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Text : Jeremy RoeÜbersetzung: Dr Martin Goch

Layout: Baseline Co Ltd127-129 A Nguyen HueFiditourist 3rd FloorQuan 1, Ho Chi Minh City Vietnam

© Sirrocco, London UK © Confidential Concepts, worldwide, USA© Tàpies Estate / Artists Rights Society, New York, USA / VEGAP,Spain.

Weltweit alle Rechte vorbehalten

Soweit nicht anders vermerkt, gehört das Copyright der Arbeiten denjeweiligen Fotografen. Trotz intensiver Nachforschungen war es aber nichtin jedem Fall möglich, die Eigentumsrechte festzustellen. Gegebenenfallsbitten wir um Benachrichtigung.

ISBN : 978-1-78042-590-0

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Einleitung

Antoni Tàpies ist seit mehr als sechzig Jahren als Maler, Bildhauer, Druckgrafiker und

Autor tätig. Seine kreative und intellektuelle Arbeit ist von Anfang an tief in seiner

Heimatstadt Barcelona verwurzelt, deren Vermächtnis er als Zentrum moderner

avantgardistischer Kunst fortführt. Die internationale und universelle Bedeutung seiner Kunst

wurde schon zu Anfang seiner künstlerischen Laufbahn anerkannt; Ausstellungen seiner

Werke sind in aller Welt zu sehen. Gegen Ende des ersten Jahrzehnts seiner Laufbahn wurde

Tàpies als der wichtigste Vertreter einer neuen Strömung in der avantgardistischen Malerei, der

Art Informel, identifiziert. Gleichzeitig lässt sich sein Werk jedoch nur schwer klassifizieren, da

es auch Parallelen mit anderen Kunstströmungen, etwa dem Abstrakten Expressionismus, der

Pop Art, der Arte Povera sowie jüngeren postmodernen Ansätzen in der Malerei aufweist. Die

starke Anziehungskraft von Tàpies’ Werk erwächst aus seinem Bewusstsein der künstlerischen

und intellektuellen Traditionen des Westens und des Orients sowie aus seinem Interesse an

fundamentalen existenzialistischen und mystischen Fragen. Tàpies’ Arbeiten thematisieren uns

alle betreffende allgemein gültige Aspekte und fordern vom Betrachter ein intellektuelles

Engagement. Er isoliert sich nicht von der Gesellschaft und dem täglichen Leben. Im Gegenteil:

seine Kunst ist fest darin eingebettet. Sein eigenes Leben ist von der Politik maßgeblich

beeinflusst worden. Er arbeitete dreißig Jahre lang unter der Diktatur Francos und setzte sich

in seiner Kunst mit der Gesellschaft, in der er lebte, auseinander. Tàpies muss durchaus als ein

“Realist” angesehen werden. Der folgende Überblick über Tàpies’ Leben legt das

Schwergewicht auf seine Kunst und sein Denken, da beide im Mittelpunkt jeder

Künstlerbiographie stehen und uns die eigentliche kreative Persönlichkeit offenbaren.

Anfänge

Antoni Tàpies wurde 1923 geboren. In seiner Jugend erlebte er noch das Ende der Blütezeit der

spanischen und europäischen Avantgarde, bevor der Zweite Weltkrieg Europa mit Gewalt

überzog und das künstlerische Leben praktisch zum Stillstand brachte. Barcelona war seit der

Mitte des 19. Jahrhunderts Spaniens Metropole der avantgardistischen Kunst gewesen. aber

gleichzeitig entwickelte sich dort auch eine starke katalanische Identität. Die Familie Tàpies

repräsentierte die liberalen kulturellen Wertvorstellungen der 1920er Jahre, die Künstler wie

Picasso und Miró ermutigt und unterstützt und auch Ausstellungen der Surrealisten, der

Dadaisten und anderer Kunstbewegungen des frühen 20. Jahrhunderts ermöglicht hatten. Tàpies

erinnert sich, wie er im Alter von elf Jahren mit Hilfe einer der führenden Kulturzeitschriften

Barcelonas, D’Ací i d’Allà (Von Hier und Da), die pulsierende europäische Kultur kennen lernte.

1. Collage mit

Silberpapier, 1946.

Mischtechnik auf

Karton, 73 x 105 cm.

Privatsammlung,

Barcelona.

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2. Figur aus

Zeitungspapier und

Bindfäden, 1946.

Gemälde und Collage

auf Karton, 46 x 38 cm.

Privatsammlung,

Barcelona.

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3. Kratzer auf Karton,

1947. Kohle und

Kratzer auf Karton,

91 x 73 cm.

Galerie Beyeler, Basel.

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Die Zeitschrift vereinte Texte der führenden katalanischen Kritiker mit Abbildungen von

Werken so unterschiedlicher Künstler wie Duchamp, Kandinsky, Mondrian und Picasso. Die erste

Ahnung, dass sein Leben der Fortführung der kreativen Arbeit und der ästhetischen

Untersuchungen dieser herausragenden Künstler gewidmet sein sollte, könnte aus dieser Zeit

stammen, als Tàpies überdies begann, sich selbst das Zeichnen und das Malen beizubringen.

Diese autodidaktischen Wurzeln sind sicherlich zu einem Teil für seinen späteren unabhängigen

künstlerischen Forschergeist und die von ihm erzielten einzigartigen Effekte verantwortlich.

Tàpies’ unabhängiger Geist sollte ihn 1944 dazu bewegen, der von seiner Familie für ihn

vorgesehenen Karriere als Rechtsanwalt nicht zu folgen. Diese Charaktereigenschaft muss auch

vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Kontexts Spaniens

gesehen werden. Die 1930er und 1940er Jahre hatten in ganz Europa tiefe Narben hinterlassen.

Das Schicksal Spaniens war besonders tragisch, da die Brutalität des von 1936 bis 1939

dauernden Bürgerkrieges nahezu nahtlos in die bis 1975 anhaltende Unterdrückung durch den

Faschismus überging. Tàpies war zu jung, um unmittelbar am Bürgerkrieg beteiligt gewesen zu

sein, aber sein unabhängiger Charakter lehnte einen passiven Konformismus mit dem repressiven

Staat ab und trug dazu bei, selbst angesichts des leeren Kitsches des Faschismus eine

künstlerische Avantgarde am Leben zu erhalten.

Seine künstlerischen Bemühungen begannen mit einer 1944 gemalten Reihe von

Selbstporträts. Die ernste Miene mit dem suchenden Blick vermittelt den Eindruck der

Entschlossenheit und der Einsicht, Eigenschaften, die ihn befähigten, in der düsteren Zeit nach

General Francos Sieg ein großes und provokantes Werk zu schaffen. Er malte auch in den

folgenden Jahren einige durch eine selbstbewusste Pinselführung charakterisierte Selbstbildnisse.

Diese Wiederholung der Motivwahl lässt an einen Prozess der Selbstanalyse und gleichzeitig an

ein Bemühen denken, seine künstlerischen Fähigkeiten zu erforschen und zu entwickeln.

Sein Hang zur Innenschau wurde durch eine Zeit schwerer Krankheit noch gefördert. Tàpies

musste seine Schulausbildung 1940 krankheitsbedingt unterbrechen und verbrachte 1942 wegen

Herz- und Lungenproblemen eine Zeit im Krankenhaus. Darauf folgte eine lange Phase der

Rekonvaleszenz, in der er viel Muße zum Nachdenken und Lesen hatte. Wir werden später auf

die Auswirkungen dieser Zeit zurückkommen. Jedenfalls überlebte er und erlitt seitdem auch

keinen Rückfall mehr. Tàpies’ Selbstporträts waren ein Teil seiner eklektischen Annäherung an die

Malkunst. In anderen Werken erkundete er den Stil und die Techniken der avantgardistischen

Malerei. Er kreierte in makellosen Zeichnungen an Träume erinnernde Szenen, in denen der

Einfluss des Surrealismus mit seinem Interesse des Ausdrucks unbewusster Sehnsüchte durch

Sexualität und Gewalt spürbar ist. Dies ermöglichte es ihm, auch politische Aspekte des

diktatorischen Franco-Regimes zu thematisieren. Seine ersten Versuche als Maler illustrieren

außerdem sein Interesse an der Abstraktion. Collagen aus Bindfäden, wie sein Kasten aus

Bindfäden (1946), oder aus Papier verweisen auf dadaistische Vorbilder und sind gleichzeitig erste

Ausdrucksformen seiner Experimente mit ganz unterschiedlichen Materialien.

4. Porträt von Joan

Brossa, 1950-1970.

Öl auf Leinwand,

65 x 54 cm. Sammlung

Joan Brossa, Barcelona.

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