T SPOR 17 SPRITZIGE KRICKET – EINE EXOTISCHE SPORTART ... · Cricket Bund“ zeigt man sich über...

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KRICKET – EINE EXOTISCHE SPORTART [mis] Im Mittelkreis hebt sich ein etwa 20 Meter langer und 3 Meter breiter sandfarbener Streifen deutlich vom Grün des Fußballplatzes ab. An den Enden dieser soge- nannten Pitch befindet sich jeweils ein Wicket – eine wackelig anmutende Konstruktion, die aus drei Stäben sowie zwei Querstäben besteht und von einem Feder- mechanismus zusammengehalten wird. Knapp 20 jun- ge Afghanen gehen hier ihrer Leidenschaft nach: dem Kricket. Grob formuliert, versucht bei diesem Sport der Werfer, den gegnerischen Schläger zu Fehlern zu bewe- gen, während Letzterer den Ball schlagen muss, um Punkte zu erzielen. Die Pitch bildet das Herzstück des Feldes. „Über Platten aus dem Baumarkt haben wir eine Kokosmatte gelegt. Normalerweise besteht die Pitch aus Sand. Wir müssen sie stets auf- und wieder abbauen“, erklärt Tobias Seitz das Provisorium. Er selbst hatte früher nichts mit Kricket zu tun, engagiert sich aber ehrenamtlich als Sprachleh- rer. Seine afghanischen Schüler haben ihn gefragt, wo man in Halle Kricket spielen kann – zuvor gar nicht. So hat er gemeinsam mit Kollegen einen Spielort gesucht und sich mit der benötigten Ausrüstung auseinander- gesetzt. „Der Sport ist sehr teuer. Die Schläger und die Schutzausrüstung wie Schoner und Helme kosten meh- rere 100 Euro. Ein Ball hält nur zwei Trainingseinheiten“, erklärt er die schwierige Materialsituation. Im August des letzten Jahres trat man deshalb an die „Aktion Mensch“ heran und erhielt eine Anfangsförderung. Auf der Suche nach Vereins-Anbindung stand man der An- frage bei der SG Einheit Halle sofort aufgeschlossen gegenüber – mittlerweile wurde eine separate Kricket- Abteilung gegründet. „Wer irgendwo zu Gast ist, darf auch Gastfreundschaft erwarten. Diese zeigen wir als Verein, indem wir den jungen Menschen die Möglich- keit eröffnen, den von ihnen geliebten Sport auszuüben“, sagt Vereinspräsident Wolfgang Reinhold. Kricket ist in den Staaten des Commonwealth wie In- dien, Pakistan oder aber auch Australien äußerst beliebt. Vor dem Zweiten Weltkrieg war der Sport in Deutsch- land ebenfalls weitverbreitet, um später über viele Jah- re hinweg ein Schattendasein zu fristen. Durch die Flüchtlinge ändert sich das nun. Beim „Deutschen Cricket Bund“ zeigt man sich über diese Entwicklung sehr erfreut: „Vor sechs Jahren gab es 70 Mannschaften, mittlerweile hat sich die Zahl mehr als vervierfacht“, er- läutert der Vorsitzende Brian Mantle. Der Sport könnte noch weiteren Auftrieb erfahren. „Bald entscheidet sich, ob Kricket ab 2024 wieder olympisch wird. Das wäre großartig!“, zeigt er sich euphorisch. Der Bund unter- stützt auch die halleschen Kricket-Novizen mit günstigen Ausstattungen und externem Know-how. Auf dem Einheit-Sportplatz werden aus dem Imbiss- Wohnwagen Brötchen mit gebratenen Hähnchen-Steaks gereicht, damit sich die Sportler stärken können. Wäh- renddessen trifft ein Spieler den Ball perfekt und bugsiert ihn weit über das Spielfeld hinaus. „Dieser Schlag beutetet sechs Runs, wie die Punkte im Kricket genannt werden“, sagt Ahmadi Zafer und nickt anerken- nend. Er ist 24, seit beinahe zwei Jahren in Deutschland und trainiert das erste Kricket-Team Halles. Am Spielfeld- rand beobachten Wolfgang Reinhold und der Geschäfts- führer Michael Koch das bunte Treiben. „Die Menschen bereichern das Vereinsleben. Die Flüchtlinge sind keine graue Masse – es handelt sich um Einzelschicksale“, deutet Reinhold die Dynamik an, welche dem ganzen Kricket-Projekt innewohnt. Die Entwicklung des Teams wird maßgeblich davon beeinflusst, wie die Asylanträ- ge jeweils beschieden werden. Einige der Spieler haben Halle auch schon wieder gen Großstädte wie Berlin ver- lassen. „Der Sport in Halle ist unglaublich vielfältig und wir freuen uns sehr, einen Beitrag dazu leisten zu kön- nen, das Spektrum noch breiter zu machen“, erklärt Koch das Engagement des Vereins. „Ich glaube, die meisten Berührungsängste lassen sich auf die Unbekanntheit der Sportart in Deutschland zurückführen“, versucht er zu erklären, warum sich bislang kaum Hallenser am Kricket versucht haben. Der Versuch, das Spiel in Halle dauerhaft zu etablieren, bietet die Chance, Brücken zu schlagen. Diese wollen alle Beteiligten nutzen. www.sg-einheit-halle.de SPRITZIGE WETTRENNEN 17.6. | 10 UHR | HAFEN TROTHA Das Hafenbecken in Trotha wird auch in diesem Jahr zum Schauplatz des „Halleschen Drachenboot- Cups“. Das Rennen wird von den Ghostdragons ver- anstaltet und findet bereits zum zwölften Mal statt. In den Kategorien „Fun“, „Firmen, „Studenten“ sowie „Sport“ wird das Wasser auf der 200 Meter langen Strecke durchpflügt. Boot, Paddel und Steuerleute werden vom Veranstalter gestellt. Da verschiedene Rennen gefahren werden, geht jedes Team – ob Spaßtruppe oder ambitioniert – mindestens drei Mal an den Start. Nicht nur sportliche Bestleis- tungen, sondern auch die originellste Kostümie- rung, der beste Schlachtruf sowie die eindrucks- vollste Team-Performance werden prämiert. www.drachenboot-halle.de SPORTLICHER KAMPF GEGEN DEN KREBS 11.6. | 9 UHR | SAALEUFER AUF HÖHE ZIEGELWIESE Nach der erfolgreichen Premiere im letzten Jahr findet der hallesche Ableger der Benefiz-Regatta „Rudern gegen Krebs“ zum zweiten Mal statt. Über 60 Vierer-Mannschaften gehen auf Höhe der Zie- gelwiese in unterschiedlichen Kategorien an den Start. Begleitet wird das sportliche Spendensam- meln von einem bunten Rahmenprogramm für Groß und Klein. Die erhofften Spenden von über 20.000 Euro gehen an die veranstaltende Stiftung „Leben mit Krebs“. Sie hat es sich zur Aufgabe ge- macht, die Lebensqualität von krebskranken Men- schen zu steigern. Auch das Universitätsklinikum sowie der „Hallesche Ruder-Club“ und die „Halle- sche Rudervereinigung Böllberg/Nelson“ engagie- ren sich für den guten Zweck. www.rudern-gegen-krebs.de SWING IN HALLE 18.6. | 14 UHR | NIÑO BIEN Wer gern mal den Swing-Tanz Lindy Hop auspro- bieren möchte, ist im Tanzstudio Niño Bien in der Großen Ulrichstraße goldrichtig. In regelmäßigen Abständen wird hier ein zweistündiger Workshop angeboten, in dem euch die grundlegenden Schritt- kombinationen beigebracht werden. Da auch auf- bauende Figuren gezeigt und getanzt werden, eig- net sich der Kurs nicht nur für Anfänger, sondern auch für Swing-Erprobte. Eine Anmeldung ist be- quem online möglich. Direkt an den Workshop schließt die Veranstaltung „Swing-Café“ an: Hier kann in entspannter Atmosphäre getanzt und ge- quatscht werden. Taucht ein in die Tanzkultur der 1930er und 40er Jahre! www.nino-bien.de FOTO: ANDREAS WEISE SPORT 17

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KRICKET – EINE EXOTISCHE SPORTART[mis] Im Mittelkreis hebt sich ein etwa 20 Meter langer und 3 Meter breiter sandfarbener Streifen deutlich vom Grün des Fußballplatzes ab. An den Enden dieser soge-nannten Pitch befindet sich jeweils ein Wicket – eine wackelig anmutende Konstruktion, die aus drei Stäben sowie zwei Querstäben besteht und von einem Feder-mechanismus zusammengehalten wird. Knapp 20 jun-ge Afghanen gehen hier ihrer Leidenschaft nach: dem Kricket. Grob formuliert, versucht bei diesem Sport der Werfer, den gegnerischen Schläger zu Fehlern zu bewe-gen, während Letzterer den Ball schlagen muss, um Punkte zu erzielen.

Die Pitch bildet das Herzstück des Feldes. „Über Platten aus dem Baumarkt haben wir eine Kokosmatte gelegt. Normalerweise besteht die Pitch aus Sand. Wir müssen sie stets auf- und wieder abbauen“, erklärt Tobias Seitz das Provisorium. Er selbst hatte früher nichts mit Kricket zu tun, engagiert sich aber ehrenamtlich als Sprachleh-rer. Seine afghanischen Schüler haben ihn gefragt, wo man in Halle Kricket spielen kann – zuvor gar nicht. So hat er gemeinsam mit Kollegen einen Spielort gesucht und sich mit der benötigten Ausrüstung auseinander-gesetzt. „Der Sport ist sehr teuer. Die Schläger und die Schutzausrüstung wie Schoner und Helme kosten meh-rere 100 Euro. Ein Ball hält nur zwei Trainingseinheiten“, erklärt er die schwierige Materialsituation. Im August des letzten Jahres trat man deshalb an die „Aktion Mensch“ heran und erhielt eine Anfangsförderung. Auf der Suche nach Vereins-Anbindung stand man der An-frage bei der SG Einheit Halle sofort aufgeschlossen gegenüber – mittlerweile wurde eine separate Kricket-Abteilung gegründet. „Wer irgendwo zu Gast ist, darf auch Gastfreundschaft erwarten. Diese zeigen wir als Verein, indem wir den jungen Menschen die Möglich-keit eröffnen, den von ihnen geliebten Sport auszuüben“, sagt Vereinspräsident Wolfgang Reinhold.

Kricket ist in den Staaten des Commonwealth wie In-dien, Pakistan oder aber auch Australien äußerst beliebt. Vor dem Zweiten Weltkrieg war der Sport in Deutsch-land ebenfalls weitverbreitet, um später über viele Jah-

re hinweg ein Schattendasein zu fristen. Durch die Flüchtlinge ändert sich das nun. Beim „Deutschen Cricket Bund“ zeigt man sich über diese Entwicklung sehr erfreut: „Vor sechs Jahren gab es 70 Mannschaften, mittlerweile hat sich die Zahl mehr als vervierfacht“, er-läutert der Vorsitzende Brian Mantle. Der Sport könnte noch weiteren Auftrieb erfahren. „Bald entscheidet sich, ob Kricket ab 2024 wieder olympisch wird. Das wäre großartig!“, zeigt er sich euphorisch. Der Bund unter-stützt auch die halleschen Kricket-Novizen mit günstigen Ausstattungen und externem Know-how.

Auf dem Einheit-Sportplatz werden aus dem Imbiss-Wohnwagen Brötchen mit gebratenen Hähnchen-Steaks gereicht, damit sich die Sportler stärken können. Wäh-renddessen trifft ein Spieler den Ball perfekt und bugsiert ihn weit über das Spielfeld hinaus. „Dieser Schlag beutetet sechs Runs, wie die Punkte im Kricket genannt werden“, sagt Ahmadi Zafer und nickt anerken-nend. Er ist 24, seit beinahe zwei Jahren in Deutschland und trainiert das erste Kricket-Team Halles. Am Spielfeld-rand beobachten Wolfgang Reinhold und der Geschäfts-

führer Michael Koch das bunte Treiben. „Die Menschen bereichern das Vereinsleben. Die Flüchtlinge sind keine graue Masse – es handelt sich um Einzelschicksale“, deutet Reinhold die Dynamik an, welche dem ganzen Kricket-Projekt innewohnt. Die Entwicklung des Teams wird maßgeblich davon beeinflusst, wie die Asylanträ-ge jeweils beschieden werden. Einige der Spieler haben Halle auch schon wieder gen Großstädte wie Berlin ver-lassen. „Der Sport in Halle ist unglaublich vielfältig und wir freuen uns sehr, einen Beitrag dazu leisten zu kön-nen, das Spektrum noch breiter zu machen“, erklärt Koch das Engagement des Vereins. „Ich glaube, die meisten Berührungsängste lassen sich auf die Unbekanntheit der Sportart in Deutschland zurückführen“, versucht er zu erklären, warum sich bislang kaum Hallenser am Kricket versucht haben. Der Versuch, das Spiel in Halle dauerhaft zu etablieren, bietet die Chance, Brücken zu schlagen. Diese wollen alle Beteiligten nutzen.

www.sg-einheit-halle.de

SPRITZIGE WETTRENNEN

17.6. | 10 UHR | HAFEN TROTHA

Das Hafenbecken in Trotha wird auch in diesem Jahr zum Schauplatz des „Halleschen Drachenboot-Cups“. Das Rennen wird von den Ghostdragons ver-anstaltet und findet bereits zum zwölften Mal statt. In den Kategorien „Fun“, „Firmen, „Studenten“ sowie „Sport“ wird das Wasser auf der 200 Meter langen Strecke durchpflügt. Boot, Paddel und Steuerleute werden vom Veranstalter gestellt. Da verschiedene Rennen gefahren werden, geht jedes Team – ob Spaßtruppe oder ambitioniert – mindestens drei Mal an den Start. Nicht nur sportliche Bestleis- tungen, sondern auch die originellste Kostümie-rung, der beste Schlachtruf sowie die eindrucks-vollste Team-Performance werden prämiert.

www.drachenboot-halle.de

SPORTLICHER KAMPF GEGEN DEN KREBS

11.6. | 9 UHR | SAALEUFER AUF HÖHE ZIEGELWIESE

Nach der erfolgreichen Premiere im letzten Jahr findet der hallesche Ableger der Benefiz-Regatta „Rudern gegen Krebs“ zum zweiten Mal statt. Über 60 Vierer-Mannschaften gehen auf Höhe der Zie-gelwiese in unterschiedlichen Kategorien an den Start. Begleitet wird das sportliche Spendensam-meln von einem bunten Rahmenprogramm für Groß und Klein. Die erhofften Spenden von über 20.000 Euro gehen an die veranstaltende Stiftung „Leben mit Krebs“. Sie hat es sich zur Aufgabe ge-macht, die Lebensqualität von krebskranken Men-schen zu steigern. Auch das Universitätsklinikum sowie der „Hallesche Ruder-Club“ und die „Halle-sche Rudervereinigung Böllberg/Nelson“ engagie-ren sich für den guten Zweck.

www.rudern-gegen-krebs.de

SWING IN HALLE 18.6. | 14 UHR | NIÑO BIEN

Wer gern mal den Swing-Tanz Lindy Hop auspro-bieren möchte, ist im Tanzstudio Niño Bien in der Großen Ulrichstraße goldrichtig. In regelmäßigen Abständen wird hier ein zweistündiger Workshop angeboten, in dem euch die grundlegenden Schritt-kombinationen beigebracht werden. Da auch auf-bauende Figuren gezeigt und getanzt werden, eig-net sich der Kurs nicht nur für Anfänger, sondern auch für Swing-Erprobte. Eine Anmeldung ist be-quem online möglich. Direkt an den Workshop schließt die Veranstaltung „Swing-Café“ an: Hier kann in entspannter Atmosphäre getanzt und ge-quatscht werden. Taucht ein in die Tanzkultur der 1930er und 40er Jahre!

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FOTO: ANDREAS WEISE

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