Teil 7 Beteiligte und Organe in FG- Familiensachen 193.

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Teil 7 Beteiligte und Organe in FG-Familiensachen 193

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Teil 7

Beteiligte und Organe in FG-Familiensachen

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A. Beteiligte

Neuregelung des Beteiligtenbegriffs ist nach Intention des Gesetzgebers ein Kernstück des neuen FamFG.Das FamFG unterscheidet• Beteiligte kraft Gesetzes• Beteiligte kraft Hinzuziehung

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I. Bedeutung und Funktion der Beteiligten

• Subjekte des Verfahrens• Bedeutung für Einleitung und Fortentwicklung

des Verfahrens, z.B.:- Begründung der örtlichen Zuständigkeit- Gewährung von Verfahrenskostenhilfe

• Begründung von Rechten und Pflichten• Eintritt von Verfahrenswirkungen

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II. Formeller und materieller Beteiligtenbegriff

• Formell Beteiligter: Derjenige, der an einem Verfahren formell als Verfahrenssubjekt teilnimmt, unabhängig davon, ob die Teilnahme zulässig ist.

• Materiell Beteiligter: Derjenige, dessen Rechte und Pflichten – unabhängig von seiner Teilnahme – durch das Verfahren beeinflusst werden.

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1. Formeller Beteiligtenbegriff der ZPO

ZPO-Verfahren: formeller Beteiligtenbegriff =Hier: ParteibegriffDie Parteien werden durch die Klage bestimmt, ohne dass es auf deren Begründetheit ankommt.

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2. Doppelter Beteiligtenbegriff des FGG

• In FGG-Verfahren ist der formelle Beteiligtenbegriff der ZPO nur bei Antragsverfahren möglich (hier: Antragsteller und Antragsgegner)

• Bei Amtsverfahren ist der materiell Beteiligte Verfahrenssubjekt und wird durch die Hinzuziehung durch das Gericht auch formell Beteiligter

• Formell und materiell Beteiligte können auseinanderfallen

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3. Reformgedanke des FamFG

• Situation des FGG unbefriedigend• Ziel: Beteiligung vom materiellen Recht zu

lösen und mehr an das formelle Recht – in Annäherung an die ZPO – anzulehnen (BT-Drs. 16/6308, S. 178).

• Das FamFG unterscheidet nicht mehr zwischen formellen und materiellen Beteiligten

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III. Die Beteiligten nach § 7 FamFG

1. In Antragsverfahren ist Beteiligter kraft Gesetzes nach § 7 Abs. 1 FamFG der Antragsteller.

2. Kraft Hinzuziehung: Muss-Beteiligte: § 7 Abs. 2 FamFG Kann-Beteiligte: § 7 Abs. 3 FamFG

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§ 7 Abs. 2: Muss-Beteiligte

• Nr. 1: dessen Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird:o Recht = subjektive Rechte aller Art, geschützte

Individualinteresseno Unmittelbare Betroffenheit = direkte Einwirkung auf das

geschützte Recht

• Nr. 2: wer auf Grund des FamFG oder eines anderen Gesetzes von Amts wegen oder auf Antrag zu beteiligen ist

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§ 7 Abs. 3 FamFG: Kann-Beteiligte

• Hinzuziehung weiterer Personen, soweit dies im FamFG oder einem anderen Gesetz vorgesehen ist:– unmittelbar in ihren Rechten Betroffene

(Ermessensreduzierung auf Null)– Personen mit ideellem oder sozialem Interesse

(Ermessen)

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IV. Sonderregelungen

Ergänzende oder abändernde Sonderregelungen zu § 7 FamFG für Familiensachen im 2. Buch des FamFG,

• Kindschaftssachen (§ 158 Abs. 3 S. 2)• Abstammungssachen(§ 172)• Adoptionssachen (§ 188)• Ehewohnungs- und Haushaltssachen (§ 204)• Gewaltschutzsachen (§ 212)• Versorgungsausgleichssachen (§ 219)

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VI. Begründung der Beteiligung

• ohne förmlichen Beschluss (arg. e contrario: § 7 Abs. 5)

• Empfehlung, bei Verfahrenseinleitung die Beteiligten zu bestimmen und ggfs. später zu erweitern.

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VII. Informations- und Belehrungspflichten des Gerichts

§ 7 Abs. 4 FamFG:Benachrichtigung über VerfahrenseinleitungBelehrung über AntragsrechtBeschränkung auf Personen, die dem Gericht

bekannt sind (rechtliches Gehör gegen Verfahrensbeschleunigung)

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VIII. Beteiligtenfähigkeit

§ 8 FamFG:• Nr. 1: natürliche und juristische Personen• Nr. 2: Vereinigungen, Personengruppen und

Einrichtungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann

• Nr. 3: Behörden

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VIII. Verfahrensfähigkeit§ 9 Abs. 1 FamFG:1. Geschäftsfähige2. Beschränkt Geschäftsfähige, soweit sie für den Gegenstand des

Verfahrens nach BGB als geschäftsfähig anerkannt sind (z.B. §§ 112, 113 BGB)

3. Jugendliche zwischen 14 und 18, soweit ihnen in Verfahren, die ihre Person betreffen, nach BGB ein Recht zusteht (z.B. Widerspruchsrecht nach § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB und Widerrufsrecht nach § 1746 Abs. 2 S. 1 BGB)

4. diejenigen, die auf Grund dieses Gesetzes oder eines anderen Gesetzes dazu bestimmt sind (z.B. Verfahrensfähigkeit für Betroffene in Betreuungs- und Unterbringungssachen nach§§ 275 316 FamFG)

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IX. Gesetzliche Vertretung des betroffenen Kindes

Bsp.: Die Eltern streiten um das Sorgerecht für das gemeinsame zehnjährige Kind K. Das Familiengericht bestellt für das Kind einen Ergänzungspfleger. Zu Recht?

(BGH, Beschl. v. 07.09.2011 – XII ZB 12/11, FamRZ 2011, 1859; v. 18.01.2012 – XII ZB 489/11, FamRZ 2012 436; vgl. OLG Koblenz NJW 2011, 236; Stuttgart NJW-RR 2010, 222; aA OLG Hamburg NJW 2011, 235)

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1. Gesetzliche Vertretung des nicht verfahrensfähigen Kindes

§ 9 Abs. 2:

Soweit ein Geschäftsunfähiger oder in der Geschäftsfähigkeit Beschränkter nicht verfahrensfähig ist, handeln für ihn die nach dem bürgerlichen Gesetzbuch dazu befugten Personen.

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2. Vertretung des Kindes nach dem BGB

§ 1629 Abs. 1 BGB S. 1: Gesetzliche Vertretung durch Sorgeberechtigte S. 2: Gemeinschaftliche Vertretung S. 3: Alleinvertretung durch einen Elternteil, wenn elterliche Sorge allein

ausgeübt wird oder bei § 1628 BGB S. 4: Alleinvertretung bei Gefahr im Verzug mit Unterrichtungspflicht des

anderen§ 1629 Abs. 2 BGB S. 2: Bei gemeinsamer Sorge: Alleinvertretung des Kindes im

Unterhaltsprozess durch Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet

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3. Ausschluss der Vertretung nach dem BGB:

§ 1629 Abs. 2 S. 1: Ausschluss kraft Gesetzes nach § 1795 BGB: Abstrakte Gefährdungssituationen für das Kind führen zum Ausschluss beider Elternteile, Bei § 1795 Abs. 1 Nr. 1 bereits dem Wortlaut nach Bei § 1795 Abs. 1 Nr. 2 u. 3, Abs. 2 (§ 181 BGB) nach dem Telos und

der Systematik (Umkehrschluss zu § 1678 Abs. 1)

§ 1629 Abs. 2 S. 3: Gerichtliche Entziehung der Vertretungsmacht nach § 1796 BGBKonkrete Interessenkollisionen

§ 1629 Abs. 2a: Ausschluss der elterlichen Vertretung im gerichtlichen Verfahren zur Durchsetzung der Abstammungsuntersuchung nach § 1598a BGB

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4. Keine Vertretung bei Unterhalt während der Trennungszeit der Eltern

§ 1629 Abs. 3 BGB:

Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im eigenen Namen während Trennung und Scheidungsverfahren mit Wirkung für und gegen das Kind

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Zurück zum Ausgangsfall

Fragen:1. Ist der 10-jährige K Verfahrensbeteiligter?2. Ist K selbst verfahrensfähig?3. Können die Eltern K wirksam vertreten?4. Ist die Bestellung eines Ergänzungspflegers erforderlich?

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BGH, Beschl. v. 7.9.2011 – XII ZB 12/11, FamRZ 2011, 1859

Leitsatz 1:„Das minderjährige Kind ist im Verfahren zur Übertragung der elterlichen Sorge vom Familiengericht hinzuzuziehen und somit formeller Verfahrensbeteiligter ("Muss-Beteiligter"). Ist das Kind nicht selbst verfahrensfähig und bedarf es im Verfahren daher der gesetzlichen Vertretung, so ist diese grundsätzlich von den sorgeberechtigten Eltern ungeachtet ihrer eigenen Verfahrensbeteiligung wahrzunehmen.“

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Tz 8:„Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts, dass das betroffene Kind im Unterschied zu der bis August 2009 bestehenden Rechtslage am Kindschaftsverfahren immer formell beteiligt ist (missverständlich Bassenge/Roth/Wagner FamFG 12. Aufl. § 158 Rn. 19) und es, weil es nicht verfahrensfähig ist, zur Wahrung seiner (Verfahrens-)Rechte eines gesetzlichen Vertreters bedarf. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG sind vom Familiengericht diejenigen als Beteiligte hinzuzuziehen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird. Das ist bei dem vom Sorgeverfahren betroffenen Kind der Fall, weil das Verfahren zu einer Änderung des zwischen Eltern und Kind bestehenden Sorgeverhältnisses führen kann (aA bezüglich der Beschwerdebefugnis OLG Düsseldorf FamRZ 2011, 1081). Gemäß § 9 Abs. 1 FamFG sind die nach bürgerlichem Recht beschränkt Geschäftsfähigen nur ausnahmsweise verfahrensfähig, wenn sie als geschäftsfähig anerkannt sind (Nr. 2) oder soweit sie das 14. Lebensjahr vollendet haben und sie in einem Verfahren, das ihre Person betrifft, ein ihnen nach bürgerlichem Recht zustehendes Recht geltend machen (Nr. 3). Ist das Kind in diesem Sinne nicht verfahrensfähig, so handeln für dieses gemäß § 9 Abs. 2 FamFG die nach bürgerlichem Recht dazu befugten Personen, mithin im Regelfall seine sorgeberechtigten Eltern in gemeinschaftlicher Vertretung (§ 1629 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB).“

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Tz. 9:

„Gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 3 1. Halbs. BGB kann das Familiengericht dem Vater und der Mutter nach § 1796 BGB - wie einem Vormund - die Vertretung entziehen. Nach § 1796 Abs. 1 BGB kann das Familiengericht dem Vormund die Vertretung für einzelne Angelegenheiten oder für einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten entziehen. Die Entziehung soll nach § 1796 Abs. 2 BGB nur erfolgen, wenn das Interesse des Mündels zu dem Interesse des

Vormunds in erheblichem Gegensatz steht.“

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Leitsatz 2:

„Auch im Fall eines erheblichen Interessengegensatzes zwischen Eltern und Kind darf den Eltern die Vertretungsbefugnis im Zusammenhang mit einem Kindschaftsverfahren dann nicht entzogen werden, wenn bereits durch die Bestellung eines Verfahrensbeistands für eine wirksame Interessenvertretung des Kindes Sorge getragen werden kann. Dass der Verfahrensbeistand nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes ist, steht dem nicht entgegen.“

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Lösung des Ausgangsfalls

Im Verfahren nach § 1671 BGB könnten die Eltern nach § 1629 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB gesetzlich von der elterlichen Vertretung ausgeschlossen sein. Dann wäre nach § 1909 BGB ein Ergänzungspfleger zu bestellen.

Aber: Sorgerechtssachen sind kein Rechtsstreit iSv § 1795 Nr. 3 (für Familienstreitsachen bejaht). BGH geht also den Weg über 1629 Abs. 2 S. 3 i.V.m. § 1796. Nimmt Interessenkonflikt an, hält aber § 158 FamFG als geringeren Eingriff in das Elternrecht für ausreichend: Die Interessen des Kindes sind durch einen Verfahrensbeistand hinreichend geschützt.

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B. Organe

In FG-Familiensachen sind Organe nur:

Familiengericht – Richter und Rechtspfleger -• Oberlandesgericht• Bundesgerichtshof

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C. Nicht-Beteiligte

• Anzuhörende• Auskunftsverpflichtete• Jugendamt, wenn nicht Antrag auf Beteiligung

gestellt wird• Zeugen• Sachverständige

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