prpositional-phrasen in der Forschung noch bis in die 90er Jahre hinein einen wesentlich breiteren Raumals der Bereich Prpositionalattribute ein (vgl. [75] 1993, S.112).Ein Umdenken begann in den 80er Jahren des vorangegangenen Jahrhunderts. Denn siewaren von einer intensiven Beschftigung mit den Problemen der Grammatik im Unterricht

    1Ccilia Klaus vergleicht in ihrer Grammatik der Prpositionen vom grammatikograpischenStandpunkt aus neun ausgewhlte Grammatiken auf ihre Darstellungen zur Prposition hin. Trotzdes von ihr festgestellten relativ festen Wissens ber diese Wortart (vgl. [64] 1999, S.3) arbeitet sie -auch in Bezug auf die PPAreg - z.T. erhebliche Unterschiede in der Prpositionsgrammatikschreibungder 70er und 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts heraus.

    2Karl-Ernst Sommerfeldt hat sich in seiner Habilitationsschrift Struktur und Leistung derSubstantivgruppe in der deutschen Sprache der Gegenwart (Erfurt 1968/Potsdam 1969)als erster ausfhrlicher dem Prpositionalattribut gewidmet.

    24

  • 1. Literatur im berblick

    geprgt, was zu einer Vielzahl neuer Grammatiken fhrte (vgl. [44] Gtze 2001, S.1071).In diesem Zusammenhang wuchs so langsam das Interesse an Prpositionalphrasen, die alsAttribute verwendet werden, und damit verbunden auch an der Frage nach einer mglichenSubstantivvalenz. Vor allem im Verlauf des letzten Jahrzehnts trugen neue Forschungser-gebnisse aus der Grammatikforschung und Lexikographie zum Wissenszuwachs bei, dochbasieren sie weitestgehend auf den Grundlagen der aufgefhrten lteren Werke.Aktuell herrscht ber bestimmte Fragen der Substantivvalenz immer noch Uneinigkeit. Sofehlt bislang eine einheitliche Terminologie. Dies beanstandet auch Schierholz (vgl. [90]2000, S.145), der seit Jahren bestrebt ist, diese Forschungslcke zu fllen, und der miteiner tabellarischen Auflistung von Beispieleintrgen [32] auf der Grundlage des Erlangertaz-Corpus einen Neuanfang im Bereich der einsprachigen deutschen Wrterbcher wagenmchte. Auch da der prpositionale Anschluss an Substantive innerhalb der Computerlin-guistik wachsende Beachtung findet (vgl. [91] Schierholz 2001, S.288), gibt es aktuellwieder mehr Neuerscheinungen, wie die Jahreszahlen in der folgenden Tabelle 1 zeigen.Es mag zunchst ungewhnlich erscheinen, den Forschungsbericht mit solch einer Tabelleauszustatten, doch gibt sie sowohl dem Fachmann eine schnelle als auch dem interessiertenEinsteiger eine einfhrende Gesamtschau. Die Zahlen in den eckigen Klammern entsprechender Nummerierung im Literaturverzeichnis und dienen dem schnellen Zugriff. Im Gegensatzzur alphabetischen Auflistung im Literaturverzeichnis verleiht Tabelle 1 den wichtigstenWerken eine Struktur, die den nachfolgenden Abschnitten zugeordnet ist:Die vier Hauptspalten (erste dunkelgrau gefrbte Zeile der Tabelle) sind teilweise zwei-geteilt. Von links nach rechts gelesen ergibt diese Untergliederung die sieben folgendenSpalten: In Kapitel 1.1 werden acht Monographien der in Spalte 1 aufgefhrten 14 Werkejeweils kurz vorgestellt. Das Ziel ist es, aufzuzeigen, ob und inwiefern die bereits erfolgtenVorarbeiten fr diese Arbeit verwendet werden knnen. Die brigen sechs ausgewhltengreren Studien werden im Laufe der Arbeit hufiger zitiert und sind daher in Spalte 1enthalten. Alle in Spalte 2 aufgelisteten Artikel flieen an unterschiedlichen Stellen in dieseArbeit ein und werden dort ggf. auch ausfhrlicher vorgestellt.Fr Kapitel 2 Grundbegriffe rund um die PPA-Konstruktion liefern in erster Linie dieUntersuchungen zum einen aus dem Blickwinkel der Grammatikforschung, zum anderenaus der Lexikografie die wissenschaftliche Erkenntnisbasis. Linguistische Grammatiken undsolche, die den Ansprchen wissenschaftlicher Grammatiken berwiegend gengen (Spal-te 3)3, vermitteln diese Erkenntnisse in einer je nach Ausrichtung und Sprachauffassungder Autoren eigenen Systematik der Sprachbeschreibung. Die Einsicht sowohl in didak-tische Grammatiken (Spalte 4) als auch in die Materialien aus den Bereichen Deutsch alsFremdsprache/Deutschunterricht (Spalte 7) dient dazu herauszufinden, welche Informatio-nen ber die ausgewhlten PPAreg der Nutzer von Gebrauchsgrammatiken erhlt, solltensie doch die hochfrequenten fr die Kommunikation wichtigen und fr den Lernendenschwierigen Strukturen auswhlen und darstellen ([45] Gtze 2001, S.189).

    3Auf mgliche Probleme bei der Abgrenzung von sprachwissenschaftlichen und didaktischen Grammatikenwird hier nicht weiter eingegangen. Der interessierte Leser mag zu dieser Diskussion z.B. die Aufstze inden zwei HSK-Bnden Deutsch als Fremdsprache (2001) einsehen: [44] S.1070-1078 und [45] S.187-194.

    25

  • 1. Literatur im berblickFA

    CH

    LITER

    ATU

    R:

    GR

    AM

    MA

    TIKFO

    RS

    CH

    UN

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    LEX

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    GR

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    MA

    TIKH

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    DB

    C

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    W

    RTE

    RB

    C

    HE

    RFR

    EM

    DS

    PR

    AC

    H

    DID

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    TIK

    GrereS

    tudienA

    ufstzeLinguistischorientiert

    Didaktischorientiert

    Allgem

    ein&S

    peziellS

    ubstantivvalenzForschungsliteratur

    Helm

    utGnterD

    roop:D

    asprpositionaleAttribut

    (1977)[23]

    GnterK

    luge:ZurA

    bgrenzungprpositionalerA

    ttribute(1971)[67]

    HansG

    linz:D

    eutscheGram

    matik

    2Bnde(1971)

    [41]

    HerbertG

    enzmer:

    DeutscheG

    ramm

    atik(1995)[40]

    Brockhaus

    DeutschesW

    rterbuch,6Bd.

    (1981)[115]

    Som

    merfeldt/S

    chreiber:W

    rterbuchzurValenzundD

    istributiondeutscherS

    ubstantive(1977)[100]

    HenriB

    ouillon:E

    inigeszudenPrpositions

    fehlernimFrem

    dsprachenunterricht(1977)[11]

    WolfgangTeubert:V

    alenzdesS

    ubstantivs(1979)[110]IngridK

    hn:Z.Bedeutungs

    relevanzv.Prp.(1977)[71]

    JochenSchrder:Lexikon

    dt.Prpositionen(1986)[96]

    Stepanova/H

    elbig:W

    ortartenunddasProblem

    derValenz(1981)[105]

    VolkerHertel:P

    rp.infixiertenFgungen(1983)[53]

    UlrichE

    ngel:D

    eutscheGram

    matik

    (1996)[30]

    Bnting/E

    ichler:D

    eutscheGram

    matik:

    (1996)[18]

    Bertelsm

    annDeutsches

    Wrterbuch(1992)[116]

    PterB

    assola:Deutsch

    ungarischesWrterbuchzur

    Substantivvalenz(B

    d.1:2003&

    Bd.2:2012)[5][6]

    ElenaV

    iorel:Schw

    ierigkeitenderdeutschlernendenR

    umnenbeim

    Gebrauchder

    Prpositionen(1973)[113]

    DudenW

    rterundW

    endungen(1992)[1]

    HenriB

    ouillon:ZurdeutschenP

    rposition'auf'(1984)[12]

    HansW

    ernerErom

    s:ValenzgebundeneP

    rpositionalkonstruktionen(1991)[35]

    Zifonun/Erom

    s/Sickel:

    Gram

    matikderdeutschen

    Sprache(1997)[121]

    Som

    merfeldtetal.:

    EinfhrungindieG

    ramm

    atikderdt.G

    egenwartssprache

    (1998)[103]

    Duden

    Dasgroe

    Wrterbuchderdeutschen

    Sprache,8B

    nde(1993)[24]

    WolfgangM

    ller:W

    rterbuchderPrpositionen

    (2013)3Bnde[79]

    AnaIroaie:

    PrpositionsvalenteN

    omina

    (2004)[59]

    JrgenErichS

    chmidt:

    DiedeutscheS

    ubstantivgruppe(1993)[91]

    WolfgangTeubert:Zur

    Behandlungvon

    Prpositionalattributenim

    W

    rterbuch(1992)[111]

    PeterE

    isenberg:G

    rundrissderdeutschenG

    ramm

    atik(2B

    nde:1998/1999)[29]

    KlausM

    ackowiak:

    Gram

    matikohneG

    rauen(1999)[76]

    GerhardA

    ugst:W

    ortfamilienw

    rterbuch(1998)[4]

    ER

    LING

    O:S

    ubstantivvalenzw

    rterbuchBeispieldatenin

    tabellarischerForm[32]

    StefanLauterbach:

    Genitiv,K

    ompositionund

    Prpositionalattribut

    (1993)[73]

    HerbertE

    rnstWiegand:

    berprim

    re,vonSubstan

    tivenregiertePrpositionen

    (1996)[120]

    HansW

    ernerErom

    s:S

    yntaxderdeutschenS

    prache(2000)[36]

    HansJrgenH

    eringer:Lesenlehrenlernen(2001)[51]

    BrockhausE

    nzyklopdie,24B

    nde(1999)[122]A

    djektiv&V

    erbvalenz/w

    ortartbergreifendeW

    rterbcher

    bungsm

    aterialiendeG

    ruyterWrterbuchD

    aF

    (2000)[61]

    CciliaK

    laus:Gram

    matik

    derPrpositionen(1999)[62]

    Bresson/K

    ubczak:A

    bstrakteNom

    ina(1998)[70]H

    elbig/Buscha:

    DeutscheG

    ramm

    atik(2000)[47]

    MargareteH

    ansen:G

    ramm

    atik(nochmal)von

    Anfangan(2004)[46]

    Paul:D

    eutschesWrterbuch

    (2002)[52]G

    erhardHelbig:W

    rterbuchzurValenzundD

    istributiondeutscherVerben(1969,1991)[48]

    SigbertLatzel:

    Sprechenvon?S

    prechenber?

    bungenzusinnverw

    andtenP

    rpositionalverben(1986)[72]

    Vilm

    osgel:

    Valenztheorie(2000)

    [123]

    JochenSchrder:D

    ieW

    ortart'Prund

    Postpositionen(2002)[97]

    Dornseiff:D

    erdeutscheW

    ortschatznachS

    achgruppen(2004)[21]

    StefanS

    chierholz:P

    rpositionalattribute(2001)[89]

    CorinnaP

    eschel:S

    yntaktischeu.semantische

    Informationen(2002)[82]

    Hentschel/W

    eydt:Handbuch

    derdeutschenGram

    matik

    (2003)[49]

    WahrigFrem

    dwrterlexikon

    (2009)[117]E

    ngel/Schum

    acher:K

    leinesValenzlexikon

    deutscherVerben(1978)[31]

    WernerS

    chmitz:

    bungenzuP

    rpositionenundsynonym

    enVerben(1995)[94]

    KerstinB

    lume:N

    ominali

    sierteInfinitive(2004)[8]

    WolfgangTeubert:D

    ieValenznichtverb.W

    ortarten:dasS

    ubstantiv(2003)[112]

    Weinrich/B

    reindl/Willkop:

    Textgramm

    atikderdeutschenS

    prache(2003)[119]

    LangenscheidtG

    rowrterbuchD

    aF(2010)

    [43]

    Som

    merfeldt/S

    chreiber:W

    rterb.z.Valenz&D

    istributiondt.A

    djektive(1983)[101]

    MatthiasH

    lzner:S

    ubstantivvalenz(2007)[57]G

    erdAntos:'Im

    perfektibles'sprachlich.W

    issen(2003)[3]deG

    ruyterWrterbuchder

    KollokationendesD

    t.(2011)[85]

    Som

    merfeldt/S

    chreiber:W

    rterbuchderValenzetym.

    verwandterW

    rter(1996)[102]

    Brinitzer/D

    amm

    :G

    ramm

    atiksehen(1999)[14]

    RozaliaH

    um:U

    ntersuchungvonreziprokenS

    trukturen(2010)[56]

    WolfP

    eterKlein:Zw

    eifelsflle(2003,2008,2009)[63][64][65]

    DW

    DS

    DasD

    igitaleWrter

    buchww

    w.dw

    ds.de(2011)[25]

    Dom

    inguezVazquez:K

    ontrastiveGram

    matikund

    Lexikographie(2011)[114]

    ChristaD

    rscheid:Zweifeln

    alsChance?Zw

    eifelnalsP

    roblem?(2011)[27]

    Duden

    Online(2012)

    http://ww

    w.duden.de[58]

    Helm

    utSchum

    acheretal.:VA

    LBU

    Valenzw

    rterbuch[...](2004)[98]&

    EVA

    LBU

    [104]

    Tabelle 1.: Literaturberblick

    26

  • 1. Literatur im berblick

    Bedauerlicherweise finden sich in den Grammatiken des Deutschen jedoch relativunvollstndige Abhandlungen und nur ungenaue Hinweise zu den Merkmalen der PPAreg-Konstruktion und auerdem gravierende Unterschiede in Bezug auf Richtigkeit, Umfang,Explizitheit ([91] Schierholz 2001, S.39).4 Dies besttigen berdies die Ausfhrungen imbernchsten Abschnitt 1.2 aus der Perspektive des deutschen Fremdsprachenunterrichts.Den Bereich PPAreg gnzlich ausgespart haben brigens die eingesehenen Kurzgrammati-ken und diejenigen lteren Datums, die daher in Abbildung 1 nicht mehr aufgefhrt sind.5Alle in den Spalten 5 und 6 aufgefhrten Wrterbcher dienen dem Abgleich desprpositionalen Anschlusses der ausgewhlten sechs Substantive mit den Ergebnissender Prpositionserhebung. Dieser Soll-Ist-Abgleich ist unverzichtbar, da das Zweifelnder potenziellen Wrterbuchnutzer im Mittelpunkt steht. Weil die Wrterbuchrecherchevor allem aus der Sicht eines suchenden Wrterbuchnutzers vorgenommen wird, werdenvorrangig solche allgemeinen Wrterbcher (Spalte 5) bevorzugt, die von den Menschenim Alltag frequentiert werden, unter anderem auch der Online Duden, da er schnelleraktualisiert wird und beispielsweise Neologismen wie Link enthlt.Hilfreich ist weiterhin auch das Spezialwrterbuch von Jochen Schrder: In sei-nem Lexikon deutscher Prpositionen [98] verbindet er eine grammatikhnlicheDarstellung der Prpositionen mit einem wrterbuchorientierten Nachschlagewerk, daseine sehr ausfhrliche Zusammenstellung bezglich Rektion, Semantik und Stellung dereinzelnen Prpositionen sowie ihre wichtigsten Gebrauchsgebiete enthlt. Leider hat diesesinteressante Werk von 1986 keine weitere Auflage oder Aktualisierung erhalten.Schon lnger existieren auerdem auf jeweils einzelne Wortarten ausgerichtete Va-lenzwrterbcher (Spalte 6): Das erste deutsche Substantivvalenzwrterbuch ([103]Sommerfeldt/Schreiber) msste streng genommen Wrterbuch zur Valenz undDistribution deutscher Substantivierungen statt deutscher Substantiveheien, da es nur abgeleitete Substantive enthlt. Stepanova/Helbig zufolge mssees alle Konkreta ausschlieen, da sie zwar logisch-semantische Valenz (vgl. Kapitel3.1.1) besen, nicht aber mit dem Inventarium zur Beschreibung der syntaktischenValenz erfabar sind ([106] 1981, S.178). Es entstand 1977 in starker Anlehnung andas Wrterbuch zur Verbvalenz ([48] Helbig/Schenkel 1967), das hier in derAuflage von 1991 genutzt wurde. Eine Entsprechung bildet das 1978 erschienene [31]Kleine Valenzlexikon deutscher Verben von Engel/Schumacher, das nebenden Objekten u.a. auch die Prpositionalobjekte markiert. Als nchstes erschien 1983das Pendant ber die Adjektive ([104] Sommerfeldt/Schreiber). Das 1996 heraus-gegebene erste wortartenbergreifende Valenzwrterbuch erstreckt sich auf die Valenzetymologisch verwandter Wrter, nmlich Verben, Adjektive und Substantive([105] Sommerfeldt/Schreiber), und knpft an alle drei genannten Vorreiter zu den

    4hnliche Einschtzungen geben auch Wiegand ([122] 1996, S.109) und Peschel ([85] 2002, S.227).5Diese sind: [18] Bnting/Ader (1993): Grammatik auf einen Blick, [55] Homberger (2001): Klett- Grammatik fr den Deutschunterricht, [70] Kremer/Nimtz (1993): Deutsche Grammatik, [89]Rolland (1997): Neue deutsche Grammatik, [62] Jude (1961): Deutsche Grammatik, [92] Schil-ling/Hentzschel (1965): Die deutsche Sprache. Die letzten zwei Werke sind Beispiele dafr, dass diePPAreg um die Mitte des 20. Jahrhunderts noch keinerlei Aufmerksamkeit in Grammatiken erfuhren.

    27

  • 1. Literatur im berblick

    einzelnen Wortarten an. Recht aktuell ist VALBU, das Valenzwrterbuch deutscherVerben [100], das 2004 vom Institut fr Deutsche Sprache verffentlicht wurdeund mittlerweile als E-VALBU auch online genutzt werden kann [71].Besonders hervorzuheben ist auerdem das von Pter Bassola herausgegebenezweisprachige Deutsch-ungarische Wrterbuch zur Substantivvalenz [6] ausdem Jahr 2003, das seit 2012 durch einen zweiten Band ergnzt wird. Hlzner istzuzustimmen, wenn er dazu schreibt: Das [...] Wrterbuch [...] stellt wohl zweifelsohnedie ausfhrlichste und gelungenste der bisher vorgelegten lexikographischen Anwendungender Substantivvalenz dar ([57] 2007, S.104). Die Autoren legen, was aus ihrer Sicht derFremdsprachdidaktik sinnvoll ist, den Schwerpunkt auf originre Rektionssubstantive undsolche abgeleitete, deren Valenz sich von ihren Verbverwandten unterscheiden.6

    Anfang 2013 ist mit dem dreibndigen Wrterbuch der Prpositionen vonWolfgang Mller - es werden nur die Bnde 1 [80] und 3 [81] bentigt - ein korpus-basiertes deskriptives Wrterbuch erschienen, das die seit den 60er Jahren gebruchlichenprpositionalen Anschlsse an deutsche Verben, Substantive, Adjektive und Adverbienbeschreibt und darstellt. Teilweise geschieht dies auch auf der Grundlage von Hrbeitrgenund Internetkorpora (vgl. [80] Mller 2013, S.XXI). Positiv hervorzuheben ist, dass dasWrterbuch den Sprachgebrauch dokumentiert - wie er ist, nicht, wie er nach Ansichtmancher Sprachpfleger sein sollte ([80] Mller 2013, S.XIV). Der Wunsch, sich durcheine weite Auswahl nicht einengen zu lassen, fhrt dazu, dass die Eintrge umfangreichund die Belege sehr ausfhrlich sind. Durch den gewhlten Ansatz erscheint es jedochfraglich, ob Laienbenutzer oder Menschen, die das Vorwort nicht ausfhrlich lesen oderverstehen, eine adquate Auswahl aus den angebotenen Prpositionalanschlssen treffenknnen, da ein gewisses Ma an Vorwissen, beispielsweise ber die angegebenen Korporaund spezielle Aspekte der Wrterbucharbeit, vonnten ist und der deskriptive Charakterbeim Nachschlagen nicht vergessen werden sollte. Zur Einordnung der hier prsentiertenForschungsergebnisse ist von Bedeutung, dass das Wrterbuch der Prpositionennach Abschluss aller in der Arbeit durchgefhrten empirischen Studien und Recherchenerschienen ist und erst in der Schlussphase der Arbeit eingesehen wurde. In der Folgewurden meist nur am Rande vergleichsweise kurze Hinweise auf die dortigen Eintrgeeingearbeitet.

    1.1. Studien zur SubstantivvalenzDie in Tabelle 1 aufgefhrten Monographien aus der Grammatikforschung und Lexikogra-phie haben Prpositionalphrasen als Attribute oder Substantivvalenz, zumeist einzelne ihrangehrende syntaktische Konstruktionsmglichkeiten zum Thema. Im Folgenden werdensie kurz vorgestellt, und ihr Nutzen fr die vorliegende Arbeit wird bewertet:

    6Fr eine ausfhrliche Darstellung der zweisprachigen/kontrastiven Wrterbcher sei z.B. auf Teubertverwiesen: [113] 2003, S.830-832.

    28

  • 1. Literatur im berblick

    Helmut Gnter Droop: Das prpositionale Attribut (1977)Droops Werk [22] ist erwhnenswert, da er der Erste war, der sich mithilfe von opera-tionalen Verfahren und einer aufwendigen diachron angelegten Korpusuntersuchung dieErgrndung der Binnenstruktur von Prpositionalattributen zum Ziel setzte. Seine Vorar-beiten wurden spter von mehreren Autoren aufgegriffen oder modifiziert, z.B von Teu-bert und Schierholz (siehe unten). Mit seinen Tests geht Droop den unterschiedlichensyntaktischen und semantischen Merkmalen und Verhaltensweisen der PPA auf den Grund.Obwohl Droop sowohl PPAreg als auch PPAadv als Beispiele angibt, nimmt er keine weitereUnterscheidung zwischen ihnen vor. Interessante Einzelfakten aus seinem Werk flieen anverschiedenen Stellen, vor allem im zweiten Kapitel, in diese Arbeit ein.

    Wolfgang Teubert: Valenz des Substantivs (1979)Teuberts Werk umfasst ein weiteres Interessenfeld als das von Droop. Der Schwerpunktliegt dabei auf den Substantiven und weniger auf den PPA. Teuberts Darstellungen zurPrposition fr ([112] 1992, S.162-164) werden in den Kapiteln 5.3 und A.4.2 sowie zu denkausalen Prpositionen (S.167f.) in Kapitel 5.4 verwendet. Sein Ziel ist es, die syntak-tischen Relationen, die zwischen Bezugssubstantiv und Attribut nachgewiesen werden, insemantische Kategorien (= Kasusrollen) zu berfhren ([112] 1992, S.23). Dabei erarbeiteter ca. 20 semantische Ergnzungsklassen, ordnet ihnen nach durchgefhrten Korpusrecher-chen ihre mglichen syntaktischen Funktionen zu und vergleicht seine Ergebnisse u.a. mitDroop. Wie auch Sommerfeldt, der hier nicht ausfhrlich vorgestellt wird, geht Teu-bert davon aus, dass es Klassen von Bezugssubstantiven gibt, die subklassenspezifischbestimmte Attribute mit Ergnzungscharakter an sich binden. Dies sei abhngig von derBedeutungsrelation zwischen dem Substantiv und dem Attribut (vgl. [112] 1992, S.19).Dass Teuberts Forschungsergebnisse von groer Bedeutung sind, besttigen die Analy-sen in Kapitel 5.

    Jrgen Erich Schmidt: Die deutsche Substantivgruppe und dieAttribuierungskomplikation (1993)Um die Akzeptabilitt von Reihenfolgebeziehungen in komplexen Satzkonstruktionen zueruieren, legte Schmidt 324 Probanden 89 Items zur Erhebung ihrer Verstndlichkeits-und Grammatikalittsurteile vor (vgl. [93] 1993, S.198). Er stellt fest, dass Mehrfach-attribuierungen Kommunikationsbarrieren darstellen knnen, weil der Rezipient die inten-dierte Aussage des Schreibers aufwendig dekodieren msse (vgl. [93] 1993, S.5). ObwohlSchmidt zwischen, in seiner Terminologie, Prpositionalattributen und valenzgebundenenPrpositionalattributen unterscheidet und deren Serialisierung auch unter anderem behan-delt, sind seine Ergebnisse fr die vorliegende Arbeit nur marginal bedeutsam. Kapitel5.4 dieser Arbeit behandelt zwar die Kombination von PPAreg und PPAadv in einem Satz,doch geht es dort vorrangig um die Erweiterung der Satzaussage durch kausale PPAadv.Auerdem werden in der Prpositionserhebung Genitiv- oder von-Attribute bewusst aus-

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  • 1. Literatur im berblick

    geklammert und die Satzstellung wird aus organisatorischen Grnden so eingeschrnkt,dass eine Serialisierung von Attributen in den Probandenstzen nicht auftritt.

    Stefan Lauterbach: Genitiv, Komposition und Prpositionalattribut(1993)In Lauterbachs Werk wird das Prpositionalattribut nur als Nebenschauplatz betrachtet,um die Konkurrenz zum und das Zusammenspiel mit dem Genitivattribut herauszuarbei-ten (vgl. [75] 1993, S.126f.). Er widmet sich dabei auch einzelnen Prpositionen ([75] 1993,S.139-143) und arbeitet interessante Zusammenhnge heraus, wie zum Beispiel die Reak-tivierung der prpositionalen Semantik in PPAreg (vgl. [75] 1993, S.140), die spter vonSchierholz in seiner Studie besttigt werden kann. Auf Lauterbachs Werk wird vor-rangig im Grundlagenkapitel 2 Bezug genommen, aber auch in Kapitel 5.3 finden seineErkenntnisse Verwendung.

    Stefan Schierholz: Prpositionalattribute (2001)Lauterbach bemerkte 1993, dass die Monographie von Droop zum prpositionalenAttribut [...] so gut wie keine Nachfolge gefunden hat ([75] 1993, S.112). Dieses Erbe tratacht Jahre spter Stefan Schierholz an. Seine Habilitationsschrift [91] wird als einesder wichtigsten Fundamente fr die vorliegende Untersuchung angesehen und erhlt daherbesondere Aufmerksamkeit. Schierholz beschftigt sich in seinem Werk mit den seman-tischen Korrelationen der einzelnen Glieder in, nach seiner Terminologie, der PPA- sowieder AAB-Konstruktion (vgl. [91] 2001, S.124f.&127). Anhand von ausfhrlichen Korpus-recherchen sowie semantischen Analysen zu den Prpositionen auf und unter erarbeitetSchierholz nicht nur Bedeutungsfelder, denen die eruierten Rektionssubstantive zuge-ordnet werden, sondern auch Grundbedeutungen der jeweiligen regierten Prpositionen,auf die in der vorliegenden Arbeit zurckgegriffen wird. Weiterhin diskutiert er die Kombi-nierbarkeit der Komponenten und schlgt mgliche semantische Grundtypen fr die Nach-folgersubstantive vor, die jedoch nicht im Zentrum seiner Betrachtungen stehen.Schierholz Untersuchungen und Vorarbeiten haben beispielsweise fr die Prpositionregauf ergeben, dass 12 Lexemfelder fr mindestens 94 Rektionssubstantiveauf existieren unddass sie fnf unterschiedlichen Bedeutungsfeldern zugeordnet werden kann (vgl. [91] 2001,S.191), die in Kapitel 5.3.2.5 zu Chancen und 5.6 auf die hier untersuchten Flle bertragenwerden.

    Matthias Hlzner: Substantivvalenz. Korpusgesttzte Untersuchungenzu Argumentrealisierungen deutscher Substantive (2007)Hlzners Anliegen ist es, ca. 30 ausgewhlte Substantive auf ihr Valenzverhalten hinzu untersuchen. Unter der Prmisse eines multidimensionalen Substantivvalenz-Konzepts,

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  • 1. Literatur im berblick

    das im Wesentlichen auf der IDS-Grammatik [123] basiert, bringen seine Untersuchun-gen erstaunliche Ergebnisse hervor: Die Argumente seiner valenten Substantive werdenwesentlich hufiger als bisher angenommen transphrastisch realisiert, also auerhalb derNominalphrase. Diese Realisierung, z.B. als Partnerwrter im Satz oder sogar satzber-greifend, dient vor allem dem Aufbau der Textkohrenz (vgl. z.B. [57] 2007, S.316).Hlzners Ergebnisse flieen in verschiedene Kapitel mit ein, obwohl PPA nicht im Vor-dergrund seiner Arbeit stehen. Doch gerade weil sie bei keinem der von Hlzner unter-suchten valenten Substantive fokussierte Argumentstellen einnehmen, gab das Werk denAnlass dazu, alle in der vorliegenden Arbeit ausgewhlten sechs Substantive unter derKompositathese zu untersuchen: Knnen Schwierigkeiten bei der Wahl des prpositionalenAnschlusses darauf zurckzufhren sein, dass aufgrund eines passenden frequenten Kom-positums die Realisierung einer PPAreg ungebruchlich ist?

    Rozlia Hum: Untersuchung von reziproken Strukturen valenterSubstantive in der deutschen Sprache (2010)In ihrer Dissertation beschftigt sich Hum mit der syntaktischen und semantischen Ein-ordnung reziproker Substantive, die sie schon in einer Vorstudie fr das oben genannteDeutsch-ungarische Wrterbuch zur Substantivvalenz [6] untersuchte. Dabeiweist sie mindestens 180 Substantive mit mindestens zwei Argumenten nach, die vertauschtwerden knnen (vgl. [56] 2010, S.1). Hierzu durchforstete sie vier Quellen nach reziprokenStrukturen valenter Substantive (vgl. [56] 2010, S.70ff.). Unter dem Formtyp Reziproke fasstHum aufeinander bezgliche Strukturen zusammen, die folgende Prpositionen enthaltenknnen: mit, gegen, von, zu, zwischen, unter sowie in ([56] 2010, S.114&161f.), wobei mitund zwischen die Spitzenreiter sind ([56] 2010, S.116). Die Substantive knnen nur Hand-lungsbezeichnungen, Vorgangsbezeichnungen, Ergebnisbezeichnungen oder Zustandbezeich-nungen (sic!) sein. [...] Diese Bedeutungsfelder sind z.B. gemeinsame Aktionen, Wettbewerbund Konkurrenzkampf, Trennung, hnlichkeit vs. Nicht-hnlichkeit, gegenseitige Beziehun-gen, symmetrische Relation ([56] 2010, S.162f.).Hums Werk wurde nicht nur aufgenommen, da es sehr interessante Einblicke in einen Teil-bereich der Prpositionen in Prpositionalphrasen liefert, sondern auch da es ein weitererBeweis dafr ist, dass das Thema Substantivvalenz zur Zeit einen Aufschwung erhlt undForschungsergebnisse in diesem Umfeld fr die Lexikographie produktiv sind.

    Maria Jose Dominguez Vazquez: Konstrastive Grammatik undLexikographie - spanisch-deutsches Wrterbuch zur Valenz desNomens (2011)Neben der Darstellung eines kontrastiven Konstruktionswrterbuchs zur Substantivva-lenz mit Angaben zur syntaktischen Distribution der Lexeme sowie zu ihrer relational-kategoriellen Bedeutung ([116] 2011, Klappentext) widmet auch Dominguez Vazquezder Frage nach einer Substantivvalenz in ihremWerk, das aus ihrer Habilitationsschrift her-

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  • 1. Literatur im berblick

    vorgegangen ist, viel Platz. Ihre hochaktuelle Zusammenfassung zu dem Thema und dessenGrundlagen ist mit 130 Seiten so umfangreich, dass der interessierte Leser die Bereiche, diein der vorliegenden Dissertation nur angerissen werden, in ihrem Werk ausfhrlich nach-lesen kann. Auch noch im Jahre 2011 muss Dominguez Vazquez feststellen, dass dieAuffassung von Substantiven als mgliche satzgliedkonstituierende Valenztrger immer nochin Frage gestellt wird ([116] 2011, Klappentext). Begrndungen fr diesen Befund gibt sieim ersten Kapitel (vgl. [116] 2011, S.11ff.). Groe Bedeutung hat ihr Forschungsvorhabenbesonders vor dem Hintergrund der kontrastiven Lexikographie.

    1.2. Deutsch als FremdspracheIn der Fremdsprachdidaktik findet das Themengebiet deutscher Prpositionen und Pr-positionalphrasen schon lnger groe Beachtung. Die Kritik aus dem DaF-Bereich anunzureichenden Informationen ber die PPAreg trieb auch dort Ende des letzten Jahr-hunderts eine rege Forschungsttigkeit an, die besonders die Schwierigkeiten der Fremd-sprachenlerner zum Ausgangspunkt nimmt und auf die Verbesserung von bungs- undNachschlagewerken sowie Hilfen fr Fremdsprachenlehrer ausgerichtet ist: Ein- und zwei-sprachige Wrterbcher7 einerseits erfordern ausfhrliche Lexemlisten, die der Vielzahlan Sonderfllen Rechnung tragen mssen, ohne fr Fremdsprachenlerner unbersichtlichzu werden. Grammatikautoren andererseits wnschen allgemeingltige Erkenntnisse berPPAreg, die systematischer als bisher aufbereitet werden, jedoch auch unvollstndig bleibenmssen (vgl. [90] Schierholz 2000, S.144).Schwierigkeiten von deutschen Muttersprachlern mit PPAreg sind nach meinen Recherchennicht dokumentiert, daher bezieht sich der folgende Exkurs auf die Sichtung von Textenaus dem DaF-Bereich. Es wird der Frage nachgegangen, ob und in welchem Umfang PPAregsowie Schwierigkeiten mit ihnen thematisiert werden.

    Forschung in der und fr die FremdsprachdidaktikHenri Bouillon beschftigt sich in einem seiner Aufstze mit Prpositionsfehlern vonDeutschlernenden: Sein Korpus von 108 Aufstzen f