Tagungsbericht zur Volontär*innen Weiterbildung ... · als Facebook/Social Media, z.B. Newsletter,...
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Tagungsbericht zur Volontär*innen-Weiterbildung
Museumspädagogik und Öffentlichkeitsarbeit in Museen und Gedenkstätten
von
Katja Zeidler, Kulturprojekte Berlin
Kristin Witte, Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück
Donnerstag, 9. Juni 2016 | Museen Dahlem
Schwerpunkt: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Museen und Gedenkstätten
Freitag, 10. Juni 2016 | Märkisches Museum
Schwerpunkt: Vermittlung in Museen. Aktuelle Ansätze und Herausforderungen
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Einleitung
Anfang Juni 2016 fand eine weitere Veranstaltung der Weiterbildungsreihe für Volontär*innen im
Landesverband der Museen zu Berlin statt. In dieser Ausgabe wurden aktuelle Tendenzen und
Fragestellungen der Arbeitsbereiche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und Museumspädagogik/
Vermittlung in Museen anhand von Impulsvorträgen und Workshops von insgesamt 18 Referent*innen
aus namhaften Institutionen wie dem Städel Frankfurt, den Staatlichen Museen zu Berlin und dem
Haus der Kulturen der Welt bearbeitet.
Bisher fand die Fortbildung zur Öffentlichkeitsarbeit und Vermittlung stets an einem Tag statt, was
dazu führte, dass viele Teilnehmer*innen in den Auswertungsbögen bemängelten, dass zu wenig Zeit
bliebe, um sich vertieft mit den Themen zu beschäftigen. Dieses Feedback veranlasste uns als
Organisator*innen der aktuellen Fortbildung dazu, die beiden Themenblöcke auf zwei Tage zu
strecken, um einen intensiveren Arbeitsflow zwischen Volontär*innen und Referent*innen herzustellen.
Auf den folgenden Seiten geben wir einen Zusammenfassung des zweitägigen Programms sowie eine
verknappte Auswertung zum Feedback der insgesamt 80 Teilnehmer*innen aus Berliner und
Brandenburger Museen, Gedenkstätten und Archiven.
Viel Spaß beim Lesen!
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9. Juni 2016 - Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Museen und Gedenkstätten
Dem Themenfeld „Öffentlichkeitsarbeit“ widmete sich die Fortbildung am ersten Tag im Ethnologischen
Museum Berlin-Dahlem. Neben einer Keynote fanden in zwei Workshopphasen insgesamt sieben
Workshops statt.
Nach der Begrüßung durch die Organisator*innen stellte Patrick Helber die Arbeit der AG
Wissenschaftliche Volontär_innen Berlin & Brandenburg im Landesverband der Museen zu Berlin vor.
Danach wurden die Teilnehmer*innen durch die Direktorin des Ethnologischen Museums, Viola
König, begrüßt und eingeladen, die Pausen der Fortbildung für einen Rundgang durch das Museum
zu nutzen.
Den ersten inhaltlichen Beitrag der Tagung bildete die Keynote von Anika Geisel. Sie ist als Public
Policy Manager bei Facebook Deutschland tätig und berät in dieser Funktion Politiker*innen und
politische Institutionen bei ihrer Kommunikation auf Facebook. Auf der Fortbildung sprach sie über die
verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten von Facebook für den Kulturbereich. Anhand erfolgreicher
Beispiele zeigte sie auf, wie Organisationen aus dem Kulturbereich Facebook nutzen können, um auf
aktuelle Projekte aufmerksam zu machen, auf Veranstaltungen hinzuweisen oder mit der Community
ins Gespräch zu kommen. Dabei erklärte sie auch, welche Instrumente dabei helfen und welche Dinge
es zu beachten gilt.
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Workshop 1: Social Media für Museen – mehrdimensionale Kommunikation als
Herausforderung der Öffentlichkeitsarbeit
Die Zielgruppen für Museen mögen bekannt sein, nur die Möglichkeiten sie zu erreichen haben sich in
den letzten Jahren geändert. Die Kommunikation mit ihnen ist direkter, aber vielleicht auch schwieriger
geworden. Unterschiedliche Social-Media-Kanäle versprechen den schnellen Kontakt zu den Massen,
der jedoch nur durch kreative Inhalte und einen langen Atem erfolgreich aufzubauen und zu halten ist.
Welche speziellen Vorteile, welche eventuellen Nachteile erwarten Museen bei einem Auftritt in der
digitalen Welt und wie verändern sich die Arbeitsprozesse der klassischen Öffentlichkeitarbeit? Diese
Fragen hat Melanie Alperstaedt, Pressesprecherin des DDR-Museums Berlin, mit den
Teilnehmer*innen des Workshops erläutert und von ihren eigenen Erfahrungen berichtet. Anhand von
Praxisbeispielen wurde die Erstellung eines Social-Media-Konzepts betrachtet und zu einer Reflexion
angeregt. In der Phase der Gruppenarbeit hatten die Teilnehmer*innen dann die Möglichkeit, eigene
Ideen zu entwickeln und erste praktische Erfahrungen zu sammeln, die in der anschließenden
Diskussion ausgewertet wurden.
Workshop 2: Feuern auf allen Kanälen? Strategische Planung und Umsetzung in der
Onlinekommunikation am Beispiel des Städel Museums
In ihrem Workshop hat sich Paula Stuckatz, tätig in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des
Städel Museums in Frankfurt/Main, vor dem institutionellen Hintergrund der Teilnehmer*innen mit der
strategischen Planung der Onlinekommunikation im Bereich Museum bzw. Gedenkstätte auseinander
gesetzt. Der Einstieg wurde am Beispiel der Onlinekommunikation des Städel Museums in Frankfurt
am Main, insbesondere der Kampagnen und Initiativen zum ersten Onlinekurs des Museums
„Kunstgeschichte Online – der Städel Kurs zur Moderne“ (www.onlinekurs.staedelmuseum.de)
gemacht. Im Weiteren wurde der vorgestellte Maßnahmenkatalog weniger als ein verbindliches
Erfolgsrezept behandelt. Vielmehr war das Ziel, ausgehend von diesem Beispiel strategische Ansätze
für den sinnvollen Auf- und Ausbau, die Ausgestaltung sowie strategische Nutzung verschiedener
Kanäle in der Onlinekommunikation zu entwickeln – in Abstimmung auf das jeweilige Profil und die
Ressourcen der Institutionen. Kleine Aufgaben, gemeinsame Diskussionen und Reflexionen in der
Gruppe sollten dabei die Erarbeitung möglichst konkreter und realistischer Ideen befördern.
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Workshop 3: Die richtige Story erzählen. Redaktionelles und Journalistisches Arbeiten
im Museumskontext
Guter Content ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Online-Kommunikation. Doch spannende
Themen allein reichen meist nicht aus, um in Blogs, auf Webseiten und in Sozialen Medien
Leser*innen für sich zu gewinnen und sie bei den eigenen Angeboten zu halten. Dazu bedarf es einer
guten redaktionellen Arbeit im Hintergrund. Sven Stienen, Redakteur des Museumsblogs der
Staatlichen Museen zu Berlin, widmete sich in seinem Workshop praxisorientiert der Textarbeit und
vermittelte Grundlagen des journalistischen Schreibens und der redaktionellen Aufbereitung von
Inhalten. Anhand von Beispielen und Praxisübungen konnten die Teilnehmer*innen unter anderem
folgende Fragen in den Blick nehmen: Wie erkennt und kommuniziert man eine geeignete Story?
Welche sprachlichen Tricks kann man anwenden, um Texte ansprechender zu machen? Wie führt und
redigiert man ein Interview?
Workshop 4: Auf Augenhöhe mit Journalist*innen – dialogische Pressearbeit im
Kulturbereich
Wie relevant ist die klassische Pressearbeit in Zeiten von Web 2.0 und Social Media? Judith Kuhn,
Mitarbeiterin der Pressestelle des Stadtmuseums Berlin, gab einen Einblick in die Pressearbeit im
Museum, stellte Basis-Instrumente und Methoden vor und beleuchtete das tägliche Zusammenspiel
mit Marketing und Social Media. Neben den theoretischen Grundlagen und Strategien erfolgreicher
Pressearbeit, haben praktische Beispiele und kleine Übungen den Workshop ergänzt.
Workshop 5: Social Media im Museumsbereich – Kanäle, Tools und Strategien
Der Workshop von Mark Lippuner, Mitbegründer des Projektbüros für kulturelle Angelegenheiten im
sozialen Netz „Kulturfritzen“, vermittelte Grundlagen für die professionelle Social-Media-Arbeit in
Museen und Gedenkstätten, beleuchtete Möglichkeiten und Grenzen einzelner Kanäle, stellte
Analyse-Tools vor und gab Impulse für die Entwicklung von kreativen digitalen Strategien.
Zu Beginn erläuterte Mark Lippuner Grundlagen, die jeder digitalen Strategie vorangehen müssen –
Bestimmung der Zielgruppe(n), Ziel der Social-Media-Arbeit etc. – und stellte Kriterien zur Auswahl
geeigneter sozialer Netzwerke vor: Eine Facebook-Seite scheint Standard, doch wie sieht es mit
Twitter, Instagram, Vine, YouTube oder Snapchat aus? Wie und von wem können welche Kanäle
adäquat bespielt werden? Anhand von Best-Practice-Beispielen wurden Möglichkeiten des Einsatzes
sozialer Netzwerke für das Marketing und die Kulturvermittlung veranschaulicht (Storytelling und
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Content Management). Darüber hinaus erörterte er zwei Arten digitaler Events (Social Meetup und
#AskACurator), nahm Blogger-Relations ins Visier und stellte Tools zum einfachen Monitoring vor. Im
praktischen Teil des Workshops hatten die Teilnehmer*innen die Möglichkeit, digitale Strategien für
eigene aktuelle oder künftige Projekte (weiter) zu entwickeln und sie in einem Redaktionsplan zu
strukturieren.
Workshop 6: Kommunikation für zeitgenössische Kunsteinrichtungen am Beispiel des
HKW
Wie werden komplexe Inhalte vermittelt und ein Publikum aufgebaut? Die Leiterin des Bereichs
Kommunikation und Kulturelle Bildung am Haus der Kulturen der Welt (HKW), Silvia Fehrmann,
beantwortete diese Frage am Beispiel ihres Hauses. Das HKW operiert an der Schnittstelle von Kunst,
Wissenschaft und Gesellschaft. Seine Ausstellungen, Diskursveranstaltungen, Musikfestivals und
Bildungsprojekte ziehen ein heterogenes und junges Publikum an. Unter Einbeziehung der Workshop-
Teilnehmer*innen erläuterte Silvia Fehrmann, dass auf Basis einer „Stärke-Schwächen Analyse"
(SWOT) zunächst Zielgruppen und danach Strategien der Programmgestaltung und medialen Präsenz
erarbeitet werden können.
Workshop 7: Humor schlägt Shitstorm: Die mutige Social-Media-Kampagne
#weilwirdichlieben der BVG
Michael Beer ist bei den „Berliner Verkehrsbetrieben (BVG)“ im Bereich Strategie/Marktforschung tätig und
dort verantwortlich für die Entwicklung und Umsetzung der BVG-Imagekampagne #weilwirdichlieben. In
seinem Workshop stellte er anhand dieses sehr erfolgreichen Beispiels drei zentrale Aussagen für eine
Social-Media-Kampagne vor. 1. Kein Social Media ohne Plan: Vorab abgestimmte Strategie und Leitfaden
sind unbedingt notwendig. 2. Mut wird belohnt: Ein
authentisches Gesicht zum Kunden kann nur mit
ehrlicher und offener Kommunikation aufgebaut
werden. 3. Social Media ist ein Sprint und kein
Spaziergang: Nachhaltigkeit im Kundenkontakt kann
nur durch beständige Kommunikation aufgebaut
werden. Anschließend wurde kontrovers diskutiert,
inwiefern solch eine Kampagne aus dem Bereich
der freien Wirtschaft auf die Öffentlichkeitsarbeit in
Museen und Gedenkstätten übertragen ließe.
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Auswertung des Fortbildungstages im „World Café“
Zum Abschluss trafen sich alle Teilnehmer*innen zur gemeinsamen Vorstellung und Diskussion der
verschiedenen Workshopinhalte. Abweichend von der bisherigen Form (Podiumsdiskussion) haben
sich die Organisator*innen entschieden, die Auswertung der Fortbildungstage angelehnt an ein „World
Café“ durchzuführen. Anhand von vier zentralen Fragen konnten sich die Teilnehmer*innen dabei in
einer rotierenden Diskussion über die Inhalte der Workshops sowie die Übertragbarkeit in ihre
jeweiligen Arbeitsbereiche austauschen. Im Folgenden sollen die Ergebnisse der Auswertungstische
stichpunkthaft dargestellt werden. Sie sind nicht nach Relevanz oder Aufkommen sortiert.
1. Hält Social Media, was es verspricht? Wo siehst Du Grenzen?
Vielfalt und dann wieder: Konzentration auf Reduktion/Übersichtlichkeit -> Narrationen
etablieren z.B. über Social Media Plan
Sprache
MUT – Akzeptanz innerhalb des Hauses
Kalkuliertes Risiko
Finanzielle und personelle Ressourcen
Kanal
RELEVANZ
KRITIK mit HUMOR nehmen
Messbarkeit – Besucher
Imagepflege
Agentur übernimmt Service – z.B. BVG
Zusammenarbeit auf Augenhöhe – ETIKETTE, Tonalität
Bei Gewinnspielen auf Facebook keine/nicht genug REAKTION
„falsche“ Verlinkung
#shitstorm – Angst, Verlust von Sponsoren
Was bewegt das Netz?
Bildrechte
2. Good-/Bad- Strategie; Beispiele für strategische Kommunikation; Social Media und
Pressearbeit
Reichsmuseum Amsterdam – keine Selfies im Museum
+/- Wie viele Postings? Wann sind es zu viele?
+ Strategie nach innen vermitteln – alle beteiligen?
Humor
Aushalten von anderen Ansichten
+ klares Konzept
+ Partizipation
+ Strategie in Abstimmung mit Personal und Budget
Analoge und digitale Aktivitäten müssen ineinandergreifen
#Lustwandeln und #myrembrandt – Partizipationsaktionen
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3. Welche Fragen/Ideen/Wünsche haben sich durch die Workshops ergeben? Welche Themen
würdest Du gern vertiefen?
Mutiger sein, Sachen ausprobieren
Evtl. aufeinander aufbauende Workshops (Teil 1&2)
Praxis/praktisch-orientierte Workshops
Kommunikationsstrategien für/von Kulturinstitutionen
Datenverarbeitung im Museum (Tools, …)
Schreibwerkstatt für verschiedene Formate
Themenschwerpunkt: Kommunikation mit Presse (hausintern und extern) – konkrete Beispiele
(Veranstaltungen, Neue Programme, Ausstellungen)
4. Welche Tools (PR-Öffentlichkeitsarbeit) hast Du heute kennen gelernt? Welche fandest Du
für Deine Arbeit praktikabel, welche nicht?
Erster Satz zählt!
Feste Formate (Mini Q&A, Hinter den Kulissen)
Kalendertool
Offener Redationsplan
Tonalität
Strategie-Leitfaden für Social Media (Was? Wer? Wie?, Absprachen im Haus?,
Zusammenarbeit intern)
Was macht man bei beschränkten Ressourcen?
Es braucht personelle Ressourcen, Geld und Konzentration!
Löschen ist keine Lösung
Aufmerksamkeit ist nicht in jeder Hinsicht gut.
Auswertung Feedbackbögen Tag 1
Insgesamt wurde der Fragebogen von 18 der insgesamt 59 Teilnehmer*innen ausgefüllt. Somit ist die
Auswertung der Fragebögen nicht repräsentativ, spiegelt aber die Stimmung in groben Zügen wider.
Die Workshops wurden sehr unterschiedlich bewertet. Vier der sieben Workshops (Workshops 1–4)
wurden von den Befragten mit sehr gut bis gut bewertet. Erfragt wurde die Qualität der
Teilnehmergröße, der Länge, der thematischen Ausrichtung sowie der Referent*innen. Der Workshop
von Marc Lippuner wurde größtenteils mit „sehr gut“, aber auch vereinzelt mit „geht so“ bewertet. Die
Workshops 6 und 7 wurden im Vergleich dazu schlechter bewertet – von „sehr gut“ bis „gar nicht gut“.
Wiederholt wurde angemerkt, dass die Workshops hätten länger sein können. Außerdem wurde
Workshop 6 als sehr monologisch empfunden.
Insgesamt wurde die inhaltliche Ausrichtung dem Thema „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“ gerecht
(12 von 18 Angaben). Bemängelt wurden der fehlende Bezug zur Arbeit in Gedenkstätten, der
zweitägige Charakter der Fortbildung sowie der Inhalt der Keynote (Allgemeinplätze und Werbung).
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Für die nächsten Weiterbildungen äußerten die Teilnehmer*innen folgende Wünsche:
Gedenkstätten als Thema
Schreibworkshop: Verfassen versch. Formate, Social Media und Pressemitteilung
Praktische Richtlinien/Tipps für Social Media (Softwaretools zur Datenverarbeitung)
eigene Projekte i. R. d. Volontariats entwickeln, Komplexität Public Relations, andere Formate
als Facebook/Social Media, z.B. Newsletter, PM etc.
Interne Kommunikation, interne Zusammenarbeit der versch. Abteilungen mit der Presse im
Haus und extern
Social Media auswerten, Ergebnisse messen, Schreiben für Twitter und Co. (Google
Analytics)
Klassische Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Datenschutz
10. Juni 2016 – Vermittlung in Museen. Aktuelle Ansätze und Herausforderungen
Der zweite Tag der Veranstaltung fand im Märkischen Museum in Berlin-Mitte statt. Als Teil der
Stiftung Stadtmuseum Berlin und unter der Leitung des neu berufenen Direktors Paul Spies ist dieser
Museumskomplex zur Stunde Teil einer strategischen Neuausrichtung innerhalb Berlins. So war es
nur naheliegend hier die Themen der Museumspädagogik und Vermittlung in Museen zu diskutieren
und exemplarisch zukünftige Modelle im Märkischen Museum auszutesten.
Die Tagung wurde mit Grußworten von Brinda Sommer, Referentin des Vorstands der Stiftung
Stadtmuseum Berlin, eröffnet. In Ihrer Rede zur Zukunft des Stadtmuseums Berlin gab sie allen
Anwesenden bereits einen kleinen Einblick in den Masterplan für die kommenden Jahre. Neben ihrer
Position als Referentin des Vorstands arbeitet Brinda Sommer als Referentin für die Ausstellung des
Landes Berlin im Humboldt Forum. Auch für dieses Großprojekt von internationaler Relevanz gab sie
einen Einblick in die bisherigen Planungen. Als Verweis zu Constanze Schröder betonte Brinda
Sommer zudem die Relevanz von Vermittlungsangeboten in den (Stadt-)Museen des 21. Jahrhunderts
und warb für eine engere Zusammenarbeit von Vermittlungs- und Ausstellungspersonal.
Constanze Schröder ist Leiterin des Fachbereichs Bildung und Vermittlung in der Stiftung
Stadtmuseum Berlin. In ihrem Impulsvortrag stellte sie den Fachbereich des Stadtmuseums für alle
dazugehörigen Häuser (Märkisches Museum, Ephraim-Palais, Nikolaikirche, Knoblauchhaus) vor.
Frau Schröder zeigte wie vielschichtig und unterschiedlich der Zugang zu heutigen Stadtmuseen sein
kann und welche Vorüberlegungen man tätigen muss, um mit den heterogenen Besucheransprüchen
produktiv arbeiten zu können.
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An diesen praxisnahen Vortrag schloss sich die Keynote Kulturelle Bildung in der Generation C von
Prof. Dr. Torsten Meyer (Geschäftsführender Direktor des Instituts für Kunst & Kunsttheorie,
Universität zu Köln) an, welcher einen kleinen Rundumblick in die Herausforderungen der Kultur- und
Kunstvermittlung im fortschreitenden 21. Jahrhundert vornahm. Seine These: Prägten Buchdruck und
Zentralperspektive als „geschäftsführende“ Informations- und Kommunikationstechnologien noch die
Medienkultur der Moderne, entwickeln sich mit den aktuellen, digital vernetzten Medien eine
vollkommen andere kulturelle und soziale Umwelt, in der zurzeit eine Generation von Digital Natives
heranwächst. Sie leben in „social media“, fotografieren mit dem Telefon, sehen fern mit YouTube,
kreieren ihre Selbstbilder bei Facebook und tragen den Cyberspace in der Hosentasche. Im Vortrag
wurden Verknüpfungen von mediologischen, kunst-, medien-, kommunikations- und
kulturwissenschaftlichen Ansätzen mit pädagogischen Fragestellungen hergestellt und Konsequenzen
für die Kulturelle Bildung im Museum aufgezeigt.
Im Anschluss gab es eine kontroverse Diskussion mit vielen Teilnehmer*innen, über Fragen der
Zielstellung von bildnerischen Erziehung in der gegenwärtigen Bilderflut und ob Jugendliche
heutzutage überhaupt noch eine Form von „Reizüberflutung“ erfahren bzw. nicht schon längst
souveräner mit dieser dichten Präsenz von Bildmaterial umgehen können als die älteren
Generationen. Der Vortrag von Prof. Meyer ist im Anhang dieser Dokumentation nachzulesen.
Workshop 1: Interkulturelle Bildung zum Nationalsozialismus
In einer Einwanderungsstadt wie Berlin richten sich Bildungsangebote der Gedenkstätten an viele
Besucher*innen, die selbst oder deren Familien in der Vergangenheit nicht in Deutschland lebten. In
diesem Workshop von Eike Stegen wurden vormittags Konzepte aus der Gedenk- und Bildungsstätte
Haus der Wannsee-Konferenz für eine interkulturelle Bildung zum Nationalsozialismus vorgestellt.
Mittags fuhr die Gruppe zum Bahnhof Zoo und erkundete bei einem historisch-interkulturellen
Stadtspaziergang entlang der Hardenbergstraße diverse Orte, die gewaltbelastete Geschichten von
Flucht, Exil und Verfolgung thematisierten und dabei armenisch-deutsch-türkische Geschichten
miteinander in Beziehung setzten.
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Workshop 2: Künstlerische Kunstvermittlung. Eine praxisorientierte Perspektive
In dem Workshop von Patrick Presch (wissenschaftlicher Mitarbeiter, Referat Bildung/
Vermittlung/Besucherdienste, Staatliche Museen zu Berlin) lernten die Teilnehmer*innen verschiedene
Methoden und Theorien der künstlerischen Kunstvermittlung kennen und konnten diese exemplarisch
in den Räumen des Märkischen Museums anwenden. Unmittelbare Erfahrungen führten die Gruppe
zu eigenen Fragestellungen und Lösungen. Im ersten Teil des Workshops stellten sich die Teilnehmer
anhand von zufällig angeordneten Objekten vor. Später wurden diese Objekte mit Begriffen assoziiert
und für die Anwesenden neu geordnet. Presch stellte im weiteren Verlauf den Vermittlungsansatz von
Carmen Mörsch vor und präsentierte einige Beispiele aus seiner Praxis als Kunstvermittler. Im
zweiten Teil des Workshops wurde das „Mapping“ als künstlerische Vermittlungsmethode vorgestellt
und ausprobiert. In der Auswertung konnte lebhaft beobachtet werden, wie individuell jede*r diese
Aufgabe für sich übersetzt und gelöst hat und dabei jedes Blatt (es wurden drei DIN A3 Blätter und 1
Bleistift ausgeteilt) einen persönlichen Zugang zum Märkischen Museum entwickelte.
Workshop 3: Entdecke die Möglichkeiten – Vermittlung mit allen Sinnen
Wilma Otte ist in der Abteilung Kulturelle Bildung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten
Berlin-Brandenburg tätig. Seit vielen Jahren beschäftigen sie Themen der Barrierefreiheit und
Inklusion von heterogenen Besuchergruppen in Museen und vor allem in der SPSG. Doch wie kann
barrierefreie museale Vermittlung im Museum überhaupt funktionieren? Im Rahmen des Workshops
ging es darum herauszufinden, welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, welche Kosten
entstehen und wo Kooperationspartner zu finden sind. Das Märkische Museum selbst wird dem
Praxistest unterzogen: Museum für alle – funktioniert das hier überhaupt?
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Workshop 4: Über das Rückwärtslaufen – Vermittlungsangebote für
Willkommensklassen
In einem Tandem bestehend aus Constanze Schröder, die bereits am Morgen das Bildungs-
programm des Stadtmuseums vorstellte, und Joao Eduardo Albertini (Theaterpädagoge/
Schauspieler) wurden Vermittlungsmethoden in Führungen und Workshops mit Willkommensklassen
und geflüchteten Besucher*innen vorgestellt. Am Vormittag sprach Constanze Schröder über ihre
Erfahrungen in der Arbeit mit geflüchteten Jugendlichen und Schüler*innen. Dabei sind
handlungsorientierte Ansätze, Informationen in leichter Sprache und bewegungsorientierte Methoden
besonderes unterstützend, um in einen Dialog mit den Besucher*innen zu gelangen. Durch diese
Herangehensweise könne man so an eigene Erfahrungen aus ihren Heimatländern anknüpfen,
Vergleiche ziehen und sich mit anderen austauschen.
Im zweiten Teil stellte Joao Eduardo Albertini Auszüge seiner Vermittlungspraxis im Museum anhand
einer Führung vor. Die Führung begann mit dem Rückwärtslaufen durch die Ausstellung, um die
Historizität der Objekte zu verbildlichen. Damit die Teilnehmer*innen nicht in die Versuchung kommen,
die Ausstellungsobjekte anzufassen (wie es jüngere Besucher*innen gern tun) wurde jeder*m
Teilnehmer*in ein bisschen Honig auf den Finger gegeben. Im Anschluss an die bewegte Führung
reflektierte Albertini im Hof mit den Teilnehmer*innen diese und weitere Möglichkeiten der nonverbalen
Kommunikation mit Willkommensklassen und jüngeren Besucher*innen.
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Workshop 5: Grundprinzipien verstehen statt Faktenfülle bewältigen – Exemplarisch
Lernen im Museum
Mirjam Koring ist Mitarbeiterin in der Abteilung Bildung und Vermittlung des Stadtmuseums Berlin.
Gemeinsam mit Nadia Madany Mamlouk, (wissenschaftliche Mitarbeiterin, FU Berlin) beschäftigen
sie sich mit dem „Konzept des exemplarischen Lernens im Museum“. In dem Workshop wurde nach
einer kurzen Einführung zum Begriff und Wesen des exemplarischen Lernen, die Methode aufs
Museum als einen möglichen Ort für das exemplarische Lernen bezogen. Bei Rundgängen durch das
Märkische Museum wurden konkrete Beispiele in der Ausstellung besprochen, um didaktische
Grundprinzipien zu verdeutlichen. In einer Übung wandten die Teilnehmenden dies dann gleich selbst
an. Sie betrachteten und analysierten in kleinen Gruppen ausgewählte Exponate und Räume und
erschlossen sie sich unter Gesichtspunkten des exemplarischen Lernens.
Auswertungsgespräche im Bildungslabor
Wie bereits am ersten Tag trafen sich alle Teilnehmer*innen am Ende der Workshops bei Kaffee und
Kuchen zu einer Abschlussdiskussion und Reflexion. Anhand von vier offenen Fragen wurde über die
besuchten Workshops hinaus ein Austausch unter den Teilnehmer*innen und der verschiedenen
Inhalte angeregt. Im Folgenden sollen die Ergebnisse der Auswertungstische stichpunkthaft
dargestellt werden. Sie sind nicht nach Relevanz oder Aufkommen sortiert.
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1) Welche neuen Ansätze hast du durch die Vorträge/Workshops kennengelernt? Hat dir was
gefehlt?
Pickelhaubenansatz (Führungen mit Anfassen für Sehbehinderte)
Leichte Sprache wird (kostenpflichtig) „professionell“ geprüft => Schriftsprache / nicht
identisch mit einfacher Sprache => geschriebene oder gesprochene Sprache
Mapping
…dass jedes Objekt viele Geschichten erzählen kann
Es sollte für alle keine Pflicht zu, sondern die Ermöglichung des Rechts auf
Auseinandersetzung mit Geschichte geben
Eisatzmöglichkeiten von 3D-Druckern in der Kunstvermittlung
Next Art Education
Exemplarisches Lernen als didaktischer Ansatz in der Museumsvermittlung
Sprachförderung
Man kann nicht richtig oder falsch durch ein Museum gehen > Eigene Erfahrung
Theater der Unterdrückten
Vermittlung in Kunstmuseen waren kaum vertreten
2) Welche Hürden/Grenzen begegnen dir in deiner Institution/deinem Museum in der
Vermittlung?
Vermittlung wird erst als zweiter Schritt nach der Ausstellungsplanung gesehen
Keine Vermittlungsabteilung
Zu große Sammlung
Vermittlung für Erwachsene wird nicht mitgedacht
Vermittlung und Museum/wissenschaftliche Abteilung sind strukturell getrennt (3mal genannt)
Zu wenig neue Impulse für langjähriges Personal
Zu wenig/kein Personal
Zu wenig Schulungen für interkulturelle Kompetenzen, Sensibilisierung
Will man sich überhaupt neu orientieren? Bzw. für wen probiert man was Neues aus?
3) Haben sich Fragen, Ideen, Kontakte ergeben, die du gern (im Volontariat) vertiefen
würdest?
Kann man das Gelernte auf (zukünftige) Führungen anwenden?
Darf ich etwas NEUES ausprobieren?
Körpersprache als Sprache
Liquides Führungskonzept
Mapping
Kartographieren des Museums
Rausgehen nicht nur im Museum arbeiten/führen
Ausgewählter & guter Input inkl. Literaturhinweisen bezgl. Methoden wie Mapping
Offene Lernziele? Spracherwerb
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4) Wo fängt für dich gelungene Vermittlung im Museum an?
Orientierung an der Zielgruppe
Bei der Begrüßung
Interesse/Fokus auf und am Besucher
Vermittlung erstmal möglich machen; also: Besuch bzw. Aufmerksamkeit
Bei der (Ausstellungs-)Konzeption
Museum ist Vermittlung
Infos auf der Website etc.
Tolle Exponate
Subjektorientiert
Begeisterte (Kunst-)Vermittler
Bei der Zusammenarbeit von Museumspädagogen und Kuratoren
Offenheit – Konzentration – Raum geben
Auswertung Feedbackbögen Tag 2
Insgesamt wurde der Fragebogen von 11 der insgesamt 38 Teilnehmer*innen ausgefüllt. Somit ist die
Auswertung der Fragebögen nicht repräsentativ, spiegelt aber die Stimmung in groben Zügen wider.
Vier von fünf Workshops wurde von den Befragten mit sehr gut bis gut bewertet. Erfragt wurde die
Qualität der Teilnehmergröße, der Länge, der thematischen Ausrichtung sowie der Referent*innen.
Der Workshop „Mit allen Sinnen“ wurde gleichmäßig mit „sehr gut“ und „geht so“ bewertet. Für eine*n
Teilnehmer*in war die Dauer zu lang und die Anzahl der Teilnehmer zu gering.
Insgesamt wurde die inhaltliche Ausrichtung dem Titel der Weiterbildung „Vermittlung in Museen.
Aktuelle Ansätze und Herausforderungen“ sehr gerecht (9 von 10 Angaben). Als negatives Feedback
wurden eine fehlende Diskussion über die Forderung „Vermittlung im kuratorischen Prozess“, „mehr
praktische Anleitung für die eigene Arbeit“ und „Möglichkeit an zwei Themen teilzunehmen“
angemerkt.
Für die nächsten Weiterbildungen äußerten die Teilnehmer*innen folgende Wünsche:
größerer Fokus auf kleine Museen
Einbindung digitaler Medien bei Vermittlungsthematik
Methoden für Konzeption, Vermittlung, Mediation
mehr Referenten wie Herr Meyer
partizipatorische, kreative Workshops
früher anfangen, mehr Referenten, mehr verschiedenen Input, bessere
Lebensmittelkennzeichnung (Unverträglichkeiten)
Vorbereitungsteam sollte sich vorstellen
mehr passende Themen für Kulturmanager